Abgemacht waren zwei Bergtage mit Jonas, doch angesagt war eine stürmische Föhnlage, was Skitouren oder gar Bergsteigen unattraktiv machte. Aber etwas Alpinklettern müsste doch drinliegen. Das naheliegende Ziel um diese Jahreszeit, bereits schneefrei und den Sturmwinden nicht allzu fest ausgesetzt, war die bekannte Kalkplatte am Wildhauser Schafberg. Soviel vorweg, unsere Vorstellungen wurden voll erfüllt, und wir genossen eine tolle Kletterei bei sehr angenehmen Wetterbedingungen.
Kathrin und Basti liessen sich ob der oben genannten Logik für dasselbe Tourenziel begeistern, so ging es zu viert nach Wildhaus. Im Aufstieg via Gamplüt zur Alp Fros hinauf liegen zwar noch einige Schneefelder, doch man kann ihnen fast vollständig ausweichen, und gelangt gut trockenen Fusses dahin. Der Schlussaufstieg zur Wand hingegen ist noch fast komplett verschneit, doch dank dem kompakten, trittfesten Schnee gut in leichten Schuhen und ohne Winterausrüstung zu begehen. Somit konnte es kurz vor 11.00 Uhr losgehen mit der Kletterei.
Die Schafbergwand, immer wieder ein lohnendes Tourenziel! |
Wir begannen mit der Route Piccolo:
SL 1, 25m, 4b: Ziemlich grasige Zustiegslänge zum eigentlichen Routenanfang. Von unten überlegt man sich zuerst, ob man gleich seilfrei gehen soll, doch dafür ist es dann doch zu schwierig, und die Griffe wollen auch etwas geprüft werden. Es stecken 2 Bolts, Stand an Föhre mit Schlingen.
SL 2, 35m, 6a+: Nun zweigt man nach rechts ab, zuerst einer Rissfolge entlang zu einem Verschneidungssystem. Die Kletterei hier ist sehr gut, lohnend, und auch gar nicht so einfach. Der Fels ist genügend fest, aber noch nicht erste Sahne. Die Absicherung mit BH ist bestens.
Piccolo, 2. SL (6a+) |
SL 3, 25m, 6a+: Erst folgt man einfach entlang der Verschneidung weiter. Die Crux besteht aus einer Querung nach links über eine Platte. Hier muss man die Moves sorgfältig planen, der schwerste Zug an 2 Einfingerlöchern mit den Füssen auf Reibung. Diese Stelle kann auch A0 bewältigt werden. Danach wieder einfacher, und etwas "gemüsig", zum Stand.
SL 4, 40m, 5c+: Die schönste Seillänge dieser Tour! Vom Stand geht es erst gemässigt aufwärts, bis hinauf unter einen überhängenden Aufschwung. Dieser ist aber nicht zu fürchten, ist er doch mit Traumhenkeln ausgestattet. Danach geht es weiter an Supergriffen, schön luftig der Kante entlang. Der Fels ist hier mehrheitlich fest, allerdings befindet sich der Stand die ganze Zeit genau in Schusslinie, weshalb trotzdem etwas Vorsicht nötig ist. Die Seillänge ist gut mit einem Mix von BH und Schlaghaken abgesichert.
Piccolo, die sehr schöne 4. SL (5c+) |
Nach etwa 1.5 Stunden erreichen wir das Top. Die saubere Begehung dieser kurzweiligen Route war jetzt nicht die grosse Herausforderung, ein ganz simples Hochspazieren war es aber dennoch nicht. Wir seilen nun auf der Rückseite 50m in den grossen Kessel/Schlucht ab, von wo wir die zweite Route anpacken werden.
Bridge of Light:
Vom grossen Kessel gilt es zuerst, ca. 60m die linke Schrofenrinne hochzusteigen. Zu Beginn noch nicht so schwierig und exponiert (T5), zuletzt liegen dann aber keine Fehler mehr drin (T5+). Für den Vorsteiger gibt es hier kaum Sicherungsmöglichkeiten, man kann ebenso gut seilfrei gehen. Zudem: Vorsicht vor Steinschlag! Am Routeneinstieg kann an einem einzelnen Klebehaken Stand gemacht werden.
SL 1, 40m, 6c: Ziemlich einschüchternd sieht der steile Riss aus, zum Glück stecken hier die Bohrhaken in recht kurzen Abständen. Sobald man am Werk ist, stellt man dann fest, dass der Eindruck nicht getäuscht hat. Die Kletterei ist anspruchsvoll und pumpig, der Riss ziemlich rund, gute Griffe sind Mangelware. Nachdem ich zu Beginn den falschen Weg wähle und in eine Sackgasse gerate, lasse ich mich nochmals ab und kann die Länge im zweiten Anlauf dann sauber durchsteigen, allerdings nicht mit grossen Reserven. Hier könnte man wohl gut auch eine 6c+ vergeben, finde ich! Aber wie auch immer die Bewertung ist, diese Länge ist einfach toll, mit sehr abwechslungsreichen, ungewöhnlichen Moves.
Bridge of Light, Auftakt zur 2. SL (6b). Der Riss muss komplett selbst abgesichert werden. |
SL 2, 20m, 6b: Zuerst wartet eine steile Verschneidung, welche gänzlich ohne fixe Absicherung ist. Sie sieht doch ziemlich einschüchternd aus, entpuppt sich dann aber als gutmütiger als vermutet. Selber Legen ist hier Pflicht, ein Sturz auf das Standbödeli hätte wohl gravierende Konsequenzen. Mit grossen Camalots (Grössen 1-3) ist dies aber gut möglich. Erreicht man den ersten Absatz in der Verschneidung, geht es links hinaus in die hier etwas grasige Platte, wo dann auch Haken (1 NH und 3 BH) stecken. Zuletzt wieder nach rechts hinaus zur Verschneidung mit unbequemem Hängestand.
Bridge of Light, 2.SL (6b). Nach der Verschneidung in die hier etwas grasige Platte hinaus. |
SL 3, 20m, 5c+: Der Verschneidung entlang geht es weiter, zwei Bolts stecken, die Absicherung will also noch etwas aufgepeppt werden, wozu wiederum die grossen Cams zum Einsatz kommen. Dank griffigem, wasserzerfressenem Fels ist die Kletterei nicht allzu schwierig, und sehr genussvoll. Dank den Tropflöchern links muss man über weite Strecken gar nicht an der Verschneidung piazen, sondern kann in der Plattenwand links klettern. Obwohl rechts ein bequemes Bödeli erreichbar wäre, muss man auch hier einen unbequemen Hängestand vergegenwärtigen.
Bridge of Light, 3. SL (5c+). Mal in der Verschneidung, mal in der sehr schönen Platte. |
SL 4, 25m, 6a: Eine weitere Seillänge im gleichen Stil wie die Vorherige: knappe Absicherung mit 3 Bolts, aber gut zu Ergänzen mit den Cams, dazu die Kletterei im wasserzerfressenen Fels, manchmal die Verschneidung benützend, manchmal in der Wand links. Der Fels ist einfach vorzüglich und erinnert sehr an den unteren Teil der Millenium in der Hauptwand des Reissend Nollen. Und gleich nochmals gibt es hier einen unbequemen Hängestand.
Bridge of Light, 4. SL (6a): Verschneidung und Platte, super! |
SL 5, 40m, 6c: Vom Stand weg gilt es eine Plattenquerung nach links zu meistern. Auf den ersten Eindruck sieht das nicht sonderlich schwer aus, doch nie nahe steckenden Bolts lassen anderes vermuten. So ist es dann auch, es muss sauber auf Reibung angetreten werden und gute Griffe sind Mangelware. Ist die linke Kante erreicht, so geht es dieser entlang einfacher aufwärts, man bedient sich grasgefüllter Risse als Griffe, hier sollte man mal richtig putzen! Zum Schluss quert man dann wieder nach rechts an die Verschneidung und muss über den Überhang hinweg nach rechts aussteigen. Die richtige Linie zu erkennen ist gar nicht so einfach hier, da hier nur selten geklettert wird, gibt es überhaupt keine Spuren und die Griffe sind auch etwas staubig. Ich kann es dann aber doch durchziehen, und mit Seilzug geht es über Graspolster zum Stand, etwa 15m unterhalb des Westgrats.
Bridge of Light, 5. SL (6c). Dieser Wulst ist die Crux, zum Ausstieg ist's dann etwas grasig. |
Um 15.40 Uhr sind wir am Ausstieg, etwa 2.5 Stunden haben wir also für die Route gebraucht. Ich muss sagen, eine wirklich tolle und abwechslungsreiche Kletterei, typische Schafberg-Plattenschleifer kommen zwar auch vor, aber (für solche die das fürchten) nur in homöopatischen Dosen. Ich muss sagen, leicht ist mir die Tour nicht gefallen, die beiden 6c-Längen sind alles andere als einfach, doch immerhin bestens abgesichert. Die drei Verschneidungslängen dazwischen fand ich hingegen eher hart bewertet, zudem ist auch bezüglich der Absicherung Eigeninitiative gefragt.
Wir machen uns ans Abseilen. Dies wäre problemlos über die Route möglich, noch bequemer geht es, wenn man zwei Stände der benachbarten "Tanz auf dem Regenbogen" von meinem Tourenpartner Walter Hölzler benutzt. So erreicht man mit 3x50m wieder den Einstieg, von wo man am Klebehaken die Schrofenrinne abseilt. Zum nächsten Stand sind es da 60m, aber man kann die untersten 10m auch gut abklettern (einfach und nicht exponiert). Ab dem dortigen Abseilstand sind es dann weitere 60m bis zum Wandfuss, ein Zwischenstand mit BH ist jedoch vorhanden, so dass es auch gut mit 2x50m-Seil geht.
Blick zu den Churfirsten, noch viel Schnee auf der Nordseite. |
Um 16.30 Uhr brechen wir auf und rutschen im Nu die immer noch schön kompakten Schneefelder zur Alp Fros hinunter. Dann geht's zügig nach Wildhaus, so dass wir schon bald das Panaché bestellen können. Das tut echt gut, denn die warme, trockene Föhnluft hat für gewaltigen Durst gesorgt. Gemütlich lassen wir es uns im Wirtshaus gut gehen, bis das Duo aus der "Da muesch en Dickä schickä" auch bei uns eintrifft.
Facts:
Schafbergwand - Piccolo (6a+, 6a obl.) - M. und U. Wiesmann 1982 - 4 SL, 125m - **, xxxx
Material: 10 Express, evtl. Camalots 0.3-1 und Keile 4-9.
Nach der unschönen Zustiegslänge lohnende Kurztour mit Verschneidungs- und Wandkletterei an meist solidem Fels. Die Route wurde durch Walter Hölzler saniert und ist gut mit Inoxbolts ausgerüstet. Zusätzliche Absicherung mit mobilen Mitteln ist nicht zwingend nötig, Friends und Keile könnten aber hier und da gut platziert werden. Die Route ist besonders als Zustieg zu den oberen Südwandrouten attraktiv, der Normalweg durch die Schlucht ist nämlich steinschlägig und unlohnend.
Schafbergwand - Bridge of Light (6c, 6b obl.) - Hutzli/Jäggi/Suter 1998 - 5 SL, 150m - ***, xxx(x)
Material: 12 Express, Camalots 1-3.
Prima abwechslungsreiche Riss-, Verschneidungs- und Plattenkletterei in vielfach vorzüglichem, wasserzerfressenem Fels, lediglich einige kurze Passagen folgen grasgefüllten Rissen. Die Kletterei ist anhaltend recht anspruchsvoll und für die angegebenen Bewertungen ziemlich fordernd. Die Absicherung an den schweren Stellen ist bestens mit Inoxbolts, die drei einfacheren, zentralen Verschneidungslängen müssen aber teilweise zwingend mit Klemmgeräten zusätzlich abgesichert werden.
Topo:
Gute Routenskizzen inklusive der eingezeichneten Haken (auch wenn es hier und da noch einen mehr hat als eingezeichnet) findet man im Kletterführer Alpstein, oder hier auf der Seite von Walter Hölzler. Unten ein Übersichtstopo mit Routenverläufen aus meiner Produktion, es ist auch als PDF verfügbar.
Schafbergwand: Topo von Piccolo & Bridge of Light. |