Ein weiterer prächtiger Wintertag stand uns bevor, ideale Verhältnisse für eine Skitour. Doch das was, wie, wohin war wieder einmal alles andere als einfach - Schicksal einer Familie, deren Kinder Leistungssport betreiben. Der Sohn konnte dahin auf die Sprungschanze, die Tochter dorthin in die Kletterhalle. Super natürlich, aber um neben dem ganzen Family-Management auch noch auf Tour zu gehen, das ist gar nicht so einfach. Der langen Rede kurzer Sinn, für Kathrin und mich stand schliesslich nur ein beschränktes Zeitfenster zur Verfügung, das wir für eine Tour nutzen konnten. Doch nun eben, was liess sich daraus noch machen, das originell, aussergewöhnlich, lohnend und nicht überlaufen war?!?
Schon als wir bereits unterwegs waren, ratterte es in meinem Hirn noch ganz heftig, zig Optionen wurden durchgespielt und das Ergebnis war schliesslich, dass wir nochmals Richtung Sihltal fuhren. Erst einige Tage zuvor hatte ich dort an den Chläbdächern tollen Schnee gefunden. Meine Blicke streiften da auch noch den tollen, jungfräulichen Gipfelhang vom Sihltaler Biet. Genau da wollten wir nun hin, da diese Tour nicht auf den Skitourenkarten angegeben ist, vermuteten wir sie noch nicht komplett umgeackert. Soviel vorweg, es sollte schliesslich noch besser kommen und es stand uns das Privileg der First Lines zu.
Wie gehabt ging es also beim P.1067 im Sihltal los: zuerst der Strasse entlang Richtung Gribschli, natürlich wieder mit Seitenblick auf die Eisfälle bei Fläschen. Ein paar Tage zuvor hatte die Eisbildung noch mager ausgesehen, doch heute wäre es schon gegangen. Somit kribbelte es in dieser Hinsicht gleich in den Fingern... doch vor uns stand der steile Aufstieg durch den Wald nach Aussersihl. Der schmale Bergweg war inzwischen noch stärker ausgerutscht, aber mit guter Steigtechnik nach wie vor mit den Fellen zu machen. Der kürzeste Weiterweg führt sodann in die Chlims, d.h. dem Wanderweg entlang in den schluchtartigen Bachabschnitt - Vorsicht, Schneerutschgefahr bei Wärme! Aufgrund der vielen Warnschilder ist es bestens bekannt, dass die Brücke bei Stägli (P.1449) im Winter demontiert ist. Der Bach war aber auf einem Schneekegel problemlos zu überqueren, wir mussten nicht einmal die Ski ausziehen. Jenseitig geht's dann über schönes Gelände zum namenlosen Stall zwischen Sihltal- und Lauiberghütte.
Kurz vor dem namenlosen Stall, markant der Lauiberg, rechts vom Skier unscheinbar das Biet. |
Man erreicht in einer kurzen Querung die letztere und geht dann der Nase nach (idealerweise auf dem Trassee des Wanderwegs) über kupiertes Gelände zum Sihlseeli, wo sich der bis zu 40 Grad steile Gipfelhang ideal präsentiert. Es versteht sich von selbst, dass ein solches Terrain nur bei günstigen Verhältnissen anzugehen ist - hier dazu umso mehr, da allfällige Lawinen am Fuss der Flanke auch sehr, sehr ungünstig gestaut würden. Mit LWS 1 konnten wir auf eine stabile Schneedecke zählen, bzw. bestand diese aus kohäsionslosem Lockerschnee. Im Aufstieg gingen wir einstweilen via Saaspass, vor allem weil der Herr Peakbagger nach dem Motto "wenn schon, denn schon" diesem kotierten Übergang auch noch einen Besuch abstatten wollte. Dem knapp verschneiten Grat entlang erreichten wir wenig später den mit einem kleinen Kreuz geschmückten Gipfel.
Mit Temperaturen um -10 Grad und einer fühlbaren Bise hielten wir uns nicht allzu lange auf, zudem lockte die Abfahrt und auch die Familienpflichten standen ja noch auf der Agenda. Dazu wählten wir die logische Linie, zuerst etwas nordwärts und dann durch die am wenigsten steile Partie (35 Grad) der Gipfelflanke zum Gewässer bei Böden herunter. Die folgenden 200hm sind dann nicht so attraktiv, einerseits muss man im kupierten Gelände zu einigen Querungen ansetzen, andererseits war hier der Einfluss der Bise deutlich stärker wie am Gipfel. Eigentlich hinter jeder Kuppe hatten sich markante Triebschneeansammlungen gebildet, die extrem auslösefreudig waren. Nach Belieben konnte man diese Pakete lostreten, manchmal auch von beachtlicher Grösse - hier war das noch safe und einfach Spielerei, aber an einem ungünstigen Ort im Steilgelände könnte einem ein solches Brett auch bei LWS 1 ohne Weiteres zum Verhängnis werden. Wie immer in den Bergen, mitdenken und proaktiv handeln unumgänglich.
Los geht's, hinten der Fläschenspitz und der Blick ins Mittelland. |
Ab den Hütten bis in die Schlucht hinunter lag dann wiederum perfekter Schnee mit Gelegenheit für First Lines, einige schöne Schwünge gab's auch noch bis Untersihl. Das steile, enge Waldstück gehört dann bei den Sihltal-Touren eher zum Pflichtprogramm. Durch die zahlreichen Abrutscher waren inzwischen auch ein paar Steine hervorgetreten, aber irgendwie machte es doch auch Spass, in diesem Terrain eine ansehnliche Figur abzugeben. Nach einer Schussfahrt über die Strasse waren wir retour beim Ausgangspunkt mit Tourende gerade noch rechtzeitig, um dem gröbsten Verkehr auszuweichen. Ja, heute hatten wir aus den beschränkten Möglichkeiten eine sehr gute Tour gemacht, da war das Freizeit-Management wieder einmal bestens aufgegangen :-)
First Lines am sehr schönen Gipfelhang vom Sihltaler Biet. |
Facts
Sihltaler Biet oder Saasberg (1968m) ab Ochsenboden P.1067. Aufstieg netto ca. 950hm, Ski-Schwierigkeit ca. ZS, steiler Gipfelhang mit ca. 35 Grad auf 150hm. Da keine offizielle Skiroute nicht so häufig besucht wie andere Ziele in der Umgebung.
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