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Montag, 7. April 2025

Barglen - Dä Burner (6c+)

Meine kürzliche Skitour auf die Barglen hatte meinen Wunsch einmal an deren Südwand zu klettern aufgefrischt. Einerseits präsentierte sich der Ofen in perfekten Climbing Conditions, andererseits war die Talabfahrt noch bis zur Stöckalp machbar. So waren die Voraussetzungen für eine Kombination von Skitour und MSL-Klettern gegeben. Nachdem mit Martin ein motivierter Mitstreiter am Start war, konnte es an einem wunderbaren Frühlingstag losgehen. Und ja, die hohen Versprechungen wurden eingehalten: perfekte, frühlingshafte Sulzverhältnisse auf der Skitour, sommerlich-angenehme Temperaturen in der Wand und eine ausgezeichnete Kletterei in bestem, wasserzerfressenem Fels.

Blick auf die Südwand der Barglen mit dem Verlauf vom Burner. Das Bild wurde nach der Kletterei aufgenommen und ist auch mit unseren Abfahrtsspuren verziert. Der Hang unter der Wand bot auch am Nachmittag noch einen perfekten Sulzgenuss.

Unsere Tour startete mit der Gondelfahrt von der Stöckalp zur Melchsee-Frutt (13 CHF pro Person mit Halbtax, plus 5 CHF Tages-Parkgebühr), wo wir um ziemlich genau 9.00 Uhr zuerst im Skatingstil starteten. Bald montierten wir aber die Felle und gingen über die perfekt gespurte Langlaufloipe bis zum Staudamm vom Tannsee (P.1973), ab da dann im freien Gelände, immer unter dem langgezogenen Felsband entlang. Es gilt, viel Distanz zurückzulegen, Höhenmeter gibt's vor allem am Ende im bis zu 40 Grad steilen Anstieg zur Wand hinauf. Nach etwa 1:50h Aufstieg hatten wir den Start der Route auf ca. 2460m erreicht. Bei sehr angenehmem Klima und schneefrei-trockenem Einstiegsgelände konnten wir gemütlich eine Pause einlegen und die Ausrüstung montieren. Um 11.30 Uhr fiel dann der Startschuss zur Kletterei.

Wie unschwer zu erkennen, hier geht's los.

L1, 30m, 6a+: Eine steile Seillänge nach der Façon, wie man sie aus den Klettergärten auf der Melchsee-Frutt kennt: quergebänderter Fels mit vielen Henkeln. Für mein Gusto ein absolut ideales Einturnen, um auch die Oberkörpermuskeln auf Betriebstemperatur zu bringen.

Los geht's, da kommt der Appetit auf das Klettern von alleine (L1, 6a+).

L2, 40m, 6b+: Wow, was für ein Abschnitt. Der Beginn ist unspektakulär in etwas gschüderigem, geneigtem Gelände, aber es sind nur wenige Meter so. Dann geht's los mit einem Boulderzug an einem Wulst, der sich harmloser wie vermutet entpuppte. Man gelangt so auf eine formidable Raspelplatte, ein absolutes Gustostücklein in technischer Plattenkletterei. Es gilt den Füssen voll zu vertrauen, wobei die Reibung nun absolut nicht besser sein könnte.

Was für eine geniale Passage über diese superkompakte Platte in L2 (6b+).

L3, 25m, 6c+: Es wartet eine nächste Steilwand, die mit betont senkrechter Kletterei startet. Die Griffe fallen vorerst stets gut bis sehr gut aus, erst nach einer Weile spitzt sich die Sache zu. An der Crux der Route heisst es über ein paar Meter, kleinere Tropflochcrimps herzhaft zuzudübeln. Der Fels ist von der Marke extrascharf, aber so haben wir es gern. Eine kurze Rechtsquerung führt zum bequemen Standplatz.

Martin krallt sich die extrascharfen Tropfstrukturen im Ausstieg aus der Crux (L3, 6c+)

L4, 20m, 6b: Ein weiterer Abschnitt mit steiler Wandkletterei. Erst noch relativ easy unter den Ansatz einer Verschneidung hinauf, welche man aber gleich nach rechts über die Seitenwand verlässt. Auch hier alles gutgriffig und mit etwas Kraftausdauer problemlos. Nur ganz am Ende vor der Rechtsquerung zum Stand hinaus kommt noch eine Stelle, die uns beiden unabhängig das Gefühl gab, dass wir uns blöd angestellt hätten.

Das ist genau die Stelle, die einem das Gefühl gibt, man habe sich dumm angestellt (L4, 6b).

L5, 30m, 6b+: Erneut athletische und leicht überhängende Wandkletterei. Es gibt keine lange Schonfrist, gleich nach dem Stand will ein erster Überhang erklommen sein, was aber bei geschickter Linienwahl keine Probleme macht. Am nächsten Aufschwung wird der Vorsteiger dann hingegen geprüft: beim BH an der Crux war bei unserer Begehung nur noch die Mutter, nicht jedoch das Plättli vorhanden. Mit ausreichend Reserve auf den geforderten Grad und dank der guten Absicherung konnte ich hier trotzdem passieren, das wird aber nicht bei jedem Anwärter so sein. Noch einige Meter geht's über den steilen Pfeiler hinauf, nach dessen Ende heisst's dann in einfachem, aber brüchig-schottrigem Gelände den Stand links oben (mit Wandbuch) zu erreichen.

Weil die Fotos sonst ja immer gleich aussähen, kommt hier von L5 (6b+) halt eines vom schottrigen Ausstieg zum Zug. Es gibt auf der Route zwei kurze Passagen dieser Art, was der Sache aber keinen Abbruch tut.

L6, 25m, 6a: Diese Seillänge gehört nominell zur Nachbartour Jesi, aber die Fortsetzung zum Top drängt sich natürlich auch für den Burner auf. Eine ganz witzige Sache hier, steil über ein paar Aufschwünge hinweg. Der Fels ist an sich gut und henklig, auf ein paar nicht so optimal verankerte Blöcke verzichtet man aber lieber - es gibt genügend solide Griffmöglichkeiten.

L7, 25m, 5b: Das kurze Abschlussstück führt über eine plattige Rampe wieder nach rechts hinaus. Bei unserer Begehung lief hier teilweise das Schmelzwasser von der Gipfelabdachung, was jedoch kein gröberes Hindernis darstellte. Hinweis: unterhalb ist das Gelände überhängend, weshalb die Tropfen den Burner nicht tangierten. Der Stand am Ende links unter dem Dach. 

Ausstieg zum Top mit Aussicht vom Gross Wendenstock bis zum Finsteraarhorn - sublime!

Knapp vor 14.00 Uhr und damit nach 2:30h der sehr genussvollen Kletterei hatten wir das Top erreicht. An diesem war ich eine Woche zuvor unbemerkt wohl nur wenige Meter vorbeigegangen. Wegen dem Schnee war ein Ausstieg auf die Gipfelabdachung nicht möglich. Wir fädelten deshalb gleich die Seile und glitten in die Tiefe. Ob dem sehr steilen Gelände geht das super bequem und zügig in 4 gestreckten Manövern (Top -> Stand 5 -> Stand 3 -> separater Abseilstand westlich der Route in L2 -> Einstieg). Gemütlich im trockenen Gras sitzend konnten wir einen weiteren Vesper geniessen und über das weitere Vorgehen beraten. Da uns daheim noch Pflichten bevorstanden, entschieden wir uns gegen eine zweite MSL. Eine Route im Klettergarten am Wandfuss lag aber noch drin. Zur Verfügung stehen inzwischen mehr Routen als in der Literatur und im Web verzeichnet (ca. 15-20 Stück mit Schwierigkeiten bis 7c). Auf die Spoks (7a) fiel unsere Wahl, sie trumpft mit ähnlichen Attributen auf: steil, griffig und in ihrem Mittelteil bisweilen pumpig. Auch hier konnte wie im Burner ein souveräner Onsight notiert werden.

Das Abseilen geht im absatzlosen Steilgelände sehr bequem und ruckzuck.

Mit weisser Weste ab auf's weisse Parkett, konnte das Motto also lauten. Wir wechselten von den Kletterfinken auf die Skischuhe, die Bekleidung konnte hingegen im Sommermodus bleiben. Obwohl die Sonne schon den ganzen Tag auf den Hang gebraten hatte, präsentierte sich der erste Steilabschnitt mit formidablem, kompakten Sulz. In der Fortsetzung wechselten sich Schrägfahrten mit schwingbaren Hängen ab. Hatten wir erst noch befürchtet, dort immer wieder Stockeinsatz geben zu müssen, so lief es weitestgehend "gratis". Erst vom Tannsee-Staudamm zurück auf der Langlaufloipe waren die Arme dann vermehrt gefordert. Mit moderatem Aufwand jedoch, in einer halben Stunde ab dem Einstieg waren wir aber zurück auf der Frutt. Mit einer fetzigen Abfahrt über die leeren Pisten waren wir weitere 15 Minuten später retour bei der Stöckalp und konstatierten ein rundum gelungenes Unternehmen. Gut gibt's an der Barglen noch viele weitere Routen, solche Tourentage werden nur zu gerne wiederholt.

Sozusagen das Motto vom Tag 😀

Facts

Barglen - Dä Burner 6c+ (6b obl.) - 7 SL, 200m - Speck/Waser 2020 - ****;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 11 Express

Eine ausgezeichnete Route in meist hervorragendem, griffigen und bisweilen richtig scharfem Fels, der seine Ähnlichkeit zu den nur 5km entfernten Wendenstöcken nicht leugnen kann. Nur auf wenigen einfachen Abschnitten ist das Gestein weniger schön. Ob der bisher wenigen Begehungen (unsere war laut Wandbuch die fünfte) ist die Route bisher wenig abgeklettert, d.h. es brösmelet hier und da noch etwas von den scharfen "Spitzli" her. Geboten wird einem fast durchgehend steile Wandkletterei an den für das Gebiet typischen Querbänder-Henkeln und Tropflochcrimps. Die Ausnahme bildet die absolut aussergewöhnliche, kompakte Raspelplatte in L2. Die Absicherung mit rostfreien BH ist für MSL-Verhältnisse sehr gut ausgefallen. Trotzdem werden an den Vorsteiger einige Anforderungen gestellt. Dank der Kürze der Route und im Vergleich zu anderswo freundlichen Bewertungen kann man es hier aber durchaus wagen, auch wenn man noch nicht so viele Routen von ähnlicher Kragenweite gemacht hat. Super Infos und Topos von allen Routen im Gebiet findet man auf der Webseite https://www.barglen.ch.

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