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Donnerstag, 24. Juli 2025

Chaiserstock - Cyndarella (6c+)

Die Route Cyndarella führt in 6 kurzen Seillängen durch die kleine Westwand am Chaiserstock. Sie wurde 1990 von den Gebrüdern Müller eingerichtet und fiel danach kaum bekannt in einen Dornröschenschlaf. Wenige Wochen vor meiner Tour wurde sie von den Erstbegehern mit modernem Material und einigen zusätzlichen Bohrhaken saniert. Der Bericht auf rauchquarz.ch lockte mit vielversprechendem Text und anmächeligen Bildern. Das war genau die richtige Tour für diesen Freitagnachmittag, für mich quasi eine Zeitreise durch die Jahrzehnte.

Blick auf den Chaiserstock mit seiner Westwand und dem Verlauf der Route Cyndarella (6c+)

Es war nämlich schon über 30 Jahre her, seit ich mit meiner damaligen Freundin am Chaiserstock die Verschlossene (5c) und den Kaminpfeiler (6a) klettern konnte - Erinnerungen für die Ewigkeit. Später kamen dann noch in Verbindung mit einer Skitour S'chli Träumli (6b) und Via Fantastika (6a+) hinzu, zuletzt war es dann Rinderwahn (6c). Die letztere Tour fand vor bald 16 Jahren statt, als Kathrin mit Larina schwanger war. Und diese Larina spielte auch für die Gestaltung der hier beschriebenen Tour eine wesentliche Rolle. Vor ihrem Aufbruch an den EYC in Bologna wollte ich vormittags mit ihr noch die Aktivierung bestreiten und Zmittag essen. Danach war ich frei, doch mit dieser Tagesplanung und eher exotischen Ideen mit einem Bike, Hike & Climb-Triathlon gelang es mir an diesem Freitagnachmittag in den Sommerferien nicht, eine Begleitung zu organisieren. Doch ohne zu hadern machte ich mich alleine auf den Weg.

Wunderschön die Aussicht auf der Bike-Zufahrt von Morschach ins Riemenstaldental.

Meine Tour startete in Brunnen und führte mich zuerst per Bike nach Morschach, dann hoch über dem Vierwaldstättersee in aussichtsreicher Lage auf teilweise coolen Trails ins Riemenstaldental und schliesslich nach Käppeliberg (13km, +900hm). Von der Luftseilbahn nach Spilau machte ich gerne Gebrauch, ich konnte unmittelbar einsteigen und wenige Minuten später meine Wanderung zum Chaiserstock starten (3.5km, +600hm). Diese kam mir nicht eben kurz vor: trotz zügigen Schrittes brauchte ich schliesslich 70 Minuten, bis ich am dank Wandbild und dem BH mit Raumer-Plättli und Bächli-Logo problemlos zu identifizierenden Einstieg anschlug. Nun war erst einmal eine Pause fällig. Um ca. 15.45 Uhr bepuderte ich das erste Mal meine Hände im Chalkbag und legte kurz darauf los.

Begegnung am Wegesrand unterwegs zum Chaiserstock.

L1, 25m, 6c+:  Der erste Schritt ist gleich der schwierigste der ganzen Route. Wirklich, das Abheben vom Boden ist nicht trivial (5C/6A bloc), könnte aber falls nötig per Textilgriff entschärft werden. Sorgfältig hatte ich alle Griff- und Trittmöglichkeiten vom Boden aus abgescannt und eine Beta visualisiert. Diese konnte ich dann sauber ausführen. Hat man einmal die Henkel für den Klipp des zweiten BH in der Hand, so kommt die Sache deutlich zahmer daher. Erst heisst es noch etwas dranbleiben an wasserzerfressenem Fels, was man aber recht gut wegstehen kann. Bald lässt es definitiv nach, man quert nach rechts und erreicht durch eine einfachere Verschneidung den Stand.

Durch diese einfachere Verschneidung führt der obere Teil von L1 (6c+).

L2, 25m, 6a: Auf einem Band geht's ein paar Meter nach rechts, dann folgen 15m an Top-Kletterei in exzellentem Premier-Cru-Fels à la Rätikon. Gut abgesichert, wobei die schwierigste Stelle doch recht zwingend zu meistern ist!? So kam es mir jedenfalls vor. Schon zu bald erreicht man ein nächstes Bändersystem, der zuerst nicht sichtbare Stand befindet sich gerade voraus.

Weil die Sonne fehlt, kommt es auf dem Foto nicht so zur Geltung. Doch in diesem Abschnitt von L2 (6a) ist der Fels von der Marke Extraklasse!

L3, 30m, 5c: Dieser Abschnitt hat den Charakter von einem Überführungsstück. Erst über durchzogenes Gelände leicht linkshaltend hinauf, etwas gesucht über eine Steilstufe hinweg in wiederum gestuftes Terrain. Dann entweder direkt über das Grasband oder mit einer kleinen Zusatzaufgabe links zum nächsten bequemen Stand. Um meinen Füssen eine Pause zu gönnen, habe ich diese Seillänge im Nachstieg mit den Turnschuhen geklettert, was problemlos ging - von mir aus gesehen leichtverdaulich für 5c.

Da wird sich manch einer denken: sieht auf dem Foto besser aus, wie der Text beschreibt. Zudem stecken die Haken in L3 (5c) etwas links vom Seilverlauf (in voller Auflösung sind sie erkennbar). Hier war es aber wegen dem Verlauf deutlich günstiger, die Exen beim Abseilen schon auszuhängen.

L4, 25m, 6a+: Die kompakte Platte zu Beginn ist eines der Highlights der Route. Einige gute Griffe und ein Mantle führen noch recht kommod zum zweiten Klipp. Für den dritten muss man sich dann schon ein wenig anstrengen und gescheit auf die Füsse stehen (oder notfalls auf den zweiten BH). Nachher folgt dann ein weiter Hakenabstand, wo zwingend über die Platte geschritten werden muss. Ohne zu viel verraten zu wollen: Augen auf, der einfachste Weg ist nicht jener in direkter Hakenlinie. Und auch wenn es etwas einschüchternd aussieht: hat man den Haken einmal überstiegen, so lassen die Schwierigkeiten nach, es geht dann schon. Ist der nächste BH geklippt, geht's dann leichter diagonal nach rechts zum baldigen Stand. Ich würde sagen, die Platte ist der forderndste Abschnitt der Route, wobei die 6a+ im Vergleich zu meinen kürzlichen Erfahrungen an der Handegg allerdings deutlich gutmütiger ist. Caveat: ich klettere auf Reibung lieber im rauen Kalk als im glatten Granit, zudem sollte man Handegg-Bewertungen besser nicht als Referenz verwenden. Zuletzt ein Hinweis: wie es im Bericht von Bruno geschrieben steht, wer die Platte nicht packt, kann mit einem Pendler in den Riss rechterhand auskneifen.

Rückblick auf die kompakte Platte, über welche L4 (6a+) verläuft. Der längere Abstand gut sichtbar.

L5, 15m, 5c: Achtung Verhauergefahr, die gut sicht- und erreichbaren BH rechts gehören zum Westwandpfeiler, Cyndarella führt relativ unscheinbar links über den Riegel hinweg, welche durch eine Art Verschneidung in 3d-Manier erstaunlich einfach erklommen wird. Bald danach kommt schon der Stand, wer sich sicher fühlt, kann die ebenfalls recht kurze folgende SL gleich anhängen. 

Blick auf die 3d-Verschneidung in L5 (5b), unten wo die Ecke im Seilverlauf ist, befindet sich der Stand nach L4 (6a+). Im Ropesolo-Modus liessen sich diese beiden Abschnitte problemlos verbinden (ca. 35m Kletterstrecke). Das geht sicher auch in Seilschaft mit Verwendung einer langen Exe am Stand, wobei sich der Link L5/L6 noch deutlich mehr anbietet.

L6, 20m, 6b: Nochmals ein sehr schöner Abschnitt mit rätikonartigem Fels und Steilplattenkletterei. Die mit 6b (oder 6a A0) angegebene Stelle im ersten Drittel konnte ich so nicht nachvollziehen. Dazu müsste man schon übertrieben direkt in Hakenlinie klettern. Links gibt's hingegen gute Griffe, von welchen man die Bolts problemlos klippen kann (selbst das ursprüngliche, noch 20cm weiter rechts steckende Exemplar). Denke mehr wie 6a ist das nicht?! Weiter geht's direkt aufwärts, ganz am Ende wird der Fels etwas rund und staubig, kurz vor dem Ausstieg kann wohl drückende Nässe ein Problem darstellen.

Ausblick auf die letzte Seillänge (L6, 6b), die nochmals tollen Fels bietet.

Etwas vor 18.30 Uhr und damit nach rund 2:45h Kletterei hatte ich das Top in einer einwandfreien Onsight-Begehung erreicht. Im Topo ist nur das Abseilen beschrieben. Doch meine Vermutung, dass man nach oben aussteigen kann und dann zu Fuss weiter, bestätigte sich zum Glück (20m rechts vom Ausstieg beginnt zudem die Rampen-Abseilmöglichkeit bei einer Eisenstange). Nachdem ich mein Material gepackt hatte, lief ich die wenigen Schritte hoch zum markierten Bergweg, über welchen man in ein paar Minuten das Gipfelkreuz erreichen kann. Eine absolut fantastische Aussicht bei einer Top-Abendstimmung erwartete mich - welch ein Genuss, dem ich mich gerne hingab! Natürlich hätte man diesen noch bis zum Eindunkeln zelebrieren können, doch es wartete ja noch ein ziemlich weiter Weg retour nach Brunnen. 

Panorama vom Ausstieg der Route, was für ein wundervoller Abend.

Um 19.00 Uhr ging ich am Gipfel los, stieg über den mit Drahtseilen versicherten Steig via Chaisertor in die Nähe vom Einstieg ab und ging dann ohne übertriebene Eile zurück zur Lidernenhütte (20.00 Uhr). Die Bahn war schon nicht mehr in Betrieb, so dass ich durch das Proholz zu Fuss absteigen musste. Das hatte ich bisher noch nie so gemacht, wobei dies sehr zügig in ~30 Minuten geht und im Vergleich zu einer Bahnfahrt insgesamt kaum zusätzliche Zeit kostet. Es blieb noch der Downhill mit dem Bike, was meist in rauschender Fahrt passiert - wobei zwei Gegensteigungen mit +200hm die Beine nochmals fordern. Um 21.00 Uhr hatte sich der Kreis schliesslich geschlossen. Was für eine geniale und genussvolle Tour war das gewesen!

Fantastisches Ambiente mit tollen Verblauungen am Gipfel des Chaiserstock.

Facts

Chaiserstock - Cyndarella 6c+ oder 6a+ A0 (6a obl.) - 6 SL, 140m - B. & K. Müller 1990 - ***;xxxx
Material: 1x60m oder 2x50m-Seil, 10 Express, Cams/Keile nicht nötig

Sehr schöne, kurze und gut abgesicherte Route mit Plaisircharakter in fantastischer Umgebung. Es gibt drei kurze Stellen (gleich am Einstieg, die Platte in L4, sowie im ersten Drittel von L6) die etwas höhere Schwierigkeiten bieten, jedoch auch mit Hakenhilfe oder einem Pendelquergang umgangen werden können. Der Rest bietet genussvolles Steigen, welches sich meist im fünften Franzosengrad abspielt. Seit der Sanierung durch die Erschliesser im 2025 ist die Route mit rostfreiem Material prima abgesichert, mobiles Material ist nicht nötig. Mit 2x50m-Seilen kann ich 4 Manövern über die Route abgeseilt werden, mit 1x60m und Nutzung jedes Standplatzes (d.h. 6 Manöver) sollte es auch möglich sein. Bequem und zügig ist auch der Fussabstieg über den markierten Steig via Chaisertor. Das Topo zur Route findet man auf der Seite vom Erschliesser Bruno Müller. Vielen Dank für eure Arbeit!

Mittwoch, 15. Januar 2020

Gipfelsammeln im Lidernengebiet

Das aktuell hervorragende Wetter und die günstige Lawinensituation wollten für eine Tour genutzt werden. Somit war es möglich, abseits der üblichen Skitourenrouten unterwegs zu sein und exklusive Ziele zu besuchen. Schon seit längerer Zeit auf meiner Bucket List befand sich Diepen im Riemenstalder Tal. Schlussendlich konnte ich die Tour ohne den Aufwand allzu stark zu vergrössern zu einem Gipfelsammeln im Lidernengebiet erweitern.

Auf dem Siwfass (2180m), links der markante Gipfel vom Hundstock.
In erster Linie liegt das an der Tatsache, dass ich bei meiner Ankunft gleich ohne Wartezeit in die Luftseilbahn nach Gitschen zusteigen konnte. Erst hatte ich nämlich geplant, den Diepen aus dem Tal anzugehen. In einer knappen Stunde ab der Bergstation hatte ich bereits die ersten beiden Gipfel besucht. Nämlich Hagelstock (2181m) auf der Standardroute via Spilauer See und Siwfass (2180m), den man von der Lücke zwischen den beiden Gipfeln westwärts umgeht und dann von Norden einfachh zum Kreuz steigt. Somit waren die ersten 500hm im Kasten und ein günstiger Ausgangspunkt für den ersten Teil der Rotenbalm-Abfahrt gelegt. Die Schneequalität war hier gar nicht mal so schlecht, windgepresster Pulver - ohne Deckel und noch recht genussreich zu befahren. Auf 1800m kamen die Skis wieder zu stehen und die Felle mussten erneut aufgezogen werden.

Blick vom Siwfass über das Abfahrtsgelände zum markanten Diepen (2221m), rechts davon der Tibistock (2022m).
Als nächstes geht's nun bis 40 Grad steil zum Übergang Firtiggrätli (1959m). Schon anhand der Karte und aus der Ferne schien es mir attraktiv, noch den Abstecher zum Tibistock (2022m) zu machen. Er wird aber gegen Süden von einer Felsbarriere verteidigt, somit war unsicher, ob dies realisierbar wäre. Aus der Nähe schien es nicht komplett undenkbar, also wollte ich es versuchen. Direkt an der Südkante wartet ein Auftakt, ca. 5m etwas plattige Kletterei im 3. Schwierigkeitsgrad. Die Stelle ist aber wenig exponiert, so war es gut zu machen. Danach einfacher im T5-Gelände zum schmucklosen Gipfelplateau, Abstieg danach auf derselben Route, danach kurze Abfahrt mit Fellen zurück zum Firtiggrätli.

Der Tibistock (2022m). Von Süden aufgrund der Felsbarriere nur mit Kletterei im 3. Grad zu erreichen.
Ab dort wird nun die sehr steile Nordflanke des Diepen gequert. Die Hänge die man begeht, sind gegen 40 Grad steil, weiter oben ist die Neigung noch extremer. Hier darf also nichts ins Rutschen kommen! Danach erreicht man wieder gutmütigeres Gelände, bevor man in die neuerlich sehr steile NW-Flanke des Diepen (2221m) einsteigt. Diese war stark abgeblasen (dürfte wohl oft so sein), nur in den Rinnen lag ausreichend Schnee. Wenn man sich an die mit Ski machbare Route hielt, war's bis 45 Grad steile und gerade noch so mit den Fellen gangbar. Für die letzten 50hm deponierte ich dann wegen Schneemangel die Ski. Auch hier war der Gipfel wieder schmucklos - kein Kreuz, kein Steinmann, kein Gipfelbuch. Untrügliches Zeichen, dass er wohl nur selten besucht wird. Zurück bei den Brettern zog ich die Felle ab und schwang mit Genuss die mit einer lockeren Schicht auf kompakter Unterlage bedeckten Steilhänge ab. 

Blick vom Äbneter Stöckli auf die steile NW-Flanke des Diepen (2221m), über welche der Aufstieg verläuft.
Nun ging's zum letzten Gipfel: mit ca. 60hm Aufstieg liess sich auch noch das Äbneter Stöckli mitnehmen. Wenn viel Schnee liegt, ist dieses ab dem Sattel kaum oder nur schwer zugänglich. Doch links (südseitig) vom teilweise scharfen Grat waren die Steilwiesen grossmehrheitlich aper. Somit liess ich die Bretter im Sattel deponiert und ging zu Fuss zu diesem letzten Gipfelziel meiner Reise und wieder zurück. Danach stach ich die 35-40 Grad steilen Nordhänge nach Äbnet hinunter, der Schnee auch hier windgepresst pulvrig, Marke "ganz ordentlich". Von Äbnet geht's im Bereich des auf der LK verzeichneten Sommerwegs rechts vom Bach zu den Hütten von Alplen runter. Das Gelände ist gut befahrbar, auch wenn man ein paar Schwünge zwischen Erlengebüsch hindurch machen muss. Während in den Rinnen Deckelschnee war, war dieser auf den Rücken noch locker. Die letzten 200hm ab Alplen zurück zum Ausgangspunkt Chäppeliberg über hartgefrorenen Schnee und auf der teilweise vereisten Strasse waren dann kein Genuss mehr, aber doch immerhin gut mit den Ski zu befahren.

Das Äbneter Stöckli (2087m). Aufgestiegen wird über den Ostgrat links, was südseitig zu Fuss (da aper) ging.

Facts

5-Gipfel-Rundtour im Lidernengebiet
Ski-Schwierigkeit ZS+, total ca. 1050hm Aufstieg und 1600hm Abfahrt
Nur bei sicheren Lawinenverhältnissen machbar, normale Skitourenausrüstung ausreichend

Übersicht vom Gipfel des Diepen über die westliche Lidernen Ski-Arena, die nur selten begangen wird.

Samstag, 16. November 2013

Schmalstöckli - Papillon (7b)

Der November ist für den Tourengänger ein schwieriger Monat: zu kalt zum Klettern, zu warm fürs Eis und zum Skifahren hat es noch zu wenig Schnee. Am heutigen Tag hätte man genau in dieses Dilemma kommen können. Mit ein bisschen Wetteranalyse und Webcam-Studium wurde dann aber der Plan gemacht: die Latten blieben noch im Keller, stattdessen sollte es ins Lidernengebiet gehen, um am Schmalstöckli in der Route Papillon (5 SL, 7b) noch einmal trocken-sonnig-warmen Fels zu geniessen. Und ja, der Plan ging mehr als auf!

Blick von der Bergstation Gitschen in Richtung Lidernenhütte und zum etwa 30 Minuten entfernten Schmalstöckli.
Mit der Luftseilbahn gelangten wir bequem vom Chäppeliberg nach Gitschen. Aber Achtung, die Bahn hat im Moment bestenfalls Weekend-Betrieb. Dort schnürten wir die Schneeschuhe und watschelten durch doch erstaunlich viel und an den Schattenlagen vor allem besten pulvrigen Schnee an der verwaisten Lidernenhütte vorbei gen Fels. Wir mussten eine frische Spur legen, auf diese Weise waren wir doch eine gute halbe Stunde unterwegs. Am Wandfuss folgte dann der Wechsel von der Winterausrüstung aufs Sommertenue und das Felsgear. Um ziemlich genau 12.00 Uhr konnte es losgehen mit der Kletterei.

Selbst der Zustieg mit Schneeschuhen hoch über dem Nebelmeer war heute ein Genuss. Am Südhang heizte die Sonne schon ein.
SL 1, 6b: Die anspruchsvollsten Meter kommen gleich zu Beginn, der Fels ist hier ziemlich kleingriffig und etwas splittrig. Danach klettert man einen Links-/Rechtsbogen in einfacherem Gelände, am Schluss folgt dann schöner grauer Fels mit einer noch ziemlich interessanten Hinsteh-Stelle.

Die letzten Meter in SL 1 (6b) bieten prima Klettergenuss.
SL 2, 5c: Steiler Start in einer Verschneidung, die 5c-Methode haben wir dabei beide nicht gefunden, sondern eher so etwas in Richtung 6a+ geklettert. Keine Ahnung, ob es auch einfacher ginge, aber egal. Nach etwa 10-15m trifft man auf die Route 'Lange Kombination', welcher man über etwa 15m folgt, dabei deren Klebehaken-Stand überklettert und dann an offensichtlicher Stelle links abbiegt.

Tolle Kletterei in SL 2 (5c)
SL 3, 7b oder 6b A0: Nun folgt bereits die Crux. Schon bereits der Start hinauf zum zweiten Bolt ist nicht ganz banal und dann wird es fein. Onsight kann ich hier nicht passieren: zwar auf die richtige Sequenz gesetzt, aber den Trick wie man den entscheidenden Griff fassen muss habe ich erst gerafft, nachdem ich schon falsch dran war und nicht mehr korrigieren konnte. Nach einer kurzen Bouldersession ist die Sache aber entschlüsselt: man muss am zweiten Bolt etwas nach links traversieren, rechts hoch oben einen Seit-/Untergriff sauber fassen und dann dynamisch mit links an einen ersten Sloper ziehen, und gleich an einen zweiten, besseren Sloper verlängern. Dann noch kurz etwas fein und fusstechnisch dranbleiben, gefolgt von griffigerer Ausdauerkletterei, bevor man in zuletzt einfacheres Gelände entlassen wird. Im zweiten Go kann ich die Länge punkten.

Bildmittig geht es in SL 3 (7b) hoch. Die Crux ist das Überwinden des Dächleins leicht oberhalb der Bildmitte.
SL 4, 5c: Prima Kletterei in sehr schönem Fels, zuerst einem System von griffigen Schuppen entlang und dann über einige henklige Aufschwünge hinweg. Hier hat Kathrin wieder mal einen Vorstieg in einer Alpinroute gewagt und sauber reüssiert, gratuliere!

Kathrin on lead in der sehr schönen SL 4 (5c).
SL 5, 6a: Weitgehend gemütliche Seillänge, zu Beginn stellt sich ein kurzer, griffiger Wulst in den Weg, zum Schluss wartet noch eine etwas plattige Stelle, bevor man wieder griffige Schuppen zu fassen kriegt. 

Kathrin in der finalen Crux von SL 5 (6a). 
Der letzte Stand befindet sich dann wenige Meter unterhalb der Kante und wurde von uns um etwa 14.30 Uhr nach rund 2.5 Stunden Kletterei erreicht. Nach oben aussteigen wäre gut möglich, das wollten wir indessen nicht, weil dort oben ja wieder der Winter herrschen würde. In der Wand war es nämlich sehr angenehm warm gewesen, zum Klettern war das T-Shirt das richtige Tenüe. Ebenfalls war die ganze Route trocken und in besten Bedingungen gewesen.

Der Kletterspass kam heute ganz und gar nicht zu kurz!
Wir machten uns ans Abseilen. Die Seillängen sind alle zwischen 25-30m lang und jeder Stand ist zum Abseilen eingerichtet. So kommt man auch mit 1x60m-Seil wieder zuverlässig hinunter, 5 Manöver sind dann nötig. Mit langen 50m-oder gar 60m-Doppelseilen sind hingegen nur 3 Sequenzen nötig. Zum Ende des Abseilens dann wieder die übliche Parodie: in Sommerkleidung kommt man angerauscht und steht plötzlich im Schnee. Wir blicken auf die Uhr (15.05 Uhr), das sollte mit etwas Beeilung noch auf die Bahn um 15.30 Uhr reichen. Tut es dann auch. Während wir talwärts fahren sehen wir , wie das Schmalstöckli gerade noch von den letzten Sonnenstrahlen beschienen wird, bald darauf tauchen wir wieder ins eklig kalte und feuchte Nebelmeer ein.

Der Wechsel zurück auf die Winterausrüstung. Am Seil hängend geht's bequemer...
Einen tollen Tag hatten wir an der Sonne genossen und waren bei angenehmer Wärme eine wirklich schöne Route geklettert. Ja bei diesen äusseren Bedingungen hatte selbst der Anmarsch mit den Schneeschuhen schon grossen Spass gemacht. Zudem war mir die kleine Herausforderung in der Cruxlänge im zweiten Anlauf in freier Kletterei gelungen, somit war es auch vom sportlichen Aspekt her einen lohnenswerte Sache. Was kann man da noch mehr wollen - nichts, das war jetzt einfach ein hochzufriedener Tag.

Facts

Schmalstöckli - Papillon 7b (6b obl.) - 5 SL, 140m - B. & K. Müller, R. Bunschi 1992/2011 - ***;xxxx
Material: 8 Express, 1x60m Seil, Keile und Friends nicht nötig

Nette Geniessertour, welche man wohl bevorzugt an einem Herbst- oder Wintertag über dem Nebelmeer klettert. Die Wand ist an geeigneten Hochdrucktagen in der kalten Jahreszeit meist in guten Verhältnissen und der Zustieg ist problemlos. Geboten kriegt man in der Papillon über weiteste Strecken tiptop griffigen, soliden und rauhen Kalk mit prima Kletterei, nur einige wenige Passagen sind kurz etwas weniger schön. Während sich die Schwierigkeit meist im Bereich von 5c+/6a bewegt, so fordert die dritte Länge mehr: frei dürfte der vorgeschlagene Grad von 7b in etwa hinkommen. Wer sich an entscheidender Stelle 2x am BH bedient, kommt mit 6b durch, dieser Grad muss dann allerdings auch ziemlich zwingend gemeistert werden. Die Absicherung der Route ist an allen Schlüsselstellen sehr gut ausgefallen. Im einfacheren Gelände muss man hie und da auch etwas über die Haken steigen, doch alles ist im grünen Bereich, da wird sich niemand fürchten müssen.

Den Originalbericht mit Topo findet man auf rauchquarz.ch, oder alternativ hier als druckbares PDF.