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Montag, 16. Dezember 2024

Ofen - Pandur (7b+)

Mit dem kürzlichen Wintereinbruch schien die Zeit gekommen, um dem Ofen wieder einmal den typischen Herbstbesuch abzustatten. Mein Geschmack stand auf ein paar Seillängen an steiler MSL-Sportkletterei, und diesbezüglich wird man an der 200m hohen Südwand auf jeden Fall fündig. Zudem war am Ofen das Gelände bereits wieder komplett aper und trocken, was in höheren Lagen wie z.B. den Wendenstöcken noch nicht uneingeschränkt der Fall war. Als Ziel wählten wir natürlich eine Route, welche ich zuvor noch nie probiert hatte - ein paar solche gibt es immer noch. Die Pandur bietet 4 Seillängen an kernigen Moves bis auf das obere Band, von dort stiegen wir über eine Länge der Zabayone und eine vom Einarmigen Bandit zum Top der Wand.

Der Ofen mit unserer Route: Pandur (7b+, rot) mit Ausstieg über je eine Seillänge von Zabayone und Einarmiger Bandit (6c+, 7a+, orange).

Am Ofen gibt's nach vielen Besuchen für uns keine grosses Haareraufen mehr, wenn es um die Tourenplanung geht. Mit der Webcam auf dem Bonistock liess sich zweifelsfrei feststellen, dass alles trocken und (wieder) schneefrei war. Wir planten den Kletterstart auf den Zeitpunkt, wo die Sonne den Wandfuss erreicht: 8.50 Uhr war das bei unserer Tour anfangs der zweiten Septemberhälfte. Um 7.35 Uhr ging's in Turrenbach P.985 los, mit den E-Bikes sehr zügig zum Unter Boden, dann zu Fuss weiter über den ziemlich schlammigen Pfad und zuletzt die steilen Grashänge an die Wand. Gerade eine Stunde brauchten wir dafür, nach einer kurzen Vorbereitung starteten wir wie geplant beim Eintreffen der ersten Sonnenstrahlen mit der Kletterei.

Die letzten Meter vom Zustieg, rechts sieht man die Wand, die gleich fulminant loslegt.

L1, 35m, 7a: Wie im Einarmigen Banditen unmittelbar daneben steckt auch hier der erste BH auf 8-10m Höhe. Natürlich ist die Kletterei einfach, nur Runterfallen wäre sehr ungünstig. Zum Glück hatte Jonas die Keile an den Einstieg getragen. Ich liess sie mir zuwerfen und platzierte einen Rock Nr. 3. Dann geht's los mit der ortstypischen Kletterei an Schlitzen. Oft eher rund, teils sloprig und bisweilen etwas staubig. Wobei, vorerst geht's ganz ordentlich, die Sache spitzt sich erst auf den letzten 15m zu. Zuerst an kleinen Griffen hoch antreten, im Finish dann erst an kleinen Seitgriffen mit einem ziemlich ätzenden letzten Klipp von üblen Slopern.

Von L1 gibt's leider kein Foto, daher dieses Panorama aus der Wand.

L2, 40m, 6a+: Auf dieser Höhe gibt's die coole Backsteinkletterei: quergebänderter Fels mit vielen Henkeln gespickt. Wobei diese im ersten Teil nicht überall präsent sind, da warten ein paar recht knifflige Stellen für den Grad. Mittig gibt's dann einen langen Runout. Einfacher werdend zwar und daher auch ohne Gear machbar, noch besser ist's aber einen kleinen bis mittleren Cam (0.3-0.5) in einen der Schlitze zu versorgen. Das Ende dann betont senkrecht mit Idealhenkeln, aber auch ein paar weiten Zügen. Auch hier gibt's nochmals einen Hakenabstand von 8-10m, wo jedoch kaum gelegt werden kann. Der wird aber Anwärter, die dem restlichen Programm gewachsen sind, vermutlich nicht ins Schwitzen bringen.

Tolle, steile Kletterei - auf den ersten Blick würde man nicht glauben, das sei nur eine 6a+.

L3, 45m, 7b+: Beginnt mit einer kurzen Stufe, dann auf dem Band nach rechts und in etwas brüchigem Gelände einfach hinauf unter das Dach, wo sich ein Zwischenstand befindet. Dieser Abschnitt ist 6a und kann als 15m-Seillänge gemacht werden. Würde ich das nächste Mal wohl so versuchen, denn direkt weiter zu klettern funktioniert zwar, wenn man die Standhaken nicht klippt und unter dem Dach verlängert. Die Seilführung ist zum Freiklettern dann aber echt ein Mist. Ob es denn mit dem Zwischenstand viel besser wäre, bleibe dahingestellt. Potenziell besteht dann das Problem, dass man hart in die zweite Sicherung stürzt und der Sicherungsperson auf die Rübe fällt. Das Boulderproblem am Dach selbst konnte ich mit einem coolen Crossing-the-Midline-Jump lösen. Damit ist es aber nicht geschafft, vom guten Griff ob der Kante ins senkrechte Gelände zu entkommen fordert nochmals... und es kann leider so wie die Haken stecken auch kaum vernünftig ausgecheckt werden. Der Leser wird es ahnen, ich konnte die Stelle leider weder onsight noch rotpunkt (mit Restart vom Zwischenstand) bewältigen - schade! Einmal ob dem Dach etabliert, gibt's dann noch 20m an genialer 6a+ in wendenmässigem Fels mit Schlitzen, Töffgriffen und allem was das Herz begehrt.

Die Schlüsselstelle der Route befindet sich an diesem Dach in L3 (7b+). An den Griff über der Dachkante zu kommen ist das eine (das hier schon gelungen ist). Aus dieser Position noch über das Dach zu kommen ist das andere... wobei einem dann eben noch total nervig das Seil in den Weg kommt. Der BH knapp unterhalb der Dachkante, wo das Seil für den Exit aus dem Dach geklippt ist, befindet sich ungünstig rechts vom Kletterer.

L4, 25m, 7a: Gerade vorher Wenden, hier eher Rätikon. Sprich kompakter, nicht allzu steiler Fels, rau aber eher knapp strukturiert, eher auflegerig. Und selbstverständlich kommt der Fussarbeit eine entscheidende Komponente zu. Dem Gelände und der Art der Kletterei wegen muss man sich hier trotz der an sich sehr guten Absicherung engagieren. Nach 15m ist der Spass vorbei, es geht dann noch 10m über Schrofen gerade hinauf, wo die Route im Prinzip endet. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, um noch weiter zu klettern: Wolfsfeder, Schwarz Peter, Zabayone führen direkt von diesem Stand weiter, Game Girl (links) und Einarmiger Bandit (rechts) sind mit kurzen Traversen auf dem Band erreichbar.

Bottom-Shot von L4 (7a), welche mit rätikonmässiger Steilplattenkletterei aufwartet.

L5 (Zabayone), 35m, 6c+: Wir entscheiden uns für die Länge der Zabayone, welche 3m rechts vom Stand hinaufführt. In den 1990er-Jahren hatte ich diese Route einmal komplett geklettert, aber das ist gemessen an meinen Erinnerungen an die Moves schon längst verjährt. Kurz an Leisten unter den Überhang und dann zwar an guten Griffen, aber doch kräftig, dafür gut abgesichert darüber hinweg. Über sehr schönen Querschlitz-Fels klettert man nachher rechtshaltend im 6a-Gelände weiter. Die Absicherung ist eher knapp (es kommen nur noch 2 BH, legen geht auch nicht wirklich). Die Sache ist zum Glück gut kontrollierbar und man tut auch gut daran, die Kontrolle zu behalten. Der Stand dann gemeinsam mit der Wolfsfeder.

Nach dem Ende von Pandur auf dem oberen Band sind wir über Zabayone (6c+) weiter...

L6 (Einarmiger Bandit), 35m, 7a+: Auf die folgende A1-Passage der Zabayone haben wir weniger Lust, also queren wir über die Wolfsfeder nach rechts, in der Hoffnung den Ausstieg vom Banditen nehmen zu können. Diese fetzenscharfe und affengeile Tropfloch-Crimperei kenne ich von meiner Begehung vor 10 Jahren. Und tatsächlich, wenn man die ersten Haken in der Wolfsfeder mit 60er-Alpinexen klippt, geht's wirklich. Damals habe ich berichtet, dass die knifflige Stelle über den Wulst beim Abzweig "gut geht wenn man weiss wie". Vermutlich stimmt das schon, gewusst wie habe ich aber nicht mehr und meine gewählte Lösung ging zwar, aber zu sagen "gut" wäre übertrieben, zäh war's! Einmal in der steilen Wand etabliert, geht's vorerst etwas besser dahin, bevor die Extrarunde rechtsherum am Ende nochmals alles an Haut, Kraft und Fusstechnik fordert. In der Traverse heisst's scharfe Ware krallen und auf kleinen Strukturen antreten, bevor man im Exit noch eher plattig auf die Füsse stehen und die Lösung erkennen muss.

...und haben dann als L6 im Einarmigen Banditen (7a+) geklettert, wo man seine Griffel in scharfe Tropflöcher krallen darf/muss.

Um 13.45 Uhr und damit nach rund 4:50h Kletterei waren wir am Top. Ausser der Dachpassage hatte ich alles senden können (Rest vom Pandur os, Zabayone/Bandit retroflash). Das hatte meinen vollen Einsatz und auch Zeit für die Tüftelei im technischen Gelände plus strategisch eingestreuten Schüttlern erfordert. Wir waren aber voll im Zeitplan für die daheim versprochene Rückkehrzeit. Um nicht doch noch in Verzug zu kommen, fädelten wir das Seil umgehend in den Abseilring und seilten über die Piste in den 5 empfohlenen Manövern an Kettenständen zum Einstieg ab. Auch Abstieg und Abfahrt gingen zügig, so dass wir bald talwärts rollten und pünktlich daheim eintrafen. Ja, Fingerkuppen und Unterarme waren heftig strapaziert worden, aber das war genau nach unserem Gusto gewesen.

Auf dem Heimweg, die Abseilerei verläuft dank der steilen Wand mühelos.

Facts

Ofen - Pandur 7b+ (6c obl.) - 4 SL, 220m - Röthlisberger/Winkler 1991 - ****;xxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, Cams 0.3-0.75

Steile MSL-Sportklettertour mit einigen tollen Seillängen. Der Fels ist wie man es vom Ofen kennt meist sehr gut, ja teilweise fantastisch. Ein paar kurze, einfache und weniger schöne Passagen gibt's auch, ist aber absolut kein Thema. Mit nominell nur 4 bzw. 5 Seillängen bis auf das grosse obere Band wirkt die Route ein wenig anachronistisch. Man kann sich aber problemlos ein 2 SL umfassendes Restprogramm mit Schwierigkeiten nach persönlichem Gusto anfügen, so hat man den Full Value. Laut dem Wandbuch ist die Route aber trotz all diesen lobenden Worten nur selten begangen. Unmittelbar nach der Erschliessung 1991 kamen mehrere Seilschaften pro Jahr, nach ein paar Saisons ebbte dies ab. Seit 2010 gibt es im Schnitt weniger als eine Begehung per Annum. Mir scheint, als ob MSL mit gehobenen Schwierigkeiten, wo man sich auch einmal ein wenig engagieren muss, derzeit nicht sehr im Trend liegen. Wobei der Pandur (dito der Ausstieg über Zabayone & Bandit) an den schweren Stellen sehr gut abgesichert sind. Eine 6c ist zwar obligatorisch, dies aber nicht weit über dem Bolt und bei optimalem Sturzgelände. Nur im einfachen Gelände (Einstieg, L2, unsere L5 von Zabayone) vernimmt man noch vereinzelt den (Absicherungs-)Geist aus dem letzten Jahrhundert mit dem möglichst sparsamen Einsatz von BH wenn auch gerade so ohne geht. Die Dachpassage mit der klettertechnischen Crux geht easy A0. Sie ist auch frei prinzipiell gut machbar, den Durchstieg gibt's aber nicht geschenkt (auch wenn die Route, wie ich erfahren habe, inzwischen eine Onsight-Begehung erhalten hat, bravo!). Topos findet man in diverser Literatur, z.B. Extrem Ost oder SAC-Kletterführer Zentralschweiz, Band Südwest. Sehr hilfreich auch das Online-Topo hier.

Donnerstag, 30. November 2023

Ofen - Kreml (7b)

Wieder einmal war der Herbst gekommen, die ideale Jahreszeit für den Ofen. Uns winkte die Chance, noch knapp vor Torschluss (am 15. November) eine Tour anzugehen. Viele (der begehrten) Routen fehlen mir inzwischen nicht mehr. Aber bevor nicht alle mindestens 1x geklettert sind, heisst es die Lücken zu schliessen und nicht verfrüht von vorne anzufangen. So einigten wir uns auf die Route Kreml. Wenn man deren stotzige Einstiegslänge über die korrupte Einstiegsvariante umgeht, so wartet bis auf eine Dachzone in der siebten Seillänge sehr homogen bewertete Kletterei im Bereich 6b/6b+.

Die Südwand am Ofen im Melchtal mit dem Verlauf der Route Kreml.

Ich habe mir jetzt nicht die Mühe genommen um nachzuzählen, wie oft ich schon davon geträumt und geschrieben habe, den ersten Teil des Zustiegs zum Unter Boden nicht mehr heftig schnaufend-tramplend mit einem konventionellen Mountain Bike zurückzulegen, sondern auf die bequeme Variante mit einem E-Bike zurückgreifen zu können. Aber nun war es soweit... oder jedenfalls fast. Denn schwarze Magie musste ihre Finger im Spiel gehabt haben. Mein Bike liess sich zwar einschalten, doch nach einer halben Pedalumdrehung zeigte das Display nur noch schwarz und liess sich nicht mehr zum Leben erwecken. Wie sich später zeigen sollte, hatte der Akku in ebendiesem Moment das Zeitliche gesegnet 💩 Ein Garantiefall zum Glück, somit blieb mir das Berappen von vielen Fränkli für einen neuen erspart. Das half mir vor Ort aber nur beschränkt weiter... dienlicher war da schon das zweite E-Bike und das Seilmaterial, so dass die Variante "Schlepp" zum Zuge kommen konnte. Im Vergleich zu allen anderen Lösungen war dies immer noch superkomfortabel und schnell, auch mit nur einem Motor waren wir in nur 15 Minuten beim Unter Boden und in weiteren 45 Minuten am Einstieg, der durch den markanten Goldstreifen gut identifizierbar ist. Etwas nach 10.15 Uhr legten wir los.

Herbstklettern am Ofen, das ist einfach eine tolle Sache!

L1, 30m, 7a+: Der Logik wegen beschreibe ich hier die offizielle Startlänge gleich am Anfang, auch wenn wir sie erst am Ende nach dem Abseilen geklettert sind. Die Vermutung, dass hier ein ziemlicher Kaltstart wartet, hat sich denn auch bewahrheitet. Schon bis zum Dach hoch ist es nicht trivial, dort wartet dann ein taffer Boulder, bevor es einfacher zum Stand geht - hart für 7a+. Wenig erstaunlicherweise starten deshalb die meisten wohl mit der einfacheren Einstiegsvariante. 

L1 (korrupte Variante), 35m, 6b: Dieser Einstieg gehört eigentlich zum Lügispiel, ihn hatten wir bereits bei einer früheren Gelegenheit schon geklettert. Gerade leichtverdaulich ist diese 6b dann auch nicht wirklich, obwohl sie mir an jenem Tag gut lief und weniger schwierig vorkam wie damals. Im wesentlichen Teil wartet eine betont senkrechte Leistenpassage, wo man Übersicht beweisen muss, kleine Griffe zu krallen hat und die Füsse geschickt einsetzen sollte - sonst kann man sich gut einen ersten, deftigen Pump holen. Die Querung nach rechts dann offensichtlich, dafür in weniger schönem Fels.

Vom Lügispiel-Einstieg quert man auf der korrupten Einstiegsvariante retour in Kreml (L1, 6b).

L2, 35m, 6b: Auf dieser Höhe trifft man in vielen Ofen-Routen auf die originelle Backstein-Kletterei, welche aber im Kreml nicht ausgeprägt zur Geltung kommt. In der Wand rechts neben einer seichten Verschneidung geht's in schöner Wandkletterei auffi - da waren ein paar Moves gar nicht mal so einfach! Man erreicht schliesslich ein Dach, welches rechtsherum umgangen wird. Ein etwas einfacheres Finish führt schliesslich zum Stand.

Sehr schöne Kletterei im quergebänderten Fels (L2, 6b).

L3, 25m, 6b: Eine relativ kurze und etwas inhomogene Seillänge, welche hinauf zum grasigen Querband führt. Der Fels ist nicht überall von Top-Qualität, die Hauptschwierigkeit besteht aus einer etwas kniffligen Boulderstelle an einem Wulst nach der Mitte der Seillänge.

L4, 40m, Gehgelände: Die Querung über das Band ist problemlos machbar. Für die Fortsetzung beachte man die Topos, die erste Station bzw. Linie gerade hinauf ist nämlich die Wolfsfeder, es geht erst eins weiter rechts weiter.

Jonas packt gerade den Wulst mit der Crux von L3 (6b) an.

L5, 30m, 6b: Steil geht's los mit einer kleinen Verschneidung, aber wer es geschickt anstellt, kann sich mehr oder weniger ausschliesslich an Henkeln bedienen. So gelangt man wieder in steilplattiges Gelände, wo sich die Sache aber schliesslich gut auflöst und man rechtsquerend schon bald den nächsten Stand erreicht.

L6, 35m, 6b+: Dieser Abschnitt verläuft nur wenig links einer superkompakten und sehr fordernden 7a vom Planet der Affen. Aber tatsächlich, hier gibt's einiges an Strukturen, welche ein bedeutend einfacheres Fortkommen erlauben. Trotzdem, die richtige Sequenz will erkannt und die Stellen erbouldert werden. Im oberen Teil der Länge kreuzt man dann den Planet der Affen, den Stand findet man in der gerölligen Flachzone vor dem nächsten Überhang.

Auftakt in L6 (6b+), in Bildmitte die Skitourenziele Hanghorn und Rotsandnollen.

L7, 35m, 7b+/7c (???): Nun wird es steil, ja sehr steil sogar. Zuerst aber doch noch einigermassen griffig, so dass man mit athletischen Moves freiklettern kann. Da die Seillänge in der Literatur auch als 6b+ mit 3pa gehandelt wird, sollte dieser erste Abschnitt nicht allzu fordernd sein - mir kam es ehrlich gesagt aber eher wie eine 7a vor, der Fels übrigens nicht restlos überzeugend. Bis vor den Ausstieg in flacheres Gelände kam ich aber doch ungerupft voran. Aber dann?!? War es subito fertig mit dem Onsight, denn a) weiss man nicht mal richtig, wo und in welche Richtung man über die Kante klettern soll, man sieht b) rein gar nix und hat c) auch keine Zeit, um ewig rumzumachen und zu tasten. Und nicht zuletzt ist es auch einfach richtig hart, denn einen richtigen Griff hat es da nicht wo man ihn sich wünscht, höchstens minimale Kratzer. Nach meinem Empfinden definitiv mehr wie 7b, laut Wandbuch hat es nach der Eröffnung der Route auch lange Jahre gedauert, bis diese Länge überhaupt rotpunkt geklettert wurde und oft (wenn überhaupt) wurde dieser Feat bisher nicht wiederholt. Nachher geht's dann wieder besser voran, erst in der Wand, dann doch an der etwas grasigen Verschneidung - am Ende stört leider der Seilzug. So beschliesst man die Seillänge bevorzugt am unteren Stand, eine Etage (d.h. kompakte Wandstufe) höher befindet sich nochmals einer, wo auch das Wandbuch platziert ist.

Das schwierige Dach in L7 ist überwunden. Die Bewertung checkt wohl eher 7b+/7c als bei 7b ein und wer maximal 6b+ klettern kann oder will, muss wohl auch öfters als die propagierten 3x zum Textilgriff langen. Obenraus gibt's erst schöne Wandkletterei, dann eine etwas grasige Verschneidung.

L8, 40m, 6b: Für die Kreml darf man sich nun mit der deutlich einfacheren linken Linie begnügen, die rechte Variante ist markant fordernder, gehört jedoch nominell zum Lügispiel. Nochmals ein prima Abschnitt, was schwierig erscheint löst sich am Ende doch alles gut auf, im Zweifel einfach nach links queren.

Auf der Zielgerade in L8 (6b). Eher plattiger Fels am Ende, aber die nötigen Strukturen sind da!

Um 14.15 Uh hatten wir nach knapp 4:00h der Kletterei das Top der Route erreicht. Wir rasteten kurz am Grat und seilten dann über die zentrale Piste zurück auf den Boden, um wie bereits schon erwähnt noch die offizielle erste Seillänge zu attackieren. Auch hier blieb mir der Onsight leider verwehrt. Mit einem 2nd Go wäre es vermutlich schon gegangen, aber da mir der Durchstieg in L7 ja auch fehlte, drängte sich dieser nicht unbedingt auf. So gingen wir gen Tal, zügig waren wir beim Unter Boden und nach wenigen Minuten rauschender Fahrt retour beim Parkplatz.

Goodbye Ofen - see you next year... maybe?!? Es gibt noch zu tun, wir kommen sicher wieder!

Facts

Ofen - Kreml 7b+/7c (6b obl.) - 8 SL, 270m - Winkler/Röthlisberger 1989; ***;xxxx

Der Kreml ist deutlich weniger begangen wie andere Routen der Wand und das kommt nicht ganz von ungefähr. Den anspruchsvollen Kaltstart kann man zwar über die korrupte Variante gut umgehen und der Quergang übers Band stört auch nicht sonderlich. Schon viel eher die harte Passage in L7, welche kaum für 7b freizuklettern ist und von den meisten wohl noch einige PA-Moves mehr wie die 3 laut Topo erlaubten fordert. Wer darüber hinwegsehen kann, erhält eine durchaus lässige Route, welche den Grad 6b+ nicht übersteigt. Ganz gleich schön bzw. lohnend wie die beliebten Routen Leiterlispiel, Schwarz Peter oder Halma schien es mir jedoch nicht. Die Absicherung ist nach einer umfassenden (oder mehreren kleinen?!?) Sanierungen gut. Die im Extrem Ost empfohlenen Cams von 0.5-3 und die Keile führten wir mit. Leider habe ich mir damals keine exakten Notizen gemacht, was wirklich zum Einsatz kam - ich meine mich aber zu erinnern, dass man das Rack auch etwas abspecken kann (ohne Gewähr!).

Mittwoch, 1. Juli 2020

Ofen - Indianerpfeiler (6b+)

Der Indianerpfeiler markiert eine der ersten, modern geprägten Routen durch die Hauptwand am Ofen. Auch wenn keine extremen Schwierigkeiten warten, so wurde hier 1983 doch mutig in die kompakten Wandzonen hinein geklettert. Im Laufe der Jahre wurde die Tour dann durch das Hinzufügen von Sicherungspunkten in eine Plaisirroute umgestaltet. Nachdem ich schon viele der (zum Teil deutlich schwierigeren) Routen an der Ofenwand hatte klettern können, schien eine Begehung von diesem Klassiker gar nicht mehr allzu wahrscheinlich. Doch dann, an einem Tag wo mit löchrigen Fingern und müden Muskeln sportklettermässig nichts mehr gegangen wäre und auch das Wetter keine Ausflüge höher hinauf zuliess, trat mein Kletterpartner mit diesem Vorschlag an mich heran. Das war die ideale Gelegenheit, um sich einen weiteren Punkt im 'Moderne Zeiten'-Sammelkonto gutschreiben zu lassen.

That's why... Klettern nur mit dick getaptem Finger möglich - für einfachere MSL ok, Sportklettern am Limit unmöglich.
Die Webcam am Bonistock zeigte frühmorgens nichts Erbauliches, selbst die überhaupt nicht anfällige Ofenwand war aufgrund vom mauen Wetter der vergangenen Zeit und nächtlicher Niederschläge schwarz. Zeit für einen zweiten Kaffee und etwas Kontemplation. Schliesslich obsiegte die Überzeugung, dass es später am Tag dann schon gehen würde, was sich schliesslich absolut bewahrheitete. So starteten wir um 11.20 Uhr am üblichen Ausgangspunkt in Turrenbach (P.985). Wie immer zuletzt hatte ich das Bike mitgebracht, so hiess es vorerst tüchtig in die Pedalen zu treten. Jedes Mal vergesse ich von neuem, wie steil und anstregend diese Strasse doch zu befahren ist. Vielleicht besitze ich bis zum nächsten Mal dann das E-Bike, welches diesen Abschnitt so viel bequemer machen würde. Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass ich auch dieses Mal wieder meine Standard-Zeit von 35 Minuten bis zum Unter Boden (P. 1455) benötigte. Wobei man ehrlich gesagt auch nicht viel langsamer fahren könnte, da man dann schlicht und einfach mangels Tempo umfallen würde. 

Die rabenschwarz nasse Ofenwand genau im Zentrum des Bildes, am Huetstock liegt sogar etwas Neuschnee!
Zu Fuss ging es weiter, schliesslich trafen wir nach total 85 Minuten reichlich verschwitzt am Wandfuss ein. Dort ergab sich eine spezielle Begegnung mit einem Solo-Aspiranten, der uns den Vortritt gewähren wollte, was wir als für alle sinnvoll erachteten und dankend annahmen. Doch obwohl er keine 10 Minuten auf das Freiwerden der ersten Länge hätte warten müssen, zog er schliesslich doch frustriert und grummelnd davon. Ein paar Minuten nach 13.00 Uhr hatten wir losgelegt.

Bis wir da waren, hatte die Situation massiv gebessert. Ein- und Ausstieg vom Indianerpfeiler sind auf dem Foto markiert.
L1, 30m, 4b: Eine grauenhafte Seillänge, die einem Graskanal entlang in die Höhe führt. Der Fels ist lottrig hoch 7, auch liegt lose Ware herum. Hier ist echt Erfahrung in solchem Gelände gefragt, sonst wird das sogar gefährlich. Es ist mit Abstand die schlechteste Seillänge, die ich am Ofen je geklettert bin.

Man sieht's, wenig erbauliches Gelände in L1 (4b).
L2, 30m, 5b: Die ersten Meter sind auch noch nicht restlos überzeugend, d.h. der Fels nach wie vor nicht besonders solide. Nachher bessert es aber zum Glück gewaltig und es wartet die auf dieser Höhe typische, so richtig coole Ofen-Backstein und Querschlitz-Kletterei mit einem steilplattigen Finish. Für den angegebenen Grad ist das erstaunlich athletisch bzw. fein, eine Bewertung von 5c+ erscheint wesentlich realistischer.

Kompaktes Gelände und schöne Kletterei am Ende von L2 (5b).
L3, 30m, 5c: Zuerst geht's weiter im Stil von L2, d.h. Backsteine und Querschlitze. Über eine geneigte Zone kommt man dann zu einer Verschneidung, welche es emporzusteigen gilt. Während die Wand sonst gut abgetrocknet hatte, war diese noch komplett nass, aber dennoch problemlos zu bewältigen. Insgesamt dünkte mich dieser Abschnitt spürbar einfacher wie L2.

L4, 35m, 6a: Eine sehr schöne Seillänge mit etwas verzwickter Linienführung, lange Exen helfen potenziellen Seilzug einzudämmen. Erst rechts, dann links geht's über Steilplatten, Querschlitze und Tropflöcher in die Höhe. Am Ende gilt es dann, nochmals nach rechts zu queren zum Hängestand. Es zahlt sich jedoch aus, noch weitere 5m zum deutlich bequemeren Stand der Chrüzspinne zu traversieren. Der Schwierigkeitsgrad passt etwa, die 6a+ von C2C könnte auch hinkommen.

Sehr schöne und grosszügige Kletterei wartet in L4 (6a).
L5, 25m, 6b: Sofern man diese nicht schon zuvor geklettert hat, folgt nun die Querung nach rechts zum Chrüzspinne-Stand. Nun gilt es, die rechte Hakenlinie zu wählen (links wäre die Chrüzspinne). Ziemlich knifflig führt ein Riss durch die steile Wand. Ein paar Klemmer, ein schöner Untergriffzug und ein ominöser Absatz am Riss helfen weiter. Geschenkt ist diese Passage nicht, 6b mag schon sein, die 6b+ von C2C könnte noch besser stimmen.

Zauberei? Nein, Kneebar! Nachher geht's in L5 (6b) dann entlang von einem Riss zur Sache.
L6, 40m, 6b+: Hier könnte man nochmals fälschlicherweise gerade hinauf in die Chrüzspinne abdriften, aber der Indianerpfeiler führt über die etwas splittrig-geneigte Zone deutlich nach rechts. Einige Topos zeigen einen Stand am Fuss des Dachriegels, vor Ort habe ich diesen jedoch nicht wahrgenommen. Grundsätzlich wäre es aber schon sinnvoll, am Fuss des Riegels Stand zu machen, denn sonst könnte ein Sturz trotz der engen Absicherung noch bald einmal auf dem flachen Gelände darunter enden. Der Überhang ist dann richtig athletisch und ohne sich kurz mal gescheit festzuhalten und einen weiten Move durchzuriegeln geht das nicht, was den Rahmen der Plaisir-Bewertung von 6b m.E. sprengt - alle anderen Topos bewerten mit 6b+, aber sogar die 6c von C2C könnte realistisch sein. Danach führt immer noch steile, sehr schöne Tropflochkletterei, zum Stand mit Wandbuch hinauf.

Nach dem anstrengenden Überhang folgt in L6 (6b+) sehr schöne Tropflochkletterei.
L7, 30m, 6a+: Hier klettert man nun der Kaminverschneidung entlang, steil und athletisch! Die linke Seitenwand ist bisweilen etwas brüchig, passt aber schon! Als Zeitvertrieb (und klettern ist ja nichts anderes) lässt es sich auch sehr schön in der rechten Wand alleine moven, teils gemeinsam mit dem Verlauf vom Game Girl. Zuletzt dann geht das nicht mehr, über die Schuppen steigt man athletisch zum Routenende aus.

In der teils kaminartigen Verschneidung oder rechts davon in der Wand klettert sich L7 (6a+).
Ein paar Minuten vor 16.00 Uhr hatten wir dieses erreicht, die Kletterei hatte uns also rund 2:40h in Anspruch genommen. Durch ein grasiges Couloir könnte man noch 15m zum Grat aufsteigen, müsste dann allerdings auf die zentrale Abseilpiste wechseln. Ich stand ja schon etliche Male auf dem Ofen-"Gipfel" und mein Kletterpartner verspürte das Reissen auch nicht, so fädelten wir gleich die Seile und glitten in die Tiefe. Das gelang super-effizient, mit 3x50m unter Benutzung der Stände von Schwarz Peter standen wir bereits wieder am Wandfuss. Das erfordert aber die Bereitschaft, das Seil wirklich bis zur letzten Faser auszunutzen und etwas Zutrauen, dass dann zum Seilende schon wieder ein Stand auftaucht. Am Wandfuss gab es auch nicht mehr viel zu tun, wir packten zusammen und gingen nach Osten, um über das Geröll zu surfen. Zügigen Schrittes marschierten wir retour zum Unter Boden und mit dem Bike in wenigen Minuten an rasanter Fahrt zum Parkplatz, wo sich der Kreis um 17.30 Uhr schloss. Schlussendlich war die ganze Tour doch prima aufgegangen, die Nässe war kein Faktor gewesen, das Wetter hatte gehalten und der Indianerpfeiler bot sehr schöne Kletterei mit einigen "nicht ganz ohne"-Stellen, das war doch wirklich ein perfektes Programm als Ruhetag für einen geschundenen Sportkletterer.

Facts

Ofen - Indianerpfeiler 6b (6a+ obl.) - 7 SL, 190m - Britschgi/Thalmann 1983 - ***;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express (einige davon verlängerbar), evtl. Cams 0.5-1

Ursprünglich eine kühne Freikletterroute, heute zu einer schönen Plaisirtour umfunktioniert. Nach einem einfachen, aber brüchig-herben Auftakt folgt tatsächlich prima Kletterei mit ein paar sehr lässigen Passagen und einem zähen Überhang als Schlüsselstelle. Die Route ist nach mehrmaligem Hinzufügen von Sicherungspunkten nun prima auf Stufe "Plaisir gut+" bzw. xxxx gesichert. Hier und da könnte man in den Querschlitzen schon einen Cam versorgen, wenn man denn wollte. Als nötig empfunden haben wir dies jedoch nirgends. Der Ofen ist in diversen Topos enthalten (Plaisir Ost, Extrem Ost, SAC-Kletterführer Zentralschweizer Voralpen). Eine vollständige Übersicht erhält man gratis und franko auch hier. Zuletzt noch der übliche Hinweis: die Strasse zum Unter Boden darf (und soll!) mit dem Auto nicht befahren werden. Das Klettern am Ofen ist vom 15.11.-15.5. nicht erlaubt und bis am 15.6. besteht zusätzlich ein empfohlener Kletterverzicht.

Donnerstag, 3. November 2016

Ofen - Spielverderber (7b+)

Der Ofen ist so etwas wie ein alter Kumpel, den man im Herbst gerne wieder einmal besucht. Schon seit bald 20 Jahren bin ich hier oben immer wieder einmal zu Gange, und so wollte ich auch dieses Jahr auf einen Besuch vor dem Einwintern nicht verzichten. Auf dem Radar war der Spielverderber (7b+) von Sämi Speck und Gefährten. Zwar sehr selten begangen bisher, doch auch diese Wandzone sah sehr verlockend aus. Und genau so entpuppte sich die Sache: steile, griffige und spektakuläre Kletterei von hoher Güteklasse.

Zuerst galt es wie immer den "2:45h"-Zustieg hinter sich zu bringen. Wir nahmen das Bike mit, vor allem zwecks einer raschen Heimkehr am Abend. Witzig ist ja noch, dass Jürg von Känel im Extrem 1994 schrieb, dass man das Ende der fahrbaren Strasse bei Unter Boden "mit einer durchschnittlichen Mittelgebirgskondition locker in 25 Minuten erreicht". Im Extrem Ost schreibt Sandro dann hingegen 20 Jahre später von 45 Minuten Fahrzeit. Tja, so verschieben sich die Massstäbe ;-) Anyway, wir radelten nach unserem Aufbruch um 8.10 Uhr für genau 40 Minuten. Nach 1990er-Massstäben also eine deutlich unterdurchschnittliche Mittelgebirgskondition, das müssen wir uns gefallen lassen. Erwähnt sei an dieser Stelle auch noch, dass man für den Weg hinauf zu Fuss und mit dem Bike +/- gleich viel Zeit braucht - das Velo zahlt sich erst für die Fahrt ins Tal aus.

Die Wände am Ofen. Hier gibt's über 30 MSL-Routen von 200-250m Länge. The Place to Be im Spätherbst!
Beim Unter Boden wird das Zweirad deponiert und es folgt der Fussaufstieg zum Wandfuss. Zuerst auf dem Bergweg, dann auf schwachen Wegspuren die steile Südflanke zum Einstieg von Halma und zuletzt noch etwa 50m über beinahe wendenmässig steile, exponierte Schrofen (ca. T5, Vorsicht!) gegen rechts hinaus zum Spielverderber. Noch vor 9.40 Uhr waren wir dort, viel schneller als in der Literatur angegeben also. Witzig war auch die Tatsache, dass wir am Einstieg auf ein bekanntes Gesicht trafen, das die Route mangels Kletterpartner im Rope Solo angehen wollte. Logisch, dass wir ihm anboten, sich bei uns ans eine Doppelseil zu hängen. So starteten wir um ca. 10.00 Uhr in die Route.

L1, 40m, 6b: Eher unattraktives Teilstück, das als nochmals verschärfter Teil des Zustiegs zu sehen ist. Je nachdem ob man eher links im Gemüse oder rechts auf den irre glatten Platten klettert, lässt sich die Schwierigkeit so ziemlich nach persönlichem Belieben zwischen T6 und 7c kalibrieren.

L2, 35m, 7b: Nun folgt bereits das erste Pièce de Résistance. Ein gewaltiger, gelbgrauer Überhang baut sich vor einem auf, durch welchen die Erstbegeher einen komplexen Weg gefunden haben. Nun gut, von den zahlreichen Ofen-Begehungen wissen wir immerhin, dass hier wohl viele Henkel zu finden sind. So ist es denn auch - da die Länge aber gegen 10m überhängt (!!!), ist's dennoch enorm pumpig - und zudem ein ziemlicher Kaltstart, die erste, flache Länge ist kein adäquater Aufwärmer. Die Crux zur ersten Fixschlinge hin mit weiten Zügen und 2x nur durchschnittlichen Griffen, und auch nach der zweiter Fixschlinge wartet nochmals ein knifflige Passage. Vor allem aber ist's eben anhaltend, klar gibt's hier und da mal einen kernigen Henkel, aber eine richtig gute Ruheposition dann eben doch nicht. Achtung Seilzug, lang einhängen!

Unterwegs in der extrem steilen und henkligen L2 (7b). Mangels Referenz lässt sich der Überhang nur erahnen...
L3, 35m, 6b: Nur mässig attraktive Seillänge, die ersten 10-15m verlaufen im Fels mit nicht zu unterschätzenden Moves, sofern man nicht links ins brüchig-einfachere Gelände ausweicht. Danach lange Querung nach rechts im Gehgelände auf einem Band.

L4, 48m, 7a: Wow, diese Seillänge ist wirklich mega mega! Noch selten habe ich eine dermassen flowige Seillänge geklettert. Es handelt sich um knapp senkrechtes Gelände technischer Natur. Der Fels ist rau, mit super Reibung und gerade der nötigen Struktur. Gute Griffe gibt's fast keine, aber wenn man sich geschickt positioniert und den Füssen traut, so gewinnt man mit abgefahrenen und abwechslungsreichen Bewegungen doch Meter für Meter. Ständig will es aber wohlüberlegt sein, wie man es anstellt, damit man nicht in eine Sackgasse gerät oder rauskippt - wie ein Rätsel, das es zu dechiffrieren gibt. Die Schwierigkeiten sind anhaltend, aber nie "desperate", ich für meinen Teil kann nicht sagen, wo die Crux war. Ebenfalls noch wissenswert: die Haken stecken hier in gesunden Abständen, und man muss schon ordentlich weitersteigen. Nichtsdestotrotz "gut abgesichert", d.h. die Bolts stecken fair und sinnvoll, gefährlich ist's nicht.

Unterwegs in der Hammerlänge L4 (7a) - sieht auf dem Bild wesentlich weniger spektakulär aus, wie es sich klettert.
L5, 30m, 7b+: Und nun die Crux: die etwa 3m ausladende Dachzone, welche man nach ein paar einfachen Metern erreicht, bildet diese. Sofort wird man sich gewahr, dass an dieser Stelle die sonst üppig vorhandenen Schlitze in den Querfugen meist geschlossen sind. Einfach strecken und hinten-aussen blind den nächsten Griff zu fassen funktioniert hier nicht wirklich und es ist ob der Steilheit sehr unübersichtlich. Mein Onsight-Versuch endet schon beim Move an die Dachkante - gewusst wie ist das aber noch nicht mal schwer. Von der Dachkante dann ein irre weiter, dynamischer Move an einen von unten aus der Kletterposition kaum zu erahnenden Schlitz. Damit ist's aber nicht gegessen, die Füsse wollen dann ziemlich trittlos übers Dach gebracht werden, ein heikler Klipp ist nötig und wirklich gerettet ist man (vor)erst nach einer knifflig-kleingriffigen und trittarmen Traverse nach rechts, unmittelbar ob der Dachkante. Bei einem Ruhepunkt kann man etwas verschnaufen, was durchaus anzuraten ist. Die obere, betont senkrechte Wand mit ein paar fetzenscharfen Tropflöchern und seichten Querschlitzen fordert nochmals richtig - v.a. die Passage vom zweitletzten zum letzten Bolt ist zwingend und zäh, nach meinem Empfinden schwerer wie die 7a-Moves in L4.

Hier sieht man's: überragende Felsqualität und zügige Hakenabstände auf der zweiten Hälfte von L5 (7b+).
L6, 25m, 6b+: Ziemlich gerupft erreichte ich (den zum Glück wirklich bequemen) Stand und konnte mich mit den Bemühungen meiner Nachsteiger unterhalten. Das Routenende schien bereits nahe, und diese letzte Seillänge von moderater Schwierigkeit würde ja wohl kein Hindernis mehr darstellen. Doch schon die ersten Moves in einer steilen Verschneidung sind nicht ganz einfach. Nach einer kurz leicht splittrigen Passage wartet dann ein zwingende, kleingriffige und trittarme Wandstelle. Wie ich es auch anstellte, irgendwie fand ich lange keine stabile Lösung - nur um dann schlussendlich doch noch irgendwie mühelos darüber hinwegzuschweben. Mit ein paar steilen und griffigen Moves in nun wiederum prima Fels geht's die letzten 10m hinauf zum Ausstiegsstand.

Die letzten Meter zum Ausstieg in L6 (6b+) sind nochmals schön, es ist sowieso die beste der Sechser-Längen.
Es ist schon 14.50 Uhr, als wir alle am Ausstieg sind, somit hatten wir für die 6 Längen doch etwa 4:45h gebraucht. Das lässt sich aber schon erklären, erstens waren wir als Dreierseilschaft unterwegs und liessen in den steilen Passagen einen gebührenden Abstand zwischen den Nachsteigern. Zudem braucht die anhaltende L2 Zeit, um sich an den Henkeln den Pump runterzuschütteln, in der konstant technisch-schweren L4 gilt es sauber rumzukniffeln und in L5 wollte eine tragfähige, frei kletterbare Lösung erst entschlüsselt werden. Aber es gab ja sowieso auch nichts zu pressieren, denn es herrschte ganz einfach bombiges Herbstwetter mit stahlblauem Himmel und sehr angenehmen Temperaturen. Stolz trugen wir die erst sechste Begehung ins Wandbuch ein - eigentlich unglaublich, dass eine solch schöne und eindrückliche Route bisher kaum Wiederholer gefunden hat.

Nach der Empfehlung im Bericht von Simone hatte wir die 60m-Seile für den Weg in die Tiefe mitgenommen. Das empfiehlt sich hier durchaus. Die obersten beiden Längen gehen in einer Strecke, dann erledigt man wiederum zwei Stück zum Stand nach der 7b, von wo es mit Seildehnung und Ausnützen der letzten Zentimeter gerade bis zum Einstieg reicht. Nur drei Manöver also, und dank der steilen Wand positionieren sich die Seile jeweils bequem selber. So sind wir rasch am Einstieg zurück. Hier herrscht ein sehr angenehmes Klima und eigentlich wäre es genau richtig, hier nun noch etwas an der Sonne zu plegern. Doch einerseits die bereits abgestiegenen Mitfahrer, andererseits der Boulder-Plauschwettkampf (welch ein Aufwärmprogramm ;-)) und in meinem Fall die auf Papi-Action wartenden Kinder mahnen uns, gleich den Weg nach Hause anzutreten. Per Geröllsurf geht's auf den ersten Boden hinunter, zügig wird der Bergweg beschritten, um dann aufs Rad zu sitzen - und da stellen wir fest, dass sich das Hochtrampeln frühmorgens gelohnt hat. Was wir in 40 Minuten raufgekurbelt sind, lässt sich im Nu in 5 Minuten mit fliegenden Fahnen runterbrettern. Nur gut eine Stunde nach dem Aufbruch am Top sitzen wir bereits auf dem Polster und cruisen zurück ins neblige Unterland.

Facts

Ofen - Spielverderber 7b+ (6c+ obl.) - 6 SL, 210m - Speck/Cupic/Burch 2009 - ****;xxx
Material: 2x50m oder fürs Abseilen bequemer, 2x60m-Seile, 10 Express, Keile/Friends nicht nötig

Lässige, griffig-steile und spektakuläre Kletterei im rechten Wandteil am Ofen. Während die drei einfacheren Teilstücke nicht ganz so attraktiv sind, bilden die drei Längen im siebten Franzosengrad ein herrliches, abwechslungsreiches Feuerwerk: ein irre pumpiges, 10m überhängendes 7b-Henkel-Turnfest, eine unglaublich flowige, anhaltende 50m-7a und die Dachboulder-7b+ mit fetzenscharfem Ausstiegsgelände sind wirklich exzellent. Die Felsqualität ist bis auf die etwas grasig-einfachen Meter gut, v.a. die 7b ist jedoch aufgrund der wenigen Begehungen noch etwas knusprig-brösmelig - aber easy, sowas gehört einfach dazu. Die Route ist mit verzinkten Bohrhaken, welche Ende 2016 noch prima im Schuss sind, gut abgesichert. Während die Haken sinnvoll und fair platziert sind und gefährliche Stürze kaum möglich sind, so werden an den Vorsteiger doch gewisse Anforderungen gestellt - die Route ist anspruchsvoller wie andere Sämi-Kreationen (z.B. Rittergold, Speck-Kante, Lochblick). Dennoch, 7a obligatorisch wie im Originaltopo und der Literatur angegeben ist vermutlich doch eher hoch gegriffen, ich habe hier auf 6c+ korrigiert, 6c reicht vermutlich sogar auch noch (halt immer schwer zu sagen, wenn man es gut klettern kann). Auf jeden Fall sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass die im Extrem Ost gleich bewertete Planet der Affen (7b+ max, 7a obl, xxx) schon nochmals deutlich höhere Ansprüche stellt. Die im Topo erwähnten Cams 0.3-0.75 habe ich mitgeführt, jedoch nie eingesetzt - ich empfand sie weder als nötig, noch habe ich wirklich sinnvolle und gut nutzbare Placements gesehen. Wie bereits erwähnt, mit 2x50m-Seilen lässt sich die Route zwar gut klettern und auch abseilen. Es braucht dazu jedoch 6 Manöver, mit 2x60m lässt sich hingegen jeder zweite Stand überspringen - wer 60er-Stricke hat, kann damit die Abseilfahrt ein rechtes Stück bequemer und zügiger gestalten. 

WICHTIG


Vom 15.11-15.6. jeden Jahres soll am Ofen aus Wildschutzgründen nicht geklettert werden und die Strasse nach Unter Boden ist ganzjährig mit einem Fahrverbot für Motorfahrzeuge belegt. Bitte halte auch du dich daran!


Topo

Der Ofen ist im Extrem Ost und im SAC-Kletterführer Zentralschweizer Voralpen Band Südwest ausführlich beschrieben. Ein vollständiges, sehr gutes Gratis-Topo mit allen Routen gibt es aus der Feder von Hans Ettlin auf den Seiten vom Sportcamp im Melchtal. Oder man greift auf die Skizze von Erstbegeher Sämi Speck zurück, mehr braucht es eigentlich nicht.

Topo von Erstbegeher Sämi Speck. Quelle: bergfuehrer-speck.ch

Montag, 15. September 2014

Ofen - Einarmiger Bandit (7b)

Gleich zum zweiten Mal innerhalb von wenigen Tagen sollte es zu dritt auf Tour gehen. Der Ofen war zum Ziel auserkoren worden, und da meine Partner etwas die weite Anreise und den weiten Zustieg monierten, musste ihnen etwas Ansprechendes geboten werden. Der Einarmige Bandit wird im Extrem Ost neben dem Planet der Affen als einzige Route mit fünf Sternen bewertet, er befand sich schon länger auf meiner Wunschliste und war mit diesem Team ein herausforderndes, aber realistisches Ziel.

Die pralle Südwand am Ofen bietet viele schöne Klettereien - der hier präsentierte Einarmige Bandit eine der besten davon!
Weil für den späteren Nachmittag einige Schauer vorhergesagt waren und andere Verpflichtungen riefen, trafen wir uns für eine solche Tour unüblich früh bereits um 5.30 Uhr, so dass wir um rund 7.00 Uhr in Turrenbach bei P.1006 losliefen. Da es bereits meine neunte Tour am Ofen war, wusste ich natürlich bereits bestens um die in der Literatur völlig übertriebenen Zeitangaben von 2:30h für den Zustieg. Der Wandfuss befindet sich auf rund 1960m, es sind also 950hm zu bewältigen. Da man am Ofen mit einem minimalen Rack anrücken kann und zudem auf Strasse und Pfad schnell an Höhe gewinnt, legten wir die Strecke wie bisher immer in 1:30h zurück. Ein Übertreten des Fahrverbots nach Unter Boden lohnt sich also zeitlich kaum, zudem wird es oft mit einer hohen Busse geahndet und es gefährdet den Erhalt des Klettergebiets! Um 9.00 Uhr waren wir schliesslich eingebunden. Der Plan war, dass ich die gesamte Route vorsteigen würde, und so konnte es losgehen.

L1, 30m, 6c: Die ersten Meter sind noch nicht wirklich schwierig, allerdings steckt erst auf der Höhe von 10m ein BH. Davor kann man auf ca. 6m über Grund noch einen guten Friend setzen, wenn man ihn dabei hätte (ca. Camalot 0.75, nicht unbedingt nötig). In sehr schöner Wandkletterei gewinnt man dann an Höhe, bis die zähe Crux auf einen wartet. Mit kniffligen, steilen Moves will diese kleingriffig und auflegerig gemeistert sein. So unaufgewärmt kann einen das ganz schön pumpen, und man könnte hier wohl auch eine 6c+ vergeben. Die Stelle ist zwar gut gesichert, aber trotzdem zwingend. Bei der Sanierung wurde der BH davor etwas nach unten versetzt. Derjenige danach ist dafür 30-40cm höher oben wie der alte, man muss ihn überklettern, um vernünftig klinken zu können. Das ist irgendwie leicht fies, weil das alte Dübelloch schon deutlich vorher in Reichweite ist...

Super Wandkletterei in L1, 6c. Hier folgt nun gleich die Crux, welche die Arme schon mal ganz schön aufblähen kann.
L2, 45m, 6a+: Hier bekommt man die für den Ofen und diese Wandzone typische Henkelkletterei an horizontal gebändertem Kalk ab. Und das echt eine ganz Seillänge lang steil und ohne Unterbruch, was in diesem (tiefen) Grad doch sehr aussergewöhnlich ist. Unten gut gesichert, oben dann etwas luftiger - ein Aspirant, welcher den Hauptschwierigkeiten gewachsen ist, wird dies jedoch kaum bemerken.

L3, 15m, 5b: Unwesentliches und eher unschönes Verbindungsstück aufs nächste Band hoch, der Stand ist links vom Baum zu suchen. Wäre es mit 50m-Seilen nicht zu knapp und würde Seilzug drohen, würde man es wohl gleich an L2 anhängen.

Die Sicht vom Stand beim Baum bereits auf die nächste Länge L4, 7a+. Über die Dächer hinweg ist's athletisch, aber griffig.
L4, 35m, 7a+: Gleich zu Beginn der Länge will eine dachartige Zone in sehr athletischer Kletterei überwunden werden. Diese weist ziemlich erstaunlicherweise einige sehr gute und griffige Löcher auf. Diese liegen aber weit bis sehr weit auseinander, so dass man ordentlich dynamisch ziehen muss. Im Onsight ziemlich schwierig, wenn man mal weiss wie, dann geht's schon. Komischerweise ist diese deutlich schwerere Länge im Extrem Ost mit 7a bewertet, die einfachere L5 danach mit 7a+. Im Originaltopo passt's dann hingegen. Nach dem Auftaktüberhang folgt erst sehr schöne, gemütlichere Kletterei in Premium-Fels, bevor zum Abschluss nochmals ein kniffliges, überhängendes Wändchen folgt. Dort wartet erst ein schwieriger Aufrichter, dann athletisch an Untergriffen dem Dach entlang und darüber hinauf manteln.

Die überhängende Abschlusswand in L4, 7a+ ist echt nochmals fordernd, insbesondere der hier gleich folgende Mantle.
L5, 30m, 7a: Sehr schöne, leicht überhängende Wandkletterei. Zu Beginn hat es noch recht gute Tropflöcher und Leisten, danach will eine längere Zone sehr anstregend fast ausschliesslich an recht weit auseinander liegenden Untergriffen und mit mässigen Tritten gemeistert sein. Grrr, schon beinahe war ich durch, bis mir für den letzten weiten Zug dann doch noch der Saft fehlte und der Abgang ins Seil folgte (siehe Foto...). Zum Abschluss folgt dann noch eine feine 6c-Plattenstelle, zwar gut gesichert aber trotzdem über dem Haken. Am eigentlichen Stand beim Bäumchen klettert man besser vorbei, 3m weiter oben auf dem Band ist der Stand der Abseilpiste viel bequemer.

Powerige Wandkletterei in L5, 7a. Erst geht's noch gut, doch dann...
...putzt es mich noch runter, kurz bevor ich wieder in einfacheres Gelände gekommen wäre. Notstrom hat nicht funktioniert.
L6, 45m, 7b: Schon vom Stand weg erkennt man, welche Musik hier spielt: es geht sehr athletisch über eine Dachzone hinweg! Der Fels ist dort vor allem zu Beginn nicht von erster Güteklasse, es geht aber trotzdem gut. Dank einiger guter Leisten kommt man recht gut über die Aufschwünge hinweg und in einen Untergriff hinein. Das schwierigste, vor allem mit langen Beinen, ist der Übergang in die senkrechte Verschneidung danach! Dort kann man dann aber ausspreizen, und es folgt eine längere, nicht schwierige Traverse nach rechts. Man vermutet die Aufgabe schon beinahe als erledigt, bevor sich einem doch nochmals eine schwere, knifflige Wandstelle im Bereich 7a in den Weg stellt. Eigentlich prima gesichert, doch 6c ist auch hier nochmals obligatorisch und wenn man sich auf die falsche Fährte locken lässt, werden die Schwierigkeiten sicher noch höher empfunden!

Mit full gaz übers Dach in L6, 7b. Die Stelle ist deutlich steiler und schwerer wie man auf diesem Foto meinen könnte!
Wer hier im Nachstieg stürzt, hat nur eine Option: Prusik oder Steigklemmen auspacken.
L7, 30m, 7a: Super schönes Abschlussbouquet! Erst ein noch nicht schwieriges Mäuerchen mit ideal scharfen Tropflöchern bis auf die Rampe, wo man die Wolfsfeder kreuzt. Wir müssen aber in gerader Linie weiter, d.h. über den Wulst hinweg. Richtig geklettert geht die Stelle gut, und man etabliert sich in der Wand darob, welche mit super-scharfen Tropflochleisten garniert ist. Je nach Geschmack und Können eine total coole Sequenz oder einfach nur Aua, mir hat es bestens gefallen :-) Zuletzt wurde dann noch eine kleine Extra-Aufgabe rechtsrum eingebaut, wo erst in steiler Tropflochwand gekrallt werden muss, bevor man plötzlich auf plattig antreten und feine Moves umschalten muss. Zuallerletzt dann noch 2x am Grasbüschel und ziehen, und man steht bei der Kette, wo die Route 1m unterhalb der Kante endet.

Yours truly gerade in der Cruxsequenz von L7, 7a. Gewusst wie geht's gut, nur wissen wie muss man... ich sage aber nix!
Zum Abschluss dann extrascharfe Tropflochcrimperei par excellence. Etwas Haut- und Kraftreserven schaden sicher nicht.
Knapp vor 15.00 Uhr hatten wir das Top erreicht. Somit waren doch beinahe 6 Stunden draufgegangen, am Tällistock hatten wir in weniger Zeit mehr als doppelt so viele Längen geklettert. Aber logo, bei diesen Schwierigkeiten marschiere ich auch nicht mehr einfach durch, und meine Nachsteiger hatte auch ziemlich zu kämpfen. Für Nachahmer ist vielleicht noch wissenswert, dass hier auch an den Nachsteiger einige Anforderungen gestellt werden. Die athletischen Crux-Dächer in L4 und L6 befinden sich gleich zu Beginn der Längen und müssen vom Nachsteiger mehr oder weniger am Stück geklettert werden, und es ist kaum möglich den Zweiten mit Seilzug zu unterstützen. Sitzt dieser ins Seil, so hängt man wegen der Dehnung rasch ein paar Meter weiter unten, was dann rasch einmal die Verwendung von Prusikschlingen oder Steigklemmen erfordert.

Anyway, wir hatten es alle geschafft! Rasch wurden die Seile in den Abseilring gefädelt. Reizt man beim ersten Abseiler ein 50-Seil bis zum letzten Zentimeter aus, so reicht es auch in 4 Manövern retour zum Einstieg. Nach einem kurzen Vesper dann der Geröllsurf und retour zum Unterboden, wo uns bald danach auf der Strasse ein Schafhirte in seinen Toyota auflädt, so dass wir rasch und knieschonend retour in Turrenbach sind. So können wir den schönen Tag zeitlich mehr als plangemäss abschliessen. Für mich war der Einarmige Bandit eine sehr schöne und befriedigende Begehung, als schwere Sportkletterei irgendwie ein idealer Kontrast zur Inwyler/Bielmeier ein paar Tage zuvor. Klar hätte ich mir gerne die komplette Onsight-Begehung geholt - dies entpuppte sich aber dann doch als zu ambitiöses Ziel. Ich werde aber sicher wieder einmal zu dieser sehr schönen Route zurückkehren, um mit etwas Vorwissen vielleicht den Roten Punkt abzuholen.

Facts

Ofen - Einarmiger Bandit 7b (6c obl.) - 7 SL, 215m - Schoch/Winkler 1989-2005 - ****;xxxx
Material: 12 Express, 2x50m-Seile, evtl. Camalot 0.75

Geniale, steile, athletische und anstrengende Kletterei, welche in gerader und direkter Linie durch die Ofen-Südwand führt. Es handelt sich mit Sicherheit um eine der besten Routen an diesem Berg, dennoch fehlen mir hier etwas Ambiance und alpines Feeling, um die vollen fünf Sterne zu vergeben. Knapp daran vorbei heisst jedoch immer noch, dass ein Besuch höchst empfohlen ist! Die Absicherung mit (vorwiegend) Inox-BH ist bestens ausgefallen, man kann hier voll angreifen und das persönliche Limit ausloten. Während man über die Dächer nötigenfalls auch im A0 oder A1-Style drüberkommt, so gibt es auch einige eher plattig-feine Passagen, wo die 6c-Moves bei guter Absicherung schlicht und einfach zwingend zu klettern sind. Mit meinem Foto oben oder dem Topo unten ist man bestens ausgerüstet, weitere Informationen findet man ansonsten im Extrem Ost oder dem SAC-Kletterführer Zentralschweiz Südwest.



Samstag, 17. November 2012

Ofen - Planet der Affen (7b+)

Der Martinisommer steht an, d.h. eine Inversionslage mit milden Temperaturen in der Höhe. Der Schnee und die ersten Skitouren von Ende Oktober sind längst wieder Geschichte, es ist nochmals Gelegenheit für eine MSL-Tour. Ein gutes Tourenziel für diese Jahreszeit ist der Ofen im Melchtal. Dank einer Gipfelhöhe von nur 2188m und exakter Südexposition erwehrt sich das Gebiet meist lange vor winterlichen Verhältnissen.

Um 8.50 Uhr starten wir im Melchtal von Turrenbach P.985. In normalen, aber zügigem Marschtempo sind wir nach 38 Minuten am Ende der Fahrstrasse bei Unter Boden P.1455. Weiter geht es über den noch schneefreien Bergweg und zuletzt einige Schrofenhänge an den Einstieg, den wir nach total 1000hm Aufstieg um 10.17 Uhr erreichen. Ging beim Anmarsch noch ein kühler Bergwind, sind die Temperaturen hier höchst angenehm. Wir vespern noch etwas, um 10.40 Uhr kann es dann losgehen.

Die gut 200m hohe Südwand am Ofen. Gut 15 MSL-Touren gibt es hier in diesem Sektor, der Hauptwand.
SL 1, 35m, 6c+: in zwei mir vorliegenden Berichten wird vor der herben Natur der ersten Seillänge gewarnt. Anspruchsvolle Absicherung und anhaltende Schwierigkeiten würden sie zur Crux in Sachen Hochkommen machen. In der Praxis folgt nach ein paar unschönen Startmetern mit Gras und hohlen Blöcken sehr gute Kletterei in bestem Fels. Senkrechtes Gelände, gespickt mit kleinen Grifflein an den richtigen Stellen, geht tiptop auf. Mässig abgesichert (xx), aber im Prinzip eine gängige 6c+.

SL 1 (6c+). Es hat schon regelmässig Bohrhaken, aber die Sache ist ernster, wie man auf den ersten Blick vermutet.
SL 2, 40m, 6b: zum Auftakt die Crux mit griffiger, leicht überhängender Kletterei an Querleisten. Weil der erste BH hoch steckt, droht ein unangenehmer Sturz in den Stand. Danach wird die Kletterei einfacher, dafür steckt nicht mehr viel, die Felsqualität lässt auch etwas nach. Ein 12m-Runout kann nicht entschärft werden, der Bolt kommt erst bei einer guten Friendstelle!?! Insgesamt: halt relativ easy, aber expo (xx).

Na ja, von SL 2 (6b) sieht man auf diesem Bild nur die letzten Meter. Dafür den imposanten Weiterweg sehr gut.
SL 3, 15m, 7b: hier wartet der erste überhängende Wulst. In leicht brüchigem Fels kommt man bei guter Absicherung (xxxx) athletisch aber problemlos unter die Dachlippe. Darüber hinweg wartet ein heftiger Boulder mit ganz und gar nicht einfach zu lesender Sequenz, bzw. einer eher unterwarteten Lösung. Dann einfach hoch aufs Querband und einige Meter nach rechts.

In der Crux von SL 3 (7b). Echt zäher Boulder an dieser Stelle, oberhalb vom Dach hat es nur noch schlechte Aufleger.
SL 4, 35m, 7b+: zum Start wieder eine stark überhängende Stelle: die ersten Meter noch nicht so schwer, griffig und leicht brüchig. Bald aber perfekter Fels und die Crux, wo man sich an einer Schuppe etablieren muss und mit einigen Vollgas-Gegendruckzügen zu den Henkeln oberhalb retten muss. Danach bleibt die Länge anhaltend, technische Kletterei an Querrillen und Tropflöchern wartet. Am Ende dann einfacher einer Verschneidung/Schuppe entlang, wo es dienlich ist, zwei Friends oder Keile dabeizuhaben.

Blick auf SL 4 (7b+). Die Crux bereits passiert, nun geht's im weniger steilen, aber anhaltend technischen Gelände zur Sache.
SL 5, 20m, 7a: technische Kletterei an perfektem Fels mit kleinen Schüpplein und Tropflöchern. Der Start ist gut gesichert. Nach dem dritten BH wartet die rund 3m lange Cruxsequenz, welche etwa 1m über dem Haken beginnt und daher (bei gutem Sturzgelände) zwingend in einem Runout gemeistert werden muss. Bretthart für 7a, sehr gute Fusstechnik ist obligatorisch. Falls nötig, könnte man hier über die unmittelbar daneben verlaufende Kreml auskneifen.

Der Fels wie Spritzbeton: SL 5 (7a). Der Hexer hat gut lachen, zwar kurz in Bedrängnis gekommen, aber souverän drübergeklettert!
SL 6, 35m, 7b: zuerst wartet eine ausladende Dachzone, wo wie überall in diesem Gelände, der Fels zwar griffig-leistig, aber nicht von allerbester Qualität, d.h. teils ein wenig brüchig ist. Dafür ist die Absicherung perfekt (xxxxx). Mit viel Kraft und Ausdauer geht es bis zur Dachlippe, wo wir die Crux erwarten. Von einem Griffausbruch und dem Vorschlag 8a haben wir gelesen. Mit einem Untergriffzug kann die Stelle aber gut überwunden werden. Bis zum Stand hoch folgt dann noch sehr schöne Tropflochkletterei im 7a-Bereich. Weite Züge und etwas raumgreifendere Absicherung erfordern dort gewisse Reserven.

Eine weitere steile Dachzone wird in SL 6 (7b) überwunden.
SL 7, 40m, 7b: zum Abschluss wartet nochmals eine Power-Seillänge. Über ein erstes, noch griffiges Dach hinweg geht es zur Steilzone, wo an kleinen Leisten der letzte Strom aus den Armen gesogen wird. Der Fels auch da nur 1b, nicht 1a, die Absicherung (xxxx). Ein Riss führt einen dann endlich in weniger steiles Gelände, wo man über einen letzten Überhang auf der Route Kreml das Top erreicht.

Die letzte SL (7b) ist nochmals brutal athletisch. Wer den Schalter für den Notstrom nicht findet, packt das nicht mehr.
Um 16.10 Uhr sind wir nach 5.5 Stunden Kletterei oben. Das war jetzt keine Speedbegehung, aber die anhaltende und sehr kräfteraubende Kletterei braucht einfach seine Zeit, vor allem wenn man man alles freiklettern will oder gar auf einen Onsight zielt. Mein Seilpartner war bis zur Crux der letzten SL in einem perfekten Onsight unterwegs, bis auf der Zielgerade doch noch der Saft ausging, schade. Dennoch eine herausragende Performance, herzliche Gratulation!

Auf der Nordseite liegt bereits Schnee, zwecks eines bequemeren Abseilens wechseln wir aber trotzdem rüber zur zentralen Abseilpiste. Weil ich mal kurz etwas penne, finden wir uns dann zwar auf der Route Lügispiel wieder, wo wir aber ebenfalls problemlos an den Einstieg gelangen. Um 16.50 Uhr machen wir uns raschen Schrittes auf den Weg ins Tal. Um 17.45 sind wir retour beim Auto, es hat gerade noch vor der Dunkelheit gereicht, ohne dass wir die Stirnlampe hätten einschalten müssen.

Facts:

Ofen - Planet der Affen 7b+ (7a obl.) - 7 SL, 210m - Kübler/Nuber 2002 - ****, xxx
Material: 12 Express, Camalots 0.3-0.75 dienlich, 2x50m-Seil

Mit Sicherheit eine der zwei, drei anspruchsvollsten Routen am Ofen mit anhaltend schwerer, oft athletischer Dach- und Überhangkletterei an Leisten, aber auch einigen fordernden, technischen Passagen an Tropflöchern, Querrillen und Schüpplein. Der Fels ist in den weniger steilen Zonen meist perfekt und rauh, insbesondere in den bzw. zu Beginn der grossen Dachzonen manchmal auch leicht brüchig, dennoch aber gut kletterbar. Die Absicherung fällt gerade im einfacheren und technischen Gelände manchmal fordernd aus (xx-xxx), während die steilen Dächer mit den Schlüsselstellen durchwegs gut gesichert (xxxx-xxxxx) sind.

Wissenswertes:

Der Ofen liegt im Jagdbanngebiet Huetstock. In verschiedenen Tourenberichten (1,2) liest man, dass vom 15.11. bis 15.5. nicht geklettert werden darf. Vor Ort finden sich aber keine solchen Hinweise, auch im Internet konnte ich die Regelung nirgendwo verifizieren. Ich bin daher der Überzeugung, dass diese Regelung aktuell nicht mehr gültig ist. Im Jagdbanngebiet ist es hingegen ganzjährig verboten "Wintersportarten verboten ausserhalb markierter Pisten, Routen und Loipen" zu betreiben, so steht es in der Verordnung über die eidgenössischen Jagdbanngebiete (PDF).

Das Klettern wird in dieser Verordnung nicht erwähnt. Da es ganz eindeutig keine Wintersportart ist, interpretiere ich den Gesetzestext so, als dass man am Ofen klettern darf, so lange kein Schnee liegt und man zu Fuss zur Wand aufsteigen kann. Oft ist das bis in den Dezember hinein der Fall, und auch im April geht die Saison nach einem trockenen und warmen Frühling bereits wieder los. Für die Tiere, um deren Schutz es ja letztlich gilt, dürfte vorwinterliches Klettern bei schneefreien Verhältnissen unproblematisch sein. Achtung, diese Angaben sind erstens ohne Gewähr und können zweitens auch wieder ändern. Man informiere sich also über die aktuell geltenden Vorschriften (z.B. hier)! Update vom 7.10.2013: die neuste Vereinbarung verbietet das Klettern vom 15.11.-15.5. jeder Saison, mit zusätzlichem, freiwilligem Kletterverzicht (was immer das heissen mag...) bis jeweils am 15.6.. Nachzulesen ist dies alles in der Luzerner Zeitung

Die Nordhänge sind bereits ein bisschen angezuckert, auf dem Weg zum Einstieg, bzw. an den Südhängen generell ist es noch aper.
Eine weitere Besonderheit am Ofen ist die Tatsache, dass in der Literatur eine Marschzeit von 2:45 Stunden angegeben wird. Zusammen mit der Tatsache, dass +/- die Hälfte des Zustieg über eine mit Fahrverbot belegte Strasse verläuft, wird dieses häufig missachtet. Dies sorgt vor Ort für viel böses Blut, und Bussen im Ausmass von 250 bis 400 CHF werden oft verteilt. Man solle also Strasse zum Unter Boden keinesfalls mit dem Auto befahren. Zu Fuss braucht man bis dahin aber lediglich 40 Minuten, und auch den Wandfuss hat man aus dem Tal schon nach 1.5 und nicht erst nach fast 3 Stunden erreicht! Die Sonne bescheint die Einstiege im Herbst übrigens ab etwa 10.00 Uhr (Winterzeit), allzu früh muss man also nicht aufbrechen.

Die Route wurde von den Erstbegehern mit UIAA-Graden bewertet. Die 9- der Cruxlänge habe ich zu 7b+ übersetzt, die drei SL die 8+ waren, zu 7b. Keine davon ist geschenkt und wesentlich einfacher als die schwerste Länge, somit erscheint mir dies gerechtfertigt. Für die 6. SL hat ein namhafter Alpinkletterer im Wandbuch gar den Grad 8a vorgeschlagen - was wir beide jetzt nicht unterstützen können. Aber es zeigt doch einmal, dass es sich nicht um einen vertikalen Spaziergang handelt, der mal gehörig abgewertet gehört.

Das Leuchten der Schneeberge: have a good night, and a good winter, Ofen!
Gemäss Wandbuch hat die Route bisher 20 Begehungen erhalten. Nach Selbstdeklaration haben die Erstbegeher keinen Rotpunkt realisieren können. Im Wandbuch gibt es auch keinen Hinweis, dass ein Wiederholerteam dies geschafft hätte. Vielleicht könnte man also noch eine Trophäe abholen! Aber maybe war der Rotpunkt-Gorilla ja still und heimlich erfolgreich: z.B. jener Ofen-Aficionado, der die Tour schon 3x oder 4x geklettert hat ;-) ?!?

Anzumerken ist auch noch, dass in der Tour verzinktes Hakenmaterial eingesetzt wurde. Einige Dübel sehen doch schon arg verrostet aus. Sollte ein Haken an einer neuralgischen Stelle bei einem Sturz versagen, so kann es dann definitiv echt gefährlich werden.

Das Topo zur Route kann man hier herunterladen.

Das Topo zur Route Planet der Affen (7b+)