- -
Posts mit dem Label Sportklettern werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Sportklettern werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Samstag, 18. Januar 2025

Neujahrstrip 2025 ins Val Pennavaire

Die Lage der Feiertage und der Trainingsplan (von Larina) verschafften uns über den Jahreswechsel 2024/2025 ein Fenster von 7 freien Tagen. Nach etwas Hin und Her fiel die Wahl schliesslich wieder einmal auf das Val Pennavaire. Dieses hatten wir in der Vergangenheit schon mehrfach besucht, allerdings klaffte schon eine Lücke von 5 Jahren seit unserem letzten Trip dahin. Höchste Zeit also, um den steilen und versinterten Felsen im Oltrefinale wieder einmal einen Besuch abzustatten. In der Zwischenzeit waren wiederum zahlreiche neue Sektoren erschlossen worden, einige davon konnten wir dieses Mal kennen lernen.

Marvel Area

Dieser Sektor befindet sich ziemlich hoch oben im Tal und wird von der Ortschaft Alto angegangen. Dabei passiert man zuerst den Sektor Corsia mit seinen kurzen, steilen und harten Boulderrouten, danach die fantastischen Sinterorgeln von Red Up. Wir wollten dieses Mal trotzdem weiter zur Marvel Area, obwohl ich auf dem Netz dazu die Bemerkung "im Allgemeinen sind die neu hinzugekommenen Gebiete nur noch Schrott: kurz und meistens Bouldern am Seil" gelesen hatte. Nein, 40m lange Ausdauerhämmer gibt's in der Marvel Area zwar tatsächlich keine. Die Routen weisen Längen von 15-20m auf und bieten die ortsübliche athletische Kletterei in Graden von 6a+ bis 8b. Die Sonne scheint zum Jahreswechsel von frühmorgens bis 14.45 Uhr an die Wand. Die Frequentierung scheint eher tief, wir waren an dem Tag allein an der Wand - dieses Privileg hatten wir sonst in diesen Ferien nie.

Unsere erste Pennavaire-Route bei diesem Trip: Silver Surfer (7a).

Obwohl wir am Anreisetag noch zwecks einem zu erledigenden 8a-Projekt in Claro geriegelt hatten, waren die Kräfte noch ziemlich frisch. Das wollten wir ausnutzen und wärmten optimistisch gleich in Silver Surfer (7a) auf. Diese Route ist der Blickfang im Sektor und wohl unbestritten auch die beste Route in diesem Grade Range. Als Ziel erkoren hatten wir die Route Flash (8a). Nun, in diesem Stil gelang uns die stark überhängende Verschneidung mit ihrer 3d-Kletterei definitiv nicht. Es erforderte doch einiges an Zeit und Tuning, bis eine (halbwegs) optimierte Sequenz identifiziert war. Bei Larina war es knapp, mir hingegen reichte der Strom nicht mehr für die Realisierung dieses Projekts. Als Trostpreis gingen sich noch die kurz-henklig-athletischen Nemo (7a) und La donna invisibile (7a) aus. Ob es eine weise Entscheidung war, sich diesen Dessert noch zu gönnen? Die nächsten Tage würden es zeigen.

Sagarmatha

Dieses erst kürzlich erschlossene Gebiet befindet sich hoch über Veravo auf rund 800m. Das verspricht viel Sonne bis zum Lichterlöschen, dafür einen relativ langen Zustieg. Die im Topo angegebenen 35 Minuten sind kaum einzuhalten. Es sind nämlich 450hm und auch noch etwas Distanz mit ein paar Flachlauf-Abschnitten zurückzulegen, man stelle sich also eher auf eine volle Stunde Anmarsch ein. Zwei, drei Routen haben bis zu 40m Länge und könnten den Anlass geben, ein 80er-Seil über den langen Weg hinaufzutragen. Die meisten Routen sind aber deutlich kürzer und auch mit einem 50m-Seil gut machbar. Die Kletterei ist eher senkrecht bis leicht überhängend in wasserzerfressenem Fels - also eher so wie wir es uns gewohnt sind und damit unterschiedlich von den henkligen Überhängen und sintrigen Grotten, welche sonst im Pennavaire dominieren.

Sommerliche Bedingungen im Sektor Sagarmatha, der Kletterer in Masherbrum (7b+).

Nach schon zwei harten Klettertagen, dem nicht ganz kurzen Zustieg und einer echt sommerlichen Wärme (um nicht zu sagen Hitze) am Fels war die Frische schon zu Beginn der Session nicht mehr ganz so ausgeprägt vorhanden wie zuvor. Der Optimismus hingegen schon noch, also wurde in Pumori (7a) aufgewärmt. Eine athletische Untergriff-Kletterei, anhaltend kräftig. Larinas Anspruch war, erneut 8a zu klettern. So konnte ich nicht kneifen und stieg auch in Sagarmatha (8a) ein. Ein paar Meter mit sehr kräftigen Zügen an Sinterpinches, Leisten und schmerzhaften Löchern stellen die Hauptschwierigkeit dar. Unser Effort war beiderseits "vergebens", "not on this day" lautete das Fazit. Natürlich ist das Ausbouldern von schwierigen Routen nie vergebens - das demonstrierte uns gleich ein interessierter Beobachter von unserem Tun. Der starke deutsche Kletterer profitierte gerne von der von uns erarbeiteten Beta und spitzte das Ding im Flash weg... so geht das! Zum Trostpreis gab's nicht ganz 8848m, aber doch noch zwei ganz imposante Trophäen: El Chalten (7a) und Masherbrum (7b+). Vor allem letztere ist eine tolle Route mit einem cruxigen Intro und danach 20m an anhaltender 7a-Kletterei in steil-leistigem Gelände.

Terminal

Diesen Fels kennen sicher alle, welche das Val Pennavaire schon einmal besucht haben. Denn er ist nicht neu und zudem steht er auch bestens sichtbar direkt über der Strasse am Taleingang. Das war denn auch der Hauptgrund für unseren Besuch. Nach den Erfahrungen vom Vortag lautete die Vorgabe der Teenies auf "maximal 5 Minuten Zustieg". Während es zwar nicht weit ist, war das Zeitlimit nur im Laufschritt einzuhalten... wenn einem das lieber ist, wie 10 Minuten normal zu gehen, warum nicht. Die Lage nahe an der Strasse und tief im Tal bringt auch ihre Nachteile mit: viel Andrang und um den Jahreswechsel ein nur kurzes Sonnenfenster von ca. 2-4h (je nachdem auf welches Ende des ca. 300m langen Felsriegels man schaut). Die Sache mit der Frequentierung entschärft sich durch die Präsenz von 100 Routen in den Graden 5a bis 8c+ mit bis zu 40m Länge und während ein bisschen Sonne am Vormittag zum Warmwerden hübsch war, so kamen die guten Bedingungen für die Hardmover sowieso erst mit dem Schatten.

Im Terminal haben wir keine Fotos gemacht: das ist die Flash (8a) in der Marvel Area.

Drei Tage Vollgas bis zum Abwinken, an diesem Tag plädierte ich von Beginn an auf Schonung und wollte als quasi "Semi-Restday" nicht in schwierige Routen einsteigen. Doch "maybe it was me" oder ich hatte die Rechnung nicht in Terminal-Graden gemacht. Schon die Newark (6b+) zum Aufwärmen war zäh, in der selten gemachten Torp (7a+) übersah ich Trottel die rettend-entscheidende Leiste und musste nochmal ein zweites Mal ran. Auch in Gimpo (7a+) fehlte mir im Onsight die Intuition für die korrekte Sequenz und zum Drüberbügeln der Extrastrom, ergo war auch eine zweite Runde nötig. Erst als es eigentlich schon fast komplett dunkel war, gelang mir in der Pablo Picasso (7a) endlich der gewünschte Sofortdurchstieg in einer Siebnertour - vorher hatte ich die besten Bedingungen lieber Larina überlassen, welche sich in der Alice Springs (8a) versucht hatte, wenn auch leider ohne Punkt am Ende.

Rocca della Garda / Austria Team, Papapuk, Inferno

Dieser Fels befindet sich wie der Sagarmatha hoch über Veravo in sehr sonniger Lage. Er ist unterteilt in mehrere Sektoren, wobei wir dem rechten Teil mit den drei unmittelbar angrenzenden Abschnitten Austria Team, Papapuk und Inferno den Vorzug geben wollten. Zuerst einmal darf man unseren Besuch dort aber als Beleg für meine Überzeugungskraft sehen. Denn nach nur einem Tag "Pause" im Terminal war der jüngere Teil der Familie schon wieder bereit, da hinauf zu laufen! Immerhin waren wir nun schon trainiert dafür und (das war ein gewichtiges Argument) es sind auch ~120hm weniger. Trotzdem, die 25 Minuten aus dem Topo schafft man auch hier mit sportlichem Gehen deutlich nicht. Insgesamt findet man rund 40 Routen von 5c bis 8a mit Längen zwischen 15m bis zu 35m. Oft nicht allzusteile Wandkletterei in wasserzerfressenem Topfels, wobei es auch ein paar stark überhängende Routen mit Sinterstrukturen und/oder Henkeln gibt.

Schöpferische Pause in der Killer Cath (8a).

Mit Selbstvertrauen ging's los, zurecht. Mit der Applausi (7a) war die Aufwärmroute nicht ein zu hoch gestecktes Ziel, sie ist gutmütig und obendrein top abgesichert. Wundervolle Felsstrukturen gibt's auch in der Muro della meraviglie (7a), wobei man dort gleich zu Beginn ein paar recht fingerkräftige Moves ausführen muss. Die Daltonmania (7b+) ist die meistbegangene Route im Sektor Austria Team. Durchaus eine lässige, sehr athletische Turnerei mit weiten Moves an passablen Griffen, manche davon aber leider chipped. Auch nicht alles natürlich ist in der Killer Cath (8a) nebenan, welche Larina sich als Projekt auserkoren hatte. Kurz vor dem Eindunkeln gelang ihr im als final deklarierten Go des Tages der Durchstieg. Zwischen ihren Versuchen reichte es für mich jeweils für den Onsight-Durchstieg der technisch-kleingriffigen Dedalo (7a) und der kurzen aber sehr powerigen Sinterroute Iracondi (7a). Fünf Routen durften also schliesslich auf die Ticklist geschrieben werden, im Nachhinein bin ich mir aber doch etwas reuig, nicht doch auch bei der Killer Cath mitgemacht zu haben...

Euskal

Die Wand von Euskal und die wenig oberhalb liegenden Sektoren Colosseo und Basura sind auch sehr traditionelle, schon früh erschlossene Pennavaire-Gebiete mit hohem Zuspruch. Total gibt es gut 100 Routen von 4a bis 8c+, welche zumeist überhängende, gutgriffige und athletische Kletterei bieten. Wer ab 7c aufwärts klettern will, ist im Euskal am besten aufgehoben. Das war für uns bisher nie der Fall, denn im Colosseo und im Basura waren wir schon mehrmals zugange, an der Powerwand aber noch nicht. Die Routenlängen betragen bis zu 25m, bis etwas nach 15 Uhr gibt es auch um den Jahreswechsel reichlich Sonne und die früher luftig (und offenbar auch etwas fies) gehaltene Absicherung wurde im Rahmen einer kürzlichen Sanierung verbessert. Was will man noch mehr?!?

Gewaltsdächer im Sektor Euskal: Larina in der Escalar Fanatico (8a).

Rote Punkte sammeln natürlich, doch ob der schwer über einem drückenden Wand fühlt man im Euskal schon bereits einen ersten Pump in den Armen, wenn man am Einstieg steht. Das muss wohl der Grund sein, warum wir zum Aufwärmen relativ moderat mit der Donostia (6b+) starteten. Es reichte dann aber doch nicht ganz für die optimale Betriebstemperatur, weshalb auch noch die homogene Ausdauertour Tapas (7a+) zu Rate gezogen wurde. Kletterei fast wie in der Halle, zumal auch noch alle Griffmöglichkeiten deutlich mit weissen Chalkflecken identifiziert sind. Das eigentliche Ziel (von Larina) war der Klassiker in diesem Sektor, Escalar Fanatico (8a). Es hingen fixe Exen, über deren Zustand man bereits vom Boden aus besorgt sein konnte. Wie sich wenig überraschenderweise zeigte zurecht: Alu-Fixkarabiner, dachartiger Überhang, staubiger Boden und viele Begeher ist einfach eine komplett untaugliche Kombination. Ich habe den Müll gleich entsorgt, bitte, gerne, de nada, niente. Mir gelang der Linkausstieg Fanatico equipador (7c), welcher neben viel ultrasteilem Henkelgelände mit einem One-Move-Wonder an der Dachkante aufwartet, das ich mit der Reichweite austricksen konnte. Die 8a-Variante bleibt hingegen im Projektstatus, bei schon fast düsterem bis inexistentem Licht zogen wir zum Ausklettern hingegen noch die Sexto Sentido (7a+).

Terminal

An unserem letzten Klettertag betätigten wir uns vor der Heimfahrt nochmals im Terminal. Dessen Charakter ist ja oben bereits beschrieben. Zum Aufwärmen wagte ich mich gleich in die Cristoforo Colombo (7a). Larina meinte: "wenn sie eine kontinuierlich schwieriger werdende Wettkampfroute kreieren wollten, dann ist ihnen das gut gelungen". Pumpige Sache, die Crux am Ende dünkte mich auch im leider nötigen zweiten Go noch taff. Wir verschoben uns nach rechts zu den Wänden, welche durch eindrücklich grosse Sintersäulen geschmückt sind. Entlang von diesen verläuft die Kotoko (7b). Weitgehend geht's recht gechillt dahin, am Ende heisst's dann aber noch Zupacken. Ein leichter Schauder überkam mich an dieser Stelle auch: der Riesensinter rechts weist oben nämlich einen deutlichen Riss auf und hohl wie eine Klangschale tönt er auch. Da kann man nur hoffen, dass die Erde nicht im falschen Moment einen Niesanfall kriegt... Unsere Ferien wurden schliesslich mit der Weeze (7a) noch etwas weiter rechts beschlossen. Ein schöner und gutmütiger Ferienabschluss entlang von Sintersäulen mit einer kurzen Crimpy-Crux.

Goodbye und bis zum nächsten Mal!

Sehr zufrieden, mit einem schönen Strauss an Sends, aber wie immer mit grosser Wehmut machten wir uns auf den Heimweg. Die Strassen waren frei und es ging zügig vorwärts. Es blieb Zeit zum Denken und Einordnen des Erlebten: grandios war es wie immer, klettertechnisch auch recht ergiebig. Wobei ich die ersten drei Tage vielleicht fast ein wenig stark auf die Tube gedrückt hatte und dies nachher ein wenig büssen musste. Tja so kommt es, wenn man der Jugend nacheifern will...

Samstag, 4. Januar 2025

In Amden geht die Post ab!

Ein kleiner Bericht, um ein paar schöne Erlebnisse aus der Vorweihnachtszeit festzuhalten. Während dieser war es im Jahr 2024 weder so richtig winterlich noch so richtig sommerlich. Das ist aber nicht negativ zu werten, waren so doch sowohl Skitouren wie auch Sportklettersessions in der unmittelbaren Nähe von daheim möglich. Im Idealfall lässt sich dann auch noch beides kombinieren: vom Modus Ski + Bloc hatte ich ja erst kürzlich geschrieben, nun gibt's hier ein Ski + Climb. Oder man könnte auch wieder einmal das Après-Skitouring (eben das Sportklettern nach einer Skitour) zu Rate ziehen. Das passt prinzipiell auch, wobei der Fokus dieses Mal eher bei der Après-Aktivität lag.

Skitour Flügenspitz (1702m)

Ein bis in die Haarspitzen motivierter Kollege versuchte mich von einer Galerie-Session zu überzeugen. Die Prognose und noch viel weniger die Webcams verhiessen Gutes, dichter Nebel lag auch über dem sonst oft sonnigen Walensee. Es würde schon noch kommen, meinte er. Und sonst könnten wir ja trotzdem eine Session machen, Kälte-Resistenz würde ich als altgedienter Alpinist doch schon ein wenig mitbringen. Da konnte ich natürlich nicht nein sagen. Weil mein Zeitbudget etwas grosszügiger als seines dimensioniert war, entschloss ich mich dazu, als Aufwärmer zuerst ein Skitüürli ab Arvenbühl zu geniessen. Und im schlimmsten Fall bliebe so am Ende nicht nur eine kalte Nebel-Klettersession als Resultat des Tages. Die von mir ausgewählte Route zum Flügenspitz umfasst nur knappe 500 Höhenmeter und ist als Schneeschuhtour ausgeschildert. Grosser Alpinismus findet da also definitiv keiner statt. Viel Sonne, viel Genuss und schöne Pulverschwünge gab es aber auf jeden Fall: small, but beautiful!

Wunderschön zu fahrender Schnee auf der Abfahrt vom Flügenspitz.

Galerie - Festland (7c)

Um 13.00 Uhr war Basti am Draht und teilte mir den Entscheid zum Go mit, weil an der Galerie die Sonne schiene. Mit dem Go hatte ich gerechnet, mit seinem Argument dafür hingegen weniger. Für mich, der oberhalb von Amden an der Sonne war, tönte es kaum glaubhaft - der Nebel war nämlich immer noch sichtbar präsent. Mit Hilfe der Webcambilder liess ich mich aber überzeugen, dass das wärmende Gestirn tatsächlich durch eine (von meiner Position nicht sichtbare) Lücke in der Talmitte auf die Felsen schien - erst noch mit Tendenz zur Besserung. Also los, ab 14 Uhr ging es ans Werk: als Projekt wurde die Route Festland (7c) erkoren. Steil, kurz und knackig sind die Attribute dafür. Was man auch sagen muss: sie verläuft in wenig ansprechendem Fels, der sich auch teil etwas bröcklig-lotterig zeigt. Abgesehen vom Visuellen ist die Route aber echt cool und vor allem war es für diesen Tag genau das richtige Projekt. Wir konnten abwechselnd rasch getaktete Versuche geben, so blieben wir trotz tiefer Temperatur immer warm. In gemeinsamer Arbeit konnten wir alle Moves entschlüsseln und zimmerten eine prima Beta. So wurde geriegelt, bis es dunkel war, es war eine richtig produktive Session. Zurück beim Auto zeigte die Temperaturanzeige dann 1 Grad...

So hiess es nun nur noch, den Durchstieg an Land zu ziehen. Fünf Tage später konnten Basti und ich für eine weitere Session losziehen. Dieses Mal bei deutlich milderen Bedingungen, ja auf der Galerie schon einer fast sommerlichen Wärme. Der Verlust an Grip wog die eingesparten Kleiderschichten nach meinem Gusto nicht ganz auf - trotzdem lief es ganz ordentlich. Dreimal scheiterte ich knapp am letzten harten Zug. Es war aber kein Grund für einen Frust, sondern es reichte halt einfach nicht ganz - hier der Link zum Video von jenem Tag. Leider sollte im Anschluss das Wetter drehen, Schneefall bis in tiefe Lagen war angekündigt. Doch es gab eine letzte Chance. Im Föhnfenster vor Eintreffen der Front konnte ich mit Kathrin noch einen Go geben. Der Föhn war zwar ein eher laues Lüftchen, ja es gingen sogar schon erste Regenschauer nieder. Die störten in der stark überhängenden Route jedoch nicht, und ohne Sonne und bei tieferen Temperaturen war auch der Grip wieder besser. Nachdem ich das Material in die Route gehängt hatte, gelang mit der Durchstieg solide im ersten scharfen Go des Tages. Gleich im Anschluss entledigte sich Kathrin mit dem Pizzabuch (7a) von einem längst vergessenen Uralt-Projekt ihrerseits. Froh darüber, "Weihnachten nicht auf hoher See verbringen zu müssen", konnten wir uns in die warme Stube zurückziehen und uns ob der nun tanzenden Schneeflocken erfreuen. Für eine Reflektion über den Schwierigkeitsgrad von Festland sollte es auch reichen: in den Guidebooks steht 7c, aber meines Erachtens könnte es auch eine 7c+ sein. Die harte Einstiegspassage bis zum guten Seitgriff, von wo man den fünften BH klippt, würde ich als (mindestens) 7A bloc einschätzen. Und da kommt dann noch der taffe Klipp vom vierten BH mit hinzu. Das Finish vom erwähnten Seitgriff zum Top ist dann gutgriffig und braucht nur noch etwas Athletik (ca. 6B bloc). Das Verdikt von Darth Grader zu diesem Breakdown: 7c+.

Skitour Gulmen (1788m)

Der erwähnte Schneefall bildete die Grundlage, dass wir weitere zwei Tage später ein nächstes kleines Zeit- und Wetterfenster für die Skitour vom Restaurant Schäfli in Amden zum Gulmen nutzen konnten. Eine einfache Standardtour mit nur 850hm. Bei schöner Wetterstimmung und einer idealen Schneedecke (solide Unterlage mit fluffig-leichtem Pulver) gab das aber trotzdem ein super Erlebnis her. Und mit ein wenig Linien-Engineering war es dann auch ein leichtes, auf komplett unverfahrenen Flächen in die Tiefe zu rauschen. Zum Ende der Tour hatte sich der Himmel schon wieder überzogen. Wir fuhren talwärts, bis wir am Parkplatz der Galerie ein bekanntes Gefährt sichteten. Welcher Desperado nun das wohl war?!? Der Dettling ja offensichtlich nicht - aber natürlich sein Kollege, der sich auch noch einen Weihnachtsplatz auf dem Festland sichern wollte... die Details dazu lassen wir mal aussen vor 😜

Amden, the place to be! Sicht über den (nicht sichtbaren) Walensee hinweg zu Mürtschen und Co.

Skitour Redertengrat (ca. 2170m)

Item, die Wolken brachten auf Weihnachten nochmals eine gute Ladung Schnee. Zwar nicht in Amden, aber im nahen Wägital konnte ich diesen am Weihnachtstag dann gebührend nutzen. In tief verschneitem Gelände ging es direkt via Schwantli und durch den Schlunenwald hinauf zur Rinderweid. Anstatt dem schon gut ausgetretenen Trassee zu folgen lockte mich eine weiter links verlaufende Spur in Richtung Lauibüel. Dies in vollem Bewusstsein, dass ich so möglicherweise komplett ins Offside geriete. So war es dann auch: der Track führte nicht weiter in Richtung Redertengrat. Natürlich hätte ich wieder hinüber zur Normalroute wechseln können. Aber die verlief im Schatten des Muttrirückens und als etwas später aufgebrochenem kamen einem da schon wieder die ersten Tourengänger entgegen. Beides behagt mir wenig. So war ich bald mit mir im Reinen, stattdessen eine eigene Spur gerade-voraus-direkt-hinauf im sonnigen Gelände zu legen. Eine bessere Entscheidung hätte ich nicht treffen können: bei perfektem Ambiente und wunderschönem Powder schritt ich durch das leicht baumbestockte Gelände und landete schliesslich auf 2170m am Grat. Das war nun Soul-Touring vom Feinsten gewesen! Und selbstverständlich war auch die Abfahrt mit First-Line-Garantie bis zur Rinderweid ein Hochgenuss. Selbst von da bis hinunter ins Tal liessen sich noch unbefahrene Sektoren finden, so gut habe ich diesen Abschnitt tatsächlich noch nie erwischt. Skitourenmässig war das Jahr 2024 mit dieser Tour beendet. Nun folgte das Fest Packen der Koffer, dann ging's in den Süden zum Sportklettern - doch das ist eine andere Geschichte für einen (vielleicht) folgenden Blog.

Diese Spur lockte mich in Richtung Lauibüel, wo dann aber finito war...

...es wartete nur noch jungfräulicher Schnee, aber absolut winderschöner...

...in diesem sonnigen Winter-Wonderland war die Spurarbeit ein Riesengenuss!

Montag, 28. Oktober 2024

Ibergeregg - Wahlsonntag Sit (7c)

Auch die kleinen Dinge im Leben machen Freude - mir jedenfalls. Darum hier der Bericht und die Details zu einer Mini-Route im Klettergarten Chli Schijen auf der Ibergeregg. Die 'Königslösung' beginnt dabei mit einem Sitzstart, gefolgt von einer Bouldertraverse und gipfelt in einem Ausstieg am Seil über vier Bohrhaken auf einen Felsturm, der die 10-Meter-Marke wenn, dann nur haarscharf überschreitet. Somit sind also alle Ingredienzen vorhanden, damit dieses Projekt zu einem richtigen Renner wird 😁

Kathrin im Pentagramm (7c), ihrem offenen Projekt im Sektor Spielwiese. Darum war mir etwas Zeitvertrieb in dieser Gegend durchaus willkommen, mit einer der Gründe warum ich Wahlsonntag und Konsorten ausgetüftelt habe.

Während ich die Bouldertraverse mit dem Namen Elefantenrunde im Sektor Spielwiese schon früher als Zeitvertrieb und Warm-Up ausgetüftelt hatte, so reizte mich der Ausstieg durch die steile, aber nur wenige Meter hohe Wand schlussendlich doch. Am (derzeit letzten) nationalen Wahlsonntag vom 22. Oktober 2023 platzierte ich Bohrhaken. Wie die folgenden Zeilen zeigen, passt der Name aber nicht nur deswegen. Die kurze Seilroute könnte ich zügig punkten und auch eine Version mit der Bouldertraverse gelang mir rasch. Nur die Königslösung musste ich dannzumal auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Hier auf dem Video wird sie vordemonstriert.

Der Clou: die Königslösung basiert auf einer definierten Eliminationsvariante im Teil mit dem Seil. Die Nutzung der Kante ist dabei tabu, man soll/darf also nur in der linken Wand klettern. Für mich persönlich war der Grund dazu nicht, einen höheren Schwierigkeitsbereich buchen zu können. Sondern es klettert sich einfach besser: anhaltend, homogen schwierig, mit ausdauernden Crimp-Moves, vor allem im Anschluss an die Bouldertraverse, wo dann beide Teile etwa ähnlich schwierig sind. Zudem ist die Definition mindestens halblogisch, vor allem aber ist das Klettern der Kante nach dem Motto "alles gilt" ein wenig ein Gewürge und deutlich einfacher wie der Boulder. 

Nochmals ein Shot von Kathrin in Pentagramm (7c).

Wobei ich natürlich niemanden vorschreiben will, wie er/sie zu klettern hat. Sitzstart, Bouldertraverse oder Definition hin oder her - man suche sich das aus, was einem am meisten Spass macht. Für die meisten heisst das vermutlich sogar, zu einer besseren und längeren Route weiterzugehen. Dieser Beitrag soll in diesem Sinne auch nicht Werbung für die Route machen, sondern in erster Linie der Nachvollziehbarkeit meiner Kletterei dienen. Im Einzelnen:

Elefantenrunde 6C/+

Der Boulder mit Sitzstart links an der Ecke (derzeit dezent markiert). Linke Hand an gutem Griff, rechte auf kleiner Leiste. Interessante Traverse, die Griffe sind ok, dafür die Füsse nicht so gut. Der Grad bleibt gleich, egal ob man zum guten Griff beim ersten Bolt klettert oder rechts auf die Kante aussteigt. Wenn man ohne Seil klettert, dann besser mit 2 (oder mehr) Pads: eines am Start, eines für den recht heiklen Block, der mittig im Rücken auf seine Opfer wartet. Bei (aufmerksamer) Seilsicherung und wenn der erste Haken geklippt ist, geht's mit 1 Pad.

Wahlsonntag 7b/+

Nur der Seilteil in der Eliminationsvariante, ohne die Bouldertraverse. Das Foto unterhalb zeigt schön die Demarkationslinie zwischen erlaubt und nicht erlaubt, bzw. zur Eliminationsvariante gehörig und nicht gehörig. Im unteren Teil geht's nicht ohne die gute Kante rechts zwischen den ersten beiden Bolts, während der eigentliche, noch weiter rechts liegende Grat der Struktur tabu ist. Ab dem zweiten Haken dann links in der Wand. Sie ist mit kleinen aber positiven Leisten gespickt und bietet coole Moves.

Wahlsonntag Sit 7c/+

Das ist eben die Königslösung, welche die Bouldertraverse und die Eliminationsvariante am Seil kombiniert. Nach dem ziemlich intensiven Boulder kommen zwar ein paar bessere Griffe, wo man je nach Fitness wieder etwas runterschütteln kann. Auf null aber definitiv nicht und bald geht's dann wieder zur Sache. Die beiden Teile sind isoliert auch ähnlich schwierig zu klettern, meine ich. Nach Grade Calculator von https://darth-grader.net/ ergibt sich so etwas in der Gegend von satt 7c bis leicht 7c+, je nachdem wie man die beiden Einzelteile und die Schüttelposition dazwischen bewertet.

Das ist die Optik, aus welcher die Definition "nur Wand ohne Kante" ganz bestimmt am meisten Sinn macht und sich irgendwie auch von selbst erschliesst. Also nochmals ganz konkret, für die oberhalb vom Foto beschriebenen Varianten müssen Hände und Füsse stets unterhalb der roten Linie bleiben, was eine empfehlenswerte, coole Wandkletterei ergibt.

Wahlsonntag easy 6c

Nur der Seilteil nach dem Motto "alles gilt". Wie schon erwähnt, nach meinem Gusto eher etwas ein Gewürge. Es ist halt je kraftsparender, je mehr man sich auf der Kante bewegt. Man kämpft dann immer ein wenig dagegen, nicht in die linke Wand zu kippen, was die Kletterei etwas unrund macht. Aber wer weiss, vielleicht findet ja doch jemand Gefallen daran?!?

Wahlsonntag easy Sit 7b

Natürlich kann man nach der Bouldertraverse auch nach dem Motto "alles gilt" am Seil aussteigen. Die Crux liegt dann definitiv im Boulder, der Ausstieg ist der leichtere Teil.

Freitag, 27. September 2024

The last piece of the puzzle!

Nach der MSL am Tour Termier beim Col du Galibier hatte ich auf Insta konstatiert, dass unser Ferienpuzzle nun schon fast komplett sei, nur ein kleines Stück 🧩 würde noch fehlen. Dies in vollem Bewusstsein, dass das letzte Stück womöglich nicht aufzufinden sei und das schöne, grosse Bild unserer Ferien so möglicherweise einen kleinen Makel enthielte. Es ging nämlich um den Erfolg in einer (einigermassen) schwierigen Sportklettertour, und der lässt sich halt einfach nicht nach Belieben erzwingen oder erkaufen - das ist ja genau das schöne an diesem Sport. An dieser Stelle ein kleiner Round-Up über die umfangreiche Sportklettertätigkeit in unserem Sommerferien, plus eben das Erlebnis mit dem letzten Puzzlestück.

Hannah in der Ciao Criquet (8a) im Gebiet Rue des Masques.

Ja, zum Sportklettern in der Briançon-Gegend gäbe es sowieso noch viel zu schreiben ✍🏼. Das habe ich bisher immer unterlassen. Denn einerseits sind die guten Gebiete sowieso schon stark besucht. Und dort wo es einem auch noch gefällt und die Frequentierung angenehm tief ist, muss man ja nicht zwingend mehr Leute anlocken. Sowieso folgen meine Blogs nicht in erster Linie der Idee, Besucher anzulocken oder Werbung für gewisse Routen zu machen. Sie sollen einfach meine Erlebnisse festhalten, damit ich später alles was mir wichtig ist noch im Detail nachvollziehen kann. In Sachen Sportklettergebiete im Haut Val Durance war das so gesehen bisher nicht nötig, da wir jedes Jahr einen Besuch dort machen und die Tricks & Tipps zu den Gebieten so ständig im Kopf bleiben.

Trotz viel Sportklettern doch noch ein Hauch von Abenteuer. Der Zustieg zum Gebiet in Entraygues war dieses Jahr wegen dem vielen Restschnee in höheren Lagen und den intensiven Regenfällen im Juni deutlich schlechter mit durch den Fluss waten möglich wie in anderen Jahren. Wie man sieht, mit dem Gewicht von Jerome geht die Querung am Fixseil, ohne ein nasses Füdli zu kriegen. Mit meinen 80kg und dem schweren Rucksack hingegen...

Wie ebenfalls bereits beschrieben, dieses Jahr waren wir mehrere Wochen vor Ort und mit den Comp Girls in erster Linie zum Sportklettern. Nebenher gingen sich zur Abwechslung und "Erholung" doch auch noch 6 MSL-Touren aus, die inzwischen alle auf dem Blog beschrieben und veröffentlicht sind. So bestand unser üblicher Tagesablauf aus Ausschlafen, einem gemütlichen Frühstück und dem Aufbruch an einen steilen Fels, welcher Schatten, interessante Kletterei und spannende Projekte bot. Wobei ich persönlich kaum ernsthaft projektiert habe. Sich in den Ferien auf eine schwierige Route "einzuschiessen", dann Tag für Tag immer wieder am selben Ort zu klettern und sich dazwischen echte (!) Ruhetage zu nehmen, um auch voll performen zu können, das dünkt mich einfach eine Verschwendung von vielen spannend-reizenden Klettergelegenheiten. Und im dümmsten Fall zieht man dann doch mit leeren Händen von dannen. Routen am persönlichen Limit werden darum daheim projektiert, wo Arbeit und Lebensumstände einem sowieso Ruhetage aufzwingen und man nicht durch das drohende Ferienende ein Zeitlimit hat.

1x habe ich sogar eine Biketour 🚵🏼‍♀️ gemacht und an einem Tag überhaupt keinen Fels berührt! Hier die Sicht auf Briançon vom Croix de Toulouse, wo ich bei meiner Runde mit der Nord-Süd-Überquerung des Col du Granon vorbeigekommen bin - viele Singletrails und viel Schotter gab's da. Danke Basti für den Tipp!

Somit bin ich wo möglich auf Onsight-Jagd gegangen oder habe mich auf zügig in 2-3 Go's machbare Sachen beschränkt. Das ist mir ganz gut gelungen und ich konnte meine Ticklist um die schöne Menge von 47 Einträgen (>=7a) bereichern - wie so oft hat es der Dettling mit der Menge statt der Schwierigkeit gemacht. Das wirft natürlich die Frage auf, wie es denn überhaupt möglich ist, mehr oder weniger täglich zu klettern und anzugreifen?!? Der Punkt ist eben, dass mir in unserer Konfiguration und mit unserem Rhythmus gar nicht so viele Gelegenheiten vergönnt waren, um mich ins Seil einzubinden. Das waren nach einem seriösen Aufwärmen nur 3x bis max. 5x am Tag. Da versuchte ich aber immer, mein Bestes zu geben, d.h. gut zu klettern (vorausschauend, taktisch aber entschlossen, mutig) und mit 100% try hard. Oder kurzum einfach der vollen Absicht, ohne Sturz und Hänger zum Umlenker zu kommen.

Die Girls haben auch noch am internationalen Wettkampf vom Tout à Bloc mitgemacht. Ich hatte mich dagegen entschieden. Zwar gab es sogar eine Veteranenkategorie. Diese hätte aber nicht am selben Tag stattgefunden wie die U16, um parat zu sein hätte ich vorher Ruhetage einlegen müssen, so war mir das zu viel Opfer von Zeit am Fels. Das Mitfiebern an den Wettkämpfen war aber doch ein Teil der Ferien: nicht nur am Micro-TAB, sondern auch als Zuschauer beim Wettkampf der Elite, sowie bei Lead World Cup in Briançon.

Nun aber zurück zum letzten Stück vom Puzzle: das war ein 8a-Double-Send mit Larina. Einige Tage zuvor hatten wir eine gute Session in einem neuen Crag bei Briançon. Einer der diesen Sommer zum Glück sehr raren Regenschauer hatte uns an den Fuss des grössten Überhangs vertrieben, wo diese Route startete. Irgendwie war es logisch, sich dann auch dort zu probieren, denn die weniger steilen Touren waren alle zumindest parziell nass geworden. Bei unserer Erkundung wurde eine Lösung gefunden und die Route als prinzipiell machbar taxiert. Doch schliesslich vertrieb uns die wieder hervorkommende Sonne, welche für zu hohe Temperaturen sorgte. Ein Rotpunkt-Durchstieg war an diesem Tag nicht mehr realistisch.

Wer sucht der findet... Larina in der Tri Sert à Tops (7c+). Dieser Triple Send mit den Girls in der gewaltigen Grotte war auch ein grosses Highlight in der Ferien. Zuerst war nach dem Motto "Alter, häng schon mal die Exen in die Route" der Autor dran und reüssierte gleich mit einem Onsight. Auch Hannah konnte die Route gleich im ersten Go ziehen. Und so lastete plötzlich etwas Druck auf Larina... sie war aber schliesslich auch im ersten Go erfolgreich.

Doch ohne das ganze (Familien)programm auf den Kopf zu stellen, kam die Gelegenheit, es dort nochmals zu probieren erst bei der allerletzten Session am Heimreisetag, mit schon bereits gepackten Koffern. Unweigerlich setzt das einen gewissen Druck auf, dann auch wirklich erfolgreich zu sein. Gut, für eine Wettkampfkletterin wie Larina vielleicht auch nicht verkehrt, nach den Sommerferien erfolgte ja sowieso die Rückkehr ins kompetitive Dasein. Wir wärmten uns auf und checkten dann nochmals sorgfältig alle Moves. Dann war mein erster scharfer Go an der Reihe. So wie oben beschrieben (entschlossen, zügig, fluid) ging ich ans Werk, überstieg die Crux sauber und mit Reserven – nur um dann am letzten, abtropfbaren Move zu scheitern. Ich hatte die Füsse für den kräftig-weiten Zug für meine Durchstiegs-Disposition nicht optimal platziert und nicht mehr den Tiger im Tank, um das auszubügeln. Das war sowieso das «Hauptproblem» der wochenlangen Kletterei. Die Ausdauer im 7bc-Bereich wurde zwar immer besser, dafür ging aber der Extragang, d.h. der Punch für die härteren Moves, mehr und mehr verloren.

Ein gewaltiger King Swing beim Ausräumen der Tri Sert à Tops (7c+).

Dann war Larina dran. Ihre Hauptsorgen bestanden aus dem Crux-Move, den sie vorerst mit einem weit aufgespannten Deadpoint gelöst hatte. Einzeln ging er immer, aber im Durchstieg leicht angezählt war es Low Percentage, sprich es wollte er bis da nicht funktionieren (sonst hätte sie die Route vermutlich bereits in unserer ersten Session gepunktet gehabt). Nun aber hatte sie beim nochmaligen Checken der Moves eine etwas aufwändigere, dafür viel stabiler ausführbare Beta gefunden. So war der Durchstieg dann fast schon ein leichtes Spiel, bravo! Tja, ohne mein Unvermögen von zuvor hätten wir den Double Send gehabt. Es fühlte sich ein wenig an, wie wenn wir das letzte Puzzleteil schon gefunden hatten, ich es dann aber total blöd wieder aus der Hand fallen liess.

Im Rue des Masques gibt's noch viel zu tun am Konglomerat. Im Bild der Fluss Guil, gut sichtbar die Wände vom Gebiet Mont-Dauphin. Wer genauer hinschaut, erkennt auch das gleichnamige Fort, welches oben auf dem Hügel thront. Talauswärts geht's weiter in Richtung Lac de Serre-Ponçon und schliesslich nach Céüse, wo wir auch diesen Sommer wieder 2x waren. Bei genialem Ambiente und toller Kletterei wie immer - diesmal ohne weitere Würdigung im Blog jedoch.

Die Frage war nur noch, ob ich es 🧩 einfach wieder aufheben und ins Bild einsetzen könnte… oder ob es dummerweise in einen Abgrund gefallen und nicht mehr beizubringen war. Das musste sich nun zeigen: mit dem Spanner an der Crux hatte ich dank mehr Spannweite wenig Probleme. Diese bestanden mehr im Rési-Finish, wo ich einfach zu wenig Reserven hatte. Und natürlich war ich nun, nachdem ich die Route ja schon beinahe 1x durchgestiegen hatte, noch schlechter disponiert. Aber ich musste es probieren und alles geben. Schon bald merkte ich, dass ich nicht mehr mit derselben Leichtigkeit kletterte wie beim ersten Mal – jeder Move fiel schwerer und wo ich vorher kurz inne halten und schütteln konnte, schien das nun nur noch eine Kraftverschwendung. Dafür passte es mental bestens: es gab kein Zögern, nach dem Motto so schnell und effizient wie möglich kletterte ich, um möglichst vor dem Ausgehen der Kräfte den Henkel nach dem letzten weiten Zug in die Hände zu kriegen. Flucht nach vorne, und das total! Tatsächlich, auf dem letzten Blatt schnappte ich diesen Griff und der Double Send war Tatsache, das letzte Stück vom Puzzle wieder gefunden 🏆 Was für ein wunderschöner Ferienabschluss. Mit hohem Einsatz allerdings, denn das Risiko hier betrübt von der Stelle zu trotten war natürlich erheblich. Natürlich liessen wir es bei diesem letzten Send Go bewenden, verschoben zu Kaffee ☕ und Kuchen 🍰 in der Stadt und machten uns dann auf den Heimweg. We'll be back, that's for sure!

Fast schon dachartige, athletische Kletterei in der Double-Send-Route (Blessing, 8a). Ideal für Gym Rats, geht aber sogar auch für ältere Männer 😁

Freitag, 17. November 2023

1000x 7a

Ja, so ist es! Kürzlich konnte ich tatsächlich meine Route #1000 in den Graden 7a/7a+ durchsteigen 🥳 Mir geht's hier nicht ums Prahlen mit dieser Zahl, einer kleinen Genugtuung ist der Meilenstein aber wert und vor allem bietet er auch die Gelegenheit auf einen (hoffentlich interessanten) Rückblick auf mein Kletter(er)leben mit dem Schwierigkeitsgrad von UIAA 8. Nicht zuletzt ist der Beitrag aber auch dadurch motiviert, dass ein Kletterer vor Ort meine Jubiläumsbegehung fotografisch festgehalten hat und mir die Bilder nachher anonym hat zukommen lassen, vielen herzlichen Dank dafür!

In der When you Smile (7c) in Cresciano. Die 7a war das Aufwärmprogramm dafür 😉

Als ich zum Ende der 1980er bzw. Anfang der 1990er mit dem Klettern begann, war der Grad von 7a noch weit, weit weg. Klar, die Spitzenleute kletterten schon damals viel schwieriger (UIAA 8 wurde in der CH erstmalig ca. 1980 bezwungen). Aber zumindest nach meiner damaligen Wahrnehmung gab es fast niemanden, der diese Schwierigkeit meistern konnte. Mindestens aber war ich nicht in einer Umgebung oder mit Leuten bekannt, wo dies stattfand. Natürlich hatte ich damals den vagen Wunsch, besser und schwieriger zu klettern. Aber eben nicht das konkrete Ziel: einen bestimmten Grad zu erreichen oder dafür zu trainieren, das war absolut nicht auf dem Radar. Dafür fehlte mir die Peer Group, die ja ganz wesentlich definiert, was man als erstrebenswert und machbar taxiert. Kommt noch hinzu, dass die 7a-Routen damals noch viel dünner gesät waren als heute. Auch waren sie vielfach schlechter abgesichert, d.h. die Einstiegshürde war deutlich höher. Und natürlich gab es auch keine Kletterhallen, wo man hätte trainieren können, oder einfach mal so ohne nix in einen UIAA-Achter einsteigen. So war ich damals vorwiegend beim Bergsteigen oder auf schlecht abgesicherten, alpinen Kletterrouten unterwegs. In Klettergärten gingen wir nur selten und wenn, dann kletterten wir dort Routen, die wir sicher bewältigen konnten. 

Das ist sie, die #1000: Cenerentola (7a) in Cresciano.

So dauerte es dann über 7 Jahre Kletter"karriere", bis ich im Frühling 1997 mit der Route Indulgence in Volx (F) das erste Mal eine 7a punkten konnte. Damals war ich mit Studienkollegen während der Semesterferien für ein paar Wochen im Süden unterwegs. Die waren schon richtig ambitioniert und in höheren Graden unterwegs. Und siehe da, das färbte auch auf mich ab. Diesen Level hielt ich dann für einige Jahre +/- konstant bei. Er eröffnete mir neue Möglichkeiten, d.h. nun auch schwierigere MSL anzugehen, von welchen ich schon viele Jahre geträumt hatte - es gab noch so viel zu tun. Beim Sportklettern noch härter zu punkten war nicht etwas, das ich angestrebt hätte. So gingen wieder 7 Jahre vorbei. Erst im 2004 punktete ich dann das erste Mal eine 7b. Worauf erstmal eine intensive Gleitschirmphase folgte, wo ich nur reduziert kletterte und definitiv nicht stärker wurde. Erst nach deren Abschluss im 2007 erreichte ich den Grad von 7b wieder, bevor es dann mit 7c (2008) und 8a (2009) aufwärts ging. Notabene auch ohne echtes Training, nur mit häufigem Klettern, bzw. dem Einsteigen in bzw. Einüben von Routen dieser Schwierigkeit. Für weitere 7 Jahre stagnierte ich dann auf diesem Level, bevor ich mich im 2016 und damit bereits deutlich jenseits der 40-Jahre-Marke noch auf 8a+ und sogar 8b steigern konnte. Da war es dann tatsächlich eine etwas systematischere Herangehensweise, welche auch Off-the-Wall-Training inkludierte. Die wurde jedoch weniger durch den unbedingten Wunsch diese Grade zu klettern diktiert, sondern mehr durch andere Umstände im Leben. Spät kam der Mann auf den richtigen Pfad - oder den falschen, je nach Perspektive 🙄!

1000x gemacht hin oder her: meist ist es zwar keine Frage, dass ein rascher Punkt drin liegt. Eine Challenge ist's aber doch immer noch und wie das Bild zeigt, ohne Engagement geht eine 7a denn eben doch nicht her. Ist ja aber auch gut so, sonst wäre es ja nicht spannend oder der Erwähnung wert.

Zuletzt noch für die Zahlenfreaks zur Marke 1000: ob die ganz genau stimmt, sei dahingestellt. Sie ist zu hoch, weil Klettergrade keine besonders harte Währung darstellen und noch volatiler sind wie die türkische Lira. Sprich, einige als 7a gekletterte und notierte Routen gelten heute nicht mehr als solche, dafür habe ich nicht korrigiert. Andererseits ist sie zu klein, weil ich erst seit 2003 systematisch Buch führe und die einzelnen gepunkteten Längen bei MSL lange Zeit vernachlässigt hatte - dieser Fehler dürfte deutlich überwiegen. Zudem kommen von Indoor (wo ich wegen der Nicht-Permanenz der Routen kein Buch führe) sicher nochmals mehrere Hundert dazu. Kurzum, mit der Cenerentola in Cresciano habe ich einfach die tausendste Route im Grad 7a oder 7a+ in mein persönliches Logbuch geschrieben. Davon gelangen mir ~770 onsight, was auch zeigt, dass ich den Grad im Lauf der Jahre mehr oder weniger "mühelos" zu klettern gelernt habe und ihn sogar mal zum (verschärften) Aufwärmen nutze (ob dieser Bemerkung werden sich wohl manche ins Fäustchen lachen, die mich schon in einer 7a (oder noch tiefer bewerteten) Route haben herumlaborieren sehen 😂). Und weil's mich nun gerade selber interessiert: 7b/7b+ sind es aktuell ~510 Routen, bei 7c/7c+ nochmals ~225 und bei 8a/8a+ inzwischen doch auch ~65 (die Zahlen sind mit allen zuvor erwähnten Caveats). Zeigt vor allem eines: hier schreibt ein Mann, der viel Herzblut in die Kletterei investiert und die nötige Zeit dafür findet 😎

Mittwoch, 26. Juli 2023

Sommerferien im Wallis 2023

Ein kurzer Bericht von Teil 1 der Sommerferien 2023 kommt zügig! Wie so oft diktieren die äusseren Gegebenheiten die Ferienoptionen. Dass dies keinesfalls schlecht zu sein hat und die Sache in gewisser Hinsicht vielleicht auch einfacher macht, beweist dieser Beitrag sicher zur Genüge. Jedenfalls war Jerome von SA-DO in einem Trainingslager, so dass sich für den Rest der Familie in dieser Zeit ein paar Klettertage ausgingen. Dies mit der Einschränkung, dass Larina am SA am Swiss Cup in Villeneuve engagiert war. Doch dieses Mal liessen sich Not (Abholdienst), Tugend (Zuschauen) und Ferienpläne bestens vereinbaren. Mit Verstärkung von Hannah, einer weiteren Wettkämpferin, wollten wir die Top-Sommerspots im Wallis ausprobieren, welche uns Sandro eben erst gerade im neuen Schweiz extrem West präsentiert hatte. An dieser Stelle eine kurze Charakterisierung der Gebiete.

Tolle Abendstimmung am Plage du Bouveret am Lac Léman.

Epagny

Ein bisschen snobistisch lautete der Eltern Devise "wir klettern lieber erst selbst noch etwas und schauen Larina nur beim Final zu". Ein allzu langes Zeitfenster blieb uns nach Jeromes Aufbruch trotzdem nicht, weshalb die Wahl auf diesen Crag nahe bei Bulle fiel. Der relativ kurze Umweg auf der Fahrt Richtung Genfersee, das Attribut "neu für uns" und die NW-Exposition gaben den Ausschlag. Leicht ätzend war die Tatsache, dass beim Parkplatz bei der Chapelle des Marches eine Motocross-Veranstaltung stattfand, was leider den Zustieg etwas verkomplizierte. Ich will ja nicht mit Verbotitis um mich werfen. Aber dass eine solche Veranstaltung, wo ganze Felder umgepflügt werden, ein weitherum hörbarer Höllenlärm herrscht und die Luft massiv verpestet wird erstaunt im Angesicht der immer weiter greifenden Einschränkungen im stillen Bergsport schon fragwürdig. Aber sei's drum, ich wollte ja eh über das Gebiet schreiben... wie der extrem West schon antönt, ist der Fels in Epagny nicht wunderprächtig. Am ehesten hat er mich an (das inzwischen wohl für immer gesperrte 😔) Lungern erinnert. Und auch die Bemerkung mit der Steinschlaggefahr ist absolut richtig - immer wieder fällt von oben Ware runter. Beim Sichern und Klettern an der überhängenden Wand ist man zwar geschützt. Umsicht, Helm auf und kleine Kinder daheimlassen scheint trotzdem die Devise. Betrieb war übrigens trotz Samstag absolut keiner, das Gebiet scheint nur wenig Besuch zu erhalten. Gekletterte Routen: Callisto (6b+), Armageddon (7a), Matrix (7b), Andromède (7c)

Kathrin movt in der Armageddon (7a) in Epagny.

Van d'en Haut

Mit gütlicher Zeitreserve waren wir in Villeneuve eingetroffen und konnten Larina in ihrem Final anfeuern. Was ganz gut klappte, mit dem 3. Rang gab's einen Podestplatz am Swiss Cup, bravo und Gratulation! Für den Abend und die Nacht fanden wir auf dem Camping in Le Bouveret am Lac Léman bei befreundeten Wettkämpfern Unterschlupf. Danach wollten wir uns etwas zentraler im Wallis installieren, verabredeten uns jedoch mit einem grösseren Detachement vom Wettkampf für den Sektor oberhalb vom Camping in Van d'en Haut. Eine absolut geniale, viele Meter überhängende Gneiswand mit 35m Höhe, ca. 25 Routen von 7a+ bis 9a und ganztägigen Schatten - was will man mehr?!? Wer gleich mehrere Tage dort klettern möchte, kann sich ideal auf dem naturbelassenen Camping unterhalb installieren. Mir machte das Klettern dort trotz eher harter Bewertung enorm viel Spass. Die Routen bieten auch einen sehr interessanten Mix von gekonntem Body Positioning (oft in verschneidungsähnlichen Strukturen) und Fingerkraft-Ausdauer an Leisten. Eingestiegen war ich nur in Gaya (7a+, knifflig), Deux mains peut-être (7c, Réééésiiii mit knüppelhartem Finish) und Gravitation (7c+, technisch und kräftig), so dass noch viele Projekte offen wären. Wir beschlossen aber trotzdem, noch andere Felsen sehen zu wollen und campierten schliesslich im Tal.

Podest U16 Girls - leider keine Fotos gemacht in Van d'en Haut (hey, das ist keine faule Ausrede 😄)

Rawyl

Ja, dieses weltbekannte Gebiet ist nicht ganz neu und stand bei mir natürlich schon lange auf der Agenda. Nun, im Zentralwallis ist man nicht allzu häufig und selbst ab dem Hauptort Sion ist es noch eine gehörige Kurverei, bis man einmal oben bei der Barrage du Tseuzier ist. Zur Auswahl stehen dann unterschiedliche Sektoren (ja eigentlich eher Gebiete, die teils komplett verschieden angelaufen werden). Wir entschieden uns für den ostseitig exponierten M12, der mehr oder weniger ganztägig im Schatten liegt und rund 50 Routen bis 8c bietet. Im Zustieg wählten wir den "weiten Weg rundherum" der Wasserleitung entlang (gute 30 Minuten), effizienter ist sicher der Direktabstieg an den Fixseilen und Ketten (unser Rückweg, ca. 20 Minuten, passt schon!). Zu sagen ist, dass der quer gebänderte Fels oft nicht so von Top-Qualität ist. Teils sind die Bänder etwas brösmelig-splittrig, aber in den beliebtesten Routen wo schon Hunderten von Climber-Händen hingelangt haben, stört das kaum mehr. Zu erwähnen ist noch, dass manche der oft stark überhängenden Routen im "Mutproben-Style" eingerichtet sind. Ob der Steilheit zwar ungefährlich, aber doch mit weiten Abständen und meist so, dass schwere Stellen zwingend, mit Potenzial für gehörige Flugmeilen vor dem nächsten Klipp gemeistert werden wollen. Einige finden es wohl gerade darum toll... Ich für mich selber muss hingegen konstatieren, dass ich beim Klettern am Limit auch bei normalen Abständen mehr als ausreichend Nervenkitzel empfinde und somit nicht ein Fan derartiger Ausrüstung bin. Aber solange man nur in Routen klettert, wo man die (fast durchwegs guten bis sehr guten) Griffe genügend lange festhalten kann, geht's schon. Dieser Strategie folgend gab es folgende Einträge in der Ticklist: Allah Akbar (7a, super spektakuläre Henkeltour), Coup de Steehl (7a, kleingriffiger Einstieg, dann Ausdauer an Querbändern), Sensimilla (7b, schön, eher crimpy & technisch) und Fils de... (7b, Henkel-Ausdauer mit athletischen Moves, der Routenname erklärt sich einem selbst, wenn man vor der Crux, weit über dem letzten Haken bei idealer Klipp-Position einen eingeschlagenen Dübel vor der Nase hat...).

Hannah in der Sensimilla (7b) im Sektor M12 von Rawyl.

Sanières

Nach 3 Tagen Vollgas war erst einmal ein Restday angesagt. Natürlich nicht im Schwimmbad, sondern auf MSL am Sanetsch. Der Bericht zur 5-SL-Route Damned (7a) erscheint jedoch in einem eigenen Beitrag. Am Mittwoch entschieden wir uns dann für diesen NW-exponierten Sektor bei Les Haudères im Val d'Hérens. 30 Jahre waren es her, seit ich mich in meinen alpinistischen Frühzeiten für die Besteigung der Dent Blanche das letzte Mal hier hinten aufgehalten hatte - c'est fou comme le temps passe vite! Das Gebiet auf 1600m überzeugt mit Schatten bis um 16 Uhr (und nachher wird es ausser an absoluten Hitzetagen auch meist noch gut gehen), 35 steil-gutgriffigen Routen von 6b bis 8a und kurz gehaltener Absicherung. Zu erwähnen ist, dass der Fels nicht von Klasse Premier Cru ist, fürs Sportklettern jedoch absolut ausreichend und echt lässig zu beklettern. Von Yanik und Chris erhielten wir Verstärkung, so dass ich die Jungmannschaft voller Elan in einer 8a betätigen konnte. Mir war es lieber, auf sicher ein paar Punkte zu buchen als einen besonders wertvollen (oder dann doch nicht 🙄), dementsprechend wurde in folgenden Touren angegriffen: Sang bleu (7a, 40m geniale Leistenkletterei à la Acherli, ein Muss!), Terra Nova L1 mit Verlängerung rechts (7a, 35m super steil, luftig und nur Henkel), Divergence (7c, Boulderstellen mit Rastpunkten dazwischen), Pierre de Lune (7a, zwei zähe Stellen, komisch gebohrt) und Sang neuf (6c+, super Henkelspass).

Kathrin in der super ästhetischen Sang Bleu (7a) in Sanières.

Vionnaz

Tja, da hiess es schon wieder Einpacken, Abschied nehmen, Jerome abholen und den nächsten Ferienzielen zustreben. Auf dem Heimweg blieb aber noch Zeit für eine gute Session im Sektor Atelier in Vionnaz, dieses Mal mit der Berner Oberländer Wettkampfcrew. Der NW-seitig exponierte Sektor befindet sich in einem dichten Wald, morgens war da fast noch eine Stirnlampe angezeigt! Der Vorteil besteht aber darin, dass man trotz nur 700m Meereshöhe den ganzen Tag bei guten Conditions riegeln kann. Die leicht überhängende Wand wirkt (nicht ganz so sehr wie am Voralpsee) ein bisschen wie "mit dem Messer geschnitten". Grosse Strukturen sind Mangelware und während man für die Griffel oft ganz taugliche Leisten findet, stehen die Füsse oft "im Nichts" auf einem ziemlich glatten Parkett. Auf jeden Fall, im Vergleich zu den Tagen davor war es eine komplett andere Kletterei. Zu sagen ist auch, dass die beiden naheliegenden Aufwärmer im Grad 6c+ ihren Job nur mässig erfüllen. Die Aldo maçonne (6c+) ist taff bewertet und wartet gleich mit heftig-seriösem Leistengeriegel auf, ebenso wartet in La chignôlle (rechte Variante, 6c+) die kleingriffige Crux gerade am Anfang, bevor oben freundlichere Klimmerei folgt. Sehr cool waren auch die La visite (7b, tolle Leistenmoves) und die etwas steilere und kräftigere Placebo (7c, rechte Variante). Ja, auch da gibt's noch viel zu tun, in erster Linie den direkten 8a-Exit der letztgekletterten Route, doch selbstverständlich noch viel mehr.

Larina am Aufwärmen im Sektor Atelier in Vionnaz.

Infos und Topos zu allen Gebieten findet man im kürzlich erschienen Schweiz extrem West Band I aus dem Filidor-Verlag.

Mittwoch, 3. März 2021

Sun Rock im Berner Oberland

Für dieses Wochenende war aus speziellem Anlass Damenwahl angesagt. Und diese führte uns ins Berner Oberland an sonnig-warme Felsen. Schon verrückt, diese schnellen Wetterwechsel. Gerade 1 Woche ist es her, seit wir (fast) im Flachland im Eis geklettert sind und von der Haustüre auf Skitouren gingen. Und nun konnte man sich schon den ganzen Tag leicht bekleidet genussvoll am Fels aufhalten, das macht ja dann schon auch richtig Laune. Unsere Destination lautete Interlaken, gelobtes Land mit vielen steilen Felsen, doch für uns leider ausserhalb vom Tagestrip-Range. So konnten wir sogar zwei Gebiete kennenlernen, denen wir bisher noch nie einen Besuch abgestattet hatten.

Brüggetli

Dieses Gebiet befindet sich ca. 350hm über dem Thunersee an sonniger Lage und wurde vor 10-15 Jahren erschlossen. Zugestiegen wird vom Parkplatz der Beatus-Höhlen (5 CHF/Tag, Münzen bereithalten) über den gut markierten Wanderweg. Nachdem man ein Felsband via eine Treppe erklommen hat, geht man noch ca. 50m leicht abwärts weiter, bis ein Trampelpfad steil in den Wald hinaufführt. Ein klapprige Eisenleiter führt auf exponierte, mit Fixseilen gesicherte Bänder, über welche man nach links zum Hauptsektor traversiert (nichts für Kinder!). Auch zum Sichern muss man sich für diverse Routen anbinden, bei andern ist das Gelände grosszügiger und insbesondere gibt's einen bequemen Rastplatz. Das Gebiet ist grundsätzlich sehr sonnig gelegen, einige Routen/Einstiege sind jedoch im Schatten der Bäume, so dass an ganz kalten Tagen vielleicht nicht alle Optionen offenstehen. Geklettert wird in Kalkfels, ähnlich wie man ihn z.B. am Pilatus findet. 

Tolle Stimmung über dem Thunersee am Brüggetli, derweil sich die Sonne hinter dem Niesen verabschiedet.

Angefangen haben wir mit dem Moralapostel (6b+). Der Name kommt nicht von ungefähr, eine Stelle klettert sich an einem flutschigen, gebohrten Loch und auch sonst macht die Route im unteren Teil einen etwas murksigen Eindruck, dafür ist das Finish dann richtig cool. Da war die Fledermaus (6b+) daneben die schönere Aufwärmroute mit abwechslungsreichen Moves an Tropflöchern und einem kräftigeren Finish an einer Seitgriffrippe. Der erste Test folgte in der Vitamino (7a). Hier klettert man anhaltend in einer leicht überhängenden Wand, meist an eher kleinen, dafür positiven Griffen. Diese Prüfung im Onsight bestanden, wagte ich mich in den Drachenzahn (7c). Zu Beginn warten punchy Bouldermoves an Seitgriffen, dann kann man an guten Griffen wieder etwas zu Puste kommen, bevor nochmals ein kniffliger Abschnitt mit weiten Moves an Seitgriffzangen folgt. Im 2nd Go konnte ich durchsteigen und mir den ersten, ambitionierteren Rotpunkt im 2021 sichern.

Schmocken

Dieser schon etwas ältere Klettergarten befindet sich weniger als 1km vom Brüggetli entfernt, aber trotzdem "in einer anderen Welt". Man erreicht ihn vom Beatenberg, konkret vom Altersheim in der Nähe der Niederhorn-Bahn in wenigen Minuten absteigend. Die Beschreibungen vom Zustieg sind gar nicht so präzise, so richtig deutlich Wegspuren gibt's auch nicht, schliesslich gelang es uns aber doch onsight. Der Einstiegsbereich ist richtig bequem (ideal kindertauglich) und sehr sonnig, auch wenn auch hier an ganz kalten Tagen die eine oder andere Route fies im Schatten der Bäume sein mag. Wobei kalte Temperaturen hier nicht schaden: der für die Region typische Kalksandstein wartet mit manch einem glatten Aufleger auf, wo guter Grip sehr hilfreich ist. Berüchtigt ist das Gebiet für seine harten Bewertungen bei überdies gewöhnungsbedürftiger, technisch anspruchsvoller Kletterei. Vielleicht waren wir deshalb fast alleine?

Sandsteinige Formen im Garten von Schmocken am Beatenberg.

Eingeklettert wurde mit Viktors Programm (6b). Die ersten Meter deutlich schwieriger wie es aussieht und bereits ordentlich poliert, später dann lässige, sandsteinige Kletterei. Die Indra (6c) fand ich eine richtige Perle: schieben, stemmen, drücken heisst es in diesem Groove, da kann man wirklich das ganze Bewegungsrepertoire nutzen. Der 7a-Klassiker am Fels ist die Yukon (7a). Auch hier gilt, schon der Start ist deutlich schwieriger, wie man meinen könnte und die Crux fordert dann an runden Seitgriffen und abschüssig-polierten Tritten erst recht. Leider waren zwei entscheidende Seitgriffe noch schlonzig-nass, der Punkt somit leider nicht zu erzielen. Eher unterbewertet kommt das Gloggäspiel (7a) daher: nach gemütlichem Auftakt erfordert die Crux Vertrauen in die Füsse, abgefahrene Moves sowie schlicht und einfach auch Power. Nachher geht's an einer seichten Verschneidung wieder besser voran, bis der Klipp vom Umlenker nochmals tricky ist. Nachdem ich die Griffe in der benachbarten Silester (7c) bereits inspiziert hatte und sie ja eigentlich "gar nicht so schlecht" aussahen, startete ich dort meinen nächsten Go. Der klappte sogleich, 7c im First Go, tolle Sache mit Bouldercrux am markanten Dach.

Epilog

Endlich wieder einmal ausgiebig am Fels, nachdem es für viele Wochen kalt und winterlich mit Bedingungen nur für richtig Hartgesottene gewesen waren! Natürlich, trainiert hatten wir schon daheim und rein nach den messbaren Kriterien wäre eine gute Leistungsfähigkeit durchaus vorhanden gewesen (meinen Test-Score konnte ich jedenfalls gegenüber der letzten Messung erhöhen). Aber trotz langjähriger Erfahrung am Fels schien es mir, dass ich ~2 Monate ohne schwierige Felskletterei dann doch nur schwierig kaschieren konnte. Es fehlt einfach das letzte Quäntchen Effizienz, ein wenig auch das Vertrauen und so verwandelt sich das Plus in den Leistungsparametern rasch in ein Minus in der Gesamtbilanz. Nichts zu klagen jedoch, jetzt kommt ja die Zeit, in welcher man wieder regelmässig Sportklettern kann - so geht's hoffentlich wieder aufwärts :-)

Freitag, 20. November 2020

The Ultimate Climbing Test

Naja, manchmal hat man nichts Besseres zu tun oder die Behörden befehlen einem, dass man nicht Besseres zu tun habe (nicht für uns, aber für manche Leser mag dies zutreffen...). Wie auch immer, als Magnus Midtbø sein Video mit dem ultimativen Kletterfertigkeitstest publiziert hatte, machten wir uns ans Ausprobieren. Wir hatten viel Spass dabei! Und ich muss sagen, dafür dass es nur gerade 4 Übungen sind, so stimmten die Scores doch erstaunlich genau mit unserem Klettervermögen überein. Check it out, vielleicht habt ihr ja auch Freude an dieser Spielerei.

Damit ihr nicht das ganze (wenn auch unterhaltende) halbstündige Video ansehen müsst, hier die einzelnen auszuführenden Übungen für den Test. Vielleicht ist aber das Verstehen der verwendeten Fachsprache auch nicht ganz so trivial ;-)

  • 1 RM 5s Half Crimp Max Hang in % Body Weight
  • 1 RM Pull-Up in % Body Weight
  • L-Sit or Front Lever Time to Failure
  • 2 Arm Bar Hang Time to Failure
Wie die Leistungen in Punkte umgemünzt werden und welcher Gesamtscore welchem Schwierigkeitsgrad entspricht, ist auf YouTube in der Beschreibung zum Video angegeben. Alternativ findet man auch ein schon vorbereitetes Spreadsheet. Persönlich konnte ich für 8a scoren, geklettert bin ich effektiv schon ein bisschen mehr. Das ist sicherlich möglich, schlussendlich habe ich es auch jahrelang darauf angelegt, Routen gerade noch knapp hinaufzukommen, die an der absoluten Grenze meines physischen Potenzials waren. Der andere Fall (weniger Kletterleistung als der Score verspricht) ist aber sicher typischer, denn trotz physischer Stärke fällt einem ein Projekt am Limit ja nicht einfach zu, da muss man dann schon entsprechend Zeit und Energie (v.a. auch mentale) investieren. Ein paar Dinge sind mir beim Test aufgefallen:
  • Am schwächsten war ich in der Finger Strength, da hat mich sogar meine Frau deutlich geschlagen (sowohl relativ als auch in absoluter Zuladung). Und dies obwohl es beim Klettern kaum je einen Griff gibt, den sie halten kann aber ich nicht, der umgekehrte Fall tritt deutlich häufiger auf. Aber mit diesen kleinen, glatt-glitschigen Holzleisten kann ich einfach wenig anfangen, gerade mit langen Fingern und weicher Haut ist das einfach sooo hart (<-- a.d.R: dafür ist er in den Ausreden richtig gut und verdient mindestens 9 Punkte ;-))
  • Die Progression vom L-Sit zum Front Lever dünkt mich ziemlich happig. Die Zeit für 6 Punkte beim L-Sit kann ich problemlos erfüllen, ja sogar weit übertreffen. Von der Wertung für 7 Punkte mit einem sauberen 5s Front Lever mit gestreckten Armen bin ich dann aber gefühlt weit, weit weg.
  • Die unangenehmste Übung ist eindeutig das minutenlange, zweiarmige Hängen an der Stange. Erst fühlt sich das noch ganz kommod an, doch bald wird es einfach schmerzhaft und es artet zum puren, ja richtig ekligen Durchbeissen aus. Denke diese Übung würde man viel besser an einer drehbaren Stange (Turntillburn) machen, das gäbe repräsentativere Resultate und würde weniger Leidensfähigkeit erfordern. Ah ja, und bei diesem Exercise waren Kathrin und ich schlechter wie unsere beiden Kinder... könnte darauf hindeuten, dass die Sache vielleicht auch ein wenig gewichtsabhängig ist?!?
  • Den Gesamtscore durch Addition zu bestimmen ist wohl eher nicht die sinnvollste Aggregation. 3x10 und 1x0 ergäbe eine 30 (entspricht 8c-Niveau), mit einem Nuller in der Fingerkraft ist das aber komplett unrealistisch. Erreicht man den Gesamtscore von 30 mit 7+8+7+8, so stehen die Chancen 8c zu punkten sicher massiv besser. Multiplikativ zu aggregieren wäre sicher geeigneter, das belohnt dann jene, die sehr ausgeglichen bzw. nirgendwo schlecht sind (trifft auf mich persönlich zu).
  • Ich habe noch ein wenig die Kommentare gesichtet, wo andere über ihre Tests berichten. Natürlich gibt es manche, die stark wären, aber ihr Potenzial (noch?) nicht ausgeschöpft haben, aus welchen Gründen auch immer. Auffallend ist auch, dass viele Underperformer beim Ausdauertest stark abfallen - hat fürs Routenklettern sicher etwas, solange man zwar nicht so stark ist, sich aber im Zweifelsfall noch ewig festkrallen kann, so hilft das mancherorts sicherlich schon einmal ziemlich viel (trifft auf mich persönlich zu).

Samstag, 17. Oktober 2020

Arco 2020

Im gelobten Felsenland im Sarcatal, nahe vom nördlichen Ende des Gardasees, waren wir bisher noch nie. Eine gewaltige Bildungslücke für einen passionierten Kletterer, der nur gerade ein paar wenige Stunden Fahrt entfernt wohnt. Doch irgendwie ist für uns Zürcher die Fahrt nach Finale irgendwie einfach logischer, bzw. hat sich irgendwie als der Standard für den Italientrip eingebürgert. Doch diesen Herbst wollen unsere Behörden, dass wir nicht nach Ligurien reisen. Nachdem wir in letzter Minute diverse Optionen durchgespielt hatten, entschieden wir uns endgültig für Arco.

Massone / Falesia Policromuro

Eine der ersten Adressen in Arco ist die Falesia Policromuro bei Massone. Für uns erst recht, da sie sich in Gehdistanz unserer Unterkunft im Zentrum von Massone befand. So zog es uns dann gleich nach der Fahrt das erste Mal dahin, um noch ein wenig die Finger zu strecken. Ein gewaltiges Gebiet mit >250 Routen von 4a-9a+. Ja, die Routen wurden schon stark genutzt, v.a. die einfacheren sind erheblich poliert und da sie über eher technische Kletterei in geneigtem Fels bieten, stört der Speck auch viel mehr wie in den schwierigeren, athletischen Linien. Davon abgesehen ist der Fels aber erstklassig, es warten viele überhängende, anhaltend athletische Ausdauerprobleme, einfach genial. Wir wärmten uns an diesem ersten Tag mit Tac (5a) auf, wählen dann die attraktive, unten schon sintrige Skoda (6b, jedoch extrem poliert, anspruchsvoll!) und geben uns dann noch den ultimativen Sinterpump in der Crisi (7a, baut sich genial auf, nicht geschenkt für den Grad!).

Das Gebiet von Massone ist super, aber extrem frequentiert. Hier der regentaugliche Abissi-Sektor. 

Der zweite Besuch ergab sich dann am Sonntag, der sich erst regnerisch und dann ganztags als trüb entpuppte. Nach einem gemütlichen Morgen daheim wollten wir uns doch noch etwas sportlich betätigen. Zuerst erkundeten wir zu Fuss die Gegend - sehr sehenswert die alten Steinbrüche, die tief in den Berg gegraben wurden. Ein Teil davon wurde heute für die High-End-Routen à la Underground (9a) und Puro Dreaming (9a) umgenutzt. Wir hingegen backten kleinere Brötchen. Doch selbst in den moderat bewerteten Kabul (6b+) und Musetto e Big Gim (6b+) muss man sich bereits ordentlich festhalten. In der genialen Action Direct (7a) erst recht - technische Wandkletterei, dann pumpige Sinter, ein Dach und zum Schluss eine Tropflochplatte, das volle Programm! Ebenfalls sehr cool war die Halloween (7a) etwas weiter oben. Über 3 Dächer geht's hinweg, wobei am letzten eine Boulderstelle so richtig entschlossene Moves verlangt. Auch hier gilt natürlich, der Fels ist total poliert, ich fand die Routen aber immer noch schön und lässig zum Klettern.

Die gewaltigen, ausgehöhlten Kavernen sind wirklich sehenswert!

Schliesslich war am Abreisetag, der sich erneut regnerisch präsentierte, nochmals Massone die naheliegende Wahl für eine letzte Session. Obwohl die Kletterei an der Policromuro auch in den moderat schwierigen Routen durchgehend überhängend ist, handelt es sich bei diesem Sektor doch nicht um ein gutes Regengebiet (flacht gegen oben ab, zudem steht man wegen einer Art Vorbau vor dem Routenbeginn im Regen). Die Outdoor-Gym befindet sich aber nur wenig oberhalb im Sektor Abissi. Hier kann auch im strömendem Schiff und ~40 Routen von 6b+ bis 8a+ geriegelt werden, bis die Unterarme ihren Dienst quittieren. Die durchgehend athletisch-gutgriffige Kletterei fordert in erster Linie die Ausdauer. Während man im unteren Teil noch recht bequem stehen und sich aufhalten kann, erreicht man die rechten Touren über eine Art Klettersteig und befindet sich zum Sichern auf einem schmalen Band. Bevor es Zeit für die letzte Pizza und Gelati war, hielt die Ausdauer noch für Gino e la Sfiga (6b+), Mangia Cacca (7a) und Warner Broz (7b) her.

Das Topo ist gleich vor Ort ausgeschildert... stünde dieser Sektor doch nur vor meiner Haustür!

Terra Promessa

Ein paar Kehren oberhalb der Falesia Policromuro findet sich dieses, erst in den letzten Jahren erschlossene Gebiet. Da es an unserem zweiten Klettertag warm und sonnig war, zeigte sich der bis um ca. 14 Uhr vorherrschende, kühlende Schatten durchaus willkommen. Das Gebiet teilt sich in zwei Sektoren, der linke bietet leicht überhängende, teils sintrige Wandklettereien meist im siebten Franzosengrad, während es rechts ein paar kurze Aufwärmtouren um 6b gibt, jedoch vor allem ein gewaltiger Überhang mit zahlreichen High-End-Routen im achten Franzosengrad lockt (oder abschreckt). Eines ist beiden Sektoren gemein, die Felsqualität ist nicht restlos überzeugend. Klar, man kann da schon mit Genuss und Freude betätigen, aber ganz so tolles Gestein wie anderswo in der Region findet man da nicht unbedingt. 

Steiles Gelände im rechten Sektor von Terra Promessa.

Wir wärmten auf mit der markanten Verschneidung namens US Open (6a+, taffer Abschluss, eher 6b/+) und dislozierten dann in den linken Sektor. Die Hilti Gang (7a) zeigte sich als coole Sintertour mit kräftigem Abschluss. Bevor ich für eine Distance Working Session nach Hause musste, reichte es noch für den Toy Boy (7a+, knifflige Crimpy-Züge, athletischer Schluss). Gut erholt konnte ich 3 Stunden später nochmals angreifen, ein Limit-Onsight in Nice Price (7b, physische Tufas unten, dann technische Platten, gefolgt von leistenlastiger, überhängender Wankletterei an etwas glattem Fels) war die Belohnung. Zum Dessert gönnte ich mir dann noch die Carnevale (7a, zäher Tufa-Start, dann nach schwierigem Übergang plattig-technisch in die einfachere, aber sehr coole, überhängende Verschneidung)., die mir auch auf Anhieb gelang.

Jerome in der US Open (hart 6a+) im Sektor Terra Promessa.

Bassilandia

An diesem Tag stiegen wir für einmal ins Auto und fuhren rund 15km nach Norden nach Sarche, wo wir im Bassilandia besten Fels und geniale Wandklettereien fanden, die hier und da mit genialen Tufa-Features aufwartete. Dieser Sektor wird bis ca. 15-16 Uhr stark von der Sonne bestrahlt und eignet sich bestimmt sehr gut für die kältere Jahreszeit - an einem 20 Grad warmen Herbsttag fühlte sich die Sache schon fast eher nach Strandbad an. Da passt immerhin die Aussicht auf den See gleich unterhalb dazu, die stark befahrene Hauptstrasse nimmt man am Fels oben hingegen kaum mehr wahr. Das zerbrochene Scheibenglas auf dem Parkplatz weckte übrigens etwas ungute Gefühle, unser geliebtes Panterhmobil ein paar Stunden sich selbst zu überlassen. Wie viele Herumlungerer es fauchend in die Ferne jagen musste, hat es uns leider nicht erzählt, immerhin trafen wir es bei Rückkehr unversehrt wieder an. Der teils etwas verbuschte Einstiegsbereich ist relativ eng und das Felsband langgezogen, in Sachen Bequemlichkeit gibt das leichte Abstriche. 

Der gewaltige Sinter von Extraterrestre (7a) klebt der Schwerkraft spottend in der überhängenden Wand - kein passionierter Kletterer wird da einfach daran vorbeilaufen können. Und natürlich haben wir schon so viele Adam Ondra Videos geschaut, dass wir ganz genau um die Wichtigkeit eines Knee Bars wissen und auch jeden davon entsprechend zelebrieren ;-)

In Sachen Kletterei stiegen wir gleich zuallererst in die Extraterrestre (7a) ein. Die trägt ihren Namen absolut zurecht, der riesige Sinter, der an der glatten, überhängenden Wand klebt, verdient dieses Prädikat absolut. Zuerst gilt es aber, ihn mittels technisch-kleingriffiger Wandkletterei zu erreichen, das Prunkstück selber ist dann hingegen die Kür. Als nächstes stand die Quo Vadis (7b) auf dem Programm. Das habe ich mich bald auch gefragt... an einer scharfen Leiste platzte meine Haut am rechten Zeigfinger. Zum Glück folgte bald ein No-Hand-Rest, wo ich das Tape heraufholen und die Sauerei stoppen konnte. Der ganze Aufwand mit In-der-Wand-Verarztung ohne die Sicherungskette zu belasten zahlte sich aber nicht aus - die schweren Abschlusszüge rund um die Mini-Sikaleiste warfen mich ab (naja, sicher nicht ideal bei Wärme und noch weniger mit einer blutenden, notdürftig geflickten Wunde an der Fingerbeere, im zweiten Go blühte mir nochmals dasselbe Schicksal). Als letzte Tour des Tages sollte es die Il Mare Calmo (7a oder 7a+, je nach Topo) sein. Sehr lässig, mit einer kräftigen Passage gewinnt man eine griffarme kleine Verschneidung, die mit genialen Moves überlistet werden will. Auch hier kletterte ich in eine Sackgasse und brauchte einen zweiten Versuch... das war nun nicht gerade der beste Tag für die Ticklist :-/

On to the next one... Heelhook-No-Hand-Rest am nächsten Sinter :-)

Als wir nach dem Klettern wieder zu unserer Unterkunft kamen und WLAN-Empfang hatten, folgte die nächste Überraschung. Eine Push-Meldung kam aufs Handy, die Schweizer Behörden hatten die Region Veneto auf die Quarantäneliste gesetzt. Natürlich gab's da nicht mehr Fälle als bei uns zuhause (sondern viel weniger, siehe hier), aber irgendein willkürlicher Grenzwert war überschritten worden. Und Arco ist doch nicht in Südtirol, oder? Das hätte dann geheissen, die Ferien abzubrechen und nach Hause zu fahren?!? Eine Nachhol-Lektion in der politischen Gliederung von Italien zeigte dann zum Glück, dass die Gebiete Trento und Südtirol eine gemeinsame Provinz bilden und sich unser Domizil gerade um ein paar lumpige Kilometer ausserhalb des Gebiets von Veneto befand...

In solchen Belangen muss man heute bewandert sein... Quelle: https://www.voucherwonderland.com/reisemagazin/italien-regionen/


Padaro

Bei den Felsen hinter dem kleinen Ort Padaro ob Arco handelt es sich um ein Gebiet, das ebenfalls erst in den letzten Jahren erschlossen wurde. Die Wand ist echt riesig und auch hoch, von ganz unten bis ganz oben gäbe sie im Schnitt wohl etwa 5 SL her - eingerichtet sind aber bis auf wenige Ausnahmen nur Einseillängen-Baseclimbs. Und dies auf sehr hohem Niveau! Wir entschieden uns für den Sektor Ali de Mosca, hier wird man v.a. im siebten Franzosengrad glücklich, in den anderen Wandabschnitten liegt der mittlere Schwierigkeitsgrad noch höher und damit jenseits von unserem Onsight-Vermögen. Wie so manche Wand in der Umgebung ist auch hier die Ausrichtung SE, also grundsätzlich sonnig. Allerdings sind die Einstiege und die ersten 10m meist hinter dichtem Buschwerk verborgen. Das ist ein wenig ätzend, entweder friert man beim Sichern und kriegt am Anfang kalte Griffel. Oder dann, wenn's unten angenehm ist, so ist es an der Sonne einfach zu warm zu klettern. Eine Strategie zur Lösung dieses "Problems", wäre erst nach Mitte Nachmittag zu kommen, wenn die Wand im Schatten liegt. Unser (an sich topaktueller) Kletterführer riet, im kleinen und engen Ort selber zu parkieren. Da waren aber überall Verbotsschilder, so dass wir wie alle Locals auch den Wagen am Strassenrand abstellten.

Yuly Marlenny (7a+) in Padaro - überhängende Kletterei, da und dort mit Sintern verziert.

Rein ins Vergnügen, hiess es dann! Die Felsqualität in "unserem" Sektor war nämlich echt erstklassig, wirklich geniale Klettereien. Eine der begehrtesten Touren ist die Cristina Isabel (7a/7a+), damit legte ich los. Es wartete gleich ein fordernder Sinter-Einstieg, nach einer gutmütiger geneigten Zone folgt dann powerig-athletische Sinterkletterei und ein kniffliger Move zur Kette. Eine Kletterei ähnlichen Zuschnitts ist die Yuly Marlenny (7a+) gleich links davon: unten allerdings schwieriger (abschüssig, technisch und mit 2 Bohrmaschinen-Griffen), oben einfacher wie die Schwester. Da man in der Mitte von der einen in die andere Tour wechseln kann, liesse sich auch etwas homogener schwierig oder homogener gemütliches kombinieren. Ein richtiges Highlight war dann die La Craniata. Über deren Schwierigkeit scheinen sich die Führerautoren wenig einig, Auf dem einen Papier steht 7b+, auf dem anderen 7a. Wie auch immer, die anhaltend technisch fordernde, leicht überhängende Wandkletterei an Seitgriffen und Slopern fand ich voll genial, gerade am äussersten Limit konnte ich im Onsight passieren, der Hammer! Ähnliche Kletterei, wenn auch merklich leichter gibt's unmittelbar rechts in Lesione O...culare (7a) mit wirklich coolen Felsstrukturen und einem kräftigen Abschlusswulst. Zum Ausklettern gab ich mir noch die Merry Me (6b+/6c) aber puh, da muss man sich im unteren, kleingriffigen Wandteil ordentlich festhalten, bevor oben Schaulaufen an Sintern folgt.

Eine schöne Gegend! Blick vom Castello von Arco Richtung Gardasee.

San Siro

Der Nordwind hatte das sonntägliche Schmuddelwetter ratzeputz entfernt, stahlblauer Himmel aber frische Temperaturen grüssten zum Wochenanfang. So schien uns ein südexponierter, lange sonniger Sektor eine smarte Wahl. Das ist im Gebiet San Siro gegeben - allerdings ist es auch hier so, dass sich die Einstiege und die ersten Klettermeter im dichten Buschwald befinden, richtig aufgewärmt wird man erst weiter oben. Wir beschränkten uns an diesem Tag auf den obersten Sektor C - ganz einfach darum, weil man da zuerst hinläuft und es gleich schon sehr gut aussah (unten allerdings auch, ich hielt später noch einen Augenschein, da gehen wir sicher wieder einmal hin). Leicht bedenklich scheint übrigens der Parkplatz etwas ab vom Schuss... für die Knacker könnte das ein gefundenes Fressen sein, Glasscherben waren aber keine sichtbar.

Sicht auf das Sarcatal von den Felsen von San Siro.

Aufgewärmt wurde gleich mit der Ciuspino (7a), wer diesem Grad einigermassen mächtig ist, findet damit wirklich eine gute Einklettertour - gleichmässig schwierig, an guten Griffen, anhaltend technisch aber kaum pumpig. Unser nächstes Projekt war die Fred Fallo (7a+): eine geniale Route, hier und da bedient man sintrige Strukturen, voll genial ist aber das griffige Dach, das es zu überqueren gilt. Die benachbarte Sederini Parlanti (7b) bietet auch einen interssanten Mix: bouldrig an seichten Sintern, knifflig-kräftig in eine Verschneidung und zum Schluss gutgriffig-ausdauernd-runoutig im Steilgelände, sehr stimmungsvoll! Der nächste Go fiel auf die Houdini (7a). Da bin ich mit dem Grad mässig einverstanden - die sehr technische, leicht überhängende Wandkletterei konnte ich mit vollem Einsatz zwar gerade noch Onsight bezwingen. Das war aber echt ein Super-Go, so gefordert bin ich normalerweise eher im Grad 7b - aber item, es war geil! Zum Schluss gab ich mir dann noch die Alexander Platz (7b): hier besteht die Schwierigkeit wie man es erwarten kann im Boulder an der Dachkante. Der geht irgendwie nicht so flüssig, mit einem schmerzhaften und orthopädisch leicht bedenklichen Knie-Einklemmer war die Stelle aber zu bewältigen.

Die Kinder waren von diesem Gebiet auch begeistert. Geklettert wurde zwar wenig, aber der geräumige Wandfuss bot viele Möglichkeiten für Parkour-Spiele, sie bastelten mit einem hängengelassenen Seil ein gewaltiges Trapez bzw. Riitiseili undsoweiter undsofort...

Castel Madruzzo

Am Folgetag wollten wir es einmal mit einem erst kürzlich erschlossenen Gebiet versuchen. Nachdem wir bis dato oft alleine oder mit wenig Gesellschaft am Fels waren, erwartete ich auch hier keine grossen Besucherströme. Doch weit gefehlt, hier war der Bär los. Aber dieser Fels weist auch zahlreiche Vorzüge auf: sonnige Lage, bequem hergerichtete Einstiegsterrassen, beinahe hallenmässige Absicherung mit Klebehaken und grosszügige Bewertungen. Aber nicht nur das: die 24 Routen von 5c+ bis 7c+ sind sicherlich alle sehr cool und lohnend! Wir nahmen den im Führer empfohlenen Zustieg von Dorfzentrum - er ist etwas erratisch mit Schildern versehen, bei zwei, drei Abzweigungen fehlen die dann nämlich und ohne etwas Intuition/Glück geht's nicht. Man kann übrigens auch in der Strassenkehre oberhalb vom Dorf parkieren, was den 15-minütigen Zustieg nochmals in etwa halbiert.

In Castel Madruzzo, beim Ausgangspunkt bei der Kirche. Das Castel links und der Fels rechts sichtbar.

Wir vergnügten uns erst mit der Claudia (7a, Wandkletterei mit homogenen Schwierigkeiten), bevor sich dann in der Vocheso (7b) drei Viertel der Familie den Punkt holen konnten. Am leichtesten fiel die kleingriffige Schlüsselstelle im unteren Teil der Tochter, oben heisst es dann noch anhaltend technisch dranbleiben - prima! Noch mehr familientauglich war die mit fantastischen Sinterhenkeln gespickte Brandenburgo (6a) mit 4/4 Durchstiegen - nachdem die Meute abgezogen war, konnten wir hier vor dem Eindunkeln noch den Redpoint-Turtles-Speed-Climbing-Contest durchführen - Siegerzeit 1:40 Minuten für 30 Klettermeter :-) Weitere Punkte liessen sich auch noch in der For e Chi (7a) holen, die genüssliche Verschneidungskletterei mit einer athletischen Stelle über deren Ende hinaus bietet. Ebenfalls sehr cool war die Larcher (7a+), mit aussergewöhnlichen Felsstrukturen unten, einem kräftigen Dach und einer kniffligen Abschlusswand. 

Am Fels in Castel Madruzzo.

Nomesino

Eigentlich wollten wir ja ins Tassilandia, aber... wegen ungenauen Angaben im Kletterführer gab ich erst einmal eine Trailrunning- und Bushwhack-Aktion durch, während der Rest der Familie gemütlich an der Sonne einen zweiten Zmorge nahm. Nachdem ich das Gebiet aufgespürt hatte, überzeugte mich die Sache nicht restlos (enger Wandfuss, die Klettereien weit verstreut, irgendwie sah es auch nicht so attraktiv aus). Wir machten uns wieder an den Rückweg, wollten aber noch den Crag von Nomesino besichtigen. Die freistehende, nach Süden ausgerichtete Wand lässt sich direkt mit dem Auto anfahren. Sah eigentlich recht gut, wenn auch herausfordernd aus - die Routen im 8a/8b-Bereich sind sicherlich sehr cool! 

Die Wand von Nomesino - in Realität steiler und höher, wie man anhand vom Foto denkt...

Ein paar einfachere gibt's auch und die wollten wir versuchen, der Fels mit den grossen, sloprigen Löchern sah sehr verlockend aus. Der Auftakt in der Speriamo Che (6b) zeigte dann schon, dass man hier nicht jederzeit mit griffigem Material rechnen konnte und zudem die Tritte reichlich poliert sein würden. Nichtsdestotrotz, die Bucomagia (7a) danach war einfach genial. 25m fordernde, ja pumpige Ausdauerkletterei an beständig guten Griffen, aber mit weiten Zügen und oft mässigen Tritten. Ebenso cool, aber noch steiler war Sancho Panza (7a+) an den grossen Sloperlöchern - das ging gerade noch im Onsight. Für den Interceptor (7b+) war dann hingegen definitiv ein zweiter Go nötig, danach war die Zeit reif fürs Gelati und die Unterarme hatten sowieso bereits eine ähnliche Konsistenz.

Dem Himmel entgegen in der Bucomagia (7a) - eine gewaltig geniale Tour!

Fazit

Ja, das war es schon wieder gewesen mit diesem Rocktrip! Es hatte uns sehr, sehr gut gefallen, da waren wir bestimmt nicht das letzte Mal. Noch so viel gibt es zu entdecken, Dutzende an sehr lohnenden Klettergärten, sehr viele MSL-Touren, weitere Freizeitaktivitäten... Im Rückblick scheint es mir, dass ich gar nicht so viele Routen geklettert bin. Ich hatte mir pro Tag jeweils ein paar attraktive Touren auf das Onsight-Menü gesetzt. Meist ging das prima auf und es ergaben sich doch zahlreiche, für mich persönlich sehr erfüllende Begehungen, wo ich am Limit fighten musste und den Challenge meistern konnte. In eine (für mich persönlich) schwierige Route bin ich gar nie eingestiegen. Einerseits liebe ich das Onsight-Klettern einfach zu sehr, andererseits sind die Sessions auch schwierig planbar, wenn wir zu viert am Fels sind und alle Klettern wollen. Eingestiegen, durchgestiegen, eingepackt funktioniert da halt dann immer - passt für mich perfekt so.