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Samstag, 16. November 2013

Schmalstöckli - Papillon (7b)

Der November ist für den Tourengänger ein schwieriger Monat: zu kalt zum Klettern, zu warm fürs Eis und zum Skifahren hat es noch zu wenig Schnee. Am heutigen Tag hätte man genau in dieses Dilemma kommen können. Mit ein bisschen Wetteranalyse und Webcam-Studium wurde dann aber der Plan gemacht: die Latten blieben noch im Keller, stattdessen sollte es ins Lidernengebiet gehen, um am Schmalstöckli in der Route Papillon (5 SL, 7b) noch einmal trocken-sonnig-warmen Fels zu geniessen. Und ja, der Plan ging mehr als auf!

Blick von der Bergstation Gitschen in Richtung Lidernenhütte und zum etwa 30 Minuten entfernten Schmalstöckli.
Mit der Luftseilbahn gelangten wir bequem vom Chäppeliberg nach Gitschen. Aber Achtung, die Bahn hat im Moment bestenfalls Weekend-Betrieb. Dort schnürten wir die Schneeschuhe und watschelten durch doch erstaunlich viel und an den Schattenlagen vor allem besten pulvrigen Schnee an der verwaisten Lidernenhütte vorbei gen Fels. Wir mussten eine frische Spur legen, auf diese Weise waren wir doch eine gute halbe Stunde unterwegs. Am Wandfuss folgte dann der Wechsel von der Winterausrüstung aufs Sommertenue und das Felsgear. Um ziemlich genau 12.00 Uhr konnte es losgehen mit der Kletterei.

Selbst der Zustieg mit Schneeschuhen hoch über dem Nebelmeer war heute ein Genuss. Am Südhang heizte die Sonne schon ein.
SL 1, 6b: Die anspruchsvollsten Meter kommen gleich zu Beginn, der Fels ist hier ziemlich kleingriffig und etwas splittrig. Danach klettert man einen Links-/Rechtsbogen in einfacherem Gelände, am Schluss folgt dann schöner grauer Fels mit einer noch ziemlich interessanten Hinsteh-Stelle.

Die letzten Meter in SL 1 (6b) bieten prima Klettergenuss.
SL 2, 5c: Steiler Start in einer Verschneidung, die 5c-Methode haben wir dabei beide nicht gefunden, sondern eher so etwas in Richtung 6a+ geklettert. Keine Ahnung, ob es auch einfacher ginge, aber egal. Nach etwa 10-15m trifft man auf die Route 'Lange Kombination', welcher man über etwa 15m folgt, dabei deren Klebehaken-Stand überklettert und dann an offensichtlicher Stelle links abbiegt.

Tolle Kletterei in SL 2 (5c)
SL 3, 7b oder 6b A0: Nun folgt bereits die Crux. Schon bereits der Start hinauf zum zweiten Bolt ist nicht ganz banal und dann wird es fein. Onsight kann ich hier nicht passieren: zwar auf die richtige Sequenz gesetzt, aber den Trick wie man den entscheidenden Griff fassen muss habe ich erst gerafft, nachdem ich schon falsch dran war und nicht mehr korrigieren konnte. Nach einer kurzen Bouldersession ist die Sache aber entschlüsselt: man muss am zweiten Bolt etwas nach links traversieren, rechts hoch oben einen Seit-/Untergriff sauber fassen und dann dynamisch mit links an einen ersten Sloper ziehen, und gleich an einen zweiten, besseren Sloper verlängern. Dann noch kurz etwas fein und fusstechnisch dranbleiben, gefolgt von griffigerer Ausdauerkletterei, bevor man in zuletzt einfacheres Gelände entlassen wird. Im zweiten Go kann ich die Länge punkten.

Bildmittig geht es in SL 3 (7b) hoch. Die Crux ist das Überwinden des Dächleins leicht oberhalb der Bildmitte.
SL 4, 5c: Prima Kletterei in sehr schönem Fels, zuerst einem System von griffigen Schuppen entlang und dann über einige henklige Aufschwünge hinweg. Hier hat Kathrin wieder mal einen Vorstieg in einer Alpinroute gewagt und sauber reüssiert, gratuliere!

Kathrin on lead in der sehr schönen SL 4 (5c).
SL 5, 6a: Weitgehend gemütliche Seillänge, zu Beginn stellt sich ein kurzer, griffiger Wulst in den Weg, zum Schluss wartet noch eine etwas plattige Stelle, bevor man wieder griffige Schuppen zu fassen kriegt. 

Kathrin in der finalen Crux von SL 5 (6a). 
Der letzte Stand befindet sich dann wenige Meter unterhalb der Kante und wurde von uns um etwa 14.30 Uhr nach rund 2.5 Stunden Kletterei erreicht. Nach oben aussteigen wäre gut möglich, das wollten wir indessen nicht, weil dort oben ja wieder der Winter herrschen würde. In der Wand war es nämlich sehr angenehm warm gewesen, zum Klettern war das T-Shirt das richtige Tenüe. Ebenfalls war die ganze Route trocken und in besten Bedingungen gewesen.

Der Kletterspass kam heute ganz und gar nicht zu kurz!
Wir machten uns ans Abseilen. Die Seillängen sind alle zwischen 25-30m lang und jeder Stand ist zum Abseilen eingerichtet. So kommt man auch mit 1x60m-Seil wieder zuverlässig hinunter, 5 Manöver sind dann nötig. Mit langen 50m-oder gar 60m-Doppelseilen sind hingegen nur 3 Sequenzen nötig. Zum Ende des Abseilens dann wieder die übliche Parodie: in Sommerkleidung kommt man angerauscht und steht plötzlich im Schnee. Wir blicken auf die Uhr (15.05 Uhr), das sollte mit etwas Beeilung noch auf die Bahn um 15.30 Uhr reichen. Tut es dann auch. Während wir talwärts fahren sehen wir , wie das Schmalstöckli gerade noch von den letzten Sonnenstrahlen beschienen wird, bald darauf tauchen wir wieder ins eklig kalte und feuchte Nebelmeer ein.

Der Wechsel zurück auf die Winterausrüstung. Am Seil hängend geht's bequemer...
Einen tollen Tag hatten wir an der Sonne genossen und waren bei angenehmer Wärme eine wirklich schöne Route geklettert. Ja bei diesen äusseren Bedingungen hatte selbst der Anmarsch mit den Schneeschuhen schon grossen Spass gemacht. Zudem war mir die kleine Herausforderung in der Cruxlänge im zweiten Anlauf in freier Kletterei gelungen, somit war es auch vom sportlichen Aspekt her einen lohnenswerte Sache. Was kann man da noch mehr wollen - nichts, das war jetzt einfach ein hochzufriedener Tag.

Facts

Schmalstöckli - Papillon 7b (6b obl.) - 5 SL, 140m - B. & K. Müller, R. Bunschi 1992/2011 - ***;xxxx
Material: 8 Express, 1x60m Seil, Keile und Friends nicht nötig

Nette Geniessertour, welche man wohl bevorzugt an einem Herbst- oder Wintertag über dem Nebelmeer klettert. Die Wand ist an geeigneten Hochdrucktagen in der kalten Jahreszeit meist in guten Verhältnissen und der Zustieg ist problemlos. Geboten kriegt man in der Papillon über weiteste Strecken tiptop griffigen, soliden und rauhen Kalk mit prima Kletterei, nur einige wenige Passagen sind kurz etwas weniger schön. Während sich die Schwierigkeit meist im Bereich von 5c+/6a bewegt, so fordert die dritte Länge mehr: frei dürfte der vorgeschlagene Grad von 7b in etwa hinkommen. Wer sich an entscheidender Stelle 2x am BH bedient, kommt mit 6b durch, dieser Grad muss dann allerdings auch ziemlich zwingend gemeistert werden. Die Absicherung der Route ist an allen Schlüsselstellen sehr gut ausgefallen. Im einfacheren Gelände muss man hie und da auch etwas über die Haken steigen, doch alles ist im grünen Bereich, da wird sich niemand fürchten müssen.

Den Originalbericht mit Topo findet man auf rauchquarz.ch, oder alternativ hier als druckbares PDF.

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