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Sonntag, 9. August 2015

Skandinavien 2015: Heimreise und Fazit

In meinem letzten Bericht hatte ich vom Klettern und Wandern in Rogaland berichtet. Nun waren unsere Tage in Norwegen gezählt und die Heimreise anzutreten. Bevor wir die Fähre bestiegen, blieb noch Zeit für eine letzte Kletterei am Sykehusväggen in Kristiansand. Und weil dann auf der Fahrt von Hirtshals an der Nordspitze Dänemarks bis in die Schweiz noch 1400 Strassenkilometer warten, gönnten wir uns auf dem Rückweg auch noch zwei Kletterstopps auf dem Ith und im Frankenjura. Aber betrachten wir die Geschehnisse doch im Einzelnen.

Der Borestrand an der Nordsee ist wirklich paradiesisch. Wären nur Luft- und Wassertemperatur noch etwas höher...
Vom Bore Strandcamping führte unsere Fahrt in Richtung SE nach Kristiansand, wo wir die Fähre nach Dänemark besteigen wollten. Die Strecke verläuft in einer schönen Gegend, wiederum passiert man sehr viele Gewässer und noch mehr Felsen - natürlich alle unerschlossen, gewaltig was es hier noch für ein Potenzial gibt! Nach ein paar Stunden auf der Strasse erreichten wir schliesslich das Aros Feriesenter, unsere letzte Station auf norwegischem Boden. Doch gleich ging's weiter an den Sykehusväggen. Diese Wand liegt mitten in Kristiansand, unmittelbar nebem dem Spital. Man klettert dort an rund 15m hohen, aber umso steileren Granitfelsen in einem ziemlich urbanen Ambiente. Das Gestein ist fest und grundsätzlich meist grossgriffig. Allerdings bietet der Fels kaum scharfe Kanten und ist so nach vorne geneigt, dass man praktisch durchgehend an Slopern operiert. Wirklich eine ganz ungewohnte Kletterei für unser Gusto - aber total spannend, sehr lohnend und immer herausfordernd. Für eine letzte Bewegungstherapie vor der Heimreise auf jeden Fall äusserst empfehlenswert! Folgende Routen gab es für uns:

Urbane Atmosphäre am Sykehusväggen in Kristiansand. Sieht soso aus, bietet aber wirklich tolle Kletterei!
H5N1, 6c+, ***: Die zugänglichste Route in diesem Bereich, aber man kann es drehen und wenden wie man will. Auch diese ist sehr steil, athletisch und nicht einfach. Kniffliger Start, kräftige Sequenz in der Mitte (mit einem Faustklemmer zu entschärfen) und am Schluss muss man einfach die Sloper halten, bis die Umlenkung geklippt ist.

E Coli, 7a, ***: Sehr ähnlicher Charakter wie die H5N1, hier bewältigt man den Start am einfachsten mit einem Jump an einen guten Henkel - sehr aussergewöhnlich! Danach kräftig an abschüssigen Griffen zu Ruhepunkt und einem zähen Finale an Slopern.

Rigor Mortis, 7c, ****: Dachartiger Start an zum Glück gar nicht so schlechten Griffen. Korrekt gesetzte Hooks mit Zehen und Ferse sind der Schlüssel zum Weiterkommen! Danach wird an sloprigen Leisten geriegelt, zu einer harten Crux mit weiten Moves an Slopern. Zum Umlenker hin geht's dann wieder etwas einfacher, dranbleiben ist aber zäh!

Placebo-Effekten, 7b, ****: Wo liegt hier der Placeboeffekt? Vielleicht darin, dass es geht, wenn man der Reibung vertraut... "muesch nur dra glaube dases hebet, dänn gaht's". Wobei wir hier nicht von Stehproblemen auf einer Platte sprechen, sondern von riesigen Slopern (wie in einer Boulderhalle), die am Start mit den Händen gehalten werden wollen. Es ist eine sehr kräftige Sequenz, dachartig, hooken hilft. Obenraus dann ausdauernd und etwas einfacher.

Bei dem Fels hat man fast Angst, dass er vornüber kippt... Sykehusväggen.
Damit waren die letzten Kräfte verschossen, und nach einer letzten Nachtruhe ging's früh los und mit der Fähre nach Dänemark. Dort dann flaches Land, nach Felsen sucht man vergeblich. Da hilft es nur, Kurs nach Süden zu halten. Unser Sitzleder reichte schliesslich bis nach Egestorf in der Lüneburger Heide etwas südlich von Hamburg, wo bereits wieder eine Übernachtung fällig war. Erstaunt waren wir hier vor allem über die sehr grosszügigen sanitären Anlagen für einen schwach besetzten Camping, in Norwegen hatte man sich oft 2 Lavabos und WCs mit vielen Dutzend bis Hundert weiteren Personen geteilt. Nach einer geruhsamen Nacht ging es am nächsten Tag weiter. Um nicht nur im Auto bzw. Wohnmobil zu sitzen war der Plan, die Fahrt mit einem Besuch der Felsen auf dem Ith, bzw. genauer den Lüerdisser Klippen, zu unterbrechen. Norddeutschland ist ja auch nicht gerade reich an Felsen, doch hier sollte man auf jeden Fall ein paar lohnende Moves ziehen können. Vom Mathias und Felix wurde ich mit erstklassigen Infos versorgt (herzlichen Dank nochmals!). Doch als wir nach reichlich Überlandfahrt endlich parat zum Aussteigen waren, zog leider gerade ein heftiges Gewitter durch und machte alles tropfnass. Somit reichte es dann nur für ein paar Boulder am Biwakdach, für Seilkletterei war es zu ungemütlich. Abwarten hätte vielleicht Besserung gebracht, doch der Weg nach Hause war noch weit und es blieben uns nur noch 24 Stunden.

Wir entschlossen uns für die Weiterreise südwärts, die letzte Nacht wollten wir im Frankenjura verbringen und dort dann tags darauf noch einige der charakteristischen Löcher ziehen. Gesagt getan könnte man meinen, tja zuerst hiess es nochmals gute 4 Stunden hinters Steuer. Dann waren wir auf dem Camping Rothenbühl bei Ebermannstadt angelangt, zum Znacht konnten wir die feinen Fleischgerichte im uns bekannten Mühlhof bei Forchheim geniessen. Da für den nächsten Tag warme Temperaturen angesagt wurden, war zum Klettern ein nordseitiges Massiv im Wald gefragt. Da schien mir der Dachsbau die richtige Wahl. Tatsächlich wurden wir nicht enttäuscht, die Bedingungen entpuppten sich als optimal und der Fels bot tatsächlich erstklassige fränkische Kletterei. Die Bewertungen schienen uns gegenüber den norwegischen Gebieten auch wieder auf der deutlich gutmütigeren Seite zu sein und so konnten wir den Trip mit einigen schönen Onsight-Erfolgen abschliessen.

Dachsbau im Frankenjura. Schaut irgendwie "jöö" aus, bietet aber kräftige, steile Kletterei vom feinsten!
Herbstzauber, 6b, ***: Lässige Aufwärmtour an guten Henkeln, welche durch den Quergang im ersten Routenteil noch etwas grössere Kletterlänge bereithält.

Yellow Level, 6c+, ***: Hier geht's schon direkt übers Einstiegsdach hinweg. Auch wenn dieses gute Griffe bereithält, ist schon etwas mehr Athletik gefordert. Oben dann etwas einfach an Leisten und Löchern zum Umlenker.

Meister Grimbart, je nach Quelle 7b oder 7b+, ***: Ähnlicher Charakter wie die Tour links. Bouldriger Einstieg übers Dach am Anfang, dann dranbleiben an teils etwas seichten Löchern bis man so richtig drüber hinweg ist und dann etwas einfacher zum Umlenker hinauf. Achtung, hier stecken keine Klebehaken sondern rostige Expansionshaken :-/

Marmot at Work, 7a, ****: Relativ kurze, aber ganz lässige Tour mit weiten Moves an meisten guten Löchern. Den Einstieg bin ich direkt mit dem Untergriff geklettert, von links her ist es wohl etwas einfacher. Frankenjura at its best!

Kampf um Thule, 7a+, ****: Absolut geniale Tour, welche trotz der Kürze unglaublich variantenreiche Bewegungen verlangt. Nach einem schon etwas saugenden Zustieg geht an zwei Slopern los, pressige Schulter- und Seitgriffzüge folgen, dann wieder Sloper und Stehprobleme und ein Abschlussdynamo. Für mich war dies deutlich die schwerste an diesem Fels gekletterte Route, sie hätte einen höheren Grad verdient.

Shadow Warrior, je nach Quelle 7b+ oder 7c, ***: Zuerst weite Moves am Einstiegsüberhang, diesen zu überwinden ist die Crux. Das erfolgt an einem sloprigen Seitgriff, an welchem man kräftig piazen und die Füsse weit hochbringen muss. Danach etwas einfacher zum Top. In diesem oberen Teil steckt für meinen Geschmack ein Haken zu wenig. Wer im (schweren!) Move vor dem letzten Zwischenhaken oder bei der (etwas heiklen) Querung vor dem Umlenker fällt, kommt (im besten Fall) erst kurz vor Bodenkontakt zum Stopp.

Wie immer hatten die "Jööö-Felsen" im Frankenjura mit ihren 10m Wandhöhe ob der Steilheit doch für einen nachhaltigen Pump und Kraftverlust gesorgt, und wir konnten uns ermüdet und zufrieden hinters Steuer setzen. Da uns ein Teil der Reisegruppe bereits mit dem Wohnmobile vorausgefahren war, setzte ich mich nach langer Zeit wieder einmal ans Steuer des PWs. Durch den starken Kontrast mit dem Gefühl einen richtig guten Sportwagen zu lenken, ging es über die deutsche Autobahn nach Hause, wo wir wohlbehalten ankamen.

Fazit

Man kann den Trip natürlich in Zahlen fassen, dies wären z.B. die gut 4000 Kilometer, die wir mit dem Auto gefahren sind, die gegen 100 gekletterten Seillängen oder auch fast 4000 Klettermeter. Aber das wird natürlich dem Gesehenen nicht gerecht, meine verschiedenen Blogs vermögen die Erlebnisse besser wiederzugeben. Zum Schluss verbleibt die Frage, hat es sich gelohnt? Hier würde ich auf jeden Fall mit einem klaren Ja antworten! Nicht verschweigen will ich jedoch auch die Tatsache, dass die Anreise aus Mitteleuropa mit dem eigenen Fahrzeug ziemlich weit ist, und mit Hin- und Rückfahrt bereits rund eine Woche an Zeit auffrisst. Es sei denn, man ist wirklich ein Marathon-Mann (oder -Frau) hinter dem Steuer. Allerdings gibt's ja bereits auf dem Weg einige Klettergebiete, die man besuchen kann.

Weiter gilt es zu sagen, dass die Szenerie im Süden von Norwegen mit den vielen Wäldern und Gewässern zwar durchaus sehenswert und auch schön ist. Allerdings wird man gerade in den Alpen oder auch in gewissen ausseralpinen Reisegebieten (z.B. Kalifornien, Südamerika) sicherlich öfters auf Anblicke treffen, die einem geradezu ins Staunen versetzen und für Wow-Effekte sorgen. Die eher sanfte Landschaft im Süden von Norwegen ist jetzt nicht ultraspektakulär. In dieser Hinsicht bieten sicherlich die norwegische Westküste und der Norden mehr Highlights. Um dort ausgiebig zu reisen, ist für Mitteleuropäer dann jedoch entweder deutlich mehr Reisezeit, mehr Sitzeleder am Steuer oder eine Flugreise direkt vor Ort notwendig. Ich für meinen Teil werde kaum bald wieder nach Südnorwegen reisen, und wenn es einmal in den Norden geht, so werde ich den Trip gleich in Stavanger, Bergen oder Trondheim starten.

Unsere Reiseroute, ein paar markante Stationen sind angeschrieben. Norwegen ist natürlich noch viel grösser, auch so war's schon weit!
Bezüglich dem Wetter war es weniger schlimm, wie ich zuerst befürchtet hatte. In Skandinavien fiel uns kein einziger Klettertag dem Wetter zum Opfer. Allerdings war es auch nicht richtig sommerlich, die Maximaltemperaturen lagen stets im Bereich zwischen 15-20 Grad. Zusammen mit der häufig vorherrschenden Brise und ab und zu einer Wolke vor der Sonne war man doch von einem mitteleuropäischen Sommergefühl weit entfernt. Für mich fühlte es sich eher so wie bei uns ca. im April an. Was die Kletterei anbetrifft, so boten eigentlich die verschiedenen Klettergärten die aussergewöhnlichsten Moves und Felsstrukturen und waren eigentlich immer sehr lohnend. Die MSL-Touren waren auch schön, die eher plattige Granitkletterei jedoch für meinen Geschmack meist nicht umwerfend spektakulär, zumindest wenn man jetzt mit Topgebieten in den Alpen wie den steilen Dolomitenwänden, dem genialen Wendenfels oder dem super strukturierten Hochgebirgsgranit in Chamonix mit dem einmaligen Ambiente vergleicht.

Die Reise mit dem Wohnmobil hatte gut geklappt. Für eine Rundreise durch Skandinavien gibt es sonst nicht allzu viele Alternativen. Hotels gibt es ausser in den Städten keine und zum Zelten muss man aufgrund des Klimas eher etwas Hartgesotten sein. Einzig die auf den Campings üblicherweise angebotenen 4-Bett-Hütten sind mit Kosten von ca. 50-80 CHF pro Nacht eine gute Möglichkeit. Allerdings sollte man diese in der Hochsaison vorreservieren und damit seinen Reiseplan bereits im voraus festlegen, was in einer Weltgegend mit Wetterkapriolen ja auch nicht so einfach möglich ist. Mit dem Wohnmobil hatten wir auch ohne Reservation nie Probleme, einen Stellplatz auf einem Camping zu finden. Somit alles paletti? Ich will hier auch noch die Kehrseite vom Wohnmobil beleuchten. Diese Punkte waren mir alle schon vorgängig klar, deshalb besitzen wir ja auch keines. Also erstens ist's in der Anschaffung teuer (egal ob Miete oder Kauf), jede Nacht auf einem Camping schlägt dann nochmals mit 30-70 CHF zu Buche, die Betriebskosten sind hoch weil die Karre mehr als 3x so viel Durst wie der PW hat sowie auch alle Fähren, Maut, usw. mehr kosten und zuletzt sind Fahrkomfort und Geschwindigkeit gegenüber einem PW trotzdem massiv reduziert. Nichtsdestotrotz, es waren tolle Ferien und ich möchte die Erfahrung vom Reisen mit dem Wohnmobil keinesfalls missen!

Freitag, 7. August 2015

Sirekrok und Preikestolen am Lysefjord

Wer in Norwegen war, sollte zumindest einen rechten Fjord gesehen haben. In unserem Fall sollte dies der Lysefjord werden - der südlichste, der grossen und tief eingeschnittenen Fjorde. Dafür gaben wir unser Quartier in Setesdal auf (siehe vorheriger Beitrag) und fuhren über die kargen Hochflächen von Rogaland nach Westen in Richtung Stavanger. Dort auf dem Weg liegt auch das Klettergebiet Sirekrok, welchem wir noch einen Besuch abstatten wollten.

Sieht (auch wegen dem grauen Wetter) unspektakulär aus, bietet aber hammergeniale Kletterei: Sirekrok
Und eines kann ich gleich vorweg sagen: das hat sich sehr gelohnt. In Sirekrok trifft man wirklich einen total aussergewöhnlichen Klettergarten. Irre steile Henkelei in einem ganz speziellen Gestein - ein Urgestein jedenfalls, doch für eine genauere Bezeichnung müsste ein Geologe her. Die Grotten erreichen beinahe eine Steilheit wie in Kalymnos, und an grossen, aber nicht immer positiven Griffen wird in die Höhe geturnt. Die maximale Routenlänge beträgt ca. 30m, der Zustieg beschränkt sich auf etwa 2 Minuten und die Absicherung mit Inoxmaterial ist bestens. Die Wand ist nach Süden exponiert, Sonne gab es für uns jedoch keine, dafür könnte man auch bei Regen problemlos klettern. Während unserem Zwischenstopp konnte ich folgende Routen klettern:

Lek med ulldott, 7a, ***: Kurze Route, die auch nicht sonderlich stark überhängt, dafür knifflige Moves an Leisten und Slopern bietet. Die Stelle zum Stand hin erfordert einiges an Einfallsreichtum. Zum Glück kam mir die Erleuchtung bevor der Pump zu gross wurde.

Stairway to 7-11, 7a, ****: Besser geht es nicht. Steil, henklig, dazwischen 3d-Boulderstellen, einfach ein Traum. Der einzige Nachteil dieser Route: abbauen geht nur, indem man sie nochmals Toprope klettert.

Unge frustrerte menn, 7a, ***: Auch eine schöne und steile Route. Die Cruxsequenz an Unter- und Seitgriffen und mit schlechten Tritten ist jetzt nicht gerade das, was ich präferiere. Dennoch eine prima Tour!

Wir setzten uns wieder in den Campervan und fuhren weiter gegen Westen. Was man da alles noch an unerschlossenem Fels trifft, unglaublich! Vom Boulderblock über Plaisirplatten zu längeren Wänden im Eldorado-Style bis zu veritablen Bigwalls, von der Strasse aus ersichtlich und noch komplett unerschlossen. Da hätte man mehr als ein Leben lang zu tun. Aber es wohnt halt auch niemand in dieser Gegend, und leider ist's auch ums Wetter nicht oft gut bestellt. Genug philosophiert, unsere Fahrt führte uns nach Kleppe zum Bore Strandcamping. Unsere Planung war für einmal etwas nachlässig gewesen, denn der liegt eigentlich weder für den Besuch am Lysefjord optimal, noch für die Weiterfahrt nach Süden Richtung Kristiansand. Doch manchmal muss man auch einfach Glück haben, denn wir wurden mit einem fantastischen Abend am Meer belohnt. Das Licht der untergehenden Sonne war einfach phänomenal, der tolle Sandstrand ein riesiger Spielplatz mit Cliff Drops und Sand-Rutschbahnen, ein wahres Kinderparadies. Und sogar für einen kurzen Dip in der Nordsee reichte es.

Fantastisch tolle Abendstimmung am Strand bei Stavanger.
Am nächsten Tag wollten wir dann eben die überaus bekannte und sehr häufig begangene Wanderung zu Preikestolen über dem Lysefjord machen. Es handelt sich um eine Felskanzel 600m über dem Fjord, die tolle Tiefblicke bietet. Sie ist nur zu Fuss zu erreichen, wobei pro Weg 4km Distanz und 400m Höhendifferenz zu überwinden sind. Angegeben sind hin und zurück 4 Stunden Gehzeit, was für die Kinder ein happiges Programm darstellt. Fitte Berggänger würden in zügigem Schritt wohl mit der Hälfte der angegebenen Zeit auskommen. Wir führten lange Diskussionen, in welcher Besetzung dieser Trip angegangen werden soll. Schliesslich wollte keines der Kinder verzichten und insbesondere der Kleinste wollte am Schluss allen demonstrieren, dass er am besten, schnellsten und längsten laufen kann. 

Postkartenbild vom Preikestolen über dem Lysefjord. Credit: boomsbeat.com
Der Tourentag erwachte dann mit eher grauem Wetter und der Blick auf die tiefhängenden Wolken liess nicht viel Gutes erahnen. Um einen Tag abzuwarten blieb keine Zeit mehr, und so setzten wir unseren Plan in die Tat um. Bereits die Anfahrt mit einer obligatorischen Fährenpassage über den Fjord war äusserst interessant und auch die Wanderung genussreich. Künstlerpech war nur, dass das Wetter zunehmend garstiger wurde: Wind, Kälte, Niederschlag und Nebel, am Schluss war es gar nicht mehr weit vom Schneien entfernt. Und von der hochgerühmten Aussicht auf dem Preikestolen sahen wir... gar nichts. Die Sichtweite betrug keine 20 Meter! Schade natürlich, trotzdem war es ein toller Ausflug - die Kinder bewältigten die für sie lange Tour alle mit Bravour und Freude. So zuckelten wir zufrieden zurück zum Bore Strandcamping. Es sollte unsere zweitletzte Nacht in Norwegen sein. Im nächsten Beitrag wird übere weitere Klettereien auf dem Heimweg am Sykehusväggen, am Ith und im Frankenjura berichtet sowie ein Fazit zur Reise gezogen.

Realität auf dem Preikestolen. Es war aber das einzige Mal Wetterpech und trotzdem gut, draussen gewesen zu sein.

Dienstag, 4. August 2015

Setesdal / Loefjell - Magic Wall (7a+)

Nachdem wir mit den Kindern neben der Route Balu (siehe vorheriger Beitrag) noch einige weitere Plattensektoren kennengelernt hatten, wollten wir zum Abschluss der Setesdaltage ein weiteres, für uns herausforderndes MSL-Projekt angehen. Die Wahl viel dabei erneut auf den Loefjell, er ist in dieser Hinsicht die beste Wand in der Region. Von den älteren Routen mit ihren schlechten Haken und den ungesicherten einfachen Plattenlängen mit Totalschadenpotenzial wollten wir uns fernhalten. Somit wählten wir die mit Höchsnote dekorierte Magic Wall, eine Kreation von Hans Weninger aus dem Jahr 2011.

Der Loefjell mit seiner 350m hohen Plattenwand und der Route Magic Wall, die etwa 60m links von Oh Happy Day verläuft.
Im Führer ist die Route als Freikletterprojekt mit mutmasslichem Grad von 7a+ aufgeführt. Das liegt ja durchaus in meiner Kragenweite, also rechnete ich mir Chancen aus, hier den Rotpnktgorilla geben zu können. Die Anfahrt und der Ausgangspunkt waren identisch zu jenem der Oh Happy Day, der Zustieg war kurz und erforderte nur einen kurzen Farndickicht-Bushwhack, in wenigen Minuten war er erledigt. Wie letztes Mal am Loefjell mussten auch für die Magic Wall nur Exen aber kein Trad Gear montiert werden. Um 13.00 Uhr konnte es losgehen.

L1, 60m, 3a: Weitgehend problemlose Plattenkletterei, mit 4 BH auch genügend abgesichert. Der grösste Challenge sind die ersten, mit feuchtem Moos bewachsenen Meter, dort besteht Schleudergefahr.

L2, 60m, 5b: Schöne Plaisirlänge mit einem kurzen Dach/Aufschwung und vielen griffigen Quarzadern. Die Absicherung mit 6 BH ist gut und die Seillänge deutlich weniger anspruchsvoll wie zB die 5a der Oh Happy Day. 

Wieder einmal auf dem glatten Parkett unterwegs, hier in L2 (5b).
L3, 60m, 4c: Fantastische Länge mit grandioser Felsstruktur. Der Fels ist sauber und die quarzigen Adern erinnern schon beinahe an den Snake Dike am Half Dome im Yosemite Valley. Definitiv die schönste aller Loefjell-Seillängen, die wir geklettert sind. Mit 7 BH schon fast plaisirmässig eingebohrt!

Auf dem Foto kommt's nicht ganz zur Geltung, das ist die grandiose L3 (4c).
L4, 45m, 7a+ (?): Nun folgt die Loefjell-Steilzone und das Business geht los. Die ersten 30m dieser Seillänge gehen dabei mit Schwierigkeiten um 6b erstaunlich einfach und gutgriffig über die Bühne. Nach dieser schönen Kletterei wartet ein bouldriger Wulst (Mikroleisten, trittarm, Füsse hochbringen ist das Problem) als erste Crux. Der Onsight misslingt, klettern kann ich diese Stelle. Muss ich nochmals runter für einen zweiten Versuch? Nein, denn nach einem fakultativen Zwischenstand folgt noch eine arschglatte Plattenzone, die mit 3 nahe steckenden BH fast nur A0 zu machen ist. Meine Freikletterversuche scheitern, an entscheidender Stelle bricht auch prompt noch das einzige, winzig dünne Mikrokratzer-Schüppchen weg. Ob es jetzt noch geht? Womöglich schon, für mich aber nicht, schon gar nicht als 7a+. Insgesamt muss man diese 10m lange, schwere Passage leider als Schönheitsfehler einer ansonsten tollen Plaisirroute werten.

Sieht auf dem Bild ziemlich machbar aus, bzw. ist optisch kaum von den einfacheren Plattenlängen zu unterscheiden. Trotzdem ist's aber so, dass dieser Abschnitt noch ein Freikletterprojekt darstellt. Die Wand ist hier zu steil, um einfach auf Reibung klettern zu können und an Struktur ist nicht gerade viel da. Auch mir blieb der Durchstieg von L4 verwehrt. Ob die im Topo angedeutete Bewertung von 7a+ wohl stimmt?
L5, 30m, 6b: Die vorangehenden Länge war die erste und einzige in Skandinavien gewesen, der ich keinen Onsight abringen konnte. Krass vor allem, wie das gleich am Selbstvertrauen nagt! In der 6b, die schöne, plattige Wandkletterei bietet, stelle ich prompt etwas an. Auch wenn man 2-3x etwas geschickt hinstehen muss, so fand ich diese Länge doch spürbar einfacher wie L8 (6a) von Oh Happy Day. 

Eine der Schlüsselstellen von L5 (6b), und der Seilpartner ist mit Fotografieren anstatt Seil einziehen beschäftigt...
L6, 50m, 5c+: Sehr schöne Seillänge mit teilweise super Quarzstruktur, vor allem der Quergang am Schluss zum Stand hin ist herausragend. Da die Schwierigkeiten weder besonders hoch noch anhaltend sind, fällt auch die Absicherung trotz nur 6 BH hier gut aus.

Wieder ein Tanz auf den Quarzadern, hier aber bei plaisirmässigen Schwierigkeiten. Geniale Kletterstelle am Ende von L6 (5c+).
L7, 55m, 5c: Die Länge geht auf 2 Teilstücken voll durch die Botanik (Wacholderbüsche), was jedoch problemloser wie befürchtet vonstatten geht. Man passe auf, dass man die nicht so gut sichtbaren BH findet. Crux auf Reibung ganz am Schluss, für den Grad eher schwierig.

Unten die beiden Gras/Buschinseln, die in L7 (5c) zu durchqueren sind. Im Vordergrund die Reibungscrux der Länge.
L8, 40m, 4c: Gemütliche letzte Seillänge zum Top, ohne besondere Schwierigkeiten und Features.

Am Top angekommen, das Ambiente mit den Skiliftschneisen im Hintergrund ist hier leider nicht erste Sahne.
Um 16.30 Uhr waren wir nach 3.5 Stunden lässiger und unterhaltsamer Kletterei am Top angekommen. Einige Zeit hatte ich verwendet, um die noch nicht befreite Cruxlänge nach einer machbaren Lösung abzutasten, dies leider erfolglos. Aber so erstaunlich ist das nicht, es handelt sich um Reibungs- und Mikrogriffkletterei an der Grenze des Machbaren und da bin ich jetzt auch nicht unbedingt derjenige, der die Limite nach oben verschiebt. Das tat unserer Zufriedenheit jedoch keinen Abbruch. Der beständige Wind liess uns mit dem Gedanken spielen, den Fussabstieg zu wählen. Ohne Schuhwerk schien uns das dann doch zu beschwerlich, und wir nahmen die Abseilfahrt in Angriff. Die beiden schwersten Seillängen lassen sich mit bis zum letzten Zentimeter ausgenützten 60m-Seilen gerade in einmal überwinden, so waren wir nach 7 Manövern bald wieder am Einstieg. Bis auf einige weitere Plattenklettereien mit den Kindern waren unsere Setesdal-Abenteuer damit vorbei, und der Blick nach vorne gerichtet auf die Weiterreise an Norwegens Westküste.

Auf der Abseilfahrt über die Magic Wall. Die teilweise sehr schöne Felsstruktur lässt sich auf diesem Bild gut erahnen.
Facts

Loefjell - Magic Wall 7a+ (6a+ obl.) - 8 SL, 400m - Hans Weninger et al. 2011 - ****;xxx-xxxx
Material: 2x60m-Seile, 14 Express, Keile/Friends nicht einsetzbar

Vergnügliche und insgesamt auch gutmütige Route mit abschnittweise sehr schönen, quarzigen Felsstrukturen. In Wandmitte wartet eine 10-15m lange Passage, die in freier Kletterei äusserst schwierig und auch etwas unangenehm zu bezwingen ist. Sie lässt sich jedoch problemlos A0 machen. Dies muss man als kleinen Schönheitsfehler einer ansonsten tollen Route bezeichnen, die ausser in dieser Passage den Plaisirbereich kaum verlässt. Die Absicherung in den einfacheren Plattenlängen ist (fürs Gebiet) vergleichsweise sehr gut ausgefallen. Angstschweiss und Panik weit oberhalb vom letzten Bohrhaken wird hier nicht auftreten (xxx). Die schweren Kletterstellen sind alle sehr gut abgesichert (xxxx oder sogar mehr).

Nächster Beitrag: Sirekrok und Preikestolen am Lysefjord

Sonntag, 2. August 2015

Setesdal / Bø - Balu (5c)

Wahrscheinlich gibt es nicht viele 5-jährige Kinder, die wissen was man unter einer Mehrseillängenroute zu verstehen hat. Wenig erstaunlicherweise ist das bei unserer Tochter anders und die Ansage war ganz klar. Sie wolle mit Mama und Papa auf eine ebensolche, möglichst hoch hinauf. Diesem Wunsch wollten wir entsprechen, die Frage war bloss, wie hoch hinaus wir denn wirklich könnten. Wenn Papi eines nicht mag, dann ist es MSL-Touren vor dem Ende abzubrechen. Also planten wir defensiv mit der Route Balu, mit 5 Seillängen im Grad 5a und 280 Klettermetern kein Pappenstiel, aber auch keine Mordstour.

Im Zustieg durchs Unterholz, schwache Wegspuren sind gerade so erkennbar.
Auf dem Zustieg durchs Unterholz gab’s prompt wieder einen kleinen Verhauer, noch kein einziges Mal war uns beim Weg zum Einstieg in diesen Ferien ein sauberer Onsight gelungen. Solche Schwierigkeiten habe ich sonst nie, aber die Pfade in Skandinavien sind wenig ausgetreten und die Beschreibungen oft von der eher vagen Sorte. Bald aber war die Rinne aufgefunden, welche zum etwa 100hm über dem Talgrund liegenden Einstieg hinaufführt. Und flugs waren wir alle da, die Tochter voller Tatendrang. Das Kletterzeug anzulegen und auf den Vorstieg von Papi zu warten war schon fast zu viel verlangt, wenn die Platten doch so lockten. Um 13.30 Uhr ging es los.

Nachstieg über die sauber gewaschenen Platten in L1 (4a).
L1 (3c) und L2 (4a) bieten schöne Plattenkletterei in sauberem Fels. Zeitweise rinnt hier ein Wasserfall, was den Fels schön ausgewaschen hat und Flechtenbewuchs verhindert. Eine Herausforderung wartet dann in L3 (5a). Hier sind schon ein paar glattere Plattenmoves zu vollziehen, und drei Aufschwünge wollen überwunden werden. Wo Erwachsene einfach drüber steigen, stehen Kinder vor einem anspruchsvollen bis unüberwindbaren Boulderproblem. Gut hat der findige Papa einfach eine Schlinge im Haken oberhalb montiert, so lässt sich auch der Überhang ohne Probleme lösen. L4 und L5 (beide 4a) bieten dann nochmals Plattenkletterei, wobei es hier teilweise nun etwas Bewuchs mit Flechten und Moos gibt – trotzdem ist’s immer noch schön und problemlos.

Dieses Stück hier ist der schwerste Abschnitt der Route Balu, bewertet mit dem Grad 5a.
Um 15.15 Uhr nach 1:45 Stunden Kletterzeit war bereits der Ausstieg erreicht. Vor allem die Tochter hatte ein unglaubliches Klettertempo an den Tag gelegt, und war die Platten richtiggehend hinaufgeflogen. Dass die Route nun schon zu Ende sein sollte, sorgte sogar für grosse Enttäuschung. „Papi, chömmer nöd wiiterchlättere bis mer ganz dobe sind?“. Ja, tatsächlich waren wir noch nicht am Ende der Plattenzone angelangt. Mit einem Quergang liessen sich die letzten beiden Seillängen der benachbarten Mogli noch anhängen. L6 (4a) bietet nochmals Plattenkletterei, während ein Steilaufschwung in L7 (5c) dann schon etwas Geschick und oberhalb beherztes Treten verlangt. Ein Vorsteiger, der es dumm anstellt, könnte auch schmerzhaft über den Überhang runterpurzeln.

Schöne Aussichten am Ende von L4 (4a), die Hände braucht's zum Klettern nicht immer. Zumindest für die Kinder...
...für die Grossen sieht's etwas anders aus. Schon erstaunlich, wie behände sich die Kids auf diesen Platten bewegen!
Nach diesen 80 Extrametern gab es oberhalb aber wirklich nur noch Wald und Moos, der Weg in die Tiefe war nun imperativ. Doch selbst die Freude am Abseilen war riesig, zumindest bei der Tochter. Für uns naja, steile Abseilpisten machen irgendwie schon mehr Freude als solch geneigte Platten, wo man ständig Seilpflege betreiben muss. Schliesslich war der Einstieg wieder erreicht, und nach einer Banane als Stärkung wurde der Abstieg in Angriff genommen. Auch diese letzten Meter wurden mit Bravour und Freude gemeistert, so dass wir auf dem Rückweg eine irre stolze Tochter auf der Rückbank hatten. Auch wenn es aus Erwachsenensicht eine einfache Route war, so war es doch eine ganz besondere Tour und ein besonderes Erlebnis, auch für uns. 5 Jahre, 5 (oder eben 7) Seillängen, 5c – darauf kann man aufbauen ;-)

Die letzten Meter zum Top der Nachbarroute Mogli (5c), die noch 80 Extra-Klettermeter hergab.
Facts

Bo / Neverland – Balu 5a (4a obl.) – 5 SL, 280m – Weninger/Arndt 2008 - **;xxx
Material: 2x60m-Seile, 12 Express

Plaisirroute über geneigte Platten, unten in meist sauberem Fels, oben teilweise etwas mit Flechten und Moos bewachsen. Die 60m-Längen sind recht gut mit jeweils 7-10 rostfreien 8mm-Inox-Einschlagankern abgesichert. Das ergibt Hakenabstände von 5-10m, gefährlich ist’s nicht, runterfallen könnte trotzdem hier und da schmerzhaft sein. Wer am Routenende noch nicht genug hat, erreicht mit einem einfachen Quergang die Route Mogli, wo sich nochmals 2 Seillängen mit 80 Klettermetern und einem Finale Furioso (5c) anhängen lassen.

Standplatz-Patent vom Erstbegeher. Nachdem's früher nur 1 Bohrhaken pro Stand gab, werden neuerdings 2 Stück gesetzt. Dies im Abstand von ca. 4cm, so dass mit einem Karabiner gleich beide Ringe eingehängt werden können. In diesem soliden Urgestein mag es die beiden nahe gesetzten BH wohl leiden, trotzdem ist diese Art der BH-Setzung nicht wirklich nach Lehrmeinung.

Freitag, 31. Juli 2015

Setesdal / Loefjell - Oh Happy Day (6c+)

Am regnerischen Vortag hatten wir von Nissedal und seiner fantastischen Kletterei zwei Täler weiter nach Westen ins Setesdal gewechselt (siehe vorheriger Beitrag). Im Fyresdal dazwischen könnte man zwar auch klettern, dieses liessen wir jedoch aus. Nachdem wir uns auf dem am Fluss auf dem Zeltplatz Flateland installiert hatten, konnten wir wieder am Fels angreifen. Als erste Setesdal-Route stand imperativ die Oh Happy Day auf dem Programm, die im Vorjahr 2014 von meinem Schweizer Freund Dani mit seiner Frau Anika eingerichtet wurde. Ob sie schon eine Wiederholung erfahren hat ist ungewiss, nachdem die Saison aber kurz ist und wir selbst mitten drin bei idealen Bedingungen weit und breit keine anderen Kletterer sichten konnten, könnte es sich durchaus um die erste Wiederholung handeln.

Der 984m hohe Loefjell mit seiner 350m hohen Plattenwand und dem Verlauf von Oh Happy Day.
Von Flateland sind es gut 20km Anfahrt zum Loefjell, der sich auch nicht mehr direkt im Setesdal befindet, sondern an der Route 45 nach Sirdal, bei der unschönen Hüttensiedlung Brokke. Diese ist im Sommer so gut wie verwaist, sie wird wohl nur im Winter im Zusammenhang mit dem Skibetrieb am gegenüberliegenden Hügel benutzt. Dafür kann man bei den Hütten ideal parkieren, so dass sich der Anmarsch zur 350m hohen Wand auf wenige Minuten beschränkt – nicht schlecht hier, das Verhältnis zwischen Wandhöhe und Zustieg. Dass hier nur wenig Betrieb herrscht zeigt sich auch daran, dass im Zustieg wiederum kaum Wegspuren vorhanden sind, teilweise mussten wir uns durch mannshohen Farn kämpfen. Danach bleibt noch die Herausforderung, den Start der Route zu lokalisieren. Mit dem sehr guten Topo ist’s zwar eigentlich klar, doch will erst in mühsam moosig-feuchtem Fels ein 10m hoher Vorbau erklettert und dann der erste BH in 20m Höhe erspäht sein. Die beiden Nachbartouren weisen auf ihren ersten 3er-Plattenlängen sogar gar keine Zwischensicherungen auf, was es auch nicht einfacher macht. Um 11.30 Uhr waren jedoch die Express montiert (das Trad Gear konnte für einmal im Auto zurückbleiben), das erste Irniger-Plättli war nämlich identifiziert worden und es konnte losgehen.

L1, 60m, 5a: Die Platte sieht arg flach aus und man meint erst, dies könne noch als zweiter Teil des Zustiegs verbucht werden. Irgendwie ist’s dann aber doch nicht so einfach, die Platte hat wenig Struktur und auch nicht so viel Reibung, so dass es mit den 3 BH auf 60m keinesfalls überbohrt ist. Die Nachbarrouten ganz ohne Sicherungen sind bestimmt unangenehm.

60m glattes Parkett in L1 mit 3 Zwischensicherungen, die hier eher nur der Begrenzung vom Totalschaden dienen.
L2, 60m, 5c+: Der grösste Teil der Seillänge ist nochmals von ähnlichem Charakter wie die erste, wobei es hier sogar ein wenig einfacher ist. Die Crux dann am Schluss beim Aufschwung, hier peilt man den rechten der zwei BH der Quergangs-Route Walk the Line an, um dann eine (je nach Reichweite) durchaus nichttriviale Reibungsstelle zu meistern.

L3, 60m, 6a+: Nochmals derselbe, plattige Charakter im ersten Teil. Nun aber bereits etwas steiler, und im weiten Runout zum zweiten BH auch etwas unangenehm. Im zweiten Teil müssen dann ein paar Steilaufschwünge geklettert werden, mit etwas hin und her geht das aber erstaunlich problemlos – fand ich eher einfacher wie 6a+.

Der Wandfuss ist schon irre weit weg, aber ich bin erst am Stand von L3 (6a+). 180m Kletterstrecke sind aber bereits hinter uns.
L4, 35m, 6c+: Jetzt gilt’s ernst, aber es wartet auch eine geniale Seillänge! Erst einfach den Quarzadern entlang, die Herausforderung beginnt beim zweiten Haken. Mit an (für mich) Zauberei grenzenden Reibungsmoves an der äussersten Haftgrenze schaffe ich es irgendwie, mich höher zu schieben, bis ich mich nach links an ein Griffchen kippen lassen kann und (vorerst) gerettet bin. Nach etwas höhersteigen folgt dann eine horizontale 15m-Querung auf einer Quarzader. Das ist aber kein Spaziergang! Knifflige Moves auf Reibung, die Hände bedienen kleinste Fingernagelkratzer in Millimetergrösse. Vor allem in der Mitte, wo die Ader kurz unterbrochen ist, wird nochmals alles gefordert. Ich habe das Gefühl, dass ich gleich wegrutsche, aber es passiert doch nicht – dieser Onsight gelang nun wirklich nur um Haaresbreite und auch dank der guten Absicherung, die volles Attackieren erlaubt! Nach meinem Geschmack könnte man hier auch 7a geben, aber wer weiss…

Schwer und reibungslastig zur (abschüssigen!!!) Quarzader hinauf, danach Quergang horizontal rüber. Geniale Sache in L4 (6c+).
L5, 45m, 6b+: Nun folgt die anspruchsvolle Jojo-Seillänge. Schon der Weg zum ersten Bolt ist weit, doch da die vom gleichen Stand aus beginnende, kreuzende Route keine Haken hat, gilt das für Oh Happy Day auch. Nachdem der erste Bolt geklippt ist, steigt man nochmals ab und quert weitere 10m nach rechts. Dann von einem Band weg eine schwere, unangenehme Wandstufe. Wer die nicht gebacken kriegt, pendelt sehr, sehr unangenehm zurück. Die Crux dann später über dem dritten Bolt an sloprigen Quarzadern, eine obligatorische Geschichte, zudem ist die beste Lösung schwer zu lesen. Die restlichen Meter zum Stand sind dann keine grosse Sache mehr. Trotzdem hätte ich hier eher 6c gegeben.

Crossover-Move in der Jojo-Pitch Nr. 5 (6b+), die auch mal ein paar Meter über dem Haken schwer ist.
L6, 45m, 6b+: Bis unters Dach hinauf ist die Kletterei nicht so schwierig, am Schluss der Querung darunter aber dann schon ein supercooler Pressmove auf Reibung, sowas habe ich bisher fast nur in der Boulderhalle gemacht. Die Crux dann übers Dacherl hinweg. Oben hat es nur ein paar sloprig-miserable, kleine Leisten, unten raufsteigen und die Füsse hochbringen ist das Problem. An der Grenze zum Rauskippen geht’s, dank dem ideal steckenden Bolt kann man auch voll riskieren.

Hinauf zum Dach und am linken Ende darüber hinweg. Das ist das Programm in L6 (6b+).
L7, 55m, 6c+: Der Anfang ist noch relativ leicht und auch prima gesichert, das mittlere Drittel dann aber schwerer wie ich hoffte/dachte. Man muss oft einiges über die Haken steigen und unangenehme, wacklige Moves machen. Kommt dann mal einer, nimmt die Schwierigkeit sicher markant zu. An einer Stelle ist ein Sprung an einen offensichtlich guten Griff gar unumgänglich. Zum Schluss der Länge folgt dann stellt dann ein Mantle auf ein steiles Wändchen rauf die Crux dar. Ich wusste nicht wie anpacken, mindestens 4 Lösungen konnte ich mir vorstellen und es würde wohl nur die einfachste davon 6c+ sein. Und den Onsight-Gesamtdurchstieg wollte ich natürlich hier nicht mehr herschenken. Etwas links vom Haken wurde ich dann glücklich und kämpfte mich mit starkem Seilzug den letzten Platten-Runout zum Stand hoch. Für den Nachsteiger ist der Mantle am Schluss zum Freiklettern psychisch ziemlich anspruchsvoll, da bei Nichtgelingen ein ziemlicher Pendler droht.

Diese wackligen Plattenmoves muss man nach der Mantle-Crux in L7 (6c+) mit viel Seilzug noch machen.
L8, 50m, 6a: Nochmals eine super Seillänge wurde mir versprochen, der Grad 6a versprach Genusskletterei. Schon nach dem ersten Haken entpuppt sich die Sache jedoch als sehr knifflig und mit 5 BH auf 50m kann man hier auch zwischen den Sicherungen ziemlich viele Moves tun. Die Kletterei ist schon wirklich lässig, der schwarz-flechtige Fels speziell, aber einfach oder gar banal ist es wirklich erst auf den allerletzten Metern. Ich war nochmals voll gefordert und würde hier eher mit 6a+ oder sogar 6b bewerten.

Juhuu, geschafft, und erst noch die ganze Route onsight. Kathrin auf den letzten Metern in L8 (6a).
Um 16.45 Uhr nach 5:15 Stunden Kletterzeit war es vollbracht. Ich hatte den Onsight bis zum letzten Meter halten können, dieses Spiel war aber auf des Messers Schneide gestanden. Entsprechend happy war ich mit dieser Begehung, auch die Route war sehr lohnend und vor allem auch anhaltend schwierig und herausfordernd gewesen. In einem kurzen Sprint erreichte ich noch in 2 Minuten den Gipfel des Loefjell und hielt kurz Ausschau. Danach ging es sofort wieder retour zum Ausstiegsstand, wo wir in zügiger und sehr bequemer Abseilfahrt von 6 gestreckten 60m-Manövern wieder den Boden erreichten. Rasch waren die Seile aufgeschossen und der Rückmarsch erledigt, die frohe Kunde von der erfolgreichen Wiederholung konnte per SMS in die Schweiz an meine Freunde gesendet werden.

Die erste Verankerung der Abseilpiste über die Nachbarroute Set me Free. Man sei sich bewusst, dass in den vielen älteren Setesdal-Routen an den Ständen jeweils nur 1 BH steckt und dieser meist mit verzinktem, inzwischen verrostetem Material ausgerüstet ist. Bei diesem Beispiel kommt noch die Baumarkt-Ringmutter dazu, welche im Klettersport nichts verloren hat. Festigkeit gemäss Datenblatt: 2.25kN bei axialer Belastung, bei radialer noch weniger, siehe auch hier. Die von uns gekletterte Oh Happy Day ist jedoch perfekt und professionell mit solidem Inoxmaterial erschlossen.
Facts

Loefjell - Oh Happy Day 6c+ (6b+ obl.) - 8 SL, 400m - D. & A. Benz 2014 - ****; xx-xxxx
Material: 2x60m-Seile, 12 Express, Keile/Friends nicht einsetzbar

Sehr schöne, abwechslungsreiche Kletterei in bestem Setesdal-Granit. Reibungsplatten, eine Fülle von Quarzadern und durchgehend fordernde Kletterei machen diese Route ausserordentlich lohnend. Erwähnt sei, dass sich der Fels (aufgrund von wenigen Wiederholungen) manchmal noch etwas brösmelig anfühlt und mich auch das Ambiente am Loefjell mit Hüttensiedlung und Skilift im Vergleich zum Haegefjell weniger beeindruckt hat, darum reicht's nicht ganz für die Höchstnote. Die Absicherung mit Inox-Bohrhaken würde ich insgesamt als gut bezeichnen. Auf den Platten im unteren Teil entsprechen die Abstände eher einem xx, allerdings ist die Kletterei dort relativ einfach. Die Schlüsselstellen in L4, L6 und L7 sind sehr gut abgesichert (xxxx), der Rest ist als xxx zu werten, hier findet sich auch einmal eine anspruchsvollere Stelle, bei der nicht gerade ein Haken in Griffnähe ist. Das Topo zur Route kann man hier downloaden.

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Mittwoch, 29. Juli 2015

Nissedal / Haegefjell - Sunset Boulevard (6a)

Weiter geht's mit Berichten aus Nissedal (siehe den vorherigen). Das skandinavische Wetter hatte sich bisher sehr gut gehalten, für den heutigen Tag waren aber nochmals bessere Verhältnisse mit eitel Sonnenschein und weder Wind noch Niederschlag angekündigt. Grund genug, nochmals an die beste Wand der Gegend zu pilgern, nämlich den Haegefjell. Ziel war eine lohnende Tour mit Gesamtdurchstieg zum Gipfel. Diesen Punkt erfüllen ziemlich viele Routen am Berg, geworden ist es schliesslich die 12 Seillängen-Tour Sunset Boulevard - einer Route, die im Charakter bei etwas höherem Anspruch und herausragender Schönheit durchaus mit der Motörhead am Eldorado zu vergleichen ist.

Ein strahlender Tag erwacht, für uns geht es erneut zum 500m hohen Haegefjell in Nissedal.
Nachdem wir erneut die Anfahrt von Fjone über die 13km lange, mautpflichtige Schotterstrasse (70 Kronen bzw. ca. 8 Euro, in Umschlag zu stecken, also Kleingeld bereithalten!) genommen hatten, starteten wir den rund 15-minütigen Anmarsch. Noch galt es, die anzupeilende Route auszuwählen: in der engeren Auswahl standen schliesslich der grosse Klassiker Mot Sola (6a), die Tyrion (6c) und eben der Sunset Boulevard (6a). Die Mot Sola wurde schliesslich verworfen, weil dort noch Restnässe sowie eine andere Seilschaft zu erkennen waren, und zudem eine grundsätzliche (feminine) Abneigung gegenüber Routen ohne gebohrte Stände bestand. Somit peilten wir die benachbarten Tyrion und Sunset Boulevard an. Von nahem erschien letztere attraktiver, und da bis auf die Tatsache, dass die Tyrion eine 17m lange 6c-Seillänge mit 5 BH in Wandmitte aufweist, sind die beiden Routen auf dem Papier auch ungefähr gleich schwer. So konnten wir ohne Bedauern auf die Sunset Boulevard setzen und waren etwas nach 11.00 Uhr mt kompletten Gear und den Schuhen für den späteren Fussabstieg startbereit.

Durch diese Wand verläuft die Route, ca. in Bildmitte der Grenze von Schatten/Sonne entlang.
L1, 60m, 5c: Sechzig Meter Sechserplatte mit einem Bohrhaken hört sich krass an. Entpuppt sich dann aber doch nicht so schlimm. Erst ist die Kletterei easy und hinter ein paar Schuppen lassen sich noch ein paar Gerätschaften verstecken, die Plattenstelle ist dann mit dem Bohrhaken gut abgesichert. Den grössten Schreck habe ich, als ich auf einem Band beinahe in eine 1m lange Schlange greife. Sie macht sich jedoch rechtzeitig aus dem Staub.

Der Wandfuss schon weit weg, aber immer noch im plattigen oberen Teil von L1 (5c).
L2, 50m, 6a: Nun folgt die erste, charakteristische Schrägrampe. Die Wandstelle dahin ist mit zwei BH abgesichert, für den angegebenen Fünfer im Topo aber höchst nichttrivial (eher 6a). Ein Wasserstreifen macht die Sache auch nicht einfacher, aber klar, gehen tut's trotzdem. Während man von weitem denkt, die geneigte Rampe lasse sich fast hochlaufen, entpuppt sich das als ganz anders. Die Rampe ist vom Gletscher glattpoliert wie eine Küchenabdeckung, so muss mit dem Riss im Rampengrund ordentlich gerampft werden. Anhaltend anspruchsvoll ist es, und auf den 40m zum Stand steckt nur noch 1 BH, selber legen ist also Trumpf.

Die Wandstelle hinauf zur charakteristischen Schrägrampe in L2 (5c+), die sich viel schwieriger klettert wie es aussieht.
L3, 50m, 6a: Die zweite, markante Schrägrampe. Die Wandstelle zu Beginn ist hier ziemlich giftig, der erste BH steckt hoch und legen lässt sich nichts. Wacklige Moves 5m über dem Standhaken sind gefragt, etwas unangenehm. Danach nach rechts und an die Rampe/Riss. Erst etwas steiler und athletisch, die 6a-Stelle gemäss Topo fand ich aber gutmütig. Im zweiten Teil der Länge dann wie gehabt: antreten auf der polierten Schrägrampe, man klammert sich am Riss im Grund fest und muss diesen selber absichern.

Eine weitere Rampe mit Hangelriss gibt's in L3 (6a), entgegen der Bewertung fast einfacher wie jene in L2.
Hangeln und mit den Füssen auf die Politur stehen, das ist das Programm in L3 (6a).
L4, 35m, 5c: Nach den zwei sehr fordernden Längen zuvor ist man schon beinahe froh um eine kleine Verschnaufpause. Easy Wandkletterei, Rechtsquerung, für 5c eine gutmütige und mit 2 BH gut abgesicherte Wandstelle und zuletzt etwas nach links zurück zum Stand.

Wandkletterei in L4 (5c), für einmal eher eine Verschnaufpause.
L5, 30m, 6a: Gut mit Bohrhaken abgesicherte Kletterei auf Reibung und an kleinen Leisten. Man finde den idealen Weg zwischen den total glattpolierten Zonen hindurch. Aber schon immer wieder erstaunlich, wie es diesen gibt. In der 6c der Tyrion müsste man sich hingegen wohl der Politur bedienen.

Auf der Suche nach dem idealen Weg in L5 (6a).
L6, 35m, 5c: Das vermeintlich kurze Verbindungsstück nach links hoch entpuppt sich als erstaunliche Knacknuss. Erstens mal ist diese Seillänge komplett clean, und dann ist auch die Kletterei dem Riss entlang nicht so einfach wie gedacht. Teilweise Politur und nicht immer ideale Absicherbarkeit machen das Leben zusätzlich schwer.

L7, 25m, 6a: Die mit einem BH ideal gesicherte Küchenabdeckung-Wandstelle gleich oberhalb vom Stand lässt auf den ersten Blick viele Fragezeichen offen. Richtig angepackt geht sie aber erstaunlich einfach, da fand ich vieles bisher dann deutlich schwerer! Oberhalb dann für den Nachsteiger gut legen, es folgt noch ein einfacher 20m-Rechtsquergang zum Stand, wo nichts mehr liegt.

Der einfache Quergang nach der Schlüsselstelle in L7 (6a), mit Blick aufs Hinterland.
L8, 45m, 4b: Das ist die kühnste Seillänge, hier stecken auf 45m nur 2 BH und Möglichkeiten zum Dazulegen habe ich keine gefunden. Die Kletterei ist aber nicht sehr schwer und der Granit hier zudem ideal strukturiert. Man steht also immer auf etwas gescheitem und hat für die Hände etwas zum Greifen. Müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn man hier stürzt.

L9, 35m, 3c: Ähnlich wie die Länge zuvor, einfach noch etwas weniger steil. Zudem auch komplett clean, aber hier kann man selber absichern. Danke dem irre strukturierten Fels ist die Kletterei trotz der Einfachheit hier aber wirklich mega lässig.

Super Felsstruktur in L9 (3c), kommt hier nicht so zur Geltung.
L10, 60m, 5c+: Besonders steil ist's nicht, aber hier kommt man wieder in eine glattere Zone, die insbesondere an der Crux schon ein paar feine Moves auf Reibung verlangt. Hier besteht jedoch eine gute Absicherung mit 7 BH - auf 60m, that is. Ist aber schon ok und mittlerweile hat man sich bestimmt an die Reibung gewöhnt.

Nochmals anspruchsvolle Platten in L10 (5c+), inzwischen hat man sich an Reibung und Abstände aber gewöhnt.
L11, 50m, 5b: Kurze, etwas glatte Stelle mit BH nach dem Stand, der Rest der Länge ist einfacher, relativ wenig steil und clean. Geht insgesamt auch schnell vorüber.

L12, 50m, 4b: Nachdem hier kein grosser Challenge mehr wartet, haben wir die letzte Länge gleich am laufenden Seil mit einem Tibloc angehängt. Bei der steileren Stelle nach dem Stand muss man nochmals etwas schauen, danach dann immer flachere Platten zum Ausstieg.

Flache Platten und tolle Aussicht auf den Nisser-See kurz vor dem Ausstieg in L12 (4b).
Etwas vor 15.45 Uhr waren wir schliesslich am Top angelangt und hatten damit 4:30 Stunden Kletterzeit gebraucht. Besonders die zweite Routenhälfte ab L7 konnte dabei zügig erledigt werden, während die erste Hälfte deutlich anspruchsvoller und zeitraubender ist. Der Charakter der Route lässt sich klar mit dem Spruch "unten anspruchsvoll zum selber legen, oben leichter zum Gas geben" charakterisieren. Die Kletterei war jedoch formidabel gewesen und sorgte das erste Mal für einen richtigen Wow-Effekt. Beim letzten Stand seilten wir uns los, und stiegen über noch flachere Platten zum Gipfel hin. Der glatte Granit liess sich gut barfuss begehen, eine Wohltat nach 12 Seillängen in den Finken. 

Am Top des Haegefjell auf 1022m, für ein einziges Mal auf über 1000m in diesen Ferien.
Tolles Panorama vom Gipfel, natürlich mit dem Fotoapparat nur schwerlich einzufangen.
Vom Gipfel wählten wir dann den gut mit blauer Farbe markierten Pfad zurück zum Parkplatz. Es ist eine genussvolle Wanderung durch eine sehr schöne Gegend! Das erste Drittel des Weges liess sich über Platten und Moos immer noch baren Fusses gehen, sehr angenehm. Ein Abseilen über die Route wäre sicherlich auch zu bewerkstelligen. Aber nachdem wir ziemlich genau eine Stunde vom Top retour zum Auto brauchten, wäre man dabei mit grösster Wahrscheinlichkeit einiges langsamer. Es sind ja doch 12 Abseilmanöver und der 15-Minuten-Rückmarsch vom Wandfuss. Höchst zufrieden zuckelten wir über die Schotterstrasse retour, es wartete noch ein schöner Abend am Nisser-See, bevor am nächsten, regnerischen Tag die Weiterfahrt ins Setesdal erfolgte.

Stimmung am Nisser-See kurz vor Mitternacht. Obwohl noch weit vom Polarkreis entfernt, wird es nachts nicht vollständig dunkel.

Facts

Haegefjell - Sunset Boulevard 6a (6a obl.) - 12 SL, 500m - Wiechmann/Frost/Fuckner 2003 - *****;(xxx)
Material: 1x60m-Seil, 14 Express, Keile, Camalots 0.3-3 plus 1 kleinerer.

Fantastische Route durch die zentrale Plattenwand zum Haegefjell-Gipfel. Die erste Routenhälfte ist geprägt durch zwei charakteristische Schrägrampen, welche anhaltend anspruchsvolle und zum grössten Teil selber (gut) abzusichernde Kletterei bereithalten, dazwischen warten einige Stellen mit gut abgesicherter Wand- und Reibungskletterei. Der obere Routenteil ist dann etwas flacher und bietet meist plattige Kletterei auf oft genial strukturiertem Fels. Der Fels ist stets sauber und ohne wesentlichen Flechtenbewuchs, die Moves abwechslungsreich, das Ambiente super und die Linie überzeugt auch. Somit vergebe ich gerne die Höchstnote in Sachen Schönheit. Die Absicherung kann man als gut bezeichnen, im Piola-Style sind die Wandstellen gut mit BH abgesichert, wo man selber gut legen kann, ist dies auch zu tun. Insgesamt kommt man auf gefühlte xxx. Dennoch hat diese Route natürlich, obwohl "nur 6a", einen gewissen Anspruch an sich.

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