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Sonntag, 17. November 2024

Horefelliflue - Mastermind (6b+)

Die Horefelliflue ist eine 350m hohe, eindrückliche Wand mit grossen, glatten Plattenschüssen in der Voralp, einem Seitental der Göschenernalp. Schon verschiedentlich hatte ich dieses verlockende Gemäuer bestaunt, das erste Mal als wir vor 25 Jahren durch die Spicherribichelen aufstiegen, um die Via Hammerbruch am Salbit Westgratturm 2 in einer Tagestour zu klettern. Später dann auf alpinen Skitouren wie dieser oder jener. Schon immer hatte es mich sehr gereizt, durch diese Wand zu steigen. Genauso erging es den Pionieren der ersten Freiklettergeneration, die hier in den 1980er-Jahren einige Routen erschlossen. Zeitgenössisch wurden diese spärlich ausgerüstet, 35 Jahre Korrosion hatten irgendwelchen Ambitionen erst recht einen Dämpfer versetzt. Doch dann drang die Kunde an mein Ohr, dass die Route Mastermind im 2020/2021 saniert worden sei. Das klang wie Musik in meinen Ohren. Schliesslich kam der Tag mit einwandfreiem, mildem und sonnigem Herbstwetter, der uns ins Voralptal aufbrechen liess. Für diese Jahreszeit eignet sich die exakt nach Süden ausgerichtete Wand perfekt. Wir genossen viel Ruhe und Bergeinsamkeit im abgeschiedenen Tal, ein geschenkter Tag!

Der Blick auf die gewaltige Wandflucht der Horefelliflue mit dem Verlauf der Route Mastermind.

Unsere Tour startete um 10.15 Uhr (Sommerzeit) bei der Voralpkurve (1402m). Man könnte in der zweiten Oktoberhälfte vermutlich auch schon eine Stunde früher losgehen und wäre nicht zu früh dran, was für uns organisatorisch aber nicht möglich war. Larina setzte sich an die Spitze und wir liefen in sehr zügigem Tempo die Kehren durch den Wald hinauf, mit flüchtigen Blicken auf die Sandbalm, wo wir ja auch schon tolle Klettererlebnisse (z.B. 1,2) hatten. Nach und nach öffnet sich das Tal und wird flacher. Ziehen erst einige durch Urner Kletterer erschlossene Wände die Aufmerksamkeit auf sich, so rückt nach einer Weile die Horefelliflue in den Fokus. Es lohnt sich aber, geduldig zu bleiben und bis zu den Gebäuden der Alp Horefelli zu wandern. Erst dort strebt man dem Wandfuss entgegen, wobei sich auf der logischen Linie eine gute Pfadspur präsentiert. Nach gerade einer guten Stunde waren wir bei sehr angenehmen Klima am Einstieg. Im Bereich von Mastermind starten drei Routen. Links die Knecht Klemenz, welche mit einem eingemeisselten "KK" markiert ist, mittig die von uns angepeilte Tour und rechts ein Projekt, welches zur Zeit noch nicht ganz fertiggestellt ist. Wir rüsteten uns für die verlockende Kletterei und stiegen um 11.45 Uhr ein.

Herrliche Herbstwanderung durchs verlassene Voralptal. Am linken Bildrand der Schijenstock, wo ich dereinst meine allererste Klettertour auf einen 3000er hatte erleben können. In Bildmitte das Sustenhorn mit seinem Ostgrat. In der rechten Bildhälfte die Felsen bei Mittwald, wo auch einige Routen erschlossen wurden.

L1, 35m, 9 BH, 6b+: Der erste Bolt steckt erst auf ca. 10m Höhe oberhalb vom kleinen Dach. Der Vorbau darunter ist zwar nicht sehr schwierig, aber Konzentration ist trotzdem nötig. Hat man geklippt, so geht's gleich los - das Dach an Seit- und Untergriffen zu überwinden ist die Crux, gleich mal ordentlich knifflig und ohne Vertrauen in die Haftreibung geht's nicht! Auch danach bleibt's anhaltend fordernd, die vielen Käntchen, Dellen und Leisten wollen in eine Sequenz eingeordnet werden und es gilt die Optimallinie zu erschnüffeln - wirklich hervorragender Klettergenuss, genial! Der Stand dann mitten in der plattigen Wand ziemlich unbequem.

Wunderbar strukturierter Fels in L1 (6b+), eine sehr lässige Kletterei!

L2, 35m, 9 BH, 6a: Ähnlich wie die erste Länge aufgehört hat geht es weiter, nämlich mit anregender Plattenkletterei, die einen wachen Geist und solide Fusstechnik erfordert. Mit einem Rechtsschlenker erreicht man dann aber eine Rippe, wo man zügiger Voranschreiten kann. An deren Ende geht's mit einer gängigen Linksquerung zum Stand, der sich kurz vor der ansetzenden Verschneidung befindet und leider auch nicht mit allzu viel Bequemlichkeit auftrumpfen kann.

Chillige Linksquerung am Ende von L2 (6a), davor gibt's aber feine Plattenmoves!

L3, 40m, 10 BH, 6b: Um die Ecke und die Verschneidung hinauf heisst's erst, für die ersten 10-15m ist das nicht sonderlich schwierig. Ab dieser Stelle würde die Verschneidung dann sogar noch einfacher, aber eben auch gemüsig und unschön. Somit führt die Route kühn nach links in die Plattenwand hinaus. Bald einmal sind gewagte Moves nötig - die Absicherung ist zwar super, aber trotzdem einigermassen zwingend und ohne am (gefühlten?!?) Limit auf Reibung anzutreten und mit den Fingern auf kleinsten Unebenheiten für Stabilität beim Aufrichten zu sorgen geht's nicht. Wow, das mit den Schuhen aus den 1980ern, nur mit dem Handbohrer und bei damals deutlich weiteren Abständen - Chapeau an die Erstbegeher!?! Das Finish dann mit ein paar griffigen Schuppen gut machbar, der Stand etwas angenehmer als gehabt, aber auch keine bequeme Ruheoase.

Blick das Voralptal hinaus, selbst im späten Herbst geniess man hier noch viel Sonne!

L4, 40m, 12 BH, 5c+: Um die Ecke geht's auf die verblüffende, sich diagonal nach links ziehende Rampe. Vorerst turnt man am Verschneidungsriss zügig und sehr genussvoll in die Höhe. Hat man nach 30m das Ende erreicht, so sieht ein System von griffigen, jedoch teilweise etwas hohl tönenden Schuppen weiter hinauf. Da muss man sich das eine oder andere Mal noch geschickt positionieren oder etwas kräftiger ziehen. Und wie fast schon befürchtet, bequem ist auch dieser Stand nicht.

Kathrin und Larina schreiten über die schöne und verblüffende Rampe in L4 (5c+).

L5, 40m, 14 BH, 6a+: In anregender, reibungslastiger Wandkletterei an Strukturen und Schuppen klettert man hier auf dem Pfad eines 'S' durch die Wand. Die Bolts stecken zahlreich, es geht mal links, mal rechts. Am oberen Ende des 'S' behält man dann die Richtung und am besten auch den Schwung bei, folgen nun doch die schwierigsten Moves an einer dünnen Rissspur - wo Reichweite vermutlich keinen Nachteil darstellt, denn ich fand es chillig, aber Larina meinte es sei taff. Schliesslich erreicht man um die Ecke eine Rampe mit etwas grasigem Fels, steigt diese ca. 8m in einem Runout hinauf und findet den wirklich maximal unbequemen Stand rechts um die Ecke. Zu erwähnen ist auch, dass hier vorbeugende Massnahmen gegen den Seilzug (lange Exen, Halbseiltechnik) sinnvoll sind.

Blick aus der Wand auf's Sustenhorn - diese Herbsttage sind schon einfach fantastisch!

L6, 40m, 14 BH, 6b: Da hat die Route noch einmal etwas zu bieten! Los geht's mit schöner Wandkletterei, wobei man oft nach links offene Schuppen greift, die manchmal etwas fragil sind - mit einem wachsamen Auge aber kein Problem. Um die Ecke geht's auf eine geneigte Plattenzone, jenseitig dann an einer Rippe die steile Wand empor. Das wird durch den abschüssig-glatten Fels subito knifflig, ist aber eine echt coole Bewegungspassage! Hier habe ich mich aber gefragt, ob der Originalparcours nicht dem Riss unter dem Dach entlang führte?!? Leider ist das Topo im SAC-Führer Urner Alpen 2 so vage, dass wohl nur die Erschliesser eine Antwort geben können. Jedenfalls, hat man den Ausläufer des Dachs erreicht, so heisst es scharf nach rechts abzubiegen und mit einem Hangelquergang an Leisten den Stand zu erreichen. Auch in dieser Länge heisst es, sich nicht mit Seilzug auszubremsen und die Standbequemlichkeit war leider auch hier nicht so, wie wir es uns gewünscht hätten.

Kathrin noch in der Wandpassage, Larina quert über die geneigte Plattenzone in L6 (6b).

L7, 45m, 10 BH, 5c+: Erst geht's in der rechten Wand hinauf (unschwierig), dann überquert man den markanten Riss und steigt an Schuppen und Rissen steiler hinauf, wo man dann für die 5c+ schon noch auf seine Kosten kommt. Die letzten 10m legen sich zurück und man erreicht (endlich!) einen richtig bequemen Rastplatz, wo sich das bei der Sanierung gelegte Routenbuch befindet. Auf dieser letzten Seillänge ist der Fels teilweise etwas mit Flechten überzogen und nicht mehr ganz so schön wie zuvor. 

Larina auf der Zielgerade in L7 (5c+), der Schatten ist inzwischen an den Wandfuss vorgerückt.

Erst kurz vor Schluss der letzten Länge nimmt man aber wahr, dass man nicht den Gipfel erreicht, sondern die Route an einem gratartigen Vorsprung endet, der hinten in einer Schlucht abbricht. Zwar wäre es sicher möglich, noch weiter zu steigen, wegen Grasbändern und inhomogenen Anforderungen sieht's aber tatsächlich nicht mehr lohnend aus. Die Uhr war auf 16.30 Uhr vorgerückt, somit hatte uns die Route gute 4:30 Stunden anregend beschäftigt. Mir war eine komplette Onsight-Begehung gelungen. Man könnte meinen, die sei ein Umstand, der bei einer so tiefen Bewertung kaum der Rede wert ist. Subjektiv ist das aber nicht der Fall, in L3 (6b) musste ich definitiv Moves am Limit ausführen. Gut, Granit ist immer etwas speziell, in etwas griffigerem Gelände empfinde ich ähnliche Emotionen in Bezug aufs Gelingen oder nicht üblicherweise etwa zwei Buchstabengrade höher - was jetzt aber nicht heissen soll, dass die Route dementsprechend aufgewertet werden muss... nur dass sie für Kletterer auf meinem Niveau eine durchaus spannende Beschäftigung bietet.

Top erreicht, Routenbuch natürlich beschrieben - Aufkleber und Initiative lehnen übrigens die Massentierhaltung ab, auch wenn's auf den ersten Blick einen anderen Eindruck machen könnte. Aufkleber hin, Aufkleber her, das Stimmvolk hat die Initiative später dann sowieso versenkt.

Uns blieb noch eine Viertelstunde, um die letzte Abendsonne geniessend am Routenende über solche Fragen zu philosphieren, einen Vesper zu geniessen und den Eintrag im Buch zu machen. Seit der Sanierung Anfang Juli 2021 waren wir erst die vierte Seilschaft, die sich eingetragen hatte. Aber ich bin mir sicher, es werden noch viele weitere folgen, denn die Route verdient einen Besuch auf jeden Fall! Der trockenen Luft wegen sanken die Temperaturen beim Verschwinden der Sonne sofort markant. Zeit also, um die Seile auszuwerfen und in die Tiefe zu gleiten. Da die Wand nicht viele Bänder aufweist, geht das recht zügig vonstatten. Aufgrund der langen Seillängen muss man nach dem routenunabhängigen Abseilstand zu Beginn jede Station nutzen, nur am Ende reicht mit 60er-Stricken schon das sechste Manöver auf den Boden. Dort packten wir flugs unsere Sachen und liefen der Voralpkurve entgegen. Nach einer knappen Stunde waren wir da und setzten uns... in den Kühlschrank. Gerade mal 2 Grad versprach die Anzeige - verrückt nach diesem genussvollen Tag an der Herbstsonne!

Facts

Horefelliflue - Mastermind 6b+ (6a+ obl.) - 7 SL, 275m - Binsack/Lötscher/Meier 1986 - ****;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 15-16 Exen (ca. 6 verlängerbare), Cams/Keile nicht nötig

Sehr schöne Kletterei in meist bestens strukturiertem Granit, der v.a. in den unteren Seillängen etwas an das Gestein in Ailefroide erinnert. Auch wenn natürlich das Antreten auf Reibung einen wichtigen Aspekt ausmacht, so klettert man oft auf Steilplatten, wo auch Leisten und Aufleger bedient werden müssen. In den oberen Längen gibt's dann auch athletischere Passagen, wo man an Schuppen herzhaft ziehen darf. Die ursprünglich spärliche und veraltete Absicherung wurde im 2020/2021 durch Silvia Kempf und André Arnold komplett saniert, vielen herzlichen Dank dafür! In L1-L3 trifft man nun auf prima MSL-Absicherung, wobei richtigerweise immer noch der eine oder andere Schritt auf Reibung zwischen den Haken nötig ist. Die oberen Längen sind spürbar üppiger saniert, wobei mich die Haken manchmal etwas inhomogen verteilt dünkten. Mobile Sicherungen sind nicht nötig, sowieso gäbe es in der oft kompakten Wand kaum Placements dafür. Ein rudimentäres Topo zur Route gab es dereinst im SAC-Führer Urner Alpen 2, prima ist hingegen jenes vom Sanierungsteam - besten Dank auch dafür!

Samstag, 9. November 2024

Teufelstalwand - Im Zeichen der Freundschaft (6b+)

An der Teufelstalwand habe ich in früheren Jahren schon einiges erlebt: spannende Momente beim Abseilverhänger auf dem Weg ins Pissoir du Diable (6b), Top-Genusskletterei in Alpentraum (7a) und Wilde 13 (7b), sowie auch einen Tag mit minimalstem Kletterflow in der Laura (7a trad) - davon gibt es nicht einmal einen Blog. Bisher ausgelassen hatte ich den viel frequentierten, grossen Klassiker der Wand, die plaisirmässig eingerichtete Im Zeichen der Freundschaft (6b+). An diesem wunderbaren Herbsttag lag eine grössere und schwierigere Tour aber nicht drin. Sprich es war genau das richtige Ziel, um mit Guido die Sonne zu geniessen und sich in der Vertikale zu betätigen.

Der Blick von der Abseilstelle auf die Teufelstalwand, welche auf dem Foto jedoch nicht ganz Platz hat. Die abgebildete Routenlinie startet im letzten Drittel von L2. An diesem fabelhaften Gemäuer gibt es derzeit rund 10 verschiedene MSL-Routen.

Nachdem erst noch meine Expertise an einigen Online-Meetings gefragt war, startete unsere Tour um 9.25 Uhr (Winterzeit) beim Nätschen P.1843 vor dem Fahrverbot. Mit dem löhnen einer Taxe von 30 CHF (zahlbar per Twint) könnte man zwar noch bis zum Ober Teufelstalboden (ca. 2030m) fahren. Das spart aber nur unwesentlich Zeit und Effort, so dass wir gerne darauf verzichteten. Wir nahmen den direkten Weg durch den Wald und standen nach 30 Minuten Gehzeit bei der Abseilstelle ins Teufelstal. Für die erste Strecke mussten wir am eigenen Strick abseilen, für die folgenden beiden war ein Fixseil vorhanden. Dessen Zustand kann man als 'gut gebraucht und etwas angewittert' taxieren. Trotzdem aber noch safe und eine elegante Möglichkeit, um Zeit zu sparen und vor allem (!) das Risiko des drohenden Seilverhängers auf dem zweiten Abschnitt zu minimieren.

Spannende, wohl nicht für die Ewigkeit gemachte Formation rechts in der Teufelstalwand.

Den Bach im Teufelstal kann man einfacher gleich nach dem Abseilen überqueren. Jenseitig geht's dann kraxelnd in steilem Schrofengelände (T5) aufwärts zu einem Fixseil, welches gerade hoch in die Wilde 13 (7b) führt. An geeigneter Stelle quert man nach rechts und trifft wieder auf Fixseile, die zuletzt links hinauf zum nicht (mehr) näher bezeichneten Start von Zeichen der Freundschaft führen. Vorausgehend wählte ich die weniger empfehlenswerte Option, erst (im Aufstiegssinn) noch 100m rechts vom Bach zu gehen und ihn erst oben bei einer Verflachung mit roter Farbmarkierung am rechten Ufer zu überqueren. Übers Wasser zu kommen war weniger das Problem wie sich andersseitig im Fels zu etablieren. Die Fixseilinstallation ist da beschädigt und ausgerissen und die glitschig-glatte, wasserüberronnene Granitplatte konnte ich erst bewältigen, nachdem ich eine Bachstauung errichtet hatte, welche das Wasser ein wenig umleitete. Item, um ca. 10.40 Uhr starteten wir mit der Kletterei. Die ersten 1.5 Seillängen lagen noch im Schatten, was Ende Oktober auch so bleibt.

L1, 5c+, 30m: Mit sich gemütlich an den Fels gewöhnen ist nicht viel los. Eine Passage zwischen zwei Schuppen erfordert bald einmal zupacken und auf die Füsse stehen. Den Grad 5c+ erreicht man da gut und gerne. Möglicherweise gilt der so nur, falls man diese Passage links im Schrofengelände umgeht. Die obere Hälfte dann einfacher in einer Verschneidung.

L2, 6a, 30m: Kurz nach links rüber, dann in einer etwas glatten Verschneidung aufwärts. Pas si facile que ça, am ersten Bolt vorbei muss man doch sauber antreten und sich gewählt bewegen. Wenig später erreichten wir die Sonne und konnten das Finish geniessen, welches sich in einer leistengespickten Wand rechts einer Verschneidung abspielt.

Griffige Wandkletterei neben der Verschneidung am Ende von L2 (6a).

L3, 6a+, 35m: Aus schön wird noch schöner! Diese Seillänge trumpft mit einer absolut genialen Piazverschneidung auf. Weil der Riss im Grund stets schön scharf geschnitten ist und für die Füsse zwar nicht üppig, aber doch regelmässig etwas Struktur da ist, geht das ziemlich kommod. Auch zum Ende der Seillänge wartet noch Spezialprogramm: eine Passage, die zwischen breiter Riss und Kamin einzustufen ist, will in geschickter 3d-Kletterei bezwungen werden. Immerhin, die Rettungshenkel sind nicht weit weg.

Der Kamin am Ende von L3 (6a+) bietet eine lässige 3d-Kletterei.

L4, 6b+, 25m: Für Riss-Liebhaber ist dieser Abschnitt sicher das Prunkstück der Route. Der bouldrige Auftakt ist noch eher wandartig und erfordert zwei kräftig-weite Moves mit hohem Antreten an Schuppen. Dann folgt der fabelhafte Splitter Crack in orangem Fels. Gibt es wirklich Leute, welche dies auf der rechten Aussenseite piazen?!? Selbst ohne beides ausprobiert zu haben: straight-in mit Klemmtechnik ist ganz bestimmt viel einfacher - auch wenn der Riss breit, ja teilweise sogar offwidth, sprich zu breit für die breite Faust und die Füsse ist. Mit etwas Kreativität gibt's aber immer eine Lösung.

Prunkstück der Route: der fantastische Splitter Crack in L4 (6b+), mit Tiefblick ins Teufelstal.

L5, 6b, 25m: Eine eher kurze Seillänge, welche vom Stand nach rechts führt und dann ein paar kräftige Moves in Gegendruck-Kletterei an Schuppen verlangt. Im zweiten Teil geht's dann etwas gemächlicher zur Sache. Mit einem Blick auf den eher unbequemen Stand, die verbleibenden Expressen am Gurt und einer weiteren kurzen Länge am Horizont zog ich gleich weiter. Das (50m-)Seil reicht gut, dennoch wegen fehlendem Sichtkontakt und den nötigen Vorbeugemassnahmen gegen die Seilreibung nur etwas für Experten. Wenn man alles mit kurzen Exen klippt, so sind ca. 20 Stück notwendig und der Seilzugtod gewiss.

L6, 5c+, 20m: An einem Riss geht's um die Ecke, wo man einen breiten Graskanal erreicht. Traditionell und möglicherweise auch am einfachsten würde man sich in diesem in die Höhe arbeiten. Das ist jedoch weder elegant, angenehm noch schön. So überquert die Route den Graskanal und findet in der rechten Wand ein paar gute Leisten und Schuppen, wo es sich genussvoll Höhe gewinnen lässt. Der Stand dann wieder links vom Graskanal.

Die erste Episode vom breiten Riss bzw. Graskanal in L6 (5c+). Man kann aussen bleiben...

L7, 5c+, 25m: Dieser Abschnitt folgt nun dem Graskanal. Dank der sehr guten BH-Absicherung kann man guten Gewissens aussen bleiben und alles spreizend bewältigen. Auf diese Art und Weise geklettert, eine echt spannende, aussergewöhnliche und lässige Kletterei. Bestimmt kann man auch durch den Kanal rampfen... jedem das Seine! Zum Ende geht man noch kurz auf die linke Seite, bald kommt schon der zwischen den Zacken versteckte Stand.

...oder das Ganze eher im Inneren bewältigen. Das hier ist der zweite Teil in L7 (5c+).

L8, 6a, 25m: Dieses Teilstück empfand ich als die am wenigsten schöne Sequenz der Route, sie hat mehr den Charakter von einem Überführungsstück. Erst griffige Wand, dann kurz knifflig rechts raus, über eine Platte rechts einer Schuppe und durch die Büsche zurück nach links zu Stand auf bequemem Plateau. Die 6a-Bewertung meines Erachtens im Vergleich zu L1, L2, L6 und L7 zu hoch.

L9, 6a+, 30m: Laut diverser Internetberichte sollte diese Seillänge ähnlichen Charakter aufweisen wie die vorangehende. Und da uns diese ja nicht so gefallen wollte, war das nicht unbedingt eine gute Nachricht. Die Realität zeigte dann zum Glück ein anderes Bild. Ähnlich ist es vielleicht in der Hinsicht, dass es auch keine markanten Risse, Kamine oder Verschneidungen gibt und plattig-wandiger Charakter vorherrscht. In L9 ist die Kletterei aber echt cool und elegant, die Felsstruktur super.

Tolles Ambiente und Kletterei in L9 (6a+).

L10, 6b+, 30m: Nun folgt noch die Krönung. Schon bei der Begehung der Wilden 13 (deren Stand sich 2m links befindet) hatte ich die Idealverschneidung mit ihrem steilen Untergriffausstieg sehr gelockt. Doch jetzt war es soweit. Los geht's noch gemütlich über ein Podest, dann ermöglicht ein Blade in der linken Seitenwand der Verschneidung erst kommodes Fortkommen. Doch der Dettling-Antistyle kommt: kompromissloser Piaz in der Verschneidung, wo man nun nicht mehr nach Belieben die Finger bis zum Anschlag im Riss versorgen kann. Teils muss man weniger tiefe Griffe nutzen, oder dann sind die guten einfach weit auseinander. Auch die Füsse sind nicht immer super. Doch summa summarum, in einer 6b+ mit optimaler BH-Absicherung fiel mir noch leicht, was bei Trad-Absicherung und einer propagierten 6c+ schon eine Challenge wäre (selbst wenn der Fels exakt derselbe wäre). Dass man hier angriffig, voller Vertrauen und ohne mit Gear zu fummeln steigen kann, macht halt einen riesigen Unterschied. Jedenfalls, im Winkel am Ende der Verschneidung kann man nochmals kurz Luft holen, bevor zuletzt geprüft wird, wie viel Strom noch im Akku ist. Mit kräftigen Gegendruckzügen heisst es an der Untergriffschuppe für Fortschritt zu sorgen, bevor man um die Ecke biegt und über eine kurze, griffige Zielgerade das Top erreicht.

Da wartet L10 (6b+) noch auf Action. Podest, Blade, Piaz und Untergriffschuppe, so das Programm.

Ein paar Minuten vor 15.00 Uhr und damit nach rund 4:15h Kletterei waren wir mit einer (meinerseits) perfekten Begehung da. Die Bedingungen waren wirklich top gewesen: angenehm warm aber nicht heiss, ideal um sich die Herbstsonne auf den Pelz scheinen zu lassen. Ich blätterte ein wenig im Wandbuch, welches die Popularität der Route bezeugte. Im 2024 waren uns schon ca. 50 Seilschaften zuvorgekommen, an guten Weekend-Tagen treten meist mehrere Teams an. Gemütlich rollten wir unsere Seile auf und machten uns dann auf den Rückweg. Hinauf entlang der Fixseile, queren und kurz abkraxeln, dann der Strasse entlang zurück nach Nätschen, wo sich um 16.00 Uhr der Kreis schloss. Wir rollten talwärts ins neblige Unterland, wo uns auch schon bald die Dunkelheit einholte. Schon verrückt, dieser Herbstkontrast zwischen wohlig-sonnig-lichtdurchfluteter Atmosphäre oben und der feucht-dunklen Tristesse unten. Aber wir konnten sehr zufrieden sein, dass die Route zwischen meinen morgendlichen Meetings und Guidos abendlicher Probe Platz gefunden hatte und wir so den wundervollen Tag gebührend nutzen konnten.

Facts

Teufelstalwand - Zeichen der Freundschaft 6b+ (6a+ obl.) - 10 SL, 275m - *****;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 14 Exen, Cams/Keile nicht nötig

Kurzum, sicher eine der besten und beliebtesten Granitrouten dieses Schwierigkeitsbereichs in der Schweiz. Die vielen begeisterten Begeher bezeugen dies absolut und die Kletterei ist einer Via Hammerbruch am Salbit auch durchaus ebenbürtig. Zudem gibt es das Ganze mehr oder weniger talnah. Wobei man den Aufwand ins Teufelstal zu kommen nicht unterschätzen darf und das Gesamtunternehmen mit den ungünstigen Rückzugsmöglichkeiten doch nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollte. Die Route ist trotz zahlreicher mobiler Möglichkeiten komplett und sehr üppig mit rostfreien Bohrhaken ausgestattet und hat dadurch klink & go Charakter. Ganz alle Stellen kann man aber (vermutlich) doch nicht mit Hakenhilfe entschärfen, eine 6a+ mit der Verpflichtung etwas abschüssig auf die Füsse zu stehen dürfte trotzdem obligatorisch sein. Die Route ist in diverser gedruckter Literatur beschrieben, sehr hilfreich auch die Übersichtsseite von MyBergtour.

Freitag, 1. November 2024

Brisi - Donnerwetter (6b, 7 SL, Erstbegehung)

Der Brisi mit seiner wuchtig-breiten, steil-imposanten Südwand sieht aus der Ferne wie der perfekte Kletterspielplatz aus. Doch leider ist das Gestein dort wechselhaft, die wenigen modernen Routen verlangen einen Mix aus harter Sportkletterei und anspruchsvollem Alpingelände. Gemütlicher geht es auf der Westseite zu und her: mit der von Thomas Wälti erschlossenen Luky & Sina gibt es seit längerer Zeit eine Genusstour. Sie zeichnet sich durch soliden, kletterfreundlichen Fels, gute Absicherung und problemlosen Zugang aus, bietet aber doch ein eindrucksvolles und aussichtsreiches Gesamterlebnis. Im Sommer 2024 hat die Luky & Sina nun eine Nachbarroute erhalten, auf welche dieselben Attribute zutreffen. Hier der Bericht zur Erschliessung mit allen nötigen Infos über Zustieg, Kletterei, Material und dem Topo.

Blick von der Lücke zwischen Frümsel und Brisi auf die Westwand mit der Route Donnerwetter.

Erschliessung

Die Geschichte dieser Route beginnt mit meiner Sommerskitour auf den Brisi im Mai 2024. Nach der ersten Abfahrt gönnte ich mir noch einen Abstecher durchs Frümseltal in die Lücke zwischen Frümsel und Brisi. Dort deponierte ich meine Bretter und stieg hinauf zum Einstieg der Luky & Sina, welche ich dereinst mit Kathrin und Manuela im 2009 geklettert hatte. Weil sowohl der Grasboden nach der ersten wie auch nach der zweiten Seillänge zu Fuss zugänglich sind, konnte fast die gesamte Route bzw. das Felspotenzial daneben aus nächster Nähe inspiziert werden. Es kribbelte heftig in den Fingern und am liebsten hätte ich die Moves gleich freesolo in den Skischuhen ausprobiert. Die Vernunft (zum Umdrehen bevor der Point of no Return überschritten war 😂) war zum Glück gross genug, aber das Projekt mit einer Route durch die Brisi Westwand war lanciert. Mit Guido war auch bald ein Partner für das Vorhaben gefunden. So sassen wir in den Startlöchern und prüften täglich unsere Möglichkeiten. Doch im Vorsommer 2024 war der Brisi, wenn nicht Regenschauer eine Tour vereitelten, fast permanent in dicke Quellwolken gehüllt. Am 28. Juni 2024 sollte es dann klappen, die Prognose klang endlich einmal gut genug. Doch es war wieder nichts, ein isoliertes, nächtliches Gewitter lud über den Churfirsten viel Feuchtigkeit ab und wir mussten zum Bockmattli umdisponieren. Dort gelang uns an diesem Tag die Erstbegehung der Kairos, was natürlich ein absolut ebenbürtiges Programm war.

Auf geht's zum Brisi, wie immer per Bike - lange mussten wir auf diesen Moment warten!

Das Brisiprojekt war mit der Kairos natürlich nicht hinfällig geworden. Die Chance kam schliesslich zum Ende der Sommerferien. Am 15. August 2024 fuhren wir (wie immer) mit den Bikes von Unterwasser zur Alp Torloch und mühten uns mit sehr schwerem Gepäck zur Brisi Westwand. Meine Abschätzungen hatten ergeben, dass für dieses Projekt wohl ziemlich genau gleich viele Haken wie in der Kairos zu setzen wären. Somit lag eine 1-Tages-Erstbegehung im Bereich der Möglichkeiten. Auf jeden Fall wollten wir eine solche anstreben und sie sollte nicht an einem Detail scheitern. Voll beladen mit Material, Motivation und Power stiegen wir ein. Auf einen heftigen Bremser trafen wir jedoch bereits in der zweiten Seillänge. Ich leistete einen Verhauer von 4 Bohrhaken, den ich wieder abbauen musste. Unverhältnismässig schwierig war das in freier Kletterei, was viele Wiederholer nur zu einem Umweg über eine Schuppe gelockt hätte, von welcher man besser die Finger lässt. Das Malheur liess sich zum Glück mit einer neuen Routenführung in der oberen Hälfte des zweiten Abschnitts korrigieren. Dass dies an den Zeitreserven genagt hatte, wog weniger schwer wie die Hypothek von vier vergeudeten Bolts, die uns möglicherweise später fehlen und an der Komplettierung der Route hindern würden.

Der Startschuss ist gesetzt! Beim Bohren der dritten Zwischensicherung in L1 (5c+).

Es galt jedoch kein Trübsal zu blasen, sondern sich in die Komplettierung des Projekts zu engagieren. Nach einer Grasbandquerung nahmen wir die dritte Klettersequenz in Angriff. Steil war es da, die anhaltende 45m-Seillänge im Grad 6b forderte 10 Bohrhaken, entsprechend auch Zeit und Kraft. Sämtliche im Voraus fragliche Passagen lösten sich aber gut auf, das war die Hauptsache. Eine Verschneidung mit erstaunlich kniffliger Ausstiegspassage brachte uns schliesslich als fünfte Seillänge auf das oberste Grasband, mit freiem Blick auf den letzten Felsriegel. Diesen hatte ich bei meiner Reko anlässlich der Skitour nicht inspizieren können. Auf den Fotos von früher meinte ich zwar, eine Linie zu erkennen. Doch deren Steilheit und Details zur Felsqualität liessen sich auf den Pixeln am Bildschirm nur summarisch bewerten. Sprich es war unklar, bei welchen Schwierigkeiten es ging und wie lohnend es wäre. Das Schicksal war uns aber gnädig bestimmt: an einem scharf geschnittenen, griffigen Riss liess sich das steile Gelände wie gewünscht im 6b-Bereich bewältigen. Mit ein paar kraftraubenden Bohrmanövern gelangte ich zur finalen, genial zu kletternden Schuppe, setzte den allerletzten Bolt den wir mitführten und gelangte so zum Top. Wie gut, dass wir da, den finalen Stand der Luky & Sina nutzen konnten, sonst wäre unsere Route an diesem Tag nicht vollendet worden. Das war eine Punktlandung im wahrsten Sinne des Wortes gewesen, die mit einer genialen Abendstimmung am Top versüsst wurde. 

Besser kann es fast nicht aufgehen! Kurz vor Sonnenuntergang erreichten wir das Top der Route, die Erstbegehung in einem einzigen Tag war geschafft. Und es ging bis auf das letzte Stück ganz genau auf mit den Bohrhaken, am Ende waren alle aufgebraucht - ohne dass ich auf Kompromisse und Sparerei setzen musste.

Noch ausstehend war damit nur die Krönung des Projekts durch eine Begehung mit leichtem Gepäck und Rotpunktambitionen. Erneut vereitelte instabiles Wetter die Pläne, erste Schneefälle ermöglichten sogar schon eine Voralpen-Skitour im September. Nach den Herbstferien hielt dann aber doch der gewünschte goldene Oktober seinen Einzug, so dass wir am 27. Oktober 2024 zur Tat schreiten konnten. Die erwünschte Rotpunktbegehung gelang ohne Schwierigkeiten, aber mit viel Freude. Wir genossen einen fantastischen Herbsttag bei bestem Wetter mit genussvoller Kletterei. Gold wert war auch die Erkenntnis, dass Route und ihre Moves sich noch besser anfühlten, als wir dies vom Tag der Erstbegehung in Erinnerung hatten. Das war ein tolles Projekt, vielen herzlichen Dank Guido für deine Mithilfe und Mitarbeit!

Bei erneut fantastischem Ambiente kurz vor dem Top in L7 (6b) - danke Guido!

Zustieg

Autofahrer erreichen von Unterwasser über die taxpflichtige Strasse (13 CHF/Tag, Taxautomat für Münzen, Twint oder Parkingpay-App vor Unterqueren der Iltiosbahn) die Selamatt und stationieren ihr Gefährt in der Gegend von P.1561 bei den Ställen vom Thurtalerstofel (Kartenlink, bitte den Alpbetrieb nicht behindern!). Dann auf markiertem Wanderweg via Brisizimmer und P.1798 am Fuss des Brisirückens ins Frümseltal zur Lücke P.2044. Nun der Krete ostwärts folgend hinauf, eine erste Gruppe von Felstürmen wird links umgangen. Man erreicht so den markanten Schacht am Grat. Im Sattel oberhalb von diesem findet man den Einstieg  (2 BH, Markierung "Luky & Sina"). Koordinaten CH LV95: 2'739'085, 1'223'995, Höhe 2110m, Kartenlink. Gehzeit ab P.1561 ca. 60-75 Minuten.

Hier im Sattel über dem markanten Schacht (durchgehendes Loch auf die Südseite!) starten Luky & Sina sowie auch unser Donnerwetter. Hier der Rückblick auf L1 (5c+) und Guido, der mich im Vorstieg sichert.

Mit dem Bike kann man bis Brisizimmer fahren, oder alternativ auch zur Alp Torloch (dorthin anscheinend Fahrverbot für Autos, v.a. gibt es keine Parkplätze). Die Alp Torloch als Ausgangspunkt macht jedoch nur dann Sinn, wenn man den Westabstieg vom Brisi (siehe unten) wählt. Beim Abstieg über den Brisi-Nordrücken ist ein Bikedepot bei Brisizimmer insgesamt vorteilhafter und schneller. Die Querung von Torloch zum markierten Wanderweg im Frümseltal kann auf der falschen Fährte durch Kraut, Stauden und mühsame Karren beschwerlich sein. Insidertipp: es gibt eine zurückhaltend mit pinken Punkten markierte Ideallinie (Startpunkt ostseitig, Startpunkt westseitig).

Bikedepot bei Brisizimmer, hinten nicht nur der Säntis, sondern mit Wildhauser Schafbergwand und Moor zwei Top-Klettergebiete in Sichtweite.

Routenbeschreibung

Donnerwetter 6b (6a obl) - 7 SL, 230m - Marcel Dettling & Guido Arnold 2024
Material: 1x50m-Seil, 12 Express, evtl. Cam 0.4

L1, 25m, 5c+, 3 BH: Vom Stand im Sattel ob dem Schacht startet Luky & Sina nach rechts, Donnerwetter steigt in die kompakte Platte etwas links oben ein. Die kurze Wandstufe beschäftigt einen vermutlich länger, wie man zuerst meint. Es ist doch recht steil, man muss sauber antreten und die positiven Crimps identifzieren, an welchen man sich festhalten kann. Nach 10m steigt man schon auf das Grasband aus und traversiert auf diesem 15m horizontal hinüber zum gemeinsamen Stand mit Luky & Sina. Dieser Abschnitt kann auch problemlos linksherum umgangen werden.

Guido im Exit von L1 (5c+), wo noch eine Grasbandquerung wartet. Zwei weitere Fotos von dieser Seillänge findet man weiter oben im Bericht in den Rubriken Erschliessung und Zustieg. Hinten der Frümsel.

L2, 35m, 6a+, 8 BH: Hier geht Luky & Sina mehr oder weniger direkt über dem Stand weiter, während Donnerwetter ein paar Meter links startet. Zur optimalen Sicherung des Vorsteigers sollte man sich vielleicht nicht gerade mit der kürzesten Selbstsicherungsschlinge am Stand fixieren (auf dem breiten und wenig steilen Grasband ist überhaupt keine Sicherung nötig). Es folgt ein prima Start über kompakte Steilplatten mit Seit- und Untergriffschlitzen, toll! Bald einmal lässt es etwas nach, mit genussvollen Moves im Fünfergelände kommt man zum Top dieser Wand.

Tolle Kletterei an Unter- und Seitgriffen in L2 (6a+).

L3, 40m, T4,  0 BH: Erst über das problemlos begehbare Grasband horizontal hinüber zu einem Block mit SU-Schlinge. Die letzten Meter sind dann etwas gerölliger und werden leicht absteigend begangen. Die Bohrhaken drüben an der Wand für die Fortsetzung der nächsten Seillänge sind gut sichtbar. Am Stand/Einstieg steckt nur ein einzelner Haken. Da es sich hier um kein Absturzgelände handelt, scheint das so vertretbar. Wer unbedingt einen zweiten Sicherungspunkt will, kann in einem Querschlitz den Camalot 0.4 legen.

Im Vordergrund die SU-Schlinge und der letzte Teil von L3, dort wo Guido steht führt L4 weiter.

L4, 40m, 6b, 10 BH: Steil geht's los, dank den griffigen Schuppen erst links in der Wand. Auf ein paar Metern Höhe ist es dann kommoder, die Verschneidung rechts in die Sequenz einzubauen. Griffig und etwas weniger steil geht es nach deren Ende weiter. Der nächste Programmpunkt bzw. die Crux besteht aus einem kniffligen Mantle über einen Wulst (etwas rechtsrum angehen, direkt über den Haken ist das taff!). Nachher folgt wieder schön griffiges Steilgelände im Bereich von 5c+/6a zu einem luftigen Stand hinauf.

Marcel hat die griffigen Schuppen am Start von L4 (6b) schon genutzt und spreizt nun an die Verschneidung.

L5, 35m, 5c+, 4 BH: Grob in der Verschneidung geht's weiter. Vorderhand genussreicher und auch nicht schwieriger, wenn man links in der Seitenwand klettert, das ist die Ideallinie. Vorbei geht's an einem witzigen Klemmblock, an welchem wir wie verrückt gerüttelt haben. Er liess sich nicht bewegen, man nutze ihn trotzdem mit Bedacht (oder gar nicht, geht auch ohne wesentlich höhere Schwierigkeiten). Am kniffligsten ist dann der Ausstieg aus der Verschneidung, der sich aber doch auch gut wegstehen lässt. Weiter geht's dann in gestuftem Grasgelände, wo man zur Sicherung (falls es einem nötig erscheint) nochmals den Cam 0.4 unterbringt. Der Stand kommt erst oben auf der wenig steilen Wiese an einem Felsblock (einfach zu finden).

Marcel unterwegs in der Verschneidung von L5 (5c+) bei der Rotpunktbegehung.

L6, 30m, T3,  0 BH: Aufstieg über die Grasflanke zur nächsten und letzten Wand. Der Einstieg befindet sich bei einer kleinen Höhle, die Bohrhaken sind ca. 3m rechts einer markanten Verschneidung gut sichtbar. Am Boden der kleinen Höhle befindet sich in ein paar Steine eingebettet das Honigglas mit dem Wandbuch, wo man gerne seinen Eintrag machen darf. Da es sich nicht um Absturzgelände handelt, steckt auch hier am Stand/Einstieg nur ein einzelner Bohrhaken, mehr braucht es nicht. Ein zweiter Sicherungspunkt könnte mit dem Cam 0.4 im Riss gelegt werden.

Wie cool, dass auch diese Grasbandlänge ohne Kletterschwierigkeiten spektakulär aussieht!

L7, 30m, 6b,  8 BH: So richtig steil und kräftig geht's hier los, dank dem griffigen Riss mit seiner scharfen Kante und ein paar Tritten steigen die Schwierigkeiten doch nicht übermässig an. Es gilt die Übersicht zu behalten, bis das Terrain nach ca. 10m etwas einfacher wird. Gerade hinauf kommt man zur markanten Riesenschuppe. Eine grandiose Turnerei in bestem Fels an dieser bringt einen hinauf zum Top, ein paar einfache Moves führen rechtshaltend zum letzten Stand, welcher gemeinsam mit Luky & Sina ist.

Marcel unterwegs am steilen, ja bisweilen leicht überhängenden Riss in L7 (6b). Die Seillänge führt in gerader Linie über dem Kletterer weiter. Oben am Horizont erkennt man direkt über dem Helm auch noch die massive Schuppe, an welcher man im zweiten Teil der Seillänge in die Höhe turnt.

Abstieg

Am einfachsten in knapp 10 Minuten vom Ausstieg weiter dem Westgrat bzw. der Gipfelkrete entlang (Gehgelände, T3) zum Kreuz am höchsten Punkt vom Brisi und von dort den markierten Wanderweg über den Nordrücken zum Abstieg nutzen, was einen in total ca. 60 Minuten retour zum P.1561 an der Selamattstrasse bringt. 

Guido auf dem Weg zum Brisigipfel, welcher der Gipfelkrete entlang führt. Was für eine Gegend!

Alternativ kann auch der Westabstieg verwendet werden, welcher Absteigen und Abseilen kombiniert. Zuerst vom Top (in Wandansicht) rechts der letzten Seillänge durch eine T4-Rinne absteigen, dann am Fuss des Felsriegels (am Start von L7 vorbei) zur Abseilstelle am Fuss der markanten Pfeilers queren. 3x Abseilen à jeweils 20-24m bringt einen auf die Wiese auf Höhe Start von L4. Von dort steigt man zu Fuss im Schrofengelände (T4/T5) ab, die ersten drei Seillängen der Route (im Abstiegssinn) rechts umgehend. Ungefähr auf Höhe des Einstiegs quert man hinüber zum Schacht bzw. der Krete, steigt ab zu P.2044 und gelangt über die markierten Wege durchs Frümseltal retour zu seinem Ausgangspunkt. Der Zeitbedarf dürfte so bei 60-90 Minuten liegen, je nachdem wohin man muss/will.

Büroarbeit auf dem Brisi 😀

Abseilen/Rückzug

Die Route Donnerwetter ist nicht zum Abseilen eingerichtet! Nach L1 und L2/L3 kann man über die Bänder nordwärts ausqueren und absteigen, nach L4 lässt es sich zu deren Start abseilen und dasselbe tun. Hat man L5 bewältigt, so kann L7 durch die T4-Rinne rechts umgangen und der Gipfel erreicht werden. Oder man quert von da über die Wiese zur der beim Abstieg erwähnten Abseilmöglichkeit.

Wie bekannt mag es der Mann im Bild gar nicht, eine MSL nicht bis zu ihrem Ende zu klettern 😉

Material, Absicherung, Topo & Hinweise

Die Route ist durchgehend mit soliden, rostfreien Bohrhaken auf Stufe xxxx bzw. Plaisir gut+ eingerichtet und klassifiziert unseres Erachtens als Genusstour auf gehobenem Niveau. Ein gewisser Anspruch ist im Vorstieg dennoch präsent. Die Haken wurden zur Sicherung und zur Vermeidung von gefährlichen Stürzen platziert und nicht, um sich an jeder Stelle nach Belieben daran hochziehen zu können. So ist der Grad 5c+ ganz sicher, vermutlich sogar 6a obligatorisch zu meistern. Im vierten und unteren fünften Grad muss man auch einmal ein paar Meter über die Haken steigen, für Churfirstenverhältnisse gut abgesichert ist das Terrain auch dort. Mobile Sicherungen sind nach Meinung des Autors nicht zwingend anzubringen, gewisse Möglichkeiten findet man hier und da. Am ehesten nützlich (aber auch verzichtbar) ist der Camalot 0.4, um im Stehgelände am Anfang von L4 und L7 einen zweiten Sicherungspunkt zu schaffen und im grasigen Kraxelgelände am Ende von L5 noch eine Zusatzsicherung zu haben. Hinweis: auf den Seillängen ist der Fels generell solide, rau, griffig und genussvoll zu beklettern. Bei den Ausstiegen auf Bänder und in gestuftes Gelände ist jedoch eine gewisse Wachsamkeit auf loses Gestein durchaus empfehlenswert. Für Kletterer mit etwas alpiner Erfahrung ist das aber problemlos zu meistern. So bleibt mir nur noch, viel Spass bei einer Wiederholung der Route zu wünschen und auf den PDF-Download für das unten abgebildete Topo hinzuweisen.

Das Topo zur Route, gibt es auch zum Download als PDF.