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Dienstag, 31. Juli 2018

Suunto 9

Von Bächli Bergsport und Suunto hatte ich als Kletterer und Bergsportler die brandneu erschienene Suunto 9 zum Testen erhalten - unter der Bedingung, danach über meine Erfahrungen mit einem Blog zu berichten, was nun an dieser Stelle geschieht. Mindestens seit ich ein Mobiltelefon mitführe (und damit wohl ~20 Jahre) trug ich nie mehr eine Armbanduhr. Zeit also, um sich von Neuem an ein ziemlich voluminöses Stück am Handgelenk zu gewöhnen und davon Gebrauch zu machen.

Spezialedition mit einem Diamanten auf dem Rand ;-)
Auf der Produkt-Webseite steht der folgende Text: "Die Suunto 9 ist eine Multisport-GPS-Uhr, entwickelt für Sportler, die höchste Ansprüche an ihre Sportuhr stellen. Das intelligente System der Batterieverwaltung mit smarten Erinnerungen sorgt dafür, dass Ihre Uhr so lang funktioniert, wie Sie sie brauchen. Die robuste Suunto 9 ist für langes, anstrengendes Training, Wettkämpfe und extreme Abenteuer konzipiert." Richtig verstanden: während früher eine Armbanduhr ewig lief, muss diese heute wie ein Mobiltelefon spätestens nach ein paar Tagen zum Aufladen, bei intensivem Gebrauch sogar häufiger. Die Stärke der Suunto 9 gegenüber von Konkurrenzprodukten liegt zwar spezifisch bei der deutlich längeren Akku-Lebensdauer, für mich als Sportuhren-Neuling war's aber trotzdem eine etwas überraschende Tatsache. Nunja, vom Smartphone ist man sich ja bereits daran gewohnt.


Ansonsten funktioniert das Tracking aber einwandfrei und mit hoher Präzision, insbesondere weil die GPS-Signale mit der sogenannten Fusedtrack-Methode mit jenen von Bewegungssensoren und der barometrischen Höhenmessung kombiniert werden. Es gibt Track-Aufzeichnungs-Modi bzw. spezifische Auswertungen für über 80 Sportarten, wobei auch hier eine leichte Kritik zu platzieren ist. Beschrieben werden diese Modi nämlich nirgends. Ein Handbuch gibt's wie üblich nur online und auch dieses schweigt sich darüber aus. Man kommt also nicht ums Ausprobieren herum. Ganz generell dünkt mich die Menüführung auf dem Gerät etwas unübersichtlich. Gewisse Funktionen sind nur über die Tasten, andere nur über den Touchscreen erreichbar und das Ganze wirkt reichlich verschachtelt. Aber vielleicht liegt's ja an mir altem Grufti...

Screenshot der Suunto App von meiner Tour zum Piz Cambrena.
Seine Tracks kann man via Bluetooth über die Suunto App auf dem Smartphone darstellen und dort nach Bedarf auch mit Freunden oder der Öffentlichkeit teilen. Was hingegen fehlt (oder habe ich es bloss nicht herausgefunden?!?) ist die Möglichkeit zum Livetracking. Das mache ich normalerweise aus Sicherheitsgründen (auf dem Smartphone), wenn ich alleine in die Berge gehe. Ein weiteres Feature ist die Pulsfrequenzmessung durch optische Sensoren am Handgelenk. In meinem Fall funktioniert diese jedoch nur mit bedingter Zuverlässigkeit. Sprich, manchmal wird ein Wert angezeigt, manchmal auch nicht. Es liegt wohl daran, dass die Uhr an meinen knochigen Kletterarmen gar nicht so richtig auf der Haut aufliegt, egal wie stark sie festgezurrt wird. Für wen ständige und akkurate Messungen zentral sind, besteht jedoch die Möglichkeit, die Uhr mit einem Pulsgurt zu kombinieren, was dieses Problem dann natürlich behebt.

Mein Fazit

Ein stylisches Qualitätsprodukt mit langer Batterielebensdauer und vielen Features, für welche ein Sportuhren-Anfänger doch etwas Gewöhnungszeit braucht, um sie vollständig auszuschöpfen. Hauptzielgruppe für die Suunto 9 sind sicherlich ambitionierte Ausdauer- und Bewegungssportler jeglicher Couleur, wohingegen aus der Sicht des Kletterers und Soulsportlers einiges nur Spielerei bleibt bzw. die Messungen und Auswertungen nicht ideal zugeschnitten sind, weil gerade Klettermoves, bzw. vertikale Bewegungen und Kraftanstrengung nicht sinnvoll gemessen werden können. Und obwohl der Kalorienverbrauch beim Klettern durch die Auswertungssoftware ganz bestimmt unterschätzt wird, hat mir die Uhr eines definitiv gezeigt: an einem intensiven Weekend in den Bergen gehen durchaus einmal 10'000 kcal flöten. Essen tue ich da höchstens einen Bruchteil davon (frühmorgens wird mir nur übel davon, unterwegs keine Zeit und nix dabei, abends dann zu müde für grosse Portionen). Da braucht man sich dann auch nicht zu wundern, wenn Anfang Woche der Power beim Klettertraining fehlt.

New Record! Und gemäss Berechnung wurden 3766 Aktivitäts-kcal verbraucht. Neben dem Grundumsatz sind's dann eben gute 5000 kcal.
Dass einem die Möglichkeiten der Suunto 9 auch packen und motivieren können, zeigt das Beispiel von meinem Sohn. Er konnte sich überraschend schnell bzw. eben kinderleicht in die Menuführung einfinden und wollte die Uhr immer wieder tragen, um neue Schrittrekorde zu erreichen. Dies gipfelte nach einem langen Wandertag in den Bergen in ein paar abendlichen Jogging-Extrarunden, um meinen bestehenden Schritt-Tagesrekord vom Bumillerpfeiler am Piz Palü zu tilgen. Doch nicht nur das: mittlerweile trägt er nicht nur die Suunto 9 beim Laufen, sondern auch eine echte Laufhose, denn schliesslich gilt's jetzt auf den ersten Trailrun-Wettkampf zu trainieren :-)

Bezugsquelle: die Suunto 9 Baro kann man für 629 CHF bei Bächli Bergsport kaufen.

Montag, 30. Juli 2018

Sportklettern am Nibbio

Eine heftige Gewitterfront hatte uns aus dem Bergell weiter nach Süden in den Raum Lecco vertrieben. Wider Erwarten, doch für diese Gegend nicht weiter erstaunlich, dauerte es nicht allzu lange, bis es wieder aufklarte. So dauerte, was eigentlich als kurzer Zwischenstopp auf unserem Roadtrip geplant war, schliesslich drei ganze Tage.

Sicht vom Klettergebiet Pradello auf den Ostarm des Lago di Como, welcher eben Lago di Lecco heisst.
Noch am Regen- oder eben Nicht-mehr-Regentag wollten wir uns nach einem Shopping-Halbtag noch etwas die Finger langziehen. An der Bastionata del Lago (wo wir auch schon waren) werden derzeitig grossräumig Steinschlagnetze gebaut, so dass man nicht klettern kann. Im gleich anschliessenden Pradello gibt's hingegen keine Einschränkungen. Eigentlich ist das ein typisches Wintergebiet, zudem als speckig verschrien. Doch nachdem es 10 Grad abgekühlt hatte und der Himmel bewölkt war kein Problem. Mit der Politur ist es in den Routen ab 7a ebenfalls deutlich besser. Wie das Titelfoto zeigt dauerte es aber nicht lange, bis die Sonne wieder vom eitel blauen Himmel schien.

Little Boy on Lead am Piccolo Torre di Nibbio.
Nachdem wir direkt am Lago di Garlate einen schönen Camping gefunden hatten, welcher insbesondere den Kindern sehr zusagte, wollten wir nicht direkt weiterreisen, sondern einmal den Nibbio besuchen. Schliesslich steht ja im Führer, dass es sich um einen Sommer-Sportkletterspot handeln soll. Und das ist auch absolut zutreffend! Ab Mitte Vormittag wird im Schatten angegriffen und dank der Höhenlage von 1300m waren die Bedingungen trotz >30 Grad sehr gut.

Corno di Nibbio mit seiner steilen NE-Wand.
Beim Fels handelt es sich nicht etwa um Kalk, sondern um Dolomit. Man klettert hier also wie in den genialen und geliebten Dolomiten-MSL (wie z.B. am Torre Brunico, am Passo Giau oder der Tofana) an Löchern, Taschen, Henkeln, Rissen und Leisten in leicht überhängender Wand, total begeisternd! Ein, zwei Nachteile gibt's auch: die Haken sind teilweise schon etwas angejahrt (passt aber schon noch), wegen dem sehr dichten Routennetz sind der Routenverlauf nicht immer klar und natürlich wissen auch die Italiener um die Vorzüge dieses Ortes. So herrschte am Sonntag beinahe Volksfest-Stimmung (man konnte jedoch immer noch tiptop klettern), am Montag waren wir dann fast alleine.

Sicht vom Gipfel des Corno di Nibbio auf die Stadt Lecco hinunter. Für Gipfelsammler lohnt sich der kurze Aufstieg vom Klettergarten zum Top. Von Osten durch die Rinne hinauf ist es eine schöne Alpinkraxelei im Bereich T5-T6. Westseitig herum geht es möglicherweise auch einfacher.
Folgende Routen habe ich ausprobiert: Ombre di Luce (7c, sehr technisch kleingriffige Wand), Giulia (7a, bisschen hin und her an der markanten Kante), Spit & Span (7a+, die obere Länge ist der Oberhammer), Campione (7a, kurze tricky Stelle an steilem Riss), Gli Antenati (7a+, super, athletische Riss- und Wandkletterei), Pinciroli (7b+, ausdauernde gelbe Leistenmauer), Cardioleso (7a, unübersichtliche Wandstelle an kleinen Griffen). Grundsätzlich sind auch die einfacheren Routen sehr lässig, wenn auch die klassischen, easy Risslinien teils heftig poliert sind. Die Kinder indes hatten vor allem an der Route am vorgelagerten Turm ihren Gefallen gefunden. Hier wurden ein paar griffarme Stellen mit Kletterhallen-Griffen vereinfacht (und niemand hat das bisher zerstört...). Ihre Meinung: sowas sollte es öfter geben ;-) Topos und weitere Infos zum Gebiet findet man übrigens im Extrem Süd von Filidor, im Lario Rock von Versante Sud oder auf dieser Website.

Abendstimmung am Lago di Lecco. Im Zentrum der Stadt ist's übrigens ganz nett. Und einen Besuch in der Gelateria Capo Horn sollte man sich nicht entgehen lassen, die ist wirklich sehr empfehlenswert!
Am Tag der Weiterreise machten wir dann noch eine kurze Aufwartung an der Muro del Pianto am Zucco dell'Angelone. Hier gibt's auch noch ein paar ganz nette Sportkletterseillängen, auch wenn diese nicht ganz so herausragend sind wie jene am Nibbio. Vor allem gibt's hier aber gleich nebenan auf der Placca del Pistolino ein paar wirklich lässige Plattenrouten für die Kinder, ein idealer Spot also. Im Sommer muss man jedoch früh aufstehen, denn ab etwa 14 Uhr kommt die Sonne und dann wird's höchstwahrscheinlich eher zu heiss.

Donnerstag, 26. Juli 2018

Piz Frachiccio - Schildkröte (6a)

Wunderbares Wetter war zum Ferienauftakt angesagt, zu schade um weit in den Süden oder zum Sportklettern zu fahren. Somit war eine Tour gefragt, welche ein grosses, aber doch geeignetes Ziel für die Familie hergab. Im Plaisir Selection gibt's definitiv das eine oder andere derartige zu finden. Die Wahl fiel schliesslich auf die Schildkröte im Bergell mit ihren 500m an plattiger Granitkletterei. Hier gibt's die volle Dosis an alpinem Ambiente, trotzdem ist der Zustieg relativ kurz und die ganze Tour doch auch von einer gewissen Gutmütigkeit.

Aus dieser Perspektive hat er schon Schwung, der Piz Frachiccio. Über die hier sichtbaren Platten verlaufen die Routen.
Nach einer geruhsamen Nacht im Zelt starteten wir den Tag mit einem gemütlichen Frühstück und nahmen die Bahn um 8.00 Uhr hinauf bis unter die Albigna-Staumauer. Zuerst geht's hinauf zum Wärterhaus, wo man den etwas versteckten und nicht ausgeschilderten Pfad zum Cacciabella-Pass wählt, welcher (zurückhaltend) weiss-blau-weiss markiert ist. Schon bald kommen die Wände des Piz Frachiccio in Sichtweite, der Wanderweg verläuft schliesslich direkt an den Einstiegen der Touren im rechten Sektor (Via Roland, Arcobaleno, Forza Bregaglia, Tetti Neri, Via Kaspar) vorbei. Die Schildkröte liegt noch weiter links, dazu muss zuerst das grosse Couloir gequert werden. Zuerst steigt man an Ketten und Eisenbügeln hinauf (T4), dann traversiert man glattgeschliffene Granitplatten. Vorsicht wegen Steinschlag und im Frühsommer liegt hier noch Schnee, was alpine Gerätschaften unabdingbar machen kann. Wir mussten (Mitte Juli) jedoch nur etwa 3m über Schnee gehen, was problemlos war. 

Zmorgebuffett im grossen Couloir am Piz Frachiccio.
Nach einem kurzen Abstieg erreicht man schliesslich den Start der Schildkröte. Dieser befindet sich etwas links vom tiefsten Punkt der Felsen am linken Sektor. Ein blasser roter Pfeil ist auf ca. 8m über Grund vorhanden, die Bohrhaken sind jedoch eher schwierig auszumachen. Wir hatten es im Aufstieg relativ gemütlich genommen und gerade 1:00h gebraucht (Angabe im Kletterführer 0:45h, das ist realistisch). Um ca. 9.20 Uhr stieg ich schliesslich ein.

Eine Seilschaft schien über längere Zeit im Einstiegsbereich der Schildkröte blockiert. Ich fragte mich warum wohl?!? Von nahem zeigte sich dann, dass das Anklettern des ersten Bohrhakens tatsächlich eine heikle Geschichte war.
L1, 5c+: Der erste Haken steckt ca. 12m off-the-deck nicht eben bodennah und ist auch alles andere als einfach zu erreichen, nachdem sich den Spuren nach zu urteilen ein Ausbruch von ca. 2m x 2m ereignet hat. Somit klettert man eine der nominell schwierigsten Stellen (5c+) noch bevor eine Sicherung eingehängt werden kann. Ein Sturz auf die Schneereste oder das Geröll am Einstieg wäre sicherlich äusserst schmerzhaft. Der Rest von L1 (5c+) läuft dann gut vom Stapel, die Kletterei ist hier definitiv einfacher wie selbst in den 5b-Längen der 'Bruni Chue' am Räterichsbodensee. Nachtrag von September 2023: die erste Seillänge wurde saniert und dabei mit zusätzlichen BH ausgerüstet. Man kann nun 11x einhängen, der Absicherungsstandard ist als "gut+" zu werten, die heiklen Stellen sind entschärft.

Schöne Plattenkletterei in strukturiertem Granit in L1 (5c+).
L2, 5b und L3, 4b: Schön strukturierte Plattenkletterei ohne verrückte Schwierigkeiten, aufregend für die Nachsteiger ist hingegen der ungesicherte 8m-Quergang am Schluss der zweiten Seillänge zum Stand hinüber. Die dritte Länge schien mir nicht wesentlich einfacher wie die zweite (oder umgekehrt). Was man hier definitiv schon merkt: die Routenfindung ist nicht trivial, denn meistens könnte man ziemlich überall durchklettern und wegweisende Bohrhaken hat's nicht allzu viele, zudem sind diese nicht gut sichtbar.

Quergang am Ende von L2 (5b).
L4, 5b: Beginnt zur Abwechslung mit einem griffigen Überhang, dann geht's links die Rampe hinauf und zum grossen Spiegel. Über die eindrückliche Platte führt diagonal nach links hinauf ein erstaunlich einfacher Weg.

L5 bis L8, 4ab: Die nächsten Seillängen lassen sich gut gemeinsam abhandeln. Das Gelände wird nun ein bisschen weniger steil, hier und da klettert man auch am einen oder anderen Grasbüschel vorbei. Der Fels jedoch ist auch hier allererste Sahne: prima Bergeller Granit, gespickt mit Warzen und Noppen, so macht's trotz der geringen Schwierigkeiten grosse Freude. Die relativ kurzen L7 und L8 lassen sich mit 50m-Seil gerade so verbinden, sofern man die Sicherungen grosszügig verlängert und/oder der Strick noch nicht geschrumpft ist.

Die Plattenzone im Mittelteil. Trotz den Grasbüscheln schöne Kletterei!

Top Ambiente am Ende von L8.
L9, 4b: Auf der Kante geht's entlang von griffigen Seitschuppen bei recht weiträumiger Absicherung hinauf. Beim vierten Bohrhaken gilt es, die Abzweigung nach links nicht zu verpassen (ziemlich offensichtlich, der nächste BH links ist gut sichtbar). Nun in leicht absteigender Querung zu Stand in einer Grasrinne, die sich für eine Pause anbietet. In L10 wird die Grasrinne im Gehgelände 20m nach links zur grossen Platte hinüber gequert.

L11, 5b: Nur 5b, aber oho! Die Platte sieht nicht nur eindrücklich glatt aus, sondern klettert sich auch nicht ganz so einfach. Meines Erachtens eine der anspruchsvollsten Längen der Route. Über weite Strecken hilft ein Riss beim Fortkommen, der allerdings auch meist eher rund und nicht so griffig ausgefallen ist. Gesagt sei, dass hier auf 50m Kletterstrecke gerade mal 6 Sicherungspunkte vorhanden sind - wohl die Crux der Route für den Vorsteiger.

Eindrückliche Platte in L11 (5b).
L12, 4b und L13, 6a: Die zwölfte Länge kann man als Überführungsstück zum nächsten Abschnitt bezeichnen. Die Schwierigkeiten sind moderat, der zweite Teil ist sogar etwas grasig. Dafür geht's dann im folgenden, steilen Abschnitt zur Sache. Schon die ersten Meter sind nicht so einfach, dann quert man nach links in die steile, abdrängende Wand. Ein paar griffige Schuppen sind aber vorhanden, kulminieren tut die Sache in einem Überhang. Hier stecken 2 BH in 1m Abstand, notfalls hilft also der Textilgriff, allerdings ist die 6a-Bewertung für die freie Passage hier gutmütig ausgefallen.

L14, 5b: Nun hat man es schon bald geschafft: zuerst ein paar steil-griffige Meter zum Grat hinauf, wo sich nach ein paar einfachen Metern noch ein Boulder an einem überhängenden Gratabsatz in den Weg stellt. Der offizielle Stand befindet sich südseitig am höchsten Punkt des folgenden Gratabschnitts. Es macht jedoch im Gesamtkontext mehr Sinn, nordseitig auf einem Band gleich in die folgende Scharte zu queren und an einem Zacken Stand zu machen, weil dort der Abstiegspfad beginnt.

Um 15.30 Uhr war schliesslich die ganze Familie am Top. Somit hatte die Kletterei ziemlich genau 6:00h in Anspruch genommen, als Viererseilschaft mit den Kindern sicher eine gute Zeit für 14 SL und 500 Klettermeter. Gleichzeitig hiess das aber auch, dass nur noch 1:15h bis zur letzten Fahrt der Albignabahn blieben. Ich war der Meinung, dass dies wohl nicht reichen würde. Mit der nötigen Vorsicht stiegen wir im exponierten T5-Gelände zur Abseilstelle ab, wo man mit 2x25m über steile Felsen in einfaches Gelände gelangt.

Ambiente in der Albigna.
Nun hiess es erst, über die Blockhalde zum Cacciabella-Weg abzusteigen. Es war klar, dass nun ordentlich auf's Gaspedal gedrückt werden musste. Behände sprangen die Kinder über die Blöcke, später ging es dann im Trailrunning-Modus mit etwas Auf und Ab der Bergstation entgegen. Ich war sehr erstaunt darüber, welche Kräfte die Kids mobilisieren konnten und mit welchem Tempo wir unterwegs waren. Natürlich war es vor allem die schlechten Aussichten auf 1000hm zusätzlichen Fussabstieg statt gemutlicher Gondelei, welche hier den Ausschlag gaben. Doch der Effort wurde belohnt: just in time waren wir an der Bahn und konnten bequem zu Tale schweben 😀

Freitag, 20. Juli 2018

Piz Cambrena (3606m) via Cresta d'Arlas

Nachdem es 10 Tage zuvor bei der genialen Tour über den Bumillerpfeiler zum Piz Palü mit dem Gleitschirmflug wegen einer Nordföhnlage nicht geklappt hatte, gab es nun plötzlich Gelegenheit, diese Scharte auszuwetzen. Nein, dem Bumiller wollte ich natürlich nicht ein zweites Mal begehen und auch der Weg zum Piz Palü blieb mir als Sologänger verwehrt. Hingegen lässt sich der unweit davon gelegene Gipfel des Piz Cambrena sehr gut auch im Alleingang erreichen. Wie auf dem Piz Palü sind auch hier formidable Startmöglichkeiten für den Gleitschirm vorhanden.

Sicht auf die ganze Tour mit dem Arlas-Grat und den Cambrena-Firnfeldern von der Scharte zwischen Sass Queder und Piz Trovat. 

Grandiose Sicht zu Piz Bernina, Piz Morteratsch und Konsorten, sowie dem Persgletscher.
Der Piz Cambrena wird meist über die inzwischen stark abgeflachte Eisnase begangen, mit der Abstiegsvariante über die Cresta d'Arlas ergibt sich eine lässige Rundtour. Aber da ich ja den Rückweg fliegend antreten wollte, musste ich mich für eine der beiden Routen entscheiden. Nachdem auf dem Weg via die Eisnase eine gewisse Spaltengefahr gegeben ist und mich die Kletterei am Piz d'Arlas zusätzlich reizte, war die Wahl schnell getroffen. Etwas unklar waren mir a priori, wie die anzutreffenden Schwierigkeiten wohl sein würden. Beim Abstieg via die Cresta d'Arlas wird nämlich vom Gipfel 1x25m in steilem Gelände abgeseilt - hier würde ich dann hochklettern müssen.

Sicht von Nordgipfel (3375m) des Piz d'Arlas auf das Restprogramm. Erst ist der Grat einfach zu begehen...

...später warten auch einige Passagen, wo man luftig kraxeln muss.
Meine Tour startete mit der ersten Bahn um 8.20 Uhr zur Diavolezza. Es sei noch erwähnt, dass ich sowieso gerade mit der Familie in der Gegend war, sonst hätte ich den weiten Weg für diese doch recht kurze Tour wohl kaum auf mich genommen. Und da wir am Vortag alle zusammen die lange Klettertour über die 'Schildkröte' (14 SL, 500m, 6a) am Piz Frachiccio unternommen hatten, waren die meisten in der Familie froh um noch etwas Erholungszeit. Um 8.40 Uhr schaltete ich schliesslich den Tracklog auf der Diavolezza ein. Der Weg um den Piz Trovat herum war mir natürlich noch bestens bekannt. Man geht genau bis zu jener Stelle, wo man für die Tour zum Piz Palü den Gletscher betritt (0:25h ab Diavolezza).

Die Schlüsselstelle, der Aufschwung zum Südgipfel (3466m) des Piz d'Arlas kommt langsam in Sicht...

...hier nun aus der Nähe fotografiert. Hier müssen ca. 30m nichttrivial im +/- vierten Schwierigkeitsgrad geklettert werden.
Nun gilt es jedoch, weiter dem felsigen Grat zu folgen. Ein erstes Fort wird rechts entweder im Geröll oder im Randbereich des Eises umgangen. Dann gilt es, den Kamm wieder zu ersteigen. Dieser Abschnitt ist wenig erquicklich. Hier muss wohl in jüngerer Vergangenheit einmal ein Bergsturz niedergegangen sein. Es gibt viel loses Material, alles ist in Bewegung, schwierig ist's aber nicht weiter, nur die beste Route ist nicht gut ersichtlich. Wieder auf dem Kamm geht's dann zügig vorwärts über den Geröllrücken hinauf zum Nordgipfel des Piz d'Arlas (3375m), wo ich gerade 1:00h nach Aufbruch bei der Diavolezza eingetroffen war. In diesem Abschnitt trifft man meist auf recht gut ausgeprägte Pfadspuren, die Schwierigkeit bewegt sich im T4/T5-Bereich

Sicht vom Südgipfel des Piz d'Arlas (3466m) auf das Cambrena-Plateau. Hinauf zum (linken) Ostgipfel kann man inzwischen bereits fast durchgehend im Fels aufsteigen und muss den Firn nicht mehr zwingend betreten. Wobei dieser sofern man sich ganz am Rand hält auch keine Spalten aufweist.

Der Piz Palü mit seinen Pfeilern. Erinnerungen an die grandiose Tour über den Bumiller nur 10 Tage zuvor kommen auf.
Die Fortsetzung erfolgt über den +/- horizontal verlaufenden Grat. Man lasse sich dabei nicht in die Flanken hinunterdrängen. Die Begehung ist ein grosser Genuss, teils im exponierten Gehgelände, teils kraxelnd. Es dauerte nicht lange, bis ich unter der Crux stand, eben dem Steilaufschwung zum Südgipfel des Piz d'Arlas (3466m). Dieser machte tatsächlich Eindruck, denn hier gilt es tatsächlich 30 steile Meter echt zu klettern. Direkt an der Kante dürfte das tatsächlich ein Vierer sein: steil, griffig, guter Fels, eine lässige Turnerei. Etwas zutrauen in seine Kletterfähigkeiten ist hier durchaus vonnöten, sonst wird das nix. Fixes Material steckt übrigens keines, oben befindet sich jedoch ein gebohrter (Abseil-)stand. Und als letzter Hinweis noch: eventuell kann man die Passage linkerhand in der Flanke einfacher haben. Das wäre aber weniger elegant und die Felsqualität ist bestimmt auch schlechter (sprich etwas schuttig-brüchig).

Sicht vom Cambrena-Westgipfel (3606m) auf den Ostgipfel (3601m). Die Schartentiefe ist rund 40-45m, also zwei echte Gipfel!

Ideale Verhältnisse für einen Start  mit dem Gleitschirm. 15km/h Wind aus korrekter Richtung und Platz zum Verschwenden.
Nur gerade 25 Minuten hatte der Weg von Nord- zum Südgipfel des Piz d'Arlas gebraucht, nun ging's vorerst im leichten Fels abwärts zum Sattel, welcher diesen Berg mit dem Piz Cambrena verbindet. Auch hier musste man nur wenige Schritte auf den Schnee treten, sondern konnte gleich linkerhand auf dem Geröllrücken bequem aufsteigen. Erst auf dem letzten Höhenmetern hinauf zum Ostgipfel vom Piz Cambrena (3601m) musste man zwingend in den Firn. Doch dieser war schön trittig, weder hart noch weich, da hätte man die Tour sogar wirklich auch in Turnschuhen angehen können. Immerhin blieb mir so die Montage der Steigeisen erspart. Nachdem ich auf dem Ostgipfel kurz Umschau gehalten hatte, ging's gleich weiter zum Westgipfel (3606m). Dazu sind gut 40hm Abstieg und Wiederaufstieg nötig. Doch noch vor der 2-Stunden-Marke hatte ich das Top erreicht, noch dazu gehörte der ganze Berg mir!

Ready to go!

Landed! Der Ausgangspunkt weit entfernt unmittelbar links vom Bahnmast zu sehen.
So konnte ich gemütlich Umschau halten, zu pressieren gab es jetzt nichts mehr. Die Flugbedingungen waren offensichtlich perfekt und an guten Startplätzen mangelt es am Cambrena definitiv nicht. Einzig wenn der Wind aus SE-SW kommen sollte, so wird es prekär. Allerdings befindet man sich dann auch grossräumig im Lee, eine Nordlage ist hier definitiv vorteilhafter. Flugs hatte ich meinen Schirm präpariert und weniger später war ich auch schon in der Luft. Um die Rundtour zu komplettieren, flog ich über die Eisnase ab. Später, über dem Piz d'Arlas Nordgipfel, konnte ich nochmals auf 3600m aufdrehen und schön die ganze Runde Revue passieren lassen. Dann hiess es aber ab ins Tal. Zur Zeit meiner Landung um 11 Uhr nahm das Talwindsystem schon an Fahrt auf. Ich konnte zwar noch sanft und auch fast turbulenzfrei landen, zwei, drei Stunden später ist das jedoch um diese Jahreszeit sicher nicht mehr der Fall. So endete meine Tour nur gut 2:30h Stunden nach dem Beginn unmittelbar neben dem Parkplatz. Fast schon frech, in einer solch kurzen Zeit eine so lässige Tour über vier hochalpine 3000er gemacht zu haben :-)

Facts

Piz Cambrena via Cresta d'Arlas (AD, 4a, 700hm)
Material: Turnschuhe reichen ;-). Im Ernst: Leichtsteigeisen, evtl. Pickel, evtl. 1x40m-Seil, Cams

Interessante, kurze Hochtour im Festsaal der Alpen. Bis hinauf zum Südgipfel des Piz d'Arlas (3375m) bewegt man sich meist auf Wegspuren in unschwierigem, gerölligem Gelände. Danach folgt die interessante Gratüberschreitung mit der Crux zum Schluss, dem steilen Aufstieg zum Südgipfel des Piz d'Arlas (eine Seillänge à 30m, ca. 4a, kein fixes Material vorhanden. Wer sichern will, muss ein Sortiment Cams mitbringen). Weiter geht's wieder über leichten Fels und zuletzt im Firn zum flachen Gipfelplateau des Piz Cambrena. Ideale Startplätze in den Expositionen W über N bis E. Vorsicht, bei Nordüberdruck prescht der Talwind sehr heftig durchs Berninatal, ab Mittag muss man locker mit 30km/h Mittelwind und 50km/h in Böen rechnen! 

Montag, 16. Juli 2018

Räterichsbodensee - Bruni Chue (6a+)

Vor uns stand ein Wochenende mit perfektem Alpinistenwetter - sonnig, warm und gewitterfrei. Somit sollte es 'en famille' in die Berge gehen, mit Zeltausrüstung und Klettergeraffel im Gepäck. Wir entschieden uns, das Basislager in Innertkirchen zu errichten. Schliesslich gibt's da genügend steilen Fels wie auch interessante, kindertaugliche MSL-Routen in Griffweite.

Die Platten am Räterichsbodensee bieten spannende Reibungskletterei in perfektem Fels.
Sonntags zogen wir schliesslich an die Platten am Räterichsbodensee. Geklettert werden sollte in 2 Seilschaften (Mutter/Sohn und Vater/Tochter). Ich war zwar schon lange nicht mehr vor Ort, vor Jahrzehnten hatte ich hier jedoch schon ein paar Touren geklettert, u.a. die Chly Häx, Neuholz, Tim & Struppi und Grimselstrom. Da ich ja auch mit der Plattenrakete unterwegs sein konnte, lag es irgendwie auf der Hand, in der nominell schwierigsten Route anzugreifen. Schon erstaunlich übrigens die Entwicklung. Ziemlich genau ein Jahr zuvor hatte ich nach der Biwaktour am Rhonegletscher das erste Mal überhaupt eine MSL ganz alleine mit meiner Tochter geklettert. Inzwischen war das beinahe schon Routine und der zu wählende Schwierigkeitsgrad ist auch schon einiges nach oben gewandert. Somit ging's eben in die Bruni Chue, ein irgendwie total unpassender Routenname. Soviel vorweg, ich hätte sie auf 'Holdless Horror' umgetauft, meine Tochter auf 'Glatti Platti'. Aber gehen wir die Sache im Einzelnen an. Um 10.45 Uhr ging's los mit:

Ziemlich kinderfreundlicher Zustieg. Sie fragen jeweils nicht, wie lange und wie schwierig die Route sei, wenn wir eine MSL planen. Aber wie lange und wie weit man zum Einstieg laufen muss, das ist jedes Mal ein Thema. Wie gut, dass meine Vision aus dem El Cap besteht und nicht aus einem abgelegenen Bigwall im Karakorum...
L1, 5a: Hier trifft man auf teilweise vom Gletscher unglaublich glatt polierten Fels. Direkt über die Haken geklettert bei weitem schwieriger wie 5a und selbst mit einem grosszügigen Riesenslalom von Haken zu Haken ist's wohl die tiefstmögliche Bewertung, welche man der Kletterei noch andichten kann.

Beach Feeling und glattes Parkett in L1 (offiziell 5a, nach meinem Empfinden schwieriger). 
L2, 2b: Tönt ziemlich nach Gehgelände, trifft jedoch nicht zu. Eher unterer Viererbereich, meine ich.

L3, 5b: Achtung, hier nun peinlich genau den (nicht mehr gut sichtbaren) weissen Markierungen folgen, sonst verhaut man sich in eine der kreuzenden Touren. Es wartet schon nicht mehr gänzlich triviale Reibungskletterei. Die Absicherung mit 7 BH auf 45m Kletterstrecke ist dann auch nicht besonders üppig ausgefallen. Anstatt 'plaisir super' wohl im Maximum 'plaisir gut', stürzen kann man hier definitiv nicht à discretion.

Dieses Bild widerspiegelt gut den Charakter der Kletterei in den unteren Seillängen. Reibung und relativ weite Hakenabstände. Wo man hinfällt, wenn man hier kurz vor dem Standplatz stürzt, dürfte klar sein - nämlich 15m in den Alpengarten direkt unterhalb. Für mich ist das nicht mit 'plaisir super' vereinbar. Will aber nicht heissen, dass hier zwingend nachgebohrt werden muss, es geht nur darum, dass klar ist, was einen hier erwartet.
L4, 5b: Für lokale Verhältnisse eine abwechslungsreiche Seillänge mit ähnlichem (Absicherungs-)Charakter wie diejenige zuvor.

L5, 5c+: Am Schluss wartet bereits der erste fordernde Test für den Haftreibungskoeffizienten der Schuhsohlen. Kommentar der Nachsteigerin: 'Papi, du häsch viel länger gha als ich!?! Für mich isch das nonig schwierig, ehner nur 4c'.

Am Ende von L5 (5c+) ändert die Farbe des Felses von grün zu schwarz. Die Wand wird noch einen Tick steiler und über die letzten 2 Haken hinweg wartet der erste Test für den Haftreibungskoeffizienten. Zumindest meinereiner kann hier den Fuss nicht mehr einfach beliebig platzieren und die Wand hochlaufen, da muss schon sorgfältiger angetreten werden. Am anderen Seilende ist das hingegen noch nicht der Fall, da scheint noch alles zu halten und Trittwahl ist nicht nötig.
L6, 5c+: Achtung, hier wieder erhöhte Abdriftgefahr in die daneben verlaufenden Tour! Es geht nicht (wie es eigentlich ziemlich logisch wäre) direkt hinauf den Bohrhaken entlang, sondern nach links an die (vermeintlich) cleane Verschneidung, welche man sogleich nach links hinaus verlässt. Zur Abwechslung gibt's hier auch mal den einen oder anderen Griff zu halten.

Die Schlusspassage von L6 (5c+) verläuft oberhalb der Verschneidungskante (welche hier links im Bild zu erahnen ist). Rechts dafür mal so etwas wie Griffe, welche sich in die Sequenz einbauen lassen (oder auch nicht, schliesslich muss es anderswo auch ohne gehen...). 
L7, 6a+: Eine unglaubliche Knallerplatte, homogen und praktisch grifflos. So auf den ersten Gedanken à la 'das ist doch gar nicht möglich'. Es gibt über weite Strecken wirklich absolut keine Griffe und daher muss es ja mit einfach hinstehen und rauflaufen gehen. Für mich war das gefühlt absolut am Haftreibungslimit - da mag's kein Husten und keine Flechte mehr leiden, sonst rutscht der Fuss. Ob die Bewertung passt, soll jeder selber entscheiden. Mir kommt da nur z.B. die Platte am Ende von L4 von Sacremotion am Chli Bielenhorn in den Sinn. Die galt einmal als 7a+, inzwischen ist's zwar nur noch eine 6c+, aber die Moves dort sind garantiert einfacher wie das hier. Am anderen Seilende tönte es auch nicht mehr gar so vorlaut wie zuvor... da musste sich nun jemand doch plötzlich noch ein wenig Mühe geben ;-) Aber es ging schliesslich für uns beide frei und onsight bzw. flash.

Die unglaubliche 45m-Knallerplatte in L7 (6a+). Sehr glatt, sehr anhaltend, sehr eindrücklich! Während ich hier sowieso nur noch mit ganz sorgfältiger Planung und sauberer Gewichtsverlagerung in die Höhe kam, hatte sich die Situation am anderen Seilende auch ein wenig geändert. Hier war's nun für die übliche 'ich stehe hin und laufe rauf' Strategie doch auch zu steil und zu glatt und es musste sorgfältiger und geplanter gemovt werden.
Nochmals ein Shot aus der Cruxlänge (L7, 6a+), welcher gut zeigt, wie glatt das Terrain ist. Die angedeutete Rampe ganz am Ende der Seillänge ist dann echt willkommen, so fühlen sich die letzten Meter dann tatsächlich noch wie rauflaufen an, weil man hier in ein bisschen weniger steilem Gelände antreten kann.
L8, 5b: Hier wartet oberhalb vom Stand ein perfekter Splitter Crack (allerdings eingebohrt). Mit ein paar Klemmern wartet hier frohgemutes, gemütliches Steigen. Zuletzt dann über ein paar Aufschwünge zum finalen Stand.

Megaschöner Splitter Crack in L8 (5b). Obwohl die Wand gleich steil und glatt wie zuvor ist, ist die Kletterei so viel einfacher.
Kurz vor dem Top der Route. Doch ein respektabler Höhengewinn gegenüber dem See!
Um 13.45 Uhr und damit nach ziemlich genau 3:00 Stunden kurzweiliger und spannender Kletterei hatten wir das Top erreicht. Warum die Route hier kurz unter einem 2m breiten Band endet, hat sich mir allerdings nicht so ganz erschlossen. Oberhalb würden nämlich nochmals 2-3 Seillängen Kletterei vom selben Zuschnitt warten. Sieht nach ähnlichem Schwierigkeitsgrad und Topfels aus. Haken ausgegangen? Akku leer? Lust abhanden gekommen? Oder reichen dem Plaisirkletterer 8 Seillängen? Eigentlich sollte man diese Route noch fertig erschliessen. Vielleicht nehmen wir ja nächstes Mal wirklich noch die Bohrmaschine mit, mal sehen. Für den Weg zurück zum Einstieg gibt's nur das Abseilen. Die Seillängen sind alle ziemlich lang, somit sind 7 Manöver fällig, nur gerade L2 und L3 kann man verbinden. 

Abkühlung zum Schluss bei einem Besuch in der Aareschlucht.
Inzwischen war es ziemlich heiss geworden, somit wollten wir es für heute gut sein lassen. Schliesslich wartete ja auch noch das Restprogramm, und dieses hiess: Aareschlucht durchwandern und Glacé essen, um für etwas Abkühlung zu sorgen. So ging ein tolles Weekend zu Ende. Nein, das Alpine CV wurde dieses Mal nicht um klingende Namen und hohe Schwierigkeitsgrade erweitert. Nichtsdestotrotz war die Kletterei für mich absolut spannend! Ja wirklich, das meine ich zu 100% ernst - trotz dem banalen Schwierigkeitsgrad (beim Sportklettern ist mir dieser Grad selbst zum Aufwärmen zu einfach!) war ich absolut gefordert. Das zeigt wieder einmal schön, wie relativ Schwierigkeitsgrade beim Klettern sind...

Facts

Räterichsbodensee - Bruni Chue 6a+ (6a obl.) - 8 SL, 320m - C. & U. Gehbauer 2000 - ***; xxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, Cams/Keile nicht nötig

Die Route bietet vorwiegend Reibungskletterei in sauberem, flechtenfreien und nicht brösmeligem Aaregranit, andere Kletterstile kommen nur vereinzelt zur Anwendung. Langweilig wird's trotzdem nicht, die Kletterei dünkte mich doch ziemlich knifflig und auch im Vergleich zu anderen Plattenschleifern eher hart bewertet. Um stilrein und unbeschadet am Top anzukommen, sollte der Vorsteiger schon ein wenig etwas auf dem Kasten haben. Die Absicherung ist nämlich auch nicht allzu üppig ausgefallen. An den einfacheren Kletterstellen (d.h. <=5c) würde ich das als irgendwas zwischen 'plaisir soso' und 'plaisir gut' einschätzen (d.h. xx-xxx). Die schwierigeren Meter (>=5c+) und auch die 6a+ Cruxlänge sind dann auf Niveau 'plaisir gut+' (d.h. xxxx) gebohrt. Hier wird man sich auch bei einem Sturz zur Unzeit kaum mehr gröber wehtun, zwingend ist die Kletterei aber immer noch. An ein paar wenigen Stellen könnte man tatsächlich auch noch Cams unterbringen, um die Abstände zu verkürzen. Weil's aber an vielen Stellen mit gleicher Schwierigkeit dann eben doch nicht geht, kann man jedoch auch ebensogut darauf verzichten, diese mitzunehmen. Nähere Infos findet man im Schweiz Plaisir West (z.B. bei Bächli Bergsport erhältlich). Ebenfalls nützlich ist das Topo-Update, wo die Nachbartouren Toni und Weisser Germer verzeichnet sind.

Montag, 9. Juli 2018

Wendenstöcke - Elefantenohr (7c+)

Nachdem wir uns eine Woche zuvor für den Granit am Furkapass entschieden hatten, sollte es dieses Mal in den Kalk gehen. Im Vorsommer findet man an den Wendenstöcken vielfach noch nicht optimale Bedingungen. Dieses Jahr war es jedoch bereits so lange schön und warm gewesen, dass man bedenkenlos angreifen konnte. Das Elefantenohr, eigentlich eine moderat schwierige Wendenroute, gespickt mit einer Monster-7c+-Cruxlänge, hatte ich schon seit Jahren auf dem Radar. Wie immer an den Wendenstöcken wurden wir durch das Dargebotene nicht enttäuscht, ja waren sogar hellauf begeistert. Hammermässiger Fels auf praktisch jedem Meter und viel Luft unter den Sohlen wurden uns geboten, so soll es doch sein!

Noch Fragen offen, warum die Route so heisst wie sie heisst?!? Can you see the elephant?!?
Nachdem ausnahmsweise ziemlich tiefe Temperaturen angesagt waren und der Tag zudem als sicher gewitterfrei prognostiziert wurde, einigten wir uns auf einen relativ späten Start. So liefen wir erst um 9.00 Uhr von der Wendenalp los. Während man im Aufstieg bei herbstlichen Bedingungen auf einen gut ausgetretenen Weg trifft und vor allem Brauntöne dominieren, herrschte dieses Mal grün gespickt mit Farbenpracht vor. Schnee hatten wir bis zum Einstieg keinen zu betreten - einzig bei der Stelle, wo man nach der Rechtsquerung auf die steilen Schlusshänge wechselt, mussten wir ein Schneefeld 10hm weiter unten umgehen. Allerdings, so viel sei an dieser Stelle auch gesagt, eine Überquerung desselben in den Trailrunners wäre nicht möglich gewesen. Der Schnee war bockhart und die Exposition im Wendenzustieg ist ja stets gegeben, ein Ausrutscher liegt da nicht drin. Für Ortsunkundige ist der Einstieg gar nicht so einfach auszumachen. Material steckt am Einstieg nämlich keines, der erste BH kommt erst ca. 12m "off-the-deck" und die rote Farbe, mit welcher die Route dereinst angeschrieben war ist zwar aus der Nähe noch knapp sichtbar, jedoch definitiv nicht mehr lesbar. Doch nachdem ich die benachbarten Routen (u.a. Legacy, Jednicka, Zahir) bereits geklettert hatte, wusste ich wo es losgeht - es ist übrigens ziemlich genau mittig auf der Terrasse zwischen den beiden Nischen am Wandfuss. Um 10.30 Uhr kletterte ich schliesslich bei bestem Sonnenschein los.

Dieses Foto könnte nützlich sein um zu identifizieren, wo die Route beginnt. Im Einstiegsbereich steckt nix, nur mit Sperberaugen sind noch ein paar Farbkleckse zu sehen, welche von einer verwaschenen Routenaufschrift stammen. Der erste Bohrhaken steckt erst oberhalb vom Dächli, etwa 3m unterhalb vom Kletterer. Die Platte darunter zählt noch zum verschärften Teil des Zustiegs...
L1, 40m, 6a: Die ersten 10-15m darf man als nochmals verschärften Teil des Zustiegs betrachten. Trotz Schwierigkeiten im 5ab-Bereich steckt da noch rein gar nichts und liegen (im Sinne von mobilen Sicherungen) tut auch nur auf den ersten 2-3m was. Hilft zwar gegen eine Totalabsturz über die Zustiegshänge, nicht jedoch gegen einen potenziell schmerzhaften Aufprall auf den Einstiegsbändern. Das folgende Überhängli und die steile Wand darob dann gut abgesichert mit typischer 6a-Wendenkletterei - nicht ganz trivial, doch wer hätte das erwartet. Zuletzt dann einfacher über eine kompakte Platte etwas nach rechts zu geschütztem, aber etwas unbequemem Stand.

L1 (6a) stellt einen gemütlichen Aufwärmer dar. Es warten aber schon kompakter Fels und einige nichttriviale Moves. 
L2, 25m, 5c+: Die ersten Meter vom Stand weg gar nicht mal so einfach für den banalen Grad, der hier vergeben wurde. Dafür mit 2 nahe steckenden Bolts gut abgesichert, was ja alleine schon Bände spricht. Die Fortsetzung dann einfacher, allerdings folgt bis zum Stand nur noch ein weiterer BH, die vergammelte Schlinge rechts aussen lockt einen übrigens auf eine falsche Fährte.

Nur gerade 5c+, aber der Bizeps kommt am Anfang von L2 das erste Mal zum Einsatz.
L3, 30m, 6b: Der Auftakt gleich mit einem kniffligen Moves, eine Etage höher wäre übrigens nochmals eine Standmöglichkeit (2 BH und 1 NH stecken da). Dann erst noch einfach und griffig die wohl öfters mal nasse Verschneidung hinauf. Es war zwar alles trocken, das Gestein jedoch etwas staubig. Die Bolts folgen hier in dichter Reihe, schwierig ist dann v.a. der Move nach links aus der Verschneidung hinaus, insbesondere wenn man's wie ich völlig falsch anpackt. Aber eine sehr coole Stelle mit ein paar Crimps, fantastisch. Hinauf zum Stand, welcher sich in der Nische ("im Auge des Elefanten") befindet, wartet dann noch eine absolut typische Wendenpassage. Etwa 7-8m links oben hat's noch eine vergammelte Schlinge in einer Sanduhr als letzte Zwischensicherung, von dort sind's nochmals 5m über eine kompakte Platte mit wenigen, seichten Löchern zum Stand. Es ist eine ziemlich aufregende Passage, ich kann's euch garantieren (erst recht übrigens für kleiner gewachsene, der Move an den finalen Sloper hat's dann bestimmt in sich).

Die typische Wendenplatte mit einem Runout über einer alten Sanduhrschlinge markiert das Ende von L3 (6b).
L4, 25m, 7a: Für die nächsten 25m gibt's zwei Möglichkeiten. Entweder die 6b+ rechts aus der Nische raus oder dann die 7a-Hammerplatte vom linken Ende der Nische. Wie so schön schon auf dem Internet steht "man könnte die 7a-Stelle rechts umgehen, aber da würde man etwas verpassen". Und zwar einen richtig schwierigen Auftakt. Hier präsentiert sich die senkrechte Wand noch wenig strukturiert, ein paar winzig-scharfe Mikrocrimper erlauben jedoch das Fortkommen. Chapeau an alle, welche das unmarkiert onsighten können, die Sequenz schien mir kaum erkennbar und ein Fehler ist nicht mehr rückgängig zu machen. Nachdem man die ersten 5m bewältigt hat, tauchen dann nach und nach bessere Tropflochgriffe auf, so dass sich die scheinbar recht weiten Hakenabstände (6 BH auf 25m) doch problemlos auflösen. Ein Hinweis noch: präzises Schuhwerk um auf kleinen Strukturen gut antreten zu können ist hier ziemlich unerlässlich.

Für den Sicherungsmensch gibt's tolle Aussichten ins Berner Oberland. Für den Kletterer...
...wartet diese Hammerplatte in L4 (7a). Kompakter geht's nun wirklich fast nimmer mehr!
L5, 40m, 7c+: Die Cruxsequenz präsentiert sich als absolute Monsterlänge. Lang, steil, anhaltend und ohne gute Ruhepunkte. Dafür, das sei an dieser Stelle auch erwähnt, präsentiert sich Absicherung im Wesentlichen sportklettermässig. Los geht's über die ersten 2 Bolts noch recht gängig im 6bc-Bereich. Doch bald steilt's auf, die Griffe werden kleiner und weniger, die Tritte spärlicher, die Moves weit. Bis unter den markanten Wulst hinauf liegen die Schwierigkeiten wohl so im Bereich von 7bc in perfekter, leicht überhängender, grau-rauer Wand. Einfach mega! Am Wulst (Crux) heisst's dann hingegen powern: weiter Zug von schlechten, etwas staubigen Seitgriffen zu Sloper und gleich verlängern an eine typische Wendenschüssel. Nun athletisch und mit gewaltig Luft unter dem Bürzel dranbleiben und quasi am Wulst selber eine kräftige, henklige Rechtsschleife klettern, ein affengeiler Abschnitt. Dann legt sich die Wand etwas zurück - doch sie wird auch feingriffiger und die optimale Sequenz an den nun eher sloprigen Griffen ist nicht so offensichtlich. Da kann man sich auch nochmals verrennen, v.a. auch weil die Füsse meist die typischen Wendenschlitze nutzen müssen, welche man von oben, einmal ausgestreckt und ausgepowert, so gut wie gar nicht mehr erkennen kann. Hut ab vor jenen, dies das Onsight können. Welch ein Gerät, diese Länge!

Nicht das beste Foto und yours truly legt wie man gut sieht auch gerade eine schöpferische Pause ein. Aber so kann man doch den Charakter der Cruxlänge erkennen und das vom Kletterer senkrecht herunterhängende Materialseil vermittelt zumindest ungefähr einen Eindruck, wie stark überhängend diese Seillänge in Realität ist.
Gegenperspektive. Die letzten Meter in L5 (7c+) sind nicht mehr ganz so steil, sondern mehr auflegerig und feingriffig. Auch wenn's nicht mehr ganz so schwierig ist, wenn die Kraft einmal alle ist, so wird man auch hier noch abgeworfen. 
L6, 35m, 6c: Kurz charakterisiert würde ich sagen "zum Klettern nicht so schwierig, dafür fordernd gesichert". Gar nicht mal so einfach ist's vom linken zum rechten Standhaken und auch die Wandkletterei im ersten Abschnitt ist nicht geschenkt. Die folgende, athletische Passage an Seitgriffen bzw. einer kleinen Verschneidung war bei uns noch etwas nass, liess sich aber klettern. Die dann folgende, zweite Hälfte der Seillänge ist zwar einfacher und tendenziell plattiger (ca. 6a+/6b), dafür jedoch auch spärlich im typischen Wenden- oder eben Chäppi-Style geboltet. Sonst ist das im Elefantenohr nur gerade noch in der zweiten Hälfte von L3 der Fall. Heisst also, Herz in die Hand nehmen und weitersteigen, es geht dann schon.

Ein Eindruck von der Kletterei in der mit weiteren Abständen gesicherten L6 (6c).
L7, 25m, 6b+: Rechts aus dem Stand raus und athletisch zu einem grasigen Riss, sowas bin ich in den Wenden auch noch nie geklettert. Nach wenigen Metern lässt man diesen aber links liegen und wechselt in die steile Wand rechterhand. Vorzüglicher Fels und Kletterei dort, die Absicherung auch prima. Ich fand es aber hart für den Grad, mich dünkte dieser Abschnitt auch deutlich schwieriger wie die 6c davor. Nach 25m trifft man auf eine Standmöglichkeit (es sind 3 BH vorhanden), die man jedoch auch auslassen kann.

L8, 20m, 6b: Eigentlich eine unglaubliche 6b-Länge. Steil, ausgesetzt und henklig, in jedem Klettergarten wäre das eine absolute Perle. Ich hängte sie gleich an L7 an, was aufgrund vom Seilverlauf und mit 50m-Seilen gut möglich ist. Allerdings sollte man dann mindestens 14 Exen am Gurt haben, sonst wird's knapp. Und wie sehr sich der Grad von 6b relativieren kann, konnte man hier wieder einmal deutlich sehen. Schon etwas müde Arme, dazu blies nun die Thermik mit einer verrückten Heftigkeit, gepaart mit der Kondensationskälte und der Absenz der Sonne liess einen das sofort auskühlen und schon kann einem auch 6b heftig auf die Pelle rücken!

Eine absolut geniale Kletterei bietet die Verbindung von L7 & L8 (6b+). Gut gesichert, aber hart für den Grad!
L9, 30m, 5c: Was steht da auf dem Netz?!? "Die letzte Seillänge ist unlohnend und kann ausgelassen werden". Ein Körnchen Wahrheit steckt da vielleicht schon drin, aber irgendwie kommt's halt eben doch darauf an, mit welcher Motivation man in die Berge geht. Für mich jedenfalls ist ein Umdrehen vor dem Top höchstens eine Notlösung, welches immer den Touch von "Scheitern" mit beinhaltet. Die äusseren Bedingungen waren inzwischen sogar richtig garstig geworden, so dass eine Prise alpine Härte plötzlich unabdingbar war. Unlohnend naja, es geht auf einer ziemlich klassischen Linie entlang einer Mischung von Off-Width, V-Schlitz und Kamin. Für Liebhaber jedenfalls eine coole Sache. Stecken tut nur noch 1 NH und auch diesen kann man erst nach dem schwierigsten Move klippen, daher sind Cams unerlässlich (ich verwendete den kleinen Totem Cam, den 0.4er und den 0.5er Camalot, andere Grössen passen jedoch auch). Steht man dann am Top, so präsentieren sich irgendwie überraschende Perspektiven auf eine Schlucht und die Schrofen oberhalb - hätte ich so nicht erwartet. Der Stand befindet sich übrigens ziemlich weit rechts draussen.

Nicht so das Superfoto, aber als Gipfelbeweis taugt's. L9 (5c) verläuft absolut wendenuntypisch entlang von einer Schwachstelle neben dem kompakten Fels. Eher etwas für Liebhaber?!? Wie auch immer, irgendwie eben doch geil!
Um 17.00 Uhr und damit nach 6:30 Stunden Kletterei war das Top erreicht. Von hier noch wie in den Topos verzeichnet durch die Schlucht und über die Schrofenhänge weiter aufzusteigen und zur Abseilpiste von Aureus oder Excalibur zu wechseln, macht absolut nullkommagarnull Sinn. Erstens ist es sicher brandgefährlich dort oben rumzulatschen und zweitens lässt es sich über das Elefantenohr absolut formidabel und zügig abseilen. Einzig die Stände sind wie üblich an den Wenden ein Clusterfuck mit alten Schlingen, noch älteren Schlingen, komplett zugemüllten Bohrhakenlaschen und Uralt-Schnappern, wo das Seil eingefädelt werden muss. Doch bisher hat dieser Gerümpel noch für alle, die jemals eine Wendentour geklettert haben gehalten, so wird's auch dieses Mal nicht anders sein. Wie an den Wenden Usus, so erfährt man auch hier mehrmals die Situation, dass die Seilenden unterhalb im Leeren baumeln, mit etwas Pendeln geht's aber gut und die Stände liegen stets in gerader Linie unterhalb. Vor allem der Abseiler über die Cruxlänge und die 7a davor zurück in die Nische (das Auge des Elefanten) ist eindrücklich. Mit 2x50m geht's gerade auf, 1-2m Seil bleiben mit der Dehnung übrig. 

Nicht ganz einfach zu erfassen, was hier los ist... Das Bild vom Abseilen über die Cruxlänge, wo die Seile einfach ins Leere baumeln. Es braucht schon etwas Selbstvertrauen, sich hier einfach mal in die Tiefe gleiten zu lassen und darauf zu zählen, dass man den Fels bzw. einen Standplatz dann (pendelnd) schon wieder erreicht.
Wenig später sind wir retour am Wandfuss. Hier bläst die Thermik nicht mehr wie verrückt, da lässt es sich auch gemütlich den Vesper halten. Zügigen Schrittes geht's danach in weniger als einer Stunde zurück auf die Wendenalp. Der Kreis schliesst sich, eine halbe Stunde später können wir in der Stammkneipe bei Pizza und Panaché auf meine 35. Wendenroute prosten. Damit ist für mich die Anzahl gekletterter Wendenrouten nun um eins grösser als die der bestiegenen Schweizer 4000er. Ob man mit dieser Statistik etwas anfangen kann, bleibe mal dahingestellt (zumal es mehr als doppelt so viele Wendenrouten wie 4000er gibt)... aber ich freue mich wie ein Kind über jede einzelne!

Facts

Gross Wendenstock - Elefantenohr 7c+ (7a obl.) - 9 SL, 260m - Lechner/Ochnser 1984/2005 - ****;xxx-xxxx
Material: 2x50m-Seile, 16 Express, für L9 Camalots 0.3-0.75, für L1-L8 Cams nicht zwingend nötig.

Eigentlich handelt es sich beim Elefantenohr um eine moderat schwierige und auch ganz passabel abgesicherte Wendenroute, wenn da nicht diese monstermässige 7c+ Cruxlänge wäre. Diese ist zwar +/- sportklettermässig eingebohrt, stellt aber natürlich trotzdem gewisse Anforderungen und die 7a obligatorisch dürfte wohl in etwa hinkommen. Das macht die ganze Unternehmung natürlich etwas inhomogen. Stören dürfte dies vor allem jene, welche auf eine durchgehend harte Route aus sind und snobistisch eine Wenden-6b als langweilige Pflichtübung empfinden. Das ist jedoch gar nicht der Fall, auch die einfacheren Längen sind echte Perlen in hervorragendem Gestein. Fast am wenigsten attraktiv sind sogar die härtesten Moves selber an etwas staubigen Auflegern und Seitgriffen. Wie bereits erwähnt ist die Route für Wendenverhältnisse gut abgesichert, weil sie dereinst nachgerüstet wurde. Das heisst jedoch auch, dass man an diversen Orten noch an den originalen Kronenbohrhaken und Self-Made-Plättli von 1984 klettert - passt aber schon. Mobile Sicherungen sind nur auf den ersten 15m am Einstieg und für L9 notwendig, für den ganzen Rest kommt man gut ohne aus. Für ein Fototopo siehe unten, weitere Infos zu Gebiet und Route findet man im Filidor Extrem West (z.B. bei Bächli Bergsport erhältlich. Achtung, die Materialangaben zur Route im Extrem West sind falsch!)

Fototopo mit dem Routenverlauf vom Elefantenohr (9 SL, 7c+) an den Wendenstöcken.