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Dienstag, 1. Februar 2022

Skitour Foostöckli (2535m)

Bestes Wetter, geringe Lawinengefahr - die Einladung für eine exotische Tour. Eine genauere Konsultation der Terminkalender zeigt dann aber, dass die Freiheiten nicht grenzenlos sind und wir Erreichbarkeit und Zeitbudget mit im Blick behalten müssen. Wir beschliessen darum, ins Weisstannental zu fahren, zur Alp Walabütz zu laufen, dort nach Süden vorzustossen und dann mit einer rollenden Planung das richtige Ziel auszuwählen. Exotisch oder nicht?!? Ja, denn einerseits ist diese Route ab Walabütz selbst im unteren Teil nur bei einwandfrei sicheren Verhältnissen realisierbar, andererseits steht oben ein ganzer Strauss von Alternativen bereits. So richtig maximal ambitionierte wie die Nordflanke der Grossi Schiben oder solche im Rahmen von mehr oder weniger "normalen", aber doch nur äusserst selten begangenen Touren wie eben dem Foostöckli.

Auf einsamer Skitour in einem Seitental, das nicht einmal einen richtigen Namen hat...

Der Start zur Tour vollzieht sich knappe 2km hinter dem Dorf Weisstannen bei Logs. Erst einmal geht's nun 5km taleinwärts zur Alp Walabütz, der Brutto-Höhengewinn auf diesem Abschnitt beläuft sich auf knapp 300hm, wobei es auf 2 Abschnitten etwas steiler steigt, weitläufig flach ist und man auch fallende Teilstücke vorfindet. Schaut man von Walabütz nach Süden, so fragt man sich auf den ersten Blick, wo man hier bloss mit den Ski durchschreiten soll. Das Gelände ist steil und schroff, die Hänge oberhalb sehr bedrohlich. Den sehr sicheren Verhältnissen und der Tatsache, dass erst Januar ist sei Dank müssen wir keine Sorgen vor Lawinen haben. Auf dem Trassee des Sommerwegs lässt sich die Steilzone auch gut beschreiten, einzig die schmale Passage über einem Felsband zu P.1694 erheischt Vorsicht. Als wir den Punkt erreichen, ist Zeit für eine Rast, Beratung und die Entscheidung, wohin es weitergehen soll.

Blick von der Alp Walabütz nach Süden. Die Tour verläuft über die Hänge an der rechten Flanke (orografisch linke Talseite) und findet einen Ausweg zwischen den Felsbändern im Bildzentrum. Was von hier etwas fraglich aussieht, entpuppt sich aus der Nähe als relativ gutmütig begehbares Gelände.

Die inzwischen sichtbare Nordflanke der Schiben ist äusserst imposant (im Durchschnitt 45 Grad über 700hm) und bestimmt ein richtiger Knaller. Was dagegen spricht: erstens ist die Schneelage noch knapp, wir befürchten aus dieser Perspektive sogar, dass es keine durchgehende Linie gibt, wo wir ohne Abkletterei im Fels durchkommen. Zweitens wäre es vom P.1694 noch ein hartes Stück Arbeit, v.a. der Aufstieg durch die Flanke im mutmasslich aufbauend umgewandelten, griesigen Schnee hätte das Potenzial, eine endlose Geschichte zu werden. Komplett ohne Wehmut entscheiden wir uns für's Foostöckli, das eine tolle Alternative verspricht. Und keine Zweifel, die Schiben hat uns zwar vorerst abgeschreckt, aber auch unmissverständlich zu einem zukünftigen Date aufgefordert - eine Einladung, die ganz sicher in den Hirnwindungen abgespeichert bleibt.

Auch das ist ein Anblick, der einem durchaus haften bleibt. Das hintere Weisstannental wäre zweifellos eines der besten Eiskletterreviere der Schweiz. Dass diese Aussage im Konjunktiv bleiben muss, liegt am Wildtierschutzgebiet Pizol. Leider liegen hier Dutzende von sicherlich sehr lohnenden Unternehmungen mit wohl oft guten Verhältnissen in der roten Zone. Schade und halt eben auch wenig logisch, denn die Tiere halten sich im Hochwinter sicher nicht da auf.

Die in der Landeskarte verzeichnete Skiroute zum Foostöckli führt von P.1694 durch die Enggi zu den Alpgebäuden von P.1883 - ein komplett unnötiger Umweg. Der direkte Weg via Stich(tal) ist ohne Mühe begehbar, deutlich kürzer und für die Abfahrt erst recht vorteilhafter. Er wird mit formidablen Eindrücken belohnt. Die ganze Geländekammer der Rossalp ist noch unberührt. Wir fühlen uns ein wenig wie auf Expedition in einem fernen Kontinent, obwohl es sich nur um eine Tagestour handelt. Wir zielen auf die Schönböden, bzw. die nördliche Variante vom Foopass (P.2230). Aber hier verläuft ein Wanderweg über den Südgrat zum Foostöckli. Das steile Gelände ist aber teilweise aper, so dass wir lieber mit Ski über die abschnittweise bis 40 Grad steile SW-Flanke gehen. Das funktioniert tadellos, nur die letzten 15hm müssen wir über den aperen Grashang zu Fuss zum Gipfel steigen.

Die grosse Geländekammer der Rossalp Richtung Foopass war noch komplett unberührt. Es war landschaftlich einmalig schön, hier die Spur legen zu können. Wir zielten auf die Senke etwas links der Bildmitte, wo wir für den Schlussaufstieg auf die Elmer Seite wechselten.

Der Zacken in Bildmitte ist das Foostöckli (2535m). Während wir im Aufstieg der Bequemlichkeit halber einen grossen Bogen linksherum gemacht haben, nahmen wir in der Abfahrt dann die steile Mulde von der Gratsenke weg.

Nun im Schlussaufstieg in den SW-Hängen der Elmer Seite, hinten Schiben, Sardona und Segnas.

Final Stretch zum Gipfel des Foostöckli, unten die Hänge der Raminer Alp, wo mein Grossvater einst auf der Alp gedient hatte. Ich erinnere mich noch gut an seine Geschichten, wie sie jeweils Murmeltiere zu fangen versuchten, um die eintönige und karge Kost aufzubessern. Wie sich doch die Lebensweise innerhalb von nur 2 Generationen verändert hat...

Nach einer gütlichen Rast schnallen wir die Bretter an die Füsse. Der steile, südexponierte Gipfelhang bietet schon recht guten Sulz. Das sorgt für Abwechslung, aber wir suchen natürlich noch den begehrten Pulver. Den finden die gewitzten Routeningenieure, indem rund 100hm unter dem Gipfel (2435m) über eine Bresche am Südgrat in ein steiles, ostseitiges Couloir gewechselt wird. Auf dem Anmarsch hatte es in der Perspektive wahnwitzig steil ausgesehen und wir waren nicht sicher, ob sich die massive Wächte überwinden lassen würde. Doch aus der Nähe entpuppte es sich als mit bis 45 Grad Neigung machbar. Auch der Schnee war recht gut, gesetzter Pulver auf stabiler Unterlage. Gefolgt wird dies von genüsslichem Cruisen über die Rossalp, bevor wir in erneut prima jungfräulichem Pulver das Stichtal hinunterwedeln. Der Preis ist etwas Schiebestrecke mit kleinem Aufstieg retour zu P.1694.

Ready to drop in auf die Ostseite...

...natürlich sieht es so wieder einmal strunzflach aus. Ist aber 45 Grad steil!

Weiter in diesem Hang, nun weiter unten im flacheren Teil. In der linken Bildhälfte sieht man auch gut die zur Zeit noch schlecht eingeschneite Nordflanke der Grossi Schiben und kann somit nachvollziehen, warum wir uns diese Tour für ein anderes Mal aufgespart haben.

Just simply great skitouring!

Ein Wechsel von schönen Pulverhängen und Traversen nach links bringt uns in den Talschluss, wo das raue Blockfeld gerade genügend Schnee aufweist, dass wir ohne Sorge um Mensch und Gerät fahren können. Ab da kommen wir bis zum P.1326 in der Spur gut voran, doch dann müssen Trizeps und Latissimus auf einer längeren Schiebeschrecke Einsatz leisten. Part of the Game bei solchen Touren, kein Problem. Schliesslich nimmt das Gefälle wieder zu. Der hier federleichte Schnee mit einer zischenden Oberflächenreifkruste lässt auf dem Trassee der Strasse genussvolles Schwingen zu und bringt uns zügig zum Ausgangspunkt. Wir verräumen die Latten, ich setze mich ans Steuer und der Kollege wechselt unverzüglich ins Office. Die Netzverbindung ab Weisstannen hat keine Löcher, so kann er ohne Friktionen sein Online-Meeting bestreiten. So geht Skitouren im Januar 2022 ;-)

Facts

Foostöckli (2535m) ab Weisstannen. Netto ca. 1700hm Aufstieg, sehr sichere Verhältnisse zwingend. Sonst aber skitechnisch nicht extrem schwierig. Technisches Material (Steigeisen, Pickel) sind vermutlich kaum je notwendig. Vorsicht, die Route verläuft nahe am bzw. kurz (erlaubt) durch das Wildtierschutzgebiet Pizol.

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