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Mittwoch, 9. September 2015

Steinschlag am Gonzen

Mein Freund Dani kennt den Gonzen wie seine Westentasche und hat dort auch zahlreiche Routen eröffnet. Über eine davon hatte ich an dieser Stelle bereits berichtet  (Metronom (8a)), und auch sonst findet man am Gonzen nebst tollen Tiefblicken ins Sarganserland sehr lohnende Kletterei (Miss Marple (7b)). Nun hat sich bei einer Wiederholung der Routen im linken, unteren Wandteil ein Zwischenfall ereignet, der nur mit einigem Glück glimpflich ausging. Anlass genug für eine Warnung, sowie sich auch generell einige Gedanken zu machen.

Sehr schöne, selber abzusichernde Verschneidungskletterei in "As chunnt schon guat..."
Obwohl die Routen im linken Wandteil anlässlich ihrer Erstbegehung vor jeweils 7-8 Jahren sorgfältig von losem Gestein befreit wurden, war es überraschend, wie viel absturzbereiter Fels nun doch wieder anzutreffen war. Vor allem in der Route "As chunnt scho guat..." habe es mehrere lose Blöcke, die bei einer Begehung verheerend sein könnten. Dani schätzt die Situation so ein, dass mit der nötigen Erfahrung eine Begehung zu zweit nach wie vor sicher sei. Insbesondere abgeraten wird jedoch davon, hier aktiv zu sein, wenn bereits eine Seilschaft oberhalb am Werk ist. Im vorliegenden Fall löste eine Kletterin im Nachstieg einen grossen Block, und konnte diesen nur mit grösster Mühe ein paar Minuten zurückhalten, bis zwei Seilschaften in Schusslinie unterhalb sich in grosser Eile in Sicherheit gebracht hatten. Schliesslich polterten die Felsmassen ohne Schaden an Leib und Leben in die Tiefe.

Eindrückliches Bild von der Erstbegehung der Route "Augen zu und durch". Plattenknaller par excellence...
Fazit

Der Gonzen ist ein alpines Klettergebiet, wo entsprechende Erfahrung und Vorsicht unabdingbar sind. Gesteinsmassen können sich über die Zeit lockern und ausbrechen, mit oder ohne Zutun von Personen. Nebst den losen Blöcken in der Route "As chunnt schon guat..." zeigt sich auch unmittelbar neben der Route "Augen zu und durch" ein frischer, spontaner Ausbruch. Auch in der Route "Nimbostratus" ist eine grosse, eine halbe Seillänge umfassende Schuppe ausgebrochen. Alle diese Routen wurden jedoch nach den Ausbrüchen wieder begangen und bleiben bekletterbar.

Mit diesem Foto aus der Route "In Dubio pro Reo" erhält man auch einen guten Überblick auf den ganzen linken Wandteil des Gonzen.
Solche spontanen, grossen Ausbrüche ereignen sich meist bei starken Regenfällen und/oder Tauwetter und sind bei guten Kletterbedingungen wenig wahrscheinlich. Ich denke, diese Gefahr kann man zum normalen Restrisiko zählen, das es beim Klettern und den anderen Betätigungen im Leben einfach zu akzeptieren gilt. Ansonsten ist es natürlich wenig ratsam, hier hinter einer anderen Seilschaft einzusteigen. Diese Gefahr beschränkt sich allerdings nicht nur auf den Gonzen, sondern betrifft ALLE Klettergebiete. Selbst an den Massiven mit sehr guter Felsqualität kann es lose Schuppen geben, oder dann liegen auf Bändern Steine abschussbereit. Ich will mich selber von diesem Gedankenanstoss gar nicht ausnehmen und bin in der Vergangenheit in dieser Hinsicht auch nicht immer mit bestem Beispiel vorangegangen. Wie das Beispiel vom Gonzen zeigt, bringt man sich dabei in eine (zumindest potenziell) gefährliche Lage und bürdet der vorangehenden Seilschaft auch eine immense Verantwortung auf - wer kann beim Klettern schon garantieren, dass er niemals einen Stein löst? Und bereits ein faustgrosses Exemplar davon reicht für schwerste bis tödliche Verletzungen.

Grosser, spontaner Ausbruch in der zweiten Seillänge der Route Nimbostratus (6b+). Diese befindet sich auch am Gonzen, aber in einem anderen Sektor, nämlich dem Erzhus bzw. Leiterwand. Ich hatte diese im Jahr 2007 noch vor dem Ausbruch ebenfalls begangen und trotz der harten Bewertung als lohnend empfunden. Die Route wurde übrigens nachweislich nach dieser im Jahr 2013 gemachten Aufnahme im Frühling 2014 wieder begangen, siehe hier.
Topos

An dieser Stelle werden die mit den neusten Informationen versehenen Topos der Route aus dem linken Wandteil publiziert. Besondere Erwähnung verdient dabei die Route Phantom (7a+) in der Gletschergrube. Sie bietet stark überhängende, südländisch geprägte Kletterei in einem sehr speziellen Ambiente - sehr empfehlenswert!

Topo mit allen Routen im linken Wandteil, aufdatiert mit den neusten Informationen.
Älteres Topo aus demselben Sektor, die enthaltenen Infos sind für Wiederholer auch sehr dienlich.
Weitere Informationen und ein detailliertes Topo zu "In Dubio pro Reo".
Topo der Route am breiten Turm, in der Gletschergrube und im linken Wandteil.
Impressionen aus der Gletschergrube, der Kletterer im Phantom (7a+).

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