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Dienstag, 30. Mai 2023

Ofenloch - im Grand Canyon der Ostschweiz

Pfingstmontag, nach 2 Tagen mit RP-Versuchen in MSL-Projekten - beim einen erfolgreich, beim anderen noch nicht ganz (Details folgen...) - ist es nötig, den Griffeln und dem Bizeps etwas Ruhe zu geben. Nach dem vielen Regen im Frühling herrscht aber bestes Vorsommerwetter, welches Jerome und ich für einen Ausflug in die Neckerschlucht nutzen wollen. Der Bach hat sich da tief in die Nagelfluhwände eingefressen, es soll viele Wasserfälle, Engstellen und gewaltige Grotten zu sehen geben - eben so, dass man vom Grand Canyon der Ostschweiz spricht. Dieses Prädikat ist auf jeden Fall absolut verdient, wir waren sehr beeindruckt von der gewaltigen Landschaft im Grenzgebiet der Kantone St. Gallen und Appenzell.

Jerome im Ofenloch, der Wasserfallkessel am linken Bildrand markiert das Ende der Neckerschlucht.

Der Ausgangspunkt für den Canyon ist der ziemlich abgelegene Ampferenboden P.1042. Dahin gelangt am einfachsten durch das Neckertal vom Hemberg her. Die breite Naturstrasse ist ab kurz vor P.895 mit einem Fahrverbot belegt, so dass ein längerer und nicht überaus spannender Marsch ins Tal hinein fällig wäre. Diesen vermieden wir, indem wir die Schluchtwanderung mit einer Biketour kombinierten und bereits bei der Mündung des Necker in die Thur ab Ganterschwil starteten - sozusagen vom Ende des Necker bis zu seinem Beginn und wieder zurück. Bis St. Peterzell muss man teilweise der Hauptstrasse folgen, abschnittweise gibt es Radwege oder Ausweichmöglichkeiten über Güterstrassen, die Landeskarte gibt Auskunft. Ab St. Peterzell folgt ein erster Trail-Abschnitt am orografisch linken Ufer des Necker. Dazu der Strasse nach Hemberg bis zum P.763 folgen und via Neckerau zu einer nächsten (der zahlreichen) nach Hemberg führenden Strassen etwas oberhalb der Schwandsbrugg zu gelangen. Auf dieser bis P.838, dann Abzweigen ins Neckertal bzw. Richtung Mistelegg und weiter hinein ins immer einsamere und tiefere Tal zum Ampferenboden, was total ca. 20km Bikestrecke entspricht.

Dem Säntis und dem Quellgebiet des Necker entgegen - eine sehr schöne Biketour ist das!

Dann geht's zu Fuss weiter, direkt im Bachbett. Man lasse sich nicht durch den Wanderweg verwirren, der nach ca. 200m abzweigt und den Hang hinauf führt. Zum Zeitpunkt unserer Begehung (nach ein paar schönen Tagen Ende Mai, jedoch in einem sehr regenreichen Frühling) konnten wir die gesamte Strecke ohne Probleme trockenen Fusses in Turnschuhen bewältigen. Wenn der Bach aber viel Wasser führt, so muss man unter Umständen geeignetes Schuhwerk (d.h. Sandalen oder Gummistiefel) mitführen. Unser Schlussfazit war, dass man einen Erlebnisparcours wohl genau so anlegen würde, wie dies in der Schlucht der Fall ist. Und zwar ist es schon von Anfang an interessant, aber mit jedem Meter in den Canyon hinein wird das Ambiente noch spektakulärer. Immer wieder tauchen Überraschungen auf und man weiss nie, was als nächstes kommt. Zu den Schwierigkeiten: die Begehung ist weitestgehend komplett unschwierig. Nur bei einigen wenigen Passagen muss minimal gekraxelt werden. An zwei, drei Stellen nutzt man für kurze Zeit relativ steile Uferpassagen, die teils mit älteren Fixseilen versehen sind. Wobei der hier schreibende, trittsichere Berggänger alles ohne je die Hände zu nutzen machen konnte. Sprich, es scheint mir für jeden bergerfahrenen Wanderer machbar - allerdings ist die Gegend sehr abgelegen und Handyempfang gibt es keinen (Stand 2023).

Manchmal muss man etwas über Blöcke oder Schwemmholz kraxeln, nirgends jedoch exponiert.

Ein Riesenüberhang direkt am Weg, der einen mit seiner Wucht fast erdrückt ("hält das alles?")

Hat jemand Mumm für eine Erstbegehung? Fels ist halt dreckig, brüchig, feucht und botanisch...

Nach dem Passieren von Engstellen, gewaltigen Überhängen, eindrücklichen Felswänden, glattgeschliffenen Kanälen und einiger idealer Badepools kommt das Highlight schliesslich ganz am Schluss: der eindrückliche Kessel, welcher den Canyon beschliesst. Wasserfälle stürzen hier von verschiedenen Seiten in die Schlucht, einen Ausweg gibt es keinen. Dafür die gewaltige Grotte des Ofenloch, absoluter Wahnsinn! Durch einen etwas exponierten Pfad (ca. T4) lässt sie sich in wenigen Minuten Aufstieg gewinnen. Die Dimensionen sind sehr eindrücklich und wenn man ganz ans hintere bzw. obere Ende klettert, so könnte man echt meinen, dein Eingang ins Innere der Erde gefunden zu haben. Gleichzeitig fühlen sich Gestein und Landschaft etwa so an wie auf dem Mars, jedenfalls war das die Einschätzung von Jerome (da kann ich leider nicht mitreden 😜). Wir konnten uns kaum sattsehen und waren einfach nur glücklich, diesen sehr aussergewöhnlichen Ort gefunden zu haben!

Blick talauswärts auf's gewaltige Ofenloch mit Standort Wasserfallkessel / Ende der Neckerschlucht.

Hinein ins Maul des Riesen. Hier hinauf in die Höhle ist etwas Trittsicherheit zwingend erforderlich!

Schliesslich machten wir uns auf den Rückweg. Dieses Mal legten wir die ca. 1.5km zum Bikedepot beim Ampferenboden deutlich schneller zurück wie auf dem Hinweg, wo wir viele Pausen einlegten und die Landschaft ausgiebig bestaunt hatten. Schliesslich sattelten wir die Bikes und genossen den Rückweg, der mit nur ein paar ganz wenigen Gegensteigungen vorwiegend abwärts führt. Auf keinen Fall verpassen sollte man den Hofladen/Besenbeiz direkt an der Veloroute beim Töshof in Brunnadern. Superfeie, selbergemachte Glacé gibt's da in ca. 20 verschiedenen Geschmacksrichtungen. Nun gut, nur zu zweit schafften wir es nicht ganz, alle Sorten durchzuprobieren - zu fünft schiene uns das aber ein durchaus realistisches Unterfangen. Unser Fazit war glasklar: das war ein super lohnender Ausflug! Schade einzig, dass die gewaltigen Wände da hinten leider zu bröcklig sind, um daran zu klettern. Wiesen doch diese Kiesbänke nur die Festigkeit jener im Elsass auf - an eindrücklichen Linien und höchsten athletischen Herausforderungen würde es ganz und gar nicht fehlen.

Der Blick von ganz oben im Ofenloch - riesig der Stollen!

Sonntag, 27. Dezember 2020

Familienskitour Kronberg (1663m)

Für eine gelungene Skitour braucht es keinen namhaften Gipfel und auch nicht viele Höhenmeter. Sonne, pulvriger Schnee und natürlich die richtige Begleitung machen doch viel mehr aus. Unser Plan für den Stephanstag bestand darin, auf den Kronberg zu steigen. Auf der Karte führt manch ein Weg dahin, von Appenzell, der Schwägalp, Urnäsch undsoweiter. Am logischsten schien jedoch der Aufstieg von Norden, sprich von Jakobsbad, von wo auch die Luftseilbahn auf den Gipfel führt.

So viel Glitzer, so viel schöner Schnee!

Allerdings, das sei an dieser Stelle ausdrücklich erwähnt, verläuft entlang der logischen und auf der Landeskarte verzeichneten Skiroute eine Schlittelpiste. Dieser auszuweichen ist abschnittweise schwierig und an Betriebstagen muss man mit heftig Gegenverkehr rechnen, was die Tour bestimmt unlohnend macht. Aufgrund der Corona-Restriktionen war aber die Beförderung von Schlitten auf der Luftseilbahn untersagt, so dass wir uns eben genau den richtigen Zeitpunkt für diese Tour ausgesucht hatten.

Schlittelpiste zwar geschlossen, gespurt war sie aber trotzdem.

Vom Ausgangspunkt (869m) geht's erst am Campingplatz vorbei auf den Rücken von Gschwend, welchem man in genussreicher und sonniger Wanderung bis zu dessen Ende bei den Chlepfhütten (1224m) folgt. Nun auf dem Trassee der Fahrstrasse durch den NW-Hang auf den eigentlichen Kronberg-Grat, den man kurz vor dem Wirtshaus bei der Scheidegg (1353m) erreicht. Die findigen Wirte boten all ihre Waren outdoor als Take-Away an - gesetzteskonform und dem Geschmack der Leute treffend, manch einer unserer Mitstreiter fand hier den Endpunkt seiner Reise.

Blick zum Säntis, bzw. zur Aiguille du Midi der Ostschweiz.

Wir indessen zogen weiter, vorbei an der Kapelle St. Jakob bei Gross Chenner und sehr aussichtsreich dem gut begehbaren Rücken entlang bis zum Kulminationspunkt auf 1663m. Wohlig warm war es an diesem Tag nicht, aber doch genügend angenehm für eine längere Gipfelrast und die entsprechenden Umbauarbeiten auf den Abfahrtsmodus. Auch für diese Saison haben wir uns entschieden, dass die Kinder wie im Vorjahr mit den fellbewehrten Langlaufski aufsteigen und wir ihnen für die Abfahrt die Alpinausrüstung hinauftragen. Ja, richtige Tourenski gibt's dann schon einmal, spätestens dann, wenn sie so schnell sind, dass wir ihnen mit dem ganzen Gepäck nicht mehr hinterherkommen.

Touring Vibes!

Die Abfahrt war dann ein richtiges Highlight. Schon im oberen Teil am Rücken konnte man neben der Piste seine Schwüngen in allerfeinsten Pulver legen. Im unteren Teil wechselten wir auf die Kuppe von Hütten (1155m), um den dortigen Skilifthang (selbiger war natürlich coronabedingt nicht in Betrieb) abzufahren. Genialer Powder stiebte bis ins Flache hinunter, wirklich wunderschön zu fahren! Zu bald waren wir retour am Ausgangspunkt, 8 Grad minus zeigte das Thermometer, ein wirklich grandioser Wintertag!

Am Gipfel mit Blick ins Appenzellerland.

Epilog

Die Geschichte von dieser Skitour ist damit noch nicht ganz komplett. Der geneigte Leser mag sich auch fragen, wie motiviert die Kinder bei solchen Geschichten auch wirklich mit dabei sind. Das zeigte sich am Folgetag: wir fläzten noch gemütlich in unseren Betten, doch der Junior war umtriebig. Er schnallte sich selbständig seine (immer noch) fellbewehrten Langlaufski unter die Füsse, packte seine Alpinausrüstung in den Skisprung-Rucksack und ging "weil es gestern so cool war" selbständig die 250hm-Skitour auf unseren Hausberg :-)

Damit nicht genug, um dem piekfeinen Powder genüge zu tun, bevor ihn der heftige Föhn verunstaltet, brachen wir zu einer weiteren Familientour auf. Erneut schien es logisch, sich die coronabedingten Restriktionen zum Vorteil zu machen und eine Voralpen-Tour zu wählen, welche sonst bei Liftbetrieb weniger lohnend ist. Dieses Mal ging es von Ebnat Kappel (637m) über den Hang des Stangenlifts hinauf zum Tanzboden. Auch das eine absolut lohnende Sache mit einer erneut tollen Abfahrt in super Schnee.

Im Aufstieg zum Tanzboden mit Blick auf den Zürisee.

Tanzboden-Gipfelkreuz in Sicht (zumindest in Originalauflösung ;-))

Freitag, 11. Dezember 2015

Silberplatten - Südwestkamin bzw. Südwestcouloir

Nach meinem erfolglosen Ausflug zum Eiger war ich umso motivierter, eine schöne Tour mit den Steigeisen zu unternehmen. Als Ziel erschien mir das Südwestkamin der Silberplatten gerade recht. Diese Route wurde bereits 1907 von einem Herr Olpe erstbegangen. Inzwischen ist sie jedoch in Vergessenheit geraten und wird in der einschlägigen Führerliteratur nicht einmal mehr aufgeführt. So als Nebenbemerkung: schade, dass mit diesen Auslassungen die alpine Geschichte ausgelöscht wird - hoffen wir auf das SAC-Digitalisierungsprojekt Suisse Alpine 2020! Was man noch wissen muss: der Name Südwestkamin ist irgendwie irreführend. Das tönt nach Sonne und Kletterei. Tatsächlich handelt es sich um eine tief eingeschnittene Schlucht in der NW-Flanke des Säntismassivs, die nur wenig Sonne enthält und Nordwandatmosphäre bietet.

Blick auf die NW-Abdachung des Säntismassivs, Start- und Endpunkt des SW-Couloirs sind mit Pfeilen markiert.
Im Herbst 2015 erhielt diese Route nun vor mir nachweislich mindestens 2 Begehungen, wahrscheinlich fühlt sie jetzt beinahe so etwas wie Dichtestress. Ganz sicher wurde sie schon lange nicht mehr so stark frequentiert, ja vermutlich sogar noch gar nie. Und das im Angesicht der Tatsache, dass einem die Linie (Zitat Ossi) "einen erotischen Schub" verleiht. Das stiefmütterliche Dasein ist jedoch auch meines Erachtens sehr zu unrecht, denn es handelt sich um eine sehr eindrückliche Tour, welche landschaftlich tolle Eindrücke liefert. Eine Begehung bei sommerlich-aperen Verhältnissen ist möglich, bzw. wurde von Ossi im Herbst 2015 durchgeführt, wobei eine gewisse Steinschlaggefahr in der engen Rinne sicherlich nicht zu verneinen ist. Liegt hingegen Schnee, so bietet das Couloir eine tolle Steigeisenkletterei, wobei sich dann auch die objektiven Gefahren auf ein Minimum beschränken. Im Dezember 2015 also ein tolles Nordwandabenteuer.

Die Schneehänge mit 35-45 Grad Neigung im Zustieg zum SW-Couloir, dies bei idealen Verhältnissen.
Meine Tour startet wenige Minuten nach 7.00 Uhr direkt am Schwägalppass (1299m). Der geräumten Fahrstrasse entlang geht's zum Chegelboden, wo ich bei den beiden Alphütten die Fuhre aufgreife, welche nach Süden unter die steilen Wände von P.1760 führt. Nun gilt es bis zur Mündung des SW-Couloirs beinahe 400hm über den Schuttfächer hinaufzusteigen, die Steilheit nimmt dabei immer mehr zu. Erst liegt sie bei 30-35 Grad, gegen Ende hin erreichen die steilsten Stellen bis gegen 45 Grad. Hier liegt schon Schnee, er ist tragend aber griffig, besser könnten die Verhältnisse für einen Aufstieg mit den Steigeisen an den Füssen nicht sein. Die wilde Szenerie begeistert und ein toller Tag erwacht, so schön kann Bergsteigen sein.

Morgenstimmung im Alpstein, links der markante Gamschopf, rechts hinten glänzt der Speer in der Sonne.
Nachdem man erst das breite Couloir zu P.1760 und dann das sogenannte W-Couloir (mögliche, steile und exponierte Extrem-Skiabfahrt von den Silberplatten) passiert hat, erreicht man auf rund 1820m den Einstieg in den Südwestkamin. Meine Fotos helfen sicher bei der Identifikation der richtigen Stelle, markant ist auch der Obelisk, der an der Krete ausserhalb thront. Die ersten Meter im Couloir sind noch einfach, doch es wird enger und steiler, ein paar felsige Meter wollen erklettert sein. Dort, wo sich die Sache massiv aufsteilt und verengt, findet man den Ausweg links. Direkt hoch ginge es wohl auch, das wäre aber eine Variante für diejenigen, welche der Sache noch etwas Würze beigeben wollen (Seil und Sicherungsmaterial erforderlich, de visu ca. M4?!?). Für die Umgehung links gewinnt man einen kleinen Sattel und steigt dann im Steilgras hinauf. Spezialist Ossi hat diese Passage mit T6 bewertet, so wird es wohl sein. Das Gras ist aber glücklicherweise vernünftig gestuft und kaum felsdurchsetzt, Pickel und Steigeisen greifen solide, so ist das deutlich innerhalb vom Wohlfühlbereich. Die Passage ist aber steil und vor allem sehr exponiert, unten pfeift's gewaltig über eine Felswand hinunter, ein Rutscher wäre definitiv das Ende. Womöglich könnte es mühsam werden, wenn dieser Grasabschnitt verschneit ist, bei meiner Tour war er komplett aper.

Blick auf den unteren Teil vom SW-Couloir vom Einstieg auf ca. 1820m.
Dieser markante Obelisk an der Krete aussen markiert den richtigen Punkt zum Einsteigen.
Nachdem man erst im Schnee heraufgestapft ist, wartet etwas Kraxelei im Fels.
Ein enger Steilaufschwung im Kamin (ohne Foto) wird links über diese mit T6 bewertete Graspassage umgangen.
Es ist immer schwierig, luftige Exposition mit Fotos einzufangen. Hier mein Versuch in der Graspassage.
Die Graspassage leitet einen schlussendlich nach rechts zurück in die Achse des Couloirs. Nun in wieder weniger steilem Schneegelände hinauf zur Krete, welche den Abschluss des ersten Teils markiert. Von hier hat man einen famosen Blick auf die Fortsetzung. Einige tolle Felstürme bieten eine schöne Szenerie und darüber wo es weitergeht bestehen keine Zweifel. Um diesen zweiten Couloirteil zu erreichen, muss eine Schneeflanke gequert werden. Diese ist zwar unschwierig, aber bezüglich der Lawinengefahr als kritisch zu werten. Sie ist nordexponiert und bestimmt häufig geladen, auch zum jetzigen Zeitpunkt hatte sich hier schon Schnee akkumuliert. Dank der vorhandenen Spur konnte ich ohne Sorgen queren, doch sei man sich bewusst, dass ein Rutsch hier das Ende bedeutet. Die steile Flanke bricht wenig unterhalb in einer hohen Felswand ab. Deshalb ist das Vorhandensein einer stabilen Schneedecke mit solidem Fundament absolute Pflicht.

Die lawinentechnisch nicht unbedenkliche Querung zwischen unterem und oberem Kaminteil mit Steilabbruch unterhalb.
Toller Blick auf die Fortsetzung, die Felstürme links böten prima Kletterei in super Fels.
Nun geht's also hinein in den oberen Teil. Erst ist es noch unschwierig, der Blick kann auf die Seitenwände schweifen, welche einige für den Sportkletterer herausfordernde Risslinien in tollem Fels böten. Schade, stehen diese Türme nicht an einem zugänglicheren Ort! Bald heisst es dann "durch diese hohle Gasse musst Du gehen!". Das Couloir wird enger und tief eingeschnitten, ja ist ein richtiger Canyon, sehr eindrücklich. Bald stapft man im Schnee auch der Schlüsselstelle zu. Hier muss zwingend etwas im Fels gekraxelt werden, wobei die eher plattigen, ausgewaschenen Felsen nicht ein üppiges Angebot von Griffen und Tritten bieten. Eine einigermassen entwickelte Steigeisen- und Stemmtechnik helfen weiter. Die Passage wird von einer kurzen Querung nach rechts abgeschlossen. Sichern wäre hier übrigens mit Keilen, kleinen Cams oder auch Schlaghaken möglich. Nachdem die Stelle aber nicht sehr exponiert ist, ist das für Bergsteiger mit entsprechend Erfahrung und Können nicht zwingend erforderlich.

Hinein in den Schlund, durch diese hohle Gasse musst Du gehen!
Nun bereits mittendrin, die felsige Passage voraus stellt die Crux des Durchstiegs dar.
So sieht das von näher aus, die Steilheit wird auf dem Foto stark unterschätzt!
Der Blick zurück auf die schwierigste Stelle. Schwer einzuschätzen auf dem Foto.
Der Weg hinauf zum Ausstieg verläuft dann weiter im Couloir, ein Verirren ist unmöglich. Immer einmal wieder säumt eine Kraxelstelle den Weg, wo man sich einiger Griffe und Tritte im Fels bemühen muss. Dazwischen jeweils etwas weniger steiler Schnee, so dass alles im Wohlfühlbereich bleibt. Es ist übrigens gut möglich, dass man bei guter Schneelage im Frühling überhaupt gar nichts mehr von diesen felsigen Stellen wahrnimmt. Von daher ist eine Begehung im Herbst bei noch dünner Schneedecke klettertechnisch womöglich sogar am interessantesten. Wie auch immer, schliesslich erreicht man die Mündung des Couloirs, von wo es nicht mehr weit zum Gipfel ist. Erst leicht linkshaltend und dann gerade hinauf erreicht man an einer markanten, abgespaltenen Schuppe vorbei bald den Blitzableiter vom Gipfelkreuz, und bald darauf selbiges. Hier war ich schon nach einer tollen Kletterei in der Südwand angekommen (Pegasus, 6c+), nun hatte ich den Aufstieg in 2:15 Stunden ab dem Schwägalppass gemeistert. Zum Zeitmanagement sei angemerkt, dass ich von idealen Bedingungen und einer vorhandenen Spur profitierte, ansonsten aber relativ gemächlich unterwegs war. Ich wollte die tollen Eindrücke unterwegs geniessen und auch auf Fotos bannen, und nicht einfach zum Gipfel hinaufrennen.

Ein weiterer Kraxelaufschwung im Rückblick. Hier sogar ein bisschen vereist, ansonsten kaum Eis vorhanden.
Der Blick voraus, von hier zum Couloir-Ausstieg sind es noch rund 100hm.
Ein Blick zurück, die steileren Abschnitte sind immer wieder von flacheren Zonen unterbrochen.
Letzte Kraxelstelle an der Gipfelabdachung, nach dem Couloir-Ausstieg. Hier "fotografiert man nochmals" (so auch Ossi).
Für den Weiterweg gibt es nun diverse Möglichkeiten. Man könnte als ÖV-Nutzer südseitig zur Thurwies absteigen. Will man zurück zur Schwägalp, so stehen a) der Weg über den Stosssattel, b) das W-Couloir, c) der Abstieg über den Säntis-Normalweg via Tierwies und d) der Weiterweg zum Säntis offen. Alle diese Varianten erfordern sichere Schnee- bzw. Lawinenverhältnisse! Ich wollte den Tag noch etwas ausdehnen und zum Säntis wandern. Mit etwas auf und ab geht's zuerst zur Tierwies. An Grünhorn und Grenzchopf quert man dabei einige steile Südhänge, welche insbesondere bei starker Sonneneinstrahlung problematisch sein können. Für mich war's kein Thema, ich war früh dran und der Schnee noch sauber durchgefroren. Ansonsten geht man vielleicht besser den Umweg unterhalb der Kluckerplatte (P.2080) durch und übers Charrefeld. Man passiert schliesslich die Stütze 2 der Säntisbahn, wo man auch Einsteigen und ins Tal fahren kann (sicherster und schnellster Abstieg!). Ich stieg hingegen unter dem Girenspitz und den Bahnseilen hindurch weiter hinauf. Anstelle des Sommerwegs bot sich rechterhand nochmals ein lässiges Couloir an, bevor ich über die sogenannte Himmelsleiter (klettersteigähnlich verbauter Abschnitt) die Gänge der Station erreichte. Indoor und wohltemperiert ging es (immerhin zu Fuss, nicht mit dem Lift ;-)) hinauf zum Kulminationspunkt auf 2502m. Gerade knapp 4h nach meinem Aufbruch im Tal kam ich dort an und konnte noch die schöne Rundsicht geniessen, bevor es schliesslich bequem per Schwebebahn (16 CHF für die einfache Fahrt mit Halbtax, ansonsten 32 CHF) ins Tal ging.

Hinten in Bildmitte die Silberplatten, rechts davon markant der Grenzchopf, dessen steile Hänge man traversiert.
Unterwegs zur Aiguille du Midi der Ostschweiz, Tierwies und Stütze 2 sind bereits passiert.
Im Schlussaufstieg geht's nochmals durch ein hübsches Couloir (nicht die Normalroute!).
Zuletzt über die sogenannte Himmelsleiter hinauf zur Station und durch diese hindurch zum Gipfel.
Facts

Silberplatten - Südwestkamin AD - Olpe 1907
Material: Steigeisen, 1-2 Eisgeräte, Helm, evtl. 30m Seil und Keile, kleine Cams oder NH

Sehr schöne, landschaftlich eindrückliche Couloir-Kletterei durch die NW-Flanke des Säntismassivs. Ist die Rinne verschneit, so ist die Tour objektiv sicher, jedoch ist an einigen Stellen die Lawinengefahr zu beachten. Mit entsprechend Erfahrung ist die Tour gut seilfrei durchführbar, da die schwierigsten Stellen relativ wenig exponiert sind. Trotzdem ist natürlich ein gewisses Können unabdingbar, und v.a. eine steile T6-Graspassage muss zu 100% sicher gemeistert werden. An manchen Stellen könnte an den Randfelsen gesichert werden, am hilfreichsten dabei wären Schlaghaken, kleine Cams und Keile. Fixes Material steckt, soweit ich gesehen habe, überhaupt gar keines. Steigeisen an den Füssen sind bei winterlichen Bedingungen natürlich absolute Pflicht (ältere Version reicht absolut, besser keine Monopoints). Ich hatte zwei ältere Steileispickel dabei. Das war durchaus bequem, es wäre jedoch auch mit nur einem solchen Gerät oder gar einem Leichtpickel gegangen.