Der Hochwinter neigt sich langsam dem Ende entgegen. Zum Eisklettern war es mir bereits deutlich zu warm, ja sogar ein Ausflug an den Fels wäre sich bei sehr angenehmen Bedingungen ausgegangen. Dennoch entschied ich mich, noch einmal vom Schnee zu profitieren. Auf der Agenda hatte ich ursprünglich eine zügige Solo-Skitour im Wägital, doch spät am Abend ergab sich dann doch noch die Verabredung mit einem Tourenpartner. Wir entschieden uns fürs Rad, mit mehr Höhenmetern, mehr Exklusvität und vor allem viel mehr Einsamkeit.
Genau darum gehen wir auf Skitouren... |
Die Tour beginnt in Klöntal Plätz P.853 und führt zuerst dem Alpweg entlang durchs Rossmatter Tal nach Wärben P.1385. Da wir nicht eben sehr früh aufgebrochen waren, konnten wir bereits hier von der Sonne profitieren, ebenso hatten vier Tourengänger vor uns bereits eine Spur angelegt. Wir waren gespannt, wohin diese wohl führen würde. Doch tatsächlich, sie zog in die Richtung, wo auch wir weiter mussten. Der einzige Wermutstropfen war, dass wir bereits hier auf dem "Zustieg" mit erster Stollenbildung an den Fellen zu kämpfen hatten. Der stete Wechsel von angefeuchtetem Schnee in den sonnigen Passagen und dem kalten Pulverschnee im Schatten hatte das seinige getan.
Der Kessel bei der Alp Wärben, diese Felsstufe muss rechtsherum überwunden werden. |
Bei der Jägerhütte auf 1500m endeten dann die Spuren, dafür zog Rauch aus dem Kamin. Ein weiterer Tourengänger stand etwas ratlos und verloren am Ende der Spur und wartete auf bessere Zeiten, sprich auf eine Spur-Equipe. Also machte ich mich an die Arbeit, von dieser Stelle warteten noch immer fast 1200hm bis zum Gipfel. Bereits auf den ersten Metern wurde mir gewahr, dass dies eine anstrengende Geschichte würde. Der Schnee war tief, man sank selbst mit den Ski über weite Strecken zwischen schuh- und knietief ein.
Hier geht's weiter Richtung Zeinenstafel, am Ende der Waldschneise hörte die Spur dann auf. |
Als nächstes stand die mehr oder weniger horizontale Traverse zum Bächistafel auf dem Programm. In Bezug auf das lawinentechnische ist dies die Schlüsselstelle der Tour. Das Gelände ist coupiert und stark gegliedert, steile Abschnitte wechseln sich mit Verflachungen ab. Wer seine Spur geschickt legt, kann hier auch bei LWS 3 einen gangbaren Weg finden. Wobei für unsere Tour noch gesagt sei, dass LWS 3 auf dieser Höhe noch nicht, sondern erst weiter oben gültig war.
Traverse zum Bächistafel. |
Während dieser Traverse kristallisierte sich auch heraus, wie das mit dem Spuren weitergehen würde. Mein Partner machte deutlich, dass ihm die Kräfte für eine Ablösung fehlten und somit der Gipfelerfolg alleine von mir abhängen würde. Der uns unbekannte, dritte Tourengänger folgte in noch grösserem Abstand, von ihm war auch keine Hilfe zu erwarten. So ging es also weiter an den Fuss des Bächihorns und ins Radtäli hinein. Gerade die Passage zum markanten Block an dessen Eingang liess die Kräfte schwinden wie Butter an der Sonne. Der Schnee war bodenlos tief, aber dennoch zäh und klebrig. Die Ski waren dick mit Stollen an Unter- und Oberseite zugepflastert, wohl gute 10kg schwer, und spielten ständig U-Boot. Einfach extrem kraftraubend das Ganze.
Sicht zum Bächistock, das Radtäli führt in direkter Linie zu seinem Fuss, der markante Block am Eingang schon gut sichtbar. |
Also hielten wir beim Block eine Rast, die Felle wurden abgezogen und sollten sauber getrocknet werden, so dass die verbleibenden 600hm etwas kraftsparender zu bewältigen wären. Aber denkste: zwar waren Ski und Felle mehr oder weniger trocken, doch schon kurz nach Aufbruch, in der ersten Flachpassage im Radtäli waren wir zurück beim alten Phänomen. Die Spurarbeit war einfach ein unglaublicher Figg, so wie ich es bisher eigentlich noch nie erlebt hatte. Rasch kamen Zweifel auf, ob der Gipfel denn überhaupt noch drin liegen würde. Wir kamen nur im Schneckentempo voran, jeder Schritt bedeutete einen grossen Effort und meine Kräfte waren langsam am Schwinden begriffen.
Tiefblick im Radtäli, hinten markant der runde Rücken der Silberen. |
Die 100 steileren Höhenmeter bis zur Höhenkurve 2400m wollte ich jedoch sicher noch bewältigen, da uns dies noch einen schönen Abfahrtshang bescheren würde, und man dann wenigstens den Weiterweg zum Gipfel hätte sehen können. Glücklicherweise konnte ich dort dann aber auf den Moranenrücken wechseln, der mir für einmal gute 100 normale Spur-Höhenmeter bescherte. Somit waren 2520m erreicht, der Gipfel war nicht mehr weit. Das Aufgeben war nun keine Option mehr, auch wenn das letzte Stück nochmals nach dem alten Muster superstrenge Spurarbeit beinhaltete. Ziemlich gekocht erreichte ich dann nach gut 5 Stunden Plackerei doch noch den Gipfel. Wobei Gipfel eigentlich der falsche Ausdruck ist. Man erreicht hier einfach den mit ein paar Erhebungen gespickten, mehr oder weniger horizontalen Grat zum Glarnerland und befindet sich sowieso am Fuss des 250m höheren Bächistock. Trotzdem, die Aussicht war phänomenal und auch das Glücksgefühl, es doch noch geschafft zu haben!
Puh, doch noch am Top angekommen! |
Ratsch, ratsch kamen etwas später die Felle weg und es sollte talwärts gehen. Die Abfahrt war durchaus genussreich, von der höchsten Güteklasse allerdings nicht. In den schattigeren Lagen war der Schnee zwar pulvrig, aber auch etwas klebrig-zäh und halt einfach sehr tief. Dort, wo die Sonne mehr hingeschienen hatte, war er dann zusätzlich noch angefeuchtet, aber immerhin auch gut fahrbar. So gelangten wir dennoch ziemlich kräfteschonend und zügig hinunter nach Wärben. Und obwohl ich den Einsatz von Schneemobilen im nicht erschlossenen Gelände überhaupt nicht begrüsse, waren wir schliesslich froh, auf dem so inzwischen gut gespurten Alpweg bequem abfahren zu können. Trotz der Anstrengungen setzten wir uns glücklich über die gelungene Tour auf den Autositz. "Jetzt wissen wir wenigstens, woher der Ausdruck gerädert kommt" war dann definitiv der Ausspruch des Tages.
Die Abfahrt dann ganz ordeli... der dritte Tourengänger hatte bereits vor dem Top aufgegeben und war wieder abgefahren. |
Rad (2680m) von Klöntal Plätz (853m)
Schwierigkeit ZS, 1830hm Aufstieg und viel Distanz, 4-5 Stunden Aufstiegszeit, relativ selten gespurt
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