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Freitag, 20. Juli 2018

Piz Cambrena (3606m) via Cresta d'Arlas

Nachdem es 10 Tage zuvor bei der genialen Tour über den Bumillerpfeiler zum Piz Palü mit dem Gleitschirmflug wegen einer Nordföhnlage nicht geklappt hatte, gab es nun plötzlich Gelegenheit, diese Scharte auszuwetzen. Nein, dem Bumiller wollte ich natürlich nicht ein zweites Mal begehen und auch der Weg zum Piz Palü blieb mir als Sologänger verwehrt. Hingegen lässt sich der unweit davon gelegene Gipfel des Piz Cambrena sehr gut auch im Alleingang erreichen. Wie auf dem Piz Palü sind auch hier formidable Startmöglichkeiten für den Gleitschirm vorhanden.

Sicht auf die ganze Tour mit dem Arlas-Grat und den Cambrena-Firnfeldern von der Scharte zwischen Sass Queder und Piz Trovat. 

Grandiose Sicht zu Piz Bernina, Piz Morteratsch und Konsorten, sowie dem Persgletscher.
Der Piz Cambrena wird meist über die inzwischen stark abgeflachte Eisnase begangen, mit der Abstiegsvariante über die Cresta d'Arlas ergibt sich eine lässige Rundtour. Aber da ich ja den Rückweg fliegend antreten wollte, musste ich mich für eine der beiden Routen entscheiden. Nachdem auf dem Weg via die Eisnase eine gewisse Spaltengefahr gegeben ist und mich die Kletterei am Piz d'Arlas zusätzlich reizte, war die Wahl schnell getroffen. Etwas unklar waren mir a priori, wie die anzutreffenden Schwierigkeiten wohl sein würden. Beim Abstieg via die Cresta d'Arlas wird nämlich vom Gipfel 1x25m in steilem Gelände abgeseilt - hier würde ich dann hochklettern müssen.

Sicht von Nordgipfel (3375m) des Piz d'Arlas auf das Restprogramm. Erst ist der Grat einfach zu begehen...

...später warten auch einige Passagen, wo man luftig kraxeln muss.
Meine Tour startete mit der ersten Bahn um 8.20 Uhr zur Diavolezza. Es sei noch erwähnt, dass ich sowieso gerade mit der Familie in der Gegend war, sonst hätte ich den weiten Weg für diese doch recht kurze Tour wohl kaum auf mich genommen. Und da wir am Vortag alle zusammen die lange Klettertour über die 'Schildkröte' (14 SL, 500m, 6a) am Piz Frachiccio unternommen hatten, waren die meisten in der Familie froh um noch etwas Erholungszeit. Um 8.40 Uhr schaltete ich schliesslich den Tracklog auf der Diavolezza ein. Der Weg um den Piz Trovat herum war mir natürlich noch bestens bekannt. Man geht genau bis zu jener Stelle, wo man für die Tour zum Piz Palü den Gletscher betritt (0:25h ab Diavolezza).

Die Schlüsselstelle, der Aufschwung zum Südgipfel (3466m) des Piz d'Arlas kommt langsam in Sicht...

...hier nun aus der Nähe fotografiert. Hier müssen ca. 30m nichttrivial im +/- vierten Schwierigkeitsgrad geklettert werden.
Nun gilt es jedoch, weiter dem felsigen Grat zu folgen. Ein erstes Fort wird rechts entweder im Geröll oder im Randbereich des Eises umgangen. Dann gilt es, den Kamm wieder zu ersteigen. Dieser Abschnitt ist wenig erquicklich. Hier muss wohl in jüngerer Vergangenheit einmal ein Bergsturz niedergegangen sein. Es gibt viel loses Material, alles ist in Bewegung, schwierig ist's aber nicht weiter, nur die beste Route ist nicht gut ersichtlich. Wieder auf dem Kamm geht's dann zügig vorwärts über den Geröllrücken hinauf zum Nordgipfel des Piz d'Arlas (3375m), wo ich gerade 1:00h nach Aufbruch bei der Diavolezza eingetroffen war. In diesem Abschnitt trifft man meist auf recht gut ausgeprägte Pfadspuren, die Schwierigkeit bewegt sich im T4/T5-Bereich

Sicht vom Südgipfel des Piz d'Arlas (3466m) auf das Cambrena-Plateau. Hinauf zum (linken) Ostgipfel kann man inzwischen bereits fast durchgehend im Fels aufsteigen und muss den Firn nicht mehr zwingend betreten. Wobei dieser sofern man sich ganz am Rand hält auch keine Spalten aufweist.

Der Piz Palü mit seinen Pfeilern. Erinnerungen an die grandiose Tour über den Bumiller nur 10 Tage zuvor kommen auf.
Die Fortsetzung erfolgt über den +/- horizontal verlaufenden Grat. Man lasse sich dabei nicht in die Flanken hinunterdrängen. Die Begehung ist ein grosser Genuss, teils im exponierten Gehgelände, teils kraxelnd. Es dauerte nicht lange, bis ich unter der Crux stand, eben dem Steilaufschwung zum Südgipfel des Piz d'Arlas (3466m). Dieser machte tatsächlich Eindruck, denn hier gilt es tatsächlich 30 steile Meter echt zu klettern. Direkt an der Kante dürfte das tatsächlich ein Vierer sein: steil, griffig, guter Fels, eine lässige Turnerei. Etwas zutrauen in seine Kletterfähigkeiten ist hier durchaus vonnöten, sonst wird das nix. Fixes Material steckt übrigens keines, oben befindet sich jedoch ein gebohrter (Abseil-)stand. Und als letzter Hinweis noch: eventuell kann man die Passage linkerhand in der Flanke einfacher haben. Das wäre aber weniger elegant und die Felsqualität ist bestimmt auch schlechter (sprich etwas schuttig-brüchig).

Sicht vom Cambrena-Westgipfel (3606m) auf den Ostgipfel (3601m). Die Schartentiefe ist rund 40-45m, also zwei echte Gipfel!

Ideale Verhältnisse für einen Start  mit dem Gleitschirm. 15km/h Wind aus korrekter Richtung und Platz zum Verschwenden.
Nur gerade 25 Minuten hatte der Weg von Nord- zum Südgipfel des Piz d'Arlas gebraucht, nun ging's vorerst im leichten Fels abwärts zum Sattel, welcher diesen Berg mit dem Piz Cambrena verbindet. Auch hier musste man nur wenige Schritte auf den Schnee treten, sondern konnte gleich linkerhand auf dem Geröllrücken bequem aufsteigen. Erst auf dem letzten Höhenmetern hinauf zum Ostgipfel vom Piz Cambrena (3601m) musste man zwingend in den Firn. Doch dieser war schön trittig, weder hart noch weich, da hätte man die Tour sogar wirklich auch in Turnschuhen angehen können. Immerhin blieb mir so die Montage der Steigeisen erspart. Nachdem ich auf dem Ostgipfel kurz Umschau gehalten hatte, ging's gleich weiter zum Westgipfel (3606m). Dazu sind gut 40hm Abstieg und Wiederaufstieg nötig. Doch noch vor der 2-Stunden-Marke hatte ich das Top erreicht, noch dazu gehörte der ganze Berg mir!

Ready to go!

Landed! Der Ausgangspunkt weit entfernt unmittelbar links vom Bahnmast zu sehen.
So konnte ich gemütlich Umschau halten, zu pressieren gab es jetzt nichts mehr. Die Flugbedingungen waren offensichtlich perfekt und an guten Startplätzen mangelt es am Cambrena definitiv nicht. Einzig wenn der Wind aus SE-SW kommen sollte, so wird es prekär. Allerdings befindet man sich dann auch grossräumig im Lee, eine Nordlage ist hier definitiv vorteilhafter. Flugs hatte ich meinen Schirm präpariert und weniger später war ich auch schon in der Luft. Um die Rundtour zu komplettieren, flog ich über die Eisnase ab. Später, über dem Piz d'Arlas Nordgipfel, konnte ich nochmals auf 3600m aufdrehen und schön die ganze Runde Revue passieren lassen. Dann hiess es aber ab ins Tal. Zur Zeit meiner Landung um 11 Uhr nahm das Talwindsystem schon an Fahrt auf. Ich konnte zwar noch sanft und auch fast turbulenzfrei landen, zwei, drei Stunden später ist das jedoch um diese Jahreszeit sicher nicht mehr der Fall. So endete meine Tour nur gut 2:30h Stunden nach dem Beginn unmittelbar neben dem Parkplatz. Fast schon frech, in einer solch kurzen Zeit eine so lässige Tour über vier hochalpine 3000er gemacht zu haben :-)

Facts

Piz Cambrena via Cresta d'Arlas (AD, 4a, 700hm)
Material: Turnschuhe reichen ;-). Im Ernst: Leichtsteigeisen, evtl. Pickel, evtl. 1x40m-Seil, Cams

Interessante, kurze Hochtour im Festsaal der Alpen. Bis hinauf zum Südgipfel des Piz d'Arlas (3375m) bewegt man sich meist auf Wegspuren in unschwierigem, gerölligem Gelände. Danach folgt die interessante Gratüberschreitung mit der Crux zum Schluss, dem steilen Aufstieg zum Südgipfel des Piz d'Arlas (eine Seillänge à 30m, ca. 4a, kein fixes Material vorhanden. Wer sichern will, muss ein Sortiment Cams mitbringen). Weiter geht's wieder über leichten Fels und zuletzt im Firn zum flachen Gipfelplateau des Piz Cambrena. Ideale Startplätze in den Expositionen W über N bis E. Vorsicht, bei Nordüberdruck prescht der Talwind sehr heftig durchs Berninatal, ab Mittag muss man locker mit 30km/h Mittelwind und 50km/h in Böen rechnen! 

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