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Sonntag, 24. November 2019

ZKM 3/2019: Bouldern im Minimum

Auf ins grosse Finale der Zürcher Klettermeisterschaften 2019! Den krönenden Abschluss bildet dabei der Wettkampf im Minimum, wo die Boulderchampions im bevölkerungsreichsten Schweizer Kanton erkoren werden - dies natürlich bei schweizweiter bzw. sogar internationaler Beteiligung. Bei diesem Wettkampf handelt es sich um ein grosses Highlight im jährlichen Kalender. Nicht nur, weil danach in der Gesamtwertung abgerechnet wird und die Medaillen verteilt werden. Sondern auch, weil den Teilnehmern leckerste Boulder aller Arten und Schwierigkeiten, halt eben echte "Probleme" vorgesetzt werden. Und mit Teilnehmerinnen vom 8-jährigen Youngster über hoffnungsvolle Nachwuchstalente bis zur Weltmeisterin und angehenden Olympionikin Petra Klingler gibt's begeisternden Klettersport auf allen Niveaus zu sehen.

Pretty good style während unserem "Training".
Team Dettling hatte noch heisse Eisen um die ZKM-Gesamtwertung im Feuer. Dementsprechend widmeten wir uns dem "Training". Altersgerecht und spielerisch, der Spass am Tun sowie das gemeinsame Erlebnis soll im Fokus stehen und nicht die Arbeit. Somit fuhren wir z.B. in eine Boulderhalle, wo wir nur sporadisch vorbeikommen. Aus den uns komplett unbekannten Problemen suchte ich 20 Stück für die Kinder aus und sie 20 Stück für mich - passend mit einer Spannbreite von im Flash machbar bis knallhart. Schon nur das Aussuchen und Beurteilen von Bouldern ist ein Skill und damit Teil des Trainings. Dann haben wir uns Laufzettel angefertigt, gaben uns 2 Stunden Zeit, während denen möglichst viele erfolgreiche Begehungen zusammenkommen sollten. Wie immer tragen dabei auch die Strategie und die Effizienz zum Erfolg bei - Klettern ist ein vielschichtiger Sport! Auf jeden Fall war es Big Fun und schon auf dem Heimweg kam der Wunsch nach baldiger Wiederholung dieser Trainingsform. Selbstverständlich hat's auch dem Papa enormem Spass gemacht!

Laufzettel bei unserer Wettkampfvorbereitung.
Am Wettkampftag waren wir zeitig schon um 8 Uhr (!!!) vor Ort. Erst hiess es Aufwärmen, die Boulder studieren und sich einen Plan machen. Den Kindern standen für das Absolvieren ihrer 23 Quali-Probleme nur gerade knapp 2 Stunden zur Verfügung. Das ist wenig und wenn man noch bedenkt, dass 100 andere Kinder (!!!) gleichzeitig dasselbe tun wollen, so wird es schon fast unmöglich. Effizienz und eine kluge, möglichst antizyklische Strategie sind entscheidend. Achtung, Fertig, Los! Sofort fielen die Kinder über die Boulder her. Das Laufblatt füllte und füllte sich, doch die Uhr lief noch ein wenig schneller ab. Am Ende blieben die 5 schwierigsten Boulder ungetickt, ob das reichen würde?!? Im Gegensatz zum Lead, wo man alle anderen jeweils beobachten und sein Ergebnis gleich einschätzen kann, ist die Situation bei solchen Boulder-Qualis komplett unübersichtlich. Es fiel aber erfreulich aus: Larina qualifizierte sich mit Rang 2 für den Final. Dieser lief dann leider nicht perfekt: zwei knapp verfehlte Begehungen und ein "unmöglicher" Boulder ergaben am Ende "nur" Rang 4. Nichtsdestotrotz eine sehr gute Leistung, im Final mit nur 3 Bouldern und je 4 Minuten Zeit ist's halt auch immer ein wenig ein Gamble. Während es also in der Tageswertung knapp nicht fürs Podest reichte, so durfte dieses danach doch noch bestiegen werden. Sowohl für Larina in der U12 wie für Jerome in der U10 resultierte Platz 2 in der ZKM-Gesamtwertung - bravo für diese tolle Leistung in der Klettersaison 2019!

Podest ZKM Gesamtwertung U10 im Jahr 2019
Um 14 Uhr starteten schliesslich die Wettkämpfe für die Erwachsenen - für mich in der Fun-Kategorie. Wenn bei der Elite Athleten mit Weltcup-Niveau starten, so ist das definitiv der richtige Platz für den alten Herrn Dettling. Zudem reizt auch die Herausforderung, alle ~60 Probleme in der Halle zu knacken. Das gelang ganz ordentlich, alle ca. 45 einfacheren Boulder bis und mit Niveau Fb 7A konnte ich nahezu vollständig abhaken, bei den schwierigen wurde die Luft aber dann rasch dünner. Bei der Elite hätte diese Leistung definitiv nur für die hintere Ranglistenhälfte gereicht. Anders im Plausch, wo ich mit Rang 2 eine dritte Silbermedaille für die Familie ergattern konnte. Ja mehr noch, dank den Plätzen 3-1-2 im Griffig, 6aplus und Minimum gebührt mir auch der ruhmreiche Titel des "Oberpläuschlers" im Kanton Zürich :-) Zu Ende war der Tag noch lange nicht: erst durften wir das grandiose Können der Top-AthletInnen in den Erwachsenen-Finals hautnah bestaunen. Dann gab's noch die Siegerehrungen und die Preisverlosung mit gemütlichem Beisammensein. So wurde es schliesslich 23 Uhr, bis wir nach einem intensiven Tag wieder aus dem Minimum traten. Herzlichen Dank an die Crew für den tollen Event und die genialen Boulderprobleme, die ihr uns vorgesetzt habt!

Podest ZKM Gesamtwertung U12 im Jahr 2019

Mittwoch, 23. Oktober 2019

MYCC 5/2019: Lead-SM in Genève

Der letzte Wettkampf in der Serie des Mammut Youth Climbing Cup 2019 war als Schweizermeisterschaft in der Disziplin Lead ausgeschrieben. Auf mich als Coach und Larina als Teilnehmerin wartete zwar eine lange Anreise nach Genf, aber eine solche Gelegenheit lässt man sich natürlich nicht entgehen. Dank frühem Aufstehen und einer speditiven Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln kamen wir immerhin um eine Übernachtung vor Ort herum. Gespannt traten wir nach der langen Fahrt in das Centre Sportif am Queue de l'Arve um zu sehen, was uns hier als Herausforderung präsentiert würde.

Die Kinder der U12 beim Studieren der Finalroute. Bild: SAC Swiss Climbing Team / Judith Schweizer
Auf den ersten Blick waren wir schon etwas verblüfft, hier bloss einen kleinen Kletterbereich mit alten, nur gut 10m hohen Strukturwänden in der Ecke einer sonst anderweitig genutzten Sporthalle zu erblicken. Für eine Schweizermeisterschaft hatten wir doch ein etwas würdigeres Ambiente erwartet. Halt in etwa so, wie es anlässlich der Boulder- und der Speed-SM vorhanden war, die auf der Weltcup-Infrastruktur in Meiringen bzw. Villars abgehalten wurden oder es uns sogar an Regionalwettkämpfen (z.B. im Griffig oder 6aplus) geboten wird. Verstärkt wurde dieser Eindruck natürlich noch durch die Tatsache, dass das Gros der Teilnehmer hier eine extrem lange Anreise auf sich genommen hatte. Irgendwie wäre es ja noch verständlich, wenn man sich an einem zentralen Ort auf eine nicht ganz topmoderne Anlage beschränken würde oder an peripherer Lokation dafür das Beste vom Besten zur Verfügung hätte... doch es ist, wie es ist.

Start in die Quali 2, wohl gut im 7a-Bereich. Wie man sieht aber leider mit Tutti Frutti an der Wand, wobei dies keine anderen Wettkampfrouten sind. Und dann gibt's eben die Inserts in verschiedenen Farben (man suche, grau, grün, hellblau, dunkelblau), wobei die einen erlaubt waren und die anderen nicht. 
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft das Routensetting: an einer SM ist es meines Erachtens nicht statthaft, dass sich in den Routen noch andere, verbotene Griffe befinden. Das ist ja sogar an den Regionalwettkämpfen in aller Regel nicht der Fall! So musste ständig aufgepasst werden, keinen verbotenen Griff oder Tritt zu berühren. Dann gab es zahlreiche Inserts in verschiedenen Farben - die einen durften genutzt werden, die anderen hingegen nicht. Blöd nur, dass die Routen teilweise blind "um die Ecke" führten. Einfach tasten und an dem ziehen, was man in die Finger kriegte war nicht drin, da musste man sich schon sicher sein, dass es eine erlaubte Struktur war. Das alles zusammen führte schlussendlich zu vielen Kindertränen und "downrated ascents", d.h. nachträglich wegen einem Fehler korrigierter Höhe. Doch während das Judging teils knallhart ausgeführt wurde, beurteilte man andere Fälle mit Nachsicht (oder Ignoranz), d.h. halt einfach etwas inkonsistent. Selbst im offziellen Video des SAC... wer sucht, der findet. Nun ja, lassen wir das. Wir persönlich waren übrigens dank exakter Besichtigung von all diesen Unbillen verschont, d.h. ich schreibe all das rein aus Interesse an einem fairen, objektiven und möglichst sportlichen Wettkampf, wo alle Teilnehmer gleiche Chancen haben und gleich behandelt werden. Es sei an dieser Stelle trotz aller Kritik an Anlage und Setting jedoch explizit erwähnt, dass die vorderen Plätze generell von den "üblichen Verdächtigen" belegt wurden, d.h. ein selektiver Wettkampf war auch im Queue d'Arve möglich.

Das Ende der Träume in der Finalroute (schwarz, ca. 7b+). Links um die Ecke oder rechts im Überhang bleiben?!?
In der Qualifikation (Flash-Modus) lief es für Larina perfekt. Beide Routen, die eine wohl knapp im 7a-Bereich, die andere etwas darüber, konnte sie toppen. Das war der geteilte Platz 1 und das Ticket für den Final. Nun war alles möglich, im Final (Onsight, ca. 7b+!!!) musste nun einfach eine Bomben-Begehung kommen. Diese fand aber leider nicht statt. Eine entscheidende Stelle hatte sie falsch angegangen und das war's dann schon bald. Wie gut, dass ich aus eigener Erfahrung weiss, wie schwierig es so unter Druck in einer Wettkampfroute ist, jederzeit die perfekte Entscheidung zu fällen... Am Schluss fehlte in der Wertung sogar noch das entscheidende "+" und es resultierte "nur" Rang 8. Im Vornhinein hätten wir das und die Finalqualifikation durchaus unterschrieben, nun war es halt doch ein leichter Wermutstropfen - da wäre mehr möglich gewesen. Nichtsdestotrotz machten wir uns zufrieden und um viele Eindrücke und Erlebnisse reicher auf den langen Heimweg. Erst im nächsten Frühjahr geht's mit den nationalen Wettkämpfen weiter. Wir kommen wieder, machen unterdessen die Hausaufgaben und schauen, was es dann zu holen gibt! Zuletzt wünschen wir viel Spass mit dem offiziellen Video vom SAC / Swiss Climbing Team, inklusive kontemplativem Auftritt von Larina :-)


Montag, 5. August 2019

Tête de Mesure - Ombre et Lumière (6b)

Nach dem Abenteuer am Pilier Rouge wollten wir es am nächsten Tag wieder etwas gemütlicher angehen lassen. Im Plaisir West wird das Vallon de Bérard als Bijou beschrieben, zudem hiess das für uns null Anfahrt. Auch der Zustieg ist mit einer Angabe von 45 Minuten moderat, es sind zudem nur 300hm zu überwinden. Da näher und auch etwas schattiger gelegen, gaben wir der Tête de Mesure gegenüber dem Mont Oreb den Vorzug.

Naja, das sind nicht ganz dieselben Aussichten wie am Tag zuvor am Pilier Rouge. Hier auf diesen Platten befindet sich jedenfalls die Route. Wobei der Fels in frontaler Ansicht (die man jedoch nur von der gegenüberliegenden Talseite hat, wo man auf der Tour nicht vorbeikommt) schon noch ein wenig kompakter ist, wie es hier den Anschein macht. Es handelt sich jedenfalls durchaus um eine lohnende Plaisirroute.
Vom grossen Parkplatz beim Bahnhof von Le Buet geht's zusammen mit vielen Touristen zur sehenswerten Cascade. Weiter ins Tal hinein ist man dann deutlich einsamer unterwegs. Der Plaisir West verspricht aber nicht zuviel, die Wanderung dem Bach entlang ist angenehm und schön. Gerade vor der Brücke zweigt links der Pfad zur Tête de Mesure ab. Der Beginn ist nicht offensichtlich und leicht zu übersehen! Über einen richtigen Ho-Chi-Min-Pfad geht's durch mannhohes Kraut und über schlammigen Untergrund weiter flach taleinwärts, erst dann zuletzt aufwärts zur Wand. Nach 45 Minuten Zustieg sind wir da. Der erste Eindruck der etwas gemüsig aussehenden Platten ist nicht überaus beeindruckend. Wir lassen uns davon nicht abhalten und steigen um 12.30 Uhr ein.

Ho-Chi-Min-Trail mit mannshohem Kraut auf dem Zustieg. Was man beim Klettern nicht alles erlebt!
L1, 45m, 5c: rechtshaltend aufwärts an meist schön griffigem Fels
L2, 30m, 6b: der Auftakt nicht allzu schwierig, die Crux kurz mit einem Schulterzug (6b soft).
L3, 35m, 6a: schöne und anhaltende Platte, keine reine Schleicherei. Eine der besten Längen!
L4, 25m, 5c+: kurz, übersichtlich und gut eingebohrt, aber nicht geschenkt!
L5, 25m, 6a+: zwei Aufschwünge, etwas erzwungen links gebohrt (fies für die Kleinen)
L6, 25m, 6a+: schöne plattige Wand, die Crux aber der finale Aufschwung schon im Gemüse.
L7, 30m, 5c: einfacher Auftakt, die Crux in der Verschneidung, diese rechtzeitig verlassen!.
L8, 60m, 4b: lange, einfache Traverse nach rechts zur 'Ile de Razmokets' und ihrer Abseilpiste. Das Finish dann nochmals plattig. Achtung, diese Länge ist deutlich >50m, evtl. sogar >60m. Da die Schwierigkeiten am Anfang überschaubar sind, kann der Nachsteiger aber einfach ein bisschen folgen (oder man improvisiert einen Zwischenstand).

Schön griffiger Fels in L1 (5c).

Das ist die grosse Platte in L3 (6a), vielleicht die schönste Seillänge der ganzen Route.

Jetzt werden die Seilenden gewechselt (L4, 5c+, sehr schöne Kletterei!).

In L5 (6a+) musste Daddy nochmals kurz übernehmen. Die Crux war bereits passiert, aber am nächsten Aufschwung war der Bohrhaken mit Kindergrösse einfach ausser Reichweite und es drohte deshalb ein heikler Sturz. So haben wir jetzt immerhin auch einmal geübt, wie man mitten auf einer Seillänge einen sicheren Stand improvisiert.

Kleine Maus auf weiter Flur... in der grossen Traverse von L8 (4b), welche >50m lang ist.
Unsere Route endet hier, während die 'Ile' noch 4 SL weitergehen würde. Im Plaisir steht, die Fortsetzung sei unlohnend. Das glaube ich gerne, steht man hier doch total im Kraut, Fels der sich beklettern liesse, ist gar nicht in Sicht. Da unsere Route ja eh zu Ende ist, streichen wir um 17 00 Uhr nach 4:30h Kletterei die Segel und seilen ab. Tja, heute waren wir nicht ganz so schnell, aber mit Kindervorstieg und Wartezeit wegen einer Seilschaft vor uns ist das gut zu erklären ("normale" Kletterzeit würde ich eher auf 3:00h schätzen). Ob der wenig steilen Wand mit vielen Bändern und Grünzeug könnte man fürs Abseilen schlimmeres befürchten, aber wir gelangen mit 6 Manövern bequem und zügig retour an den Einstieg. Es bleibt noch die Wanderung retour zum Zeltplatz, dann ist dieser gemütliche Klettertag zu Ende.

Facts

Tête de Mesure - Ombre et Lumière 6b (5c obl.) - 8 SL, 280m - Durand et al. 2014 - **;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express

Nette Plaisirroute, welche auf der schattigen Talseite des hübschen Vallon de Berard liegt. Der erste Anblick der eher flachen, von der Vegetation durchsetzten Platten ist nicht unbedingt sehr vielversprechend. Die Kletterei führt dann aber doch meist über sauberen Gneis, der immer wieder kleine Griffe und Leisten aufweist und nicht nur reine Reibungskletterei bietet. Die Bänder und das Grünzeug stören nicht allzu gross und geben bequeme Standplätze her. Trotzdem, nach Niederschlägen sollte man der Route einige Tage zum Abtrocknen geben, auch früh in der Saison ist man hier nicht unbedingt richtig. Im Hochsommer bleibt die Route bis ca. 12.30-13.00 Uhr im Schatten. Gegen den Herbst gibt's hingegen kaum mehr Sonneneinstrahlung. Abgesichert ist die Route nach Standard "Plaisir gut+", dazu sind die Bewertungen gutmütig, man kann also voll angreifen. Mobile Sicherungsmittel sind nicht nötig und kaum einsetzbar. Ein Topo findet man im Plaisir West (aus welchem die Bewertungen stammen), weitere Infos auf C2C.

Topo von Hervé Thivierge, merci!

Sonntag, 28. April 2019

Zürcher Klettermeisterschaft 1/2019: Griffig Cup

Der erste Wettkampf der dreiteiligen Serie der Zürcher Klettermeisterschaft 2019 sollte im Griffig (Uster, CH) in der Disziplin Lead stattfinden. Keine Frage, hier wollte Familie Dettling mit dabei sein. Denn einerseits galt es, die Meriten vom letzten Jahr zu verteidigen und andererseits ist's der Wettkampf, der in der uns am nächsten gelegenen Kletterhalle stattfindet. Vamos!

In der mit Finalroute (7b) der U12 Damen. Foto: Martin Rahn, regionalzentrum.ch
Während ich selber im Vorjahr bei der Elite teilgenommen hatte, entschied ich mich in diesem Jahr für die Plauschkategorie. Heuer gab es nämlich auch da keine Vorqualifikation zu absolvieren, d.h. der ganze Event fand an einem Tag statt. Die Bezeichnung 'Plausch' ist irgendwie allerdings leicht irreführend, da auch hier ein ernsthafter Wettkampf geboten wird, welcher ein einigermassen solides Niveau verlangt. In der Quali waren zwei Routen mit Schwierigkeiten von 7b und 7c zu klettern und auch der Final fand auf Niveau 7c statt. Das erklärt auch gleich meine Wahl für die diese Kategorie: hier bestehen für mich Chancen auf Durchstieg und die vorderen Plätze. Bei der Elite sind hingegen in der schwierigeren Qualiroute und im Final 8b gefordert. Da ist meine Chance auf einen Flash-Durchstieg nahezu null und ich würde eher um das Ranglistenende mitkämpfen.

Ein guter Plan ist die halbe Miete. Die Qualis (nicht aber die Finals) finden im Flash-Modus statt und der Startzeitpunkt ist nach Belieben wählbar. D.h., wenn man will, so kann man alle KonkurentInnen beobachten und erst zuletzt einsteigen. Das bringt Vorteile für die Beta, die mentale Komponente ist dafür nicht ganz einfach. Lohnt sich also nur, wenn man damit umgehen kann. Vor Ort ist das Gerangel um die frühen Startplätze jeweils gross, die letzten sind überhaupt nicht begehrt. Foto: Kletterhalle Griffig.
Die erste Quali (7b) konnte ich noch souverän toppen. Da ich nebenbei auch noch die Kinder zu coachen hatte, blieb mir schliesslich wenig anderes übrig, als die zweite Quali (7c) als erster anzugehen. Das bringt natürlich gegenüber Abwarten und Beobachten der Konkurrenten gewisse Nachteile mit sich. Prompt verpasste ich im letzten Routenteil einen entscheidenden Heelhook und scheiterte zwei Griffe vor dem Top. Für den Finaleinzug reichte es trotzdem. Den Kindern lief es ebenfalls gut. Der Kleine in der Kategorie U10 hatte 6a+ (Top), 6b (29+) und 7a (15+) zu klettern und zog auf Rang 4 in den Final ein. Bei der Grossen in der U12 war es 6b (Top), 6b+ (Top) und 7a+ (29+), was nach der Quali Rang 1 bedeutete. Somit waren wir als einzige zu dritt in der Isolation vor dem Final - die Mama ist leider immer noch verletzt und konnte nicht mittun, sonst hätte es ihr vielleicht auch gereicht und wir wären als Familie komplett gewesen?!?

Voller Fokus auf das, was bevorsteht. Das ist das Spannende am Wettkampfklettern. Plötzlich heisst es hier und jetzt. Keine Ausreden, kein Bloc, kein 'später vielleicht', kein zweiter Versuch und kein 'probiere ich halt eine andere Route, vielleicht klappt's dort ja besser'. Ja, das macht mir Spass! Foto: Kletterhalle Griffig
Die Tochter war dann als erste von uns dran. Im Final der U12 wird im Vorstieg geklettert, d.h. es folgte die Vorstiegspremiere an einem Wettkampf. Verständlicherweise war davor durchaus etwas Bammel vorhanden. Sie hat in der Zwischenzeit zwar sehr gut Vorsteigen gelernt und Routen auf Onsight-Niveau (Indoor derzeit ~6c) steigt sie souverän vor. Nur wird einem leider in einem Wettkampffinal keine Route serviert, welche man im Komfortmodus durchsteigen kann. Sondern da heisst es dann, in einer Route am oder über dem persönlichen Limit über sich hinauszuwachsen - und das ist natürlich nicht nur, aber erst recht für Vorstiegsneulinge eine respektable Challenge. Tatsächlich hatte es die Finalroute im Schwierigkeitsgrad 7b in sich. Schon auf den ersten Metern war es richtig schwierig mit heiklen und anspruchsvollen Klipp-Positionen. Doch sie meisterte das prima, kletterte am Limit stets mutig vorwärts. Leider bremste zum Schluss ein Längenzug den Aufwärtsdrang - doch auch da wurde noch kompromisslos zum Dynamo angesetzt. Das Video, welches sie (mit meiner Assistenz) von ihrem Wettkampf geschnitten hat, zeigt's sehr schön.


Der Sohn war als nächster dran. Bei der U10 wird auch im Final noch Toprope geklettert, aber Geschenke gibt's auch da keine. Ein stilreiner Durchstieg dieser kniffligen Route wäre mit etwa 6c+ zu veranschlagen. Dazu fehlte zwar noch ein gutes Stück - fürs Podest hätte es hingegen gereicht, wenn er nur einen Griff weiter gekommen und noch eine Aktion ausgelöst hätte. Nachdem ich eine ganze Weile in der Isolation das Kribbeln hatte spüren können, konnte  ich dann zu guter Letzt auch noch mein Können unter Beweis stellen. Meine Unterarme waren aber für die arg pumpige 7c bereit, es lief mir tiptop. Wie immer in solchen Finalrouten haben es die letzten Moves zum Umlenker nochmals richtig in sich und fordern einen Extraboost. Kurz vor dem Top musste ich beim Zug an ein übles Slopervolumen klein beigeben, es resultierte der dritte Schlussrang. Ich weiss gar nicht so recht, was mich mehr fuxt, der knapp verpasste Sieg oder der knapp verpasste Flash in dieser 7c :-)

Das ist auch ein cooles Bild. Die Judges für die Finalrouten und eine Tochter, die ihren Daddy filmt ;-) Foto: Kletterhalle Griffig
Somit resultierten für uns die Ränge 2, 3 und 4. Zwei von uns durften also aufs Podest steigen und schöne Preise in Empfang nehmen - einen herzlichen Dank an die Sponsoren. So konnten wir mit einem positiven Gefühl nach Hause gehen. Allerdings auch mit dem Wissen, dass wenn jedeR von uns nur 2 Griffe weiter geklettert wäre, es sogar für die Ränge 1, 1 und 3 gereicht hätte. Das hört sich so einfach an, die Umsetzung ist aber natürlich ungleich schwieriger. Denn wir waren alle am absoluten Maximum geklettert, da ging sich beim besten Willen kein zusätzlicher Move mehr aus. Nichtsdestotrotz nehmen wir es als Ansporn und versuchen, es das nächste Mal noch besser zu machen.

Dienstag, 16. April 2019

Hasli Mountain Festival 2019

Nachdem wir mehr und mehr in die Welt des Wettkampfkletterns eintauchen, lag es nahe, einmal den Besten der Welt hautnah zuzusehen. Und da zum Glück einer der weltweit nur 6 Boulder-Weltcups 2019 nur 1.5 Fahrstunden von daheim entfernt stattfand, wollten wir die Chance packen. Schliesslich war wirklich die komplette Weltelite am Start, die sich im Jahr der Olympiaqualifikation dem ersten Test stellen wollte. Doch damit nicht genug: am Tag darauf fand auf der exakt selben Anlage die Boulder-Schweizermeisterschaft der Jugendkategorien statt, wo meine Tochter ebenfalls teilnehmen wollte.

Hasli Mountain Festival. Bild: https://www.mountainfestival.ch/
Auch wenn das Geschehen am Weltcup von den Live Streams irgendwie schon bekannt war, den Sport live zu sehen ist halt schon nochmals deutlich eindrücklicher. Der spielerisch-dynamische Stil der Japaner, die rohe, aber etwas ineffizient eingesetzte Kraft von Megos oder der unbändige Wille zum Top von Ondra, um nur einige Beispiele zu nennen. Gerade die Feinheiten der individuell unterschiedlichen Stile kommen vor Ort noch deutlich besser zum Ausdruck als am Bildschirm. Super spannend war's jedenfalls und wie zuletzt an der Ski-SM konnte man sich danach problemlos den Athleten nähern und ein Foto oder ein Autogramm sichern - für die Kinder auch ein ganz wichtiger Aspekt.

Der Chef höchstpersönlich an der Arbeit. Er konnte an diesem Wettkampf als einziger alle Boulder toppen.
Am Sonntag folgte dann eben die Boulder-SM. Der Modus: 8 Qualifikationsboulder, je 5 Versuche, total 80 Minuten Zeit. Wenn man alle seine Versuche abfeuern wollte, so müsste man also alle 2 Minuten einsteigen - rein vom Krafthaushalt her nicht möglich. Und vor allem sind da noch 40 andere Kinder alle gleichzeitig am Werk, welche dasselbe wollen. Das heisst, mit Wartezeiten bis zum nächsten Versuch ist zu rechnen und es geht fast nicht ohne einen Coach, der die Übersicht hält und strategisch plant. Es gelang uns ein guter Wettkampf, 4 Tops und 6 Zonen. Am Schluss steht trotzdem "nur" der 13. Rang, wobei das für eine Schweizermeisterschaft ja auch gar nicht mal so übel ist. Aber dass es dieses Jahr mit dem Wechsel zur U12, auf nationalem Level und insbesondere beim Bouldern einfach werden würde, damit hatten wir auch nicht gerechnet. Hinzu kommt das harte Los, im Dezember geboren zu sein, womit die ältesten in derselben Kategorie de fakto 2 Jahre älter sind. Da muss man schon entweder sehr früh entwickelt, sehr gross gewachsen oder einfach extrem gut sein, um trotzdem aufs Podest zu bouldern. Wobei mit 6 Tops ein Finalplatz zu holen gewesen wäre und diese mit etwas mehr Entschlossenheit, einer optimierten Sequenz und einer Portion Wettkampfglück definitiv im Bereich des Möglichen lägen... Aber klar, so kann man immer argumentieren und alle Mädchen auf den Rängen 7-12 denken sicher genau gleich. Ich will aber damit eigentlich nur signalisieren, dass wir von hier mit positiver Einstellung und Ansporn nach Hause gingen und nicht mit Frustration oder Enttäuschung. Man geht ja sowieso an Kletterwettkämpfe um zu lernen, wo es noch fehlt und nicht des Gewinnens wegen ;-) Einige animierte Impressionen vom Wettkampf im Video:


Für mich persönlich gab's am Hasli Mountain Festival leider nichts zu klettern. Weltcup, naja schön wär's. Bei den Jugendkategorien wäre zwar die Schwierigkeit der Boulder schon noch etwa passend, dafür der Jahrgang leider überhaupt nicht mehr ;-) Somit blieb also nichts anderes übrig, als an den Fels zu gehen. Dieser ist mit dem Lammi von der Tennis-/Kletterhalle in weniger als 10 Minuten zu Fuss erreichbar, optimal für einen Angriff zwischen Halbfinal/Quali und den Finaldurchgängen. Mit vom vielen Zuschauen entsprechendem Kribbeln in den Fingern konnte ich an der Hauptwand gleich ziemlich abräumen: Arturo Bandini (7a), Oppidum (7b), Grüenspan (7a), Mählwurm (7a), Dini (7b), Navigation Zero (7a) und Mini (7a) gelangen, ohne das Seil zu belasten :-) Wenn ich da zusätzlich noch an meinen einzigen Lammi-Besuch vor 25 Jahren zurückerinnere, ist das ein erfreuliches Resultat. Damals hatte uns das Wetter von einem Alpinklettertrip in dieses neu erschlossene, immer trockene Gebiet vertrieben. Mit Ach und Krach würgten wir uns damals die einfachste Route, die Kombination (6b+) hinauf, von Rotpunkt natürlich keine Spur. Solch athletisch-pumpige Kletterei waren wir uns damals von draussen nicht gewohnt und Kletterhallen gab's noch nicht. Ein echt positives Erlebnis, so viel später diese Routen doch noch zu packen, ja in einem gemütlichen Nachmittag rasch runterzureissen.

Statt an die Finalboulder ging's dann halt an den Fels. Das Lammi liegt immerhin gleich um die Ecke :-)

Donnerstag, 28. Februar 2019

Just an ordinary family weekend: Powder am Mieserenstock und mehr...

Jetzt wäre die Zeit da, um die grösseren Skitouren zu reissen. Das lag an diesem Weekend organisatorisch nicht drin, aber ein paar gute Schwünge hat's trotzdem gegeben. So war uns am Samstag ein Ausflug am Vormittag vergönnt, galt es doch am Nachmittag mit den Kindern noch einen Boulderwettkampf zu besuchen. In den Tagen davor hatte ich meine Pre-Work-Touren im Tössbergland bereits bei besten, frühlingshaften Sulzverhältnissen geniessen können. Doch nun stellte sich die Frage, ob wir dies auch für die Samstagmorgentour tun sollten, oder wir doch noch in einem Schattenloch auf die Suche nach etwas Pulver gingen. Nach einigem Hin und Her entschieden wir uns schliesslich fürs Hintere Sihltal und zogen damit voll den Joker.

Skitourenidylle im hinteren Sihltal mit Mieserenstock, Höch Hund und den Chläbdächern.
Ein paar Minuten nach 8.00 Uhr starteten wir beim P.1067, die vereiste Strasse vom Ochsenboden her war mit ausreichend Schwung gerade so bis dahin zu passieren. Nach einigen Minuten konnten wir unseren Blick auf die Eisfälle bei Fläschen richten. Tolle Erlebnisse mit der Begehung dieser Routen kamen wieder auf. Augenscheinlich herrschten noch gute Bedingungen, obwohl es in den Tagen zuvor auch nicht mehr wirklich kalt gewesen war. Wenig später galt es, einen üblen Lawinenkegel zu überqueren - ein klares Indiz, dass der Übergang vom Hochwinter in den Frühling rasch vollzogen worden war und es auf die tageszeitliche Erwärmung Acht zu geben galt. Durch den gut eingeschneiten Sihlwald gelangten wir hinauf auf die Ebene von Feldmoos und hatten uns für ein Tourenziel zu entscheiden. Da eine Vierergruppe bereits weit oben den Höch Hund anspurte und zwei weitere Tourengänger ihnen folgten, entschieden wir uns, den Mieserenstock anzupeilen, wo noch niemand unterwegs war.

Blick auf die Eisfälle bei Fläschen. Da kommen Erinnerungen an unsere Begehungen vor ein paar Jahren auf.
Zu passierender Grundlawinenkegel auf dem Weg zum Gribschli.
Hier war ich vor 7 Jahren das letzte Mal gewesen. Damals war auf den Karten noch der östliche Punkt (2199m) als Gipfel markiert, deswegen steht auch heute noch das Kreuz an diesem Ort. Auf den neusten Karten ist jedoch der 150m weiter westliche gelegene P.2203 als Gipfel bezeichnet. Da höher, macht das jeden Sinn und skifahrerisch ist das auch gleich noch lohnender, weil man von dort in deutlich direkterer Linie abfahren kann. In noch mässig steilem (aber trotzdem nicht harmlosem!) Gelände fellten wir hinauf zum engen Couloir, welches den Durchschlupf in die Gipfelflanke erlaubt. Wie schon letztes Mal waren wieder viele Spitzkehren notwendig. Danach hat man wieder mehr Platz zur Verfügung. Die steilen Hänge erfordern aber gehörig Respekt, die letzten 150hm sind durchgehend >35 Grad mit einer Schlüsselstelle, die sogar über 40 Grad steil ist. Hier müssen bedingungslos sichere Verhältnisse herrschen, welche mit der Gefahrenstufe "gering" jedoch gegeben waren. Auf dem Gipfel herrschte Panorama Grande bei sehr angenehmen Bedingungen, exzellent!

Formvollendete Schönheit :-) Die letzten Meter über den Grat zum Mieserenstock P.2203.
So haben wir's gern! Gipfelpanorama auf dem Mieserenstock mit Blick zur Silberen und in die Glarner bzw. Urner Berge.
Die Abfahrt war dann nicht weniger grandios: sowohl die Gipfelflanke wie auch die langen Hänge ins Chräloch hinunter wiesen noch prima gesetzten, sehr gut drehenden Pulver auf kompakter Unterlage auf. Dank der guten Schneelage konnte ich sogar das Couloir auslassen und die felsige Steilstufe etwas östlich in fast direkter Falllinie des Gipfels durch eine steile Rinne bewältigen. Weiter ging's genussvoll bis ob dem Sihlwald. Im Wald war der Schnee bereits aufgeweicht, doch selbst das machte Spass! Dann noch rasch vom Gribschli retour zum Parkplatz sausen (bis auf die Passage über den Lawinenkegel) und dann ab zum nächsten Programmpunkt. Wie sich zeigen wollte, waren die Zeitreserven bereits ziemlich ausgereizt... also rasch daheim die Kinder aufgeladen und gleich in den Skiklamotten weiter ans Move & Groove im Grindelboulder.  Schon letztes Jahr hatten wir dem Kinder-Wettkampf beigewohnt, dieses Jahr wollten wir es nicht anders machen.

Grandioser Fun auf der Abfahrt in kompaktem, pulvrigem und sehr gut drehendem Schnee!
Auch heuer standen wieder extra für die Kinder geschraubte, interessante Probleme zur Auswahl. Noch dazu ein interessanter Modus, der die Kinder so richtig animierte. Fast ein wenig schade, dass die Teilnehmer hier noch nicht ganz so zahlreich kommen wie z.B. am Sparta Fight. Für unsere Kinder ging's sehr gut aus: Boy auf Rang 1 in der unteren Altersklasse, Girl auf Rang 2 in der oberen. Schliesslich wurden sie auch noch eingeladen, am folgenden Wettkampf für die Erwachsenen in der Easy-Kategorie teilzunehmen. Hier waren die Boulder jetzt logischerweise nicht mehr ganz so kindergerecht geschraubt - aber der Challenge beim Klettern ist ja gerade, mit allem möglichen fertig zu werden und nicht nur mit dem, was einem speziell präpariert wurde. Das Video vom Finalboulder (unbedingt mit Ton anschauen) zeigt wohl, warum die Teilnahme an den Wettkämpfen so richtig Spass macht - Move & Groove eben! Die Efforts wurden schliesslich mit einem weiteren zweiten Rang für die Tochter belohnt.



Doch vor lauter Kämpfen und Mitfiebern war es spät geworden. Irgendwie zu spät, um bei der in diesen frühlingshaften Verhältnissen schnell tickenden Uhr noch auf eine grosse Skitour zu gehen. Somit gab's dann nur ein Morgentüürli an die fabelhaften Sulzhänge im Tössbergland, gefolgt von Sportklettern am Fels. Irgendwie heisst das, die Top-Bedingungen nicht ganz aufs letzte ausgereizt zu haben. Andererseits aber auch egal - mir gelang's, gleich noch ein wenig mit bereits bestehenden Projekten aufzuräumen. Somit wird die Woche klettermässig mit einer 7c+ und einer 8a rotpunkt beschlossen. So könnte es weitergehen :-) Bzw., so (oder noch etwas besser, schliesslich ist ja schon Mitte Februar) müsste es weitergehen, wenn's bis zum Jahresende 100 Routen auf diesem Niveau sein sollen, wie ich in meinem Ausblick davon geträumt hatte. Naja, sehen wir, was die Zukunft bringt!

Sonntag, 6. Januar 2019

Neujahrstrip 2019 Tessin

Eigentlich waren wir ja erst gerade aus dem Tessin heimgekehrt, fürs Weihnachtsfest und ein bisschen Skifahren. Im Süden sollte weiter die Sonne scheinen, also galt es nur noch eine Entscheidung zu treffen. Tessin oder Oltrefinale? Ja, warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute so nahe liegt!? So attraktiv die athletische Kalk-Kletterei an der ligurischen Küste ist, noch ein bisschen lieber klettere ich im Tessiner Gneis. Somit positionierten wir uns strategisch mitten im Tessin, um sowohl die Gebiete in der Riviera wie auch jene im Maggiatal anfahren zu können.

Sonne und blauer Tessiner Himmel, eine unschlagbare Kombination im Winter. Hier der Junior im Vorstieg an der Placca di Tegna.
Claro

Den Auftakt machten wir wieder in Claro. Erstaunlich, wie sehr sich die Situation mit der Tropfnässe im Zeitraum einer Woche gebessert hatte. Inzwischen waren fast alle Routen ohne grössere Einschränkungen begehbar. Leider war das Poetic Face (8a) gerade besetzt, als wir anmarschierten. Somit beschloss ich, mir die Zeit vorerst anders zu vertreiben und dann später zurückzukehren. Wie sich immer wieder zeigt, ist die sicherste Methode eine 8a nicht zu ziehen, es gar nicht erst zu versuchen. Zum Aufwärmen bzw. beinahe schon einem ersten Überhitzen ging's in die Farmer (7a). Vermutlich werden das nicht alle mögen - aber wow, was für eine Route! Anhaltend, sehr technisch, äusserst komplex und mit abgefahrenen Moves. Ich vergebe alle Sterne, die ich habe! Die sozusagen direkte Variante Te la do io l'arca (7b) ist von ganz anderem Charakter. Weitgehend gemütliche Kletterei im 6ab-Bereich, die Crux hingegen ein sehr kniffliger Boulder. Aber auch da, sowas kann man nicht schrauben, affengeil! Weil sich nebenbei die Kinder noch ausführlich mit ein paar ganz coolen Bouldern beschäftigten, war der Tag danach schon fast um. Ein wenig die Finger strecken in der Apnea (8a) lag noch drin, mehr dann aber auch nicht.



Ponte Brolla Ost

Am nächsten Tag war stürmischer Nordföhn angekündigt, weshalb wir uns für den Ostsektor von Ponte Brolla entschieden. Das war sicherlich ein geschickter Schachzug. Rundum tönte es den ganzen Tag, wie wenn ständig Düsenjets vorbeifliegen würden. Doch aufgrund der lokalen Topografie bleibt es im Ostsektor erstaunlich ruhig. Und sowieso hatte ich ja noch die Zorn der Götter (7c+) offen, in welcher in an Weihnachten knapp gescheitert war. Und eigentlich hätte das im ersten Go dieses Trips auch geklappt. Souverän unterwegs hatte ich ganz zum Schluss aber den Fuss auf einen falschen Tritt gestellt, so den dynamischen Zug verhauen und die Begehung noch versaut. Genau in dieser Situation sollte man ja die Ruhe bewahren und die Sache einfach nach einer gütlichen Pause endgültig abschliessen. Mir gelang's an diesem Tag definitiv nicht - der nächste Go scheiterte wegen nicht adäquatem Ausruhen an Kraftmangel. Und der bald darauf folgende gleich nochmals. Somit sah ich mich damit konfrontiert, dass mir hier die Felle erneut davonschwimmen würden. Es blieb nicht anderes übrig, als eine lange Pause einzulegen, den Rest der Familie in ihren Projekten zu unterstützen und dann vor dem Eindunkeln nochmals einen Go zu geben. Währenddessen gelang z.B. meiner Tochter mit der Omar (6a+) die erste Route in diesem  Grad im Freien sauber rotpunkt - bravo! Mein letzter Versuch im ZdG war dann tatsächlich von Erfolg gekrönt. Meine Extrakraft hatte ich mit meinem dummen Dreinschiessen zwar schon zuvor verpulvert. Doch mit ruhig bleiben und einer Portion Glück (die Deadpoints am Limit sassen exakt) wurde der rote Punkt gesichert.

An den Orten, wo der Föhn nicht hinkam, kühlte es in den klaren Nächten logischerweise schon stark ab. Dieses Bild ist zwar von der Geisha Wall und nicht von Ponte Brolla Ost. Da kann man schon fast von Mixed-Klettern sprechen.

Cresciano

An Silvester kamen noch befreundete Familien ins Tessin nach. Somit war Cresciano das Gebiet der Wahl, hier waren wir schon eine ganze Weile nicht mehr. Dagegen sprachen halt der etwas längere Zustieg (von unten, wobei das Fahrverbot aktuell von den Kletterern und Boulderern nicht beachtet wird, was scheinbar toleriert wird) sowie auch die etwas exponierte Lage vom Sektor Federica. Finalemente griffen wir dann jedoch gleich oberhalb im Beautiful an. Dort wurden links noch einige schöne, aber bisher wenig beachtete Touren nacherschlossen. Ich kletterte Sulle ali della liberta (harte 6b), Sum sem ma sum pasat (7a+) und Pecho Frio (7a). Alle sehr schön in leicht überhängender Wand mit kniffligen Moves an sloprigen Leisten, grossen Auflegern und ein paar Seitgriffen. Zu holen gäbe es auch noch das vermutlich (?!?) immer noch ungekletterte Projekt The crash ano adventure. Es wäre nur ein Einzelzug, der aber knallhart, vermutlich schwieriger wie 7c. Weiter rechts an den bekannteren Routen gelang mir die Tendina Balosa (7b+) locker im zweiten Go. Diese Route hätte ich vermutlich onsighten können, wenn sie bereits mit Exen ausgestattet gewesen wäre. Hängt im Bolt an der Dachkante jedoch noch nichts, so ist die Tour expo. Man kann dann erst nach der grossen Rechtstraverse und den Moves zurück ins Dach klippen und wenn man in dieser längeren und schwierigen Cruxpassage stürzt, so crasht man unterhalb mit einem Pendler in die Verschneidung :-/. Wobei ich keine schlechte Werbung für die Route machen will, denn mit Verschneidung, einem Leistenquergang und dem abschliessenden, athletischen Dach ist's wieder einmal Gneis-Kino der allerersten Güteklasse. Einer der Gründe hier anzugreifen war definitiv auch die Beautiful (8b), als eine der besten Touren auf diesem Niveau im Tessin gehandelt. Mein Kollege zog's souverän im zweiten Go, ich muss da noch etwas länger üben. Wobei mir die Route gar nicht so extrem gut gefallen hat wie sie gerühmt wird - ja, es sind sehr anhaltende, ausdauernde und homogen schwierige Moves an Leisten und Rissspuren. Jedoch oft sehr trittarm, was mir generell nicht so behagt. Die etwas leichtere Alternative ist die rechte Auskneifvariante A fuoco il nido (8a) - die gefiel mir besser und sollte machbar sein (nächstes Mal dann ;-)).

Der kleine Sektor links vom Beautiful in Cresciano mit seinen lohnenden Wandklettereien.

Russo

Weil das Thermometer etwas tiefere Werte anzeigen sollte, war an Neujahr Russo der Crag der Wahl. Mit dem Erscheinen der Sonne waren wir vor Ort und ich konnte mir zum Jahresauftakt gleich die Cabernet Sauvignon (7a) sichern - ein paar knifflige Plattenmoves entlang der Verschneidung sind garantiert, sehr lecker! Wir zügelten hinauf in den Sektor Macao und für mich stellte sich die Frage, wohin geht's? Eigentlich war mein Plan, einmal die ultrasteile Gioco del Ginocchio (7c) anzugreifen. Ich machte mich auf den Weg... um dann dort, wo es steil wird, in die rechte Variante Mosaico (7b+) abzubiegen. Ich war da einfach schon so gepumpt, gerade weiterzusteigen hätte unweigerlich in einem Bloc oder einem Sturz geendet, da schienen die Henkel rechts die Rettung. Es war schliesslich genau die richtige Entscheidung, denn dort konnte ich den Umlenker klippen, auch wenn die tricky Rissklemmer zum Stand hinauf noch alles forderten. Nach etwas De-Pump in der schönen Risskletterei Per domani (6c) wollte ich es dann doch noch wissen und auch noch die Gioco del Ginocchio (7c) Direktvariante versuchen. Im zweiten Go, mit dem Eindunkeln gelang mir dies schliesslich mit ein paar wilden Schnappern in 'Flucht nach vorne'-Art an den Ausstiegshenkeln in äusserst luftiger Position - einfach affengeil so etwas, was für ein Neujahrstag!

Die erste Route im 2019 ist im Kasten! Die Cabernet Sauvignon (7a) verläuft am oberen Rand der weissen Platte, unter dem Steilwulst.

Ponte Brolla - Placca di Tegna & Ost

Aufgrund von einem indisponierten Knie wollte der ganze Tross aufgrund des kurzen Zustiegs und des zudem wieder stürmischen Nordwinds in den Ostsektor von Ponte Brolla ziehen. Nach 4 Tagen Vollgas beim Sportklettern fühlte ich mich morgens für einmal etwas matt - und stellte so die Frage "wer will zuerst noch eine Plattenroute klettern?". Mein Sohn wollte, also los! Auf dem Zustieg  stellte ich die Frage "willst du vorsteigen?". Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen "ja, klar!". Nach einer Kurzinstruktion wie man Stand einrichtet und nachsichert ging's auch schon los, ohne Zögern und mit einem Affenzahn. Schon bald hatten wir die mit uns gestarteten Seilschaften weit unter uns gelassen und der Ausstieg der Occidentale (5 SL, 4c max, 4a obl) an der Placca di Tegna rückte näher. Als ich ankam meinte er sogleich: "Papi, ich möchte nochmals eine Route machen". Einen kurzen Fussabstieg später banden wir uns erneut ein und hinauf ging's in die etwas anhaltendere Centrale (7 kurze SL à max 30m, 4c max, 4b obl). Es folgte ein erneut souveräner Vorstieg, zum Schluss sammelten wir auch noch die beim ersten Mal mit uns gestarteten Seilschaften ein. Ja, das war ein Tag, an dem gewaltige Fortschritte gemacht wurden. Ich vermute fast, dass das letzte Mal, wo ich meinem Sohn eine MSL-Route vorgestiegen bin, schon vorbei ist. Klar kann ich es noch (viel) besser als er. Aber genauso wie ich steigt er lieber vor als nach und ich mache ihm gerne das Geschenk, jeweils Routen zu wählen, die er selbständig führen kann. Für die 12 Seillängen und die 2 Fussabstiege hatten wir insgesamt nur 2.5 Stunden gebraucht. Tipp: die Seillängen sind alle ziemlich genau 30m lang. Das Seil auf diese Länge zu verkürzen spart hier enorm Zeit! Noch war also mehr als genügend Zeit zum Sportklettern vorhanden. Es hatte ziemlich viel Volk und so blieb für mich schliesslich die Child of Vision (7c) die beste Wahl. Über weite Strecken bietet diese lässige Henkelturnerei, eine glatte Boulderstelle bietet jedoch Schleuderpotenzial. Alles in allem aber auch wieder ein Gneisjuwel der ersten Güte. Genau an der richtigen Stelle weist die aalglatte Platte etwas Textur auf, damit man mit den Füssen genug Schub für die nötigen, weiten Moves geben kann - awesome!

Unterwegs in L2 der Occidentale an der Placca di Tegna - sozusagen ein Kinderspiel!

Geisha Walls

Das letzte Mal hatte es uns so gut gefallen, so wollten wir natürlich unbedingt ein zweites Mal an die Geisha Walls und dabei den oberen Sektor beklettern. Hier waren ja eine gute Woche zuvor noch etliche Touren wegen reintropfender Nässe feucht gewesen. Aber nachdem es in Claro so massiv gebessert hatte, vermutete ich hier den gleichen Effekt. Doch das war verfehlt - anstatt einem Drittel wie vor Wochenfrist waren nun gut über die Hälfte der Routen einwandfrei begehbar. Jedenfalls kann man sich hinter die Ohren schreiben, dass man hier nur nach Trockenperioden so richtig glücklich werden wird. Vor allem auch war die tropfende Nässe in der klaren Nacht zu Eiszapfen beachtlicher Grösse gefroren, die den oberen Rand der Wand säumten und dann aufgrund der Sonne zum Teil in die Tiefe stürzten. Umsicht und ein Helm waren absolut unabdingbar - when sportclimbing meets alpinism! Ein sehr erfolgreicher Klettertag wurde es aber doch: erst mit der Collateral (7a+), eine absolute Perle mit genialen Moves an vertikalen Kanten! Die beiden Touren weiter links, die Vinum (7b) und die Kings Cup (7b+) ähneln sich: unten technisch und einfacher, oben steil und henklig über ein Quarzband hinweg. Eine coole Sache, wenn auch im Moment noch nicht jeder Sand/Staub abgeklettert ist und es hier und da noch etwas knirscht. Um 14.00 Uhr hatte uns die Sonne bereits verlassen und es wurde ziemlich frostig. Doch wir trotzten der Kälte und ich machte noch die Akira (7a+), ebenfalls wieder sehr spannend an vorwiegend vertikalen Griffen.

Auch hier kann man wieder sagen "when sportclimbing meets alpinism". Oder auch, wer's halt nicht geschafft hat, sein Projekt zeitig bei Sonnenschein zu punkten, der hat nachher halt in den sauren Apfel zu beissen. In diesem Fall hat es genützt, die hier initiierte Begehung war erfolgreich :-)

Brontallo - El Cat

Am letzten Tag wollten wir nochmals hinten im Maggiatal angreifen, hierhin kommt man ja bei kürzeren Trips meist eher nicht. Also warum nicht wieder einmal an die Wand von Prato, hier hatte ich bisher nur einen einzigen Klettertag verbracht. Doch hier konnten wir schon auf den ersten Blick wieder kehrt machen: im zentralen Bereich hing zentral über der Wand ein Eisfall beachtlicher Grösse. Zwar vermutlich mehr als das Produkt nur einer kalten Nacht, aber trotzdem: sich bei Sonnenschein darunter dem Sportklettern hinzugeben wäre höchst unvernünftig gewesen. Somit war eine Alternative gefragt und die Stand eigentlich in Form vom El Cat in Brontallo bereit. Das Problem jedoch: Kathrin hatte dieses Gebiet als "nicht kindertauglich" im Kopf abgespeichert. Tatsächlich waren wir hier schon einmal zu viert über die Fixseile hochgeächzt und auch der Aufenthalt auf den sonnigen, bequemen aber auch exponierten Balkonen am Wandfuss war damals nicht restlos entspannt gewesen. Ich war mir aber sicher, dass das Gebiet für die inzwischen älter gewordenen Kinder durchaus patent wäre - wie sich zeigte absolut zurecht! Ich beschränkte mich auf die Flower Power (7c), eine 40m lange Route mit einer heiklen, sloprigen und glatttrittigen Crux ganz am Ende. Die Kinder hingegen liefen zu wahrer Höchstform auf, stiegen zuerst 6a, dann 6a+, dann 6b und zum Schluss sogar noch 6c - von daher muss man fast den Schluss ziehen, dieses Gebiet sei höchst kindertauglich :-)

Super Kletterei an der auch im Hochwinter sonnigen Wand von El Cat in Brontallo.

Freitag, 28. Dezember 2018

Weihnachtstrip Tessin 2018

Dieses Jahr lagen die Festtage nun wieder so, dass man bereits vor der grossen Sause einen kurzen Klettertrip ins Tessin einlegen konnte. Dies hatten wir in den Jahren zuvor schon mehrfach so gemacht (2016, 2015, 2014). Tagsüber am sonnigen Gneis klettern und abends dir vorweihnachtliche Stimmung auf dem glatten Parkett von Locarno zu geniessen - eine ziemlich überzeugende Kombination.

Ticino, Playground für Gross und Klein. Oder anders gesagt: während sich die Alten irgendwelche Routen hochwürgen, kümmert sich die Jungmannschaft um die spannenden Moves am Wandfuss.
Auf der Anfahrt fragten wir die Kinder nach der gewünschten Destination. Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen - Claro! Schon fast ein Jahr war es her, seit wir das letzte Mal vor Ort waren. Nicht ganz unerwartet zeigte ein Augenschein vor Ort dann aber eine nicht ganz optimale Situation. Das Jahr 2018 war zwar auch im Tessin sehr lange überaus trocken, doch in den letzten Wochen gab es hier Niederschläge satt. So war dann nur ca. 1/3 der Routen einwandfrei trocken (grob: Jaraguri bis Rötstrunz, die Touren um die Apnea, Moulin Rouge, ein paar der kurzen Routen rechts sowie der gesamte Cubo). Gut hatte ich mir den letzteren bisher immer für den Tag aufgespart, wo die restlichen Felsen überflutet wären. Wir kletterten 2 nette Plattentouren (Il Grande Passo 6a+, Succhi Gastrici 6b+). Der Funky-Mantle-Boulder Il Questionario (7b+) warf dann bei mir erst auch diverse Fragezeichen auf. Eine geraume Weile vermutete ich, den Move tatsächlich nicht durchführen zu können. Schliesslich lohnte sich das hartnäckige Tüfteln aber doch: nachdem der Trick einmal gefunden war, lief der Durchstieg dann smooth. So blieb noch ein wenig Zeit, um einmal der Direktvariante vom Poetic Face (8a) auf den Zahn zu fühlen - cool und abwechslungsreich. Wenn ich gleich damit begonnen hätte, wäre das womöglich etwas geworden, aber so bremste mich die Dunkelheit aus. Naja, nächstes Mal dann.

Il Grande Passo (6a+) am Cubo in Claro (he made short work of it). Die harten Superrouten bis 8c+ gleich links ums Eck.
Hä? Leisten halten in bzw. aus Claro macht Freude, auch wenn's daheim im Keller ist. Noch nirgendwo anders habe ich einen ähnlich soliden Gneis mit oft perfekt flacher Rückseite gefunden, welcher sich ideal als Griff für unsere Boulderwand eignet. Mit etwas Suchen findet man alle Grössen und Formen, von der Fingerbrecher-Leiste bis zum Sloper. Die Textur und der Grip dieser Steine sind wirklich optimal. Hier wird eben nun gleich vor Ort Nachschub produziert.
Am nächsten Tag werweissten wir dann, ob wir auf einen neuen Felsen oder einen altbewährten Sektor setzen sollten. Einerseits war da die drängende Frage, ob die Geisha Walls denn auch trocken wären oder eben nicht. Die zweite Frage traf die Besonnung. Nachdem mein Lieblingstool auf suntag.ch inzwischen 12 CHF pro Abfrage verlangt, muss ich meine Berechnung ziemlich handgestrickt mit Azimut, Einfallswinkel und der Landeskarte machen. Eigentlich sollte man das alles zusammen mit dem digitalen Höhenmodell in eine bequeme App verpacken. Ein durchaus interessantes Projekt - aber ob ich die nötige Zeit dazu finde, bzw. sie mir nehme?!? Auf jeden Fall war meine Berechnung akkurat (ab spätestens 14.00 Uhr ist sense mit der Sonne), doch aufgrund der föhnig-milden Temperaturen war das schliesslich gar kein Faktor. Die drückende bzw. tropfende Nässe war hingegen ein Thema. Auch hier war nur ca. 1/3 der Routen vollständig dry - aber da wir noch nie vor Ort waren, war das kaum eine Einschränkung. Wir kletterten schliesslich Castello di Carte (6b+), Inc. Cool 8 (7c+), Anal-Logika (7b), No Woman from Tokyo (6a+), La Piata (6b+) und Detox (6c+). Allesamt typische Tessiner Klettereien und ich stimme absolut mit der Meinung der Erschliesser überein - una vera perla Vallmaggiese!

In den weiten der Tessiner Wälder ist sicher noch manche Perle verborgen. Danke Egon & Co, welche diese Schätze heben!

Yosemite Feelings!
Für den letzten Tag war erneut Nordföhn mit Temperaturen bis zu 18 Grad prognostiziert. Die morgendlichen Tropfen auf dem Dachfenster und der graue Himmel zeigten hingegen ein anderes Bild. Immerhin fand sich auch noch ein Wetterbericht, der dann kurzfristig so etwas wie "teilweise von Norden übergreifende Niederschläge" faselte. Langer Rede kurzer Sinn - wenn man heute etwas holen wollte, so wäre dies am besten im Ostsektor von Ponte Brolla zu finden. Alles bestens bekannt, kurzer Anmarsch und vor allem ist das Gelände teilweise so steil, dass man auch bei Regenfällen trocken bleibt. So weit so gut, auch die drückende oder tropfende Nässe war hier kein Faktor (d.h. alle Routen trocken). Nur mit einem Problem hatte ich nicht gerechnet. Die Feuchtigkeit kondensierte am Fels, sämtliche Routen waren zwischen schmierig und ultraschmierig und daher kaum begehbar. In einer furchtbaren (aber irgendwie eben doch erfüllenden) Kampfbegehung holte ich mir schliesslich die Gambe Leggere (7a). Der meist scharfe Riss bzw. die griffige Schuppe liess sich gerade so halten. Das Dranbleiben hatte sich gelohnt: plötzlich es hellte auf, eine Brise war zu verspüren und eine Viertelstunde später waren bereits alle Routen wieder mehr oder weniger normal begehbar. Dies waren die Benissimo (6b) und die Nina (6a). Beinahe wären auch noch meine Efforts im Zorn der Götter (7c+) von Erfolg gekrönt gewesen. Im Second Go hatte ich die härtesten Moves bereits ausgeführt und fühlte mich noch gut im Saft. Doch plötzlich und komplett unerwartet zippte mir die Hand von der etwas sloprigen Leiste - dryfire! Nach dem Sturz kletterte ich umgehend weiter, nochmals durch die Crux hindurch und bis zum Umlenker. Schade! Weil Heiligabend war und wir schon beinahe daheim erwartet wurden, blieb leider keine Zeit für einen weiteren Angriff. Auch hier wartet also bereits eine Aufgabe fürs nächste Mal.

Auch im Tessin ist der Himmel einmal (ganz unerwartet und entgegen der Prognosen) grau. Das wäre an sich in diesem überhängenden Sektor kein allzu grosses Problem, wäre nicht die Feuchtigkeit auf dem Fels kondensiert. Zum Glück ging's nicht allzu lange und man konnte wieder wie gewohnt angreifen.

Zorn der Götter (7c+) bzw. eher die daneben liegende Occidente (7a+). At least we tried... and did pretty well.

Freitag, 23. November 2018

Zürcher Klettermeisterschaft 3/2018

Der finale Wettkampf aus der Serie der Zürcher Klettermeisterschaft 2018 war in der Disziplin Bouldern im Minimum angesagt. Der Termin war in der Familie Dettling dick in der Agenda angestrichen, galt es doch für die einen, ihre vorderen Plätze in der Gesamtrangliste zu verteidigen. So reisten wir frühmorgens topmotiviert für einen langen Tag an, verstärkt um ein weiteres Mädchen, welches sich unserem Team angeschlossen hatte...

Die Kinder bereit, hellwach und bis in die Haarspitzen motiviert. Allez!
Zuerst waren die Kinder an der Reihe. Ihre Qualifikation bestand aus 20 Bouldern, die während 2 Stunden frei probiert werden konnten. Gewertet wurde nur der Durchstieg, wobei eine fixe, für alle Boulder identische Gesamtpunktzahl auf alle Begeher verteilt wurde. Drei Kinder gleichzeitig zu coachen war eine fordernde Aufgabe! Es galt, Beratung zur Strategie zu geben: wo werden wie viele Versuche investiert? Welche Boulder sind "nicht lösbar" und lohnen den Aufwand nicht? Wann und wie lange mache ich Pause? Erschwert wurden diese Überlegungen auch durch den Fakt, dass rund 200 Kinder gleichzeitig an den Bouldern aktiv waren und man seine Versuche nicht nach freiem Belieben timen konnte. In Bezug auf die Moves hingegen, da ist es erstaunlich, wie selbständig die Kinder bereits die für sie optimale Lösung identifizieren können. Da lässt sich höchstens noch punktuell der eine oder andere Tipp für eine Effizienzsteigerung geben.

Schlussendlich resultierte für eines der drei Kinder ein Finalplatz. Inzwischen auch ein gewohntes Prozedere, dass ich als Begleiter in die Isolation mitgehe und beim physischen Aufwärmen und bei der mentalen Vorbereitung mithelfe. Die investierte Zeit lohnte sich ganz bestimmt: um den ersten Platz in der Gesamtwertung ging es nämlich hart auf hart. Schliesslich zählte jeder Versuch und jede Zone. Ich fürchtete schon Böses, als meine Tochter wegen einem Fehlversuch (Fuss war nach Empfinden der Schiedsrichterin zu wenig lange/kontrolliert auf dem zweiten Starttritt) zurückgepfiffen wurde und so aus einem Flash ein Second Go wurde. Doch schlussendlich reichte es trotzdem, die lange ersehnte Goldmedaille wurde Realität. Beste Kletterin unter 10 Jahren im Kanton Zürich, yeehaa! Nebenbei gab's fürs Team Dettling noch zwei fünfte Plätze, auch eine saubere Leistung. Vor allem für meinen Sohn, der eigentlich noch in die U8 gehört. Diese Kategorie gibt's jedoch nicht, somit kämpft er in der U10 gegen 2 Jahre ältere Jungs, c'est la vie!

Alle 3 durften bei der Siegerehrung nach vorne und stolz ein Diplom oder eine Medaille empfangen. Pic: vladekzumr.com
Am Nachmittag waren dann die Erwachsenen an der Reihe. Ich persönlich hatte mir vorgenommen, die ganze ZKM-Serie im 2018 in der Elite-Kategorie zu bestreiten. Hier wurde ich nun jedoch schwach. Nach 2 Wochen Kalymnos und 3 Wochen krankheitsbedingter Zwangspause war mein Kraftlevel auf ein bescheidenes Niveau geschmolzen und ich fühlte mich zur Zeit des Anmeldeschlusses, eine Woche vor dem Event, nicht konkurrenzfähig. Zusätzlich befeuert wurde der Entscheid durch die Tatsache, dass es auch einen attraktiven Plauschwettkampf gab. Während dort 51 Boulder zu meistern waren, so waren es in der Elite-Quali bloss 20 Stück. Tatsächlich war es dann so, dass es in der Elite halt einfach die 20 härtesten aus den total 51 geschraubten waren. Wiederum konnte man während 5:30 Stunden frei probieren, wobei erneut für jeden Boulder eine fixe Gesamtpunktzahl unter allen Begehern verteilt wurde.

Dies ist ein optimaler Modus für mich: man kann's auch mit Köpfchen und der Masse statt mit der Klasse machen, Ausdauer und Strategie sind ebenso wichtig wie rohe Kraft. In meinem Beruf dreht sich vieles um Optimierung in einem stochastischen Setting und so macht es mir auch mega Spass, neben den Moves am optimalen Ablauf zu tüfteln, damit am Ende möglichst viele und möglichst exklusive Boulder auf der Scorecard stehen. Das alles gelang mir ganz leidlich, so dass am Schluss Platz 5 unter 39 Teilnehmern resultierte. Damit hatte ich im Minimum, dem Hort der starken Männer und Frauen, niemals gerechnet. Erst recht nicht nach dieser Vorgeschichte - doch es ist schon erstaunlich, wie's auch wieder aufwärts geht, wenn man Fieber und Gebrechen endlich einmal richtig hinter sich gelassen hat. So machten wir uns spätabends, bereichert um viele positive Erlebnisse und reich beschenkt aus der Preisverteilung höchst zufrieden nach Hause. Es sei an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt, dass auch wenn Titel und Medaillen natürlich eine sehr schöne Sache sind, es in erster Linie um anderes geht. Nämlich darum, dass die Kinder Freude, Begeisterung und Motivation für den Klettersport entdeckt haben. Ich schätze die gemeinsame Zeit bei Trainings, Ausflügen, Klettertrips und Wettkämpfen (mit allen Höhen und Tiefen) viel mehr als die Titel an sich. Ein herzlicher Dank gebührt auch dem Team vom Minimum für die vielen, exzellent geschraubten Boulder auf allen Niveaus und den tollen Preisen. Ebenso herzlichen Dank ans Team vom Regionalzentrum Zürich für die hervorragende Organisation der ganzen Wettkampfserie!