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Sonntag, 8. Juni 2025

Gonzen / Wangwand - Milzbrand (7c)

Diese Route wurde im Jahr 2001 von Thomas Wälti und Gefährten erschlossen. Zu grosser Bekanntheit hat sie es meines Wissens nie gebracht. Persönlich habe ich nur eine kleine Kontroverse um drei oder vier mit der Bohrmaschine hergestellte Kunstgriffe wahrgenommen (zu diesem Thema unten mehr). Und noch dazu einmal mitgeteilt erhalten, die Route sei eher mit 8a als mit 7c zu bewerten. So befand sie sich auch nicht auf der oberen Hälfte meiner Projektliste. Doch Daniel aspirierte auf die bisher vermutlich noch nie ausgeführte, komplette RP-Begehung und so nahm ich dankbar die Gelegenheit an, dieses Stück Fels kennenlernen zu können.

Hinweis: die Route wurde nach unserer Begehung von Daniel Benz im April 2025 saniert. Dabei hat er in Absprache mit dem Erschliesser Thomas Wälti in L1 drei zusätzliche und in L2 einen zusätzlichen BH gesetzt, in allen anderen Seillängen ist die Absicherungssituation gleich geblieben. Den schon getippten Erlebnisbericht von unserer Begehung habe ich jedoch nicht abgeändert.

Schöner Blick zum Pizol und ins Sarganserland, während Marcel in L1 (5c+) folgt.

Es waren erst zwei Wochen vergangen, seit wir unsere Neutour Heimspiel an der Wangwand abgeschlossen hatten. So konnten wir den Zustieg routiniert angehen, für nähere Infos verweise ich auf meinen damaligen Beitrag. Am Ende steigt man jedoch nicht die Geröllrinne bei Beginn der Natursteinmauer hinauf, sondern schlägt an deren Ende den Erzweg ein, welcher einen unter die Nasenlöcher bringt. Dort gilt es am Wandfuss noch ca. 40m nach links zu queren. Der Start der Route ist nicht so einfach zu lokalisieren, weil der Einstieg nicht gekennzeichnet ist und der erste BH gute 15m ab Boden steckt. Somit ist es schwierig, in dieser Hinsicht konkret weiterzuhelfen. Topo interpretieren und nach oben spähen sind die besten Ratschläge. Um ca. 8.30 Uhr stiegen wir in die Route ein.

Bottom-Up-Blick auf die Wangwand mit dem ungefähren Verlauf der Route Milzbrand.

L1, 50m, 5c+ (-,x): Wenn man die Route mit einem Grafikprogramm bearbeiten könnte, dann würde man diesen Abschnitt ausschneiden und ein besseres Element reinposten. Es handelt sich um eine geneigte Platte, der Fels ist lottrig und die Kletterei unschön. Sowas könnte man noch hinnehmen, doch leider ist auch die Absicherung noch stark ungenügend. Wie erwähnt weit zum ersten Haken: erst zwar easy, am Ende vor dem Klipp aber dann doch nicht mehr. Und wenig nach dem Einhängen bewegt man sich schon wieder in No-Fall-Terrain, das eher zu schwierig und zu brüchig für solcherlei Tun ist. Augen zu und durch, muss das Motto lauten. Hinweis: nach der Sanierung stecken hier nun 9 BH und die Absicherung ist akzeptabel.

Unschöne, eher brüchige und (zu) knapp abgesicherte Kletterei an diesem Vorbau in L1 (5c+).

L2, 30m, 6b+ (**,xxx): Die gute Nachricht ist: es kommt deutlich besser, und zwar schon hier auf dieser Seillänge. Der Start noch nicht ganz einwandfrei, aber doch ordentlich, die Kletterei irgendwie weder einfach noch wirklich schwierig. Für die Crux würde ich hingegen nicht dieselben Attribute wählen. Sie ist einerseits zwingend zwischen den Haken zu meistern. Klar ist die Passage schlussendlich nicht extrem schwierig, aber doch wacklig und alles andere als trivial, mit schwierig zu erkennender Lösung. Eine sehr harte 6b+ nach Th. Wälti Bewertung um die Jahrtausendwende. Zum Ende hin dann toller Fels mit schönen Schlitzen. Hinweis: nach der Sanierung klettert sich diese Seillänge nun deutlich freundlicher.

Bis zu diesem Punkt in L2 (6b+) ist die Kletterei noch nicht so schwierig und auch noch nicht so toll. Das ändert sich beides, für eine 6b+ warten da echt fordernde Moves, das schwierigste Teilstück ist auch noch zwingend zwischen den Bolts mit einem gegen oben einfacher werdenden Runout.

L3, 40m, 6b (****,xxxx): Ein typischer Gonzen-Quergang entlang der Querfugen von rechts unten nach links oben, wie man ihn aus manch anderer Route (z.B. Ablöscher, Miss Marple) kennt. Hier ist die Felsqualität nun prima mit griffig-rauem Gestein. Gleich im ersten Stück bevor es nach links geht, kommt schon mal eine zupfige Stelle, umsonst stecken da nicht zwei Haken mit <2m Abstand. In der Folge geht die Kletterei mal besser und mal weniger einfach von der Hand. Ebenso stecken die Haken mal eng und mal weiter - die beiden Attribute korrespondieren allerdings nicht zu 100%. Gerade gegen Ende hin sieht man sich am hinteren Seilende doch einem fetten Pendler ausgesetzt. Die Kletterei da fühlte sich für eine 6b doch heftig pumpig an - Mindgame oder tatsächlich unterbewertet?

Sehr schöner Fels, tolle Ambiance und eine harte Bewertung warten in L4 (6b).

L4, 25m, 7c (****,xxxxx): Immerhin, das mit den tief(gestapelt)en Bewertungen ist nun vorbei. Diese Seillänge hatte Daniel im Zuge von weiteren "Hausaufgaben" gründlich ausgecheckt. So lief das bei ihm sehr flüssig und die Länge war im Nu gepunktet. Da war ich ja sehr gespannt, was auf mich wartete. Kurzum, es handelt sich um kräftige Wandkletterei an kleinen und kleinsten Leisten, wobei doch immer mal wieder ein Griff kommt, wo man sich Übersicht verschaffen kann. Wenn es hier ein Copy-Paste gab, dann könnte es das "Wagenrennen" (L5, 7c) von der Ben Hur gewesen sein. Vielleicht ist die Felsqualität hier am Gonzen nicht ganz so gut wie im Pendant an den Wendenstöcken, aber doch sehr schön. Mir lief es hier übrigens auch sehr gut: mit einem kurzen Hänger konnte ich die Länge in zwei überlappenden Hälften durchziehen, da war der Flash nicht weit weg. Somit: sicherlich nicht so hart bewertet wie die Längen davor.

Auf dem Foto wirkt die Felsqualität in L4 (7c) nicht so überzeugend wie von mir im Text beschrieben.

L5, 30m, 7b (****,xxxx): Nochmals ein Prunkstück, der mit Querschlitzen gebänderte Fels sieht schon vom Stand aus richtig toll aus. Los geht's dann gleich volle Kanne mit einer so richtig fordernden Querung aus dem Stand raus. Dann heisst's Leistern ballern in den Querschlitzen. Und dabei zusehen, dass man die Übersicht über die Tritte behält und nicht irgendwo an miesen Slopern versauert. Ich wage hier den Hinweis, dass wir auf (die im Topo aufgezeigte und auf den ersten Blick einfachere) Traverse nach links an die Schuppe und wieder zurück verzichtet haben, Daniel hatte das so ausgebouldert. Was nun wirklich der einfachere Weg ist, bleibt an dieser Stelle ungeklärt. Nach diesem Abschnitt legt sich das Gelände dann etwas zurück, und wird damit gemässigter - wobei der Fels zunehmend etwas glatt und die Kletterei weniger attraktiv wird. Ich kam da gerade knapp im Nachstiegsflash durch, viel einfacher wie L4 kam es mir nicht vor.

Blick auf die steile, mit seichten Querschlitzen gespickte Wand in L5 (7b).

L6, 30m, 6b (**, xxx): Hier gelangt man in die Zone einer grossen Terrasse (zuerst) und des Wangwandbandes (danach). Dementsprechend sieht das ein bisschen nach Gemüsegarten aus, wobei dann doch vorwiegend in kompaktem Fels geklettert wird. Erst über eine Platte nach links, dann von den Terrassenausläufern in eine Wand hinein mit einem Move, der für eine 6b noch reichlich tricky ist. Auch in der oberen Wand muss man sich eine Sequenz überlegen, wobei es gerade genügend an positiven Leisten gibt, damit die Kletterei im komfortablen Bereich bleibt. Der Fels ist nicht sonderlich schön da, aber insgesamt ist es doch noch ein witziger Abschnitt. Am Ende dann auf's geröllige Wangwandband, welches wir damals als Zustieg beim ersten Bohrtag vom Heimspiel genutzt hatten.

Sieht einfach aus, klettert sich aber schwieriger wie man meint: L6 (6b).

L7, 25m, 7a (***, xxxx): Es geht gleich kontrovers los, nämlich mit einem Bohrmaschinengriff. Oberhalb vom Band bestehen die ersten ca. 2m aus sehr mürbem Gestein. Irgendwie macht es den Eindruck, als ob es ohne den gebohrten Griff gar nicht so wirklich schwieriger wäre (täuscht aber evtl.), aber es wäre uncool, sich auf das Roulette einzulassen, ob das Gestein dem Boulderzug dann auch standhalten würde. Somit würde ich dieses Kunstwerk an der Stelle auf jeden Fall als sinnvoll bezeichnen - es stört wirklich gar nicht. Nachher trifft man dann auf prima rauen, wasserzerfressenen Fels. Nicht immer ganz so einfach, teils wendet man auch die Strategie an, welche die Ski-Weltcup-Fahrer als "hinters Tor fahren" und "in die Linie investieren" bezeichnen. Am härtesten fand ich jedenfalls im Rückblick schon den Start, der Rest der SL fühlte sich nicht mehr schwieriger an wie z.B. L3 oder L8.

Eine schöne und ziemlich ausdauernde Querung wartet am Ende von L7 (7a). Wenn der Vorsteiger keinen Cam legt wie im Bild sichtbar, so könnte es im Nachstieg dann doch einen fetten Pendler geben.

L8, 25m, 6c, (***, xxx): Coole Wandkletterei, hart bewertet! Die Auftaktpassage ist gleich steil. Auch wenn es optisch nach recht grossgriffigem Gelände aussieht, so manifestiert sich dies nicht wie gewünscht. Kurzum, es heisst richtig Guzzi zu geben, erst recht für eine 6c. Nach ca. 10m lässt es dann etwas nach. Es gilt noch, die Linie links um einen Dachausläufer herum zu finden, bevor man oberhalb von diesem auf einer nicht allzu schwierigen Rampe mit einem Runout nach rechts hinaus traversiert.

Diese Rampe gilt es am Ende von L8 (6c) zu beschreiten.

L9, 25m, 7a, (****, xxx): Kaum eine der Seillängen bietet so viel Abwechslung wie diese. Der Start mit einer Wandstufe schon einmal etwas öttelig. Der Fels ist zwar scharf aber gleichzeitig auch sloprig, mit meinem Tapes hatte ich da etwas Mühe, den nötigen Grip zu finden. Weiter traversiert man nach links über eine Platte - ziemlicher Runout da, aber das Gelände wird zum Glück einfacher. Als nächster Punkt wird eine Wandstufe angepackt, ein paar Leistenmoves um 6b+/6c werden gefordert. So kommt man zum Dach, welches sehr athletisch überwunden wird. Die nötigen Griffe sind aber da. Die logische und auch einfachste Kletterlinie nutzt dann die mässig gut im Spalt ob dem Dach verwachsenen Blöcke. Im Topo steht da "tief hinausqueren", was dann wohl gleich eine ganze Ecke schwieriger wäre?!? Nun denn, die Blöcke blieben an ihrem Ort und werden das bestimmt weiterhin tun. De fakto ist all das aber nur das Vorgeplänkel für die finale Crux, welche rätikonlike mit ein fetzenscharfen Zäcklein aufwartet und fussreibungstechnisch fordernd ist - eine geniale Passage, ob dem super Fels geht's auch an einem Hauch von Nichts!

Eine super Slab wartet am Ende von L9 (7a).

L10, 25m, 7c, (**, xxxxx): Zum Dessert nun noch die schwierigste Seillänge, welche leider nicht so ein Genuss ist. Hier ändert der bis zu diesem Punkt bestens strukturierte und raue Fels zu eher glatt, kompakt, geschlossen, blank und irgendwie auch unschön. Vorerst hilft ein Riss über die ersten paar Meter noch zu zügigem Fortschritt, bei dessen Ende und der da nötigen Linksquerung ist dann aber subito fertig mit lustig. Tritte gibt es fast keine mehr, als Griffe stehen (zumindest vor meinem geistigen Auge) zwei aufgebesserte Leisten im Zentrum. Diese müssen gekonnt geriegelt werden, um im nächsten Abschnitt an einem in die blanke Wand gebohrten Dreifingerloch trittlos auf üble Sloper zu ziehen, welche schliesslich den Exit in flacheres Gelände erlauben. Über dieses zunehmend grasig und zuletzt etwas mühsam hinauf in den Wald, wo man das Routenende bei 1 BH und einer Seilschlinge findet. Im Topo war diese Länge mit "7c (?)" bewertet. Daniel meint, dass die 7c schon stimme könne, man müsse halt genau wissen, was zu tun sei. Ich bin nicht in der Position, wirklich einen Bewertungsvorschlag einzubringen, da ich die schwierigsten Moves zu wenig ausprobiert habe. Sicherlich ist es klar die schwierigste Seillänge der Route und ich würde mich in dieser Hinsicht noch auf die Äste rauslassen, dass wenn L4 eine 7c ist, man für L10 eher zu einer höheren Einstufung greifen müsste.

Von L10 (7c) gibt's keine repräsentativen Fotos, hier der Exit in den Wald am Ende.

Um ziemlich genau 16.00 Uhr und damit nach 7:30h Kletterei hatten wir es geschafft. Wie gewünscht konnte sich Daniel die durchgehend sturzfreie RP-Begehung der Route sichern. Nach unserem Wissen war diese Leistung bisher noch nie vollbracht worden, in der letzten Seillänge stand sogar eine freie Begehung der Moves noch aus. For the record: Daniel hatte die Route im Jahr 2006 und damit 19 Jahre zuvor bereits einmal Ground-Up begangen (kein RP) und kürzlich an 3 Tagen die schwierigsten Seillängen (jeweils von oben kommend im Toprope-Solo) ausgecheckt und eingeübt. Alles dann gleich beim ersten Go im Vorstieg umzusetzen und durchzuziehen ist aber hohe Schule - eine Topleistung, höchsten Respekt! Meinerseits verbleibt auf den ersten 9 SL ein einziger Hänger in der 7c von L4, den Rest konnte ich im Nachstieg flashen - damit war ich sehr zufrieden. In L10 verdient meine "Leistung" dann wenig Würdigung: ich habe nicht alle Moves freigeklettert, bzw. es gar nicht ernsthaft probiert. Der eher unschöne Fels, die Kunstgriffe und die knallharte Natur der Sache luden wenig dazu ein. Zudem war Daniel mit leichtestmöglichem Gepäck/Kleidung in diese Crux gestartet und war nun am zugigen Ausstieg den Elementen der Natur ausgeliefert. Da wechselte ich gerne in den Wasserträger-Modus und schloss so zügig wie möglich ans Top auf.

Das Abseilen geht leider nicht immer so smooth wie hier über die steile L4 (7c).

Wir hielten uns nicht länger auf, sondern machten uns subito ans Abseilen. Dieses gestaltete sich nicht ganz so gäbig, wie man es gerne hätte. Beim ersten Manöver ist das Seilabziehen schwierig, dann sind die Standplätze im steilen Gelände seitlich versetzt, im Bereich der Terrasse unterhalb des Wangwandbands stören Sträucher und Bäume und beim Abziehen am Stand nach L1 droht eine sehr hohe Gefahr für einen Seilverhänger. Dieser blieb uns erspart (mit Glück, nicht mit Verstand!) und so hatte uns Terra Firma wieder. In Retrospekt wäre es gar nicht unklug, am Top die etwa 20-30m zum Ausstieg vom Heimspiel zu wechseln, wo sich das Abseilen deutlich effizienter und kommoder gestaltet. Die so fällige Geröllquerung im Einstiegsbereich könnte man hinsichtlich des Komfortgewinns beim Abseilen gerne hinnehmen. Das spielte nun aber keine Rolle mehr. Wir trabten retour zu den Bikes und gönnten uns wie 2 Wochen davor wieder den fägigen Gonzen-Downhill. Ich bin jetzt schon gespannt, welches Abenteuer mich als nächstes in dieses Gebiet zurückbringen wird.

Facts

Wangwand - Milzbrand 7c (6c obl.) - 10 SL, 300m - Th. Wälti / Chr. Angst / U. Götz - ***;xxx-xxxxx
Material: 2x50m-Seile, 13 Express, evtl. kleine Cams & Cam 2

Bisher selten begangene Route, welche mit Ausnahme von L1 und L10 in weitgehend tollem Fels verläuft. Insgesamt als absolut lohnend einzuschätzen mit vielen coolen Metern an steiler Kletterei in prima wasserzerfressenem Fels. Der Wermutstropfen sind ein paar durchzogene Abschnitte und die Kunstgriffe, wobei zu sagen ist, dass es ohne diese definitiv nicht ginge. Die Absicherung ist etwas wechselhaft, von fordernd im einfacheren Gelände bis zu den eng gebohrten, A0 machbaren Cruxlängen. Im Vergleich dazu ist das Heimspiel im moderaten Gelände besser gesichert, in den schwierigen Passagen hingegen anspruchsvoller. Mobile Absicherung ist nicht zwingend nötig, in den Quergängen aber (auch für den Nachstieg) angenehm. Hier der Link zum Topo, welches Daniel im Anschluss an die Sanierung angefertigt hat.

Links zu früheren Gonzen-Berichten

Planggwand / Silence (1996)
Gonzenwand / Ä guats Gfühl (2001)
Erzhus / Nimbostratus (2007)
Gonzenwand / Wachmeister Studer (2007)
Gonzenwand / Metronom (2011)
Gonzenwand / Miss Marple (2012)
Gonzenwand / Django (2016)
Gonzenwand / Plattänani (2020)
Gonzenwand / Füürsetzer (2020)
Gonzenwand / Ablöscher (2020)
Annagrethli / Gretchenfrage (2024)
Wangwand / Heimspiel (2025)

Montag, 24. März 2025

Gonzen / Wangwand - Heimspiel (7c, 8 SL, Erstbegehung)

Die Wangwand ist quasi die "zweite Wand" am Gonzen, während langer Zeit wurde sie wenig beachtet und bisher gab es mit der kaum begangenen Milzbrand (10 SL, 7c) nur eine einzige Route aus dem Jahre 2001, welche sie komplett durchstieg. Mit einer Höhendifferenz von ~260m und einer Kletterlänge von deutlich über 300m handelt es sich aber doch um ein grosses und eindrückliches Gemäuer. Dass sich da noch Potenzial für Neutouren bieten würde, war offensichtlich. Und es waren sogar noch sehr logische Linie zu holen, z.B. entlang von einem grossen System von Rampen und Verschneidungen. Genau das war die Absicht, als wir uns auf den Weg zur Wangwand machten. Daraus geworden ist eine anspruchsvolle alpine Sportkletterroute, die mit eindrücklicher Kletterei in weitestgehend tipptoppem Gonzenfels aufwartet.

Der Überblick über das Gonzenmassiv mit einigen Ortsbezeichnungen und dem Verlauf von unserer Route Heimspiel (7c, 8 SL). Im Vergleich zum veritablen Bigwall der Gonzen SE-Wand sieht die Wangwand schon beinahe klein aus. Das täuscht aber durchaus, es handelt sich um ein eindrückliches Gemäuer.

Erschliessung

Die Erschliessungsgeschichte vom Heimspiel umfasst drei Bohrtage und die erste komplette Durchsteigung der gesamten Route, welche gleich im erhofften, einwandfreien Rotpunkt-Durchstieg endete. Diese Geschehnisse werden hier im Tagebuch-Stil protokolliert. Es sei erwähnt, dass sich Daniel schon zuvor ausgiebig mit der Wangwand beschäftigt hatte, u.a. mit einer früheren Begehung von Milzbrand, zeitnäher dem Erschliessen der kürzeren Lektionen in Demut (4 SL, 7b+) und auch der kompletten Begehung des Wangwandbands

1. Juli 2023: Daniel hatte den Plan zwar schon lange in petto, aber unsere Verabredung entsteht spontan an diesem Samstagmittag: wir gehen auf Erstbegehung in der Wangwand! Der Fokus liegt dabei auf dem oberen, steileren Wandteil. Der Weg dahin ist weit: mit schweren Gepäck geht es mühsam am Nasenloch vorbei auf einer alpinen Kraxelroute mit vielen gemüsig-brüchigen Stellen bis zum fünften Grad aufs Band hoch und auf diesem querend zum Einstieg, Zeitbedarf vom Wandfuss rund 2.5 Stunden. Um 16.45 Uhr rattert der Bohrer endlich und die erste Zwischensicherung fährt in den Fels. Die nachmalige L5 entpuppt sich als eine ziemliche Herausforderung für das Einbohren im Vorstieg, so verrinnt die Zeit zügig und wir müssen nach dieser Seillänge bereits die Segel streichen. Als schnellsten Weg nach Hause identifizieren wir das Abseilen über den unteren Wandteil. Mit 4x60m-Strecken gelingt und das zügig und recht bequem. Vor allem eröffnet es auch die Perspektive, dass sich da durchaus eine lohnende Kletterlinie als "Zustieg" finden lässt. Mit dem komplizierten und aufwändigen Zugang über das Nasenloch wäre die Route kaum ein Hit geworden.

Impressionen von unserem ersten Bohrtag an der Wangwand. Der schwer bepackte Zustieg bei feuchter Hitze in mühsam krautigem Kraxelgelände mit einzelnen Kletterstellen bis zum fünften Grad bei nicht ganz so optimaler Felsqualität war kein Zuckerschlecken. Umso glücklicher waren wir dann, als wir endlich richtig loslegen konnten und sich schon die ersten Meter der Route als nach unserem Gusto entpuppten.

29. Dezember 2023: Die Altjahreswoche 2023 ist sehr mild, die Wangwand weitestgehend schneefrei und auf unserer Linie einwandfrei trocken, wiederum sehr spontan entsteht eine Verabredung zum Einbohren. Trotz der kurzen Tageslänge können wir einen Versuch im unteren Wandteil wagen und wollen sehen, wie weit wir kommen. Es kommt viel besser wie erwartet: wir sind sehr effizient und schaffen es tatsächlich, die 230 Klettermeter bis aufs Wangwandband und dem Start von L5 in einem Zug zu erschliessen. Das Terrain lässt es zu, dass wir sehr lange, an die 60m heranreichende Seillängen einrichten. Die Standplätze entsprechen dabei genau den Punkten, an welchen wir am 1. Juli abgeseilt haben - natürlich damals schon mit dem Blick auf die ideale Kletterlinie und bequemen Stationen. 

Impressionen von unserem zweiten Bohrtag Ende Dezember 2023. V.l.n.r sieht man L2, L3 und L4. 

7. April 2024: Wir starten den nächsten Angriff. Abschätzungen zu Folge sind es wohl nur noch 60-70m, welche uns noch fehlen bis zum Top der Wand. Steil und schwierig aber, und damit ein happiger Brocken. Doch die Tage sind schon deutlich länger, gutes Wetter ist uns hold und so würde es uns im Idealfall gelingen, die Route zu vollenden. Wir steigen reichlich bepackt über die Gemsweid hinauf (für mich die erste Begehung dieses T6-Klassikers) und wollen den Vortriebspunkt vom mutmasslichen Ausstieg der Route her abseilend erreichen. Das geht viel einfacher wie gedacht, mit einem gestreckten 60m-Manöver gelangen wir zu Stand 5 und damit direkt zur gewünschten Stelle. Eigentlich besteht die Aufgabe aus einer überschaubaren Distanz, doch beim Einbohren machen Schwierigkeit und Steilheit die Sache aus, nicht die Klettermeter. Es geht aber auf, mit vereinten und letzten Kräften schaffen wir es ans Top, die Route ist komplett erschlossen.

Und das ist der dritte Bohrtag in kurzer Zusammenfassung. Links der steile Fels mit Blick zum Fläscherberg, fotografiert ab Stand 5. Mittig der Ausblick von der Wang (d.h. oberhalb der Wand) nach Mels und ins Weisstannental. Rechts: vom Aufstieg über die Gemsweid konnten wir sehr gut Einblicke in die nach links geöffnete Wand der grossen Verschneidung (d.h. unseren Routenverlauf) erhalten. Und wie man im Zoom klar sehen kann: unserer Route haftet ganz klar ein Hauch von Blaue Lagune an.

19. Januar 2025: Es vergeht viel Zeit bis zu einem ersten Durchstiegsversuch. Die Gründe: im Sommer ist es zu heiss und im Herbst passten weder die Gelegenheiten noch die Vorbereitung. So machen wir uns wieder einmal mitten im Winter auf den Weg. Abgesehen von der zur Zeit fehlenden MSL-Routine kein Problem, denn Zustiegsgelände und Wand sind schneefrei. Bald stehen wir gemeinsam am Einstieg und stellen fest: ein paar fehlende Kletterfinken verhindern den Go. Wir disponieren zur nahe gelegenen Nasenlochplatte um. Das beschert uns einen genialen Klettertag und sowieso: Daniel hatte zu diesem Zeitpunkt seine "Hausaufgaben" noch nicht gemacht. Diese bestanden im sorgfältigen Ausbouldern der Seillängen im oberen Teil, damit auch überall eine tragfähige Durchstiegslösung vorhanden war. Auch mit vorhandenen Kletterfinken wäre uns ein Erfolg an diesem Tag nicht sicher gewesen.

Der Zustieg voller Hoffnung im Januar 2025, die fehlenden Kletterfinken im reich befüllten Haulbag waren da noch nicht bemerkt. Es gibt jedoch nichts zu verzagen hier: erstens gab es zumindest dieses sehr schöne Wandfoto und zweitens verbrachten wir dennoch einen sehr schönen Klettertag an der Nasenlochplatte, welche im Bereich des rechten Bildrandes sogar auf diesem Foto sichtbar ist.

8. März 2025: Nun soll es klappen! Bei Daniel sind die Hausaufgaben gemacht, die Bikes sind gepumpt und geladen und die Ausrüstung wird beim Ausgangspunkt vor der Garage von Daniel nochmals sorgfältig geprüft. Es fehlt an nichts und beste Bedingungen begleiten uns. Zudem würden die nun schon wieder längeren Tage auch den einen oder anderen Fehlversuch beim Punkten erlauben. Die einzigen Zweifel bestehen darin, dass an der MSL-Form noch kaum gefeilt werden konnte, womit die Kraftreserven womöglich vor Erreichen des Ausstiegs schon dahingeschmolzen wären - erst recht dann, wenn harte Längen mehrfach angegangen werden müssten. Schliesslich ist das alles aber kein Faktor. Wie ich es mir von wiederholtem Anschauungsunterricht reichlich gewohnt bin, ist Daniel auf der Höhe der Aufgabe und steigt alle Seillängen auf Anhieb durch. Das Resultat ist die erwünschte, komplett sturzfreie RP-Begehung und damit der krönende Abschluss des Projekts.

Die beiden Protagonisten bevor es mit der RP-Begehung zur Sache gehen soll. Im Bild gut sichtbar (näher bei Daniel wie bei mir) ist der Einstiegs-BH, welcher den nicht ganz trivialen Einstiegsboulder absichert. Der weitere Routenverlauf ist dann entlang der natürlichen Rampen- und Verschneidungslinie genau oberhalb dieses Bohrhakens.

Zustieg

Ab Sargans dem Gonzen entgegen, d.h. auf der Ratellerstrasse nach Prod. Auf einer Höhe von 680m geht's nach rechts hinauf in den Wald. Beim P.731, der sich 300m nach dem Waldeingang befindet, gilt geradeaus Fahrverbot. Entweder da stationieren, oder links auf steiler, schmaler Waldstrasse noch hinauf zum Holzplatz bei P.790, wo es ein paar wenige weitere Parkplätze gibt. Ab hier dem Wanderweg folgend zur Erzbildkapelle und weiter zur Waldstrasse bei P.965. Vorbei an der «Staatswald»-Hütte und weiter via P.1109 zum Cholplatz (P.1155). Dann dem markierten Weg zur Leiter folgen bis zur markanten Natursteinmauer in Falllinie der gut sichtbaren Wand. Nun direkt in oder neben der Geröllrunse hinauf zum Einstieg, welcher sich an deren Beginn/Ende auf einer Höhe von 1240m befindet. Total ca. 45-60 Minuten zu Fuss. Mit einem E-MTB kann mit entsprechendem Fahrkönnen gut bis zum P.1109 gefahren werden, von wo es nur noch ca. 15 Minuten zum Einstieg sind.

Ambiente im Zustieg.

Routenbeschreibung

Wangwand - Heimspiel 7c (7b obl.) - 8 SL, 325m - Marcel Dettling, Daniel Benz 2025
Material: 2x60m-Seile, 12 Express, Cams 0.3-0.75

L1, 50m, 6b: Mit einem Einstiegsboulder geht's los. Im Dezember 2023 wurde dieser das erste Mal ab einem 2m hohen Schneepodest (und damit nur halb) geklettert, so entpuppte sich die Sache bei aperen Verhältnissen im März 2025 doch als kniffliger wie gedacht. Der Rest der Seillänge verläuft über eher glatte, dafür flache Platten und ist deutlich einfacher. Die Bohrhaken erlauben es, sich über die kompakten Zonen zu bewegen und die grasigen und gerölligen Bänder weitgehend zu vermeiden.

Nicht gerade beste Werbung für L1 (6b)... der Fels auf der Kletterlinie ist kompakt, die Bänder geröllig.

L2, 60m, 6b+: Hier gibt's fast ein Fussballfeld voll typischer Gonzenplatte mit der charakteristischen, leicht diagonalen Felsschichtung. Mal kommt man erstaunlich einfach voran, dann wieder ist es plötzlich doch gar nicht so einfach. Zwischendurch heisst es auch zwischen den Haken in etwas verschärftem Stil zu moven, ein paar kleine Cams bringt man auch noch unter. Vom Fels her meist ganz ordentlich, wenn auch nicht top.

Diese grosse Platte gilt es in L2 (6b+) zu bewältigen. 60m Kletterei am Stück, es wird nicht langweilig.

L3, 60m, 6a+: Ca. 15 einfache Meter in geneigtem und teils etwas schuttigem Gelände führen an steileres Gelände heran. Über eine Wandstufe etabliert man sich in der hier ansetzenden Verschneidungsrampe. Den Winkel nutzt man aber schlussendlich kaum, weil der Fels auf der liegenden Rampe sehr griffig und gut strukturiert ist. Eine lässige Turnerei führt also in die Höhe. Nach dem drittletzten Haken hilft eine Rechtsschleife, die Schwierigkeiten homogen gemässigt zu halten.

Daniel auf der Verschneidungsrampe mit ihrem gut strukturierten Fels in L3 (6a+).

L4, 60m, 7a: Eine sehr lange und abwechslungsreiche Reise führt nun schon hinauf bis auf das Mittelband. Los geht's in der Rampenwand. Sieht zwar einfach aus, ist es aber nicht so wirklich. Weite Moves an Leisten, das Gleichgewicht wird auch gefordert, später heisst es eine kleine Verschneidung in die Sequenz einzubauen. Einfacher kommt man schliesslich zu dem Punkt, wo sich die Rampe verliert und wandartig steil geklettert werden muss. Erst gutgriffig, dann aber mit einer verzwickten 7a-Stelle an Slopern. Dieser entstiegen, geht's gerade voraus (Sicherung mit Cams) und erst unter dem folgenden Dach wieder nach links. Es kommen dort BH, welche von unten nicht sichtbar sind. Zuletzt der Ausstieg auf's grasige Band, hinauf und etwas nach rechts zum Stand ist das Motto.

Los geht's auf die weite Reise in L4 (7a).

L5, 35m, 7a+: Nun geht's ans Eingemachte, wirklich einfach ist's bis zum Ende der Route nie mehr. Das verspürt man schon gleich am Einstiegsüberhang, wo heftig an ein paar kleinen Leisten geriegelt werden muss. Vorerst geht's nochmals etwas zugänglicher hinauf und nach rechts in die Verschneidung hinein. Diese ist wohl bei einem grossen Felsausbruch entstanden und wartet mit sehr speziellem Gestein auf, welches von einer Calcit-Schicht überzogen ist. Bouldrige Passagen wechseln mit akzeptablen Ruhepunkten ab und bringen einen zur finalen Querung unter dem Dach: eine sehr knifflige Sache, welche auch solide Fusstechnik verlangt.

Daniel unterwegs in L5 (7a+). Bis zum Dach hinauf, da links, dann Richtung Segelflieger.

L6, 25m, 7c: Vom Stand weg geht's erst grad noch einigermassen, mit Leistenkletterei im 7a/+ Bereich. Gegen die Mitte hin zieht's dann massiv an. Kleinste Crimper wollen gekrallt sein und die Trittarmut verlangt abgefahrene Bewegungen plus die nötige Körperspannung, um den Druck an den Kontakpunkten mit dem Fels aufrecht zu erhalten. Leisten dübeln und sich ja nicht abschütteln lassen heisst's dann auch in der luftigen Rechtstraverse, die Ausdauer wird zum Faktor! Wer diese Passage meistert, wird bestimmt auch die finale Stelle an der Kante draussen noch packen. Hinweis: für den Nachsteiger ist es vorteilhaft, wenn der zweitletzte Haken lang geklippt (oder wieder ausgehängt ist), sonst droht ein ungeschmeidiger Pendler in den luftleeren Raum.

Luftiger Exit zu L6 (7c) an der Kante, hoch über Sargans.

L7, 20m, 7a: Mehr oder weniger das einzige Mal im oberen Wandteil tauchen hier so richtig gute Griffe auf an stark strukturiertem Fels auf. So wartet erst eine lässige, wenn auch nicht ganz triviale Turnerei. Mittig leitet ein cooler Toehook eine athletische Challenge ein, die zu einem eher schon wieder sloprigen Finale führt, wo man sich geschickt positionieren muss. Man erreicht so den an sich bequemen Zwischenstand, kann aber auch gleich weiterziehen in...

Aus L7 (7a) kommt eines vom Einbohren zum Zug.

L8, 20m, 7b: Gleich nach dem Stand geht's los, es wartet ein Slab-Boulderproblem, welches jeden Wettkampf bereichern würde. Und es lässt sogar mehrere Beta-Optionen offen: Daniel und ich präferieren da unterschiedliche Varianten. Man erreicht schliesslich eine Schuppe mit einem unter- bzw. seitgriffigen Schlitz, den man dankend annimmt. Ein paar gescheite Tritte anstatt nur glatter Wand wären auch noch nett, aber die gibt es halt leider nicht. So wird man vorgebrutzelt, in Konsequenz testet der heimtückische Exit ins flachere Ausstiegsterrain, wie viel Strom noch übrig geblieben ist. Man sei gewarnt, an diesen Slopern kann man gerne noch abgeworfen werden. Erst recht, wenn man die Optimallösung nicht kennt - aber nicht nur dann!

Im Schlussteil der Route (L8, 7b) wartet nochmals eine sehr knifflige Platte.

Abstieg

Die unseres Erachtens bequemste und wohl meistgenutzte Variante ist das Abseilen über die Route wie im Topo beschrieben: es sind 6 Manöver nötig, die ziemlich direkt verlaufen und nur wenig Seilpflege erfordern. Achtung, 2x60m-Seile sind dabei zwingend, sonst brennt man an (das gilt allerdings auch schon beim Klettern)! Es kann auch zu Fuss abgestiegen werden, folgende Optionen bestehen dabei:

  1. Vom Ausstieg auf ca. 1500m steil und zuerst linkshaltend durch den Wald hinab. Trotz teilweiser Spuren/Wildwechsel kann das heikel sein, bei schlechten Bedingungen oder wenn man die Optimallinie verliert sind Abseilmanöver an Bäumen in Betracht zu ziehen. Nach ca. 200hm Abstieg erreicht man den Weg zur Gonzenleiter, über welchen man in wenigen Minuten zurück unter die Wand bzw. zum Cholplatz gelangt.
  2. Vom Ausstieg mehr oder weniger der Wandkante entlang zum offenen Gelände von Wang aufsteigen, am einfachsten die ganzen ca. 80hm zur Hütte bzw. zum Beginn/Ende des Rieterwegs bei P.1583. Von dort auf dem Weg ca. 100m horizontal nordwärts halten, dann über Weidegelände mit recht guter Wegspur hinab nach Älpli, wo man auf ca. 1340m auf den Leiternweg trifft. Über diesen zurück unter die Wand bzw. zum Cholplatz. Dieser Weg bietet keine Schwierigkeiten, ist aber klar länger/weiter.

Vom Einstieg, bzw. der Natursteinmauer unterhalb dem Einstieg auf demselben Weg retour zum Ausgangspunkt wie man gekommen ist. Wer als Biker ein paar weitere Adrenalinausstösse wünscht, dem kann der Gonzen-Downhill empfohlen werden: vom Bikedepot bei P.1109 zu P.965 wie im Aufstieg, über den Wanderweg via die Erzbildkapelle zu P.790, über den Erzweg westwärts haltend zu P.678, runter zur Passatistrasse, dieser ostwärts folgen zu P.541, ab dort dem Singletrail folgend Richtung Städtli Sargans und unter dem Schloss durch ins Zentrum bzw. zum Bahnhof.

Material, Absicherung, Topo und Hinweise

Die Route ist durchgehend mit soliden, rostfreien Bohrhaken abgesichert. Im einfacheren Gelände des unteren Wandteils steckt nicht alle 2m ein Bolt. Die Absicherung ist aber vernünftig und als xxx zu werten: die BH sind alle gut sichtbar und auf derbe Runouts wurde verzichtet. Im oberen, schwierigeren Wandteil stecken die Haken enger. Dividiert man jeweils Meterlänge durch Anzahl Bohrhaken, so konstatiert man gute MSL-Absicherung auf Niveau xxxx. Trotzdem gibt's ein paar knackige, zwingende Passagen. Sprich, es muss auch zwischen den Haken bouldrig-schwierig-knifflig gemovt werden, die Strategie A0 funktioniert da nicht. Diese Stellen sind aber in sturzfreundlichem Gelände, die Standplätze sind genügend komfortabel, dass eine dynamische Sicherung möglich ist. Damit ist diese Art der Hakenplatzierung nicht ein Bug, sondern ein Feature der Route. 

Die Schlussquerung unter dem grossen Dach am Ende von L5 (7a+) ist nicht ohne.

Die Materialangaben kann man direkt dem PDF-Topo entnehmen. Wenn nicht gerade Schnee bis ins Tal liegt, kann die Route oft auch im Winterhalbjahr begangen werden. Das Band am Ende von L2 sollte jedoch schneefrei sein. Das lässt sich auf der Webcam vom Pizol gut überprüfen. Zu dieser Jahreszeit scheint die Sonne von ihrem Aufgang bis zum Untergang an die Wand. Im Sommer ist es ausser an bewölkten Tagen eher zu heiss, wobei Föhn, Bise oder starke Thermik für gute Durchlüftung Sorgen können.

Der spektakuläre Schlusspunkt zu diesem Beitrag, und zum zweiten Bohrtag am 29. Dezember 2023.

Mittwoch, 5. März 2025

Nasenlochplatte

Die Nasenlochplatte ist ein neues Sportklettergebiet am Gonzen, welches sich links vom bereits länger bestehenden Sektor Erzhus befindet. Wobei die eigentlich namensgebende Route im Grad 7b+ schon vor langer Zeit im Jahr 1989 eingerichtet wurde. Sie fristete aber ein einsames und verlassenes Dasein, bis Daniel Benz vor rund zwei Jahren mit dem Einrichten von weiteren Routen begann und das Original sanierte. Inzwischen ist die Erschliessungsphase beendet und es stehen 13 Routen mit Schwierigkeiten von 7a bis 8a+ zur Verfügung. Ein kleines Mosaiksteinchen in der Geschichte dieses Gebiets konnte ich beitragen, darum hier ein Beitrag darüber.

Übersicht vom Gonzenmassiv, die Nasenlochplatte rechts am Wandfuss lokalisiert.

Am Fuss dieser Wand stand ich schon mehrmals, daran geklettert bin ich aber nur ein einziges Mal am 19. Januar 2025. An einem milden Wintertag waren wir eigentlich zum MSL-Klettern angerückt, was jedoch schliesslich durch ein Paar fehlende Kletterfinken vereitelt wurde. Der Plan B bestand darin, dass Daniel mal schnell nach Hause geht (immerhin befindet sich dieses in Sichtweite) und diese holt, während ich am fixierten Seil bereits einmal den namensgebenden Gebietsklassiker Nasenlochplatte (7b+) ausbouldern würde. Diese steilplattige Route fordert mit trickreicher Kletterei an vielen Unter- und Seitgriffen, selbstverständlich kommt auch der Fussarbeit ganz wesentliche Bedeutung zu. Die Lösungsfindung dauerte ihre geraume Zeit, denn die Route ist 35m lang, die Sache ist sehr komplex und der Möglichkeiten unzählig viele.

Fantastischer Ausblick aufs Heidiland im Zustieg. An der Wand gibt's den ganzen Tag Sonne satt!

Ich war noch mit dem letzten Abschnitt beschäftigt, als Daniel bereits wieder die letzten Meter zur Wand hinaufstieg. Dabei hatte er daheim sogar noch eine Kaffeepause einlegen müssen, um den E-Bike-Akku mit der nötigen Energie für die zweite Auffahrt zu versorgen. Der Standard-Zustieg für ihn und somit auch für mich startete direkt ab Sargans mit dem Bike, man kann aber per PW bis zum P.731 am Eingang vom Staatswald fahren. Ab dort dann per Pedes oder alternativ zeit- und kräftesparend mit dem Bike bis P.1109. Von dort zum Cholplatz und auf dem Weg zur Gonzenleiter Richtung NE. Am bequemsten zur Wand geht's auf dem alten Erzweg (dessen Abzweigung sich am Ende der markanten Natursteinmauer unter der Wangwand befindet), alternativ weiter rechts über 40hm in Falllinie im Freestyle Modus über Wald und Geröll zum Einstieg auf ca. 1260m. Ab dem Bikedepot sind es ca. 15-20 Minuten Gehzeit, vom P.731 je nach Fitness und Gehtempo eine mehr oder weniger knappe Stunde (530hm).

Los geht's!

Sodann hatte ich gleich meine Gelegenheit, meine Beta in einem Toprope-Go der Prüfung zu unterziehen. Diese fiel positiv aus - der Durchstieg gelang. Damit konnte ich es natürlich nicht gut sein lassen. Nachdem Daniel in seinem Projekt Shalom Alechem (8a) gebouldert hatte, galt es sich ans scharfe Seilende zu binden. Eigentlich musste ich ja nur nochmals exakt dasselbe Programm ausführen. Aber einfacher gesagt als getan! Und bei solch fusslastigen Routen ist halt der Vorstieg doch nochmals eine Runde fordernder. Zwar ist die Route gut abgesichert, manch eine schwierige Passage befindet sich aber doch zwischen den Haken. Im Vorstieg will/braucht man einfach ein bisschen mehr Kontrolle und Marge. Und der zusätzliche Anpressdruck an der Sohle kommt halt von mehr Zudrücken an den Griffen und mehr Spannung im Körper, was sich über die gesamte Kletterstrecke an zusätzlicher Ermüdung aufsummiert. Doch es ging gut auf - bis auf einen Klipp, der sich leider nicht wie gewünscht ausführen liess. Doch ich konnte den Schalter auf "vorwärts" umlegen und im Glauben daran weiter moven, das Seil irgendwie später vielleicht noch in den Karabiner zu kriegen. Das gelang, ebenso der Durchstieg und damit war die mutmasslich dritte Begehung der Nasenlochplatte (7b+) in den Büchern.

Fantastische Kletterei, es sind viele Unter- und Seitgriffe zu bedienen.

Später betätigte ich mich noch rechts in der Schuppenklinge (7a). Eine glatte Stelle mit nur ein paar kleinen und scharfen Kratzern forderte meinen ganzen Geist und viel vom Können. Aber es ging, der Rest der Route präsentiert sich ein bisschen gängiger. Erst vor Kurzem frisch eingebohrt worden war das zu diesem Zeitpunkt noch namenlose Projekt rechts davon. Während dem Ausräumen konnte ich dieses nicht nur begutachten, sondern auch gleich noch eine Putzaktion durchführen. Weil Daniel erst die Rechtsabzweigung wählte und die Synergie (7a) punktete, war ich dann als erster in der frisch gebügelten Route dran. Daniel erteilte mir die Freigabe, bei meinem Go auf Durchstieg angreifen zu dürfen und mir so potenziell die formelle Erstbegehung abholen zu können. Die knifflig-heikle Crux - auch hier an scharfen Kratzern, minimalen Fusstritten und mit einem Abschlussdyno in einen Henkel - ging mir gerade auf. Nun hiess es nur noch, sich die Butter nicht mehr vom Brot nehmen zu lassen. Der Rest der Route ist (für das Gebiet) vergleichsweise gutgriffig, hält aber trotzdem noch ein paar Herausforderungen bereit. Aber es gelang und so war das in der Einleitung erwähnte Mosaiksteinchen in der Geschichte des Gebiets eben beigebracht. Als Name passte Clean Service hervorragend - ein sauberer Service von Daniel, mir diese Route bis auf den letzten Feinschliff beim Putzen so zur Verfügung zu stellen. Die Schwierigkeit dürfte sich auch so im Rahmen einer 7a bewegen.

Griffgrösse in der Crux von Clean Service (7a): klein, scharf, full crimp!

Das war es für diesen grandiosen Wintertag. Wobei man sagen muss, dass diese an der Nasenlochplatte wirklich vergleichsweise sehr lange dauern. Aufgrund der freien Lage scheint die Sonne von deren Aufgang bis zur Verabschiedung am Grat vom Hüenerchopf wirklich den ganzen Tag, ohne Einschränkung durch Bäume oder andere Schattenspender. Hinzu kommt die Höhenlage auf 1260m in einer zusätzlich sowieso nebelarmen Gegend, so dass das feuchte Grau relativ selten ein Thema ist. Bei Schneelage bis ins Tal eignet sich das Gebiet natürlich nicht. Das ist aber selten der Fall, die sonnige und föhnexponierte Gonzenflanke ist normalerweise rasch aper. Im Winter 2024/2025 waren es (bisher) total nur ca. 2 Wochen, in welchen zu viel Schnee für bequeme Kletterei an der Nasenlochplatte lag. Wenn man nicht gerade wie Daniel am Fuss des Berges wohnt, so kann man mit der sehr guten Webcam vom Pizol zudem bestens prüfen, wie die Verhältnisse sind.

Daniel in der Toproute Stilles Geschrei (8a+). Die Kletterei wie in einer Rätikon-Toptour!

Facts

Gonzen / Sektor Nasenlochplatte / 13 Routen von 7a bis 8a+

Der Sektor bietet schöne senkrechte Wand- und Steilplattenkletterei in gutem, oft rauem, teils aber auch strukturarmem Fels. Es sind eine gute Klettertechnik, einwandfreie Fussarbeit, Fingerkraft und Körperspannung nötig. Oder mit anderen Worten: die Routen bieten dieselbe Art von Kletterei, wie man sie auch in den Rätikon-Toptouren findet, es ist ein ideales Trainingsgebiet dafür. Die Absicherung mit rostfreien Bohrhaken ist gut, die Abstände sind mit dem Zollstock betrachtet absolut in der Klettergartennorm. Die schwierigsten Stellen liegen aber oft zwischen den Haken, welche einem bei dieser Art der Kletterei oft weiter voneinander entfernt vorkommen, als sie es tatsächlich sind. Hier geht's zum Topo von Daniel (welches auf der Grundlage des SAC-Führers von Thomas Wälti gezeichnet wurde). Vielen herzlichen Dank für deine Arbeit am Fels und am Computer, sowie natürlich für den geschenkten First Ascent.

Ein letzter Blick auf die superkompakte Nasenlochplatte. Viel Spass am Fels 💪🏼


Donnerstag, 27. Februar 2025

Skitour Rossstall (2456m)

Den letzten Neuschneetag hatte ich zwecks dem Bimano Open ausgelassen, den Sonntag verbrachte ich nach längerer Abstinenz wieder einmal auf der Piste in einem kleinen Gebiet in der Nähe von daheim. Dann zwei Tage voll mit Arbeitsverpflichtungen, bevor am Mittwoch ein Fenster identifiziert werden konnte, um doch noch von den guten Tourenbedingungen zu profitieren, bevor der Föhn diese schliesslich zunichte machte. Aus einer Vielzahl von Optionen fiel meine Wahl schliesslich aufs Sarganserland. Es ergab sich eine gute Tour, auch wenn meine Kalkulation an diesem Tag für einmal nicht ganz so wie gewünscht aufging.

Unterwegs Richtung Gamidaurspitz, hier am Vermiiboden. Der Aufstieg verläuft rechts dem Horizont entlang.

Diese basierte auf der Vermutung, dass es beim Startpunkt bei Hienzi (ca. 850m) am Eingang ins Weisstannental zu wenig Schnee läge, als dass man mit den Ski starten könnte. Dies brächte natürlich einerseits Vorteil in Bezug auf die bisherige (Nicht-)Frequentierung der Tour, zudem liesse sich so der 500hm-Strassenhatscher zu Beginn der Tour mit dem Bike verkürzen. Tatsache war, die Wiesen beim Startpunkt waren weiss und mit einigen Skispuren drapiert. Ich vermutete im Wald aber zu wenig Schnee und sattelte trotzdem das Bike. Bis auf ca. 1060m war diese mit Autos befahren worden - das war bikefahrbar, dann war aber finito: zu viel und zu weicher Schnee. Somit ging es fellend weiter - nicht ganz so leichtfüssig, die Effekte des Kletter- bzw. vor allem des Krafttrainings der Vortage waren nicht so schnell aus den Knochen verschwunden wie erhofft.

Eisformationen auf dem Weg.

Sonst verlief der weitere, gut gespurte Aufstieg via Ochsensäss, Vermii und dem Nordrücken zum Gamidaurspitz eventfrei. Meine nächste Fehleinschätzung betraf die Situation im Gamidaur-Gipfelhang. Am Weekend galt noch Stufe 3, zumindest mit meiner Risikotoleranz lässt sich das mit dessen Befahrung nicht vereinen. Etwas verblüfft nahm ich zur Kenntnis, dass da nun doch schon ziemlich viele Spuren waren. Doch vermutlich braucht's nur einen einzigen, der es wagt - und wenn man eine Spur liegt, so wagt es noch manch einer hintendrein. Trotzdem war noch Platz für eine eigene Linie, somit war das nicht allzu störend. Natürlich auch nicht auf dem Radar hatte ich die Polizei(?)aktion, welche bei den Hütten von Ober Vermii (1883m) stattfand. Eine ganze Heerschar von Leuten war da präsent und hatte scheinbar den formidablen Rücken oberhalb fast zu einer Piste umgeackert (ohne zum Gipfel zu gehen). Während meinem Aufstieg wurden all diese Leute dann in mehreren Rotationen von einem Polizei-Helikopter ausgeflogen - was da wohl los war?

Der Rücken von Baseggla, welcher im Rossstall (2456m) gipfelt. Der Schnee leider stark verblasen.

Da ich auf dem Gamidaur vor etwas über 20 Jahren bereits einmal auf einer Skitour besucht hatte, wollte ich meine heutige Tour über den Rücken vom Baseggla zum Rossstall (2456m) verlängern, um einen bisher noch unbesuchten Kulminationspunkt zu erreichen. An sich eine gute Idee, dass dieser schöne Hang jedoch so komplett vom Wind verblasen war, hatte ich so nicht auf dem Radar. Nun denn, ich war hartnäckig genug, meinen Aufstieg trotzdem durchzuziehen und erreichte bald einmal Steinmann City am Top. Mein Plan bestand ursprünglich darin, von dort auf meiner eigenen und kaum schon befahrenen Linie zum Baschalvasee (2174m) zu gelangen und dann zurück zum Gamidaur, bzw. zumindest zum Einstiegspunkt in die Nordflanke zu steigen. Was auf der Karte attraktiv aussah, liess ich vor Ort schliesslich bleiben - wegen dem gedeckelten Triebschnee auf dieser Abfahrt wäre es eine unerquickliche Zusatzaufgabe gewesen.

Steinmann City auf dem Rossstall (2456m), mit Blick ins Rheintal mit Gonzen und Fläscherberg.

Somit holperte ich über das verblasene Gelände zurück in den Sattel vor dem Gamidaur, stieg zu Fuss zu dessen Gipfel auf, dann kurz sehr steil an einem Fixseil (nicht mehr in bestem Zustand) in die Nordflanke hinunter. Wie bereits erwähnt, liess sich trotz vorhandener Spuren noch eine Linie mit durchgehend jungfräulichem Schnee finden. Später konnte ich den "Polizei-Acker" via die Rossplangg ebenso in First-Line-Terrain umfahren, selbiges gelang mir danach auch im Chäsboden mit Inkaufnahme einer kurzen Schiebestrecke auf dem Vermiiboden. Damit war der Mist quasi geführt, bis auf die mit zischendem Oberflächenreif verzierten Hänge vom Ochsensäss war bis zum Bike nur mehr pistenartiges Fahren über die Strasse nötig. Zuletzt ein kleiner Bike-Downhill und damit war es das. Sicherlich nicht die beste Skitour des Winters - ganz ordentlich war es aber dennoch. Fragt sich zuletzt noch, ob die kleinen Abstriche bezüglich Schnee und vorhandenen Spuren schwerer wogen oder dass es einfach anders war wie ausgemalt. Die Antwort allein, die kann ich hier auch nicht mit Sicherheit geben.

Dienstag, 3. Dezember 2024

Mit (sub)maximaler Effizienz!

Der Volumen-Fight im Sparta Bouldering & Bar war angesagt. Dies am Freitagabend vor einem strahlend schön prognostizierten Weekend. Für einen Outdoorfreak nicht unbedingt der optimale Zeitpunkt... wenn man solche Events doch nur einfach bis zur nächsten Schlechtwetterperiode aufschieben könnte. Somit haderte ich nicht nur wegen der weiten Anfahrt mit meiner Teilnahme. Andererseits liegt mir die Kletterei an Volumen sehr. Statt rohe Griffkraft und Dynamik ist viel mehr geschicktes Positioning, Vertrauen in die Haftreibung und gefühlvolles Handauflegen an Slopern gefragt. Und da ich noch nie an einem reinen Volumen-Wettkampf teilgenommen hatte, reizte mich die Sache einfach zu sehr. 

Der Kampf mit dem Kühlschrank... oder so! Foto: Sparta Bouldering / mediasquad.ch

Der Deal mit meiner selbst war schliesslich, zuerst von 7-13 Uhr möglichst viel Arbeit mit vollem Einsatz und maximaler Effizienz zu erledigen. Dann würde ich , um die weite Anreise ins Sparta besser zu amortisieren und die Outdoorambitionen ebenfalls zu befriedigen, am Nachmittag noch eine Skitour geniessen. Mit dem Motto ski and bloc hatte ich ja just 7 Tage zuvor gleich doppelt hervorragende Erfahrungen gesammelt. Zwar war der Wintertraum vom vorangehenden Weekend schon längst wieder passé. Tauwetter hatte dem Weiss in den tiefen Lagen längst den Garaus gemacht. Doch dann hatte es wieder abgekühlt, zuletzt war wieder etwas Powder gefallen, welcher seiner Zerpflügung harrte. Als Dessert gäbe es dann abends eben noch die Bouldersession.

Kleiner Spoiler: näher an den Trophäen als so war ich leider nicht, weiterlesen lohnt sich möglicherweise trotzdem 😊. An dieser Stelle herzlichen Dank an die Halle für die Organisation, die Schrauber für die tollen Probleme, den Sponsoren für die Preise. Mit Unterschrift von Susi Good, die ihres Zeichens einmal Kletterweltmeisterin war. Das weiss heute fast niemand mehr. Und danke natürlich auch allen weiteren Helfern und dem Fotografenteam von mediasquad.ch.

Dass meine Planung auf der (sehr) ambitionierten Seite war, müsste ich wohl nicht explizit erwähnen. Die Arbeitssession lief zwar nach meinem Gusto, doch bis ich alle mir zum unverzichtbaren Ziel gesetzten Tasks erledigt hatte, war es eine halbe Stunde später als geplant. Um 13.30 Uhr klappte ich schliesslich meinen Laptopdeckel zu und fuhr sogleich dem Hüenerchopf entgegen. Aufgrund meines Studiums der Webcambilder ging ich davon aus, per Bike bis auf ~1500m fahren zu können, was eine gemütliche Skitour mit rund 700hm Aufstieg bedeutet hätte. Somit parkierte ich meinen vierrädrigen Untersatz in Mels und radelte dem Schnee entgegen. Schon etwas verblüfft nahm ich zur Kenntnis, dass zwei Tourengänger in Vermol (1098m) eben ihre Abfahrt vom Hüenerchopf beendeten, dies notabene mit den Ski an den Füssen. Dank vorhandener Traktor-Reifenspuren gelangte ich der Strasse entlang noch bis zu P.1219 bei Lutzboden, wo diese endeten. Ab da war es komplett aussichtslos, mit dem Bike noch weiter an Höhe zu gewinnen.

Wechselzone, die Aussichtslosigkeit von weiterem Höhengewinn per Bike offensichtlich.

Somit standen mir auf den Gipfel vom Hüenerchopf doch noch fast 1000hm bevor, zudem war auch die Uhr schon auf 15.10 Uhr vorgerückt. Ein kurzer Check auf der Meteoschweiz-App verriet, dass der Sonnenuntergang bereits um 16.35 Uhr stattfände. Eine Halbstunde danach wäre es zweifellos bereits sehr düster, so dass mir de facto keine zwei Stunden für eine doch respektable Skitour blieben. Um lange zu studieren blieb mir aber erst recht keine Zeit, und so fellte ich nach dem Motto "Gring ache u seckle" los. Trotzdem wurde ich mir subito der exzellenten Bedingungen gewahr. Erst Wärme und Regen, dann Kälte und schliesslich eine Portion von 5-10cm Neuschnee hatten eine prima Unterlage erzeugt. So liess es sich zügig an Höhe gewinnen. Einige Male konsultierte ich auf der Karte meine (Höhen)position und die Uhr. Trotz Puls am Anschlag prozessierte das Gehirn die Rechnung, dass es mir beim Beibehalten des hoch angeschlagenen Tempos noch rechtzeitig vor dem Sonnenuntergang auf den Gipfel reichen würde.

Viele Fotos habe ich auf der Skitour aus offensichtlichen Gründen nicht gemacht. Als mir bei einem kurzen Blick zurück aber dieses wunderschöne Alpenglühen bewusst wurde, nahm ich mir doch die Zeit, um rasch auf den Auslöser zu drücken.

So war es dann auch, um Schlag 16.30 Uhr hatte ich das Top erreicht. Die Zeit für einen kurzen Rundumblick nahm ich mir noch, dann aber hiess es ritsch-ratsch die Felle ab, Schnallen schliessen, in die Bindung steigen und los. Wie vermutet war das Gelände hervorragend zu befahren - ja selbst im grossen Flachstück bis zum Alpstutzhang konnte dank dem schnellen Schnee mit grossem Genuss gecarvt werden. Der Hüeneri war an diesem Tag nur gerade von 3 Tourengängern besucht worden, so war es auch absolut kein Problem, stets komplett unverspurtes Gelände zu befahren. Wie im weissen Rausch ging es zu Tale, schon um 16.50 Uhr war ich retour beim Bikedepot, von wo im letzten Licht weitere 7km auf zwei Rädern bis zum Autodepot bevorstanden.

Unweit vom Top. Die letzten Sonnenstrahlen treffen auf die Drusenfluh und die Lanciamira im Rätikon.

Wenige Minuten nach 17.00 Uhr dort angekommen konnte ich beruhigt konstatieren, dass mir komfortable Reserven bis zum Start der Bouldercomp um 18.30 Uhr blieben. Dies mit Betonung auf ZEITreserve, wie es mit dem Krafthaushalt aussah, war hingegen eine andere Frage. Dass eine Skitour ein "optimales Aufwärmen" vor einer Powersession am Plastik gelten kann, lässt sich wohl auch höchstens tongue-in-cheek für Hobbyathleten und bei gemässigtem Tempo sagen. Aber das waren jetzt 1000hm mit Vollgas gewesen, dazu noch 700hm mit dem Bike, wo E-Antrieb hin oder her ebenfalls kräftig in die Pedale getreten worden war. Doch nun ohne den Volumen-Fight wieder nach Hause zu fahren konnte es ja auch nicht sein. Somit widmete ich mich erst einem Carbo-Reload, fuhr dann ins Sparta und machte mich sogleich daran, die Muskeln erneut auf Betriebstemperatur zu bringen.

Kletterei auf unterschiedlich ausgerichteten Flächen. Man lese den Text zu Cyclope, Seillänge 5.

Nun ja, beim Bouldern verspürte ich dann schon etwas müde Beine und bestimmt fehlte mir etwas die Spritzigkeit. Aber gerade bei solchen Volumenbouldern sind natürlich in erster Linie die technischen Fähigkeiten ausschlaggebend. Noch dazu ist es ja (im Vergleich zu einer Vollgas-Skitour) eine relativ chillige Aktivität, wo nur ein relativ kurzer Effort gefragt ist und man sich danach bis zum nächsten Go wieder erholen kann. An der Rangliste gemessen war meine Performance zwar nicht so berauschend, aber ob es an der Skitour oder der starken Konkurrenz lag? Wir werden es nie genau wissen, trotzdem sinnierte ich natürlich über die Frage, wie viele zusätzliche Tops mir ohne den vorherigen Kräfteverschleiss gelungen wären. Keines? Oder mindestens eines? Möglicherweise sogar zwei oder drei? Nur eines ist sicher: eine Rolle spielt es absolut keine. Denn im Nachhinein bin ich es mir ganz und gar nicht reuig, zuvor noch die Skitour genossen zu haben. Einzig im Speedmodus hätte diese nicht unbedingt sein müssen... wobei es in Retrospekt auch wieder einmal eine Erfahrung war, das Herz-Kreislauf-System nahe bei den 100% zu betreiben - etwas, was im bequemen Büroalltag-Indoorbouldern-Sportklettern-Modus der kurzen Novembertage ja sonst eher nicht passiert.

Compression, Hüftbeweglichkeit und erst recht das Manteln wurden oft abgefragt.