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Mittwoch, 13. März 2013

Kletterführer Zentralschweizer Voralpen: Teil Südwest

Nun ist er mit einem ganzen Jahr Verspätung doch noch erschienen, der Südwest-Band des SAC-Kletterführers Zentralschweizer Voralpen. Auch wenn für Insider und online präsente Kletterer die ganz grossen Neuigkeiten in Form von bisher gänzlich unbekannten Gebieten und Routen fehlen, so handelt es sich doch um ein sehr empfehlenswertes Buch. Die letzte Ausgabe stammt aus dem Jahr 1995 und war inzwischen so hoffnungslos überholt, wie das Design veraltet war. Da ich auch einige Beiträge zu diesem Führer geleistet hatte, erhielt ich ein Exemplar frisch ab Presse. An dieser Stelle meine ersten Eindrücke.


Die Sache mit der 1-jährigen Verspätung ist ja so eine Sache. Sie liegt an endlosen Querelen und Streitigkeiten, welche Gebiete denn nun aus Naturschutzgründen im Führer erscheinen dürfen. Der Autor Urs Lötscher hatte alle Klettergebiete zwar zeitig zur Prüfung eingereicht. Doch was schliesslich zur Publikation gewährt und von ihm gezeichnet wurde, stand später doch wieder zur Diskussion und wurde wieder gekippt. Wie gross sein Frust über diese unnütze Arbeit und auch über den nicht kompletten Führer schliesslich war, lässt sich aus der Tatsache erahnen, dass er auf eigenen Wunsch nicht offiziell als Autor aufgeführt ist.

Der SAC findet für diese Verspätung die blumige Umschreibung, der Führer sei "auf Naturverträglichkeit geprüft". Ausgedeutscht heisst dies neben der Verspätung, dass Gebiete fehlen: Lücken bestehen vor allem bei einigen regional bedeutenden MSL-Routen im Rugghubelgebiet und auch im Melchtal. Der Argumentation des SAC, dass ein Publikationsverzicht drohende Verbote abwende, kann ich durchaus eine gewisse Sympathie abgewinnen. Andererseits mutet das Argument im vorliegenden Fall etwas bizarr an, sind doch eben diese Gebiete im 2012 erschienenen Führer "Klettern in der Schweiz" (Matteo Della Bordella, Edizioni Versante Sud) enthalten, und werden es auch im demnächst erscheinenden "Schweiz Extrem Ost" (Sandro von Känel, Filidor) sein. 

Gebietsvorstellung mit Foto und Einleitungstext, Piktogramme, Kärtchen und Informationen. 
Aber na ja, konzentrieren wir uns besser auf den Inhalt des Führers anstatt auf die Geschichten rund um die grosse Verspätung. Einige charakteristische Punkte sind:
  • Der fast komplette Verzicht auf eigentliche Topos. Der Routenverlauf ist auf qualitativ hochwertigen Wandfotos eingezeichnet, welche Autor Urs Lötscher bei seiner grossen Leidenschaft, dem Gleitschirmfliegen, aufgenommen hat. Generell ist es so, dass für gut mit fixem Material abgesicherte Routen (worum es sich bei der Mehrzahl der beschriebenen Touren handelt) Fototopos als hilfreich und ausreichend zu taxieren sind. Anders sieht das auf selbst abzusichernden Routen mit wenig Material aus, wo feine Details über die zu wählende Route besser mit einem klassischen Topo vermittelt werden können. 
  • Für jedes Gebiet gibt es eine Vorstellung mit einem ganzseitigen Farbfoto und einem kurzen, den Charakter beschreibenden Einführungstext aus der Feder eines Gebietskenners. Ebenso gibt es zu jedem Gebiet eine Informationsseite mit Piktogrammen zu Routenangebot, Exposition, Kletterstil, benötigtem Material, Absicherung, Zugang und Eignung für Kinder. Ebenso ein Übersichtskärtchen, Hinweise zur Erschliessung und zu Besonderheiten.
Typische Seite zu MSL-Routen mit grossformatigen Action-Fotos und Fototopos auf perfekten Wandbildern.
Eine Review wäre nicht komplett ohne einige Verbesserungsvorschläge abzugeben. Dass die Erschliesser einfach alphabetisch anstatt nach der Wichtigkeit ihres Beitrags zur Route/Gebiet aufgeführt werden, ist unüblich. Es ist zwar nicht in jedem Fall möglich, die korrekte Reihenfolge zu identifizieren, oft aber schon. Zu bedenken ist, dass beim Einrichten von Klettergärten oft Dutzende von Arbeitsstunden ohne Lohn und Dank, sowie Hunderte bis Tausende von Franken fürs Material aufgeworfen werden. Dies hätte meines Erachtens eine sorgfältigere Würdigung verdient. Zwei Details, die mir weiter noch aufgefallen sind, umfassen die Tatsache, dass immer noch Friend- statt Camalotsgrössen angegeben werden, obwohl letztere inzwischen wirklich der allgemein akzeptierte Standard sind. Zudem sind die Angaben zur Kindertauglichkeit sind aus meiner Sicht (als Vater von Kindern im Altern von 2 und 3 Jahren) teilweise ziemlich optimistisch ausgefallen. Positiver formuliert: sie beziehen sich eher auf Kinder im Alter von 8-12 Jahren.

Fazit

Es handelt sich um einen klaren, übersichtlichen Kletterführer mit vielen schönen Bildern, der die Gegend südlich von Luzern bis zum Brünig fast komplett beschreibt. Er ist ganz sicher ein Muss für die Bibliothek eines Felskletterers aus dem Raum Zentralschweiz, Zürich und Aargau. Ebenso werden die schönen Klettereien im Zentrum der Schweiz auch manchen Anhänger von weiter her finden. Prädikat: sofort bestellen, die Outdoor-Klettersaison hat bereits gestartet!

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