Nein, das ist kein Tourenbericht, schön wär's! Sondern eine kurze Rezension vom im 2018 neu erschienenen Film, welcher die zurzeit wohl härteste MSL-Route und ihre Protagonisten präsentiert. Ich hatte mir lange überlegt, ob es sich wohl lohnen würde, diesen Film im Kino zu sehen. Einen Entscheid hatte ich noch nicht gefällt, als Kathrin auf lacrux.com zwei Billette in einer Verlosung ergattern konnte (herzlichen Dank!). Da war's dann klar, dass ich mir die Dawn Wall nicht würde entgehen lassen. Trotzdem, im Vorfeld hatte ich Bedenken. Klar, es geht ums Klettern, aber der Plot wurde für felsabstinentes Massenpublikum konstruiert. Für unsereiner heisst das dann meist, dass vieles verzerrt dargestellt wird und den aus Kletterersicht wichtigen Handlungssträngen bzw. Dialogen keine Bedeutung beigemessen wird. Noch dazu war mir die Biographie von Erschliesser und Erstbegeher Tommy Caldwell bereits in vielen Details bekannt und der Hype um die RP-Begehung der Dawn Wall war natürlich auch nicht an mir vorbeigegangen. Trotz all dieser Einwände: der Film hat mich bestens unterhalten und ich finde ihn sehenswert.
Kevin Jorgeson in der grossen Traverse der Dawn Wall (9a). Quelle: http://www.dawnwall-film.com/ |
In etwa die Hälfte des Films widmet sich der Biographie von Tommy Caldwell. Bilder aus der Kindheit, der Einstieg ins Klettern, sein Vater als prägende Figur, die verhängnisvolle Expedition nach Kirgistan, das Ehe- und Kletterleben mit Beth Rodden und dessen Scheitern als eine auslösende Triebfeder für ein Monsterprojekt wie die Dawn Wall. Obwohl ich vieles davon schon früher an der einen oder anderen Stelle gelesen hatte, kam keine Langeweile auf. Die andere Hälfte des Films fokussiert auf die Dawn Wall selber. Und ich meine, dass es der Regie hier sehr gut gelungen ist, solche Dinge wie das Finden einer Linie in diesem Ozean aus Granit, die Herausforderungen beim MSL-Klettern und den Struggle nach dem roten Punkt darzustellen: für Laien nachvollziehbar (?!?) und für Kletterer nicht banalisiert. Nur ein Beispiel, die Animationen, wie sich die Features in der Dawn Wall mehr und mehr zu einer kletterbaren Linie vereinen, dünkten mich sogar echt genial. Viel von der Climbing Footage stammt aus der grossen Traverse (9a) in Seillänge 15 und der folgenden Dyno Pitch (L16, 8b+). Hammermässig, in Grossaufnahme zu sehen, wie klein die Griffe dort sind. Und auch die verzweifelten Versuche von Kevin Jorgeson sind hervorragend präsentiert. Das Starren auf die übel durchgekletterten Finger, das lange Warten auf geeignete Bedingungen, zurückkehrende Kraft und nachwachsende Haut sowie schliesslich der Exploit am äussersten Limit. Ob es in der CH weitere Kino-Vorführungen gibt, weiss ich nicht - ich vermute nein. Der Film ist aber inzwischen zum Download erhältlich - für einen Regen- und Ruhetag eine gute Investition.
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