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Mittwoch, 5. März 2025

Nasenlochplatte

Die Nasenlochplatte ist ein neues Sportklettergebiet am Gonzen, welches sich links vom bereits länger bestehenden Sektor Erzhus befindet. Wobei die eigentlich namensgebende Route im Grad 7b+ schon vor langer Zeit im Jahr 1989 eingerichtet wurde. Sie fristete aber ein einsames und verlassenes Dasein, bis Daniel Benz vor rund zwei Jahren mit dem Einrichten von weiteren Routen begann und das Original sanierte. Inzwischen ist die Erschliessungsphase beendet und es stehen 13 Routen mit Schwierigkeiten von 7a bis 8a+ zur Verfügung. Ein kleines Mosaiksteinchen in der Geschichte dieses Gebiets konnte ich beitragen, darum hier ein Beitrag darüber.

Übersicht vom Gonzenmassiv, die Nasenlochplatte rechts am Wandfuss lokalisiert.

Am Fuss dieser Wand stand ich schon mehrmals, daran geklettert bin ich aber nur ein einziges Mal am 19. Januar 2025. An einem milden Wintertag waren wir eigentlich zum MSL-Klettern angerückt, was jedoch schliesslich durch ein Paar fehlende Kletterfinken vereitelt wurde. Der Plan B bestand darin, dass Daniel mal schnell nach Hause geht (immerhin befindet sich dieses in Sichtweite) und diese holt, während ich am fixierten Seil bereits einmal den namensgebenden Gebietsklassiker Nasenlochplatte (7b+) ausbouldern würde. Diese steilplattige Route fordert mit trickreicher Kletterei an vielen Unter- und Seitgriffen, selbstverständlich kommt auch der Fussarbeit ganz wesentliche Bedeutung zu. Die Lösungsfindung dauerte ihre geraume Zeit, denn die Route ist 35m lang, die Sache ist sehr komplex und der Möglichkeiten unzählig viele.

Fantastischer Ausblick aufs Heidiland im Zustieg. An der Wand gibt's den ganzen Tag Sonne satt!

Ich war noch mit dem letzten Abschnitt beschäftigt, als Daniel bereits wieder die letzten Meter zur Wand hinaufstieg. Dabei hatte er daheim sogar noch eine Kaffeepause einlegen müssen, um den E-Bike-Akku mit der nötigen Energie für die zweite Auffahrt zu versorgen. Der Standard-Zustieg für ihn und somit auch für mich startete direkt ab Sargans mit dem Bike, man kann aber per PW bis zum P.731 am Eingang vom Staatswald fahren. Ab dort dann per Pedes oder alternativ zeit- und kräftesparend mit dem Bike bis P.1109. Von dort zum Cholplatz und auf dem Weg zur Gonzenleiter Richtung NE. Am bequemsten zur Wand geht's auf dem alten Erzweg (dessen Abzweigung sich am Ende der markanten Natursteinmauer unter der Wangwand befindet), alternativ weiter rechts über 40hm in Falllinie im Freestyle Modus über Wald und Geröll zum Einstieg auf ca. 1260m. Ab dem Bikedepot sind es ca. 15-20 Minuten Gehzeit, vom P.731 je nach Fitness und Gehtempo eine mehr oder weniger knappe Stunde (530hm).

Los geht's!

Sodann hatte ich gleich meine Gelegenheit, meine Beta in einem Toprope-Go der Prüfung zu unterziehen. Diese fiel positiv aus - der Durchstieg gelang. Damit konnte ich es natürlich nicht gut sein lassen. Nachdem Daniel in seinem Projekt Shalom Alechem (8a) gebouldert hatte, galt es sich ans scharfe Seilende zu binden. Eigentlich musste ich ja nur nochmals exakt dasselbe Programm ausführen. Aber einfacher gesagt als getan! Und bei solch fusslastigen Routen ist halt der Vorstieg doch nochmals eine Runde fordernder. Zwar ist die Route gut abgesichert, manch eine schwierige Passage befindet sich aber doch zwischen den Haken. Im Vorstieg will/braucht man einfach ein bisschen mehr Kontrolle und Marge. Und der zusätzliche Anpressdruck an der Sohle kommt halt von mehr Zudrücken an den Griffen und mehr Spannung im Körper, was sich über die gesamte Kletterstrecke an zusätzlicher Ermüdung aufsummiert. Doch es ging gut auf - bis auf einen Klipp, der sich leider nicht wie gewünscht ausführen liess. Doch ich konnte den Schalter auf "vorwärts" umlegen und im Glauben daran weiter moven, das Seil irgendwie später vielleicht noch in den Karabiner zu kriegen. Das gelang, ebenso der Durchstieg und damit war die mutmasslich dritte Begehung der Nasenlochplatte (7b+) in den Büchern.

Fantastische Kletterei, es sind viele Unter- und Seitgriffe zu bedienen.

Später betätigte ich mich noch rechts in der Schuppenklinge (7a). Eine glatte Stelle mit nur ein paar kleinen und scharfen Kratzern forderte meinen ganzen Geist und viel vom Können. Aber es ging, der Rest der Route präsentiert sich ein bisschen gängiger. Erst vor Kurzem frisch eingebohrt worden war das zu diesem Zeitpunkt noch namenlose Projekt rechts davon. Während dem Ausräumen konnte ich dieses nicht nur begutachten, sondern auch gleich noch eine Putzaktion durchführen. Weil Daniel erst die Rechtsabzweigung wählte und die Synergie (7a) punktete, war ich dann als erster in der frisch gebügelten Route dran. Daniel erteilte mir die Freigabe, bei meinem Go auf Durchstieg angreifen zu dürfen und mir so potenziell die formelle Erstbegehung abholen zu können. Die knifflig-heikle Crux - auch hier an scharfen Kratzern, minimalen Fusstritten und mit einem Abschlussdyno in einen Henkel - ging mir gerade auf. Nun hiess es nur noch, sich die Butter nicht mehr vom Brot nehmen zu lassen. Der Rest der Route ist (für das Gebiet) vergleichsweise gutgriffig, hält aber trotzdem noch ein paar Herausforderungen bereit. Aber es gelang und so war das in der Einleitung erwähnte Mosaiksteinchen in der Geschichte des Gebiets eben beigebracht. Als Name passte Clean Service hervorragend - ein sauberer Service von Daniel, mir diese Route bis auf den letzten Feinschliff beim Putzen so zur Verfügung zu stellen. Die Schwierigkeit dürfte sich auch so im Rahmen einer 7a bewegen.

Griffgrösse in der Crux von Clean Service (7a): klein, scharf, full crimp!

Das war es für diesen grandiosen Wintertag. Wobei man sagen muss, dass diese an der Nasenlochplatte wirklich vergleichsweise sehr lange dauern. Aufgrund der freien Lage scheint die Sonne von deren Aufgang bis zur Verabschiedung am Grat vom Hüenerchopf wirklich den ganzen Tag, ohne Einschränkung durch Bäume oder andere Schattenspender. Hinzu kommt die Höhenlage auf 1260m in einer zusätzlich sowieso nebelarmen Gegend, so dass das feuchte Grau relativ selten ein Thema ist. Bei Schneelage bis ins Tal eignet sich das Gebiet natürlich nicht. Das ist aber selten der Fall, die sonnige und föhnexponierte Gonzenflanke ist normalerweise rasch aper. Im Winter 2024/2025 waren es (bisher) total nur ca. 2 Wochen, in welchen zu viel Schnee für bequeme Kletterei an der Nasenlochplatte lag. Wenn man nicht gerade wie Daniel am Fuss des Berges wohnt, so kann man mit der sehr guten Webcam vom Pizol zudem bestens prüfen, wie die Verhältnisse sind.

Daniel in der Toproute Stilles Geschrei (8a+). Die Kletterei wie in einer Rätikon-Toptour!

Facts

Gonzen / Sektor Nasenlochplatte / 13 Routen von 7a bis 8a+

Der Sektor bietet schöne senkrechte Wand- und Steilplattenkletterei in gutem, oft rauem, teils aber auch strukturarmem Fels. Es sind eine gute Klettertechnik, einwandfreie Fussarbeit, Fingerkraft und Körperspannung nötig. Oder mit anderen Worten: die Routen bieten dieselbe Art von Kletterei, wie man sie auch in den Rätikon-Toptouren findet, es ist ein ideales Trainingsgebiet dafür. Die Absicherung mit rostfreien Bohrhaken ist gut, die Abstände sind mit dem Zollstock betrachtet absolut in der Klettergartennorm. Die schwierigsten Stellen liegen aber oft zwischen den Haken, welche einem bei dieser Art der Kletterei oft weiter voneinander entfernt vorkommen, als sie es tatsächlich sind. Hier geht's zum Topo von Daniel (welches auf der Grundlage des SAC-Führers von Thomas Wälti gezeichnet wurde). Vielen herzlichen Dank für deine Arbeit am Fels und am Computer, sowie natürlich für den geschenkten First Ascent.

Ein letzter Blick auf die superkompakte Nasenlochplatte. Viel Spass am Fels 💪🏼


Samstag, 18. Januar 2025

Neujahrstrip 2025 ins Val Pennavaire

Die Lage der Feiertage und der Trainingsplan (von Larina) verschafften uns über den Jahreswechsel 2024/2025 ein Fenster von 7 freien Tagen. Nach etwas Hin und Her fiel die Wahl schliesslich wieder einmal auf das Val Pennavaire. Dieses hatten wir in der Vergangenheit schon mehrfach besucht, allerdings klaffte schon eine Lücke von 5 Jahren seit unserem letzten Trip dahin. Höchste Zeit also, um den steilen und versinterten Felsen im Oltrefinale wieder einmal einen Besuch abzustatten. In der Zwischenzeit waren wiederum zahlreiche neue Sektoren erschlossen worden, einige davon konnten wir dieses Mal kennen lernen.

Marvel Area

Dieser Sektor befindet sich ziemlich hoch oben im Tal und wird von der Ortschaft Alto angegangen. Dabei passiert man zuerst den Sektor Corsia mit seinen kurzen, steilen und harten Boulderrouten, danach die fantastischen Sinterorgeln von Red Up. Wir wollten dieses Mal trotzdem weiter zur Marvel Area, obwohl ich auf dem Netz dazu die Bemerkung "im Allgemeinen sind die neu hinzugekommenen Gebiete nur noch Schrott: kurz und meistens Bouldern am Seil" gelesen hatte. Nein, 40m lange Ausdauerhämmer gibt's in der Marvel Area zwar tatsächlich keine. Die Routen weisen Längen von 15-20m auf und bieten die ortsübliche athletische Kletterei in Graden von 6a+ bis 8b. Die Sonne scheint zum Jahreswechsel von frühmorgens bis 14.45 Uhr an die Wand. Die Frequentierung scheint eher tief, wir waren an dem Tag allein an der Wand - dieses Privileg hatten wir sonst in diesen Ferien nie.

Unsere erste Pennavaire-Route bei diesem Trip: Silver Surfer (7a).

Obwohl wir am Anreisetag noch zwecks einem zu erledigenden 8a-Projekt in Claro geriegelt hatten, waren die Kräfte noch ziemlich frisch. Das wollten wir ausnutzen und wärmten optimistisch gleich in Silver Surfer (7a) auf. Diese Route ist der Blickfang im Sektor und wohl unbestritten auch die beste Route in diesem Grade Range. Als Ziel erkoren hatten wir die Route Flash (8a). Nun, in diesem Stil gelang uns die stark überhängende Verschneidung mit ihrer 3d-Kletterei definitiv nicht. Es erforderte doch einiges an Zeit und Tuning, bis eine (halbwegs) optimierte Sequenz identifiziert war. Bei Larina war es knapp, mir hingegen reichte der Strom nicht mehr für die Realisierung dieses Projekts. Als Trostpreis gingen sich noch die kurz-henklig-athletischen Nemo (7a) und La donna invisibile (7a) aus. Ob es eine weise Entscheidung war, sich diesen Dessert noch zu gönnen? Die nächsten Tage würden es zeigen.

Sagarmatha

Dieses erst kürzlich erschlossene Gebiet befindet sich hoch über Veravo auf rund 800m. Das verspricht viel Sonne bis zum Lichterlöschen, dafür einen relativ langen Zustieg. Die im Topo angegebenen 35 Minuten sind kaum einzuhalten. Es sind nämlich 450hm und auch noch etwas Distanz mit ein paar Flachlauf-Abschnitten zurückzulegen, man stelle sich also eher auf eine volle Stunde Anmarsch ein. Zwei, drei Routen haben bis zu 40m Länge und könnten den Anlass geben, ein 80er-Seil über den langen Weg hinaufzutragen. Die meisten Routen sind aber deutlich kürzer und auch mit einem 50m-Seil gut machbar. Die Kletterei ist eher senkrecht bis leicht überhängend in wasserzerfressenem Fels - also eher so wie wir es uns gewohnt sind und damit unterschiedlich von den henkligen Überhängen und sintrigen Grotten, welche sonst im Pennavaire dominieren.

Sommerliche Bedingungen im Sektor Sagarmatha, der Kletterer in Masherbrum (7b+).

Nach schon zwei harten Klettertagen, dem nicht ganz kurzen Zustieg und einer echt sommerlichen Wärme (um nicht zu sagen Hitze) am Fels war die Frische schon zu Beginn der Session nicht mehr ganz so ausgeprägt vorhanden wie zuvor. Der Optimismus hingegen schon noch, also wurde in Pumori (7a) aufgewärmt. Eine athletische Untergriff-Kletterei, anhaltend kräftig. Larinas Anspruch war, erneut 8a zu klettern. So konnte ich nicht kneifen und stieg auch in Sagarmatha (8a) ein. Ein paar Meter mit sehr kräftigen Zügen an Sinterpinches, Leisten und schmerzhaften Löchern stellen die Hauptschwierigkeit dar. Unser Effort war beiderseits "vergebens", "not on this day" lautete das Fazit. Natürlich ist das Ausbouldern von schwierigen Routen nie vergebens - das demonstrierte uns gleich ein interessierter Beobachter von unserem Tun. Der starke deutsche Kletterer profitierte gerne von der von uns erarbeiteten Beta und spitzte das Ding im Flash weg... so geht das! Zum Trostpreis gab's nicht ganz 8848m, aber doch noch zwei ganz imposante Trophäen: El Chalten (7a) und Masherbrum (7b+). Vor allem letztere ist eine tolle Route mit einem cruxigen Intro und danach 20m an anhaltender 7a-Kletterei in steil-leistigem Gelände.

Terminal

Diesen Fels kennen sicher alle, welche das Val Pennavaire schon einmal besucht haben. Denn er ist nicht neu und zudem steht er auch bestens sichtbar direkt über der Strasse am Taleingang. Das war denn auch der Hauptgrund für unseren Besuch. Nach den Erfahrungen vom Vortag lautete die Vorgabe der Teenies auf "maximal 5 Minuten Zustieg". Während es zwar nicht weit ist, war das Zeitlimit nur im Laufschritt einzuhalten... wenn einem das lieber ist, wie 10 Minuten normal zu gehen, warum nicht. Die Lage nahe an der Strasse und tief im Tal bringt auch ihre Nachteile mit: viel Andrang und um den Jahreswechsel ein nur kurzes Sonnenfenster von ca. 2-4h (je nachdem auf welches Ende des ca. 300m langen Felsriegels man schaut). Die Sache mit der Frequentierung entschärft sich durch die Präsenz von 100 Routen in den Graden 5a bis 8c+ mit bis zu 40m Länge und während ein bisschen Sonne am Vormittag zum Warmwerden hübsch war, so kamen die guten Bedingungen für die Hardmover sowieso erst mit dem Schatten.

Im Terminal haben wir keine Fotos gemacht: das ist die Flash (8a) in der Marvel Area.

Drei Tage Vollgas bis zum Abwinken, an diesem Tag plädierte ich von Beginn an auf Schonung und wollte als quasi "Semi-Restday" nicht in schwierige Routen einsteigen. Doch "maybe it was me" oder ich hatte die Rechnung nicht in Terminal-Graden gemacht. Schon die Newark (6b+) zum Aufwärmen war zäh, in der selten gemachten Torp (7a+) übersah ich Trottel die rettend-entscheidende Leiste und musste nochmal ein zweites Mal ran. Auch in Gimpo (7a+) fehlte mir im Onsight die Intuition für die korrekte Sequenz und zum Drüberbügeln der Extrastrom, ergo war auch eine zweite Runde nötig. Erst als es eigentlich schon fast komplett dunkel war, gelang mir in der Pablo Picasso (7a) endlich der gewünschte Sofortdurchstieg in einer Siebnertour - vorher hatte ich die besten Bedingungen lieber Larina überlassen, welche sich in der Alice Springs (8a) versucht hatte, wenn auch leider ohne Punkt am Ende.

Rocca della Garda / Austria Team, Papapuk, Inferno

Dieser Fels befindet sich wie der Sagarmatha hoch über Veravo in sehr sonniger Lage. Er ist unterteilt in mehrere Sektoren, wobei wir dem rechten Teil mit den drei unmittelbar angrenzenden Abschnitten Austria Team, Papapuk und Inferno den Vorzug geben wollten. Zuerst einmal darf man unseren Besuch dort aber als Beleg für meine Überzeugungskraft sehen. Denn nach nur einem Tag "Pause" im Terminal war der jüngere Teil der Familie schon wieder bereit, da hinauf zu laufen! Immerhin waren wir nun schon trainiert dafür und (das war ein gewichtiges Argument) es sind auch ~120hm weniger. Trotzdem, die 25 Minuten aus dem Topo schafft man auch hier mit sportlichem Gehen deutlich nicht. Insgesamt findet man rund 40 Routen von 5c bis 8a mit Längen zwischen 15m bis zu 35m. Oft nicht allzusteile Wandkletterei in wasserzerfressenem Topfels, wobei es auch ein paar stark überhängende Routen mit Sinterstrukturen und/oder Henkeln gibt.

Schöpferische Pause in der Killer Cath (8a).

Mit Selbstvertrauen ging's los, zurecht. Mit der Applausi (7a) war die Aufwärmroute nicht ein zu hoch gestecktes Ziel, sie ist gutmütig und obendrein top abgesichert. Wundervolle Felsstrukturen gibt's auch in der Muro della meraviglie (7a), wobei man dort gleich zu Beginn ein paar recht fingerkräftige Moves ausführen muss. Die Daltonmania (7b+) ist die meistbegangene Route im Sektor Austria Team. Durchaus eine lässige, sehr athletische Turnerei mit weiten Moves an passablen Griffen, manche davon aber leider chipped. Auch nicht alles natürlich ist in der Killer Cath (8a) nebenan, welche Larina sich als Projekt auserkoren hatte. Kurz vor dem Eindunkeln gelang ihr im als final deklarierten Go des Tages der Durchstieg. Zwischen ihren Versuchen reichte es für mich jeweils für den Onsight-Durchstieg der technisch-kleingriffigen Dedalo (7a) und der kurzen aber sehr powerigen Sinterroute Iracondi (7a). Fünf Routen durften also schliesslich auf die Ticklist geschrieben werden, im Nachhinein bin ich mir aber doch etwas reuig, nicht doch auch bei der Killer Cath mitgemacht zu haben...

Euskal

Die Wand von Euskal und die wenig oberhalb liegenden Sektoren Colosseo und Basura sind auch sehr traditionelle, schon früh erschlossene Pennavaire-Gebiete mit hohem Zuspruch. Total gibt es gut 100 Routen von 4a bis 8c+, welche zumeist überhängende, gutgriffige und athletische Kletterei bieten. Wer ab 7c aufwärts klettern will, ist im Euskal am besten aufgehoben. Das war für uns bisher nie der Fall, denn im Colosseo und im Basura waren wir schon mehrmals zugange, an der Powerwand aber noch nicht. Die Routenlängen betragen bis zu 25m, bis etwas nach 15 Uhr gibt es auch um den Jahreswechsel reichlich Sonne und die früher luftig (und offenbar auch etwas fies) gehaltene Absicherung wurde im Rahmen einer kürzlichen Sanierung verbessert. Was will man noch mehr?!?

Gewaltsdächer im Sektor Euskal: Larina in der Escalar Fanatico (8a).

Rote Punkte sammeln natürlich, doch ob der schwer über einem drückenden Wand fühlt man im Euskal schon bereits einen ersten Pump in den Armen, wenn man am Einstieg steht. Das muss wohl der Grund sein, warum wir zum Aufwärmen relativ moderat mit der Donostia (6b+) starteten. Es reichte dann aber doch nicht ganz für die optimale Betriebstemperatur, weshalb auch noch die homogene Ausdauertour Tapas (7a+) zu Rate gezogen wurde. Kletterei fast wie in der Halle, zumal auch noch alle Griffmöglichkeiten deutlich mit weissen Chalkflecken identifiziert sind. Das eigentliche Ziel (von Larina) war der Klassiker in diesem Sektor, Escalar Fanatico (8a). Es hingen fixe Exen, über deren Zustand man bereits vom Boden aus besorgt sein konnte. Wie sich wenig überraschenderweise zeigte zurecht: Alu-Fixkarabiner, dachartiger Überhang, staubiger Boden und viele Begeher ist einfach eine komplett untaugliche Kombination. Ich habe den Müll gleich entsorgt, bitte, gerne, de nada, niente. Mir gelang der Linkausstieg Fanatico equipador (7c), welcher neben viel ultrasteilem Henkelgelände mit einem One-Move-Wonder an der Dachkante aufwartet, das ich mit der Reichweite austricksen konnte. Die 8a-Variante bleibt hingegen im Projektstatus, bei schon fast düsterem bis inexistentem Licht zogen wir zum Ausklettern hingegen noch die Sexto Sentido (7a+).

Terminal

An unserem letzten Klettertag betätigten wir uns vor der Heimfahrt nochmals im Terminal. Dessen Charakter ist ja oben bereits beschrieben. Zum Aufwärmen wagte ich mich gleich in die Cristoforo Colombo (7a). Larina meinte: "wenn sie eine kontinuierlich schwieriger werdende Wettkampfroute kreieren wollten, dann ist ihnen das gut gelungen". Pumpige Sache, die Crux am Ende dünkte mich auch im leider nötigen zweiten Go noch taff. Wir verschoben uns nach rechts zu den Wänden, welche durch eindrücklich grosse Sintersäulen geschmückt sind. Entlang von diesen verläuft die Kotoko (7b). Weitgehend geht's recht gechillt dahin, am Ende heisst's dann aber noch Zupacken. Ein leichter Schauder überkam mich an dieser Stelle auch: der Riesensinter rechts weist oben nämlich einen deutlichen Riss auf und hohl wie eine Klangschale tönt er auch. Da kann man nur hoffen, dass die Erde nicht im falschen Moment einen Niesanfall kriegt... Unsere Ferien wurden schliesslich mit der Weeze (7a) noch etwas weiter rechts beschlossen. Ein schöner und gutmütiger Ferienabschluss entlang von Sintersäulen mit einer kurzen Crimpy-Crux.

Goodbye und bis zum nächsten Mal!

Sehr zufrieden, mit einem schönen Strauss an Sends, aber wie immer mit grosser Wehmut machten wir uns auf den Heimweg. Die Strassen waren frei und es ging zügig vorwärts. Es blieb Zeit zum Denken und Einordnen des Erlebten: grandios war es wie immer, klettertechnisch auch recht ergiebig. Wobei ich die ersten drei Tage vielleicht fast ein wenig stark auf die Tube gedrückt hatte und dies nachher ein wenig büssen musste. Tja so kommt es, wenn man der Jugend nacheifern will...

Samstag, 4. Januar 2025

In Amden geht die Post ab!

Ein kleiner Bericht, um ein paar schöne Erlebnisse aus der Vorweihnachtszeit festzuhalten. Während dieser war es im Jahr 2024 weder so richtig winterlich noch so richtig sommerlich. Das ist aber nicht negativ zu werten, waren so doch sowohl Skitouren wie auch Sportklettersessions in der unmittelbaren Nähe von daheim möglich. Im Idealfall lässt sich dann auch noch beides kombinieren: vom Modus Ski + Bloc hatte ich ja erst kürzlich geschrieben, nun gibt's hier ein Ski + Climb. Oder man könnte auch wieder einmal das Après-Skitouring (eben das Sportklettern nach einer Skitour) zu Rate ziehen. Das passt prinzipiell auch, wobei der Fokus dieses Mal eher bei der Après-Aktivität lag.

Skitour Flügenspitz (1702m)

Ein bis in die Haarspitzen motivierter Kollege versuchte mich von einer Galerie-Session zu überzeugen. Die Prognose und noch viel weniger die Webcams verhiessen Gutes, dichter Nebel lag auch über dem sonst oft sonnigen Walensee. Es würde schon noch kommen, meinte er. Und sonst könnten wir ja trotzdem eine Session machen, Kälte-Resistenz würde ich als altgedienter Alpinist doch schon ein wenig mitbringen. Da konnte ich natürlich nicht nein sagen. Weil mein Zeitbudget etwas grosszügiger als seines dimensioniert war, entschloss ich mich dazu, als Aufwärmer zuerst ein Skitüürli ab Arvenbühl zu geniessen. Und im schlimmsten Fall bliebe so am Ende nicht nur eine kalte Nebel-Klettersession als Resultat des Tages. Die von mir ausgewählte Route zum Flügenspitz umfasst nur knappe 500 Höhenmeter und ist als Schneeschuhtour ausgeschildert. Grosser Alpinismus findet da also definitiv keiner statt. Viel Sonne, viel Genuss und schöne Pulverschwünge gab es aber auf jeden Fall: small, but beautiful!

Wunderschön zu fahrender Schnee auf der Abfahrt vom Flügenspitz.

Galerie - Festland (7c)

Um 13.00 Uhr war Basti am Draht und teilte mir den Entscheid zum Go mit, weil an der Galerie die Sonne schiene. Mit dem Go hatte ich gerechnet, mit seinem Argument dafür hingegen weniger. Für mich, der oberhalb von Amden an der Sonne war, tönte es kaum glaubhaft - der Nebel war nämlich immer noch sichtbar präsent. Mit Hilfe der Webcambilder liess ich mich aber überzeugen, dass das wärmende Gestirn tatsächlich durch eine (von meiner Position nicht sichtbare) Lücke in der Talmitte auf die Felsen schien - erst noch mit Tendenz zur Besserung. Also los, ab 14 Uhr ging es ans Werk: als Projekt wurde die Route Festland (7c) erkoren. Steil, kurz und knackig sind die Attribute dafür. Was man auch sagen muss: sie verläuft in wenig ansprechendem Fels, der sich auch teil etwas bröcklig-lotterig zeigt. Abgesehen vom Visuellen ist die Route aber echt cool und vor allem war es für diesen Tag genau das richtige Projekt. Wir konnten abwechselnd rasch getaktete Versuche geben, so blieben wir trotz tiefer Temperatur immer warm. In gemeinsamer Arbeit konnten wir alle Moves entschlüsseln und zimmerten eine prima Beta. So wurde geriegelt, bis es dunkel war, es war eine richtig produktive Session. Zurück beim Auto zeigte die Temperaturanzeige dann 1 Grad...

So hiess es nun nur noch, den Durchstieg an Land zu ziehen. Fünf Tage später konnten Basti und ich für eine weitere Session losziehen. Dieses Mal bei deutlich milderen Bedingungen, ja auf der Galerie schon einer fast sommerlichen Wärme. Der Verlust an Grip wog die eingesparten Kleiderschichten nach meinem Gusto nicht ganz auf - trotzdem lief es ganz ordentlich. Dreimal scheiterte ich knapp am letzten harten Zug. Es war aber kein Grund für einen Frust, sondern es reichte halt einfach nicht ganz - hier der Link zum Video von jenem Tag. Leider sollte im Anschluss das Wetter drehen, Schneefall bis in tiefe Lagen war angekündigt. Doch es gab eine letzte Chance. Im Föhnfenster vor Eintreffen der Front konnte ich mit Kathrin noch einen Go geben. Der Föhn war zwar ein eher laues Lüftchen, ja es gingen sogar schon erste Regenschauer nieder. Die störten in der stark überhängenden Route jedoch nicht, und ohne Sonne und bei tieferen Temperaturen war auch der Grip wieder besser. Nachdem ich das Material in die Route gehängt hatte, gelang mit der Durchstieg solide im ersten scharfen Go des Tages. Gleich im Anschluss entledigte sich Kathrin mit dem Pizzabuch (7a) von einem längst vergessenen Uralt-Projekt ihrerseits. Froh darüber, "Weihnachten nicht auf hoher See verbringen zu müssen", konnten wir uns in die warme Stube zurückziehen und uns ob der nun tanzenden Schneeflocken erfreuen. Für eine Reflektion über den Schwierigkeitsgrad von Festland sollte es auch reichen: in den Guidebooks steht 7c, aber meines Erachtens könnte es auch eine 7c+ sein. Die harte Einstiegspassage bis zum guten Seitgriff, von wo man den fünften BH klippt, würde ich als (mindestens) 7A bloc einschätzen. Und da kommt dann noch der taffe Klipp vom vierten BH mit hinzu. Das Finish vom erwähnten Seitgriff zum Top ist dann gutgriffig und braucht nur noch etwas Athletik (ca. 6B bloc). Das Verdikt von Darth Grader zu diesem Breakdown: 7c+.

Skitour Gulmen (1788m)

Der erwähnte Schneefall bildete die Grundlage, dass wir weitere zwei Tage später ein nächstes kleines Zeit- und Wetterfenster für die Skitour vom Restaurant Schäfli in Amden zum Gulmen nutzen konnten. Eine einfache Standardtour mit nur 850hm. Bei schöner Wetterstimmung und einer idealen Schneedecke (solide Unterlage mit fluffig-leichtem Pulver) gab das aber trotzdem ein super Erlebnis her. Und mit ein wenig Linien-Engineering war es dann auch ein leichtes, auf komplett unverfahrenen Flächen in die Tiefe zu rauschen. Zum Ende der Tour hatte sich der Himmel schon wieder überzogen. Wir fuhren talwärts, bis wir am Parkplatz der Galerie ein bekanntes Gefährt sichteten. Welcher Desperado nun das wohl war?!? Der Dettling ja offensichtlich nicht - aber natürlich sein Kollege, der sich auch noch einen Weihnachtsplatz auf dem Festland sichern wollte... die Details dazu lassen wir mal aussen vor 😜

Amden, the place to be! Sicht über den (nicht sichtbaren) Walensee hinweg zu Mürtschen und Co.

Skitour Redertengrat (ca. 2170m)

Item, die Wolken brachten auf Weihnachten nochmals eine gute Ladung Schnee. Zwar nicht in Amden, aber im nahen Wägital konnte ich diesen am Weihnachtstag dann gebührend nutzen. In tief verschneitem Gelände ging es direkt via Schwantli und durch den Schlunenwald hinauf zur Rinderweid. Anstatt dem schon gut ausgetretenen Trassee zu folgen lockte mich eine weiter links verlaufende Spur in Richtung Lauibüel. Dies in vollem Bewusstsein, dass ich so möglicherweise komplett ins Offside geriete. So war es dann auch: der Track führte nicht weiter in Richtung Redertengrat. Natürlich hätte ich wieder hinüber zur Normalroute wechseln können. Aber die verlief im Schatten des Muttrirückens und als etwas später aufgebrochenem kamen einem da schon wieder die ersten Tourengänger entgegen. Beides behagt mir wenig. So war ich bald mit mir im Reinen, stattdessen eine eigene Spur gerade-voraus-direkt-hinauf im sonnigen Gelände zu legen. Eine bessere Entscheidung hätte ich nicht treffen können: bei perfektem Ambiente und wunderschönem Powder schritt ich durch das leicht baumbestockte Gelände und landete schliesslich auf 2170m am Grat. Das war nun Soul-Touring vom Feinsten gewesen! Und selbstverständlich war auch die Abfahrt mit First-Line-Garantie bis zur Rinderweid ein Hochgenuss. Selbst von da bis hinunter ins Tal liessen sich noch unbefahrene Sektoren finden, so gut habe ich diesen Abschnitt tatsächlich noch nie erwischt. Skitourenmässig war das Jahr 2024 mit dieser Tour beendet. Nun folgte das Fest Packen der Koffer, dann ging's in den Süden zum Sportklettern - doch das ist eine andere Geschichte für einen (vielleicht) folgenden Blog.

Diese Spur lockte mich in Richtung Lauibüel, wo dann aber finito war...

...es wartete nur noch jungfräulicher Schnee, aber absolut winderschöner...

...in diesem sonnigen Winter-Wonderland war die Spurarbeit ein Riesengenuss!

Montag, 28. Oktober 2024

Ibergeregg - Wahlsonntag Sit (7c)

Auch die kleinen Dinge im Leben machen Freude - mir jedenfalls. Darum hier der Bericht und die Details zu einer Mini-Route im Klettergarten Chli Schijen auf der Ibergeregg. Die 'Königslösung' beginnt dabei mit einem Sitzstart, gefolgt von einer Bouldertraverse und gipfelt in einem Ausstieg am Seil über vier Bohrhaken auf einen Felsturm, der die 10-Meter-Marke wenn, dann nur haarscharf überschreitet. Somit sind also alle Ingredienzen vorhanden, damit dieses Projekt zu einem richtigen Renner wird 😁

Kathrin im Pentagramm (7c), ihrem offenen Projekt im Sektor Spielwiese. Darum war mir etwas Zeitvertrieb in dieser Gegend durchaus willkommen, mit einer der Gründe warum ich Wahlsonntag und Konsorten ausgetüftelt habe.

Während ich die Bouldertraverse mit dem Namen Elefantenrunde im Sektor Spielwiese schon früher als Zeitvertrieb und Warm-Up ausgetüftelt hatte, so reizte mich der Ausstieg durch die steile, aber nur wenige Meter hohe Wand schlussendlich doch. Am (derzeit letzten) nationalen Wahlsonntag vom 22. Oktober 2023 platzierte ich Bohrhaken. Wie die folgenden Zeilen zeigen, passt der Name aber nicht nur deswegen. Die kurze Seilroute könnte ich zügig punkten und auch eine Version mit der Bouldertraverse gelang mir rasch. Nur die Königslösung musste ich dannzumal auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Hier auf dem Video wird sie vordemonstriert.

Der Clou: die Königslösung basiert auf einer definierten Eliminationsvariante im Teil mit dem Seil. Die Nutzung der Kante ist dabei tabu, man soll/darf also nur in der linken Wand klettern. Für mich persönlich war der Grund dazu nicht, einen höheren Schwierigkeitsbereich buchen zu können. Sondern es klettert sich einfach besser: anhaltend, homogen schwierig, mit ausdauernden Crimp-Moves, vor allem im Anschluss an die Bouldertraverse, wo dann beide Teile etwa ähnlich schwierig sind. Zudem ist die Definition mindestens halblogisch, vor allem aber ist das Klettern der Kante nach dem Motto "alles gilt" ein wenig ein Gewürge und deutlich einfacher wie der Boulder. 

Nochmals ein Shot von Kathrin in Pentagramm (7c).

Wobei ich natürlich niemanden vorschreiben will, wie er/sie zu klettern hat. Sitzstart, Bouldertraverse oder Definition hin oder her - man suche sich das aus, was einem am meisten Spass macht. Für die meisten heisst das vermutlich sogar, zu einer besseren und längeren Route weiterzugehen. Dieser Beitrag soll in diesem Sinne auch nicht Werbung für die Route machen, sondern in erster Linie der Nachvollziehbarkeit meiner Kletterei dienen. Im Einzelnen:

Elefantenrunde 6C/+

Der Boulder mit Sitzstart links an der Ecke (derzeit dezent markiert). Linke Hand an gutem Griff, rechte auf kleiner Leiste. Interessante Traverse, die Griffe sind ok, dafür die Füsse nicht so gut. Der Grad bleibt gleich, egal ob man zum guten Griff beim ersten Bolt klettert oder rechts auf die Kante aussteigt. Wenn man ohne Seil klettert, dann besser mit 2 (oder mehr) Pads: eines am Start, eines für den recht heiklen Block, der mittig im Rücken auf seine Opfer wartet. Bei (aufmerksamer) Seilsicherung und wenn der erste Haken geklippt ist, geht's mit 1 Pad.

Wahlsonntag 7b/+

Nur der Seilteil in der Eliminationsvariante, ohne die Bouldertraverse. Das Foto unterhalb zeigt schön die Demarkationslinie zwischen erlaubt und nicht erlaubt, bzw. zur Eliminationsvariante gehörig und nicht gehörig. Im unteren Teil geht's nicht ohne die gute Kante rechts zwischen den ersten beiden Bolts, während der eigentliche, noch weiter rechts liegende Grat der Struktur tabu ist. Ab dem zweiten Haken dann links in der Wand. Sie ist mit kleinen aber positiven Leisten gespickt und bietet coole Moves.

Wahlsonntag Sit 7c/+

Das ist eben die Königslösung, welche die Bouldertraverse und die Eliminationsvariante am Seil kombiniert. Nach dem ziemlich intensiven Boulder kommen zwar ein paar bessere Griffe, wo man je nach Fitness wieder etwas runterschütteln kann. Auf null aber definitiv nicht und bald geht's dann wieder zur Sache. Die beiden Teile sind isoliert auch ähnlich schwierig zu klettern, meine ich. Nach Grade Calculator von https://darth-grader.net/ ergibt sich so etwas in der Gegend von satt 7c bis leicht 7c+, je nachdem wie man die beiden Einzelteile und die Schüttelposition dazwischen bewertet.

Das ist die Optik, aus welcher die Definition "nur Wand ohne Kante" ganz bestimmt am meisten Sinn macht und sich irgendwie auch von selbst erschliesst. Also nochmals ganz konkret, für die oberhalb vom Foto beschriebenen Varianten müssen Hände und Füsse stets unterhalb der roten Linie bleiben, was eine empfehlenswerte, coole Wandkletterei ergibt.

Wahlsonntag easy 6c

Nur der Seilteil nach dem Motto "alles gilt". Wie schon erwähnt, nach meinem Gusto eher etwas ein Gewürge. Es ist halt je kraftsparender, je mehr man sich auf der Kante bewegt. Man kämpft dann immer ein wenig dagegen, nicht in die linke Wand zu kippen, was die Kletterei etwas unrund macht. Aber wer weiss, vielleicht findet ja doch jemand Gefallen daran?!?

Wahlsonntag easy Sit 7b

Natürlich kann man nach der Bouldertraverse auch nach dem Motto "alles gilt" am Seil aussteigen. Die Crux liegt dann definitiv im Boulder, der Ausstieg ist der leichtere Teil.

Freitag, 27. September 2024

The last piece of the puzzle!

Nach der MSL am Tour Termier beim Col du Galibier hatte ich auf Insta konstatiert, dass unser Ferienpuzzle nun schon fast komplett sei, nur ein kleines Stück 🧩 würde noch fehlen. Dies in vollem Bewusstsein, dass das letzte Stück womöglich nicht aufzufinden sei und das schöne, grosse Bild unserer Ferien so möglicherweise einen kleinen Makel enthielte. Es ging nämlich um den Erfolg in einer (einigermassen) schwierigen Sportklettertour, und der lässt sich halt einfach nicht nach Belieben erzwingen oder erkaufen - das ist ja genau das schöne an diesem Sport. An dieser Stelle ein kleiner Round-Up über die umfangreiche Sportklettertätigkeit in unserem Sommerferien, plus eben das Erlebnis mit dem letzten Puzzlestück.

Hannah in der Ciao Criquet (8a) im Gebiet Rue des Masques.

Ja, zum Sportklettern in der Briançon-Gegend gäbe es sowieso noch viel zu schreiben ✍🏼. Das habe ich bisher immer unterlassen. Denn einerseits sind die guten Gebiete sowieso schon stark besucht. Und dort wo es einem auch noch gefällt und die Frequentierung angenehm tief ist, muss man ja nicht zwingend mehr Leute anlocken. Sowieso folgen meine Blogs nicht in erster Linie der Idee, Besucher anzulocken oder Werbung für gewisse Routen zu machen. Sie sollen einfach meine Erlebnisse festhalten, damit ich später alles was mir wichtig ist noch im Detail nachvollziehen kann. In Sachen Sportklettergebiete im Haut Val Durance war das so gesehen bisher nicht nötig, da wir jedes Jahr einen Besuch dort machen und die Tricks & Tipps zu den Gebieten so ständig im Kopf bleiben.

Trotz viel Sportklettern doch noch ein Hauch von Abenteuer. Der Zustieg zum Gebiet in Entraygues war dieses Jahr wegen dem vielen Restschnee in höheren Lagen und den intensiven Regenfällen im Juni deutlich schlechter mit durch den Fluss waten möglich wie in anderen Jahren. Wie man sieht, mit dem Gewicht von Jerome geht die Querung am Fixseil, ohne ein nasses Füdli zu kriegen. Mit meinen 80kg und dem schweren Rucksack hingegen...

Wie ebenfalls bereits beschrieben, dieses Jahr waren wir mehrere Wochen vor Ort und mit den Comp Girls in erster Linie zum Sportklettern. Nebenher gingen sich zur Abwechslung und "Erholung" doch auch noch 6 MSL-Touren aus, die inzwischen alle auf dem Blog beschrieben und veröffentlicht sind. So bestand unser üblicher Tagesablauf aus Ausschlafen, einem gemütlichen Frühstück und dem Aufbruch an einen steilen Fels, welcher Schatten, interessante Kletterei und spannende Projekte bot. Wobei ich persönlich kaum ernsthaft projektiert habe. Sich in den Ferien auf eine schwierige Route "einzuschiessen", dann Tag für Tag immer wieder am selben Ort zu klettern und sich dazwischen echte (!) Ruhetage zu nehmen, um auch voll performen zu können, das dünkt mich einfach eine Verschwendung von vielen spannend-reizenden Klettergelegenheiten. Und im dümmsten Fall zieht man dann doch mit leeren Händen von dannen. Routen am persönlichen Limit werden darum daheim projektiert, wo Arbeit und Lebensumstände einem sowieso Ruhetage aufzwingen und man nicht durch das drohende Ferienende ein Zeitlimit hat.

1x habe ich sogar eine Biketour 🚵🏼‍♀️ gemacht und an einem Tag überhaupt keinen Fels berührt! Hier die Sicht auf Briançon vom Croix de Toulouse, wo ich bei meiner Runde mit der Nord-Süd-Überquerung des Col du Granon vorbeigekommen bin - viele Singletrails und viel Schotter gab's da. Danke Basti für den Tipp!

Somit bin ich wo möglich auf Onsight-Jagd gegangen oder habe mich auf zügig in 2-3 Go's machbare Sachen beschränkt. Das ist mir ganz gut gelungen und ich konnte meine Ticklist um die schöne Menge von 47 Einträgen (>=7a) bereichern - wie so oft hat es der Dettling mit der Menge statt der Schwierigkeit gemacht. Das wirft natürlich die Frage auf, wie es denn überhaupt möglich ist, mehr oder weniger täglich zu klettern und anzugreifen?!? Der Punkt ist eben, dass mir in unserer Konfiguration und mit unserem Rhythmus gar nicht so viele Gelegenheiten vergönnt waren, um mich ins Seil einzubinden. Das waren nach einem seriösen Aufwärmen nur 3x bis max. 5x am Tag. Da versuchte ich aber immer, mein Bestes zu geben, d.h. gut zu klettern (vorausschauend, taktisch aber entschlossen, mutig) und mit 100% try hard. Oder kurzum einfach der vollen Absicht, ohne Sturz und Hänger zum Umlenker zu kommen.

Die Girls haben auch noch am internationalen Wettkampf vom Tout à Bloc mitgemacht. Ich hatte mich dagegen entschieden. Zwar gab es sogar eine Veteranenkategorie. Diese hätte aber nicht am selben Tag stattgefunden wie die U16, um parat zu sein hätte ich vorher Ruhetage einlegen müssen, so war mir das zu viel Opfer von Zeit am Fels. Das Mitfiebern an den Wettkämpfen war aber doch ein Teil der Ferien: nicht nur am Micro-TAB, sondern auch als Zuschauer beim Wettkampf der Elite, sowie bei Lead World Cup in Briançon.

Nun aber zurück zum letzten Stück vom Puzzle: das war ein 8a-Double-Send mit Larina. Einige Tage zuvor hatten wir eine gute Session in einem neuen Crag bei Briançon. Einer der diesen Sommer zum Glück sehr raren Regenschauer hatte uns an den Fuss des grössten Überhangs vertrieben, wo diese Route startete. Irgendwie war es logisch, sich dann auch dort zu probieren, denn die weniger steilen Touren waren alle zumindest parziell nass geworden. Bei unserer Erkundung wurde eine Lösung gefunden und die Route als prinzipiell machbar taxiert. Doch schliesslich vertrieb uns die wieder hervorkommende Sonne, welche für zu hohe Temperaturen sorgte. Ein Rotpunkt-Durchstieg war an diesem Tag nicht mehr realistisch.

Wer sucht der findet... Larina in der Tri Sert à Tops (7c+). Dieser Triple Send mit den Girls in der gewaltigen Grotte war auch ein grosses Highlight in der Ferien. Zuerst war nach dem Motto "Alter, häng schon mal die Exen in die Route" der Autor dran und reüssierte gleich mit einem Onsight. Auch Hannah konnte die Route gleich im ersten Go ziehen. Und so lastete plötzlich etwas Druck auf Larina... sie war aber schliesslich auch im ersten Go erfolgreich.

Doch ohne das ganze (Familien)programm auf den Kopf zu stellen, kam die Gelegenheit, es dort nochmals zu probieren erst bei der allerletzten Session am Heimreisetag, mit schon bereits gepackten Koffern. Unweigerlich setzt das einen gewissen Druck auf, dann auch wirklich erfolgreich zu sein. Gut, für eine Wettkampfkletterin wie Larina vielleicht auch nicht verkehrt, nach den Sommerferien erfolgte ja sowieso die Rückkehr ins kompetitive Dasein. Wir wärmten uns auf und checkten dann nochmals sorgfältig alle Moves. Dann war mein erster scharfer Go an der Reihe. So wie oben beschrieben (entschlossen, zügig, fluid) ging ich ans Werk, überstieg die Crux sauber und mit Reserven – nur um dann am letzten, abtropfbaren Move zu scheitern. Ich hatte die Füsse für den kräftig-weiten Zug für meine Durchstiegs-Disposition nicht optimal platziert und nicht mehr den Tiger im Tank, um das auszubügeln. Das war sowieso das «Hauptproblem» der wochenlangen Kletterei. Die Ausdauer im 7bc-Bereich wurde zwar immer besser, dafür ging aber der Extragang, d.h. der Punch für die härteren Moves, mehr und mehr verloren.

Ein gewaltiger King Swing beim Ausräumen der Tri Sert à Tops (7c+).

Dann war Larina dran. Ihre Hauptsorgen bestanden aus dem Crux-Move, den sie vorerst mit einem weit aufgespannten Deadpoint gelöst hatte. Einzeln ging er immer, aber im Durchstieg leicht angezählt war es Low Percentage, sprich es wollte er bis da nicht funktionieren (sonst hätte sie die Route vermutlich bereits in unserer ersten Session gepunktet gehabt). Nun aber hatte sie beim nochmaligen Checken der Moves eine etwas aufwändigere, dafür viel stabiler ausführbare Beta gefunden. So war der Durchstieg dann fast schon ein leichtes Spiel, bravo! Tja, ohne mein Unvermögen von zuvor hätten wir den Double Send gehabt. Es fühlte sich ein wenig an, wie wenn wir das letzte Puzzleteil schon gefunden hatten, ich es dann aber total blöd wieder aus der Hand fallen liess.

Im Rue des Masques gibt's noch viel zu tun am Konglomerat. Im Bild der Fluss Guil, gut sichtbar die Wände vom Gebiet Mont-Dauphin. Wer genauer hinschaut, erkennt auch das gleichnamige Fort, welches oben auf dem Hügel thront. Talauswärts geht's weiter in Richtung Lac de Serre-Ponçon und schliesslich nach Céüse, wo wir auch diesen Sommer wieder 2x waren. Bei genialem Ambiente und toller Kletterei wie immer - diesmal ohne weitere Würdigung im Blog jedoch.

Die Frage war nur noch, ob ich es 🧩 einfach wieder aufheben und ins Bild einsetzen könnte… oder ob es dummerweise in einen Abgrund gefallen und nicht mehr beizubringen war. Das musste sich nun zeigen: mit dem Spanner an der Crux hatte ich dank mehr Spannweite wenig Probleme. Diese bestanden mehr im Rési-Finish, wo ich einfach zu wenig Reserven hatte. Und natürlich war ich nun, nachdem ich die Route ja schon beinahe 1x durchgestiegen hatte, noch schlechter disponiert. Aber ich musste es probieren und alles geben. Schon bald merkte ich, dass ich nicht mehr mit derselben Leichtigkeit kletterte wie beim ersten Mal – jeder Move fiel schwerer und wo ich vorher kurz inne halten und schütteln konnte, schien das nun nur noch eine Kraftverschwendung. Dafür passte es mental bestens: es gab kein Zögern, nach dem Motto so schnell und effizient wie möglich kletterte ich, um möglichst vor dem Ausgehen der Kräfte den Henkel nach dem letzten weiten Zug in die Hände zu kriegen. Flucht nach vorne, und das total! Tatsächlich, auf dem letzten Blatt schnappte ich diesen Griff und der Double Send war Tatsache, das letzte Stück vom Puzzle wieder gefunden 🏆 Was für ein wunderschöner Ferienabschluss. Mit hohem Einsatz allerdings, denn das Risiko hier betrübt von der Stelle zu trotten war natürlich erheblich. Natürlich liessen wir es bei diesem letzten Send Go bewenden, verschoben zu Kaffee ☕ und Kuchen 🍰 in der Stadt und machten uns dann auf den Heimweg. We'll be back, that's for sure!

Fast schon dachartige, athletische Kletterei in der Double-Send-Route (Blessing, 8a). Ideal für Gym Rats, geht aber sogar auch für ältere Männer 😁

Freitag, 17. November 2023

1000x 7a

Ja, so ist es! Kürzlich konnte ich tatsächlich meine Route #1000 in den Graden 7a/7a+ durchsteigen 🥳 Mir geht's hier nicht ums Prahlen mit dieser Zahl, einer kleinen Genugtuung ist der Meilenstein aber wert und vor allem bietet er auch die Gelegenheit auf einen (hoffentlich interessanten) Rückblick auf mein Kletter(er)leben mit dem Schwierigkeitsgrad von UIAA 8. Nicht zuletzt ist der Beitrag aber auch dadurch motiviert, dass ein Kletterer vor Ort meine Jubiläumsbegehung fotografisch festgehalten hat und mir die Bilder nachher anonym hat zukommen lassen, vielen herzlichen Dank dafür!

In der When you Smile (7c) in Cresciano. Die 7a war das Aufwärmprogramm dafür 😉

Als ich zum Ende der 1980er bzw. Anfang der 1990er mit dem Klettern begann, war der Grad von 7a noch weit, weit weg. Klar, die Spitzenleute kletterten schon damals viel schwieriger (UIAA 8 wurde in der CH erstmalig ca. 1980 bezwungen). Aber zumindest nach meiner damaligen Wahrnehmung gab es fast niemanden, der diese Schwierigkeit meistern konnte. Mindestens aber war ich nicht in einer Umgebung oder mit Leuten bekannt, wo dies stattfand. Natürlich hatte ich damals den vagen Wunsch, besser und schwieriger zu klettern. Aber eben nicht das konkrete Ziel: einen bestimmten Grad zu erreichen oder dafür zu trainieren, das war absolut nicht auf dem Radar. Dafür fehlte mir die Peer Group, die ja ganz wesentlich definiert, was man als erstrebenswert und machbar taxiert. Kommt noch hinzu, dass die 7a-Routen damals noch viel dünner gesät waren als heute. Auch waren sie vielfach schlechter abgesichert, d.h. die Einstiegshürde war deutlich höher. Und natürlich gab es auch keine Kletterhallen, wo man hätte trainieren können, oder einfach mal so ohne nix in einen UIAA-Achter einsteigen. So war ich damals vorwiegend beim Bergsteigen oder auf schlecht abgesicherten, alpinen Kletterrouten unterwegs. In Klettergärten gingen wir nur selten und wenn, dann kletterten wir dort Routen, die wir sicher bewältigen konnten. 

Das ist sie, die #1000: Cenerentola (7a) in Cresciano.

So dauerte es dann über 7 Jahre Kletter"karriere", bis ich im Frühling 1997 mit der Route Indulgence in Volx (F) das erste Mal eine 7a punkten konnte. Damals war ich mit Studienkollegen während der Semesterferien für ein paar Wochen im Süden unterwegs. Die waren schon richtig ambitioniert und in höheren Graden unterwegs. Und siehe da, das färbte auch auf mich ab. Diesen Level hielt ich dann für einige Jahre +/- konstant bei. Er eröffnete mir neue Möglichkeiten, d.h. nun auch schwierigere MSL anzugehen, von welchen ich schon viele Jahre geträumt hatte - es gab noch so viel zu tun. Beim Sportklettern noch härter zu punkten war nicht etwas, das ich angestrebt hätte. So gingen wieder 7 Jahre vorbei. Erst im 2004 punktete ich dann das erste Mal eine 7b. Worauf erstmal eine intensive Gleitschirmphase folgte, wo ich nur reduziert kletterte und definitiv nicht stärker wurde. Erst nach deren Abschluss im 2007 erreichte ich den Grad von 7b wieder, bevor es dann mit 7c (2008) und 8a (2009) aufwärts ging. Notabene auch ohne echtes Training, nur mit häufigem Klettern, bzw. dem Einsteigen in bzw. Einüben von Routen dieser Schwierigkeit. Für weitere 7 Jahre stagnierte ich dann auf diesem Level, bevor ich mich im 2016 und damit bereits deutlich jenseits der 40-Jahre-Marke noch auf 8a+ und sogar 8b steigern konnte. Da war es dann tatsächlich eine etwas systematischere Herangehensweise, welche auch Off-the-Wall-Training inkludierte. Die wurde jedoch weniger durch den unbedingten Wunsch diese Grade zu klettern diktiert, sondern mehr durch andere Umstände im Leben. Spät kam der Mann auf den richtigen Pfad - oder den falschen, je nach Perspektive 🙄!

1000x gemacht hin oder her: meist ist es zwar keine Frage, dass ein rascher Punkt drin liegt. Eine Challenge ist's aber doch immer noch und wie das Bild zeigt, ohne Engagement geht eine 7a denn eben doch nicht her. Ist ja aber auch gut so, sonst wäre es ja nicht spannend oder der Erwähnung wert.

Zuletzt noch für die Zahlenfreaks zur Marke 1000: ob die ganz genau stimmt, sei dahingestellt. Sie ist zu hoch, weil Klettergrade keine besonders harte Währung darstellen und noch volatiler sind wie die türkische Lira. Sprich, einige als 7a gekletterte und notierte Routen gelten heute nicht mehr als solche, dafür habe ich nicht korrigiert. Andererseits ist sie zu klein, weil ich erst seit 2003 systematisch Buch führe und die einzelnen gepunkteten Längen bei MSL lange Zeit vernachlässigt hatte - dieser Fehler dürfte deutlich überwiegen. Zudem kommen von Indoor (wo ich wegen der Nicht-Permanenz der Routen kein Buch führe) sicher nochmals mehrere Hundert dazu. Kurzum, mit der Cenerentola in Cresciano habe ich einfach die tausendste Route im Grad 7a oder 7a+ in mein persönliches Logbuch geschrieben. Davon gelangen mir ~770 onsight, was auch zeigt, dass ich den Grad im Lauf der Jahre mehr oder weniger "mühelos" zu klettern gelernt habe und ihn sogar mal zum (verschärften) Aufwärmen nutze (ob dieser Bemerkung werden sich wohl manche ins Fäustchen lachen, die mich schon in einer 7a (oder noch tiefer bewerteten) Route haben herumlaborieren sehen 😂). Und weil's mich nun gerade selber interessiert: 7b/7b+ sind es aktuell ~510 Routen, bei 7c/7c+ nochmals ~225 und bei 8a/8a+ inzwischen doch auch ~65 (die Zahlen sind mit allen zuvor erwähnten Caveats). Zeigt vor allem eines: hier schreibt ein Mann, der viel Herzblut in die Kletterei investiert und die nötige Zeit dafür findet 😎

Mittwoch, 1. November 2023

Ticino Bouldering Herbst 2023

In meinem Beitrag zur Tis-sa-ack im Val Calnègia hatte ich ja schon angetönt, dass für Larina und mich in den Herbstferien "nur" ein Trip ins Tessin drin lag. Das "nur" ist wirklich sehr despektierlich im Angesicht der unzähligen Klettermöglichkeiten und erst recht der Bouldergebiete, für welche die Leute aus der ganzen Welt anreisen. Da können wir uns wirklich glücklich schätzen, diese Möglichkeit in Kurztrip-Distanz zu haben. Nun wollten wir dies wieder einmal so richtig ausnutzen und ehrlich gesagt, was kann man mehr wollen wie einen solchen Ausflug?!? Vor allem für meine eigene Erinnerung hier ein kurzer Abriss über das Geschehen. Der Informationsgehalt vielleicht für einmal nicht extrem gross, hoffentlich besteht wenigstens ein gewisser Inspirationsgehalt. Wobei, wenn hier vor allem Mehrseillängen-Fans lesen, bin ich da auch nicht zu 100% sicher...

Session 1 - Chironico Boggalagga

Nach Arbeit und Anreise blieb uns bis zum Einbruch der Dunkelheit nur noch ein kurzes Zeitfenster für eine Session. Was ja aber zum Glück beim Bouldern gut ausreicht, um auf die Kosten zu kommen. Aber Parkplatznähe sowie einige interessante Probleme nahe beieinander waren dann doch gewünschte Attribute. Da wir ja irgendwie doch eher ausdauernde Kletterer als schnellkräftige Boulderer sind, nehmen mir auch immer gerne Traversen in Angriff. Hier zuerst mit der Blue Trav's (6C+). Die gelang uns ziemlich schnell, somit zogen wir weiter an den Block mit der Royal Traverse (7A/+). Nachdem wir die einfacheren Möglichkeiten an diesem Block erledigt hatten, widmeten wir uns dieser Herausforderung. Das war aber eine zähe Sache, massiv härter wie die Blue Trav's und wir konnten leider keinen Durchstieg verbuchen.

Geklettert: 🔴Blue Trav's (6C+), ⚡Masso 4.1 (6A+), ⚡Masso 4.2 (6B), ⚡Masso 4.3 (6A+), 🔴Golden Goal (6B), ⚡Malus (6B)

Probiert: ❌Giandollaro (6C+, Marcel), ❌Royal (7A), ❌Pirus (6C+)

Kurzer Augenschein in Giandollaro (6C+): cool aber hoch und scary, braucht mehr Matten und einen Erwachsenen als Spotter.

Session 2 - Chironico Rah Plats Plats

Nach einer Nacht im Hotel Octavia waren wir früh vor Ort und wollten von Grumo aus eines der etwas mehr Aufwand erfordernden Gebiete besuchen. Wobei man zum Sektor Rah Plats Plats auch nicht mehr wie 15-20 Minuten zu laufen hat. Wir klapperten erst einmal alle Boulder im Sektor ab, um uns die Projekte für den Tag zu definieren. So war es dann nach dem Aufwärmen der Block mit dem bekannten Number One aka Sloper Attack (7A), wo wir uns niederliessen. Erst einmal widmeten wir uns jedoch der athletisch-dachartigen Traverse Professor Bambèla (7A) mit ihrem kniffligen um-die-Ecke-Mantle ganz am Ende, um am linken Rand auf die Platte auszusteigen. Die gelang uns beide mehr oder weniger rasch. Larina war dann auch im genialen Number One recht zügig erfolgreich. Ich tüftelte da viel länger, schaffte es von 'two moves in', aber der Gesamtdurchstieg blieb schliesslich verwehrt - für diese Sloper müssen kühlere Temperaturen her, war das Fazit. Schon etwas angezählt kletterten wir noch diverse einfachere Boulder und beschlossen dann reichlich platt am Ende des Tages, am Folgetag mit einer MSL wieder etwas zu Kräften kommen zu wollen.

Geklettert: ⚡Durabase (6A), 🔴Eyorjoi (6B), ⚡Ölwechsel (6A), ⚡Fast Food (6A), 🔴Professor Bambèla (7A), 🔴Number One (7A, Larina), 🔴Petit Beurre (6C, Marcel), ⚡Cordon Rouge (6A+), ⚡Dinastia Minch (6A+), 🔴Grande Minch (6C)

Probiert: ❌Number One (7A, Marcel), ❌Petit Beurre (6C, Larina)

Das ist nur das Warm-Up: Eyorjoi (6B)
Hotel Octavia (mit integrierter Frühstücksbar)

Session 3 - Val Bavona Picaduro

Auch an diesem Tag ging es an die Blöcke. Doch in diesem Fall sind diese so hoch, dass eine Matte nicht ausreicht und man zwingend ans Seil muss - wobei es auch coole, jedoch noch weitgehend unerschlossene Bouldermöglichkeiten gäbe. Bei unserer Fahrt ins Val Bavona waren wir uns noch nicht sicher, welchem der vielen kürzlich erschlossenen Sektoren wir an diesem Tag den Vorzug geben würden. Die hausgrossen Picaduro-Blöcke liegen jedoch direkt an der Strasse, so dass ein Augenschein ohne Zusatzaufwand möglich war. Der herausfordernden Linien warten da noch viele und so blieben wir dann auch gleich vor Ort. Einmal aufgewärmt, probierten wir es mit der Route mit dem vielversprechenden Namen La legge del dolore. Im Topo steht noch NL (=non liberata, d.h. nicht freigeklettert), wir schafften jedoch beide den Durchstieg und schlagen mal den Grad 7b+ vor. Nach einem einfacheren Auftakt wird es am Ende wirklich sehr, sehr kleingriffig, bevor man sich dynamisch an eine Henkelschuppe rettet. Als nächste Linie nahmen wir die Nouvelle vague (8a) vor. Da war der spannende Fakt vor allem, dass die Moves in der Crux verblüffend ähnlich zum Pièce de Résistance in Larinas Finalroute an der kürzlichen Lead-SM waren. Der Schrauber musste wohl zuvor genau hier geklettert sein, war unser Fazit. Nach einigem Austüfteln hatten wir zwar eine funktionierende Sequenz beisammen, die langsam einsetzende Dunkelheit trieb uns aber zur Eile an und es blieb uns nur je ein einziger Durchstiegs-Shot. Dieser liess sich zwar gut an, doch fehlte uns beiden ein Mü, um uns über die knifflige Traverse nach links hinüber an besseres Griffmaterial zu retten - Grund genug, um bald wieder dahin zurückzukommen.

Geklettert: 🔴La legge del dolore (7b+)

Probiert: ❌Nouvelle vague (8a)

Spielerei beim Ausbouldern: auch in einer 8a können rustikale Techniken zum Einsatz gebracht werden... im Durchstieg wurde dieser Rastpunkt jedoch nicht umgesetzt. Er ist nicht wirklich nötig bzw. vorteilhaft, da es bis dahin nicht allzu schwierig ist und der Aufwand sich in der Ecke zu platzieren eher grösser wie der Nutzen daraus.

Session 4 - Brione Brionesque/Amber

Aus einer Sichtweise hätte es durchaus seine Logik gehabt, das offene Projekt im Val Bavona gleich noch zu bereinigen, da wir ja schon (bzw. noch) in der Nähe waren. Aber einerseits hatten wir uns schon lange geeinigt, am Ende noch 2 Tage in Brione zu bouldern. Vor allem aber obsiegte die jugendliche Logik von "irgendwann komme ich schon dahin zurück" und "dann bin ich eh noch stärker als heute und kann einfacher senden" - da waren des Vaters Torschlusspanik-Gedanken ob er es nochmals dahin schaffte während er noch stark genug sei kein Argument dagegen. Nun denn, wir kurvten ins Verzascatal und machten uns auf in Richtung Molonk, wobei uns dann die ersten Blöcke an welchen wir vorbeiliefen schon so überzeugten, dass wir die Matten erst mal abwarfen und mit dem Bouldern begannen. Vertieft ins Tun kamen wir dann auch nicht mehr weiter, es war schlicht und einfach nicht nötig. Nachdem uns mit dem Fragola matta (6C+) schon beim verschärften Aufwärmen ein ziemlich hoch bewerteter Boulder gelungen war, versuchten wir uns beim extrem tüfteligen Australian Open (7B+). Der ist sehr kurz und übersichtlich, dennoch sind unzählige Detaillösungen denkbar. Wir puzzelten und puzzelten, für Larina passten die Teile dann schliesslich und der Durchstieg sah bemerkenswert einfach aus (siehe Video). Mir blieb dieser jedoch verwehrt. Nahezu jede erdenkliche Lösung ging beinahe, aber eben nur beinahe. So fehlte es ein wenig an Beweglichkeit, anders gerade an der entscheidenden Reichweite und bei der x-ten Lösung war es ein Jota zu wenig an Stützkraft, et cetera. Doch irgendwo musste sich der entscheidende Kniff verstecken, der es möglich machte... Klein beigegeben habe ich schliesslich, als meine Handflächen vom vielen Stützen einfach zu schmerzhaft waren. So verschoben wir uns an den steil-athletischen Oblivion-Block. In seinem zentralen Teil bietet der 2 verschiedene Starts mit je 3 möglichen Exits, was alles in allem 6 verschiedene Boulder ergibt. Mir lag der eine, schwierige Sitzstart sehr gut, so konnte ich tatsächlich noch am selben Tag wie Larina auch erstmals eine 7B+ ziehen. Mit dem Fazit, dass wir langsam ans Buchen des Ticket fürs Yosemite Valley denken können (denn wenn wir da sind, so gehört neben dem Send von Freerider (~30 SL, 7c+) am El Cap ein Durchstieg von Midnight Lightning (V8 / 7B+) am Columbia Boulder im Camp IV zum Pflichtprogramm) machten wir uns im letzten Licht zurück zum Basecamp.

Geklettert: ⚡Masso 01b.4 (4+), ⚡Masso 01b.5 (5), 🔴Arpia (6B), 🔴Fragola matta (6C+), 🔴Australian Open (7B+, Larina), ⚡Learn to park (6B+), 🔴Winter Classic Stand (6C), 🔴Winter Classic (7B, Marcel), 🔴Brahama (7B+, Marcel)

Probiert: ❌Oblivion (7A), ❌Australian Open (7B+, Marcel), ❌Winter Classic (7B, Larina)

In Arpia (6B) muss man sich schon recht gut festhalten.
Unser Power Crag Food: Apfel-Cookie-Mandel-Joghurt-Müesli

Session 5 - Brione Brionesque/Amber

Wenig innovativ zogen wir nochmals in denselben Sektor wie am Vortag. Woran das liegt, mag der Leser schon ahnen. Einerseits waren gewisse Pendenzen ja unerledigt geblieben, andererseits hatten wir noch weitere, interessante Linien in diesem Sektor erblickt. Aufgewärmt wurde an den Massi 06 und 07, wobei wir am ersteren Block die für uns logische Gesamttraverse kletterten, d.h. den bestehenden Boulder Bocca Rosa (6A) zur Bocca Totale (6A+) erweiterten. In unserem Rücken gelang dann mit El Lasagna (6C+) schon ein schöner Erfolg, worauf wir uns (nach einem meinerseits kurzen jedoch erfolglosen Abstecher zum Australian Open (7B+)) den unerledigten Kombis am Oblivion-Block widmeten. Als die roten Punkte eingetütet waren, zogen wir weiter zum Masso 12, wo die restliche Zeit, Haut und Kraft verpulvert wurde. Während uns Crimpbergen (6B) eher schwer fiel, so konnten wir dafür beide Polenta e Merluzz (7A+) flashen und die persönliche Bestleistung in diesem Stil anheben. Doch der Block bot noch mehr als uns das Topo versprach. Die Sloper-Traverse von links her in den Ausstieg von Crimpbergen bot eine fantastische, ausdauernde Challenge ganz nach unserem Gusto! Wir mussten doch einige Zeit herumpröbeln und dann einige Durchstiegsversuche geben, bis die Sequenz optimiert war und der Strom dann auch für die kniffligen Moves um die letzte Ecke reichte. Da diese Linie im Topo nicht gelistet ist und es auch überhaupt keine Kletterspuren gab, war das vermutlich ein First Ascent. Wir würden ihn Südkurve nennen, er checkt wohl irgendwo im Bereich 6C-7A ein, bzw. wenn wir uns konkret festlegen müssen, dann bei 6C+. Das war es dann, einerseits wurden wir daheim zu fixer Zeit erwartet, andererseits war die Tankanzeige bei Haut und Kraft auf dem Stand von null angelangt, so dass wir die Segel strichen und uns mit wohliger Müdigkeit und grosser Zufriedenheit auf den Heimweg machten.

Geklettert: ⚡Gost shot (4+), ⚡Hhey fill (6A), 🔴Bocca totale (6A+), ⚡Moogie (6A+), ⚡La trav (5+), ⚡Uela lì (6A+), 🔴El Lasagna (6C+, Marcel), 🔴Oblivion (7A), 🔴Light Blue (7A+, Marcel), ⚡Polenta e Merluzz (7A+), 🔴Crimpbergen (6B), ⚡Stuzzichino (6A), 🔴Südkurve (6C+)

Probiert: ❌Australian Open (7B+, Marcel), ❌El Lasagna (6C+, Larina)

Larina beim Flash von Polenta e Merluzz (7A+)
Larina kurz nach dem Sitzstart in die Südkurve (6C+), der sich sehr logisch links aussen vollzieht. Man quert dann ausdauernd der sloprigen Kante entlang nach rechts, wobei sich die Durchstiegscrux an der Ecke des Boulders in Bildmitte befindet, wo man sich in die Crux des schon existierenden Boulders Crimpbergen (6B,  Sitzstart von der roten Matte) etablieren muss. Über diesen steigt man dann auf den Block aus.
Nochmals Larina in der Slopertraverse der Südkurve (6C+).
Time to go home...