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Sonntag, 22. Juni 2025

Cheselenflue - Kontinuum (7b oder 6c+ A0)

An der Cheselenflue war ich bisher gar nicht so oft aktiv. Man könnte dies auf eine snobistisch ablehnende Haltung zu den sehr gut abgesicherten, auf Plaisir orientierten Routen zurückführen. Diese Haltung ist mir grundsätzlich fern. Doch irgendwie haben die Routen für mich dort doch eher den Charakter von MSL-Ausweichzielen für den Moment, wo Grösseres nicht geht. Und genau so war es an diesem Tag. Wir hatten nur ein limitiertes Zeitfenster, das gereizte Knie (nicht meines) verlangte nach einem moderaten Zustieg. Darüber hinaus war es sehr heiss, d.h. wir wollten am Schatten klettern, mussten aber die heftigen Regenfälle kurz zuvor berücksichtigen, welche viele nordexponierte Routen unpraktikabel machten. So war es dann nur erwünscht, dass an der Cheselenflue noch einige Projekte offen waren. Wie es sich zeigte, gab es im Kontinuum durchaus auch noch eine Sportkletter-Herausforderung.

Blick auf den Sektor Chaltbach und die östlichen Melchtaler Berge, u.A. mit der Barglen.

Wir starteten um 12.40 Uhr mit dem Zustieg, respektive eben mit der Zufahrt per Bike von der Stöckalp (1071m) zum P.1276. Diesen Abschnitt könnte man noch automobil zurücklegen, wobei dann eine (teure!) Taxe anfällt und man den wechselseitigen Einbahnverkehr auf der Bergstrasse berücksichtigen muss (gerade Stunden von .00 bis .40 aufwärts, ungerade Stunden von .00 bis .40 abwärts). Alternativ geht dieser Abschnitt auch in 20-30 Minuten zu Fuss. Dann über den alten Fruttweg hinauf, entgegen der Angabe in den gedruckten Topos hat sich als Zustieg inzwischen die Direktvariante hinauf zur Wand etabliert, welche auf knapp 1400m abzweigt (farblich markiert). Die "offizielle", erst auf ca. 1480m abzweigende Spur ist umwegiger, zeitaufwändiger und deutlich weniger ausgetreten. Den Einstieg ca. 40m rechts vom tiefsten Punkt beim Sektor Meteorit konnten wir problemlos identifizieren (grüner Punkt, noch knapp lesbare Anschrift mit dem Routennamen) und starteten um ca. 13.50 Uhr mit der Kletterei. Die Wand war übrigens gerade dabei, sich in den Schatten zu verabschieden, insofern hatte unser Timing ziemlich gut gepasst.

Ein Blick auf die Cheselenflue, mit dem Verlauf der Route Kontinuum.

L1, 30m, 6c: Auf los geht's los, und zwar gleich mit steiler Kletterei an kompaktem Fels mit einigen wenigen Pockets und Leisten in Querschlitzen. Wie immer bei dieser Art der Kletterei gilt es die Übersicht über die Trittmöglichkeiten zu behalten. Einmal überstreckt in der Wand sieht man diese nämlich nicht mehr und so kann subito fertig sein mit der lupenreinen Begehung. Diese gelang uns aber wie gewünscht, wobei man sich über die ersten paar Haken schon seriös festhalten muss. Obenraus wird es dann einfacher und es gibt sogar ein paar längere Hakenabstände. Das letzte Plättli war vom Steinschlag flachgedrückt und nicht mehr nutzbar (siehe Foto unten). Nachdem ich die Mutter mit dem Grübler ein wenig gelöst und das Plättli gedreht habe, sollte es nun wieder gehen.

Noch ein paar letzte Meter an der Sonne im flachen Endteil von L1 (6c).

L2, 25m, 5c+: Grossgriffige und damit gemütliche Kletterei. Der Fels ist nicht megaschön, aber doch solide und auch dank der guten Absicherung kommt man hier sehr zügig vorwärts. Die schwierigste Stelle ist wohl die Querung am Schluss, wobei die im Vergleich zum Rest der Route halt wirklich keine Anforderungen stellt. Den Stand teilt man sich übrigens mit der Route Roter Punkt.

Nicht jeder Meter der Route weist perfekten Fels auf. V.a. im Bereich der Bänder liegen meistens lose Steine herum. Dies kann ein Problem darstellen, wenn mehrere Seilschaften in der Wand aktiv sind. Insbesondere wenn Partien weiter oben ihr Seil abziehen, muss schon fast mit Steinschlag gerechnet werden.

L3, 20m, 6c+: Gerade obsig geht's weiter (Roter Punkt zieht deutlich nach links). Zuerst einmal über einen eher brüchigen Vorbau. Auch der erste Teil der steilen Wand darob ist nicht über alle Zweifel erhaben. Die wichtigsten Griffe sind aber mit Sika stabilisiert, passt also schon. Bald einmal müssen ein paar kleine Leisten gekrallt werden, dann heisst es kräftig über eine Seitgriffpassage in wieder mehr steilplattig-querschlitziges Terrain zu entkommen und dann pumpig unter Nutzung ebendieser Schlitze nach links zum Stand zu traversieren. Die Kunst liegt wohl darin, sich hier noch die Übersicht zu verschaffen zu können, wie die beste Sequenz verläuft.

Feine Querschlitze krallen heisst das Motto am Ende der ausdauernd-kräftigen L3 (6c+).

L4, 20m, 6c: Vom eher unbequemen Stand geht's gleich mit reibungslastiger Kletterei los, bald wird es aber steiler und heftig crimpy mit einer echt coolen Crux. Auch weiter folgt sehr interessante Kletterei, auch wenn der Fels im oberen Teil teilweise von einer staubigen Schicht überzogen ist. Mit einem echt coolen Schulter-Move löst sich eine zweite Schlüsselpassage im Bereich 6b+ sehr elegant, wirklich eine tolle Sache.

Vom Steinschlag plattgedrückter BH am Ende von L1 (6c), der nicht mehr geklippt werden konnte. Nachdem ich nun die Lasche etwas gedreht habe, sollte es wieder möglich sein. Es ist auch nicht das einzige flachgedrückte Exemplar in der Route, doch die restlichen sind klippbar. Es sei hier auch ausdrücklich darauf hingeweisen, dass man die Wand bzw. die Route auf keinen Fall angehen soll, wenn im Gelände oberhalb der Wand noch Schnee(resten) liegen. Es droht massive Gefahr, mit Steinen bombardiert zu werden.

L5, 30m, 6b: Nach der etwas splittrigen Einstiegsstufe folgt erst botanisch-einfaches Gelände, dem Fels ist da wenig zu trauen. Vorsicht ist angezeigt, auch weil die Haken für einmal nicht so nahe beisammen stecken. Schliesslich kriegt man dann wieder kompakten Fels unter die Finger. Dies gipfelt in einer für den Grad nicht geschenkten Crux, die sich an einem Pocket abspielt, welches sich irgendwie nicht so natürlich anfühlt. Ohne zu viel verraten zu wollen sei gesagt, dass dieses Loch wirklich sehr essenziell ist. Zum Schluss gibt's dann wieder griffiges Gelände zum Stand.

Tolles Ambiente am Ende von L5 (6b).

L6, 25m, 7b oder 6c+ A0: Los geht's mit einem Einstiegsboulder an einer Stufe, dann bringt einen etwas einfacheres Gelände zum Filetstück der Seillänge. Zuerst will ein überhängender Wulst gemeistert werden, der mit einigen klein-positiven Leisten erst noch taugliches Griffmaterial bereithält, sehr athletisch ist es dennoch schon. Die m.E. härteste Sektion kommt beim Übergang ins nicht mehr ganz so steile Gelände danach. Da fehlen die Leisten nämlich und es gilt, sich an sloprigen Seitgriffen in die Höhe zu arbeiten. Sehr technisch geht's dann mit Zauber-Wandkletterei weiter. Spreizend wollen Reibungstritte genutzt werden, es gilt sich in die Höhe zu schieben, stemmen und drücken - mega! Das Ganze kulminiert schliesslich im Exit, wo an schlechten Leisten nochmals entschlossen blockiert werden muss, um den Ausstiegshenkel zu erreichen. In meinem zweiten Go konnte ich die Länge punkten. Ich denke, der Grad von 7b (den ich online gelesen habe und auch früher schön mündlich übermittelt erhalten hatte) passt hier tiptop. Die Absicherung im Crux-Abschnitt (obere zwei Drittel der Seillänge) ist sehr eng, A0 funktioniert da problemlos. Eines sei noch erwähnt: wer die Seillänge als 6c+ mit 2pa klettern möchte, muss mit dem Hakenziehen sparsam umgehen... die Sache ist ab dem Wulst anhaltend schwierig.

Kathrin auf den letzten Metern der Cruxlänge (L6, 7b oder 6c+ A0), welche in diesem Bereich eher steilplattig-abschüssig daherkommt. Dem Antreten kommt hier ganz entscheidende Bedeutung zu, um sich in die Höhe zu zaubern. Im Vordergrund sind auch noch die beiden einzigen Griffe in diesem letzten Abschnitt dank ihren Chalkspuren identifizierbar. Ähm nein, etwas Besseres gibt's da nicht.

L7, 20m, 6b: Eine schöne Seillänge, welche das Abschlussbouquet einleitet. Zuerst mit kleiner Rechtsschleife durch die Wand rechts. Dann folgt ein (für die Route) sehr weiter Abstand, man quert auf einem kleinen Band nach links. Dann muss man sich an einem Wulst kurz festhalten (Achtung, brüchige Tritte), bevor es in einer steilen Verschneidung zum Stand auf der Kanzel geht. Dort kann man in 3d-Manier die Schwierigkeiten vollständig wegstehen.

3d-Verschneidungskletterei am Ende von L7 (6b).

L8, 20m, 6a+: Super-henklige Traverse nach rechts hinaus, kaum zu glauben, dass man in solch steilem Gelände beinahe "gehen" kann. Dann folgt gleich die Crux mit einem zächen Blockierer von einem mässig verwachsenen Block weg (möge der an Ort und Stelle bleiben!). Die Zielgerade bietet dann supertolle Wandkletterei in fett wasserzerfressen-henkligem Gestein, da kommen für einen Moment sogar Wenden-Vibes auf. 

Die Abschlussmeter in L8 (6a+) bieten tolle Felsqualität.

Um 18.15 Uhr und damit nach 4:30 Stunden der Kletterei hatten wir das Top erreicht. Für einen Komplett-Onsight hatte es leider nicht ganz gereicht, die Cruxlänge erforderte einen Second Go, den Rest konnte ich aber auf Anhieb klettern. Aber immerhin war die Route komplett gepunktet und auch Kathrin hatte sich im Nachstieg bis auf jene Passage in L6 schadlos gehalten. Die Bedingungen am Schatten waren übrigens perfekt gewesen. Meinerseits in kurzer Hose und T-Shirt, und das ohne zu frieren - ideal! Am Routenende gibt's nicht viel zu tun, denn die Kletterei endet mitten in der Wand vor einem brüchigen Wulst (nach welchem dann wohl geneigtes Schrofengelände käme). Somit subito die Seile gefädelt und mit unseren 2x50m-Seilen zügig und bequem in 4 Manövern zurück zum Einstieg geseilt (S8 -> S6 -> (50m!) S4 -> S2 -> (50m!) Einstieg). Dort räumten wir unsere Ware zusammen, liefen zu Tale und fuhren angenehm verkehrsarm nach Hause. Ein chilliger MSL-Tag, aber doch mit einer Prise sportlicher Herausforderung, so darf es gerne immer wieder sein. 

Epilog

Einen kurzen Epilog gibt's an dieser Stelle noch. Der Folgetag spielte sich nach einiger Zeit wieder einmal im Klettergarten Schlänggen in Engelberg ab. Früher waren wir dort mit den Kindern sehr oft zu Gange. Doch einerseits hat das Familienprogramm gewechselt (d.h. gemeinsame Ausflüge zum Klettern sind selten geworden) und andererseits habe ich dort alle "machbaren" Routen bereits gepunktet. Nur ein paar wenige Knacknüsse verbleiben noch und mit sporadischen Besuchen im 1- oder 2-Jahres-Rhythmus werden die sich dem Roten Punkt nicht beugen. Aber möglich wäre es mit dem nötigen Investment eben vielleicht doch. Durchaus verspüre ich den Reiz, da mal noch "aufzuräumen" und die noch möglichen Begehungen heimzutun. Das hiesse dann wohl aber, auf das abenteuerlich-explorative (MSL-)Klettern verzichten zu müssen, oder es zumindest stark einzuschränken. Schlussendlich ist es halt schon einfacher, eine 7b onsight (oder wie hier 2nd Go) zu machen, wie eine 8a/+ am (bzw. über) dem Limit fokussiert zu erarbeiten, bzw. erst einmal die dazu nötigen physischen Grundlagen anzutrainieren. Andererseits hat es auch ein bisschen den Anflug von "Bequemlichkeit", einfach nur das zu machen, was man eh schon kann. Damit sei der Effort im Kontinuum nicht kleingeredet und es war auch 100% Vollgas nötig, um schon nur das zu schaffen. Gleichzeitig ist es aber auch nicht der Trainingsreiz, welcher die offenen Schlänggen-Projekte möglich macht. Tja, "the answer my friend, is blowing in the wind". Der geneigte Leser kann ja vermutlich schon erahnen, wie diese Reise weitergeht...

Facts

Cheselenflue - Kontinuum 7b oder 6c+ A0 (6b obl.) - 8 SL, 190m - W. Britschgi et al. 1998 - ***;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 14 Express, Cams/Keile nicht nötig

Plaisir oder Extrem? Das ist eine Frage, welche sich gar nicht so einfach beantworten lässt. Komplett frei gemacht (was sehr gut möglich ist), ist auf jeden Fall ein Kletterkönnen nötig, welches den Plaisirbereich klar sprengt. Und auch einige andere Seillängen mit kräftiger Leisten- und Querschlitz-Kletterei im Bereich 6c/+ sprechen eher jene an, welche sich regelmässig in der Vertikale bewegen. Eines ist sicher: die Absicherung ist in den schwierigen Passagen eng bis sehr eng (Niveau xxxxx) gehalten. An ein paar wenigen einfacheren Stellen gibt's auch mal weitere Abstände (Niveau xxx-xxxx). Mit mobilem Material kann man jedoch (auch dort) nichts anfangen. Die Kletterei ist echt cool und hat mir sehr viel Spass gemacht. Ein paar Leistenpassagen an Wulsten sind etwas splittrig, zwischendurch gibt's auch mal etwas Botanik und einfaches Bruchgelände, abschnittweise ist der Fels etwas staubig-belagig. Insgesamt überwiegt aber schon tolle Kletterei in prima Fels. Topos und weitere Infos zum Gebiet bzw. der Route findet man im Plaisir Ost vom Filidor-Verlag, oder im SAC-Tourenportal.

Links zu den früher gekletterten Routen an der Cheselenflue

Roter Punkt (24.3.2001)
Stairway to Heaven (28.6.2006)
Pulsar (2.7.2013)
Orion (17.5.2014)
Die Männer vom Memmental (8.6.2019)
Krater (8.6.2019)

Montag, 7. April 2025

Barglen - Dä Burner (6c+)

Meine kürzliche Skitour auf die Barglen hatte meinen Wunsch einmal an deren Südwand zu klettern aufgefrischt. Einerseits präsentierte sich der Ofen in perfekten Climbing Conditions, andererseits war die Talabfahrt noch bis zur Stöckalp machbar. So waren die Voraussetzungen für eine Kombination von Skitour und MSL-Klettern gegeben. Nachdem mit Martin ein motivierter Mitstreiter am Start war, konnte es an einem wunderbaren Frühlingstag losgehen. Und ja, die hohen Versprechungen wurden eingehalten: perfekte, frühlingshafte Sulzverhältnisse auf der Skitour, sommerlich-angenehme Temperaturen in der Wand und eine ausgezeichnete Kletterei in bestem, wasserzerfressenem Fels.

Blick auf die Südwand der Barglen mit dem Verlauf vom Burner. Das Bild wurde nach der Kletterei aufgenommen und ist auch mit unseren Abfahrtsspuren verziert. Der Hang unter der Wand bot auch am Nachmittag noch einen perfekten Sulzgenuss.

Unsere Tour startete mit der Gondelfahrt von der Stöckalp zur Melchsee-Frutt (13 CHF pro Person mit Halbtax, plus 5 CHF Tages-Parkgebühr), wo wir um ziemlich genau 9.00 Uhr zuerst im Skatingstil starteten. Bald montierten wir aber die Felle und gingen über die perfekt gespurte Langlaufloipe bis zum Staudamm vom Tannsee (P.1973), ab da dann im freien Gelände, immer unter dem langgezogenen Felsband entlang. Es gilt, viel Distanz zurückzulegen, Höhenmeter gibt's vor allem am Ende im bis zu 40 Grad steilen Anstieg zur Wand hinauf. Nach etwa 1:50h Aufstieg hatten wir den Start der Route auf ca. 2460m erreicht. Bei sehr angenehmem Klima und schneefrei-trockenem Einstiegsgelände konnten wir gemütlich eine Pause einlegen und die Ausrüstung montieren. Um 11.30 Uhr fiel dann der Startschuss zur Kletterei.

Wie unschwer zu erkennen, hier geht's los.

L1, 30m, 6a+: Eine steile Seillänge nach der Façon, wie man sie aus den Klettergärten auf der Melchsee-Frutt kennt: quergebänderter Fels mit vielen Henkeln. Für mein Gusto ein absolut ideales Einturnen, um auch die Oberkörpermuskeln auf Betriebstemperatur zu bringen.

Los geht's, da kommt der Appetit auf das Klettern von alleine (L1, 6a+).

L2, 40m, 6b+: Wow, was für ein Abschnitt. Der Beginn ist unspektakulär in etwas gschüderigem, geneigtem Gelände, aber es sind nur wenige Meter so. Dann geht's los mit einem Boulderzug an einem Wulst, der sich harmloser wie vermutet entpuppte. Man gelangt so auf eine formidable Raspelplatte, ein absolutes Gustostücklein in technischer Plattenkletterei. Es gilt den Füssen voll zu vertrauen, wobei die Reibung nun absolut nicht besser sein könnte.

Was für eine geniale Passage über diese superkompakte Platte in L2 (6b+).

L3, 25m, 6c+: Es wartet eine nächste Steilwand, die mit betont senkrechter Kletterei startet. Die Griffe fallen vorerst stets gut bis sehr gut aus, erst nach einer Weile spitzt sich die Sache zu. An der Crux der Route heisst es über ein paar Meter, kleinere Tropflochcrimps herzhaft zuzudübeln. Der Fels ist von der Marke extrascharf, aber so haben wir es gern. Eine kurze Rechtsquerung führt zum bequemen Standplatz.

Martin krallt sich die extrascharfen Tropfstrukturen im Ausstieg aus der Crux (L3, 6c+)

L4, 20m, 6b: Ein weiterer Abschnitt mit steiler Wandkletterei. Erst noch relativ easy unter den Ansatz einer Verschneidung hinauf, welche man aber gleich nach rechts über die Seitenwand verlässt. Auch hier alles gutgriffig und mit etwas Kraftausdauer problemlos. Nur ganz am Ende vor der Rechtsquerung zum Stand hinaus kommt noch eine Stelle, die uns beiden unabhängig das Gefühl gab, dass wir uns blöd angestellt hätten.

Das ist genau die Stelle, die einem das Gefühl gibt, man habe sich dumm angestellt (L4, 6b).

L5, 30m, 6b+: Erneut athletische und leicht überhängende Wandkletterei. Es gibt keine lange Schonfrist, gleich nach dem Stand will ein erster Überhang erklommen sein, was aber bei geschickter Linienwahl keine Probleme macht. Am nächsten Aufschwung wird der Vorsteiger dann hingegen geprüft: beim BH an der Crux war bei unserer Begehung nur noch die Mutter, nicht jedoch das Plättli vorhanden. Mit ausreichend Reserve auf den geforderten Grad und dank der guten Absicherung konnte ich hier trotzdem passieren, das wird aber nicht bei jedem Anwärter so sein. Noch einige Meter geht's über den steilen Pfeiler hinauf, nach dessen Ende heisst's dann in einfachem, aber brüchig-schottrigem Gelände den Stand links oben (mit Wandbuch) zu erreichen.

Weil die Fotos sonst ja immer gleich aussähen, kommt hier von L5 (6b+) halt eines vom schottrigen Ausstieg zum Zug. Es gibt auf der Route zwei kurze Passagen dieser Art, was der Sache aber keinen Abbruch tut.

L6, 25m, 6a: Diese Seillänge gehört nominell zur Nachbartour Jesi, aber die Fortsetzung zum Top drängt sich natürlich auch für den Burner auf. Eine ganz witzige Sache hier, steil über ein paar Aufschwünge hinweg. Der Fels ist an sich gut und henklig, auf ein paar nicht so optimal verankerte Blöcke verzichtet man aber lieber - es gibt genügend solide Griffmöglichkeiten.

L7, 25m, 5b: Das kurze Abschlussstück führt über eine plattige Rampe wieder nach rechts hinaus. Bei unserer Begehung lief hier teilweise das Schmelzwasser von der Gipfelabdachung, was jedoch kein gröberes Hindernis darstellte. Hinweis: unterhalb ist das Gelände überhängend, weshalb die Tropfen den Burner nicht tangierten. Der Stand am Ende links unter dem Dach. 

Ausstieg zum Top mit Aussicht vom Gross Wendenstock bis zum Finsteraarhorn - sublime!

Knapp vor 14.00 Uhr und damit nach 2:30h der sehr genussvollen Kletterei hatten wir das Top erreicht. An diesem war ich eine Woche zuvor unbemerkt wohl nur wenige Meter vorbeigegangen. Wegen dem Schnee war ein Ausstieg auf die Gipfelabdachung nicht möglich. Wir fädelten deshalb gleich die Seile und glitten in die Tiefe. Ob dem sehr steilen Gelände geht das super bequem und zügig in 4 gestreckten Manövern (Top -> Stand 5 -> Stand 3 -> separater Abseilstand westlich der Route in L2 -> Einstieg). Gemütlich im trockenen Gras sitzend konnten wir einen weiteren Vesper geniessen und über das weitere Vorgehen beraten. Da uns daheim noch Pflichten bevorstanden, entschieden wir uns gegen eine zweite MSL. Eine Route im Klettergarten am Wandfuss lag aber noch drin. Zur Verfügung stehen inzwischen mehr Routen als in der Literatur und im Web verzeichnet (ca. 15-20 Stück mit Schwierigkeiten bis 7c). Auf die Spoks (7a) fiel unsere Wahl, sie trumpft mit ähnlichen Attributen auf: steil, griffig und in ihrem Mittelteil bisweilen pumpig. Auch hier konnte wie im Burner ein souveräner Onsight notiert werden.

Das Abseilen geht im absatzlosen Steilgelände sehr bequem und ruckzuck.

Mit weisser Weste ab auf's weisse Parkett, konnte das Motto also lauten. Wir wechselten von den Kletterfinken auf die Skischuhe, die Bekleidung konnte hingegen im Sommermodus bleiben. Obwohl die Sonne schon den ganzen Tag auf den Hang gebraten hatte, präsentierte sich der erste Steilabschnitt mit formidablem, kompakten Sulz. In der Fortsetzung wechselten sich Schrägfahrten mit schwingbaren Hängen ab. Hatten wir erst noch befürchtet, dort immer wieder Stockeinsatz geben zu müssen, so lief es weitestgehend "gratis". Erst vom Tannsee-Staudamm zurück auf der Langlaufloipe waren die Arme dann vermehrt gefordert. Mit moderatem Aufwand jedoch, in einer halben Stunde ab dem Einstieg waren wir aber zurück auf der Frutt. Mit einer fetzigen Abfahrt über die leeren Pisten waren wir weitere 15 Minuten später retour bei der Stöckalp und konstatierten ein rundum gelungenes Unternehmen. Gut gibt's an der Barglen noch viele weitere Routen, solche Tourentage werden nur zu gerne wiederholt.

Sozusagen das Motto vom Tag 😀

Facts

Barglen - Dä Burner 6c+ (6b obl.) - 7 SL, 200m - Speck/Waser 2020 - ****;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 11 Express

Eine ausgezeichnete Route in meist hervorragendem, griffigen und bisweilen richtig scharfem Fels, der seine Ähnlichkeit zu den nur 5km entfernten Wendenstöcken nicht leugnen kann. Nur auf wenigen einfachen Abschnitten ist das Gestein weniger schön. Ob der bisher wenigen Begehungen (unsere war laut Wandbuch die fünfte) ist die Route bisher wenig abgeklettert, d.h. es brösmelet hier und da noch etwas von den scharfen "Spitzli" her. Geboten wird einem fast durchgehend steile Wandkletterei an den für das Gebiet typischen Querbänder-Henkeln und Tropflochcrimps. Die Ausnahme bildet die absolut aussergewöhnliche, kompakte Raspelplatte in L2. Die Absicherung mit rostfreien BH ist für MSL-Verhältnisse sehr gut ausgefallen. Trotzdem werden an den Vorsteiger einige Anforderungen gestellt. Dank der Kürze der Route und im Vergleich zu anderswo freundlichen Bewertungen kann man es hier aber durchaus wagen, auch wenn man noch nicht so viele Routen von ähnlicher Kragenweite gemacht hat. Super Infos und Topos von allen Routen im Gebiet findet man auf der Webseite https://www.barglen.ch.

Donnerstag, 3. April 2025

Skitour Barglen (2669m)

Meine letzte Skitour zum Rossstall lag schon einige Wochen zurück. Der trockene und milde März hatte mich definitiv vom Winter zurück in den Klettermodus verfrachtet. An diesem Freitag Ende März schien aber ein Ausflug in den Schnee definitiv noch einmal lohnend. Es stellte sich bloss die Frage wohin.  Günstige Lawinenverhältnisse liessen vieles zu, andererseits war ich mitten aus dem Familien-, Arbeits- und Trainingsleben nicht wirklich parat für einen nächtlichen Aufbruch und einen Konditionshammer. Doch auch in den Voralpen liessen sich noch exklusive, lohnende und mir unbekannte Ziele finden. So fiel meine Wahl aufs Melchtal.

Ein fantastischer Frühlings-Skitourentag! In der linken Bildhälfte der Gipfel der Barglen. Vom Fotostandort aus werden die beiden Höcker im Vordergrund mit einer Linksschleife umgangen, dann geht es durch die Barglenchäle in den Einschnitt am Grat leicht rechts unterhalb der Sonne.

Meine Tour startete bei Turrenbach P.935 zwischen dem Dorf Melchtal und der Stöckalp, der wohlbekannte Ausgangspunkt zu den Kletterouten am Ofen. Genau wie wenn es zum Klettern ginge ist die Strasse zu den Alpgebäuden bei P.1455 der erste Abschnitt. Das Gelände im Tal war schon komplett aper und war bereits das erste Grün am spriessen. So kam natürlich das Schneetaxi zum Einsatz. Das klappte wie gewünscht, bis auf 5 kurze Abschnitte wo ich wegen Schneeresten jeweils für wenige Meter vom Rad musste, war alles aper und bestens befahrbar. Auch sonst war meine Kalkulation perfekt aufgegangen: auf der Wiese bei P.1455 lag noch eine geschlossene Schneedecke, d.h. ich konnte die Bretter anschnallen, sie mussten auch bis zum Gipfel nie mehr von den Füssen. Ebenso drückte schon die Sonne durch die Nebeldecke, diese würde ich bald hinter mir gelassen haben.

Die Nebeldecke hatte ich bald einmal unter mir zurückgelassen. Hier bei den Hütten von Heufrutt.

Der Schnee war von Beginn weg kompakt und gefroren. So ging der Aufstieg zügig und ohne grosse Mühen. Erst offenes Gelände, dann relativ enge Passagen durch den Wald - hier war in einigen Abschnitten nur noch knapp Schnee vorhanden. Als ich die Bäume auf rund 1700m hinter mir liess, begann die grosse Bergherrlichkeit. Stahlblauer Himmel, kein Lüftlein ging, die Schneedecke war schön glatt wie ein Teppich, aber trotzdem griffig zum Aufsteigen. Dazu gab es ausführliche Blicke auf die fantastische Wand am Ofen, welche ich schon über ein Dutzend Mal durchklettert, doch noch nie aus dieser Perspektive betrachtet hatte. 

Ciao Amico! An der Ofenwand hätten an diesem Tag perfekte Bedingungen geherrscht. Klettern ist aber um diese Jahreszeit nicht erlaubt.

Von den Gebäuden von Heufrutt weg heisst es dann eine Schlaufe im Uhrzeigersinn um die beiden Höcker vom Chli und Gross Schinder zu machen, bevor es in die ~40 Grad steile Barglenchäle hineingeht. Hier, in steiler Nordexposition, war die Schneeoberfläche noch etwas pulvrig und nicht tragend, was mir einen bequemen Aufstieg ermöglichte. So war ich zügig am Gratkamm in der Nähe von P.2432 und es wartete die lange Zielgerade hinauf zum Top über den Gipfelrücken. Hier trug der Schnee wieder einwandfrei, in Erwartung einer tollen Abfahrt konnte ich beschwingt dem Gipfelkreuz entgegen fellen. Nach ca. 2:15h vom Bikedepot, bzw. 2:35h vom Ausgangspunkt erreichte ich dieses. Bei Top-Aussicht konnte ich eine ausführliche Pause einlegen.

Der letzte Abschnitt auf der sehr aussichtsreichen Gipfelabdachung.

Die Abfahrt war dann richtig toll: sulzige Schwünge auf kompakter Unterlage über die Gipfelabdachung. In Bezug auf die Barglenchäle war ich etwas unsicher, wie sich das wohl fahren liesse. Es zeigte sich aber: der Schnee war inzwischen etwas angefeuchtet, somit war es eine Art zäher Pulver, aber gut drehbar. Der Übergang zu perfektem Sulz danach war dann nahtlos. So ging es mit Höchstgenuss retour bis zum Waldeingang. Ab da hiess es dann hingegen mehr, geschickt zwischen den Bäumen und den Steinen zu navigieren. Das freie Gelände danach versprach dann wieder mehr Tempo, erst ganz zum Ende wurde dieses durch eine Portion faulen Bremsschnee wieder reduziert. Bis zum Bike blieben die Bretter an den Füssen. Rasch wurde dieses gesattelt, es folgte ein zügiges Auslüften auf dem Downhill retour zum Ausgangspunkt. Das Fazit kurz und klar: das war eine fantastische Tour bei genialen Bedingungen, da hatte einfach alles gepasst!

Der Blick zurück auf der Abfahrt auf den Ausgang der Barglenchäle.

Montag, 16. Dezember 2024

Ofen - Pandur (7b+)

Mit dem kürzlichen Wintereinbruch schien die Zeit gekommen, um dem Ofen wieder einmal den typischen Herbstbesuch abzustatten. Mein Geschmack stand auf ein paar Seillängen an steiler MSL-Sportkletterei, und diesbezüglich wird man an der 200m hohen Südwand auf jeden Fall fündig. Zudem war am Ofen das Gelände bereits wieder komplett aper und trocken, was in höheren Lagen wie z.B. den Wendenstöcken noch nicht uneingeschränkt der Fall war. Als Ziel wählten wir natürlich eine Route, welche ich zuvor noch nie probiert hatte - ein paar solche gibt es immer noch. Die Pandur bietet 4 Seillängen an kernigen Moves bis auf das obere Band, von dort stiegen wir über eine Länge der Zabayone und eine vom Einarmigen Bandit zum Top der Wand.

Der Ofen mit unserer Route: Pandur (7b+, rot) mit Ausstieg über je eine Seillänge von Zabayone und Einarmiger Bandit (6c+, 7a+, orange).

Am Ofen gibt's nach vielen Besuchen für uns keine grosses Haareraufen mehr, wenn es um die Tourenplanung geht. Mit der Webcam auf dem Bonistock liess sich zweifelsfrei feststellen, dass alles trocken und (wieder) schneefrei war. Wir planten den Kletterstart auf den Zeitpunkt, wo die Sonne den Wandfuss erreicht: 8.50 Uhr war das bei unserer Tour anfangs der zweiten Septemberhälfte. Um 7.35 Uhr ging's in Turrenbach P.985 los, mit den E-Bikes sehr zügig zum Unter Boden, dann zu Fuss weiter über den ziemlich schlammigen Pfad und zuletzt die steilen Grashänge an die Wand. Gerade eine Stunde brauchten wir dafür, nach einer kurzen Vorbereitung starteten wir wie geplant beim Eintreffen der ersten Sonnenstrahlen mit der Kletterei.

Die letzten Meter vom Zustieg, rechts sieht man die Wand, die gleich fulminant loslegt.

L1, 35m, 7a: Wie im Einarmigen Banditen unmittelbar daneben steckt auch hier der erste BH auf 8-10m Höhe. Natürlich ist die Kletterei einfach, nur Runterfallen wäre sehr ungünstig. Zum Glück hatte Jonas die Keile an den Einstieg getragen. Ich liess sie mir zuwerfen und platzierte einen Rock Nr. 3. Dann geht's los mit der ortstypischen Kletterei an Schlitzen. Oft eher rund, teils sloprig und bisweilen etwas staubig. Wobei, vorerst geht's ganz ordentlich, die Sache spitzt sich erst auf den letzten 15m zu. Zuerst an kleinen Griffen hoch antreten, im Finish dann erst an kleinen Seitgriffen mit einem ziemlich ätzenden letzten Klipp von üblen Slopern.

Von L1 gibt's leider kein Foto, daher dieses Panorama aus der Wand.

L2, 40m, 6a+: Auf dieser Höhe gibt's die coole Backsteinkletterei: quergebänderter Fels mit vielen Henkeln gespickt. Wobei diese im ersten Teil nicht überall präsent sind, da warten ein paar recht knifflige Stellen für den Grad. Mittig gibt's dann einen langen Runout. Einfacher werdend zwar und daher auch ohne Gear machbar, noch besser ist's aber einen kleinen bis mittleren Cam (0.3-0.5) in einen der Schlitze zu versorgen. Das Ende dann betont senkrecht mit Idealhenkeln, aber auch ein paar weiten Zügen. Auch hier gibt's nochmals einen Hakenabstand von 8-10m, wo jedoch kaum gelegt werden kann. Der wird aber Anwärter, die dem restlichen Programm gewachsen sind, vermutlich nicht ins Schwitzen bringen.

Tolle, steile Kletterei - auf den ersten Blick würde man nicht glauben, das sei nur eine 6a+.

L3, 45m, 7b+: Beginnt mit einer kurzen Stufe, dann auf dem Band nach rechts und in etwas brüchigem Gelände einfach hinauf unter das Dach, wo sich ein Zwischenstand befindet. Dieser Abschnitt ist 6a und kann als 15m-Seillänge gemacht werden. Würde ich das nächste Mal wohl so versuchen, denn direkt weiter zu klettern funktioniert zwar, wenn man die Standhaken nicht klippt und unter dem Dach verlängert. Die Seilführung ist zum Freiklettern dann aber echt ein Mist. Ob es denn mit dem Zwischenstand viel besser wäre, bleibe dahingestellt. Potenziell besteht dann das Problem, dass man hart in die zweite Sicherung stürzt und der Sicherungsperson auf die Rübe fällt. Das Boulderproblem am Dach selbst konnte ich mit einem coolen Crossing-the-Midline-Jump lösen. Damit ist es aber nicht geschafft, vom guten Griff ob der Kante ins senkrechte Gelände zu entkommen fordert nochmals... und es kann leider so wie die Haken stecken auch kaum vernünftig ausgecheckt werden. Der Leser wird es ahnen, ich konnte die Stelle leider weder onsight noch rotpunkt (mit Restart vom Zwischenstand) bewältigen - schade! Einmal ob dem Dach etabliert, gibt's dann noch 20m an genialer 6a+ in wendenmässigem Fels mit Schlitzen, Töffgriffen und allem was das Herz begehrt.

Die Schlüsselstelle der Route befindet sich an diesem Dach in L3 (7b+). An den Griff über der Dachkante zu kommen ist das eine (das hier schon gelungen ist). Aus dieser Position noch über das Dach zu kommen ist das andere... wobei einem dann eben noch total nervig das Seil in den Weg kommt. Der BH knapp unterhalb der Dachkante, wo das Seil für den Exit aus dem Dach geklippt ist, befindet sich ungünstig rechts vom Kletterer.

L4, 25m, 7a: Gerade vorher Wenden, hier eher Rätikon. Sprich kompakter, nicht allzu steiler Fels, rau aber eher knapp strukturiert, eher auflegerig. Und selbstverständlich kommt der Fussarbeit eine entscheidende Komponente zu. Dem Gelände und der Art der Kletterei wegen muss man sich hier trotz der an sich sehr guten Absicherung engagieren. Nach 15m ist der Spass vorbei, es geht dann noch 10m über Schrofen gerade hinauf, wo die Route im Prinzip endet. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, um noch weiter zu klettern: Wolfsfeder, Schwarz Peter, Zabayone führen direkt von diesem Stand weiter, Game Girl (links) und Einarmiger Bandit (rechts) sind mit kurzen Traversen auf dem Band erreichbar.

Bottom-Shot von L4 (7a), welche mit rätikonmässiger Steilplattenkletterei aufwartet.

L5 (Zabayone), 35m, 6c+: Wir entscheiden uns für die Länge der Zabayone, welche 3m rechts vom Stand hinaufführt. In den 1990er-Jahren hatte ich diese Route einmal komplett geklettert, aber das ist gemessen an meinen Erinnerungen an die Moves schon längst verjährt. Kurz an Leisten unter den Überhang und dann zwar an guten Griffen, aber doch kräftig, dafür gut abgesichert darüber hinweg. Über sehr schönen Querschlitz-Fels klettert man nachher rechtshaltend im 6a-Gelände weiter. Die Absicherung ist eher knapp (es kommen nur noch 2 BH, legen geht auch nicht wirklich). Die Sache ist zum Glück gut kontrollierbar und man tut auch gut daran, die Kontrolle zu behalten. Der Stand dann gemeinsam mit der Wolfsfeder.

Nach dem Ende von Pandur auf dem oberen Band sind wir über Zabayone (6c+) weiter...

L6 (Einarmiger Bandit), 35m, 7a+: Auf die folgende A1-Passage der Zabayone haben wir weniger Lust, also queren wir über die Wolfsfeder nach rechts, in der Hoffnung den Ausstieg vom Banditen nehmen zu können. Diese fetzenscharfe und affengeile Tropfloch-Crimperei kenne ich von meiner Begehung vor 10 Jahren. Und tatsächlich, wenn man die ersten Haken in der Wolfsfeder mit 60er-Alpinexen klippt, geht's wirklich. Damals habe ich berichtet, dass die knifflige Stelle über den Wulst beim Abzweig "gut geht wenn man weiss wie". Vermutlich stimmt das schon, gewusst wie habe ich aber nicht mehr und meine gewählte Lösung ging zwar, aber zu sagen "gut" wäre übertrieben, zäh war's! Einmal in der steilen Wand etabliert, geht's vorerst etwas besser dahin, bevor die Extrarunde rechtsherum am Ende nochmals alles an Haut, Kraft und Fusstechnik fordert. In der Traverse heisst's scharfe Ware krallen und auf kleinen Strukturen antreten, bevor man im Exit noch eher plattig auf die Füsse stehen und die Lösung erkennen muss.

...und haben dann als L6 im Einarmigen Banditen (7a+) geklettert, wo man seine Griffel in scharfe Tropflöcher krallen darf/muss.

Um 13.45 Uhr und damit nach rund 4:50h Kletterei waren wir am Top. Ausser der Dachpassage hatte ich alles senden können (Rest vom Pandur os, Zabayone/Bandit retroflash). Das hatte meinen vollen Einsatz und auch Zeit für die Tüftelei im technischen Gelände plus strategisch eingestreuten Schüttlern erfordert. Wir waren aber voll im Zeitplan für die daheim versprochene Rückkehrzeit. Um nicht doch noch in Verzug zu kommen, fädelten wir das Seil umgehend in den Abseilring und seilten über die Piste in den 5 empfohlenen Manövern an Kettenständen zum Einstieg ab. Auch Abstieg und Abfahrt gingen zügig, so dass wir bald talwärts rollten und pünktlich daheim eintrafen. Ja, Fingerkuppen und Unterarme waren heftig strapaziert worden, aber das war genau nach unserem Gusto gewesen.

Auf dem Heimweg, die Abseilerei verläuft dank der steilen Wand mühelos.

Facts

Ofen - Pandur 7b+ (6c obl.) - 4 SL, 220m - Röthlisberger/Winkler 1991 - ****;xxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, Cams 0.3-0.75

Steile MSL-Sportklettertour mit einigen tollen Seillängen. Der Fels ist wie man es vom Ofen kennt meist sehr gut, ja teilweise fantastisch. Ein paar kurze, einfache und weniger schöne Passagen gibt's auch, ist aber absolut kein Thema. Mit nominell nur 4 bzw. 5 Seillängen bis auf das grosse obere Band wirkt die Route ein wenig anachronistisch. Man kann sich aber problemlos ein 2 SL umfassendes Restprogramm mit Schwierigkeiten nach persönlichem Gusto anfügen, so hat man den Full Value. Laut dem Wandbuch ist die Route aber trotz all diesen lobenden Worten nur selten begangen. Unmittelbar nach der Erschliessung 1991 kamen mehrere Seilschaften pro Jahr, nach ein paar Saisons ebbte dies ab. Seit 2010 gibt es im Schnitt weniger als eine Begehung per Annum. Mir scheint, als ob MSL mit gehobenen Schwierigkeiten, wo man sich auch einmal ein wenig engagieren muss, derzeit nicht sehr im Trend liegen. Wobei der Pandur (dito der Ausstieg über Zabayone & Bandit) an den schweren Stellen sehr gut abgesichert sind. Eine 6c ist zwar obligatorisch, dies aber nicht weit über dem Bolt und bei optimalem Sturzgelände. Nur im einfachen Gelände (Einstieg, L2, unsere L5 von Zabayone) vernimmt man noch vereinzelt den (Absicherungs-)Geist aus dem letzten Jahrhundert mit dem möglichst sparsamen Einsatz von BH wenn auch gerade so ohne geht. Die Dachpassage mit der klettertechnischen Crux geht easy A0. Sie ist auch frei prinzipiell gut machbar, den Durchstieg gibt's aber nicht geschenkt (auch wenn die Route, wie ich erfahren habe, inzwischen eine Onsight-Begehung erhalten hat, bravo!). Topos findet man in diverser Literatur, z.B. Extrem Ost oder SAC-Kletterführer Zentralschweiz, Band Südwest. Sehr hilfreich auch das Online-Topo hier.

Donnerstag, 30. November 2023

Ofen - Kreml (7b)

Wieder einmal war der Herbst gekommen, die ideale Jahreszeit für den Ofen. Uns winkte die Chance, noch knapp vor Torschluss (am 15. November) eine Tour anzugehen. Viele (der begehrten) Routen fehlen mir inzwischen nicht mehr. Aber bevor nicht alle mindestens 1x geklettert sind, heisst es die Lücken zu schliessen und nicht verfrüht von vorne anzufangen. So einigten wir uns auf die Route Kreml. Wenn man deren stotzige Einstiegslänge über die korrupte Einstiegsvariante umgeht, so wartet bis auf eine Dachzone in der siebten Seillänge sehr homogen bewertete Kletterei im Bereich 6b/6b+.

Die Südwand am Ofen im Melchtal mit dem Verlauf der Route Kreml.

Ich habe mir jetzt nicht die Mühe genommen um nachzuzählen, wie oft ich schon davon geträumt und geschrieben habe, den ersten Teil des Zustiegs zum Unter Boden nicht mehr heftig schnaufend-tramplend mit einem konventionellen Mountain Bike zurückzulegen, sondern auf die bequeme Variante mit einem E-Bike zurückgreifen zu können. Aber nun war es soweit... oder jedenfalls fast. Denn schwarze Magie musste ihre Finger im Spiel gehabt haben. Mein Bike liess sich zwar einschalten, doch nach einer halben Pedalumdrehung zeigte das Display nur noch schwarz und liess sich nicht mehr zum Leben erwecken. Wie sich später zeigen sollte, hatte der Akku in ebendiesem Moment das Zeitliche gesegnet 💩 Ein Garantiefall zum Glück, somit blieb mir das Berappen von vielen Fränkli für einen neuen erspart. Das half mir vor Ort aber nur beschränkt weiter... dienlicher war da schon das zweite E-Bike und das Seilmaterial, so dass die Variante "Schlepp" zum Zuge kommen konnte. Im Vergleich zu allen anderen Lösungen war dies immer noch superkomfortabel und schnell, auch mit nur einem Motor waren wir in nur 15 Minuten beim Unter Boden und in weiteren 45 Minuten am Einstieg, der durch den markanten Goldstreifen gut identifizierbar ist. Etwas nach 10.15 Uhr legten wir los.

Herbstklettern am Ofen, das ist einfach eine tolle Sache!

L1, 30m, 7a+: Der Logik wegen beschreibe ich hier die offizielle Startlänge gleich am Anfang, auch wenn wir sie erst am Ende nach dem Abseilen geklettert sind. Die Vermutung, dass hier ein ziemlicher Kaltstart wartet, hat sich denn auch bewahrheitet. Schon bis zum Dach hoch ist es nicht trivial, dort wartet dann ein taffer Boulder, bevor es einfacher zum Stand geht - hart für 7a+. Wenig erstaunlicherweise starten deshalb die meisten wohl mit der einfacheren Einstiegsvariante. 

L1 (korrupte Variante), 35m, 6b: Dieser Einstieg gehört eigentlich zum Lügispiel, ihn hatten wir bereits bei einer früheren Gelegenheit schon geklettert. Gerade leichtverdaulich ist diese 6b dann auch nicht wirklich, obwohl sie mir an jenem Tag gut lief und weniger schwierig vorkam wie damals. Im wesentlichen Teil wartet eine betont senkrechte Leistenpassage, wo man Übersicht beweisen muss, kleine Griffe zu krallen hat und die Füsse geschickt einsetzen sollte - sonst kann man sich gut einen ersten, deftigen Pump holen. Die Querung nach rechts dann offensichtlich, dafür in weniger schönem Fels.

Vom Lügispiel-Einstieg quert man auf der korrupten Einstiegsvariante retour in Kreml (L1, 6b).

L2, 35m, 6b: Auf dieser Höhe trifft man in vielen Ofen-Routen auf die originelle Backstein-Kletterei, welche aber im Kreml nicht ausgeprägt zur Geltung kommt. In der Wand rechts neben einer seichten Verschneidung geht's in schöner Wandkletterei auffi - da waren ein paar Moves gar nicht mal so einfach! Man erreicht schliesslich ein Dach, welches rechtsherum umgangen wird. Ein etwas einfacheres Finish führt schliesslich zum Stand.

Sehr schöne Kletterei im quergebänderten Fels (L2, 6b).

L3, 25m, 6b: Eine relativ kurze und etwas inhomogene Seillänge, welche hinauf zum grasigen Querband führt. Der Fels ist nicht überall von Top-Qualität, die Hauptschwierigkeit besteht aus einer etwas kniffligen Boulderstelle an einem Wulst nach der Mitte der Seillänge.

L4, 40m, Gehgelände: Die Querung über das Band ist problemlos machbar. Für die Fortsetzung beachte man die Topos, die erste Station bzw. Linie gerade hinauf ist nämlich die Wolfsfeder, es geht erst eins weiter rechts weiter.

Jonas packt gerade den Wulst mit der Crux von L3 (6b) an.

L5, 30m, 6b: Steil geht's los mit einer kleinen Verschneidung, aber wer es geschickt anstellt, kann sich mehr oder weniger ausschliesslich an Henkeln bedienen. So gelangt man wieder in steilplattiges Gelände, wo sich die Sache aber schliesslich gut auflöst und man rechtsquerend schon bald den nächsten Stand erreicht.

L6, 35m, 6b+: Dieser Abschnitt verläuft nur wenig links einer superkompakten und sehr fordernden 7a vom Planet der Affen. Aber tatsächlich, hier gibt's einiges an Strukturen, welche ein bedeutend einfacheres Fortkommen erlauben. Trotzdem, die richtige Sequenz will erkannt und die Stellen erbouldert werden. Im oberen Teil der Länge kreuzt man dann den Planet der Affen, den Stand findet man in der gerölligen Flachzone vor dem nächsten Überhang.

Auftakt in L6 (6b+), in Bildmitte die Skitourenziele Hanghorn und Rotsandnollen.

L7, 35m, 7b+/7c (???): Nun wird es steil, ja sehr steil sogar. Zuerst aber doch noch einigermassen griffig, so dass man mit athletischen Moves freiklettern kann. Da die Seillänge in der Literatur auch als 6b+ mit 3pa gehandelt wird, sollte dieser erste Abschnitt nicht allzu fordernd sein - mir kam es ehrlich gesagt aber eher wie eine 7a vor, der Fels übrigens nicht restlos überzeugend. Bis vor den Ausstieg in flacheres Gelände kam ich aber doch ungerupft voran. Aber dann?!? War es subito fertig mit dem Onsight, denn a) weiss man nicht mal richtig, wo und in welche Richtung man über die Kante klettern soll, man sieht b) rein gar nix und hat c) auch keine Zeit, um ewig rumzumachen und zu tasten. Und nicht zuletzt ist es auch einfach richtig hart, denn einen richtigen Griff hat es da nicht wo man ihn sich wünscht, höchstens minimale Kratzer. Nach meinem Empfinden definitiv mehr wie 7b, laut Wandbuch hat es nach der Eröffnung der Route auch lange Jahre gedauert, bis diese Länge überhaupt rotpunkt geklettert wurde und oft (wenn überhaupt) wurde dieser Feat bisher nicht wiederholt. Nachher geht's dann wieder besser voran, erst in der Wand, dann doch an der etwas grasigen Verschneidung - am Ende stört leider der Seilzug. So beschliesst man die Seillänge bevorzugt am unteren Stand, eine Etage (d.h. kompakte Wandstufe) höher befindet sich nochmals einer, wo auch das Wandbuch platziert ist.

Das schwierige Dach in L7 ist überwunden. Die Bewertung checkt wohl eher 7b+/7c als bei 7b ein und wer maximal 6b+ klettern kann oder will, muss wohl auch öfters als die propagierten 3x zum Textilgriff langen. Obenraus gibt's erst schöne Wandkletterei, dann eine etwas grasige Verschneidung.

L8, 40m, 6b: Für die Kreml darf man sich nun mit der deutlich einfacheren linken Linie begnügen, die rechte Variante ist markant fordernder, gehört jedoch nominell zum Lügispiel. Nochmals ein prima Abschnitt, was schwierig erscheint löst sich am Ende doch alles gut auf, im Zweifel einfach nach links queren.

Auf der Zielgerade in L8 (6b). Eher plattiger Fels am Ende, aber die nötigen Strukturen sind da!

Um 14.15 Uh hatten wir nach knapp 4:00h der Kletterei das Top der Route erreicht. Wir rasteten kurz am Grat und seilten dann über die zentrale Piste zurück auf den Boden, um wie bereits schon erwähnt noch die offizielle erste Seillänge zu attackieren. Auch hier blieb mir der Onsight leider verwehrt. Mit einem 2nd Go wäre es vermutlich schon gegangen, aber da mir der Durchstieg in L7 ja auch fehlte, drängte sich dieser nicht unbedingt auf. So gingen wir gen Tal, zügig waren wir beim Unter Boden und nach wenigen Minuten rauschender Fahrt retour beim Parkplatz.

Goodbye Ofen - see you next year... maybe?!? Es gibt noch zu tun, wir kommen sicher wieder!

Facts

Ofen - Kreml 7b+/7c (6b obl.) - 8 SL, 270m - Winkler/Röthlisberger 1989; ***;xxxx

Der Kreml ist deutlich weniger begangen wie andere Routen der Wand und das kommt nicht ganz von ungefähr. Den anspruchsvollen Kaltstart kann man zwar über die korrupte Variante gut umgehen und der Quergang übers Band stört auch nicht sonderlich. Schon viel eher die harte Passage in L7, welche kaum für 7b freizuklettern ist und von den meisten wohl noch einige PA-Moves mehr wie die 3 laut Topo erlaubten fordert. Wer darüber hinwegsehen kann, erhält eine durchaus lässige Route, welche den Grad 6b+ nicht übersteigt. Ganz gleich schön bzw. lohnend wie die beliebten Routen Leiterlispiel, Schwarz Peter oder Halma schien es mir jedoch nicht. Die Absicherung ist nach einer umfassenden (oder mehreren kleinen?!?) Sanierungen gut. Die im Extrem Ost empfohlenen Cams von 0.5-3 und die Keile führten wir mit. Leider habe ich mir damals keine exakten Notizen gemacht, was wirklich zum Einsatz kam - ich meine mich aber zu erinnern, dass man das Rack auch etwas abspecken kann (ohne Gewähr!).

Mittwoch, 1. Juli 2020

Ofen - Indianerpfeiler (6b+)

Der Indianerpfeiler markiert eine der ersten, modern geprägten Routen durch die Hauptwand am Ofen. Auch wenn keine extremen Schwierigkeiten warten, so wurde hier 1983 doch mutig in die kompakten Wandzonen hinein geklettert. Im Laufe der Jahre wurde die Tour dann durch das Hinzufügen von Sicherungspunkten in eine Plaisirroute umgestaltet. Nachdem ich schon viele der (zum Teil deutlich schwierigeren) Routen an der Ofenwand hatte klettern können, schien eine Begehung von diesem Klassiker gar nicht mehr allzu wahrscheinlich. Doch dann, an einem Tag wo mit löchrigen Fingern und müden Muskeln sportklettermässig nichts mehr gegangen wäre und auch das Wetter keine Ausflüge höher hinauf zuliess, trat mein Kletterpartner mit diesem Vorschlag an mich heran. Das war die ideale Gelegenheit, um sich einen weiteren Punkt im 'Moderne Zeiten'-Sammelkonto gutschreiben zu lassen.

That's why... Klettern nur mit dick getaptem Finger möglich - für einfachere MSL ok, Sportklettern am Limit unmöglich.
Die Webcam am Bonistock zeigte frühmorgens nichts Erbauliches, selbst die überhaupt nicht anfällige Ofenwand war aufgrund vom mauen Wetter der vergangenen Zeit und nächtlicher Niederschläge schwarz. Zeit für einen zweiten Kaffee und etwas Kontemplation. Schliesslich obsiegte die Überzeugung, dass es später am Tag dann schon gehen würde, was sich schliesslich absolut bewahrheitete. So starteten wir um 11.20 Uhr am üblichen Ausgangspunkt in Turrenbach (P.985). Wie immer zuletzt hatte ich das Bike mitgebracht, so hiess es vorerst tüchtig in die Pedalen zu treten. Jedes Mal vergesse ich von neuem, wie steil und anstregend diese Strasse doch zu befahren ist. Vielleicht besitze ich bis zum nächsten Mal dann das E-Bike, welches diesen Abschnitt so viel bequemer machen würde. Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass ich auch dieses Mal wieder meine Standard-Zeit von 35 Minuten bis zum Unter Boden (P. 1455) benötigte. Wobei man ehrlich gesagt auch nicht viel langsamer fahren könnte, da man dann schlicht und einfach mangels Tempo umfallen würde. 

Die rabenschwarz nasse Ofenwand genau im Zentrum des Bildes, am Huetstock liegt sogar etwas Neuschnee!
Zu Fuss ging es weiter, schliesslich trafen wir nach total 85 Minuten reichlich verschwitzt am Wandfuss ein. Dort ergab sich eine spezielle Begegnung mit einem Solo-Aspiranten, der uns den Vortritt gewähren wollte, was wir als für alle sinnvoll erachteten und dankend annahmen. Doch obwohl er keine 10 Minuten auf das Freiwerden der ersten Länge hätte warten müssen, zog er schliesslich doch frustriert und grummelnd davon. Ein paar Minuten nach 13.00 Uhr hatten wir losgelegt.

Bis wir da waren, hatte die Situation massiv gebessert. Ein- und Ausstieg vom Indianerpfeiler sind auf dem Foto markiert.
L1, 30m, 4b: Eine grauenhafte Seillänge, die einem Graskanal entlang in die Höhe führt. Der Fels ist lottrig hoch 7, auch liegt lose Ware herum. Hier ist echt Erfahrung in solchem Gelände gefragt, sonst wird das sogar gefährlich. Es ist mit Abstand die schlechteste Seillänge, die ich am Ofen je geklettert bin.

Man sieht's, wenig erbauliches Gelände in L1 (4b).
L2, 30m, 5b: Die ersten Meter sind auch noch nicht restlos überzeugend, d.h. der Fels nach wie vor nicht besonders solide. Nachher bessert es aber zum Glück gewaltig und es wartet die auf dieser Höhe typische, so richtig coole Ofen-Backstein und Querschlitz-Kletterei mit einem steilplattigen Finish. Für den angegebenen Grad ist das erstaunlich athletisch bzw. fein, eine Bewertung von 5c+ erscheint wesentlich realistischer.

Kompaktes Gelände und schöne Kletterei am Ende von L2 (5b).
L3, 30m, 5c: Zuerst geht's weiter im Stil von L2, d.h. Backsteine und Querschlitze. Über eine geneigte Zone kommt man dann zu einer Verschneidung, welche es emporzusteigen gilt. Während die Wand sonst gut abgetrocknet hatte, war diese noch komplett nass, aber dennoch problemlos zu bewältigen. Insgesamt dünkte mich dieser Abschnitt spürbar einfacher wie L2.

L4, 35m, 6a: Eine sehr schöne Seillänge mit etwas verzwickter Linienführung, lange Exen helfen potenziellen Seilzug einzudämmen. Erst rechts, dann links geht's über Steilplatten, Querschlitze und Tropflöcher in die Höhe. Am Ende gilt es dann, nochmals nach rechts zu queren zum Hängestand. Es zahlt sich jedoch aus, noch weitere 5m zum deutlich bequemeren Stand der Chrüzspinne zu traversieren. Der Schwierigkeitsgrad passt etwa, die 6a+ von C2C könnte auch hinkommen.

Sehr schöne und grosszügige Kletterei wartet in L4 (6a).
L5, 25m, 6b: Sofern man diese nicht schon zuvor geklettert hat, folgt nun die Querung nach rechts zum Chrüzspinne-Stand. Nun gilt es, die rechte Hakenlinie zu wählen (links wäre die Chrüzspinne). Ziemlich knifflig führt ein Riss durch die steile Wand. Ein paar Klemmer, ein schöner Untergriffzug und ein ominöser Absatz am Riss helfen weiter. Geschenkt ist diese Passage nicht, 6b mag schon sein, die 6b+ von C2C könnte noch besser stimmen.

Zauberei? Nein, Kneebar! Nachher geht's in L5 (6b) dann entlang von einem Riss zur Sache.
L6, 40m, 6b+: Hier könnte man nochmals fälschlicherweise gerade hinauf in die Chrüzspinne abdriften, aber der Indianerpfeiler führt über die etwas splittrig-geneigte Zone deutlich nach rechts. Einige Topos zeigen einen Stand am Fuss des Dachriegels, vor Ort habe ich diesen jedoch nicht wahrgenommen. Grundsätzlich wäre es aber schon sinnvoll, am Fuss des Riegels Stand zu machen, denn sonst könnte ein Sturz trotz der engen Absicherung noch bald einmal auf dem flachen Gelände darunter enden. Der Überhang ist dann richtig athletisch und ohne sich kurz mal gescheit festzuhalten und einen weiten Move durchzuriegeln geht das nicht, was den Rahmen der Plaisir-Bewertung von 6b m.E. sprengt - alle anderen Topos bewerten mit 6b+, aber sogar die 6c von C2C könnte realistisch sein. Danach führt immer noch steile, sehr schöne Tropflochkletterei, zum Stand mit Wandbuch hinauf.

Nach dem anstrengenden Überhang folgt in L6 (6b+) sehr schöne Tropflochkletterei.
L7, 30m, 6a+: Hier klettert man nun der Kaminverschneidung entlang, steil und athletisch! Die linke Seitenwand ist bisweilen etwas brüchig, passt aber schon! Als Zeitvertrieb (und klettern ist ja nichts anderes) lässt es sich auch sehr schön in der rechten Wand alleine moven, teils gemeinsam mit dem Verlauf vom Game Girl. Zuletzt dann geht das nicht mehr, über die Schuppen steigt man athletisch zum Routenende aus.

In der teils kaminartigen Verschneidung oder rechts davon in der Wand klettert sich L7 (6a+).
Ein paar Minuten vor 16.00 Uhr hatten wir dieses erreicht, die Kletterei hatte uns also rund 2:40h in Anspruch genommen. Durch ein grasiges Couloir könnte man noch 15m zum Grat aufsteigen, müsste dann allerdings auf die zentrale Abseilpiste wechseln. Ich stand ja schon etliche Male auf dem Ofen-"Gipfel" und mein Kletterpartner verspürte das Reissen auch nicht, so fädelten wir gleich die Seile und glitten in die Tiefe. Das gelang super-effizient, mit 3x50m unter Benutzung der Stände von Schwarz Peter standen wir bereits wieder am Wandfuss. Das erfordert aber die Bereitschaft, das Seil wirklich bis zur letzten Faser auszunutzen und etwas Zutrauen, dass dann zum Seilende schon wieder ein Stand auftaucht. Am Wandfuss gab es auch nicht mehr viel zu tun, wir packten zusammen und gingen nach Osten, um über das Geröll zu surfen. Zügigen Schrittes marschierten wir retour zum Unter Boden und mit dem Bike in wenigen Minuten an rasanter Fahrt zum Parkplatz, wo sich der Kreis um 17.30 Uhr schloss. Schlussendlich war die ganze Tour doch prima aufgegangen, die Nässe war kein Faktor gewesen, das Wetter hatte gehalten und der Indianerpfeiler bot sehr schöne Kletterei mit einigen "nicht ganz ohne"-Stellen, das war doch wirklich ein perfektes Programm als Ruhetag für einen geschundenen Sportkletterer.

Facts

Ofen - Indianerpfeiler 6b (6a+ obl.) - 7 SL, 190m - Britschgi/Thalmann 1983 - ***;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express (einige davon verlängerbar), evtl. Cams 0.5-1

Ursprünglich eine kühne Freikletterroute, heute zu einer schönen Plaisirtour umfunktioniert. Nach einem einfachen, aber brüchig-herben Auftakt folgt tatsächlich prima Kletterei mit ein paar sehr lässigen Passagen und einem zähen Überhang als Schlüsselstelle. Die Route ist nach mehrmaligem Hinzufügen von Sicherungspunkten nun prima auf Stufe "Plaisir gut+" bzw. xxxx gesichert. Hier und da könnte man in den Querschlitzen schon einen Cam versorgen, wenn man denn wollte. Als nötig empfunden haben wir dies jedoch nirgends. Der Ofen ist in diversen Topos enthalten (Plaisir Ost, Extrem Ost, SAC-Kletterführer Zentralschweizer Voralpen). Eine vollständige Übersicht erhält man gratis und franko auch hier. Zuletzt noch der übliche Hinweis: die Strasse zum Unter Boden darf (und soll!) mit dem Auto nicht befahren werden. Das Klettern am Ofen ist vom 15.11.-15.5. nicht erlaubt und bis am 15.6. besteht zusätzlich ein empfohlener Kletterverzicht.