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Donnerstag, 11. September 2025

Wendenstöcke - Troja (7a+)

Zum Ende der Sommerferien gab es nach 3 Jahren Absenz endlich wieder einmal Ausflug an die Wendenstöcke, der Initiative von Bernat sei Dank! Wie so oft hatten wir uns auch dieses Mal bei der Routenwahl aufgrund der vielen Möglichkeiten etwas schwer getan. Schliesslich fiel unsere Wahl auf die bisher selten begangene Troja am Excaliburpfeiler. Sie erhiesch grössten Respekt: erstbegangen durch Profi-Alpinist Roger Schäli und Wenden-Urgestein Michal Pitelka, im Topo mit 7a obligatorisch und expo angegeben und die wenigen Internet-Einträge berichteten von langen Runouts und teilweise zweifelhaftem Fels. Wir wollten es genauer herausfinden und siehe da: wir trafen auf affengeile, athletisch-steile Henkelkletterei an weitestgehend bestem Fels und dies erst noch bei einer prima Absicherung. Das Resultat: einer meiner bisher besten Klettertage an den Wendenstöcken!

Der stolze Excaliburpfeiler an den Wendenstöcken mit dem Verlauf von Troja.

Wegen einem gewissen Gewitterrisiko am Abend starteten den Zustieg schon um 6.05 Uhr und liefen den gewohnten Weg hinauf zum Einstieg am Excaliburpfeiler. Viel hat sich dabei gegenüber früher nicht geändert, einiges aber doch: kürzliche Starkregenfälle haben den Graben beim Parkplatz (und einen Teil von diesem selbst) mit Geröll und Geschiebe aufgefüllt und überflutet, weiter nimmt die Wegspur mal kurz einen anderen Verlauf wie früher. Das sind aber alles Details, wichtig ist nur eines: keinesfalls über die steilen Schrofen direkt zum Einstieg gehen, sondern im gestuft-felsigen Gelände in der Falllinie vom Elefantenohr aufsteigen, bis man horizontal über Bänder zum Einstieg bei zwei Sanduhren queren kann. Um 7.20 Uhr waren wir da und legten um ca. 7.40 Uhr mit der Kletterei los.

Morgenstimmung am Einstieg.

L1, 40m, 6b: Diese Länge hatte ich schon 3x zuvor geklettert (für Excalibur, Lancelot und Blaue Lagune). Mehr oder weniger auf los geht's los: ein erstes Überhängli, dann kurz nach links zu gleich mal recht fordernder Plattenkletterei. Während ich mich früher da jeweils mit grossem Respekt hochgezittert hatte, lief es dieses Mal sehr flüssig. Im zweiten Teil dann etwas einfacher bei grösseren Sicherungsabständen. Erst wieder leicht rechts, dann gerade hoch.

Plattige Kletterei zum warm werden in L1 (6b).

L2, 40m, 6b: Für die Troja ist es definitiv günstiger und logischer, hier die häufiger gekletterte, linke Variante zu wählen. Achtung, wie auch die erste Länge ist sie nur teilsaniert, d.h. teilweise stecken noch altertümliche Kronenbohrhaken. Daher nicht optimal für längere Sturzübungen, aber das ist auch nicht nötig. In feiner Kletterei geht's gut abgesichert nach links hinaus auf die Kante, dann jenseits von dieser hinauf. Das Ende ist dann sehr gesucht. Während es links erst via Wasserrillen und dann Schrofen zugänglich wäre, locken zwei Bolts in kompakte Wandabschnitte mit Löchern, welche nochmals 6b-Moves bieten. Achtung, die Kombi von Absicherung und Sturzgelände ist da ist nicht gerade optimal.

Die Querung nach links hinaus auf die Kante charaktersiert L2 (6b).

L3, 30m, Gehgelände: Linkshaltend über Schrofen zum eigentlichen Excaliburpfeiler zum gemeinsamen Einstieg von Zonda und Troja (mit verblasster blauer Farbe angeschrieben). Achtung, es gibt da keine Standhaken, man kann jedoch Cams platzieren. Der Start der beiden Routen (bzw. der erste BH) ist dann gemeinsam, Zonda zieht dann links weg.

L4, 50m, 6c+: Knallerplatte lautet das Programm hier, wie so üblich in der ersten Länge an diesem Pfeiler. In wunderbar gefinkeltem Fels schreitet man hier in die Höhe, wirklich sehr genussreich. Zudem auch recht homogen schwierig, eine klare Crux konnten wir nicht ausmachen. Während man zwischen den schön in gerader Linie steckenden Haken durchaus manchen Schritt tun und einige Schleifen klettern muss, so kann man ohne Zweifel sagen: gut abgesichert. Auch das BH-freie Ende der Seillänge löst sich prima auf. Am markanten Dachbogen lassen sich sichere Cams versorgen. Für die einfachste Linie steigt man dann nicht direkt über das Dach hinweg, sondern geht etwas tiefer rechts hinaus. Oben liegt dann nochmals ein guter Cam in einer Schuppe, so gelangt man ohne Angst und Knieschlottern zum Stand.

Die 50m lange Seillänge über die Knallerplatte von L4 (6c+) ist ein absolutes Highlight.
Die Gegenperspektive: der Fels in L4 (6c+) ist genial strukturiert und kletterfreundlich.

L5, 15m, 6c+: Kurz, hat es aber in sich! Also zuerst einmal: wie Spuren am Stand davor und danach, sowie der Hakentyp zeigen, wurde diese SL offenbar schon früher vor der eigentlichen Erschliessung von Troja geklettert und auf anderem Weg erreicht?!? Die kompakte Wandstufe will bei enger BH-Absicherung reibungslastig und mit ein paar Leisten und Löchlein erklettert werden, wobei es die richtige Sequenz zu ertüfteln gilt. Nach unserem Empfinden sind die Moves hier klar schwieriger wie in L1. Dieselbe Bewertung zu vergeben kann aber aufgrund der Gesamtanforderung/Länge aber schon Sinn machen.

L5 (6c+) ist zwar nur kurz, bietet aber knifflige technische Wandkletterei.

L6, 40m, 7a: Nach rechts zieht eine einfache Rampe, nach links wäre es womöglich auch zugänglich, aber nach Troja geht's schlicht und einfach gerade voraus. Jedenfalls ist das der Pfad, welchen die Hakenlinie vorgibt. Die einfachste Linie findet man hingegen etwas darum herum mäandrierend, aber das ist genau richtig so. Die Seillänge ist wohl anhaltend und braucht etwas Ausdauer, eine wirklich schwierige Stelle konnten wir jedoch nicht ausmachen. Für Wenden-Standards sicherlich eine gutmütige 7a, oder mit anderen Worten: da haben wir wohl die richtige Linie gefunden. Das soll aber nicht abwertend tönen: die Henkelkletterei im griffig-rauen Gestein ist einfach fabelhaft!

Der Blick voraus auf die steile, griffige und anhaltende L6 (7a).
Der Blick zurück zeigt die hammermässige Felsqualität.

L7, 30m, 7a+: Bernat meint zu mir aufgrund von Topo und Ferndiagnose "this one could be a bit more bouldery". Und damit trifft er den Nagel durchaus auf den Kopf. Insgesamt auch eine affengeile Länge, auch wenn die ersten Meter nicht durch Gestein der ersten Güteklasse führen (die mässig gut verankerte Schuppe rechts besser pfleglich behandeln!). Nachher ist's dann aber top: an guten Griffen über die Steilstufe, dann mit deutlicher Rechtsschleife zum dritten BH und einfacher hinauf an den zweiten Wulst mit der Crux. Kräftige Moves an Seitgriffen bieten da die Lösung, dies bei Top-Absicherung. Vor der Pause am Stand gilt es dann noch eine plattige Verschneidung zu meistern.

Die athletische Crux in L7 (7a+) hat Bernat geschafft, nun wartet noch die plattige Verschneidung.

L8, 35m, 7a+: Hier befindet man sich unterhalb vom grossen Dach, welches wenige Meter rechts von der Excalibur mit der charakteristisch-luftigen Passage über die Seitwand gemeistert wird; Troja geht hingegen direkt drüber. Die ersten Meter bis unter den Überhang gehen gut, auch wenn die Felsqualität da kurz nicht erste Sahne ist. Die nicht ganz horizontale Dachpassage im grossen Überhang trumpft dann wirklich mit 1a-Henkeln auf. Wer öfters mal in einer Boulderhalle rumturnt, wird da kaum Probleme haben. Am schwierigsten ist noch der Ausstieg ins wieder vertikalere Terrain am Schluss, aber auch das löst sich auf. Gefolgt wird dies von traumhafter Kletterei an guten Griffen in Top-Gestein: nie mega schwierig, nie banal, somit genial.

Am Dach in L8 (7a+) gibt's 1a-Henkel, da kann man nicht nur, sondern muss eine Pose werfen.
Das Ende der Seillänge (L8, 7a+) trumpft mit absolut göttlichem Gestein auf!

L9, 40m, 7a: Das ist jetzt eben die Expo-Pitch, wobei ganz so wild oder gefährlich dünkte es uns nicht. Der erste BH steckt nicht gerade eben nah und am Ende von einer reibungslastigen Rampe auch etwas wacklig zu klippen - geht aber schon. Als nächste Sicherung wartet dann leider nur eine mässig gute SU-Schlinge. Die Crimpy-Wandkletterei ist zwar gut kontrollierbar, nach meinem Gusto aber mehr oder weniger die Hauptschwierigkeit dieser Länge - auch da, ein paar Mal kräftig zuschrauben, dann geht es schon. Es kommen dann wieder BH, die Moves am nächsten Überhang sind richtig cool und gut gesichert, der Runout danach ist problemlos. Beim BH am nächsten Wulst stellen sich nochmals Fragezeichen: da scheint der Weg nach rechts auf die Rampe der Excalibur absolut logisch (einfachste Lösung) und man weiss nicht so recht, ob man nochmals steil ins Ungewisse klettern soll. Die Antwort ist aber ja: Troja geht tatsächlich dort hoch. Es kommen noch 2 SU (u.U. mit fixer Schlinge), das Terrain ist griffig und es löst sich gut auf. Zuletzt erreicht man dann die Kante, der Fels wird etwas lottrig und es geht nach rechts zu gemeinsamem Stand aller Routen in diesem Bereich.

Über diese Rampe ist der erste BH in L9 (7a) etwas weit anzuklettern.

L10, 30m, 6c: Dieses Teilstück gehört formell zur Excalibur, war aber trotzdem neu für mich. Es wurde erst bei der Sanierung im 2011 eingerichtet und war bei meiner damaligen Begehung im 2007 noch nicht existent. Die Länge führt nochmals in steiles Gelände - schon gutgriffig, aber irgendwie dann doch nicht ganz so easy und man muss ein wenig schauen, wie es aufgeht. Erst gut gesichert mit 2 BH, dann 2 SU-Schlingen (obwohl die zweite etwas rechts abseits ist, dürfte es besser sein daran vorbeizuklettern), bevor es an einem letzten BH vorbei auf die einfache, aber ungesicherte Abdachung geht. Achtung, da liegen viele lose Steine herum. Trotzdem ist diese neue Variante die viel bessere Lösung als die ursprüngliche 4c, wo man die vollen 30m ungesichert im Lottergelände zu klettern hatte.

Panorama am Top vom Excaliburpfeiler. What a place to be!

Etwas vor 14.00 Uhr waren wir nach rund 6:15h an Kletterei am Top, und dies mit einer beiderseits einwandfreien Onsight/Flash-Begehung, wow! Ich erinnere mich, bei den früheren Begehungen gerne im exklusiven Gipfelbuch gelesen zu haben. Doch dieses war nirgends mehr auffindbar, selbst der Steinmann am Top des Pfeilers (welcher nur wenige Meter an Prominenz aufweist) hatte das Zeitliche gesegnet. Letzterem konnten wir Abhilfe schaffen und weil der Himmel noch freundlich aussah, gab es keinen Grund zur Eile. Schliesslich warfen wir die Seile aus und glitten über die Excalibur in die Tiefe. Das geht recht effizient, einzig der Stand unter dem Dach ist nicht so einfach zu erreichen. Zurück am Wandfuss erhielten wir Besuch von der Steinbock-Gang und entschlossen uns, vor dem Abstieg noch einen Blick ins links oberhalb des Einstiegs gelegene Biwak zu werfen. Die Installationen sind zwar noch vorhanden, werden aber scheinbar nicht mehr gepflegt/genutzt und sind am Verfallen. Auch das sehr interessante Biwakbuch mit seinen lesenwerten Stories konnte ich nicht mehr auffinden. Prinzipiell wäre es langsam an der Zeit, hier einmal eine Aufräumaktion durchzuführen und die Überbleibsel ins Tal zu tragen. 

Man sieht's, die Steinbock-Gang hat ganz klare Erwartungen an uns.

Zügig, aber mit der nötigen Vorsicht stiegen wir über das steile Gelände zurück Richtung Wendenalp. Mehr oder weniger mit unserem Eintreffen dort fielen doch noch einige Tropfen vom Himmel, welcher sich erstaunlich zügig verdunkelt hatte. Dies sollte uns nicht weiter stören oder behelligen, doch es rief eindrücklich in Erinnerung, wie delikat die Kletterei an den Wendenstöcken bei Gewittergefahr sein kann. Die Lage kann sich deutlich schneller verändern, wie man in der Wand oder selbst im exponierten Teil des Zustiegs reagieren kann. Mich hat es zum Glück nie erwischt, bzw. ich hatte immer ausreichend defensiv geplant. So ging auch meine persönliche #43 am Massiv mit einem grossen Glücksgefühl zu Ende. Eine perfekte Begehung, gleichzeitig mit der 7a+ eine persönliche Onsight-Bestleistung an den Wenden und dies auf einer Route, wo ich lange Zeit Hemmungen hatte, überhaupt erst einen Versuch zu starten. Sicherlich einer der besten meiner sehr vielen guten Klettertage an den Wenden, und sportlich gesehen bis dato vermutlich sogar der wertvollste. Auf bald wieder, kann man da nur sagen!

Facts

Wendenstöcke - Troja 7a+ (6c obl.) - 10 SL, 350m - Schäli/Pitelka/Iff 2004 - ****;xxx/xxxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, Cams 0.2-2

Eine absolute Top-Kletterei mit bestechender Linie am Excalibur-Pfeiler. Nach drei Seillängen mit eher steilplattiger Kletterei (L1, L2, L4) geht's bis zum Ausstieg mit gutgriffig-steiler, athletischer Kletterei weiter. Der Fels ist dabei bis auf zwei, drei kurze, einfachere und absolut problemlose Abschnitte von bester Qualität. Für mich ist es absolut unverständlich, warum Troja nicht viel populärer ist: aus meiner Optik ist sie in vielerlei Hinsicht mit einer Patent Ochsner vergleichbar. Die Bewertungen sind für Wenden-Massstäbe absolut fair und realistisch. Auch die Absicherung darf man gerne als gut bezeichnen: klar, wir reden hier von Wenden-Standards, es hat nicht alle 2m einen BH und die Strategie A0 ist höchstens von beschränktem Nutzen. Die Bolts sind aber fair gesetzt, es gibt keine krassen Runouts und auch keine schwierigen Stellen weitab der letzten Sicherung. Ich meine, 6c obl. ist ausreichend, Troja gehört nicht in die "7a obl."-Liga wie Transocean, Blaue Lagune, Das 11. Gebot, Batman oder Tsunami. Am anspruchsvollsten ist wohl effektiv L9 (7a), wobei das "expo" für uns nicht wirklich nachvollziehbar war (d.h. es drohen keine gefährlichen Stürze mit Auf-/Anprallgefahr). Hier und da, insgesamt aber doch eher nur punktuell sind Cams zu legen. Ein Set von 0.2-2 ist dementsprechend mitzuführen. Die Grösse 3 hatten wir dabei, fanden jedoch keine Einsatzmöglichkeit dafür. Ein präzises schematisches Topo habe ich bisher nirgends gefunden, daher habe ich selbst eines angefertigt (Download in voller Auflösung). Die besten und neusten Infos zum Gebiet findet man sonst im Extrem West, Band II.

Mein Topo zur Troja, hier geht's zum Download in voller Auflösung.

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