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Sonntag, 9. Februar 2025

Skitour Lachenstock (2027m)

Anfang Februar, die Zeit für Skitouren abseits der "blauen Pisten" ist gekommen: über einem kompakten Nebelmeer herrschen strahlend sonniges Wetter und in den nördlichen Voralpen sichere Lawinenverhältnisse. Meine Arbeitsverpflichtungen an diesem Tag ermöglichen mir nur eine Halbtagestour, doch auch in der Nähe gibt es bei solch optimalen Bedingungen noch viele spannende Touren zu entdecken. Um vom schönen Wetter bestmöglich profitieren zu können, will ich für meine Nachmittagstour eine westliche Exposition wählen und breche ins Wägital auf.

Ausstieg aus dem Lachenstock-Couli, in der rechten Bildhälfte der Gross Aubrig.

An sich ist der Lachenstock eine unbedeutende Erhebung im Redertengrat. Es gibt sogar eine offizielle Skitourenroute vom Seeende via Rinderweid zum Gipfel. Diese beinhaltet aber im oberen Teil viel Querung und somit wenig Abfahrtsspass, dadurch steht diese Unternehmung stark im Schatten der viel lohnenderen Ziele Mutteristock und Redertengrat P.2214. Der findige Skitourist erkennt aber auf der Landeskarte seine Optimallinie am Lachenstock, die von vor dem Bruch via Aberliboden nach Zindlen und dann durch ein skifahrerisch vortreffliches Couloir auf die Zindlencharren und zum Gipfel führt. Ganz ohne Unannehmlichkeiten geht die Tour nicht ab, im steilen Waldstück nach Zindlen müssen die Ski über 150hm getragen werden. Dazu braucht es Bedingungen, welche das nicht beschwerlich machen, zudem muss für die Steilhänge oberhalb die Schneedecke genügend stabil sein.

Aberliboden mit dem Zindlenspitz prominent in Bildmitte, links Rossalpelispitz und Brünnelistock.

Der Weg nach Aberliboden durch den steilen Wald ist kein Skigelände, war aber prima begehbar.

Kurz nach 13.30 Uhr starte ich beim P.922, den ich schon für die ebenfalls sehr aussergewöhnlichen Skitouren zum Rossalpelispitz und zum Zindlenspitz genutzt hatte. Nicht unbedingt erwartet hatte ich, den ersten Teil bis zum Aberliboden auf den Ski zurücklegen zu können. Doch auf dem Alpweg lag eine zwar dünne, aber kompakt-verfestigte Schneedecke, so ging es rauf (und auch runter). Vom P.1101 am Eingang des Aberliboden folgt man dem Sommerweg nach Zindlen. Die ersten 20hm noch in offenem Gelände, dann geht's in den Steilwald. Nur bei aussergewöhnlich guten Bedingungen wird man das mit den Ski steigen können. Ein Stück weit war es noch möglich, dann war die Portage effizienter. Das Gelände war nur knapp verschneit, der Aufstieg so mühelos.

Die Alp Zindlen mit dem gleichnamigen Spitz, hier heisst es (zum Lachenstock) rechts abbiegen.

Über diese Hänge musst du gehen. Tolles Skigelände im oberen Teil vom Lachenstock-Couli.

Beim Ausgang vom Wald auf 1290m wechselt man wieder auf den Modus Skitour. Über recht steiles (zwei Passagen à 35 Grad) aber optimales Skigelände geht's zur Schulter vor der Alp Zindlen (ca. 1510m). Dort heisst es rechts in das Lachenstock-Couloir abzuzweigen. Dieses ist genügend breit, dass man es trotz seiner Steilheit (30-35 Grad) spitzkehrend bewältigen kann. Auf rund 1700m öffnet sich das Gelände und legt sich zurück. Um einige Buckel und Aufschwünge herum darf man seine Ideallinie identifizieren und dem Gipfel entgegen schreiten. Um rund 16.00 Uhr stand ich am Kulminationspunkt, den ich zuvor nur ein einziges Mal im Rahmen der Wägital Rundtour erreicht hatte. Bis heute der Tag, an dem ich die längste Distanz und die meisten Höhenmeter zurückgelegt hatte (~100 Leistungskilometer, ~5000hm) - und das wir höchstvermutlich bis zum Ende meines Lebens auch so bleiben.

Blick vom Gipfel auf die eindrücklich steile und breite Glärnisch Nordwand.

Und hier der Sonne entgegen dem Redertengrat entlang zu seinem Stock und dem Mutteri.

Am Gipfel war es mild und absolut windstill und dank der direkten Abfahrt war mir ein zügiger Rückweg ins Tal gewiss. So konnte ich das fantastische Ambiente mit einer langen Pause am Top ausgiebig geniessen. Dasselbe gilt natürlich auch für die Skiabfahrt: im Gipfelbereich galt es noch auf ein paar versteckte Steine aufzupassen, der Schnee war aber super. Dann über steilere Hänge und flachere Rücken auf Zindlencharren, ebenfalls toll. Auch das Couli war ein Genuss, da war der Schnee (wie so oft in solchen Rinnen) aber etwas vom Wind bearbeitet und nicht mehr ganz so fluffy. Die Hänge ab Zindlen bis zum Wald waren dann wieder super zu fahren. Danach mussten die Bretter bis zum Aberliboden an den Rucksack, bevor es sich kurzschwingend über die enge Strasse wieder zum Ausgangspunkt wedeln liess. Fazit: wow, wow, wow! After-Work-Abenteuer kompakt fast vor der Haustüre, was will man mehr!

Donnerstag, 6. Februar 2025

Sparta Fight 2025

Auch wenn es mich immer wieder magisch an diese lässigen Events zieht, von Wettkämpfen wird hier nur noch relativ selten berichtet. Sprich, da muss etwas Aussergewöhnliches passiert sein oder es wird eine lange Tradition von Blogs fortgeführt. Im Rahmen vom Sparta Fight trifft beides zu: einerseits gibt es bereits eine Serie von Reports die im Jahr 2019 startet und andererseits stand wie im Vorjahr wieder eine Ü40-Kategorie im Programm. Dass die Chancen auf eine gute Rangierung so höher sind, als wenn man gegen die jungen Wilden antreten muss, versteht sich von selbst.

Alle Bilder sind von Sparta Bouldering & mediasquad.ch, vielen Dank!

Einige Aspekte am Sparta Fight waren bei der Ausgabe 2025 neu. So war er heuer ein für die Nachwuchs-Nationalmannschaft ein verpflichtender Trainingsevent. Somit wurde neben der für lizenzierte Wettkämpfer gedachten Elite eine Plausch- und eben ein Ü40-Kategorie geschaffen. Wie in alten Zeiten war die Familie Dettling wieder einmal vollzählig am Start: 1x Damen-Elite, 1x Herren-Plausch und je 1x Ü40 bei Damen und Herren. So reisten wir zeitig an und konnten gleich das professionelle Warm-Up der Nati (zu) kopieren (versuchen).

Larina vor einem kniffligen Mantle.

Erstmals waren sowohl die neue wie auch die alte Halle für den Wettkampf beschraubt. Während der 4:30h dauernden Qualifikation waren 45 Boulderprobleme zu lösen. Dem Teilnehmerfeld entsprechend gab es natürlich diverse sehr schwierige Aufgaben. Davon musste ich schliesslich 9 Stück ungelöst lassen, sprich es konnten 36 Tops notiert werden - ein bisschen verbunden mit dem Wermutstropfen, dass ich an zwei Bouldern viel Zeit und Energie investierte, aber am Ende so, so, knapp scheiterte. Hätten diese beiden Einträge auf der Scorecard gemacht werden können, so hätte ich ein gutes Gefühl in Bezug auf die Rangliste gehabt. Aber so?!?

Auch Kathrin gibt ordentlich Gas.

Es zeigte sich schliesslich, dass es trotzdem reichte. Ganz konkret sogar für Rang 1. Eingebracht hatte mir dieser Erfolg vor allem das Top an Boulder #33. Diese als Coordo-Problem gedachte Aufgabe konnte ich mit einem Beta Break überlisten. Ganz so schwierig war das am Ende nicht, andererseits reizte es doch jede Faser meiner körperlichen Möglichkeiten aus. Naja, das macht einen wesentlichen Teil vom Erfolg beim Bouldern aus - innovativ denken und immer daran glauben, dass es einen (individuell machbaren) Lösungsweg gibt. Und natürlich freue ich mich jedes Mal diebisch, wenn gewitzt mit Köpfchen ein Top gesichert werden kann, welches auf der offensichtlich angedachten und meistverwendeten Variante vermutlich nicht gelungen wäre.

Herzlichen Dank an die Sponsoren für die schönen Preise 😀

Ein Final stand für die Senioren nicht im Programm. Hätte ich beim High-Noon vor Publikum antreten wollen, so hätte ich bei der Plausch-Kategorie teilnehmen müssen. Da hätte es mir effektiv für die Qualifikation gereicht (niemals jedoch bei der Elite, nur dass dies ganz klar herausgestrichen ist, dort hätte man 42 Tops bieten müssen). Wobei ich dann, so wie sich der Plausch-Final entpuppte, durchaus nicht unglücklich war, meine Fingerspitzen schon an einem frisch aus dem Eiskasten kommenden Getränk abkühlen zu können. Die Boulder waren nämlich hammerhart konzipiert: es gab kein einziges Top und auch Zonen-Erfolge waren sehr rar. Am Ende mit leeren Händen (0t0z) dazustehen wäre ein Verdikt im Bereich des zu Befürchtenden gewesen. Natürlich hätte ich auch das genommen, gebraucht habe ich es allerdings nicht unbedingt 😉

Hier kann man erahnen, dass kaum ein Muskel nicht zu Einsatz kommt.

Familienintern konnten wir uns mit einem zweiten Rang für Kathrin bei der Damen-Ü40 über ein weiteres Podest freuen. Mit Larina im Final mitzufiebern war uns leider hingegen nicht vergönnt. Es hätte dazu nur ein weiteres Top am richtigen Boulder gebraucht. Und wenn man weiss, wie nahe das war... aber so ist das eben beim Klettern und generell beim Wettkampfsport: knapp vorbei ist auch daneben und auch wenn der Unterschied in der Leistung schlussendlich marginal ist - im richtigen Moment braucht's das Epsilon mehr und die Kunst liegt genau darin, es bei der entscheidenden Gelegenheit auf die richtige Seite zu zwingen. Nichtsdestotrotz machten wir uns beglückt und zufrieden auf den Heimweg. Der Sparta-Fight hatte wieder einmal das geboten, was wir uns erhofft hatten: tollen Sport, viele Emotionen und einen gehörigen Trainingsreiz für alle Muskeln welche das Klettern in Anspruch nimmt.

Donnerstag, 30. Januar 2025

Cresciano Bouldering Januar 2025

Während einem substanziellen Teil vom Januar 2025 herrschte im Tessin sonniges Winterwetter. Bei den höher gelegenen Blöcken von Chironico lag Schnee, ebenso ist die bei tiefen Temperaturen willkommene Sonne dort nur für ein kurzes Fenster zu Gast. Mehr frühlingshaftes Ambiente gab's an den Massi von Cresciano, so dass ich diesen den Vorzug gab. Der Nachteil dieser Wahl: man kann nicht auf Strassennähe zählen, die Pads müssen rund eine halbe Stunde hinaufgebuckelt werden. Mit meiner doch noch vorhandenen Alpinisten-DNA kein grösseres Problem. So waren mir drei wundervolle Sessions nach dem Motto "just me, the boulders, the winter sun and the crisp air" vergönnt - fantastisch!

Session 1 in den Sektoren Letamaio & Danilo

Dieser relativ kleinen Sammlung von Blöcken zwischen den beiden populären Sektoren Filo a Sbalzo und Danilo gab ich beim ersten Ausflug den Vorzug. Insbesondere dem grossen Letamaio-Block, wo es vom grossgriffigen 6A-Aufwärmproblem bis zu den High-End-Traversen wie La rondeur de tes seins (8A+) oder der crazy hohen Don't look up (8C) für alle Geschmäcker etwas gibt. Ich werkelte v.a. an der Traversa del Letamaio (7B), einer ziemlich langen Querung mit dem Attribut rasoterra: moderater, schon etwas ermüdender Start, dann eine knallharte Leistensequenz nur knapp über Grund, bevor noch etwas Power für den aufwärts führenden Ausstieg nötig ist.

"Tiefer kannst du nicht sinken...". Am Crimpen in der Traversa del Letamaio (7B).

"Tiefer kannst du nicht sinken", das hatte mir ein auf MSL fokussierter Kollege als Bemerkung zum Video geschrieben. So richtig ernst war das natürlich nicht gemeint. Aber auch wenn... es hätte mich nicht zum Nachdenken gebracht. Begeisterungsstürme zu diesem Video von einem Non-Send an einem No-Name-Dabby-Lowball hatte ich eh keine erwartet. Vor allem aber war ich mit mir total im Reinen: auch nach 35 Jahren im Klettersport macht es mir riesige Freude, an einem solchen Problem "umezchnüble", sprich eine machbare Lösung zu suchen, dabei kleine Erleuchtungen zu haben und den Plan für das Ganze zu entschlüsseln. Warum? Warum nicht! Oder vielleicht auch: weil man kann! In diesem Sinne war das eine absolut grandiose Session 💪🏼. Und eines Tages, da bin ich mir sicher, wird hinter diesen Boulder noch das ✅ gesetzt.

Sessions 2/3 in den Sektoren Naso di Zmut & La Boule

Es dauerte nicht lange, bis es mich wieder magisch durch das Gotthardloch zog. Zur Abwechslung wollte ich dieses Mal zwei der hinteren Sektoren inspizieren. Dem Topo und dem Vernehmen nach wartet da noch man spannende Herausforderung und vor allem hatte ich dieses Gebiet noch gar nie betreten. Schon bei meinem Warm-Up-Bouldern verweilte ich länger als geplant und fügte zum Balancy Froci che non riuscite (6B) einen Sitzstart und dann eine Extended-Version mit Einqueren von rechts hinzu. Steht beides nicht im Topo, dünkt mich aber absolut logisch, wenn man gerne ein paar Moves am Stück macht. So gibt's nicht nur mehr Kletterzeit, sondern auch mehr Schwierigkeit (ca. 6C). Aber vor allem liess sich auch ein Video aufnehmen, welches dem MSL-Kollegen als wertvolles Training für den Pizzo d'Eus verkauft werden konnte - das war nicht so einfach zu kontern.

Eine super Linie im Sektor La Boule: L'altra faccia (7B).

Schliesslich begab ich mich in die kleine Arena, wo mit Bouldern wie La Boulette (7B), Toccami tutta (7A+), L'altra faccia (7B) und Ci credo o non ci credo (7A) gleich mehrere optimale Turngeräte für mich herumstehen. An den mittleren beiden pröbelte und puzzelte ich ausgiebig herum. Schwindende Kraft und verbleichendes Tageslicht verhinderten schliesslich einen Send, motivierten aber zur baldigen Rückkehr. Zum Glück erfolgte diese zeitnah: solides Aufwärmen und dann rein in die Projekte, so lautete das Motto. Ob so viel Zielstrebigkeit den Blick nach links und rechts nicht vergessen jedoch auch. Als Produkt resultierte eine in den Topos nicht verzeichnete Möglichkeit am Block mit dem Boulder L'eliminante (7A+) im Sektor Naso di Zmutt. Vielleicht war das ja ein FA und falls mir das Privileg zusteht, einen Namen zu vergeben, so würde ich das Problem Save the duck (6A, Video) taufen. Wie man am Grad erkennt, schwierig zu klettern ist es nicht - nur die Möglichkeit gilt es zu erkennen.

Eine in den Topos nicht verzeichnete Möglichkeit im Sektor Naso di Zmutt: Save the Duck (6A).

Schon noch rechtzeitig vor dem Ausverkauf von Haut und Kraft widmete ich mich dann aber den Projekten. Wie gewünscht liess sich L'altra faccia nach dem idealen Vorprogramm zügig abhaken (hier geht's zum Video). Natürlich dauerte es nach der erfolgreichen Begehung nur Minuten, bis meine Matten unter dem nächsten Problem platziert waren. Zwar gelang mir mit Mano Lesta Sit (7A+) tatsächlich noch ein weiterer (für mich) schwieriger Boulder. Noch viele mehr blieben aber offen und motivieren, die Reise nach Süden wieder anzutreten, idealerweise gut disponiert, mit reichlich Haut auf den Fingerbeeren und einer ordentlichen Portion "Strom i dä Hose".