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Samstag, 18. Januar 2025

Neujahrstrip 2025 ins Val Pennavaire

Die Lage der Feiertage und der Trainingsplan (von Larina) verschafften uns über den Jahreswechsel 2024/2025 ein Fenster von 7 freien Tagen. Nach etwas Hin und Her fiel die Wahl schliesslich wieder einmal auf das Val Pennavaire. Dieses hatten wir in der Vergangenheit schon mehrfach besucht, allerdings klaffte schon eine Lücke von 5 Jahren seit unserem letzten Trip dahin. Höchste Zeit also, um den steilen und versinterten Felsen im Oltrefinale wieder einmal einen Besuch abzustatten. In der Zwischenzeit waren wiederum zahlreiche neue Sektoren erschlossen worden, einige davon konnten wir dieses Mal kennen lernen.

Marvel Area

Dieser Sektor befindet sich ziemlich hoch oben im Tal und wird von der Ortschaft Alto angegangen. Dabei passiert man zuerst den Sektor Corsia mit seinen kurzen, steilen und harten Boulderrouten, danach die fantastischen Sinterorgeln von Red Up. Wir wollten dieses Mal trotzdem weiter zur Marvel Area, obwohl ich auf dem Netz dazu die Bemerkung "im Allgemeinen sind die neu hinzugekommenen Gebiete nur noch Schrott: kurz und meistens Bouldern am Seil" gelesen hatte. Nein, 40m lange Ausdauerhämmer gibt's in der Marvel Area zwar tatsächlich keine. Die Routen weisen Längen von 15-20m auf und bieten die ortsübliche athletische Kletterei in Graden von 6a+ bis 8b. Die Sonne scheint zum Jahreswechsel von frühmorgens bis 14.45 Uhr an die Wand. Die Frequentierung scheint eher tief, wir waren an dem Tag allein an der Wand - dieses Privileg hatten wir sonst in diesen Ferien nie.

Unsere erste Pennavaire-Route bei diesem Trip: Silver Surfer (7a).

Obwohl wir am Anreisetag noch zwecks einem zu erledigenden 8a-Projekt in Claro geriegelt hatten, waren die Kräfte noch ziemlich frisch. Das wollten wir ausnutzen und wärmten optimistisch gleich in Silver Surfer (7a) auf. Diese Route ist der Blickfang im Sektor und wohl unbestritten auch die beste Route in diesem Grade Range. Als Ziel erkoren hatten wir die Route Flash (8a). Nun, in diesem Stil gelang uns die stark überhängende Verschneidung mit ihrer 3d-Kletterei definitiv nicht. Es erforderte doch einiges an Zeit und Tuning, bis eine (halbwegs) optimierte Sequenz identifiziert war. Bei Larina war es knapp, mir hingegen reichte der Strom nicht mehr für die Realisierung dieses Projekts. Als Trostpreis gingen sich noch die kurz-henklig-athletischen Nemo (7a) und La donna invisibile (7a) aus. Ob es eine weise Entscheidung war, sich diesen Dessert noch zu gönnen? Die nächsten Tage würden es zeigen.

Sagarmatha

Dieses erst kürzlich erschlossene Gebiet befindet sich hoch über Veravo auf rund 800m. Das verspricht viel Sonne bis zum Lichterlöschen, dafür einen relativ langen Zustieg. Die im Topo angegebenen 35 Minuten sind kaum einzuhalten. Es sind nämlich 450hm und auch noch etwas Distanz mit ein paar Flachlauf-Abschnitten zurückzulegen, man stelle sich also eher auf eine volle Stunde Anmarsch ein. Zwei, drei Routen haben bis zu 40m Länge und könnten den Anlass geben, ein 80er-Seil über den langen Weg hinaufzutragen. Die meisten Routen sind aber deutlich kürzer und auch mit einem 50m-Seil gut machbar. Die Kletterei ist eher senkrecht bis leicht überhängend in wasserzerfressenem Fels - also eher so wie wir es uns gewohnt sind und damit unterschiedlich von den henkligen Überhängen und sintrigen Grotten, welche sonst im Pennavaire dominieren.

Sommerliche Bedingungen im Sektor Sagarmatha, der Kletterer in Masherbrum (7b+).

Nach schon zwei harten Klettertagen, dem nicht ganz kurzen Zustieg und einer echt sommerlichen Wärme (um nicht zu sagen Hitze) am Fels war die Frische schon zu Beginn der Session nicht mehr ganz so ausgeprägt vorhanden wie zuvor. Der Optimismus hingegen schon noch, also wurde in Pumori (7a) aufgewärmt. Eine athletische Untergriff-Kletterei, anhaltend kräftig. Larinas Anspruch war, erneut 8a zu klettern. So konnte ich nicht kneifen und stieg auch in Sagarmatha (8a) ein. Ein paar Meter mit sehr kräftigen Zügen an Sinterpinches, Leisten und schmerzhaften Löchern stellen die Hauptschwierigkeit dar. Unser Effort war beiderseits "vergebens", "not on this day" lautete das Fazit. Natürlich ist das Ausbouldern von schwierigen Routen nie vergebens - das demonstrierte uns gleich ein interessierter Beobachter von unserem Tun. Der starke deutsche Kletterer profitierte gerne von der von uns erarbeiteten Beta und spitzte das Ding im Flash weg... so geht das! Zum Trostpreis gab's nicht ganz 8848m, aber doch noch zwei ganz imposante Trophäen: El Chalten (7a) und Masherbrum (7b+). Vor allem letztere ist eine tolle Route mit einem cruxigen Intro und danach 20m an anhaltender 7a-Kletterei in steil-leistigem Gelände.

Terminal

Diesen Fels kennen sicher alle, welche das Val Pennavaire schon einmal besucht haben. Denn er ist nicht neu und zudem steht er auch bestens sichtbar direkt über der Strasse am Taleingang. Das war denn auch der Hauptgrund für unseren Besuch. Nach den Erfahrungen vom Vortag lautete die Vorgabe der Teenies auf "maximal 5 Minuten Zustieg". Während es zwar nicht weit ist, war das Zeitlimit nur im Laufschritt einzuhalten... wenn einem das lieber ist, wie 10 Minuten normal zu gehen, warum nicht. Die Lage nahe an der Strasse und tief im Tal bringt auch ihre Nachteile mit: viel Andrang und um den Jahreswechsel ein nur kurzes Sonnenfenster von ca. 2-4h (je nachdem auf welches Ende des ca. 300m langen Felsriegels man schaut). Die Sache mit der Frequentierung entschärft sich durch die Präsenz von 100 Routen in den Graden 5a bis 8c+ mit bis zu 40m Länge und während ein bisschen Sonne am Vormittag zum Warmwerden hübsch war, so kamen die guten Bedingungen für die Hardmover sowieso erst mit dem Schatten.

Im Terminal haben wir keine Fotos gemacht: das ist die Flash (8a) in der Marvel Area.

Drei Tage Vollgas bis zum Abwinken, an diesem Tag plädierte ich von Beginn an auf Schonung und wollte als quasi "Semi-Restday" nicht in schwierige Routen einsteigen. Doch "maybe it was me" oder ich hatte die Rechnung nicht in Terminal-Graden gemacht. Schon die Newark (6b+) zum Aufwärmen war zäh, in der selten gemachten Torp (7a+) übersah ich Trottel die rettend-entscheidende Leiste und musste nochmal ein zweites Mal ran. Auch in Gimpo (7a+) fehlte mir im Onsight die Intuition für die korrekte Sequenz und zum Drüberbügeln der Extrastrom, ergo war auch eine zweite Runde nötig. Erst als es eigentlich schon fast komplett dunkel war, gelang mir in der Pablo Picasso (7a) endlich der gewünschte Sofortdurchstieg in einer Siebnertour - vorher hatte ich die besten Bedingungen lieber Larina überlassen, welche sich in der Alice Springs (8a) versucht hatte, wenn auch leider ohne Punkt am Ende.

Rocca della Garda / Austria Team, Papapuk, Inferno

Dieser Fels befindet sich wie der Sagarmatha hoch über Veravo in sehr sonniger Lage. Er ist unterteilt in mehrere Sektoren, wobei wir dem rechten Teil mit den drei unmittelbar angrenzenden Abschnitten Austria Team, Papapuk und Inferno den Vorzug geben wollten. Zuerst einmal darf man unseren Besuch dort aber als Beleg für meine Überzeugungskraft sehen. Denn nach nur einem Tag "Pause" im Terminal war der jüngere Teil der Familie schon wieder bereit, da hinauf zu laufen! Immerhin waren wir nun schon trainiert dafür und (das war ein gewichtiges Argument) es sind auch ~120hm weniger. Trotzdem, die 25 Minuten aus dem Topo schafft man auch hier mit sportlichem Gehen deutlich nicht. Insgesamt findet man rund 40 Routen von 5c bis 8a mit Längen zwischen 15m bis zu 35m. Oft nicht allzusteile Wandkletterei in wasserzerfressenem Topfels, wobei es auch ein paar stark überhängende Routen mit Sinterstrukturen und/oder Henkeln gibt.

Schöpferische Pause in der Killer Cath (8a).

Mit Selbstvertrauen ging's los, zurecht. Mit der Applausi (7a) war die Aufwärmroute nicht ein zu hoch gestecktes Ziel, sie ist gutmütig und obendrein top abgesichert. Wundervolle Felsstrukturen gibt's auch in der Muro della meraviglie (7a), wobei man dort gleich zu Beginn ein paar recht fingerkräftige Moves ausführen muss. Die Daltonmania (7b+) ist die meistbegangene Route im Sektor Austria Team. Durchaus eine lässige, sehr athletische Turnerei mit weiten Moves an passablen Griffen, manche davon aber leider chipped. Auch nicht alles natürlich ist in der Killer Cath (8a) nebenan, welche Larina sich als Projekt auserkoren hatte. Kurz vor dem Eindunkeln gelang ihr im als final deklarierten Go des Tages der Durchstieg. Zwischen ihren Versuchen reichte es für mich jeweils für den Onsight-Durchstieg der technisch-kleingriffigen Dedalo (7a) und der kurzen aber sehr powerigen Sinterroute Iracondi (7a). Fünf Routen durften also schliesslich auf die Ticklist geschrieben werden, im Nachhinein bin ich mir aber doch etwas reuig, nicht doch auch bei der Killer Cath mitgemacht zu haben...

Euskal

Die Wand von Euskal und die wenig oberhalb liegenden Sektoren Colosseo und Basura sind auch sehr traditionelle, schon früh erschlossene Pennavaire-Gebiete mit hohem Zuspruch. Total gibt es gut 100 Routen von 4a bis 8c+, welche zumeist überhängende, gutgriffige und athletische Kletterei bieten. Wer ab 7c aufwärts klettern will, ist im Euskal am besten aufgehoben. Das war für uns bisher nie der Fall, denn im Colosseo und im Basura waren wir schon mehrmals zugange, an der Powerwand aber noch nicht. Die Routenlängen betragen bis zu 25m, bis etwas nach 15 Uhr gibt es auch um den Jahreswechsel reichlich Sonne und die früher luftig (und offenbar auch etwas fies) gehaltene Absicherung wurde im Rahmen einer kürzlichen Sanierung verbessert. Was will man noch mehr?!?

Gewaltsdächer im Sektor Euskal: Larina in der Escalar Fanatico (8a).

Rote Punkte sammeln natürlich, doch ob der schwer über einem drückenden Wand fühlt man im Euskal schon bereits einen ersten Pump in den Armen, wenn man am Einstieg steht. Das muss wohl der Grund sein, warum wir zum Aufwärmen relativ moderat mit der Donostia (6b+) starteten. Es reichte dann aber doch nicht ganz für die optimale Betriebstemperatur, weshalb auch noch die homogene Ausdauertour Tapas (7a+) zu Rate gezogen wurde. Kletterei fast wie in der Halle, zumal auch noch alle Griffmöglichkeiten deutlich mit weissen Chalkflecken identifiziert sind. Das eigentliche Ziel (von Larina) war der Klassiker in diesem Sektor, Escalar Fanatico (8a). Es hingen fixe Exen, über deren Zustand man bereits vom Boden aus besorgt sein konnte. Wie sich wenig überraschenderweise zeigte zurecht: Alu-Fixkarabiner, dachartiger Überhang, staubiger Boden und viele Begeher ist einfach eine komplett untaugliche Kombination. Ich habe den Müll gleich entsorgt, bitte, gerne, de nada, niente. Mir gelang der Linkausstieg Fanatico equipador (7c), welcher neben viel ultrasteilem Henkelgelände mit einem One-Move-Wonder an der Dachkante aufwartet, das ich mit der Reichweite austricksen konnte. Die 8a-Variante bleibt hingegen im Projektstatus, bei schon fast düsterem bis inexistentem Licht zogen wir zum Ausklettern hingegen noch die Sexto Sentido (7a+).

Terminal

An unserem letzten Klettertag betätigten wir uns vor der Heimfahrt nochmals im Terminal. Dessen Charakter ist ja oben bereits beschrieben. Zum Aufwärmen wagte ich mich gleich in die Cristoforo Colombo (7a). Larina meinte: "wenn sie eine kontinuierlich schwieriger werdende Wettkampfroute kreieren wollten, dann ist ihnen das gut gelungen". Pumpige Sache, die Crux am Ende dünkte mich auch im leider nötigen zweiten Go noch taff. Wir verschoben uns nach rechts zu den Wänden, welche durch eindrücklich grosse Sintersäulen geschmückt sind. Entlang von diesen verläuft die Kotoko (7b). Weitgehend geht's recht gechillt dahin, am Ende heisst's dann aber noch Zupacken. Ein leichter Schauder überkam mich an dieser Stelle auch: der Riesensinter rechts weist oben nämlich einen deutlichen Riss auf und hohl wie eine Klangschale tönt er auch. Da kann man nur hoffen, dass die Erde nicht im falschen Moment einen Niesanfall kriegt... Unsere Ferien wurden schliesslich mit der Weeze (7a) noch etwas weiter rechts beschlossen. Ein schöner und gutmütiger Ferienabschluss entlang von Sintersäulen mit einer kurzen Crimpy-Crux.

Goodbye und bis zum nächsten Mal!

Sehr zufrieden, mit einem schönen Strauss an Sends, aber wie immer mit grosser Wehmut machten wir uns auf den Heimweg. Die Strassen waren frei und es ging zügig vorwärts. Es blieb Zeit zum Denken und Einordnen des Erlebten: grandios war es wie immer, klettertechnisch auch recht ergiebig. Wobei ich die ersten drei Tage vielleicht fast ein wenig stark auf die Tube gedrückt hatte und dies nachher ein wenig büssen musste. Tja so kommt es, wenn man der Jugend nacheifern will...

Mittwoch, 29. Januar 2020

Neujahrstrip 2020 ins Val Pennavaire

Über den Jahreswechsel sollte es wie bereits traditionell an den sonnig-warmen Fels statt in den Schnee gehen. Nach intensiven Regenfällen schien der Tessiner Gneis wenig versprechend. In Spanien war der Nebel zu fürchten, zudem ist's einfach ziemlich weit weg. Darum ging's wieder einmal an die ligurische Küste, sowieso eine meiner Lieblingsgegenden zum Klettern im Winter. Immerhin waren schon fast 2 Jahre vergangen, seit wir das letzte Mal da waren. Wie geplant war der Aufenthalt von schönem und mildem Wetter geprägt. Mitten im Winter den ganzen Tag in kurzer Hose und T-Shirt am Fels verbringen, das hat schon etwas für sich!

Frantoio

Dieses Gebiet wurde erst im 2018 erschlossen. Sehr erstaunlich, thront der markante Pfeiler doch prominent an der sonnigen Talflanke und bietet allerbeste Pennavaire-Kletterei. Die im Führer beschriebenen 10 Minuten Zustieg sind für die 170hm eher etwas optimistisch berechnet. Aber nein, weit ist's nicht. Es warten ein bequemer Wandfuss, ganztägig Sonne (um den Jahreswechsel von ca. 8.30-16.30 Uhr) und 18 spannende Routen von 6a+ bis 8a mit bis zu 32m Länge. Die Kletterei ist meist grossgriffig und athletisch, gespickt mit eindrücklichen Dächern - eine super Adresse! Nur alleine wird man am Frantoio aus logischen Gründen bestimmt nicht sein. Gekletterte Routen: Pendolino (7a+), Freski (7c+), Extra Vergine (7b), Gombo (7c), Giara (7b), Taggiasca (7b), Gallone (7a+), Marasca (7a), Quarta (6b), Teciallo (6c+), Chitarra (6a+)

In der Gombo (7c) am Frantoio, wo's an distanten Henkeln athletisch über die Dachzone geht.

La Similar

Wegen der Ähnlichkeit zu den katalanischen Gebieten soll dieser Fels seinen Namen erhalten haben. Doch erst einmal gilt es den richtigen Pfad zu finden, der Guide ist hier reichlich vage. Man findet ihn am Apex des kleinen Schotterstrassen-Loops, welcher von der SP 216 abzweigt. In gut 100hm Abstieg geht's in 15 Minuten zum Fels hinunter. Der Pfad verläuft stellenweise hart am Abgrund und auch jenseits des an sich bequemen Einstiegsbereichs beginnt bald Absturzgelände - mit kleineren bzw. nicht berggewöhnten Kindern nicht unbedingt ein entspanntes Erlebnis. Wer die Sonne geniessen will, sollte zeitig vor Ort sein. Sie erscheint zwar früh, verschwindet aber an den kürzesten Tagen schon um ca. 14.00 Uhr wieder. Es gibt 20 Routen von 6a bis 7c+ mit bis zu 30m Länge. So richtig profitieren kann aber nur, wer mindestens 7a drauf hat. Die Kletterei ist leicht überhängend und vergleichsweise wenig athletisch - mehr technisch an kleinen Leisten. Gekletterte Routen: Jade (7a), Berrinches (7a+), L'ultimo de mis Perros (7b), Alcanfor (6b+), Al Nonagesimo (7a+), Entrada (6a) 

Blick auf den Sektor La Similar - der grün umwucherte in der Mitte ist es.

La Galera

Hierbei handelt es sich quasi um einen (gar nicht so-)klein-schnuckligen Sektor hoch über Veravo an sehr sonniger Lage. Wie wir es uns schon gewohnt sind, reichen die angegebenen 25 Minuten Zustieg für die doch 380hm nicht wirklich aus. Wer's gemütlich nimmt, wird wohl fast die doppelte Zeit brauchen. Dafür kann man sich am bequemen Wandfuss wieder erholen, man geniesst hier auch ganztags die Wintersonne. Angeboten werden 38 Routen von 5c-8a mit meist um 15m Länge. Die grösste Auswahl und die besten Herausforderungen gibt's eher in den unteren Graden. Von den knapp 10 Touren im siebten Franzosengrad befinden sich fast alle etwas erhöht in einer Grotte, in die ein paar Meter hinaufgekraxelt werden muss (suboptimal für kleine Kinder). Dort gibt's Kletterei im Moonboard-Style: kurz, extrem steil, dynamisch. Für meinen Begriff fühlen sich diese Routen alle hart an (das könnte auch heissen, einen persönlichen Schwachpunkt identifiziert zu haben). Ach ja: die Frequentierung war trotz dem längeren Zustieg hoch. Gekletterte Routen: Casuarina (7a), Tower of London (6c), Tool Sleng (6b+), Devil's Island (7a), Hanoi Hilton (7b+)

Wir bleiben, bis das Licht ausgeht! Fantastische Abendstimmung im Galera-Sektor hoch über dem Val Pennavaire.

Belvedere dei Nonni

Ein weiterer, ganz neuer Sektor. Zusammen mit dem unweit gelegenen Mondo Sommerso befindet er sich im vorderen Val Pennavaire. Man erreicht ihn, indem man von der von Vesallo wieder talauswärts führenden Panoramastrasse ca. 130hm absteigt. Am Belvedere gibt's 17 Routen von 6a+ bis 7b mit 12-18m Länge. Grundsätzlich liegt der Sektor am Sonnenhang. Die Sonne erreicht die rechten Routen ab ca. 11 Uhr, während die steile linke Wand nach NW exponiert ist und um diese Jahreszeit keinen einzigen Sonnenstrahl abbekommt. Alle Routen im siebten Franzosengrad befinden sich dort, sie sind kurz, steil, athletisch und irgendwie ein bisschen schmerzhaft. Die Gesteinsqualität ist im ganzen Sektor nicht restlos überzeugend, d.h. durchaus eine Stufe schlechter wie in anderen Sektoren. Trotzdem verbrachten wir natürlich auch hier einen vergnüglichen Tag. Gekletterte Routen: Kuk (7b), Graca (7a), Ring Road (7a), Tibidabo (7a+), Route 66 (6c), El Chepe (6b), Righi (6b+)

In der Tibidabo (7a+) am Belvedere dei Nonni.

Roccia dell'Arma

Am Neujahrstag herrschte wunderbares, mildes und windarmes Wetter, also ging's für einmal ganz das Val Pennavaire hinauf an diesen Sektor, der sich quasi an der oberen Abschlusskrete befindet. Im Guide werden die Felsen hochgelobt, es warte hier silbergrauer Kalk, welcher an die besten Klettereien in der Schweiz erinnere. Mir ist unbekannt, wo die Autoren in der CH geklettert sind, ihrem Urteil kann ich mich jedoch ganz bestimmt nicht anschliessen. Der Fels ist unangenehm kompakt, geschlossen sowie struktur- und reibungsarm. Somit verlaufen die meisten Routen (v.a. die einfacheren) im gemüsigen Gelände, während die schwierigen unschön zu beklettern sind. Schon die Aufwärmtour an der Muro Rosso, Anselmo (6b), war richtig zäh. Die als Projekt ausgesuchte Pork Soda (7c) erinnerte ein wenig an die African Postman (8a) im Pilatusgebiet, dünkte mich aber deutlich härter und somit eher unrealistisch eingestuft. Somit verliessen wir den Sektor bald wieder, um noch nach der Placca Silvana Ausschau zu halten. Der visuelle Eindruck war jedoch derselbe, aktive Kletterer berichteten uns auch, dass die Routen im 7ab-Bereich sich vorwiegend an geschlagenen Griffen abspielen würden. So machten wir uns mit dem Fazit, dass der Platz an sich wunderschön und sonnig ist, sich die Gegend aber besser für das Wandern wie das Klettern eignet aus dem Staub.

Italienische Kletterin in einer 6a im Sektor Muro Rosso am Roccia dell'Arma

Cimetiero dei Camosci

An diesen Felsen wurde erst in den letzten beiden Jahren mit der Erschliessung begonnen. Der Prozess ist auch noch nicht abgeschlossen, so dass das Hauptproblem soweit darin besteht, sich überhaupt eine Übersicht zu verschaffen. Das im Guide abgedruckte Topo ist bei Weitem nicht (mehr) vollständig, noch dazu grottenschlecht, Namen sind nur wenige angeschrieben und mit jenen aus dem Topo stimmen sie auch nicht zwingend überein. Schwierige Ausgangslage also! Nach längerem Werweissen war die angeschriebene Nevrotica mit der Anna (7a) aus dem Topo in Übereinstimmung gebracht. Coole, leicht überhängendende Wandkletterei an Leisten, ein bisschen engagé. Wir kletterten auch noch die Mettetevi d'accordo. Deren erste Seillänge (6b) ist cool, die zweite (7b+) an geschlagenen Griffen mit Crux heikel direkt über dem Band eher unlohnend. Hingegen ist die Piochhe (7b+) auch eine extrem coole Abfolge an kleinen Leisten. Sonst noch erwähnenswert: im Winter gibt's hier nur wenig Sonne von ca. 14-16 Uhr. Einige Touren bleiben länger nass oder feucht und die Felsstruktur ist überhaupt nicht typisch fürs Val Pennavaire.

Sieht irgendwie speziell aus, klettert sich aber doch gar nicht so schlecht: Cimetiero dei Camosci.

Il Rettilario

Das Reptilarium ist eigentlich eher ein Subsektor der Guggenheim-Felsen, auch wenn's einen eigenen Namen trägt. Von der Guggenheim-Grotte sind es ca. 2 Minuten hinauf, wobei eine kurze Steilpassage an einem Fixseil zu überwinden ist. Oben ist der Einstiegsbereich dann sehr bequem. Angetroffen haben wir 12 Routen mit 10-15m Länge in den Graden 5b-7b+, die am Vormittag Sonne erhalten. Die einfacheren Routen sind eher senkrecht, die schwierigen steil und athletisch. Leider kommt auch hier Felsqualität und Kletterei nicht an jene der bereits früher erschlossenen Sektoren unterhalb heran. Dafür hatte man hier oben seine Ruhe, während unten in der Grotte grosser Andrang herrschte. Gekletterte Routen: Crotalo (7a), Boa (7b) und Da Vinci (7a), Dix (7c), Andy Warhol (7b), Pizarro (6b+)


Das war der einzige etwas graue Tag unserer Ferien. Blick vom Rettilario auf das Mittelalter-Dorf Colletta.

Terminal / Pook & Casa dei Nonni

Vor der Heimreise wollten wir uns noch ein wenig im rasch zugänglichen Terminal vertun. Dafür reichte auch das im Hochwinter kurze Sonnenfenster von 10-14 Uhr gerade aus. Auch hier hat sich auf der rechten Seite in den letzten Jahren noch etwas getan. Im Sektor Pook kamen einige zusätzliche Sintertouren hinzu, während rechts aussen noch ca. 10 steil-henklige, typische Pennavaire-Klettereien eingebohrt wurden. Somit hat man total ca. 35 Routen von 5c-7c mit Längen von 15-35m zur Verfügung, welche von einem zentralen Basislager angegangen werden können. Eine Kombination mit dem linken Terminal-Sektor ist natürlich möglich, dort rüber sind's dann aber doch ein paar Minuten Fussmarsch, d.h. nicht ganz ideal. Gekletterte Routen: Panero (7a), Via d'Amor (7b+), Tambo (7a)

Ein bisschen Sinterklettern kann nie schaden! In der Via d'Amor (7b+) am Terminal.
Sehr zufrieden aber auch mit leichter Wehmut nahmen wir darauf hin Abschied vom Val Pennavaire. Ja, hier würden sich noch manche Wintertage gut aushalten lassen und an Kletterherausforderungen wäre auch für eine geraume Zeit gesorgt! Mit sehr guten Erinnerungen an tolle Ferien, lässige Kartenspiele, gesellige Stunden in der Bar und daheim und viele Sonnenstunden machten wir uns auf den Weg nach Norden, mit im Gepäck auch noch eine reich gefüllte Ticklist. So soll's doch sein! Wir freuen uns auf jeden Fall schon jetzt auf den nächsten Besuch im Val Pennavaire!

Donnerstag, 5. April 2018

Ostertrip 2018

Nach intensivem Studium von Wettermodelldaten und einigem Werweissen war schliesslich doch noch ein Entscheid gefallen. Die Gegend an der ligurischen Küste würde an Ostern 2018 von Starkniederschlägen verschont werden und das Wetter würde an jedem Tag die Kletterei bei guten Bedingungen zulassen. Genau so kam es dann schliesslich auch und wir blicken auf einen äusserst gelungenen Trip ins Val Pennavaire zurück. Viel Kletterei, Sonne, Pasta, Gelati und Caffè, dazu passte auch meine Form sehr gut - was will man mehr!

Blick vom Sektor Cineplex auf's Val Pennavaire. Mittig das grosse Klettergebiet Terminal, hinten Veravo und Vesallo.
In dieser Gegend war ich nun schon zum x-ten Mal: früher reisten wir stets nach Finale und kletterten in den dortigen Sektoren. Kunststück, weit zurück in den 1990er-Jahren war das Val Pennavaire ja auch noch nicht auf der Kletter-Landkarte erschienen. Ab Mitte der Nullerjahre floss dann bei jedem Trip nach Finale der eine oder andere Besuch im Oltrefinale ein. Inzwischen hat sich die Situation geändert, bei meinen letzten 2 Aufenthalten sind wir ausschliesslich im Val Pennavaire geklettert und haben Boragni, Cucco, Perti und Konsorten nur noch bei der Vorbeifahrt auf der Autobahn eines Blickes gewürdigt. So ändern sich die Zeiten! Besucht haben wir die folgenden Sektoren:

Reunion

Netter, schattiger Sektor unmittelbar im Talboden mit ca. 20 Routen von 6a-7a. Bei einer früheren Stippvisite zogen wir ob den wackelnden Haken unverrichteter Dinge von dannen, inzwischen wurde jedoch saniert. Die kurzen Routen im rechten Sektor sind weniger lohnend, zentral im Hauptsektor gibt's jedoch ein paar echte Perlen mit bis zu 20m Länge, die rund 5m überhängend sind. Gutgriffiger Henkelspass, da und dort mit ein paar Sintern garniert. Nach der langen Autofahrt kam uns das gerade recht, um die Glieder wieder in Bewegung zu bringen.

Salazie (6b+): unten einfach, oben ein paar kräftige, ja fast schon pumpige Züge
Merci Laurent (7a): super Henkelspass, kurze Crux oben, die einfachste der 7a's?!?
Chez Celine (7a): super Ausdauer-Henkelspass, die schönste und homogenste der 7a's?!?
Le Swalibo (7a): super Henkelspass mit kräftiger Dächlicrux im oberen Teil
Cilaos (6c+): gleiche Steilheit und Länge wie die 7a's, aber noch bessere Griffe

In den Ferien angekommen... letzte Sonnenstrahlen nach einem ereignisreichen Tag!

Terminal

Der Klassiker unter den Sektoren mit inzwischen nahezu 100 Routen bis zu 40m Länge von 5c-8a. Meist athletische Kletterei an sintrigen Strukturen und Leisten, wo "nötig" wurde auch hier und da mit ein paar gebohrten Löchern nachgeholfen. Die einfacheren Routen (bis 6b/6c) sind weniger steil und bieten eher technische Kletterei. Die Wand sieht von frühmorgens bis in den Nachmittag hinein viel Sonne - wobei sie in den tiefen Wintermonaten nicht allzu lange bleibt, da der Fels bei wenigen Minuten Zustieg fast im Talboden unten liegt. Trotzdem: die am Ostersamstag notwendige Rettung war auch von hier ein Unternehmen ("un bel casino"). Ein italienischer Kletterer hatte sich bei einem unglücklichen Sturz den Fuss gebrochen. Bis er schliesslich von den zahlreichen Pompieri aus Savona mit einer Bahre geborgen und in den Krankenwagen verfrachtet werden konnte vergingen ab dem Notruf mehrere Stunden!!! Zu allem Übel ging dann kurz vor dem Abtransport auch noch ein kurzer Schauer nieder, welcher den engen, steilen Zustiegspfad unangenehm glitschig machte. Hoffen wir, dass es dem Pechvogel bald wieder besser geht und es sei uns eine Mahnung, vorsichtig zu sein. Selbst aus einem Klettergarten wird die Rettung einer nicht mehr gehfähigen, von Schmerzen geplagten Person aufwändig - nicht daran zu denken, wenn es hier um schwere, lebensbedrohliche Verletzungen gegangen wäre!

Ministro Pistarini (6c+): coole, leicht überhängende Route mit intensiver, komplexer Crux
John Wayne (7a): mit weiten Zügen dynamisch-kräftig übers Dach, ziemlicher Runout dort!
E. Venizelos (7c): super Linie: 15m Einklettern, 15m gutgriffig Pumpen (7a/7a+), dann crimpy Crux
Pook (7a): 30m einfach fantastisch, Tufa Blobs, ein grosser Tufa und kräftiges Wandkletter-Finale
Walla Walla (7a+): bisschen vernachlässigt rechts aussen, unten easy, oben henklig-weite Moves

Langwierige (aber professionelle!) Evakuation eines Verletzten aus dem Klettergebiet Terminal

Cineplex

Ein grosser Sektor für die warme Jahreszeit, da er ab spätestens Mitte Vormittag im Schatten liegt. Der Zustieg hierher ist rund 30 Minuten lang, oft geht dort oben auch noch ein zügiger Wind, der für gute Rotpunkt-Verhältnisse sorgt. Es warten total rund 100 Routen von 5c-8b, wobei das Angebot unter 7b nicht allzu üppig ist. Es gibt jedoch im rechten Teil des rechten Sektors auch ein paar sehr gute Touren im Bereich 6b-7a. Die Routen im linken Sektor sehen hingegen wenig attraktiv aus und weisen de visu auch kaum Begehungsspuren auf. Durch den längeren, zuletzt steilen Zustieg und die Tatsache, dass sich die Einstiege im linken Teil des rechten Sektors auf einem schmalen, exponierten Band befinden (über welches auch der Zustieg verläuft), ist das eher nichts für (kleine) Kinder. Für dettling'sche Bergziegen war's jedoch gefundenes Fressen, zumal rechts aussen auch klettermässig für die Kids etwas zu holen ist.

Daunbailo (7a): anhaltend physisch an oft guten Griffen, mittig mal ein paar neckische Sloperleisten
21 Grammi (7c): affengeile, homogene Tour ohne Ruhepunkt mit Slopern, Tufas, Leisten, ...
Brubaker (7b): hammermässig mit Boulderstart, dann kräftige Crux und Ausdauer ohne Ende
Point Break (7a): zum Dessert, abwechslungsreiche Moves mit Überraschung zum Finale

Das Bild stammt vom Sektor Terminal. Unten noch geneigt, oben dafür dann umso steiler.

Il Granaio

Kleiner Sektor, welcher unterhalb vom Terminal nur wenige Meter oberhalb der Strasse in den Bäumen versteckt ist. Für den kurzen Genuss (für uns vor der Heimfahrt) gibt's hier aber knapp 20 sehr nette, meist äusserst gutgriffige Routen von ca. 15m Länge von 5b-7c. Wobei es im siebten Franzosengrad nur gerade 3 Touren sind, mit welchen ich kurzen Prozess machen konnte. Ohne das Seil je zu belasten (ausser fürs Ablassen natürlich, sonst wäre das schon zu umständlich geworden) konnte ich mir folgendes auf die Ticklist notieren, bevor wir uns auf den langen Heimweg machten:

Sorgo (6b+): die Schwierigkeiten auf den ersten Metern, danach Henkelparade
Quinoa (7a): supergriffiger Henkelspass, unterbrochen durch einen schwierigen Seitgriffzug
Teff (7c): bouldrig-kräftiger Start an Seit- und Untergriffen zu dynamischem Move, dann henklig
Amaranto (7b): weite, athletische Moves durchgehend an Henkeln, sowas macht richtig Spass!
Avena (6c): am Dessert hatte ich härter zu beissen als gedacht, anhaltend und nicht immer henklig!

Riesenspass für die Kinder: im Terminal die ersten 15 einfachen Meter (ca. 5c/6a) von Papi's Route am freien Seilende nachsteigen. Wenn's einen dort wo es schwierig wird dann spickt, so gibt's einen Riesenpendler in den freien Luftraum.
Zum Schluss bleibt noch die Geschichte mit der Schildkröte. Nein, nicht mit dem Sektor Tortuga, über diesen hatte ich früher einmal geschrieben. Sondern es war so: auf der Hinfahrt, beim Kaffeehalt auf einer Raststätte, hatten die Kinder die Riesen-Plüsch-Schildkröten entdeckt. Wir fuhren dann weiter, doch es kristallisierte sich heraus, dass es unvermeidlich wäre, hier auf der Heimfahrt einen Stopp einzulegen und diese Tiere anzuschaffen. Wobei wir den Kindern klar machten, dass sie dazu ihr Sackgeld-Konto zu plündern hätten. Nun denn, am Fels offerierte ich meinem Sohn aus einer Laune heraus eine kleine Beteiligung, wenn er die eingehängte 6a+ im Toprope punkten würde. Im Prinzip liegt's mir komplett fern, die Kinder mit Geld und Geschenken zum Klettern oder sonstigen Handlungen zu motivieren... aber hier gab der kleine Obulus die entscheidende Portion an Extra-Motivation. Mit allem was er hatte, kämpfte er sich zum Umlenker durch, mit Einsatz und Aufs-Ganze-Gehen wie wir das bisher noch nie gesehen hatten. Noch erstaunlicher die Nachhaltigkeit dieses Effekts: offenbar hatte sich dadurch im Gehirn eingebrannt, was bei maximaler Leistung möglich ist und so hatte sein Kletterniveau auf diesem Trip wirklich einen richtigen Sprung gemacht. In dem Sinne war es ein Incentive genau zum richtigen Zeitpunkt :-) 

Rotpunkt-Schildkröten auf dem Weg in die Schweiz... ;-)

Facts

Unterkunft: Agriturismo Gli Angeli in Cenesi (Ortsteil von Cisano sul Neva, 5 Minuten entfernt)
Topo: iVert Oltrefinale, Rock Climbing in West Liguria

Samstag, 14. April 2012

Oltrefinale / Acquario, Tortuga und Guggenheim

Im Val Pennavaire, im Hinterland von Albenga an der ligurischen Küste, schossen in den letzten 10 Jahren die neuen Klettergebiete wie Pilze aus dem Boden. Diese Entwicklung ist noch nicht abgeschlossen, noch immer werden neue Felsen entdeckt und eingerichtet. Anders als hierzulande werden dort die neuen Klettergärten auch noch veröffentlicht: so gelangte die Kunde der Gebiete Acquario, Tortuga und Guggenheim bereits in den letzten Jahren zu mir. Als ich mir Gewahr wurde, dass diese alle 3 viel Kinderfreundlichkeit bei wenig Andrang bieten, war ein Besuch in unseren Oster-Kletterferien gesetzt. 

Unser Arcimboldo wie er leibt und lebt - immer am kraxeln, oder mit einer spannenden Entdeckung!

Acquario 

Dieses Klettergebiet befindet sich in unmittelbarer Nähe des bekannten Terminal. Ja, es ist sogar von der Strasse sichtbar, da die Felsen aber nicht allzu hoch sind, und im lokal typischen Wald versteckt sind, nimmt man ihn kaum wahr. Als Ausgangspunkt dient der Weiler beim Agriturismo da Ferruccio (4.5km ab  Martinetto), wo man im Aufstiegssinn links des Bächleins startet und so in problemlosen 10 Minuten die Einstiege erreicht, der Weg ist aktuell (April 2012) mit Schildern und Filzstiftmarkierungen sehr gut gekennzeichnet. 

Der erste Eindruck der Wand ist dann gar nicht so „mega wow“, denn die Felsen sind maximal 15m hoch. Aber steil, gespickt mit Sintersäulen, Flowstone und rauhen, Blumenkohl-ähnlichen Strukturen. Es gibt 45 Touren in den Graden 5a-7c, die Wand ist nach Süden exponiert, und am besten für Frühling und Herbst tauglich. Für den Winter liegt der Fels zu tief im engen Tal und erhält nur wenig Sonne, im Sommer wird es hingegen zu warm sein. Die Absicherung sieht perfekt aus (und ist es auch), und in der Tat ist der terrassierte Wandfuss sehr kinderfreundlich. Positiv ist auch zu werten, dass wir bis auf 2 italienische Seilschaften alleine da sind. Dann also mal los! 

Fränkische Atmosphäre im Sektor Acquario
Aufgewärmt wird in Phycis (6c). Strenge, athletische und ausdauernde Sinterkletterei, super genussvoll, für mich gerade recht für ein kleines Anpumpen zum Aufwärmen. Aber ist da einer der entscheidenden Griffe in der Route etwa künstlich aufgebessert? In diesem Fall bin ich nicht zu 100% sicher, da aber in etlichen anderen Routen offensichtlich gebastelt wurde, auch nicht ausgeschlossen. Immerhin, die Kunstgriffe sind ziemlich diskret, recht natürlich eingebettet und homogenisieren die Routen angenehm. Nicht, dass sie deswegen gutzuheissen wären, aber immerhin „stören“ sie den Kletterfluss nicht. 

Schliesslich komme ich zu einer zweiten Aufwärmrunde in der Diavolo di Mare (6b). Den Mädels ist da eine Stelle zu schwer und zu psychisch. Die Route hat es dann trotz guter Absicherung tatsächlich in sich, bei der obligatorischen Crux muss ich genau hinschauen, um sie zu entschlüsseln und komme durchaus etwas ins Schnaufen – den angegebenen Grad empfinde ich als klar zu tief. Die Kletterei ist wohl gut, qualitativ mit der Phycis aber nicht zu vergleichen. 

Als Rotpunkt-Ziel für den heutigen Tag erküre ich dann die interessant aussehende Wakin (7c). Ein erster Go zum Erkunden zeigt, dass es da gleich die ersten Meter sind, welche Probleme machen. Schliesslich kommt mir einer der Italiener zu Hilfe. Während wir diese, ob ihren grauen Haaren erst für Plaisirkletterer gehalten haben, ziehen die nämlich ganz schön harte Moves, besonders der 60-jährige Ermanno und der 69-jährige Brunin bewegen sich noch Rotpunkt in den Graden 7b und 7c! So kommt es dann, dass mir ein Rentner die Züge der Wakin erklärt. 

Sektor Acquario, kräftige Sinterkletterei, 15m hoch und 3-4m überhängend.
Schliesslich ist eine für mich konsistente Lösung gefunden und mein erster Rotpunktversuch scheitert nur knapp. Der schwere Einstieg läuft perfekt, danach ist aber noch etliches an Rési erforderlich, und kurz vor dem Ausstieg wartet eine Sequenz von harten Zügen. Da bin ich eigentlich korrekt unterwegs, doch weil sich ein Move hart anfühlt und ich ihn nicht zu 100% statisch ausführen kann, beginne ich zu zögern. Ich suche eine neue, bessere Position, die es aber nicht gibt... in Sekundenschnelle ist das Pulver verschossen und Game Over. 

Im dritten Go dann bin ich wieder an derselben Stelle, kann den nächsten Griff in einem Deadpoint gerade noch fassen. Ab dort wären es noch 5 Moves, aber mir geht an den schon besseren Griffen der Strom aus, und wieder: tschüss! Als ich mich das nächste Mal einbinde, bin ich gar nicht mehr so voller Hoffnung. Doch Klettern ist manchmal schon komisch: während ich unten erst einmal mangels Druck am Fuss von einer kleinen Leiste rutsche, mich bereits etwas ausgepowert fühle, aber dennoch gleich nochmals erfolgreich neu beginne, geht es oben dann perfekt, so dass ich die Züge kraftvoll und sauber durchziehen kann, und mir den Rotpunkt in der Wakin (7c) abhole! 

Tortuga 

Eigentlich war unser Plan für diesen Ostersonntag, im weiter taleinwärts gelegenen Sektor Red Up an der Sonne zu klettern. Wir kurvten (weit, 15km ab Martinetto!) hoch nach Alto im Val Pennavaire, und erreichten den Red Up in 15 Fussminuten. Doch ganz offensichtlich erfreuen sich diese super aussehenden, dem Terminal ähnlichen Sinterklettereien sehr grosser Beliebtheit. Am Einstieg sieht es ähnlich aus wie in der Kletterhalle bei Höchstbetrieb. Darauf haben wir keine Lust, und auch der Wandfuss ist bei diesem Andrang nicht genügend kinderfreundlich. Weil der nahe gelegene Sektor Corsia zwar verwaist ist, aber mit seinen 8-10m hohen Boulderrouten an geschlagenen Griffen auch gleich sehr unattraktiv, beschliessen wir, mal den Sektor Tortuga auszuchecken. 

Felsstruktur im Sektor Tortuga, das Seil hängt in Barbanera (7a).
Dieser befindet sich gar nicht im Val Pennavaire, sondern im benachbarten Val di Neva, allerdings ganz am Eingang. D.h., bei der Strassenverzweigung in Martinetto gilt es nicht links, sondern für einmal rechts Richtung Garessio-Zuccarello zu halten. Schon nach 800m ist linkerhand ein grosser Steinbruch, wo man parkieren kann. Von da ca. 80m auf der Strasse zurückgehen und auf der linken Talseite recht steil auf schwachen Wegspuren in ca. 7 Minuten zu den bereits von der Strasse sichtbaren Felsen hochsteigen. Aktuell (April 2012) befindet sich an der Hangböschung ein Baustelle, so dass der Beginn des Pfades nicht ganz einfach zu lokalisieren ist. 

Die Felsen sind nach Westen exponiert, die Einstiege sind im Schatten der Bäume. Die Sonne erreicht den Fels ab dem frühen Nachmittag. Ideale Jahreszeit sind Frühling und Herbst, im Winter ist es hier zu kalt/schattig, im Sommer sind die Morgenstunden tauglich. Der Hauptsektor bietet 16 Routen zwischen 15-25m Höhe in den Graden 4b-7c+. Die schweren Touren im Zentrum der Grotte sind athletische Überhangklettereien, vom Stil her ähnlich wie in Castelbianco. Die leichteren Touren rechts und die 11 Routen im 50m rechts oberhalb gelegenen Nebensektor bieten leicht überhängende Wandkletterei. Ein weiterer Vorteil: der auch hier terrassierte Wandfuss ist perfekt kinderfreundlich, die Grundmauern eines alten Gebäudes geben gar eine perfekte Kinderbox her. 

Crux in Calipso (7a), Sektor Tortuga
Weil Mittag inzwischen schon vorbei ist, steige ich ohne zu Zögern gleich in die Barbanera (7a) ein. Deren Crux hält einen super Bouldermove bereit, welchen ich aber nicht auf Anhieb entziffern kann. Im Rest wird mehr die Ausdauer gefordert. Im zweiten Go kann ich die Route problemlos durchsteigen. Als nächste Tour ziele ich auf die Francis Drake (7b). Die ersten Meter sehen schwer aus und ich vergebe mir den Onsight schon mit der Entscheidung, am in der zum selben Stand führenden Nachbartour hängenden Seil zu klettern. Dies war aber der richtige Entschluss, die weit auseinander liegenden Crimps wollen geplant in eine Sequenz integriert werden. Im zweiten Versuch kann ich sie dann sauber und mühelos durchsteigen. So bleibt zuletzt noch ein Onsight-Go in der weit überhängenden Calipso (7a), die unnahbar und schwer aussieht. Es entpuppt sich dann aber doch weitgehend als henklig-gängig, erst kurz vor dem Stand kommt die Crux. Da muss ich knieklemmen und schütteln, kann mich aber schliesslich mit dem letzten Strom sauber zum Stand retten. 

Guggenheim 

Am Ostermontag regnet es leicht, also muss ein geeigneter, überhängender Sektor her. Die Standardwahl, das Anfiteatro am Monte Cucco in Finale, fällt wegen dem zu erwartenden Andrang aus. Im Val Pennavaire gibt es aber diverse Alternativen, unter anderem der neu erschlossene Settore Guggenheim. Diese Felsen hatte ich bereits früher von der Strasse beobachtet und mich noch gefragt, warum es da wohl keine Routen gäbe... inzwischen ist das also erledigt mit der Erschliessung. 

Sektor Guggenheim im Val Pennavaire, am prominentesten im Bild der rechte Sektor.
Die Zustiegsbeschreibung im Faltblättchen ist leicht irreführend, so dass ich mich erst mal durch nasses Buschwerk an den Wandfuss vorkämpfe. Im Abstieg zurück zur Familie finde ich dann den richtigen Pfad, und kann mit ihnen den korrekten Weg nehmen: dieser beginnt, wenn man von Colletta nach Oresine fährt, in der letzten Haarnadelkurve vor dem Ort, rechts des kleinen Rinnsaals beim Schild mit der Aufschrift „Via del XXIV Maggio“. Schon nach 15m geht’s links über den Bach, und ab da leiten gute Wegspuren über Terrassen in 3 Minuten zum Wandfuss. 

Hier beginnt der Zustiegspfad zum Sektor Guggenheim.
Der Guggenheim unterteilt sich in 2 Sektoren. Zuerst kommt man zum rechten, der 23 sehr schöne, 20m hohe Routen in den Graden 5c-6c+ bietet. Es handelt sich um leicht überhängende Wandkletterei an rauhem, griffigen Fels. In einer kleinen, zentralen Grotte hat es auch noch einige Projekte, aber vor allem befindet sich an deren Fuss ein schöner, kindertauglicher Platz. Da nach SE exponiert und recht hoch an der Talflanke gelegen, könnte man hier auch in der kalten Jahreszeit gut klettern. Der linke Sektor ist ca. 1 Minute entfernt und besteht im Wesentlichen aus einer steilen Grotte. An deren Flanken gibt es auch noch einige gemässigte Touren, so dass 14 Routen zwischen 6a-7c zur Verfügung stehen, mit bis zu 25m Länge. 

Kathrin in der fotogenen Gaugin (6b) im Sektor Guggenheim.
Ich klettere im rechten Sektor die Touren Van Gogh (6b, super), Monet (6c, prima Tour mit harter Einzelstelle) und Arcimboldo (6b+, fantastisch). Im linken Sektor engagiere ich mich in der Rembrandt (7a). Die ist auch genial, dünkt mich aber eher auf der harten Seite, ist tricky und erfordert Kraft und Ausdauer. Onsight chancenlos, kann ich mich im zweiten Versuch gerade knapp zur Kette retten – vielleicht sind es aber auch die mässigen, feucht-kühlen Bedingungen, oder die Ermüdung am 5. Klettertag am Stück. Anyway, der Guggenheim-Sektor ist eine gute Adresse, und wir werden sicher wieder hierherkommen.

Topos

Ein Faltblatt mit Zustiegsbeschreibungen (nicht ganz so präzisen wie die meinigen oben ;-)) und Routenlisten kann man auf Anfrage für 5 Euro pro Stück in der Bar Neva in Cisano sul Neva kaufen. Am Fels sind alle Touren mit Namen angeschrieben, so reichen im Prinzip auch die im Internet auffindbaren, jeweils fast vollständigen Routenlisten aus:

Tortuga: Routenliste
Acquario: Routenliste
Guggenheim: Routenliste, Ergänzung