Die Ostwand der Sulzfluh im Raum Partnun, mit ihren bekannten Routen wie
Rialto, Kathedrale und Abraxas, bildet ein sehr beliebtes Kletterziel. Der
Gruobenbutz steht dabei weniger im Fokus, wobei dieser wie man vernimmt (und es
auch meiner persönlichen Erfahrung entspricht) mutmasslich die beste Route der
Wand ist. Schon lange hatte ich ihn auf der Liste. Dass es nur zur Realisierung
kam, lag dann aber doch an der wegen Unterhaltsarbeiten gesperrten Strasse von
Schuders zum Grüscher Älpli. Unerwartet waren wir da angebrannt und mussten mit
dem Gruobenbutz den Plan B zu Rate ziehen.
Der Blick vom Partnunsee auf die Sulzfluh Ostwand mit dem ungefähren Verlauf vom Gruobenbutz (12 SL, 7a). |
Ein weiteres Mal diesen Sommer (nach der Miss Partnun, der
Baluga und der Sunshine Reggae) starteten wir also vom P6 bei Äbi (Parkgebühr 6
CHF/Tag, ausreichend Kleingeld mitführen). Nach dem Hin und Her war es
inzwischen beinahe 10.00 Uhr geworden, bis wir aufbrachen. Zügigen Schrittes
ging’s am Gasthaus Alpenrösli und am Partnunsee vorbei, schon nach knapp 45
Minuten standen wir unter der Wand des Chli Venedig. Wir richteten unten am
Wanderweg (wo uns später der Abstieg vorbeiführen sollte) ein Depot ein. Von da
erreicht man den nicht näher bezeichneten, aber unmittelbar rechts der
schluchtähnlichen Verschneidung beim vorgelagerten Block gelegenen Einstieg in
ein paar wenigen Minuten. Um ca. 11.00 Uhr ging’s los mit der Kletterei.
L1, 5b, 30m: Gar
nicht so trivial geht’s los, zudem steckt der erste Haken reichlich hoch. Das
Gestein ist nicht von allerbester Qualität, zudem staubig, da häufig vom Wasser
überronnen. Tatsächlich waren denn auch zum Zeitpunkt unserer Begehung noch
einige Griffe feucht und schmierig. Der obere Teil dann etwas einfacher mit ein
paar Stemm-Moves in einem Winkel.
Ein bisschen ein rustikaler Ausstieg aus der sowieso eher rustikalen und für den Grad zähen L1 (5b). |
L2, 6a, 40m: Eine schon deutlich schönere Seillänge, die
aber durchaus sorgfältiges Treten verlangt. Der Fels ist zuerst gar nicht so
üppig strukturiert, etwas abwärtsgeschichtet und ein bisschen glatt. Der zweite
Teil der Seillänge dann ein bisschen einfacher.
L3, 5c+, 45m: Schöne und abwechslungsreiche Kletterei mit
steilen, griffigen Aufschwüngen und einfacheren, wasserrilligen Passagen. Im
oberen Teil muss einmal links um die Kante geklettert werden.
L4, 5c+, 40m: Eine wirklich fantastische Seillänge, welche
mitten durch eine kompakte Platte führt. Dort gibt’s aber auch eine vom Wasser
zerfressene Rinne, welche willkommene Griffe und Tritte bietet.
Auch diese Seillänge ist eine echte Perle (L4, 5c+). |
L5, Grasband: Nun muss etwa 120m über das Grasband zum
oberen Wandteil aufgestiegen werden. Das
Gelände ist problemlos begehbar, Seilsicherung absolut unnötig. Am
schnellsten und bequemsten geht sowas, wenn sich einer aus der Seilschaft
ausbindet und der andere das Seil hinterherzieht. Die Fortsetzung auf der
hellen Platte bei den tiefsten Felsen links der gelben Nische ist mit dem
Originaltopo gut aufzufinden.
Ausblick vom grossen Grasband auf den oberen Wandteil. Die Fortsetzung beginnt leicht rechts der Bildmitte bei der hellen Platte (dort, wo der Felsriegel im Grasband am tiefsten hinabreicht). |
L6, 6a, 45m: Erst gemächliche Plattenkletterei, welche in
der Mitte mit einer zupfigen Stelle aufwartet, die in einem weiten Move zu
bewältigen ist. Die zweite Hälfte dann einfacher und am Schluss etwas grasig.
Der Stand ist deutlich rechts zu suchen.
L7, 6c, 40m: Gemäss Topo scheint’s nun das erste Mal ernst
zu gelten. Rechtsrum über die steile Stufe, dann sehr schön die griffig-steile
Wand hinauf. Beim Ausstieg dann etwas knifflig nach rechts, hier muss man auf
Reibung antreten und auch mal einen Sloper halten. Für eine 6c geht das aber
tiptop.
Griffig-steile Kletterei mit einer etwas sloprigen Reibungsstelle am Schluss in L7 (6c). |
L8, 5b, 40m: Quergang nach rechts und dann aufwärts, dies
entlang einer Verschneidung. Schöne und ziemlich gemütliche Kletterei.
L9, 6a, 50m: Vom Standplatz aus sieht das erste Wändchen
banal aus, aber es täuscht. Klar, allzu mega schwierig ist das nicht, aber
irgendwie doch kniffliger wie man für eine 6a erwarten könnte. Dafür bietet der
Rest in schrofigem Gelände dann keine Schwierigkeiten mehr.
L10, 6c, 45m: Erst eine schöne Wand, die aber von einem
fetten Wasserstreifen durchzogen ist. Wir haben aber Glück und kommen gerade so
ums schmierige Bad herum. An der (gar nicht so brüchigen) Schuppe geht’s hinauf
auf ein Band. Sich mit einem Mantle an einem Kleingriff in der Platte oberhalb
zu etablieren ist die Crux. Original mit 6c+ bewertet, dafür m.E. gutmütig, 6c
dürfte reichen. In der Platte dann tiptope Moves zum Stand.
Rückblick auf die schöne Abschlussplatte von L10 (6c). |
L11, 5b, 50m: Erst noch ein paar Schrofen, dann steilt das
Gelände auf und bietet schöne, plattige Kletterei in rauem Fels.
L12, 7a,
45m: Nun folgt noch das Pièce de Résistance. Während man bis hier von
einer anregend-gemütlichen Route sprechen konnte, wo nur 2 kurze Stellen den
Grad 6c verlangten, warten hier nun anhaltende Schwierigkeiten (die man jedoch
notfalls grösstenteils vermutlich auch A0 bewältigen kann). Und gleichzeitig
mit der Route änderten auch die Bedingungen ihren Charakter. Waren wir bisher
im T-Shirt bei angenehmer Wärme geklettert, so versteckte sich die Sonne nun
hinter einer Quellwolke, dazu ging eine zügige Brise. So waren klamme Finger
und taube Füsse das Thema. Schon die ersten Meter aus dem Stand hinaus schienen
mir recht knifflig, nach ein paar gängigeren Moves kommt man zur Crux. Hier
stecken 3 BH zwar sehr nahe, wobei der dritte aus der Kletterstellung jedoch
nur sehr schwer zu klippen ist. An etwas dubiosen Seitgriffen geht man erst mit
schlechten Füssen auf Gegendruck. Sich nach Auslaufen der Seitgriffe in der
plattigen Wand zu etablieren ist die Herausforderung – ein bisschen eine
Zauberstelle (feingriffig, gutes Antreten nötig). Ziemlich anhaltend geht’s
weiter, erst die letzten Meter bieten dann griffigen Henkelgenuss. Im
Originaltopo war diese Seillänge mit 6c A0 bewertet. In den Kletterführern ist
daraus eine Freikletterbewertung von 6c+ geworden. Meines Erachtens ist das zu
tief und vor allem ein zu kleiner Unterschied gegenüber den deutlich
einfacheren L7 und L10. Laut Lektüre im Wandbuch schlagen denn soweit ich
gesehen habe auch alle, welche eine freie Begehung angeben, einen Grad zwischen
7a und 7b vor. Nachdem ich ein bisschen konservativ sein will, dünkt mich 7a durchaus passend.
Der Rückblick auf die anhaltende L12 (7a) ist mässig fotogen. Man erkennt aber doch den kompakten Fels. |
Die Uhr war inzwischen auf 15.00 Uhr vorgerückt, somit hatte
uns die Route rund 4:00 Stunden beschäftigt. Am Ende von L12 befindet sich das
Wandbuch in einer Gamelle. Von dort geht’s erst durch eine grasige Rinne hinauf
– noch relativ steil, jedoch gut seilfrei möglich, am Ende der Rinne am Grat
befindet sich nochmals ein BH zum Nachnehmen. Aber dort gilt es noch, rund 150m
über den einfachen und kaum exponierten Grat aufs grosse Plateau der
Sulzfluh-Nordabdachung aufzusteigen. Wir hielten uns nicht lange auf und
machten uns gleich rechterhand auf den Abstieg. Dort gilt es kurz Acht zu geben,
dass man nicht fälschlicherweise das Gruobenflüeli überschreitet, sondern
direkt aus dem Sattel hinabsteigt. Der Beginn ist dort nicht so offensichtlich,
während man danach auf eine gute und markierte Wegspur trifft, welche an den
Höhlen vorbei retour zum Depot führt. Rund 50 Minuten nach Ankunft beim
Wandbuch waren wir dort. Nun konnten wir es rollen lassen, zuerst im
übertragenen Sinn am Partnunsee vorbei. Mit dem Erreichen der Strasse aber dann
auch im eigentlichen Sinn – den Trottinettspass retour zum Parkplatz, bzw. sogar bis nach St. Antönien liessen wir uns natürlich
nicht entgehen.
Facts
Sulzfluh – Gruobenbutz 7a (6b obl.) – 12 SL, 470m + 300m Gehgelände – Eggenberger/Stecker 2003 - ***;xxx
Material: 1x50m-Seil, 12 Express, Keile/Friends nicht nötig
Anregende und gemütliche Kletterei, die viele schöne
Passagen in bestem Rätikon-Kalk bereithält. Wie bei allen Routen dieser Zone
gilt es unterwegs einige grasig-schrofige Zonen und Schuttbänder zu passieren.
Das geht in jedem Fall problemlos und stört (je nach persönlicher Einstellung)
den Genuss kaum. Hingegen kommt so natürlich kein richtiges, ausgesetztes
Wandfeeling auf. Die letzte Seillänge stellt mit deutlichem Abstand den
höchsten klettertechnischen Anspruch und befindet sich im 7a-Bereich, dürfte aber
notfalls mit Hakenhilfe deutlich zu entschärfen sein. Der ganze Rest der Route
spielt sich (bis auf die Bänderzonen) recht homogen im 5c/6a-Bereich ab, mit
zwei kurzen Stellen im Bereich von 6c. Die Absicherung an diesen schwierigen
Stellen ist tadellos (xxxx), die einfacheren Stellen sind ebenfalls gut, wenn
auch etwas weiter abgesichert (xxx). Es stecken verzinkte Bolts, meist noch in
sehr gutem Zustand, punktuell jedoch korrodiert aber derzeit (2017) alles safe. Mobile Sicherungsmittel empfand ich nicht als notwendig, wer möchte
könnte jedoch an den einfacheren Passagen sicher noch ein paar kleinere bis
mittlere Cams (z.B. Camalot 0.3-1) unterbringen. Beschrieben sind Route und
Gebiet in den Führern Rätikon Süd von Panico und im SAC-Führer Graubünden (z.B. bei Bächli Bergsport erhältlich).
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