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Donnerstag, 26. Januar 2023

Skitour zum P.2435

Vermutlich wird dieser Beitrag niemanden vom Hocker reissen. Muss er natürlich auch nicht, er soll auch nur eine (vielleicht doch nicht ganz) gewöhnliche Skitour dokumentieren. Mir war es nach "nicht zu weit, nicht zu extrem, nicht zu speziell", aber Neuland sollte es dann doch gerne sein und auch nicht unbedingt ein Ziel, welches im Fokus der Massen steht. Schliesslich fand ich meine Destination im Gebiet der Aschariner Alp bei St. Antönien. 

Fantastisch die Mauer der Rätschenflue, ebenso wie der Hang vom Wandfuss hinunter!

Meine Tour startete bei der Brücke und Postautohaltestelle Ausserascharina P.1274. Noch ein wenig günstiger wäre jene bei der Alpbachbrücke, spielt aber keine wesentliche Rolle. Schnee lag beim Ausgangspunkt nicht üppig viel, aber doch gut genügend, um auch wieder dahin abzufahren. Ebenso war eine schön griffige und gut ausgetretene Aufstiegsspur vorhanden, so dass ich zügig an Höhe gewinnen konnte. Bald einmal war die Aschariner Alp erreicht, wo die das Tal abschliessende Rätschenflue der Blickfang ist. Sie lockt unglaublich für eine Besteigung, sowohl aus der Ferne wie auch aus relativer Nähe sieht sie einfach famos aus. Es gibt aber nur 2 alte Routen von 1947 und 1972, welche der SAC-Führer von 1988 mit dem Attribut "makaber brüchig" beschreibt und von einer Wiederholung abrät - was natürlich schon fast wieder dazu einlädt, denn die quasi schlechtestmögliche Route müsste man zwecks Kalibration seiner Massstäbe ja auch einmal machen. Nebst einem genauen Blick auf dieses Gemäuer wollte ich auch noch alle kotierten und benannten Kulminationspunkte in der SE-Ecke des Tals besuchen. Diese bieten keine Schwierigkeiten, dementsprechend konnte ich sie auch alle mühelos einsammeln. Der Höhepunkt meiner Tour war beim leider namenlosen P.2435, der ein absolut logisches Ziel im Talschluss darstellt. Doch heute bot er nicht nur das, sondern an den südseitigen Felsen auch eine wohltemperierte und windstille Gipfelrast, sowie in seiner Nordflanke besten Pulverschnee. 

Gipfelblick auf's heute hohe Nebelmeer, am rechten Bildrand die bekannteren Rätikonwände.

Weiter unten gibt's zwischen dem Hinter- und dem Vordersäss eine pistenartige Passage. Zwischen 1800-1600m ist die Schneelage am knappsten, aufgrund dem rauen Gelände war auch da der pistenmässig eingefahrene Güterweg die Linie der Wahl. Ab da hat's wieder glatte Wiesen, wo man nach Belieben im führigen Pulver schwingen konnte. Der Sparfuchs hatte natürlich auf seine alten Bretter gesetzt, konstatierte aber am Ende, dass es auch mit etwas Umsicht auch mit dem neuen Material gut gegangen wäre. Höchst zufrieden über einen wohl nicht spektakulären, aber doch genussreichen Ausflug in den Schnee machte ich mich auf den Heimweg.

Dienstag, 17. Januar 2023

Swiss Ice Climbing Cup 2022 im 6aplus

Dieser Bericht kommt sicher unerwartet, wobei es auf diesem Blog eine Konstante sein soll, dass immer wieder Kletterüberraschungen präsentiert werden. Meine besten und intensivsten Zeiten an den Pickeln mit wilden Touren in Kandersteg (1,2,3), Erstbegehungen wie der Bloody Mary oder der Rubi Love und Tooling der härteren Gangart (siehe z.B. hier) liegen nun schon ein paar Jahre zurück. Aus den üblichen Gründen - d.h. immer seltener passende Bedingungen und der aufkeimende Mangel an motivierten Partner:innen, wenn man immer seltener geht - hat meine Aktivität mit den Geräten abgenommen, auch wenn meine Faszination für diese Spielart der Kletterei sicher nicht erloschen ist. Naja, ein Indoor-Wettkampf in diesem Metier ist dann nochmals eine ganz andere Geschichte. Wie es dazu kam, kann man in diesem Beitrag nachlesen.

Start in ein neues Abenteuer - breite Klettererfahrung zu sammeln, schadet auf keiner Altersstufe.

In den Bergen herrschte zwar eitel Sonnenschein ☀, bei allerdings miserablen Schneebedingungen und sowieso war ich für die Kids zuständig, so dass eine Tour nicht drin lag. Direkt im Anschluss an Larinas Training lag das 6aplus allerdings am Weg. So passte eine Teilnahme am Wettkampf perfekt in die Agenda. Hinzu kommt, dass mein Verständnis von einem guten Kletterer aus einer Person besteht, welche in allen möglichen Stilen, Felsarten, Bedingungen und Modi eine souveräne Vorstellung präsentiert. Dazu ist es eben auch imperativ nötig, sich diesen unterschiedlichen Umgebungen immer wieder auszusetzen, sonst erreicht man nie die entsprechende Vielfältigkeit. All diese Argumente verfingen schliesslich auch bei Larina, welche mich an den Wettkampf begleiten und selbst auch teilnehmen wollte.

Mach dich leicht... etwas Upper Body Strength schadet bei der Disziplin durchaus nicht.

Grundsätzlich kann man schon sagen, dass das Toolen und erst recht das Wettkampf-Toolen eine absolute Exotendisziplin ist. Die Teilnehmerfelder waren entsprechend klein: 11 Damen und 18 Herren. Dabei war z.B. bei den Damen von der amtierenden Weltmeisterin über das komplette CH-Nationalteam, der Equipe aus Lichtenstein bis zur blutigen Anfängerin Larina die komplette Szene vertreten. Bei den Herren war es ganz ähnlich, ausser dass die CH-Topleute hier nicht ganz zur internationalen Spitze zählen und neben dem Dettling noch ein paar andere schräge (Normalo-)Vögel mitwirkten. Ein wenig befürchtete ich schon, mich an diesem Event komplett zum Affen 🦧 zu machen. Wie im Intro erwähnt liegen meine besten Tooly-Zeiten schon etwas zurück, die einzige Practice Session fand am Vorabend in unserem Keller statt 😳. Gleichzeitig ist es mir aber auch völlig Schnuppe, beim Klettern etwas nicht zu können, bzw. in der Öffentlichkeit Verbesserungspotenzial aufscheinen zu lassen.

Natürlich darf auch ein Figure of 4 nicht fehlen - nix da mit DTS an den Wettkämpfen.

So gingen wir mit einiger Aufregung an den Austragungsort. Schliesslich war es ja durchaus Neuland. Bei den Sportkletterwettkämpfen wissen wir inzwischen genau wie der Hase 🐇 läuft - hier waren uns nicht einmal die exakten Regeln bewusst. Sind Handschuhe Pflicht? Wie, wann und wo darf man die Hände einsetzen? Zum Glück waren wir auch als komplette Noobs herzlich willkommen und bald über die Modalitäten aufgeklärt. Sodann konnte es losgehen. Die Quali bestand aus 8 stark überhängenden Boulderrouten, welche seilfrei absolviert werden konnten, plus einer im Toprope anzugehenden Aufgabe im "normalen", sprich leicht überhängenden Kletterbereich. Für mich lief es viel besser wie erwartet: 5 von 9 Problemen konnte ich toppen, beim sechsten fehlte mir nur der Move zum Top. Gut, die restlichen 3 waren dann deutlich anforderungsreicher mit wackligen Mini-Hooks und krass athletischen Moves. Der eine oder andere Fortschritt ging sich zwar aus, aber da wurden mir auch die Limiten und das Verbesserungspotenzial aufgezeigt.

Ein kleiner Überblick, woran die Pickelhaue halt finden muss - einfach immer sauber in Belastungsrichtung ziehen!

Ranglistentechnisch resultierte das in Rang 11, womit ich schliesslich gerade einen Platz hinter der Finalteilnahme zurück blieb. Was einerseits nicht so bedauernswert war, denn einerseits hatte ich in der Quali den Tank leergefahren - hätte ja nie damit gerechnet, später nochmals klettern zu müssen. Zweitens wurde der Final im Vorstieg geklettert, in einer irre langen Route im steilsten Kletterbereich. Andererseits wäre diese Prüfung natürlich auch sehr spannend gewesen: die Aufregung, wenn es wirklich zählt, zu sehen wie weit es in der spektakulären Route gereicht hätte, et cetera. Naja, auch das Zuschauen war sehr interessant, ja überhaupt die Anwesenheit und das Mitstreiten mit den Topcracks der CH-Szene, welche sich auch sehr unterstützend zu uns Anfängern verhalten hatten. Das war auch das Fazit von Larina. Mit der Toolerei hatte sie sich hingegen eher etwas schwerer getan wie (vom Vater) erwartet. Sonst bewegen wir uns Indoor inzwischen auf ähnlichem Level (wage ich jetzt mal noch zu behaupten 😎), hier waren die Vorteile klar auf meiner Seite. Der Mut und die Bereitschaft, sich auf Teufel komm raus den wenigen Quadratmillimetern Auflagefläche der Pickelhaue anzuvertrauen machten die entscheidende Differenz - was natürlich mit langjähriger Erfahrung aus Eis und Fels doch noch etwas einfacher geht. Das Fazit am Ende: ein echt cooler Klettertag, absolut wiederholenswert 😊

Drei Wochen später, auf eigene Initiative... 🥰 

Dienstag, 10. Januar 2023

Schafbergwand - Che Guevara (7a+)

Eine starke Inversion mit sonnig-milden Bergwetter in der Höhe, gleichzeitig aber laut vielen Internet-Einträgen so richtig miesen Schneebedingungen lässt uns trotz Vorweihnachtszeit im Dezember an eine MSL denken. Wir entschliessen uns für den Bereich um den Frospfeiler an der Schafbergwand, um die an sich schön ältere, aber im 2021 sanierte Che Guevara (4 SL, 7a+) zu versuchen. Laut der Webcam sollten beste, trockene Bedingungen herrschen, der wenige Schnee würde den Zustieg kaum behindern. Genau so war es dann auch, die Temperatur am Fels war weitaus angenehmer wie bei mancher Tour im Sommer.

Blick auf die Schafbergwand im Dezember 2022 mit dem Verlauf von Che Guevara (4 SL, 7a+).

Unsere Tour startete um 11.30 Uhr in Wildhaus. Früh aufstehen für eine Winterbegehung der Che Guevara ist zwar tatsächlich nicht erforderlich, aber so eine bis eineinhalb Stunden früher könnte man aber durchaus gerne dran sein. Immerhin, einen Teil unserer Verspätung konnten wir auf dem ersten Abschnitt aufholen. In inzwischen gewohnter Manier ging es per E-Bike über die hartgepresst schneebedeckte Strasse nach Gamplüt und bis hinauf zum Depot bei Kuhrost in der Kurve vor der Alp Fros. Von hier ist es nur noch ein Katzensprung bis zum Fels. Anlässlich meiner Begehung der Schafbergkante hatte ich Infos zu deren Zustieg publiziert. Das seien Fake News gewesen, wurde ich damals kritisiert. Das habe ich zum Anlass genommen, den Zustieg nochmals genau zu verifizieren. Hier das Resultat mit einer aufdatierten Linie auf Luftbild und Karte.

Zustieg zur Schafbergkante bzw. zum Sektor Frospfeiler.

Von der letzten Haarnadelkurve vor der Alp Fros startet beim Kuhrost eine klar sichtbare Pfadspur über die Wiese. Nach ca. 150m führt die Spur in waldiges Gelände, überquert die Trockenmauer und führt dann zum Rand der Geröllhalde. Dort aufwärts, bis zu den Vorbautürmen. Um zum Frospfeiler bzw. der Che Guevara zu gelangen, wird der erste Vorbauturm links umgangen, nach diesem scharf rechts abbiegen und über eine Scharte in wenigen Schritten an den Fels. Die Schneebedeckung in diesem restlichen, zu Fuss zu absolvierenden Teil war zwar nicht völlig absent, oft konnte man unter den Bäumen aber sogar im aperen Gelände marschieren. So gelangten wir mühelos zum Einstieg und waren um 12.15 Uhr bereit für die Kletterei. Um die Tour ein wenig zu verlängern und nicht gleich in einen (vermeintlichen) 7a+ Hammer einsteigen zu müssen, wollten wir zuerst mit den beiden Startlängen vom Frospfeiler aufwärmen.

Das deutet auf beste Kletterbedingungen hin (die wir vorfanden). Zufahrt per Bike gut möglich!

L1 (Frospfeiler), 30m, 6b: Schön sonnig war's und trocken, der Fels lud so richtig zum Klettern ein. In meinem Ohr waren aber trotzdem warnende Worte meines Kletterpartners "es sei dann im Fall schwieriger wie es aussieht". Meine eigene Begehung des Frospfeilers stammt aus den 1990er-Jahren und liegt damit gegen 30 Jahre zurück. Bestimmt war es mir damals auch nicht einfach vorgekommen... Steil geht es in die Höhe, meist nutzt man Seitgriffschuppen zur Fortbewegung. So richtig optimal griffig sind diese meist nicht, alles fühlt sich (trotz bester Bedingungen) ein wenig schmierig an, akute Trittarmut lässt kein entspanntes Steigen zu. Kurzum, eine 6b der zähen Sorte, sicherlich 'way too much' wenn für jene, die in der Halle gerade so eine 6b hinkriegen. Sagen wir es doch so, "kann sich auch wie 6c anfühlen".

Das Gras und die Henkel täuschen etwas. L1 (hart 6b) vom Frospfeiler ist über weite Strecken kompakt und anspruchsvoll an Seitgriffen zu beklettern. Nur die letzten Meter sind einfacher und leicht botanisch (was aber nicht stört).

L2 (Frospfeiler), 25m, 6a+: Steil, griffig und definitiv nichttrivial geht's weiter, wobei das Gestein in dieser Seillänge schon mehr Struktur offeriert und irgendwie sowohl angenehmer wie auch einfacher zu beklettern ist. Wer unbedingt wollte und genügend Exen dabei hat (ca. 14-15 Stück), kann die beiden Längen gut verbinden (die Kletterlänge liegt bei 40 bis maximal 45 Meter). Laut dem Topo schien es uns möglich, vom zweiten Frospfeiler Stand via ein Teilstück der Pfeilerrisse direkt in L2 der Che Guevara zu gelangen. Vor Ort präsentierte sich das aber als schwierig. Erst einmal heisst es Abklettern, es geht um einen Pfeiler herum und in Sachen Seilverlauf wäre es eine unmögliche Situation. 

Prima Tropflochfels in L2 vom Frospfeiler (6a+), erst recht für eine Route dieser Generation!

L1 (Che Guevara), 30m, original UIAA 8, Alpsteinführer 7a+, unsere Bewertung 7a: Los geht's an einem ca. 8m hohen, vorgelagerten Pfeiler. Ja, da steigt man halt rasch rauf, denkt man sich erst. Bald aber wird man sich gewahr, dass das nicht ganz so easy ist... klar unschwierig im Gesamtkontext, aber es täuscht. Von diesem freistehenden Turm weg begibt man sich via Spreizschritt in die Hauptwand. Die Seillänge verläuft hart an einer zur Rampe ausgebildeten Kante entlang. Während der Fels links in der Wand bestens, sehr kompakt und strukturarm ist, so präsentiert sich die Rampe selber bisweilen etwas grasig und splittrig. So wie die Bolts platziert sind, kann bzw. muss man aber weitgehend unter Nutzung der Kante klettern. Das ist die logische Linie, und auch viel einfacher. Nur mittig locken einen zwei weit nach links gesetzte BH, die Kante für wenige Meter zu verlassen. Zumindest für den Vorsteiger ist es angenehmer dies zu tun - man kann die Bolts zwar definitiv auch von der Kante klippen, aber nur unter erschwerten Bedingungen. Oben dann wird das Gelände etwas einfacher, das Finish ist etwas grasig und vom Fels her nicht so toll - zudem stecken da die Bolts auch nicht mehr so üppig, ein zusätzliches Exemplar würde die Sache angenehmer machen.

Erst vom Boden auf den abgetrennten Turm, dann dieser gut sichtbaren Kante entlang führt L1 (6c+) von Che Guevara. Wobei einen die Platzierung der BH im Bereich der kleinen Föhre beim Kletterer mehr oder weniger in die Wand links zwingt. Ich bin auf dem Foto gerade am Ende dieser Passage angelangt. Im oberen Teil klettert man dann eher rechts der Kante in der Verschneidung.

L2 (Che Guevara), 25m, original UIAA 7, Alpsteinführer 6b+, unsere Bewertung 6c+: Hier wird der Vorsteiger gut möglicherweise eine Weile damit beschäftigt sein, den Stand zu verlassen. Denn gleich zum Auftakt hält die Seillänge eine heftige Einzelstelle als Crux bereit. Nach unserem Empfinden ist das eine der schwierigsten Kletterstellen der Route - sicher gibt's in L1 und L4 nix von ähnlichem Zuschnitt. Sprich, es ist einfach prekär und uns nur knapp gelungen. Auch inklusive dem sich anbietenden Hechtsprung an die kleine Föhre bestimmt eine 6c+. Wobei der originale Stand eben etwas rechts und höher steckte und man vor der Sanierung möglicherweise eine einfachere Schleife rechts herum klettern konnte - das würde die massive Differenz der empfundenen Schwierigkeit erklären. Nachher folgt ein etwas einfacherer Runout (mit Cam 0.5 zu entschärfen), bevor nach dem zweiten BH die fordernde Plattenquerung hinein in die Verschneidung der Pfeilerrisse folgt. Einmal da angelangt, geht es einfacher voran. Zur Zeit der Erstbegehung dieser Clean-Route im Jahr 1981 galt das als eine UIAA 6, nach heutigem Massstab würde man wohl eher 6a+ (als 5c+) sagen. Im ersten Stück der Verschneidung legt man gerne noch einen Camalot 3, nachher ist's gut mit BH gesichert bis hinauf zum unbequemen Stand.

Nein, von L2 der Che Guevara haben wir kein gutes Foto - die Churfirsten sind ein würdiger Ersatz!

L3 (Che Guevara), 25m, original UIAA 8+, Alpsteinführer 7a, unsere Bewertung 7a+: Da haben wir keine Zweifel, das ist sowohl die schönste wie auch deutlich die schwierigste Seillänge der Route! Über den kompakten Pfeiler zieht sie heraufordernd in die Höhe. Man bedient sich dabei an kleinen und seichten Seitgriffschlitzen, die Füsse müssen heftig auf die steile, strukturarme Wand gepresst werden. Leider ist die Absicherung hier den Umständen entsprechend zu knapp ausgefallen: ein unbequemer Stand, wo man nur schwierig dynamisch sichern kann, weniger als senkrechte Wand, so richtig harte und unsichere Kletterei. Bedenklich sind v.a. die Abstände zwischen den BH #1/#2 sowie #2/#3. Hier muss man harte Stürze mit Faktor >1 einkalkulieren - sehr bedenklich für das Geläuf, ein Fuss ist da sicher schnell gebrochen. Vorsicht also und schade, dass hier nicht ein wenig üppiger saniert wurde. Nur ein einziger oder allenfalls zwei Zusatzbolts hätten schon gereicht. Naja, es gibt 2 Alternativen: stark sein und durchziehen, oder dann die cleane 5b der Pfeilerrisse klettern und seinem Wohlbefinden zuliebe im Toprope klettern...

Knallharte Kletterei in L3 der Che Guevara (7a+) - kommt auf dem Foto vielleicht nicht so zur Geltung.

L4 (Che Guevara), 25m, original UIAA 8, Alpsteinführer 6c+/7a, unsere Bewertung 6c+: Schon vom Stand aus wird man sich gewahr, dass hier kaum mehr die gleich extremen Herausforderungen wie in L3 warten. So kommt es dann auch, wobei es eher einen Tick taffer ist wie man de visu vielleicht denkt. Es hat zwar manch eine Struktur, wobei es sich vielfach um runde "Füdli-Risse" handelt und so richtig kantig-positives Material weitgehend absent ist. Auch die Absicherung ist hier wieder deutlich freundlicher - etwas Einsatz ist zwar schon nötig, aber es ist weder psychisch besonders fordernd noch riskiert man seine körperliche Unversehrtheit. Nur vor dem letzten BH wartet ein weiter Abstand, ein prima Placement von einem 0.75er-Cam ist absolut unabdingbar, aber absolut safe und einfach zu identifizieren. Auch nach diesem letzten BH sind es noch ca. 8m hinauf zum Stand. Die Schwierigkeiten lassen nach, ebenso die Felsqualität, die beiden Cams 0.2 und 0.3 leisten hier gute Dienste.

Bald geschafft! Die letzten Meter in L4 von Che Guevara (6c+) erfordern noch das Legen von Cams.

Zufrieden stehen wir am Top, eine freie Begehung ist uns gelungen. In Sachen Onsight habe ich in L3 so ziemlich sofort das Handtuch geworfen, dieses Risiko wollte ich definitiv nicht eingehen... naja, man muss einfach wissen, was man sich zutrauen kann. Nicht ganz einverstanden waren wir im Rückblick mit den Bewertungen aus dem SAC-Führer Alpstein. Wo diese ganz genau zu verorten sind, ist ja immer eine schwierige Entscheidung (die Unterschiede zwischen den Gebieten sind so gross). Für unseren Vorschlag haben wir schliesslich entschieden, die Maximalschwierigkeit von 7a+ als Verankerung zu belassen. Das passt auch in etwa, wenn man in dieser Art der Kletterei versiert ist. Doch wiederum, "kann sich schwieriger anfühlen", sprich eine 7a+ in der Halle fällt uns z.B. deutlich leichter. Die anderen, einfacheren Seillängen haben wir dann im Vergleich zu L3 einzustufen versucht.

Geniale Abendstimmung am Gamplüt, fetziger Bike-Downhill nach Wildhaus 😀

Bewertungsdiskussionen hin oder her: die Sonne näherte sich schon dem Horizont, es war Zeit um in die Tiefe zu gleiten. Mit 2x60m-Seilen rauscht man bequem (aber knapp!) zu Stand 1, von wo es noch 25-30m auf den Boden sind. Mit 2x50m-Seilen nutzt man Stand 2 und steht auch in 2 Manövern wieder auf Terra Firma. Wer will, kann auch mit einem 60er-Einfachseil klettern, vermutlich reicht sogar ein 50er mit etwas Vorsicht und Zirkeln beim Abseilen über L1 (bei beiden Varianten ist 4x Abseilen nötig). Wir stiegen ab zur Strasse, senkten den Sattel der Bikes und genossen bei einem grandiosen Abendrot eine genial spassige Abfahrt nach Wildhaus. Der Schnee war super griffig, mit den fetten Reifen konnte man so richtig zügig cruisen. Um 17.15 Uhr war der Spass vorbei - das war jetzt ein echt gmögiger Tag gewesen!

Stechtechnisch anspruchsvoll - sowohl für den Akteur wie für den Gummi. Die Dragos, welche ich vor den Sommerferien am Poncione di Ruino das erste Mal eingesetzt hatte, haben auf dieser Tour das Zeitliche gesegnet (wie immer, ich nutze für alle Disziplinen nur ein einziges Paar Kletterfinken, somit ist die Lebensdauer gerade so ein halbes Jahr).

Facts

Schafbergwand - Che Guevara 7a+ (6c+ obl.) - 4 SL, 100m - Furrer/Eggenberg 1989 - ***;xxx
Material: Seile siehe oben im Text, 10 Express, Camalot 0.2-0.75 & 3 plus evtl. 1 & 2.

Kurze Sportklettertour am Frospfeiler, ideal für die kurzen Tage im Winter oder in der wärmeren Jahreszeit bei unsicherem Wetter. Wenn's dann doch noch für mehr reicht, lässt sich die Route auch ideal mit anderen kurzen MSL im Sektor kombinieren (z.B. Luftschloss, Frospfeiler). Die Kletterei verläuft weitgehend in gutem, schönem Fels. Nur kurze Abschnitte sind etwas botanisch oder leicht splittrig. Wie so oft an der Schafbergwand: entweder ist der Fels kompakt, dann aber auch etwas glatt und äusserst anspruchsvoll zu beklettern. Oder dann führen die Routen entlang der Strukturen, dies aber eben zum Preis von etwas rustikalerer und botanischer Kletterei. Die Che Guevara bewegt sich oft zwischen diesen den beiden Extremen. So richtig super ist L3, die anderen Seillängen würde wir als "netten Zeitvertrieb" bezeichnen. Die Route wurde 2021 saniert, wobei die Hakenabstände und der Anspruch etwas inhomogen wirken. Über weite Teile hat man eine super solide xxxx-Absicherung. Doch gerade in der schwierigsten Länge sind die Abstände sehr zwingend, dies bei alles andere als sturzfreundlichem Gelände. Hier muss man entweder viel Können oder reichlich Unerschrockenheit an den Tag legen. Alternativ kann man dort via eine cleane 5b-Länge der Pfeilerrisse ein Toprope einhängen. Für diese Umgehung sind Cams von 0.2-3 anzuraten, folgt man durchgehend dem Parcours der Che Guevara kommt man mit den Grössen 0.2-0.75 und 3 gut durch. Ein Topo zur Route und weitere Infos findet man im SAC-Kletterführer Alpstein von Werner Küng.

Donnerstag, 5. Januar 2023

Jahresrückblick 2022

Natürlich soll auch in diesem Jahr die traditionelle Serie des Jahresrückblicks nicht abreissen! Inzwischen sind wir hier auf dem Blog bei der Ausgabe Nummer 12. Sicherlich ähnelt sie in Form und Inhalt stark den Versionen der letzten Jahre. Sprich, alles verläuft in geordneten Bahnen. Das birgt die Gefahr einer gewissen Langweile und Repetivität. Andererseits verheisst es eben auch, dass mir ein weiteres, sehr genussreiches Bergjahr gelungen ist, in welchem ich die so geschätzten Tätigkeiten am Fels und im Schnee in gewohnter Manier weiterführen konnte. Und es ist ja absolut beileibe keine Selbstverständlichkeit, dass man auch bei steigendem Alterszähler sowohl den Umfang wie auch die Schwierigkeiten der Bergunternehmen beibehalten kann. 

Wohin führte deine Reise im 2022?!? Meine u.a. in die Route Kreml am Ofen, wie hier im Bild! Ein Blog dazu folgt noch...

MSL-Klettern

Bei 34 ist der MSL-Counter im 2022 stehen geblieben. Aktiv war ich mehr oder weniger das ganze Jahr über, der April ist der einzige Monat, der ohne eine solche Tour geblieben ist. Der Winter 21/22 war im Tessin fast komplett schneefrei, was uns mit Radici del Silvio und Magic Rampit famose Touren am Pizzo d'Eus erlaubte. Im Mai startete die Saison auch in den höheren Lagen der Alpennordseite mit einem Doppelbesuch am Moor. Insbesondere die Moorpheus habe ich als eine richtig geniale Tour in Erinnerung. Die Zeit vor den Sommerferien war dann durch 3 Besuche an den Wendenstöcken geprägt. In der Hakuna Matata, Vreneli und As de Coeur war der Anspruch gewohnt hoch, entsprechend Einsatz und zähes Ringen waren erforderlich, um für Fortschritt zu sorgen. So richtig alles geben zu müssen, ist hin und wieder ein tolles Erlebnis. Ebenso sehr schätze ich aber die 'Soul-MSL', wo man so richtig in den Kletterflow gelangen kann und mit Leichtigkeit in die Höhe schwebt. Am besten gefunden habe ich das Mojo bei den beiden Touren am Poncione di Ruino (Danielli-Pohl, Musique Gaie), der Andromeda in Ueschenen, der Black Mamba am Ruchstock und der Bons Baisers am Rothorn. Wenn ich eine Tour im 2022 als die beste auszeichnen müsste, so wäre es in der Summe aller Faktoren wohl genau diese letzterwähnte.

Ein Erlebnis der besonderen Art: As de Coeur an den Wendenstöcken mit Next Level kompaktem Fels.

Neutouren

Das Vorjahr 2021 war ein absolutes Highlight in Sachen MSL-Neutouren. Da war es schon a priori klar, dass es schwierig zu egalisieren würde. Wenig erstaunlicherweise ist es mir dann auch nicht gelungen. Auf diesem Blog wurde einzig das Flairytale (3 SL, 7b+) als Neuheit präsentiert, so dass man auf ein sehr bescheidenes Jahr schliessen könnte. Es waren aber doch immerhin 13 neuen Seillängen, die ich im 2022 einrichten konnte. Mit The Fugitive (4 SL, 7a) und Fortune Cookie (5 SL, 6b) gibt es zwei zur Zeit noch unverbloggte MSL-Neutouren, ebenso wäre die Squadra Azzurra (7 SL, ca. 7b) an sich fertig eingerichtet. Ich war sogar schon vor Ort, um im Rope Solo alle schwierigen Passagen für die anstehende RP-Begehung einzuüben. Nur gab es dann aus leider doch keinen 'scharfen' Versuch mehr, womit ein gesetztes Ziel fürs 2022 verpasst ist. Andererseits soll die Rotpunktbegehung eben auch die Krönung jeder Neutour sein. Somit ist das nichts für halbgares Wetter, mit semi-motiviertem Partner oder unter Zeitdruck - da verschiebe ich die Sache lieber auf eine besser passende Gelegenheit. Ich bin mir sicher, dass im 2023 der entsprechende Tag kommen wird. Dazu gibt es noch einige weitere, sich in Arbeit befindende Projekte, für deren Fortsetzung ich im kommenden Jahr ebenfalls topmotiviert bin. 

Mit Kathrin unterwegs bei der RP-Begehung von The Fugitive (4 SL, 7a), einer der zur Zeit noch unverbloggten MSL-Erstbegehungen des Jahres 2022. Es braucht noch etwas Geduld bis zur Publikation des Berichts dazu - gut Ding will manchmal etwas Weile haben.

Im Klettergarten hingegen war das 2022 ein quantitativ sehr umfangmässiges Erschliessungsjahr. Es stehen 13 Neutouren zu Buche und mein Totalcounter nähert sich der Zahl 100. Am Anfang steht immer die Idee. Manchmal lässt sich diese dann ziemlich geschwind realisieren, worüber man nie unglücklich ist. Die tollsten Erlebnisse sind aber in jenen Projekten zu finden, wo zuerst das Damoklesschwert der (persönlichen) Machbarkeit schwebt, dann aber doch die Passage erlauben. Dieses Vergnügen hatte ich im 2022 mit dem Frauenstimmrecht (7c), der Herztransplantation (7c), dem Galoppverbot (7c+ oder vielleicht auch 8a...) und dem Thai Village (8a). Ein paar weitere Pfeile sind auch für das 2023 im Köcher, hoffentlich fallen auch diese Projekte auf die richtige Seite des Machbarkeits-Schwerts und es geht wieder alles so perfekt auf wie im vergangenen Jahr.

Sportklettern

So rein subjektiv, auf einen richtig grünen Zweig kam ich beim Sportklettern im 2022 nicht. Natürlich war ich immer wieder im Klettergarten unterwegs. Aber mal hier und mal da, so wie es die Agenda und die (Familien-)Gegebenheiten gerade erlaubten. Um fokussiert an Projekten dranzubleiben waren die Möglichkeiten eingeschränkt, oder dann war es wiederum viel zu warm. Auch auf Reisen waren wir nicht umfassend und sehr vielfältig unterwegs, 3x ein Kurztrip ins Tessin plus die Sommerferien in Briançon stellen die Ausbeute dar. Es ist ja wohlbekannt, dass die Tickliste unter griechischer und spanischer Sonne sich rascher als hierzulande vermehrt, bzw. dass sie nur in bescheidenem Masse zunimmt, umso mehr man bereits altbekannte Gebiete besucht. Ein weiterer, die Sportkletter-Ticklist schmälernder Faktor sind die doch immerhin 15 Outdoor-Bouldertage - eine Aktivität, welche ich bisher nur selten praktiziert habe. Es war auf die Initiative von Larina, dass wir für einen längeren Trip nach Fontainebleau und mehrmals ins Tessin gereist sind. Wen erstaunt's, natürlich macht mir auch diese Art der felsmässigen Bewegung enorm viel Freude. Und dass wir mit solchen Weltklasse-Bouldergebieten in erreichbarer Nähe gesegnet sind, ist schon ein riesiges Privileg. Eine Tickliste führe ich beim Bouldern nicht. Das scheint mir wenig sinnvoll: ein Grade Chasing würde bedeuten, von Block zu Block zu tingeln, bis ein hoch bewertetes Problem gefunden ist, welches sich für einen persönlich dank Liegefaktor (viel) einfacher anfühlt, wie es angeschrieben ist. Schon die Kletter-Schwierigkeitsgrade sind ja bisweilen eine sehr volatile Währung, beim Bouldern ist das noch stärker ausgeprägt. Schlussendlich kann ich es aber doch nicht lassen, die 116 neuen Einträge (>=7a) auf meiner Kletter-Tickliste zu erwähnen. Es sind 6x 8a/8a+, 15x 7c/7c+, 24x 7b/7b+ und 68x 7a/7a+. Im Vorjahr waren es 7/12/40/67, womit nur gerade im 7b/7b+-Bracket ein Rückgang zu verzeichnen ist. Ebenso ist mir im dreizehnten Jahr in Folge die Kombo von (mindestens) 8a rotpunkt und 7c onsight gelungen - natürlich hoffe ich, diese Serie und mein Leistungsstand mögen noch viele Jahre bestand haben (wobei die halbe Ernte davon für das 2023 bereits im Trockenen ist 🐹).

Wenn man noch etwas jünger wäre, so hätte man vielleicht noch mehr Träume. Hier am Hängen im Alphane (9A) in Chironico. Meine Geschichte mit diesem Boulder muss wohl mit dem Identifizieren eines haltbaren Griffs und dem Schiessen eines Fotos als abgeschlossen bezeichnet werden. Es ist schon ein Wahnsinn, wie hart dieses Teil ist, bzw. wie weit oberhalb meines Levels es sich befindet. Natürlich, Griffe hat es schon - aber es ist brutal steil, sehr trittarm und noch dazu fast so lang wie eine Kletterroute.

Wettkämpfe

Das Wettkampfgeschehen der Jahre 2020 und 2021 war ja stark durch die Pandemie geprägt und ich warf durchaus berechtigt die Frage auf, ob es wohl je wieder ein Zurück zu den partyähnlichen, grossen Boulderjams mit vielen Leuten auf engem Raum und entsprechend chalkgeschwängerter Atmosphäre geben würde. Doch die Antwort im Rückblick auf das 2022 ist mit einem fetten "JA" zu geben - lasst uns das gerne mit einem kleinen Tusch untermalen!!! So war ich an 15 Events am Start, vom Bouldern (12x) über Lead (2x) bis zum Eisklettern (1x) ist eine gewisse Breite vertreten. Beim Quadrel Rock Rodeo und beim Bimano Bärecöp durfte ich als Sieger nach Hause gehen, bei 4 weiteren Events noch einen der Podestplätze belegen. Ich hab's ja schon x-mal geschrieben, besonders wichtig ist mir das nicht, auch wenn ich im Geschehen immer 100% gebe, um möglichst weit vorne in der Rangliste zu stehen. Es kommt hinzu, dass die Rangierung nicht in erster Linie von der persönlichen Performance definiert wird, sondern viel mehr von der Stärke der Konkurrenz. Mit diesem Wissen ist es auch verständlich, dass meine am höchsten einzuschätzende Leistung wohl der 7. Platz unter ~100 Teilnehmern beim Sparta Fight ist, an jenem Tag ist mir für meine persönlichen Möglichkeiten wohl der fast perfekte Wettkampf gelungen. Ein grosser Teil der Wettkämpferei ist ja stark mit der Familie verbunden. Insbesondere Larina ist da mit ganzem Herzen dabei und auf nationaler Ebene eine der stärksten Athletinnen ihres Jahrgangs. Sie kam auf 21 Wettkämpfe, woraus 7 Podestplätze resultierten. Bei vielen davon konnte ich als Coach mitwirken. Und das ist nicht etwa eine Pflichtübung an der Seitenlinie, sondern ein intensives Erlebnis, das mir enorm Spass macht.

Larina mit einem schönen Cut Loose am Sparta Fight 2022.

Skitouren (& Alpines)

Auf 25 Skitouren komme ich im 2022, das sind ja fast nur mehr halb so viele wie die 43 im Vorjahr! Die Zahl ergibt sich aber in erster Linie aus den Schneebedingungen in der näheren Umgebung. Denn dem Schnee über lange Distanzen ständig hinterherzufahren, das mache ich höchstens in gut begründeten Ausnahmefällen. Im Januar und um den Monatswechsel Februar/März herum gab es zwei Phasen, wo die so geliebten Voralpen-Skitouren quasi 'vor der Haustür' gut möglich waren, während das im sich anbahnenden (Nicht-)Winter 22/23 bisher noch gar nicht realistisch war. Alpinere Highlights stellen die zwei 3000er-Touren zum Piz d'Err und zum Piz Dolf dar, sowie das Foostöckli und zwei nur selten begehbare Spezialtouren im Steilgelände, welche nicht (öffentlich) verbloggt wurden. Ansonsten gibt es aus dem Alpin-Departement nur sehr beschränkt etwas zu melden. Das sind die Eiskletterei im Januarloch, die lange 3000er-Bergtour im Queyras und das Hike & Fly im Fluebrig-Massiv. Man kann wohl definitiv sagen, ich sei viel mehr ein Kletterer wie ein Alpinist.

Voralpen-Skitour mit Kathrin - immer ein Genuss!

Das war's schon fast für das 2022! Ich möchte es aber nicht verpassen, all meinen Weggefährten im vergangenen Jahr herzlich für die gemeinsamen Momente zu danken. Und speziell meiner Familie, sei es für das Mitkommen und Dabeisein, oder auch um mich alleine ziehen zu lassen. Zu einem Rückblick gehört natürlich immer auch ein Ausblick: nur zu gerne möge es so weitergehen wie bisher! Am Fels, am Plastik und im Schnee. Nach wie vor sprudle ich nur so von Ideen & Projekten aller Arten. Auch im 2023 wird sich wiederum nur ein Bruchteil von diesen Wünschen realisieren lassen. Doch darüber muss man nicht betrübt sein - im Gegenteil, das ist 'Fuel to my Fire', denn auch für 2024 und alle weiteren Jahre muss es ja auch noch etwas zu tun geben. 

Immer motiviert für steilen Fels - so soll es sein und darf es bleiben!

All jenen, die bis zum dieser Stelle durchgehalten haben, sei jetzt aber doch noch eine Breaking News verraten: vom Panico Alpinverlag habe ich nämlich den Auftrag angenommen, den Kletterführer Rätikon Süd zu überarbeiten. Das 2023 wird also sicher stärker als üblich durch Ausflüge ins Prättigau gekennzeichnet sein. Wie viel Zeit mir bleiben wird, um diese Ausflüge zu verbloggen und ob dies im Angesicht des Buchprojekts auch sinnvoll ist, lasse ich als offene Frage stehen. Sicherlich jedoch wird es auf diesem Kanal auch im kommenden Jahr wieder den einen oder anderen Beitrag zu lesen geben. In Bezug auf den Rätikonführer möchte ich aber an dieser Stelle alle schon jetzt herzlich dazu einladen, mir wissenswerte Infos aller Art (v.a. zu mir noch unbekannten Routen) zukommen zu lassen. Ebenso freue ich mich im Sommer 2023 über Begleitung auf Rätikontouren. Bei den gängigen, modernen Sportklettertouren habe ich da schon einen guten Überblick, viele einfachere Touren wollen aber auch entdeckt sein, seien sie aus dem Plaisir-Genre oder von der traditionell-alpin-abenteuerlichen Art. Wer einmal Lust hat dabei zu sein melde sich gerne bei mir!

Montag, 2. Januar 2023

Bimano Bärecöp 2022

Obwohl es nicht gerade um die nächste Hausecke liegt, haben wir zum Bimano in Bern eine besondere Beziehung. Irgendwie gefällt es mir da einfach: die Anlage in einer alten Industriehalle hat einen speziellen Charme. Alles wirkt leicht scruffy, der Mix von Boulderhalle, Kreativ-Kinderspielplatz, Skateranlage und vegetarischem Restaurant ist eigen. Es ist definitiv kein polierter Hochglanzschuppen, dementsprechend alternativ angehaucht ist auch das Publikum. Eigentlich passen Boulder-Wettkämpfe nicht so ganz in diese Welt. So sind sie denn auch mehr ein 'get together' zum Rupfen in einer komplett frisch beschraubten Halle, ganz so ernst wird der Wettstreit hier jeweils nicht genommen. Auf jeden Fall, wir waren bisher bei jeder Ausgabe dabei und jetzt, wo es nach >2.5 Jahren Coronabreak wieder einmal einen Bärecöp gab, durften wir natürlich nicht kneifen.

Da muss man schon etwas bieten - athletischer Boulder mit Bimano-Schwierigkeitsgrad 7.

Der Modus ist jeweils denkbar einfach: die riesige Halle ist jeweils komplett neu beschraubt und es heisst "mach was du kannst". Die Aufgabe umfasste dieses Mal die unglaubliche Zahl von 112 Bouldern, die es zu bewältigen galt. Vom einfachen Aufwärmer bis zum nahezu unmöglichen Problem für die nationalen Spitzenleute war da alles dabei. Am Vormittag galt es zuerst für die Kids ernst. Larina hatte eben ihre jährliches Kletterbreak hinter sich. Eigentlich sagt einem die Trainingswissenschaft ja genau, wie sinnvoll so etwas sei. Das meinige "Allzeit-Bereit"-Motto mit der Vorstellung jeden Tag eine Höchstleistung vollbringen zu können, führe hingegen eher dazu, dass man sich ganzjährig auf einem Plateau unterhalb seiner Peakleistung bewege. Na gut, ich fasle jetzt etwas im Zeug herum... erst lief es ihr noch ganz gut, aber irgendwann kam der Hammer und plötzlich fielen ihr Boulder schwer, die es eigentlich gar nicht waren. 57 Tops waren die Ausbeute, für die Teilnahme im 3er-Final reichte es schliesslich doch. Nachdem der erste Boulder mehr nach dem Motto 'trickreich und überleg genau wie das geht' war und sich auch entkräftet toppen liess, hätte es sogar für mehr reichen können. Mehr als einen Flash in einem nicht allzu schweren Athletikboulder hätte es nicht gebraucht... still und leise fühlte ich mich wieder einmal darin bestätigt, dass ich das Kletterbreak auch in diesem Jahr erneut lieber den anderen überlasse.

Das ist der zweite Finalboulder, ein Flash wäre ziemlich hilfreich gewesen... (Bimano-Grad 7).  

Nachmittags galt es dann für die Erwachsenen ernst. Tops und Punkte sammeln, das war die Devise. Es waren Schwierigkeiten von 3-11 geschraubt (die Bimano-Skala geht wohl von 1-12 🤓, vermutlich sind etwas softe V-Grades), das Punktesystem war progressiv, d.h. ein Grad höher ergab ca. die doppelte Punktzahl. Schwierig zu bouldern wurde also schon belohnt, wobei die Frage halt schlussendlich war, ob man lieber x Boulder von Grad y macht, 2x vom Grad (y-1) oder 4x vom Grad (y-2). Plus natürlich auch, wo sich denn der Grad y der persönlichen Machbarkeitsskala befindet. Ich entschloss mich, die erste Hälfte (1:30h) der Qualizeit in schwierige Boulder der Grade 8 und 9 zu investieren und nachher noch möglichst alle der tieferen Niveaus zu erledigen. Das gelang mir wie folgt...

Der Vergleich von Soll und Haben...

Wer den Plot sauber liest, erkennt total 70 Tops auf 112 Boulder. Unter dem Strich wendete ich wohl eher zu viel Zeit für die schwierigen Boulder auf. Denn den angepeilten Clean Sweep im Grad 7 und tiefer verpasste ich schlussendlich doch relativ deutlich. Es war aber auch eine Herkulesaufgabe in den 90 verbleibenden Minuten alle 70 einfacheren Boulder zu toppen. Irgendwann drehte der Motor langsam im roten Bereich. Pausen wären hilfreich gewesen, aber die Zeit lief ja eh schon davon. Und schlussendlich fielen mir auch ganz ohne ein jährliches Kletterbreak Boulder schwer, die es eigentlich gar nicht so unbedingt waren 😁

Bouldern bis der Bizeps glüht und die Fingerspitzen rauchen... love it!

Nicht unglücklich war ich im Angesicht meines ausgepowerten Zustands über die Ankündigung, dass es in der Ü40-Kategorie keinen Final geben würde, sondern die Qualifikation die Schlussrangliste darstellen würde. Doch die Spannung wurde hochgehalten: zuerst wurde die Rangliste der Elite zwecks Bestimmung der Finalteilnehmer publiziert. Da hätte es mir auf Rang 5 von 48 Teilnehmern gereicht. Das weckte ja schon einmal die Hoffnung, dass es auch bei den Senioren wohl nicht so schlecht stünde (wobei man halt eben nie einen Vecchio Leone unterschätzen darf!). So feuerten wird dann die starken Damen und Herren bei ihren Bemühungen an den kniffligen Finalbouldern an. Es setzten sich bei beiden Geschlechtern Mitglieder der Nationalmannschaft durch. Bei der Rangverkündigung wurde das Geheimnis dann schliesslich gelüftet: der Seniorenpokal ging mit einem soliden Vorsprung an den Autor 😃. Noch dazu gab es einen zweiten Rang für Kathrin (mit ihren 51 Tops) in der femininen Ausgabe dieser Kategorie. Bronze hatte sich ja schon Larina gesichert, somit konnten wir mit einem kompletten Satz an Podestplätzen und mit tollen Preisen reich beschenkt den Heimweg antreten. Insbesondere das "Climb More, Work Less"-Shirt zog ich natürlich nur zu gerne gleich am nächsten Arbeitstag an 😛. Es war wieder einmal der Hammer im Bimano, wir freuen uns schon auf's nächste Mal!