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Dienstag, 25. April 2017

Extrem Jura

Zurück von den Kletterferien im Süden ein Blick in den Briefkasten und da ist er: der neue Extrem Jura von Sandro von Känel aus dem Filidor Verlag. Redaktionell habe ich an diesem Führer zwar nicht mitgewirkt, immerhin sind darin aber unsere Routen im Klettergebiet Gaicht am Bielersee beschrieben. Zeit für einen kurzen Blick in den Führer und eine Schilderung meiner Eindrücke.

Jetzt ist die Extrem-Reihe aus dem Filidor-Verlag komplett: Süd, West, Jura und Ost.
Im Vorwort schreibt Sandro "Felsen und Routen gibt's im Jura im Überfluss. Leider aber ist nicht jede Flue kompakt oder durch jahrelangen Kletterbetrieb sind einige Routen verbraucht. Die nachfolgend beschriebenen Klettergebiete sind eine strenge Auswahl aller Gebiete des Juras [...]. Es warten toller Fels, gemütliche Plätze und haufenweise harte Routen auf euch". Besser kann man es meines Erachtens nicht ausdrücken. Ein Auswahlführer mit allen lohnenswerten Sportklettergebieten von 6a-9a über den ganzen Jurabogen, das ist doch einmal eine echt geniale Idee. Kaum zu glauben, wie viele lohnenswerte Routen hier meiner (und deiner) Begehung harren! 

Am Sportklettern in der Gorges du Court (Extrem Jura S. 98ff)
Der Extrem Jura schliesst eine echte Lücke im Kletterführermarkt: um Topos für alle beschriebenen Gebiete zu erwerben, musste man bisher die 3 SAC-Führer für den Berner Jura, Solothurner Jura und den eigentlichen Jura kaufen, noch dazu für den südwestlichen Teil den Escalades der Gebrüder Remy. Und danach bestand immer noch eine wesentliche Lücke für den Basler Jura, wo alle früher erschienen Topos vergriffen sind und man bis dato keinerlei Führerliteratur käuflich erwerben konnte. Aus dieser Sicht spart man mit dem Extrem Jura also eine ganze Menge an Geld und Papier. Klar, in den Gebietsführern sind noch etliche weitere Gebiete von lokalem oder höchstens regionalem Interesse beschrieben. Aber eben, längst nicht jedes dieser Kleingebiete im Jura ist kompakt und für die Sportkletterei lohnend. Andererseits sind im Extrem Jura auch Gebiete enthalten, welche bisher noch nie oder noch nie in dieser Form (z.B. Rappenfels, Chestel) veröffentlicht wurden.

Auch in Eptingen gibt's ganz interessante Routen (Extrem Jura S. 352ff).
Von der Gestaltung her bezeichne ich den Extrem Jura definitiv als Meisterwerk. Er ist frei von unnötigem Ballast, aber trotzdem ist alles da, was es braucht. Trotz der Dichte an Information wirkt er übersichtlich und klar. Die Topos und Zugangsskizzen sind präzise, wie man es sich von den anderen Führern von Sandro bereits gewohnt ist. Die Bebilderung mit qualitativ hochwertigen und auch aussagekräftigen Fotos ist sehr gelungen. Jedes Gebiet und wo nötig sogar jeder Sektor sind präzise charakterisiert. Standardisiert gibt's Infos zu Kletterstil, Besonnung, geeigneter Jahreszeit, Felstrocknung und Klettermöglichkeiten bei Regen. Hier merkt man, dass Sandro alle beschriebenen Gebiete besucht und mit den lokalen Kletterern kooperiert hat. Wenn noch etwas fehlt, dann vielleicht eine Tabelle, wo diese Globalinfos zu den Gebieten kurz zusammengefasst sind, so dass die Gebietswahl vereinfacht wird. Wie auch immer, alles in allem macht der Extrem Jura ganz einfach grossen Appetit, an den Flüe in unserem nordwestlichen Landesteil ans Werk zu gehen. Besten Dank Sandro für den grossen Einsatz, man kann sich gut vorstellen, wie viel Arbeit und Herzblut in diesem Führer steckt! Hier geht's übrigens zur Bestellung: klick!

Sonntag, 23. April 2017

Konditionstest am Mutteristock (2294m)

Am Muttri wird im Aufstieg jeweils auf Zeit gelaufen und es gilt dabei die Schallmauer von 2 Stunden Aufstiegszeit für die 1400hm, welche auf jeden Fall unterboten werden will. Davon hatte ich auch bereits früher schon geschrieben. Dies an einem Tag, wo ich meine (immer noch gültige) persönliche Bestzeit für den Aufstieg realisiert hatte und noch dazu eine perfekte Pulverabfahrt genossen hatte. Zum Ende unserer Oster-Kletterferien war die Gelegenheit für eine erneute Skitour (notabene die zweite "richtige" des Winters) da. Einerseits war mir nicht nach frühem Aufstehen, andererseits liess sich kurzfristig und spätabends kein Partner mehr für eine ambitioniertere Tour auftreiben. So ging's also an den Muttri zum Konditionstest. Dieser fiel zum Glück positiv aus - weiterhin Klettern und aufs Kardio-Training verzichten lautet also die Devise ;-) 

Ausblick vom Mutteristock  über die Abfahrtshänge hinunter zum Wägitalersee (Ende April 2017).
Zur Tour selbst gilt es zu sagen, dass diese mit einer Portage begann. Die Schneedecke am Ende des Wägitalersees war schon beinahe inexistent, so dass auf den ersten 100hm bis zur Hütte vom Schwantli an ein Fellen nicht zu denken war. Danach ging's auf dünnem, hartgefrorenem Schnee dann gut. Witzig war es, im zweiten Waldstück zum Chruter  hinauf über die knapp eingeschneiten Bärlauchfelder aufzusteigen - hatte ich so auch noch nie erlebt. Das rauhe Weidegelände vom Chruter selbst war dann nochmals leicht mühsam mit ein paar Extraspitzkehren zu begehen. Erst oberhalb, so etwa ab dem Schlunenwald, lag dann so richtig viel Schnee. Insgesamt waren an diesem Tag nur etwa 15 Tourengänger am Muttri unterwegs, im Vergleich zu einem guten Wintertag also verschwindend wenige. Die meisten davon hatten die Normalroute für die Abfahrt gewählt, in der Nordflanke lag erst eine einzige Spur - umso besser! Tatsächlich und wie erwartet fand man hier noch sehr guten Pulverschnee. So war die Abfahrt bis zum Ende des Muttrirückens ein grosser Genuss. Deutlich die beste Pulverabfahrt des Winters, wobei das bei meiner Tourenliste natürlich auch nicht so schwierig war ;-)

Fantastischer Pulverschnee und viel Sonne in der Muttri-Nordabfahrt. Eine weitere Person legt gleich die dritte Spur.
Unterhalb war es dann vorbei mit der Herrlichkeit. Im sonnigeren Gelände ob der Rinderweid war der Schnee decklig, unterhalb wurde er dann rasch klebrig. Um dem rauen Weidegelände unter der Rinderweid auszuweichen, wählte ich die Abfahrt via Aberen, ein Novum für mich am Muttri. Die war natürlich auch kein Genuss, liess sich aber ohne Probleme noch komplett mit den Ski an den Füssen durchführen. Auf dem Strässchen ging's noch bis zur Einmündung dieser Rinderweid-Abfahrt. Ab dort waren die aperen Stellen so zahlreich, dass eine Portage von 5-10 Minuten zurück zum Ausgangspunkt die effizienteste Fortbewegungsart war. Zufrieden rollte ich nach Hause. Nach "ausschlafen" (alles ist relativ ;-) und einem gemütlichen Frühstück mit der Familie hatte es doch noch für eine lässige Tour gereicht. Der Pulverschnee im oberen Teil war der Hammer und schliesslich war ich zum Zmittag bereits wieder retour zu Hause. Ein "Mini-Adventure" der idealen Art.

Facts

Mutteristock (2294m) vom Wägitalersee mit Abfahrt über die N-Flanke.
Ski-Schwierigkeit ca. WS+, einige kurze, steile Stellen (40 Grad) bei Einfahrt in die N-Flanke.
Material: normale Skitourenausrüstung.

Montag, 10. April 2017

Piz Calderas (3397m) - Westcouloir

Der Piz Calderas ist der höchste Gipfel im Massiv des Piz d'Err am Julierpass. Zwar ist er bei Laien und Berglern nicht überaus bekannt, allerdings liegt er auf der Dominanz-Rangliste der Schweizer Gipfel weit vorne auf Rang 21 und in Bezug auf die Schartenhöhe ebenfalls auf Rang 26. Dazu befindet er sich mitten in Graubünden, so erstaunt es nicht, dass man auf dem Piz Calderas eine hervorragende Aussicht geniesst. An diesem wolkenlosen, windstillen und sehr sichtigen Traumtag wollten wir ihm also einen Besuch abstatten. Kommt noch hinzu, dass er eine ideale Frühlingsskitour hergibt. Mit der Alp Flix steht ein hoch gelegener Ausgangspunkt zur Verfügung. Die Hänge sind unten nach West und oben nach Süd exponiert, so dass man nicht schon in einer Herrgottsfrühe anrücken muss. Mit 1500hm stimmte für uns auch die Länge der Unternehmung, war es doch beiderseits die erste richtige Skitour der Saison 16/17. Mit den steilen Westcouloirs hinauf zum Vadret Calderas war aber dennoch für genügend Excitement gesorgt.

Wieder einmal eine die beste Skitour für die aktuelle Lage planen, das habe ich schon lange nicht mehr gemacht...
Im Vorfeld ein bisschen fraglich war die Sache mit der Schneelage. Aktuelle Einträge auf den einschlägigen Portalen gab es keine. Dafür gibt's eine Webcam auf der Alp Flix. Die zeigt zwar einmal hierhin und einmal dorthin, aber nie in die Richtung, die wir am meisten gebraucht hätten. Wir wollten es trotzdem probieren. Unsere Anfahrt endete beim Parkplatz an der Waldgrenze (ca. 1900m), unmittelbar bevor man auf die Alp Flix kommt. Bis dahin war die Strasse komplett aper und man hätte im Prinzip noch weiter bis zum Startpunkt der Tour beim Berghaus Piz Platta (Tigias, P.1975) fahren können. Ob man dies darf, bleibt jedoch dahingestellt. Es herrscht Fahrverbot, Zufahrt für Gäste jedoch gestattet, zur Zeit ist das Berghaus jedoch geschlossen. Verschiedene Personen ziehen bei dieser Sachlage unterschiedliches Fazit - da wir die Bikes eh dabei hatten, entschlossen wir uns für ein Einrollen. Um 7.25 Uhr ging's beim Parkplatz los, 10 Minuten später waren wir beim Berghaus mit den Ski bereit. 

Mit dem Bike zum Schnee, ein überzeugendes Konzept! Die Pyramide in der rechten Bildhälfte der Piz Platta (3392m).
Die Frage nach der Schneelage hatte sich auch beantwortet. Es hatte noch Schnee bis zum Bike-Parkplatz und wir mussten bis zum Gipfel kein einziges Mal abschnallen. Gut so! Jedoch hat es in dieser Gegend schon allgemein wenig Schnee, in 1-2 Wochen ist's vermutlich bis auf 2400-2500m hinauf schon mehrheitlich grün und die Tour kaum mehr lohnend. Vom ersten bis zum letzten Meter war die Schneedecke übrigens auch perfekt tragend durchgefroren, aber trotzdem sehr griffig, so dass man ohne Harscheisen aufsteigen konnte. So machten wir rasch Terrain gut, gelangten auf das Flachstück der Plang Lung und konnten den weiteren Verlauf einsehen. Der Talschluss steilt sich gewaltig auf, nur ein steiles und schmales Couloir (das nördliche Westcouloir) scheint einen Ausweg zu bieten. Auf einer Höhe von 2900m präsentiert sich dann aber plötzlich das vorher versteckte, südliche Westcouloir. Dieses ist breiter, weniger steil und für den Aufstieg sicher deutlich bequemer. Die Verhältnisse waren so gut, dass wir diese auf etwa 140hm rund 40 Grad steile Passage in gerader Linie aufsteigen konnten.

Blick vom Beginn der Plang Lung in Richtung Piz Calderas (linke Bildhälfte) und Tschima da Flix (rechte Bildhälfte). Die einzige Passage durch den sperrenden Felsriegel scheint das nördliche Westcouloir in Bildmitte zu sein. Dieses haben wir für die Abfahrt benützt. Das weniger steile südliche Westcouloir ist aus dieser Perspektive noch nicht zu sehen.

Gang gend gredi obsi - Aufstieg in gerader Linie durch das 40 Grad steile (auch wenn's hier flacher aussieht!) südliche Westcouloir. Es ging gerade so an der Haftgrenze der Felle. In Spitzkehren hin und her zu laufen wäre aber dem harten Schnee definitiv viel mühsamer gewesen.
Dann war der Vadret Calderas auf ca. 3080m erreicht. Waren wir von der Alp Flix mutterseelenallein unterwegs, herrschte hier an den Gipfelflanken von Piz Calderas und Tschima da Flix ein emsiges Treiben. Diese Skitouristen waren alle von der Jenatschhütte aufgebrochen. Zum Gipfel war es aber nicht mehr sonderlich weit und in der sonnigen Südflanke präsentierte sich dieser Aufstieg gleichermassen problemlos wie genussreich. Nicht einmal ein Skidepot war nötig, man konnte mit den Skis bis zum Gipfelkreuz aufsteigen. Um rund 10.30 Uhr und damit nach weniger als 3h Aufstieg waren wir dort angelangt. Es liess sich sehr gut verweilen, trotz einer Gipfelhöhe von 3400m war es sehr mild, dazu windstill und sonnig. Und wie bereits beschrieben, man konnte sich an einem unglaublichen Panorama sattsehen und alle möglichen Gipfel studieren, welche wir bereits bestiegen hatten, oder die noch auf der Projektliste stehen. Der Piz Calderas war mein alpenweit 160. Gipfel über 3000m, etwa einen Drittel davon konnte ich im Panorama ausmachen.

Super Abfahrt durch das nördliche Westcouloir, welches auf 60hm über 45 Grand steil ist und eng zwischen den Felsen hindurchführt. Auch wenn es hier beinahe wie eine Bunny Slope aussieht, ist ein solches Unternehmen durchaus etwas seriöses.
Um ca. 11.30 Uhr fuhren wir schliesslich los. Das war vom Zeitpunkt her ziemlich ideal, wenn dann hätte man eher noch 15-30 Minuten zuwarten können, sicherlich jedoch nicht früher aufbrechen. In der südexponierten Gipfelflanke war der Schnee schon schön aufgesulzt. Wir entschlossen uns dann, das engere und steilere, nördliche Westcouloir zu fahren. Das ist sicher keine Extremabfahrt, jedoch ist es über 60hm doch über 45 Grad steil. Der Hartschnee (das steilste Stück lag immer noch im Schatten) war zwar perfekt griffig und wie ein Teppich zu fahren. Trotzdem, glatte und harte Schneedecke bei dieser Steilheit, da muss man schon wissen, was man macht. Von oben sah es jedenfalls wie eine gewaltige Rutschbahn aus. Mittels Kurzschwungtechnik war diese Schlüsselstelle aber bald bewältigt. Auf den etwas weniger steilen Hängen darunter war der Sulz dann einfach perfekt al Dente. Besser kann man es wirklich nicht treffen, dazu lassen die breiten Hänge viel Freiheit bei der Linienwahl. Unterhalb der Plang Lung auf dem letzten Abfahrtsstück sind die Hänge dann nochmals etwas mehr nach Westen ausgerichtet, so konnten wir wirklich bis zum allerletzten Meter perfekten Schnee geniessen. Nach einer kühlen Erfrischung gab's noch eine kurze Bikeabfahrt, bevor sich wenig nach dem Mittag die Runde geschlossen hatte. Diese Tour ist sicher ein Spitzenkandidat auf das goldene Fell der Saison 16/17.

Solche Hänge und solcher Schnee lassen keine Wünsche offen!

Perfektes Cruising-Gelände, derzeit noch bis zum letzten Meter dieser Skitour.

Schön einfach eine schöne Gegend, diese Alp Flix. Mazzaspitz, Piz Platta, Wissberge, Piz Forbesch und Piz Arblatsch.
Facts

Piz Calderas (3397m) von der Alp Flix oberhalb Sur an der Strasse zum Julierpass.
Ski-Schwierigkeit ca. ZS+, südliches Westcouloir anhaltend 40 Grad über 100hm. Total 1500hm.
Fakultative, aber lohnende Abfahrtsvariante durch das nördliche Westcouloir (>45 Grad auf 60hm).
Material: Normale Skitourenausrüstung. Pickel/Steigeisen bei guten Bedingungen nicht zwingend.