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Samstag, 18. Januar 2025

Neujahrstrip 2025 ins Val Pennavaire

Die Lage der Feiertage und der Trainingsplan (von Larina) verschafften uns über den Jahreswechsel 2024/2025 ein Fenster von 7 freien Tagen. Nach etwas Hin und Her fiel die Wahl schliesslich wieder einmal auf das Val Pennavaire. Dieses hatten wir in der Vergangenheit schon mehrfach besucht, allerdings klaffte schon eine Lücke von 5 Jahren seit unserem letzten Trip dahin. Höchste Zeit also, um den steilen und versinterten Felsen im Oltrefinale wieder einmal einen Besuch abzustatten. In der Zwischenzeit waren wiederum zahlreiche neue Sektoren erschlossen worden, einige davon konnten wir dieses Mal kennen lernen.

Marvel Area

Dieser Sektor befindet sich ziemlich hoch oben im Tal und wird von der Ortschaft Alto angegangen. Dabei passiert man zuerst den Sektor Corsia mit seinen kurzen, steilen und harten Boulderrouten, danach die fantastischen Sinterorgeln von Red Up. Wir wollten dieses Mal trotzdem weiter zur Marvel Area, obwohl ich auf dem Netz dazu die Bemerkung "im Allgemeinen sind die neu hinzugekommenen Gebiete nur noch Schrott: kurz und meistens Bouldern am Seil" gelesen hatte. Nein, 40m lange Ausdauerhämmer gibt's in der Marvel Area zwar tatsächlich keine. Die Routen weisen Längen von 15-20m auf und bieten die ortsübliche athletische Kletterei in Graden von 6a+ bis 8b. Die Sonne scheint zum Jahreswechsel von frühmorgens bis 14.45 Uhr an die Wand. Die Frequentierung scheint eher tief, wir waren an dem Tag allein an der Wand - dieses Privileg hatten wir sonst in diesen Ferien nie.

Unsere erste Pennavaire-Route bei diesem Trip: Silver Surfer (7a).

Obwohl wir am Anreisetag noch zwecks einem zu erledigenden 8a-Projekt in Claro geriegelt hatten, waren die Kräfte noch ziemlich frisch. Das wollten wir ausnutzen und wärmten optimistisch gleich in Silver Surfer (7a) auf. Diese Route ist der Blickfang im Sektor und wohl unbestritten auch die beste Route in diesem Grade Range. Als Ziel erkoren hatten wir die Route Flash (8a). Nun, in diesem Stil gelang uns die stark überhängende Verschneidung mit ihrer 3d-Kletterei definitiv nicht. Es erforderte doch einiges an Zeit und Tuning, bis eine (halbwegs) optimierte Sequenz identifiziert war. Bei Larina war es knapp, mir hingegen reichte der Strom nicht mehr für die Realisierung dieses Projekts. Als Trostpreis gingen sich noch die kurz-henklig-athletischen Nemo (7a) und La donna invisibile (7a) aus. Ob es eine weise Entscheidung war, sich diesen Dessert noch zu gönnen? Die nächsten Tage würden es zeigen.

Sagarmatha

Dieses erst kürzlich erschlossene Gebiet befindet sich hoch über Veravo auf rund 800m. Das verspricht viel Sonne bis zum Lichterlöschen, dafür einen relativ langen Zustieg. Die im Topo angegebenen 35 Minuten sind kaum einzuhalten. Es sind nämlich 450hm und auch noch etwas Distanz mit ein paar Flachlauf-Abschnitten zurückzulegen, man stelle sich also eher auf eine volle Stunde Anmarsch ein. Zwei, drei Routen haben bis zu 40m Länge und könnten den Anlass geben, ein 80er-Seil über den langen Weg hinaufzutragen. Die meisten Routen sind aber deutlich kürzer und auch mit einem 50m-Seil gut machbar. Die Kletterei ist eher senkrecht bis leicht überhängend in wasserzerfressenem Fels - also eher so wie wir es uns gewohnt sind und damit unterschiedlich von den henkligen Überhängen und sintrigen Grotten, welche sonst im Pennavaire dominieren.

Sommerliche Bedingungen im Sektor Sagarmatha, der Kletterer in Masherbrum (7b+).

Nach schon zwei harten Klettertagen, dem nicht ganz kurzen Zustieg und einer echt sommerlichen Wärme (um nicht zu sagen Hitze) am Fels war die Frische schon zu Beginn der Session nicht mehr ganz so ausgeprägt vorhanden wie zuvor. Der Optimismus hingegen schon noch, also wurde in Pumori (7a) aufgewärmt. Eine athletische Untergriff-Kletterei, anhaltend kräftig. Larinas Anspruch war, erneut 8a zu klettern. So konnte ich nicht kneifen und stieg auch in Sagarmatha (8a) ein. Ein paar Meter mit sehr kräftigen Zügen an Sinterpinches, Leisten und schmerzhaften Löchern stellen die Hauptschwierigkeit dar. Unser Effort war beiderseits "vergebens", "not on this day" lautete das Fazit. Natürlich ist das Ausbouldern von schwierigen Routen nie vergebens - das demonstrierte uns gleich ein interessierter Beobachter von unserem Tun. Der starke deutsche Kletterer profitierte gerne von der von uns erarbeiteten Beta und spitzte das Ding im Flash weg... so geht das! Zum Trostpreis gab's nicht ganz 8848m, aber doch noch zwei ganz imposante Trophäen: El Chalten (7a) und Masherbrum (7b+). Vor allem letztere ist eine tolle Route mit einem cruxigen Intro und danach 20m an anhaltender 7a-Kletterei in steil-leistigem Gelände.

Terminal

Diesen Fels kennen sicher alle, welche das Val Pennavaire schon einmal besucht haben. Denn er ist nicht neu und zudem steht er auch bestens sichtbar direkt über der Strasse am Taleingang. Das war denn auch der Hauptgrund für unseren Besuch. Nach den Erfahrungen vom Vortag lautete die Vorgabe der Teenies auf "maximal 5 Minuten Zustieg". Während es zwar nicht weit ist, war das Zeitlimit nur im Laufschritt einzuhalten... wenn einem das lieber ist, wie 10 Minuten normal zu gehen, warum nicht. Die Lage nahe an der Strasse und tief im Tal bringt auch ihre Nachteile mit: viel Andrang und um den Jahreswechsel ein nur kurzes Sonnenfenster von ca. 2-4h (je nachdem auf welches Ende des ca. 300m langen Felsriegels man schaut). Die Sache mit der Frequentierung entschärft sich durch die Präsenz von 100 Routen in den Graden 5a bis 8c+ mit bis zu 40m Länge und während ein bisschen Sonne am Vormittag zum Warmwerden hübsch war, so kamen die guten Bedingungen für die Hardmover sowieso erst mit dem Schatten.

Im Terminal haben wir keine Fotos gemacht: das ist die Flash (8a) in der Marvel Area.

Drei Tage Vollgas bis zum Abwinken, an diesem Tag plädierte ich von Beginn an auf Schonung und wollte als quasi "Semi-Restday" nicht in schwierige Routen einsteigen. Doch "maybe it was me" oder ich hatte die Rechnung nicht in Terminal-Graden gemacht. Schon die Newark (6b+) zum Aufwärmen war zäh, in der selten gemachten Torp (7a+) übersah ich Trottel die rettend-entscheidende Leiste und musste nochmal ein zweites Mal ran. Auch in Gimpo (7a+) fehlte mir im Onsight die Intuition für die korrekte Sequenz und zum Drüberbügeln der Extrastrom, ergo war auch eine zweite Runde nötig. Erst als es eigentlich schon fast komplett dunkel war, gelang mir in der Pablo Picasso (7a) endlich der gewünschte Sofortdurchstieg in einer Siebnertour - vorher hatte ich die besten Bedingungen lieber Larina überlassen, welche sich in der Alice Springs (8a) versucht hatte, wenn auch leider ohne Punkt am Ende.

Rocca della Garda / Austria Team, Papapuk, Inferno

Dieser Fels befindet sich wie der Sagarmatha hoch über Veravo in sehr sonniger Lage. Er ist unterteilt in mehrere Sektoren, wobei wir dem rechten Teil mit den drei unmittelbar angrenzenden Abschnitten Austria Team, Papapuk und Inferno den Vorzug geben wollten. Zuerst einmal darf man unseren Besuch dort aber als Beleg für meine Überzeugungskraft sehen. Denn nach nur einem Tag "Pause" im Terminal war der jüngere Teil der Familie schon wieder bereit, da hinauf zu laufen! Immerhin waren wir nun schon trainiert dafür und (das war ein gewichtiges Argument) es sind auch ~120hm weniger. Trotzdem, die 25 Minuten aus dem Topo schafft man auch hier mit sportlichem Gehen deutlich nicht. Insgesamt findet man rund 40 Routen von 5c bis 8a mit Längen zwischen 15m bis zu 35m. Oft nicht allzusteile Wandkletterei in wasserzerfressenem Topfels, wobei es auch ein paar stark überhängende Routen mit Sinterstrukturen und/oder Henkeln gibt.

Schöpferische Pause in der Killer Cath (8a).

Mit Selbstvertrauen ging's los, zurecht. Mit der Applausi (7a) war die Aufwärmroute nicht ein zu hoch gestecktes Ziel, sie ist gutmütig und obendrein top abgesichert. Wundervolle Felsstrukturen gibt's auch in der Muro della meraviglie (7a), wobei man dort gleich zu Beginn ein paar recht fingerkräftige Moves ausführen muss. Die Daltonmania (7b+) ist die meistbegangene Route im Sektor Austria Team. Durchaus eine lässige, sehr athletische Turnerei mit weiten Moves an passablen Griffen, manche davon aber leider chipped. Auch nicht alles natürlich ist in der Killer Cath (8a) nebenan, welche Larina sich als Projekt auserkoren hatte. Kurz vor dem Eindunkeln gelang ihr im als final deklarierten Go des Tages der Durchstieg. Zwischen ihren Versuchen reichte es für mich jeweils für den Onsight-Durchstieg der technisch-kleingriffigen Dedalo (7a) und der kurzen aber sehr powerigen Sinterroute Iracondi (7a). Fünf Routen durften also schliesslich auf die Ticklist geschrieben werden, im Nachhinein bin ich mir aber doch etwas reuig, nicht doch auch bei der Killer Cath mitgemacht zu haben...

Euskal

Die Wand von Euskal und die wenig oberhalb liegenden Sektoren Colosseo und Basura sind auch sehr traditionelle, schon früh erschlossene Pennavaire-Gebiete mit hohem Zuspruch. Total gibt es gut 100 Routen von 4a bis 8c+, welche zumeist überhängende, gutgriffige und athletische Kletterei bieten. Wer ab 7c aufwärts klettern will, ist im Euskal am besten aufgehoben. Das war für uns bisher nie der Fall, denn im Colosseo und im Basura waren wir schon mehrmals zugange, an der Powerwand aber noch nicht. Die Routenlängen betragen bis zu 25m, bis etwas nach 15 Uhr gibt es auch um den Jahreswechsel reichlich Sonne und die früher luftig (und offenbar auch etwas fies) gehaltene Absicherung wurde im Rahmen einer kürzlichen Sanierung verbessert. Was will man noch mehr?!?

Gewaltsdächer im Sektor Euskal: Larina in der Escalar Fanatico (8a).

Rote Punkte sammeln natürlich, doch ob der schwer über einem drückenden Wand fühlt man im Euskal schon bereits einen ersten Pump in den Armen, wenn man am Einstieg steht. Das muss wohl der Grund sein, warum wir zum Aufwärmen relativ moderat mit der Donostia (6b+) starteten. Es reichte dann aber doch nicht ganz für die optimale Betriebstemperatur, weshalb auch noch die homogene Ausdauertour Tapas (7a+) zu Rate gezogen wurde. Kletterei fast wie in der Halle, zumal auch noch alle Griffmöglichkeiten deutlich mit weissen Chalkflecken identifiziert sind. Das eigentliche Ziel (von Larina) war der Klassiker in diesem Sektor, Escalar Fanatico (8a). Es hingen fixe Exen, über deren Zustand man bereits vom Boden aus besorgt sein konnte. Wie sich wenig überraschenderweise zeigte zurecht: Alu-Fixkarabiner, dachartiger Überhang, staubiger Boden und viele Begeher ist einfach eine komplett untaugliche Kombination. Ich habe den Müll gleich entsorgt, bitte, gerne, de nada, niente. Mir gelang der Linkausstieg Fanatico equipador (7c), welcher neben viel ultrasteilem Henkelgelände mit einem One-Move-Wonder an der Dachkante aufwartet, das ich mit der Reichweite austricksen konnte. Die 8a-Variante bleibt hingegen im Projektstatus, bei schon fast düsterem bis inexistentem Licht zogen wir zum Ausklettern hingegen noch die Sexto Sentido (7a+).

Terminal

An unserem letzten Klettertag betätigten wir uns vor der Heimfahrt nochmals im Terminal. Dessen Charakter ist ja oben bereits beschrieben. Zum Aufwärmen wagte ich mich gleich in die Cristoforo Colombo (7a). Larina meinte: "wenn sie eine kontinuierlich schwieriger werdende Wettkampfroute kreieren wollten, dann ist ihnen das gut gelungen". Pumpige Sache, die Crux am Ende dünkte mich auch im leider nötigen zweiten Go noch taff. Wir verschoben uns nach rechts zu den Wänden, welche durch eindrücklich grosse Sintersäulen geschmückt sind. Entlang von diesen verläuft die Kotoko (7b). Weitgehend geht's recht gechillt dahin, am Ende heisst's dann aber noch Zupacken. Ein leichter Schauder überkam mich an dieser Stelle auch: der Riesensinter rechts weist oben nämlich einen deutlichen Riss auf und hohl wie eine Klangschale tönt er auch. Da kann man nur hoffen, dass die Erde nicht im falschen Moment einen Niesanfall kriegt... Unsere Ferien wurden schliesslich mit der Weeze (7a) noch etwas weiter rechts beschlossen. Ein schöner und gutmütiger Ferienabschluss entlang von Sintersäulen mit einer kurzen Crimpy-Crux.

Goodbye und bis zum nächsten Mal!

Sehr zufrieden, mit einem schönen Strauss an Sends, aber wie immer mit grosser Wehmut machten wir uns auf den Heimweg. Die Strassen waren frei und es ging zügig vorwärts. Es blieb Zeit zum Denken und Einordnen des Erlebten: grandios war es wie immer, klettertechnisch auch recht ergiebig. Wobei ich die ersten drei Tage vielleicht fast ein wenig stark auf die Tube gedrückt hatte und dies nachher ein wenig büssen musste. Tja so kommt es, wenn man der Jugend nacheifern will...

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