Lange Jahre war es mein Ziel, einmal eine Route im Grad 8b, oder eben einen UIAA 10er zu punkten. Nach über 25 Jahren im Klettersport und daher auch nicht mehr ganz jugendlichem Alter ist mir dies nun geglückt. Für einmal will ich nicht den Erfolg an sich oder die Route ins Zentrum stellen. Vielmehr soll es in einer losen Folge von Artikeln eine Auseinandersetzung darüber geben, was mir schliesslich nach all den Jahren an Kletterei den Erfolg doch noch ermöglicht hat. Das alles natürlich völlig ohne den Anspruch, die absolute Wahrheit und den heiligen Gral zum schweren Klettern zu besitzen. Dies wäre in jeder Hinsicht komplett verfehlt. Sowieso sind die individuellen Voraussetzungen, Stärken und Schwächen so unterschiedlich, dass es den für alle gleichermassen optimalen Weg gar nicht geben kann. Trotzdem mag man in dieser Artikelreihe vielleicht den einen oder anderen Gedankenanstoss zum Ausloten des persönlichen Kletterlimits finden...
Bevor wir zur grauen Theorie kommen, gibt's aber doch noch einige Anekdoten zur Begehung selbst. Also erstens habe ich mein Ziel nicht nur erfüllt, sondern sogar übererfüllt, steht doch bei besagter Route sogar eine 8b+ im Topo. Der Durchstieg hat mich einige Mühe gekostet: über ein Dutzend Mal bin ich ganz am Ende auf den letzten Zügen noch gescheitert, wovon alleine 3x mit dem Topgriff bereits in den Fingern. Das war nicht etwa pures Unvermögen, sondern die Durchstiegscrux befindet sich effektiv auf den allerletzten Metern, was das Projekt natürlich umso lohnender macht.
Tag der Entscheidung
Inzwischen war ich bereits zum fünften Mal mit dem Gefühl angereist, dass es an diesem Tag klappen könnte. Die Moves perfekt einprogrammiert, kräftemässig erholt, bei brauchbaren Bedingungen und mit einigermassen Haut auf den Fingern. Nach dem üblichen Aufwärmprogramm geht's los. Obwohl sich inzwischen eine gewisse Routine eingestellt hat, verbleibt doch auch etwas Nervosität - es sind der Nimbus der 8b und die Tatsache, dass das Kletter-Lebensziel in greifbarer Nähe herumschwirrt, aber doch erst gepackt werden will, immer mit der Befürchtung, es könnte auch wieder entschwinden. Der erste Versuch wie so oft, voller Punch, aber auch ein bisschen unruhig und koordinativ nicht zu 100% perfekt - trotz gutem Einwärmen, aber 7b+ ist halt nicht 8b+. Ich spule das Programm ab, die beiden verzweifelten Schnapper nach rechts gehen, ohne dass ich abkippe. Es bleibt der weite, dynamischen Zug an die 2cm breite Ausstiegsleiste. Bizeps- und Körperspannung lassen nach, dementsprechend mehr Dynamik ist gefragt, um die nötige Höhe zu machen. Die Finger sind auf der Leiste, bleiben 2 Sekunden drauf, dann kommt der Körperschwung und reisst mich doch noch in die Tiefe. Mist, so knapp war's noch nie.
Ich steige ein. Natürlich nochmals top motiviert und fokussiert auf die Aufgabe. Im Hinterkopf vor allem ein Gedanke: egal wie sehr es am scharfen Kleingriff schmerzt, zudrücken so fest wie es geht - nur ein einziges Mal, was nachher ist spielt keine Rolle mehr. Die schweren Moves kommen, ich werde mir meiner Leichtigkeit gewahr - der Pump von den ersten Versuch ist verflogen. Dann der Kleingriff, zukrallen bis der Arzt kommt. Die Haut reisst auf, ich merke es sogar. Die Schnapper nach rechts sitzen souverän und ich setze zum letzten, dynamischen Zug an. Der Kopf ist komplett leer, der Fokus im hier und jetzt - die letzte Sicherung weit unter den Füssen. Wie in Zeitlupe schnellt meine Hand nach oben, berührt die Leiste. Das Gefühl, vom Körperschwung doch noch in die Tiefe gerissen zu werden, kenne ich bereits. Doch dieses Mal ist es anders. Ein bisschen mehr Spannung und ein bisschen mehr Präzision. Ich kann mich stabilisieren. Rasch die Füsse umstellen, den Umlenker klippen. Ein Urschrei erhallt, die Emotionen müssen raus - ich kann's kaum glauben, 8b+ rotpunkt.
Bevor wir zur grauen Theorie kommen, gibt's aber doch noch einige Anekdoten zur Begehung selbst. Also erstens habe ich mein Ziel nicht nur erfüllt, sondern sogar übererfüllt, steht doch bei besagter Route sogar eine 8b+ im Topo. Der Durchstieg hat mich einige Mühe gekostet: über ein Dutzend Mal bin ich ganz am Ende auf den letzten Zügen noch gescheitert, wovon alleine 3x mit dem Topgriff bereits in den Fingern. Das war nicht etwa pures Unvermögen, sondern die Durchstiegscrux befindet sich effektiv auf den allerletzten Metern, was das Projekt natürlich umso lohnender macht.
Tag der Entscheidung
Inzwischen war ich bereits zum fünften Mal mit dem Gefühl angereist, dass es an diesem Tag klappen könnte. Die Moves perfekt einprogrammiert, kräftemässig erholt, bei brauchbaren Bedingungen und mit einigermassen Haut auf den Fingern. Nach dem üblichen Aufwärmprogramm geht's los. Obwohl sich inzwischen eine gewisse Routine eingestellt hat, verbleibt doch auch etwas Nervosität - es sind der Nimbus der 8b und die Tatsache, dass das Kletter-Lebensziel in greifbarer Nähe herumschwirrt, aber doch erst gepackt werden will, immer mit der Befürchtung, es könnte auch wieder entschwinden. Der erste Versuch wie so oft, voller Punch, aber auch ein bisschen unruhig und koordinativ nicht zu 100% perfekt - trotz gutem Einwärmen, aber 7b+ ist halt nicht 8b+. Ich spule das Programm ab, die beiden verzweifelten Schnapper nach rechts gehen, ohne dass ich abkippe. Es bleibt der weite, dynamischen Zug an die 2cm breite Ausstiegsleiste. Bizeps- und Körperspannung lassen nach, dementsprechend mehr Dynamik ist gefragt, um die nötige Höhe zu machen. Die Finger sind auf der Leiste, bleiben 2 Sekunden drauf, dann kommt der Körperschwung und reisst mich doch noch in die Tiefe. Mist, so knapp war's noch nie.
Ich steige ein. Natürlich nochmals top motiviert und fokussiert auf die Aufgabe. Im Hinterkopf vor allem ein Gedanke: egal wie sehr es am scharfen Kleingriff schmerzt, zudrücken so fest wie es geht - nur ein einziges Mal, was nachher ist spielt keine Rolle mehr. Die schweren Moves kommen, ich werde mir meiner Leichtigkeit gewahr - der Pump von den ersten Versuch ist verflogen. Dann der Kleingriff, zukrallen bis der Arzt kommt. Die Haut reisst auf, ich merke es sogar. Die Schnapper nach rechts sitzen souverän und ich setze zum letzten, dynamischen Zug an. Der Kopf ist komplett leer, der Fokus im hier und jetzt - die letzte Sicherung weit unter den Füssen. Wie in Zeitlupe schnellt meine Hand nach oben, berührt die Leiste. Das Gefühl, vom Körperschwung doch noch in die Tiefe gerissen zu werden, kenne ich bereits. Doch dieses Mal ist es anders. Ein bisschen mehr Spannung und ein bisschen mehr Präzision. Ich kann mich stabilisieren. Rasch die Füsse umstellen, den Umlenker klippen. Ein Urschrei erhallt, die Emotionen müssen raus - ich kann's kaum glauben, 8b+ rotpunkt.