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Dienstag, 5. März 2019

Claro: a^n + b^n = c^n, lösbar oder nicht?

Im Schnee wäre es ganz sicher auch toll gewesen, doch an den Felsen von Claro den Frühling zu geniessen schien auch eine gute Devise. So war's dann auch, die Bedingungen waren exzellent und nachdem auch die erst noch bockigen Projekte gelangen, war's endgültig ein genialer Ausflug. Das ist nämlich schon ein wenig das harte Los beim Sportklettern: während bei einem Schneetag der Erfolg bei vernünftiger Planung quasi garantiert ist, so kann man bei einem Kletterprojekt (welches diesen Namen wirklich verdient) auch mit leeren Händen heimgehen. Oder um es mit den Worten von Martin Fourcade auszudrücken: "Sport de merde...mais c’est pour ça qu’on l’aime tant!"

Tolle Bedingungen und viel Volk in Claro. Kletterer in Machintosh (7a) und Te la do io l'arca (7b).
Drei Wochen zuvor war ich schon einmal vor Ort. Damals gelang mir schliesslich der Durchstieg der Direktvariante vom 'Poetic Face' (8a), eine allgemein als "soft" bekannte Route. Diese Einschätzung kann ich ehrlich gesagt überhaupt nicht teilen. Klar, die Route ist kurz und bietet keine Geheimnisse. Wer dem Grad überlegen ist, wird hier vermutlich zügig zum Erfolg kommen. Trotzdem, schon die Bouldermoves vom Boden weg fielen mir richtig schwer. Am meisten Mühe bereitete mir jedoch die Stelle vom dritten zum vierten Bolt. Die Standard-Beta ist mit meiner Grösse einfach nicht durchführbar. Nur mit einer kreativen Lösung ging's hart am Limit - nur musste das dann auch noch nach dem Einstiegsboulder gelingen. Nur nach einigem Effort und mit etwas Glück konnte ich es schliesslich zusammenhängen. Den nachfolgenden Quarzwürfel einmal in der Hand war's dann für mich einfacher, der berühmt-berüchtigte Mantle und der glatte Plattenausstieg lagen mir da deutlich besser.

Frühlingsgefühle... da vermisst man den Schnee gleich nicht mehr.
Noch an diesem Tag schnupperte ich dann auch noch ein wenig in 'L'ultimo teorema di Fermat' (8a+). Als Mathematiker ja eigentlich eine ziemlich logische Wahl. Doch dass beim Klettern nicht alles logisch zu sein braucht, zeigte sich hier wieder einmal bestens. Auf's erste Versuchen hin schien mir die 'Fermat' trotz höherem Schwierigkeitsgrad einiges zugänglicher zu sein als das eben durchstiegene 'Poetic Face'. So brannte ich natürlich darauf, hier möglichst bald eine echte Chance zu kriegen, die dann eben mit dem Weekend-Trip kam. Bei meinem ersten Go war ich erstaunt, wie viel schwieriger mir die Route im Vorstieg als im Toprope fiel und erst musste natürlich auch die Beta einwandfrei sitzen. Mit dem nächsten Go war dann plötzlich die Hoffnung und die Erkenntnis da, dass es wirklich geht. Damit kam auch der Erfolgsdruck und so misslang der nächste Versuch prompt wegen zu fahrig-nervös-unpräziser Kletterei kurz vor dem Rettungsgriff. Eine gütliche Pause später waren es dann die Bedingungen, die mich ausbremsten: an der Nachmittagssonne war es einfach zu schmierig-warm geworden. Somit musste der letzte Versuch kurz vor dem Eindunkeln die Erlösung bringen. Da passten zwar die Bedingungen wieder, nur fehlte mir schliesslich das letzte Quäntchen Kraft. So wird dann simples Sportklettern eben doch zum Mind Game...

Im Winterhalbjahr stellt einem der Zugang oft vor Probleme. Bei diesem Besuch war die Strasse hinauf nach Censo zwar zu 99% schneefrei, aber ein paar Abschnitte in nordexponierten Buchten waren dermassen spiegelglatt vereist, dass an ein Durchkommen mit dem Automobil nicht zu denken war. Aktuell (Anfang März 2019) ist jedoch alles aper und problemlos passierbar. Im Tessin hat's keinen Schnee weit und breit, man könnte wohl schon fast trockenen Fusses bis auf den Pizzo di Claro steigen.
Doch neuer Tag, neues Glück: am Sonntag früh lief's dann nach dem Aufwärmen so wie es sein sollte. Die Bedingungen schön grippy, der Power den Anforderungen genügend und so war plötzlich alles im Fluss. Zumindest bis zu jenem Rastpunkt, wo die Schwierigkeiten beinahe vorbei sind. Ab dort wartet nur noch ein fusstechnisch heikler Dynamo. Man muss sehr plattig und mit höchster Schleudergefahr antreten, doch im Kontrollmodus und ohne richtig Schub aus den Beinen geht der lange Zug nicht. Doch ich konnte meine Nerven im Zaum halten, den Griff schnappen und hinauf zum Umlenker sprinten - genial! Somit war also für n=7 eine Lösung zum Fermat'schen Problem gefunden. Gut auch, dass Klettern nicht Mathematik ist - dort dauerte es nämlich ~350 Jahre um festzustellen, dass das Problem definitiv nicht lösbar ist. Sozusagen als Beigemüse gelangen mir noch die Rechtsvariante der 'Riderstone' (7b+) und die superheikle Platte der 'Zigofolies' (7a+) im Onsight - wenn's läuft, dann läuft's. An der letzteren Begehung freue ich mich auch mega, für mich persönlich war das nämlich deutlich anspruchsvoller und mehr am Limit wie die 7b+. Zuletzt ein Avis aux Amateurs: eine neue Route hat's in Claro auch noch gegeben. Mit dem Namen 'Pachiderma' (7b) führt sie am Cubo zwischen 'Il Questionario' und 'Il Grande Passo' in die Höhe. Ein Platten-Intro um 6c herum führt zum abschliessenden bouldrigen Wulst mit Ausstiegsmantle.

Neben den Mind Games ein weiterer Faktor beim Sportklettern. Da kannst du noch so wollen, so geht's einfach nicht mehr.

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