- -
Posts mit dem Label Rope Solo werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Rope Solo werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Donnerstag, 24. Juli 2025

Chaiserstock - Cyndarella (6c+)

Die Route Cyndarella führt in 6 kurzen Seillängen durch die kleine Westwand am Chaiserstock. Sie wurde 1990 von den Gebrüdern Müller eingerichtet und fiel danach kaum bekannt in einen Dornröschenschlaf. Wenige Wochen vor meiner Tour wurde sie von den Erstbegehern mit modernem Material und einigen zusätzlichen Bohrhaken saniert. Der Bericht auf rauchquarz.ch lockte mit vielversprechendem Text und anmächeligen Bildern. Das war genau die richtige Tour für diesen Freitagnachmittag, für mich quasi eine Zeitreise durch die Jahrzehnte.

Blick auf den Chaiserstock mit seiner Westwand und dem Verlauf der Route Cyndarella (6c+)

Es war nämlich schon über 30 Jahre her, seit ich mit meiner damaligen Freundin am Chaiserstock die Verschlossene (5c) und den Kaminpfeiler (6a) klettern konnte - Erinnerungen für die Ewigkeit. Später kamen dann noch in Verbindung mit einer Skitour S'chli Träumli (6b) und Via Fantastika (6a+) hinzu, zuletzt war es dann Rinderwahn (6c). Die letztere Tour fand vor bald 16 Jahren statt, als Kathrin mit Larina schwanger war. Und diese Larina spielte auch für die Gestaltung der hier beschriebenen Tour eine wesentliche Rolle. Vor ihrem Aufbruch an den EYC in Bologna wollte ich vormittags mit ihr noch die Aktivierung bestreiten und Zmittag essen. Danach war ich frei, doch mit dieser Tagesplanung und eher exotischen Ideen mit einem Bike, Hike & Climb-Triathlon gelang es mir an diesem Freitagnachmittag in den Sommerferien nicht, eine Begleitung zu organisieren. Doch ohne zu hadern machte ich mich alleine auf den Weg.

Wunderschön die Aussicht auf der Bike-Zufahrt von Morschach ins Riemenstaldental.

Meine Tour startete in Brunnen und führte mich zuerst per Bike nach Morschach, dann hoch über dem Vierwaldstättersee in aussichtsreicher Lage auf teilweise coolen Trails ins Riemenstaldental und schliesslich nach Käppeliberg (13km, +900hm). Von der Luftseilbahn nach Spilau machte ich gerne Gebrauch, ich konnte unmittelbar einsteigen und wenige Minuten später meine Wanderung zum Chaiserstock starten (3.5km, +600hm). Diese kam mir nicht eben kurz vor: trotz zügigen Schrittes brauchte ich schliesslich 70 Minuten, bis ich am dank Wandbild und dem BH mit Raumer-Plättli und Bächli-Logo problemlos zu identifizierenden Einstieg anschlug. Nun war erst einmal eine Pause fällig. Um ca. 15.45 Uhr bepuderte ich das erste Mal meine Hände im Chalkbag und legte kurz darauf los.

Begegnung am Wegesrand unterwegs zum Chaiserstock.

L1, 25m, 6c+:  Der erste Schritt ist gleich der schwierigste der ganzen Route. Wirklich, das Abheben vom Boden ist nicht trivial (5C/6A bloc), könnte aber falls nötig per Textilgriff entschärft werden. Sorgfältig hatte ich alle Griff- und Trittmöglichkeiten vom Boden aus abgescannt und eine Beta visualisiert. Diese konnte ich dann sauber ausführen. Hat man einmal die Henkel für den Klipp des zweiten BH in der Hand, so kommt die Sache deutlich zahmer daher. Erst heisst es noch etwas dranbleiben an wasserzerfressenem Fels, was man aber recht gut wegstehen kann. Bald lässt es definitiv nach, man quert nach rechts und erreicht durch eine einfachere Verschneidung den Stand.

Durch diese einfachere Verschneidung führt der obere Teil von L1 (6c+).

L2, 25m, 6a: Auf einem Band geht's ein paar Meter nach rechts, dann folgen 15m an Top-Kletterei in exzellentem Premier-Cru-Fels à la Rätikon. Gut abgesichert, wobei die schwierigste Stelle doch recht zwingend zu meistern ist!? So kam es mir jedenfalls vor. Schon zu bald erreicht man ein nächstes Bändersystem, der zuerst nicht sichtbare Stand befindet sich gerade voraus.

Weil die Sonne fehlt, kommt es auf dem Foto nicht so zur Geltung. Doch in diesem Abschnitt von L2 (6a) ist der Fels von der Marke Extraklasse!

L3, 30m, 5c: Dieser Abschnitt hat den Charakter von einem Überführungsstück. Erst über durchzogenes Gelände leicht linkshaltend hinauf, etwas gesucht über eine Steilstufe hinweg in wiederum gestuftes Terrain. Dann entweder direkt über das Grasband oder mit einer kleinen Zusatzaufgabe links zum nächsten bequemen Stand. Um meinen Füssen eine Pause zu gönnen, habe ich diese Seillänge im Nachstieg mit den Turnschuhen geklettert, was problemlos ging - von mir aus gesehen leichtverdaulich für 5c.

Da wird sich manch einer denken: sieht auf dem Foto besser aus, wie der Text beschreibt. Zudem stecken die Haken in L3 (5c) etwas links vom Seilverlauf (in voller Auflösung sind sie erkennbar). Hier war es aber wegen dem Verlauf deutlich günstiger, die Exen beim Abseilen schon auszuhängen.

L4, 25m, 6a+: Die kompakte Platte zu Beginn ist eines der Highlights der Route. Einige gute Griffe und ein Mantle führen noch recht kommod zum zweiten Klipp. Für den dritten muss man sich dann schon ein wenig anstrengen und gescheit auf die Füsse stehen (oder notfalls auf den zweiten BH). Nachher folgt dann ein weiter Hakenabstand, wo zwingend über die Platte geschritten werden muss. Ohne zu viel verraten zu wollen: Augen auf, der einfachste Weg ist nicht jener in direkter Hakenlinie. Und auch wenn es etwas einschüchternd aussieht: hat man den Haken einmal überstiegen, so lassen die Schwierigkeiten nach, es geht dann schon. Ist der nächste BH geklippt, geht's dann leichter diagonal nach rechts zum baldigen Stand. Ich würde sagen, die Platte ist der forderndste Abschnitt der Route, wobei die 6a+ im Vergleich zu meinen kürzlichen Erfahrungen an der Handegg allerdings deutlich gutmütiger ist. Caveat: ich klettere auf Reibung lieber im rauen Kalk als im glatten Granit, zudem sollte man Handegg-Bewertungen besser nicht als Referenz verwenden. Zuletzt ein Hinweis: wie es im Bericht von Bruno geschrieben steht, wer die Platte nicht packt, kann mit einem Pendler in den Riss rechterhand auskneifen.

Rückblick auf die kompakte Platte, über welche L4 (6a+) verläuft. Der längere Abstand gut sichtbar.

L5, 15m, 5c: Achtung Verhauergefahr, die gut sicht- und erreichbaren BH rechts gehören zum Westwandpfeiler, Cyndarella führt relativ unscheinbar links über den Riegel hinweg, welche durch eine Art Verschneidung in 3d-Manier erstaunlich einfach erklommen wird. Bald danach kommt schon der Stand, wer sich sicher fühlt, kann die ebenfalls recht kurze folgende SL gleich anhängen. 

Blick auf die 3d-Verschneidung in L5 (5b), unten wo die Ecke im Seilverlauf ist, befindet sich der Stand nach L4 (6a+). Im Ropesolo-Modus liessen sich diese beiden Abschnitte problemlos verbinden (ca. 35m Kletterstrecke). Das geht sicher auch in Seilschaft mit Verwendung einer langen Exe am Stand, wobei sich der Link L5/L6 noch deutlich mehr anbietet.

L6, 20m, 6b: Nochmals ein sehr schöner Abschnitt mit rätikonartigem Fels und Steilplattenkletterei. Die mit 6b (oder 6a A0) angegebene Stelle im ersten Drittel konnte ich so nicht nachvollziehen. Dazu müsste man schon übertrieben direkt in Hakenlinie klettern. Links gibt's hingegen gute Griffe, von welchen man die Bolts problemlos klippen kann (selbst das ursprüngliche, noch 20cm weiter rechts steckende Exemplar). Denke mehr wie 6a ist das nicht?! Weiter geht's direkt aufwärts, ganz am Ende wird der Fels etwas rund und staubig, kurz vor dem Ausstieg kann wohl drückende Nässe ein Problem darstellen.

Ausblick auf die letzte Seillänge (L6, 6b), die nochmals tollen Fels bietet.

Etwas vor 18.30 Uhr und damit nach rund 2:45h Kletterei hatte ich das Top in einer einwandfreien Onsight-Begehung erreicht. Im Topo ist nur das Abseilen beschrieben. Doch meine Vermutung, dass man nach oben aussteigen kann und dann zu Fuss weiter, bestätigte sich zum Glück (20m rechts vom Ausstieg beginnt zudem die Rampen-Abseilmöglichkeit bei einer Eisenstange). Nachdem ich mein Material gepackt hatte, lief ich die wenigen Schritte hoch zum markierten Bergweg, über welchen man in ein paar Minuten das Gipfelkreuz erreichen kann. Eine absolut fantastische Aussicht bei einer Top-Abendstimmung erwartete mich - welch ein Genuss, dem ich mich gerne hingab! Natürlich hätte man diesen noch bis zum Eindunkeln zelebrieren können, doch es wartete ja noch ein ziemlich weiter Weg retour nach Brunnen. 

Panorama vom Ausstieg der Route, was für ein wundervoller Abend.

Um 19.00 Uhr ging ich am Gipfel los, stieg über den mit Drahtseilen versicherten Steig via Chaisertor in die Nähe vom Einstieg ab und ging dann ohne übertriebene Eile zurück zur Lidernenhütte (20.00 Uhr). Die Bahn war schon nicht mehr in Betrieb, so dass ich durch das Proholz zu Fuss absteigen musste. Das hatte ich bisher noch nie so gemacht, wobei dies sehr zügig in ~30 Minuten geht und im Vergleich zu einer Bahnfahrt insgesamt kaum zusätzliche Zeit kostet. Es blieb noch der Downhill mit dem Bike, was meist in rauschender Fahrt passiert - wobei zwei Gegensteigungen mit +200hm die Beine nochmals fordern. Um 21.00 Uhr hatte sich der Kreis schliesslich geschlossen. Was für eine geniale und genussvolle Tour war das gewesen!

Fantastisches Ambiente mit tollen Verblauungen am Gipfel des Chaiserstock.

Facts

Chaiserstock - Cyndarella 6c+ oder 6a+ A0 (6a obl.) - 6 SL, 140m - B. & K. Müller 1990 - ***;xxxx
Material: 1x60m oder 2x50m-Seil, 10 Express, Cams/Keile nicht nötig

Sehr schöne, kurze und gut abgesicherte Route mit Plaisircharakter in fantastischer Umgebung. Es gibt drei kurze Stellen (gleich am Einstieg, die Platte in L4, sowie im ersten Drittel von L6) die etwas höhere Schwierigkeiten bieten, jedoch auch mit Hakenhilfe oder einem Pendelquergang umgangen werden können. Der Rest bietet genussvolles Steigen, welches sich meist im fünften Franzosengrad abspielt. Seit der Sanierung durch die Erschliesser im 2025 ist die Route mit rostfreiem Material prima abgesichert, mobiles Material ist nicht nötig. Mit 2x50m-Seilen kann ich 4 Manövern über die Route abgeseilt werden, mit 1x60m und Nutzung jedes Standplatzes (d.h. 6 Manöver) sollte es auch möglich sein. Bequem und zügig ist auch der Fussabstieg über den markierten Steig via Chaisertor. Das Topo zur Route findet man auf der Seite vom Erschliesser Bruno Müller. Vielen Dank für eure Arbeit!

Samstag, 24. Mai 2025

Bockmattli - Gumpiroute (6b+)

Wenn die Bockmattlitürme in der Abendsonne leuchten, dann zieht es mich seit meinen Jugendzeiten magisch dorthin. Das war an diesem Freitag anfangs Mai wieder einmal der Fall und so wollte ich meinem Begehren gerne nachgeben. Einen Partner für eine Klettertour konnte ich inmitten des langen Weekends nicht finden. Doch mit meinem Rope Solo vom Vorjahr in der Meriba hatte ich ja beste Erfahrungen gemacht. Um es einfach zu halten und mit Blick auf das begrenzte Zeitbudget, entschied ich mich für die Schiberg-Nordkante. Mit minimalem Zustieg und prima Absicherung lässt es sich dort unkompliziert in eisenfestem, unverschämt griffigem Fels klettern.

Der Ausgangspunkt im Wägital mit dem halbleeren See (man könnte den E-Auto und E-Bike-Fahrern die Schuld geben...). Das Bockmattli ist in der linken Bildhälfte schon sichtbar. Scheint zwar weit entfernt, aber mit meiner Konfiguration ist man in einer halben Stunde dort.

Wie inzwischen üblich startete ich bei der Staumauer mit dem Bike und erreichte so nach 5.5km Fahrstrecke in 20 Minuten die Schwarzenegg. Ab da sind es noch 15 Minuten zu Fuss zur Kletterhütte und nur wenige Schritte mehr bis zur Schiberg Nordkante. Tatsächlich musste ich aber noch ein verbleibendes Schneefeld beschreiten, ob all der Unkompliziertheit gab's doch noch ein wenig Alpine Experience 😁 Die zu meinem Hauptziel auserkorene Gumpiroute startet erst auf dem Podest 50m über dem Wandfuss. Die klar lohnendste Möglichkeit dahin zu kommen ist via die ersten beiden Seillängen von Jenelana, was eine ideale 4-SL-Tour mit homogenen Schwierigkeiten im Bereich 6b ergibt. Deren Einstieg befindet sich 20m rechts oben in der Rinne, im ersten BH ist eine Namensplakette integriert. Zum Glück war es dort aper, so konnte ich um ca. 17.30 Uhr trockenen und warmen Fusses mit der Kletterei starten.

Blick auf die Schiberg-Nordkante mit der gekletterten Linie (2 SL Jenelana & 3 SL Gumpiroute)

Jenelana

L1, 25m, 6b: Wandkletterei in schönem, kompaktem Fels, welcher von stumpfen, vertikalen Rissen durchzogen ist. Sieht von unten eher etwas einfacher aus, als es sich dann klettert. So macht wohl noch manch eine/r gern von der kleinen Rechtsschleife nach dem vierten BH Gebrauch. Wer eine zusätzliche Herausforderung braucht, kann diese Passage direkt klettern.

L2, 25m, 6a+: Vom Stand geht's leicht links weg und dann hoch zum ersten BH. Danach folgt steile knapp senkrechte Risskletterei, wobei sich links und rechts immer wieder Griffe und Tritte anbieten. Zum Schluss geht's dann noch griffig über einen Wulst hinweg, bevor man zum bequemen Grasbödeli kommt, wo die Gumpiroute startet. Es gilt, sich auf dem Podest etwa 3-4m nach links zum Stand mit Muniring und Petzl-BH zu verschieben, die Gumpiroute zieht direkt darüber in die Höhe.

Bockmattli-Vibes mit Blick zum Brüschstockbügel und dem Zürisee.

Gumpiroute

L3, 20m, 6a+: Der Start ist etwas komisch, denn linksrum befindet sich ein tief steckender BH, zum Klettern einfacher wäre es aber rechtsrum. Item, es folgt steile, griffige und recht athletische Kletterei an Henkelschuppen und Rissspuren. Die Absicherung ist sehr gut mit BH, teils könnte man sich auch an den noch steckenden, originalen NH behelfen. Teils sind die BH jedoch hoch gebohrt. Und das sagt der berüchtigtste BH-Hochbohrer der Alpennordseite, das will wohl etwas heissen 😎. Für kürzer gewachsene gibt es m.E. recht zwingende Stelle nahe der Hauptschwierigkeit. Das Umkehrmaillon im Haken darunter spricht jedenfalls Bände... wobei es gutes Sturzgelände ist und auch kein weiter Abstand, man kann riskieren und es ist "gut abgesichert", aber A0 geht da nicht. Am Ende dann einfachere Linksquerung zu Stand mit Muniring und BH.

Mit Fotos ist's beim Ropesolo immer ein wenig schwierig. Dieses hier zeigt aber meine dritte gekletterte Seillänge oder eben L1 (6a+) der Gumpiroute: steile, griffige und athletische Kletterei, ein tolle Sache. Links im Bild ist der Namenlose Turm gut sichtbar, wo wir im 2024 die Kairos eingerichtet haben.

L4, 25m, 6b+: Die ersten Meter sind gut zugänglich in einer Art Verschneidung, nachher geht's dann gerade hinauf mit athletischer Power-Kletterei an strukturiertem, griffig-henkligem Gestein. Wirklich eine absolut affengeile Turnerei, mir kam es für die angegebene 6b+ doch ziemlich hart vor und ich musste durchaus in die Trickkiste greifen, um das stabil klettern zu können: Heelhook, Toehook und 1-2x hart anziehen. War das nur der Ropesolo-Bammel oder ist es tatsächlich so taff?!? Die Absicherung ist an sich super, wobei man beim härtesten Abschnitt aber nicht ganz direkt über die Haken klettert und es deshalb doch etwas Courage brauchte. Vermutlich funktioniert die Strategie A0 da aber mit Einbezug von einem verbliebenen BH aus der Zeit der Erstbegehung gut.

Verbliebenes Relikt aus der Zeit der Erstbegehung...

Von hier kann man über die Gumpiroute abseilen (besser in 2 Manövern) oder alternativ:

L5, 20m, 4a: Optionale Seillänge nach rechts zu gut sichtbarem BH und weiter horizontal zum Muni am Top von Andromeda, alternativ (meine Variante) vom BH Richtung 14 Uhr hinauf und um die Kante zum Top von Jenelana (mit Wandbuchkontrolle, leider fehlt aktuell bzw. schon seit einiger Zeit ein funktionierender Stift, das Buch ist hingegen noch tiptop in Ordnung). 

Nach vermutlich etwa 2:00 Stunden hatte ich das Ropesolo-Programm (2x Klettern und 1x Abseilen) absolviert und konnte mich darum kümmern, wieder zum Wandfuss zu kommen. Mit Doppelseilen reichen dazu 2 Manöver, mit meinem Einfachseil musste ich hingegen 4 Stück ziehen. Achtung, während man vom Andromeda-Stand mit 1x50m klar kommt, ist vom Jenelana-Stand zwingend ein 1x60m-Seil nötig. Sehr zufrieden konnte ich meine Sachen packen, vom aussichtsreichen Kamm die letzten Blicke in die Nordwände geniessen und dann in rauschender Fahrt zu Tale brausen.

Meine liebste Jahreszeit? Natürlich die, in welcher After-Work-MSL möglich sind!

Von diesem Anblick kann man nie genug kriegen... [dieses Bild ist allerdings vom Hinweg].

Facts

Bockmattli - Gumpiroute 6b+ (6a+ obl.) - 4-5 SL, 115m - Braun/Müller/Villiger 1974 - ***;xxxxx
Material: 1x50m-Seil, 10 Express, Cams/Keile nicht nötig

Absolut lässige, kurze MSL-Tour in eisenfestem, steilem und sehr griffigem Kalk. Wem es nach mehr gelüstet, kann auch noch die beiden oberen Seillängen von Andromeda und Jenelana klettern, so gibt's dann doch ein volles Tagesprogramm mit homogenen Schwierigkeiten. Zu erwähnen sind der minimale Zustieg vom Kletterhüttli, die schattige Lage (je nach Jahreszeit gar keine oder nur spätabends Sonne) und die sehr gute Absicherung mit rostfreien Bohrhaken. Topos findet man entweder im SAC-Tourenportal oder im Plaisir Ost aus dem Filidor-Verlag.

Mittwoch, 4. September 2024

Tête de Gaulent - Les promesses de l'aube (6c+ oder 6a+ A0)

Restday - das war das Motto für diesen Sonntag. Auch mir war ein gemütlicher Vormittag nach viel strenger Sportkletterei nur recht. Faulenzen wird aber doch bald einmal weniger spannend wie auf Entdeckungsreise gehen und so lockte mich das tolle Wetter doch noch für einen Ausflug in die Berge. An die Tête de Gaulent sollte es gehen, wo ich im 2018 mit Larina die Top-Plaisirtour Gaulent Tement geklettert hatte. Das war ein mit dem Bike erreichbares Gebiet, es gab mit der Promesses de l'Aube ein in Sachen Schwierigkeit, Absicherung und Länge ideales Ziel für ein Rope Solo und dank der SE-Exposition mit Einstieg auf 2600m würde man spätnachmittags auch an einem der wärmsten Tage im 2024 angenehm klettern können. Also packte ich meine Ware und los ging's!

Sicht auf das Massiv der Tête de Gaulent. Alle anderen modernen und gut abgesicherten Routen befinden sich am linken (Vor)gipfel, in der Wand rechts gibt's nur die hier eingezeichnete und von mir gekletterte Promesses de l'aube. Der eigentliche Gipfel der Tête bietet keine Kletterrouten und ist noch weiter zurückversetzt.

In meinem Fall mit einer längeren Bikestrecke, aber auch mit dem Auto ist für die Fahrt zum Ausgangspunkt viel Sitzleder nötig! Die Schotterpiste hinauf nach Tramouillon (1950m) ist lang und ruppig - Rätikonstyle. So wie ich mich von meinem letzten Besuch erinnerte, rechnete ich mir gute Chancen aus, mit dem Bike noch ein Stück weiter fahren zu können. Das materialisierte sich, auf 2250m war schliesslich Bikedepot und Zeit für eine Pause. Puh, das hatte doch schon einige Körner gekostet: mit dem Auto nach Tramouillon zu düsen und dann zu Fuss zu gehen ist sicher die weniger anstrengende Lösung. Aber auf die war ich natürlich nicht ausgerichtet, der autofreie Triathlon Bike, Hike & Climb war genau meine Absicht.

Bikedepot... aus dem Talboden sind es 1300hm bis dahin.

Weiter ging's zu Fuss, bald kreuzte ich eine Seilschaft, die mich wie einen Ausserirdischen musterten. Sie hätten nach der Gaulent Tement noch eine zweite Route (die hier von mir beschriebene) klettern wollen, aber es sei viel zu heiss gewesen. Meine Antwort: "ça va bientôt passer à l'ombre" - bald kommt der Schatten 😎 Das willst du zu dem Zeitpunkt vermutlich nicht hören, erst recht nicht von einem Schweizer Mr. Schlaukopf 🤓 Jedenfalls, das letzte Stück zur Wand hoch zog sich. Unten hat's noch eine dünne Wegspur, oben dann eher nur noch vermeintliche. Ich meine, am besten steigt man nach links ausholend, dann im Bereich links der Geröllreisse, welche von der Wand runterzieht. Oben muss man dann ca. 40hm unterhalb vom Einstieg nach rechts wechseln und umgeht zuletzt einen Vorbau rechtsrum. Der Start der Route selbst bei 2 BH mit Schlinge ist offensichtlich, es ist die einzige Linie in diesem Wandteil. Ein paar Minuten vor 16.00 Uhr startete ich in die Route.

Am Einstieg angekommen. Wie erwünscht verabschiedet sich die Sonne gleich aus der Wand.

L1, 35m, 6a: Am Anfang über einen Aufschwung, dann in grasigem Gelände zur nächsten Wand. Die bietet dann tolle Kletterei in fantastischen Fels - bis auf die eher braun-graue Färbung rätikonlike mit Rauigkeit, Tropflöchern, Dellen, Wasserrillen - das ganze Programm. Der Nachteil: es wirkt ein wenig so, wie wenn man nebenan von einem T6-Hikr überholt werden könnte. Die Crux bei der Querung nach links auf die Kante.

L2, 40m, T5: Wie bereits im Text zu L1 angetönt: gerade im unteren Teil haben wir es hier nicht mit einer kompakten Wand zu tun. So wartet hier ein Schrofenintermezzo mit mehr oder weniger horizontaler Querung einem Fixseil entlang in eine Geröllrinne, am Ende geht's dann noch kurz und leicht mühsam hinauf zum nächsten Stand. Der vorhandene Strick hat definitiv schon bessere Zeiten gesehen, teilweise hängt er nur noch in den Fäden, es ist ihm nicht zu vertrauen.

L3, 30m, 5c: Auch hier wieder die tolle Kletterei in einer kompakten Wand mit rätikonlikem Fels. Zu einem grossen Teil geht das wirklich gut, nur in einer kurzen Querung in der Mitte heisst es, seine Moves sorgfältig zu planen. Ich fand das gar nicht mal so einfach. Wenn bei den Franzosen der Grad 5c+ nicht so stiefmütterlich behandelt würde, wäre es vielleicht zum Einsatz gekommen.

L4, 40m, 5c: Diese Länge folgt zuerst einem kurzen Grat und macht dann eine grosse Rechtsschleife. In Seilschaft ist da der Seilzug programmiert. Als Rope Soloist ist der kein Thema, trotzdem hatte ich den Stand nach L3 erst an der hinteren Wand improvisiert (die nahe steckenden BH erlauben dies), was sicher auch zu zweit eine prüfenswerte Option ist. Die Querung klettert sich dann easy, um die Verschneidung zu gewinnen holt man dann noch weiter nach rechts aus wie die seilzugoptimierten BH suggerieren, so ist auch dieser Teil und das Finish recht gängig.

L5, 25m, 5c+: Auch hier kurz nach rechts und gleich steil mit ein paar Zügen am verblockten Riss hoch. Auch wenn's etwas spooky ist, man kann m.E. bedenkenlos an den eingeklemmten Steinen ziehen, die sitzen solide. Der obere Teil führt dann der Kante entlang, die Haken locken einen zu Gunsten von höheren Schwierigkeiten eher auf die rechte Seite, leichter geht's links. Nach einem prüfenden Blick zur Anzahl noch an meinen Gurt baumelnden Expressen entschliesse ich mich, den etwas unbequemen und (v.a.) für's Rope Solo ungünstig platzierten Stand auszulassen und gleich weiterzugehen (in Seilschaft keine gute Option!)

Beim Rope Sole natürlich wieder einmal keine Kletterfotos gemacht. Hier der Blick vom Stand nach L5 auf die freiklettertechnische Crux der Route an diesem splittrigen Wulst zu Beginn von L5. Man geht in links der Bildmitte an und klettert in etwa dort, wo die Gesteinsfarbe von gelbbraun zu weissgrau wechselt (in voller Auflösung sieht man die BH). Dann in die Verschneidung hinein und henklig übers Dach raus - kurze Stelle 6c/6c+.

L6, 25m, 6c/+ oder 6a 2pa: Von der Flachzone weg gleich die Crux mit der als A0 propagierten Passage. Ich hatte mich im vornhinein nicht im Netz schlau gemacht, ob das auch frei geht, wollte es aber auf jeden Fall probieren. Jedenfalls, es stand schon zuvor im Netz und nun ist's auch hier festgehalten: es geht und es ist noch nicht einmal extrem viel schwieriger wie der Rest der Route. Jedenfalls: die Wand hat hier kurz einen splittrigen Gürtel. Ich habe in diesem Bereich eigentlich keinen Griff genutzt. Oberhalb findet man zum Greifen kleine Tropflochcrimps - dann heisst's 1x im splittrigen Fels antreten (da gibt es schon zuverlässig-solide Tritte, nur halt keine guten). So sind es quasi 2 Moves, dann hat man einen Henkel in der Hand und muss schauen, wie man athletisch aus der Verschneidung entkommt - dieser Teil gehört auch der der A0-Variante dazu. Der Rest der Länge ist dann leichter verdaulich und folgt einer Art Rampe in Tropflochgelände zum Stand.

L7, 35m, 6b+: Super Abschlussbouquet zur Route - steil, eindrücklich und luftig! Los geht's griffig und entlang von Rissen, wo ich sogar ein paar Jams gesetzt habe. Schon diesen Teil empfand ich als recht zupfig und als Crux der 6a+ Bewertung entsprechend, welche JMC propagiert. Aber damit ist noch längst nicht fertig, aus einer steilen Verschneidung klettert man rechts um die Kante. Da muss man sich kurz mal echt gescheit festhalten, das sprengt den Rahmen von 6a+ definitiv. Nach ein paar Zügen in flacheres Gelände wartet dann noch eine feine Linksquerung und das einfachere Finish, welche im Vergleich zum Rest der Route eher luftig gesichert sind.

Schon beim Ausräumen der steilen und luftigen L7 (6b+). Die Crux besteht bei der Querung nach rechts aus der Verschneidung raus (da wo das Seil sichtbar ist). 

L8, 20m, 4c: Hm, das sieht schon a priori eher bof bof aus und für ein einfaches Abseilen ist der Weiterweg auch nicht so günstig. Aber meine Meinung zum verfrühten Abbrechen von MSL ist ja bestens bekannt und hier gibt's sogar noch einen Gipfel zu besuchen. Ich spekuliere, dass ich mit meinem 70m-Seil nach L7 gleich weiter und dann auch ausräumen kann, ohne nochmals runter zu müssen - das ging grad auf (mit Abziehen und nochmals fädeln an Stand 7). Sonst gibt's zu dieser Länge wirklich nicht viel zu sagen, die Kletterei an einer Art Grat und zuletzt über einen Aufschwung ist nicht schön und der letzte Stand ist unbequem platziert. Allerdings ist's auch schnell erledigt.

Vom Gipfel bietet sich ein super Panorama über unsere geliebte Feriengegend 😀

Natürlich machte ich den kurzen Abstecher zum Gipfel. Eigentlich ist's nur ein Turm vor der eigentlichen Tête de Gaulent, aber doch eigenständig und vor allem mit 360 Grad Rundumsicht - genial schön da oben! Die Uhr zeigte 17.50 Uhr, somit hatte ich etwas weniger als 2:00h gebraucht - super zügig also. Wie gewünscht hatte ich alles schön am Schatten bei angenehmen Bedingungen klettern können, da war die Planung perfekt aufgegangen. Das Abseilen führte ich dann genau so aus wie im ONOS und im Plaisir beschrieben. Die Abseilstellen messen wirklich nicht mehr wie die dort angegebenen 35m. Allerdings muss man im Bereich von L2 zuerst etwas mühsam im Geröll absteigen und dann dem Fixseil entlang zurück zu Stand 1 gehen (wobei längere Seile da nur beschränkt helfen, man wird sowieso ein Stück zu Fuss absteigen müssen, was für meinen Geschmack problemlos ist).

Zurück am Einstieg - faut pas trainer...

Einmal zurück am Einstieg (18.20 Uhr) sah es so aus, als ob der Giftpilz auf der gegenüberliegenden Talseite mich tatsächlich noch behelligen könnte. Also rasch die Ware gepackt und zügig zum Bikedepot (18.40 Uhr), dann erst in holpriger, später in rauschender Fahrt die 18km zu Tale mit Basecamp an um 19.10 Uhr. Warum ich die Zeiten hier so genau nenne? Weil ich diese erst jetzt anhand der Fotos rekonstruiert habe und es selbst kaum glauben kann, dass Gipfel-Camp in 80 Minuten möglich ist, so weit wie dies optisch aussieht! Jedenfalls, das war eine super Tour und trocken bin ich übrigens auch geblieben 😁

Facts

Tête de Gaulent - Les Promesses de l'Aube 6c/+ (6a+ obl.) - 8 SL, 250m - Cambon/Bidault 2010 - ***;xxxxx
Material: mind. 1x70m-Seil, 14 Express, Cams/Keile nicht nötig

Eine wirklich lässige Plaisirroute in meist sehr gutem, rauem und strukturiertem Fels, die jedoch durch eine ziemlich gegliederte Wand führt und so das Feeling einer grossen Unternehmung etwas vermissen lässt. Ich habe hier auch Plaisir geschrieben, meine damit aber etwas anderes als im Plaisir Sud und im OSON (wo JMC zusätzlich schreibt, die Route sei weniger anforderungsreich wie die Gaulent Tement, was m.E. nicht richtig ist). Also, die Beschreibungen suggerieren 6a+ mit 3pa und 5c obl. Das dünkt mich klar zu tief, man sollte sich auch mit Hakenhilfe auf 6a+ obligat einstellen, sonst hat man in L7 mehr Stress als Spass. Wenn man die Route freiklettert, so destillieren die Berichte auf C2C zu einer 6c/6c+ in L6 und 6b+/6c in L7. Damit bin ich einverstanden, was nun der genaue Grad ist, muss ich ja nicht zwingend entscheiden. In L6 ging ich mangels Vorrecherche mit der Einstellung rein, dass das möglicherweise noch gar nie freigeklettert wurde und fand es dann überraschend einfach. In L7 war ich in der Vorstellung, dass es auch ohne Hakenhilfe 6a+ oder maximal 6b sein sollte und so empfand ich es als deutlich schwieriger wie erwartet. Abgesichert ist die Route mit verzinktem Material und Fixé-Laschen auf Stufe super. Am meisten engagieren muss man sich in der zweiten Hälfte von L7. Topos findet man wie schon erwähnt das Original des Erschliessers im Oisans Nouveau Oisans Sauvage, dann im Plaisir Sud und auch im Topoguide Band III.

Mittwoch, 21. August 2024

Wisswand - Johannes Nänny (6b)

Das Weekend zu Beginn der Schulsommerferien war für den Support von Larina am European Youth Cup (EYC) in Dornbirn reserviert. Leider reichte es ihr nicht in den Final und somit hatte ich am Sonntag kurzfristig einen freien Tag. Nach Trainings- und Bouldersessions an den Tagen zuvor mussten es keine harten Moves sein und während ein reines Kardiotraining natürlich eine Option dargestellt hätte, so schien die Vertikale und vor allem das Entdecken eines bisher noch nie besuchten Klettergebiets die attraktivere Option. Somit fiel der Entscheid auf die Wisswand am Lisengrat beim Säntis. Die dortigen Routen schienen genau die richtige Länge und Schwierigkeit für ein Rope Solo zu haben, zudem sind sie auch gut mit Bohrhaken abgesichert. Und nicht zuletzt liess sich alles in eine schöne Bike, Hike & Climb-Rundtour packen, ein ideales Programm also.

Der Standardzugang vollzieht sich ab dem Säntis, von wo man in ca. 25 Minuten zum Top der Wisswand absteigt und dann abseilend auf das Mittelband gelangt. Die meisten Routen starten dort, am Wandsockel gibt es nur drei ältere Linien, die man von oben kommend für gewöhnlich auslässt. Mir war vor allem nicht danach, mich in den Touristenrummel zu stürzen und das Portemonnaie zu zücken. Darüber hinaus ist es ja auch angenehmer, eine Wand von unten anzugehen und komplett zu durchsteigen. Allerdings: der Zustieg vom Parkplatz Laui/Thurwies ist kolossal weit. Doch ob er im Gesamtkontext von mir daheim bis zum Schnüren der Kletterfinken am Wandfuss wirklich länger dauert, da bin ich dann aber doch nicht so sicher. Jedenfalls, ich startete in Alt St. Johann (wo es Gratis-Parkplätze gibt) mit dem Bike.

Schon näher, aber immer noch läuft man ein gutes Stück, bis man den Fels erreicht.

Auf guter und geteerter Strasse erreicht man P.1262, wo eine Fahrverbotstafel steht. Auch heisst es nachher wegen der heftigen Steigung stark in die Pedale zu treten, fahrbar ist es jedoch bis zu den Alphütten bei P.1519. Da ist man der Wand zwar schon deutlich näher gerückt, noch immer sind es jedoch rund 700hm zum Einstieg. Auf ca. 1890m verliess ich den Wanderweg zum Rotsteinpass und stieg erst über Gras, dann über Geröll und schliesslich Altschnee gegen den Wandfuss. Dass dieser kragenmässig mit einem Schneefeld garniert war, hatte ich bereits aus dem Tal gesehen. Da nicht mehr allzu üppig und dank den hohen Temperaturen kalkulierte ich damit, dass es auch mit den Turnschuhen ginge. Dem war dann so, aber man sei gewarnt: das Gelände ist steil, wenn's noch viel Schnee hat oder dieser hart ist, könnte der Weg dahin ohne alpine Ausrüstung vergebens gewesen sein.

Panorama vom Einstieg, der markante Gipfel in Bildmitte ist der Wildhauser Schafberg.

Grundsätzlich war mein Plan, in die Grosse Verschneidung einzusteigen. Geworden ist es schliesslich aber die Route Mittlerer Riss. Das lag an drei Prachtsexemplaren von Steinböcken, welche links am Schnee faulenzten und mein vorrangiges Projekt belagerten. Meine Überlegung war, dass mich auch der mittlere Riss hinauf auf's Band bringen würde. So konnte ich einen respektvollen Abstand zu den Tieren wahren und störte sie nicht. Um 13.50 Uhr hatte ich schliesslich alles parat und startete mit der Kletterei.

Hier geht's los, hier der Blick auf die schönen Wasserrillen am Anfang von Mittlerer Riss (L1, 4b).

L1, 30m, 4b: Erst eine schöne Wasserrille mit super Fels und guter Absicherung. Danach linkerhand in eine einfache, gschüderige Rinne, wo es auch keine fixe Absicherung mehr gibt. Im Nachstieg am freien Seil konnte ich diesen Teil links über die kompakte Platte klettern, was den oberen Teil deutlich spannender macht.

L2, 50m, 5a: Im unteren Teil zwar solider, plattiger Fels, aber man klettert hier mehr vom einen zum nächsten grasigen Riss. Es folgt dann ein weiter Abstand (das Maillon im Haken markiert ihn). Der Fels ist nicht top und der nächste Bolt schon im steilen Terrain muss eher engagiert angeklettert werden. Der Steilaufschwung dann ganz ordentlich, für eine 5a aber ziemlich fordernd, fand ich.

Mit einer schrofigen Verbindungslänge (3a) gelangt man auf's Mittelband, wo man gerade hinauf die eigentliche Fortsetzung von Mittlerer Riss findet, oder aber auch in eine der anderen Routen wechseln kann. So weit so gut, doch ich stieg über die Kante auf das grasige Band und genau vor meiner Nase waren zwei weitere Prachtsexemplare von Steinböcken 😳 Damit hatte ich, inmitten einer Kletterroute, nun wirklich nicht gerechnet. Etwas anderes als Stehenbleiben konnte ich im Moment kaum tun, zum Glück blieben auch die Böcke cool. Sie entfernten sich, langsam und scheinbar widerwillig nach links, so dass ich als erstbeste Lösung den Stand von Delila gerade oberhalb anpeilen konnte. Beim Ablassen um unten das Seil zu lösen hatte ich dann bemerkt, dass sich weiter rechts auf dem Band nochmals mindestens ein Exemplar befand. Doch mir blieb wegen dem fixierten Seil keine Wahl, als ab- und wieder aufzusteigen - mit ziemlich mulmigen Gefühl, denn auf diesem schmalen und steilen Rasenband mit den Tieren, denen man als Mensch bei einer Konfrontation in jeder Hinsicht unterlegen wäre. Um möglichst rasch wieder in steiles, bockfreies Gelände zu kommen, spielte ich mit dem Gedanken, gleich über Delila (4 SL, 6c) weiterzugehen. Nach einem Moment der Kontemplation schien es mir aber doch die bessere Lösung, zur Johannes Nänny zu wechseln. Das erforderte ein kurzes Abseilmanöver von 5m und eine Linkstraverse von 20m (die Böcke hatten sich inzwischen noch weiter entfernt).

Schau genau... vermutlich dachte er genau wie ich "mir wäre es lieber, du wärst nicht hier". Der Start zur Johannes Nänny ist noch links vom Bock (der später Leine gezogen hat), links der dunklen Höhle beim markanten gelben Ausbruch wenig links der Bildmitte.

L1, 15m, 6a: Nicht geklettert, da sie noch eine Etage tiefer startet und man von meinen Standpunkt dahin hätte abseilen müssen. Sicher ist es jedoch nur eine kurze Stufe von wenigen Metern im Fels.

L2, 30m, 6a+: Startet gleich beim markanten, gelben Ausbruch, welcher sich erst nach der Erschliessung ereignet hat (die Route wurde danach restauriert). Der Start vom Boden weg im wenig strukturierten Ausbruchsfels mit einem Boulderzug gar nicht mal so einfach und auch nachher am Wulst heisst es für 6a+ noch 1x gehörig zupacken. Oben dann einfacher und auch wenn man mehr rechts in der Rinne klettert wie links im kompakten Gelände durchaus noch spannend.

L3, 25m, 6a: Eine super Seillänge, klar die schönste der Route! Erst elegant mit zwei Seitschuppen, dann eine kräftig-steile Zone und auch der steilplattige, strukturierte Ausstieg ist cool. Nur die 6a-Lösung habe ich weder beim ersten noch beim zweiten Go gefunden. Obwohl 2x mit anderem Ansatz versucht, bin ich die drei schwierigsten Züge schlussendlich im Vor- und Nachstieg exakt gleich geklettert. Nach meinem Dafürhalten eher 6b, jedenfalls klar die schwierigste Länge der Johannes Nänny.

Des Rope Soloisten Geistesblitz: "mach doch mal ein Foto vom Klettern". Hier sieht man das Finish von L3 (6a), in direkter Verlängerung des Seils geht's dann in L4 (6b) an der Ecke vom Dach über den Wulst, was die nominelle Crux der Route darstellt.

L4, 25m, 6b: Das konnte ja heiter werden, nochmals einen Buchstabengrad schwieriger! Nach kurzem Vorgeplänkel geht's an einem Wulst mit Seitgriffschuppen zur Sache. Allzu viel Struktur und gute Tritte gibt's da nicht, doch für extremen Hau-Ruck scheint die filigrane Schuppe nicht gemacht (Gefahr von einem Ausbruch). Überlegen ist hier sicher besser als Kraftmeiern, ich fand eine super Lösung, so ging's elegant und easy - nach meinem Gusto einfacher wie L2 und L3. Nachher ist dann schon bald fertig. Umso mehr, wenn man fälschlicherweise den offensichtlichen Stand links von Masoala nimmt. Die J.N. geht ziemlich unscheinbar rechts noch über 2 BH griffig weiter auf eine Art Turm rechts.

L5, 25m, 4a: Auch hier heisst es das Topo genau zu beachten, wenn man auf der J.N. bleiben will. Diese führt mit nur 2 BH rechts einer Verschneidung hinauf, die offensichtliche (und schönere) Linie rechts in der Platte ist dann schon die 4c der Shanty. Da besser abgesichert und attraktiver habe ich jener mit Absicht den Vorzug gegeben - schöne, gemässigte Plattenkletterei bis zum Top.

Blick vom Top zum Säntis (alternativer Zugang). Früh in der Saison hat's auch da Altschnee.

Um ca. 17.15 Uhr nach knapp 3:30h in der Wand hatte ich das Programm (was für einen Rope-Soloisten immer 2x rauf und 1x runter heisst) absolviert, das Seil aufgeschossen und das Gipfelselfie geknipst. Ich hatte die Route onsighten können: das ist in dem Grad natürlich keine Weltklasseleistung, aber im Ropo Solo muss man es doch erst einmal schaffen - ich war jedenfalls sehr zufrieden. Nun hiess es noch, wieder ins Tal zu kommen: zu Fuss via Rotsteinpass zum Bike, hiess das in meinem Fall. Der beste Abstieg von der Wisswand zum Lisengratweg ist nicht so ganz offensichtlich - ich ging gleich ostwärts. Geht, aber erfordert am Ende zwingend verschärfte Abkraxelei. Mit etwas Auf und Ab dann im Trailrunning-Style zum Rotsteinpass mit Gasthaus, welches/n ich jedoch links liegen liess. Ich gab den Fersen weiter die Sporen und auch auf dem Bike liess ich es gerne rauschen. Denn inzwischen hatte ich die Kunde erhalten, dass die SAC-Selektionäre ihren Entscheid getroffen hatten. Die verhiess, dass Larina nicht am kommenden EYC in Zilina würde teilnehmen können. Somit konnten wir schon am nächsten Tag in die Sommerferien reisen und dafür galt es ja noch das ganze Material zu packen. Unvermeidlich wurde das zu einer Nightsession - aber natürlich war's das mir lieber so, als auf diesen Ausflug an den Fels verzichtet zu haben. Die Füsse stillhalten konnte ich ja dann am nächsten Tag auf der Fahrt in die Hautes-Alpes... 😁🤗

Vom Lisengrat gesehen ist die Wisswand ein richtig stolzer Zahn!

Facts

Wisswand - Johannes Nänny 6b (6a obl) - 5 SL, 120m (+100m vom Wandfuss) - ***;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 10 Express

In der Johannes Nänny wartet auf den drei zentralen Längen sehr schöne Kletterei in solidem, strukturiertem und rauem Kalk. Die Absicherung mit rostfreien Bohrhaken ist tadellos - prima gebohrt, aber nicht übertrieben. Auf mobile Gerätschaften kann man m.E. gut verzichten. Zusammen mit der wenig besuchten, (mir) unbekannten Gegend und einem schönen Panorama ein richtig cooler Ausflug. Nachteilig zu erwähnen ist die limitierte Routenlänge (v.a. im Vergleich zur Erreichbarkeit). Man kann aber gut eine zweite (oder dritte, vierte, ...) Route klettern, um auf die gewünschte Anzahl SL zu kommen. Abseilend steht man jeweils zügig wieder am Start. Oder alternativ vom Wandfuss starten. Die sanierten, alten Routen im unteren Teil sind aber einfacher und bieten nicht denselben Klettergenuss. Im Mittleren Riss kann das Mitführen von einem Set Cams lange Abstände in einfach-alpinem Gelände entschärfen. Topos zu den Routen bzw. zum Gebiet finden sich im SAC-Kletterführer Alpstein von Werner Küng.

Dienstag, 2. Juli 2024

Bockmattli - Meriba (5c+)

Ja, von Mitte Mai bis Mitte Juni lief wetterbedingt nicht viel im MSL-Business. Oder genauer gesagt: gar nichts. Darum auch die temporäre Funkstille auf diesem Blog. Untätig war ich deswegen natürlich nicht geblieben, aber übers Sportklettern und Bouldern gab's (trotz einiger schöner Erfolge) nix generell Wissenswertes zu schreiben. Doch endlich einmal war ein trockener und warmer Sommertag angesagt. Für eine grössere Tour reichte es leider nicht, unverrückbare Termine bei der Arbeit stellten es sogar in Frage, ob ich überhaupt ausrücken könnte. Schliesslich war es 15.15 Uhr, bis ich den Laptop endgültig zuklappen konnte. Allzu grosse Sprünge lagen um diese Zeit nicht mehr drin und ob der Unsicherheit hatte ich auch keinen Partner organisiert. Für einen Ausflug ans Bockmattli, wo ich das letzte Mal vor 3 Jahren war, sollte es aber reichen.

Blick von der Kletterhütte Bockmattli auf den Kleinen Turm und den Namenlosen Turm. Der Einstieg und das Top der Route Meriba (5 SL, 5c+) sind mit den Pfeilen markiert. 

Mit dem E-Bike ging's zügig von der Staumauer hinauf zur Schwarzenegg, dann zu Fuss ins Reich der Türme. Diese präsentierten sich auf den ersten Blick verwaist und menschenleer. Etwas unverhofft kreuzte ich später aber dann doch zwei Seilschaften, welche beide das Echo der Zeit geklettert hatten und mir lobende Worte darüber berichteten. Dem konnte ich nur zustimmen, diese Linie hätte mir bestens gefallen, war meine Replik 😊 Mein Weg führte mich schliesslich hinauf durch die kleine Chälen zum Einstieg. Diesen findet man am Namenlosen Turm auf der Höhe, wo von links die Wegspur von der Westschulter am Kleinen Turm einmündet. Es starten dort zwei mit BH abgesicherte Routen, die linke mit den grossen Fixé-Plättli mit dem Bächli-Imprint ist die Meriba. Rechts startet die vom Autor im 2024 erschlossene Neutour Kairos (6b). Um 17.45 Uhr war ich 'all geared up' und startete im Rope Solo Modus in die Route.

L1, 40m, 5c+: Eine absolut geniale Seillänge. Steil, aber mit Schlitzen, Löchern und Leisten garniert. So geht auch das was schwierig aussieht immer super auf, ohne dass es je schwierig würde! Noch dazu ist die Absicherung mit vielen BH im Komfortmodus ausgefallen, auch stecken sie an den absolut richtigen Stellen.

Dieses Foto wurde beim Abstieg von der Westschulter des Kleinen Bockmattliturms aufgenommen (nachdem wir die erste RP-Begehung der neuen Version vom Element of Slime gemacht hatten). Kathrin (in voller Auflösung sichtbar) befindet sich gerade an dem Punkt, wo die Spur von der Westschulter mit jener in der Kleinen Chäle zusammentrifft. Und genau von dort quert man wenige Meter hinüber zum Einstieg der Meriba. Deren tolle erste Seillänge ist hier bestens sichtbar.

L2, 40m, 5c: In ähnlichem Stil geht's weiter - nicht mehr ganz so gut und anhaltend, hin und wieder kann/muss man hier nun auch schon mal auf's Gras treten. Am Ende der Seillänge wird man sich bewusst, dass man an einer Art Vorbau/Turm geklettert ist und nur eine kleine Abkletterpartie von 2-3m in die Scharte einen zum nächsten Stand bringt (in Seilschaft vermutlich seilzugtechnisch nicht ganz optimal).

L3, 35m, 5c: Hier ist das Gelände nun nicht mehr ganz so homogen toll wie davor. Die Route sucht und findet aber den besten Weg mit lässiger Kletterei, besonders im Mittelteil geht's super griffig an bzw. rechts einer Verschneidung durch. Auch am Ende dieser Seillänge ist man wieder auf einer Art Turm angelangt. Hier ist das Abkletterstück in die Scharte nun schon 4-5m (Fixseil vorhanden) und man sichert vermutlich bequemer mit Zackensicherung auf dem Turm nach?!?

Der Fokus bei der Aufnahme dieses Fotos lag mehr auf dem eleganten Bockmattli Westpfeiler leicht links der Bildmitte. Tatsächlich ist aber auch fast der ganze Verlauf der Meriba in der schattigen Nordwand am Namenlosen Turm einsehbar.

L4, 35m, 5c: Auf diesem Abschnitt bewegt man sich am linken Rand einer grossen Platte. Wenn man sich den besten Weg sucht, wird es nie schwierig, griffige Schuppen helfen auch hier kommod bei der Fortbewegung. Am Ende in wenig steilem Grasgelände zu Stand an 2 BH am Fuss der Kante des folgenden und letzten Felsabschnitts.

L5, 35m, 4b: Der Auftakt bietet nochmals ein paar spannende Moves, nachher wird das Gelände gratartig und deutlich leichter. Am Ende geht's in grasigem Gelände um die Bäume herum dem Gipfel entgegen. Der letzte BH-Stand von Meriba befindet sich ca. 5m unter dem Gipfel hinter der Tannengruppe, von wo man dann seilfrei die letzten Meter zum Gipfel steigen kann. Alternativ gleich den Muniring der Namenlosen Kante am Top nutzen, welcher sich 1m jenseits unterhalb des Gipfels südseitig befindet.

Eh bien, c'est ça! Ein paar Minuten nach 20.00 Uhr und somit nach rund 2:15h der Kletterei hatte ich die Route 2x im Aufstieg und 1x abseilend bewältigt. Das war also ziemlich zügig gegangen - wie vermutet war die Meriba dank ihrer Unkompliziertheit, der angenehmen Straightforward-Kletterei und der sehr guten Absicherung ein ideales Ziel für eine Rope Solo Mission gewesen. Denn dabei zählt für mich nur der Genuss und Spass am Moven, da muss ich mich nicht mit anspruchsvollen Routen verwirklichen, die man besser in Seilschaft angeht. So konnte ich gechillt auf dem Namenlosen Turm eine Pause machen. Der Abstieg von der Meriba führt erst auf deutlichen Wegspuren ca. 100m dem Grat entlang Richtung Osten, in der ersten Scharte führt dann rechts ein Weg in die Gross Chälen hinunter und retour zum Kletterhüttli. Alternativ kann man von der Scharte auch nach links weglos über die Wiese absteigen und gelangt so zur kleinen Turmscharte, von wo man durch die Kleine Chälen wieder die Kletterhütte erreicht. Das ist kraxliger und eher langsamer, dafür kommt man nochmals am Einstieg vorbei und kann ein allfälliges Depot aufheben. Dieser Alternativabstieg ist auf dem Foto oben gut sichtbar. Für mich persönlich war's das nicht ganz, das Tageslicht liess noch einen spannenden Erkundungsgang durch das Bockmattlimassiv zu und ich machte mich erst auf den Heimweg, als es definitiv einzudunkeln begann. Viel Freude hatte es gemacht, sich endlich wieder einmal im Terrain und nicht nur im Klettergarten oder an den Blöcken zu bewegen - möge endlich so richtig stabiles Wetter kommen, das uns mehr derartige Ausflüge ermöglicht!

Time to go home: die Westschulter am Kleinen Turm im letzten Licht.

Facts

Bockmattli / Namenloser Turm - Meriba 5c+ (5c obl) - 5 SL, 185m - M. & K. Schmed, T. Götz 2015 - ***;xxxx
Material: 1x40m-Seil, 12 Express, Cams/Keile nicht nötig

Genussreiche, unkomplizierte und sehr gut abgesicherte Plaisirroute, die meist Wand- und Plattenkletterei in prima strukturiertem, solidem Bockmattli-Nordwandfels bietet. Hier und da spriessen Grasbüschel und auf ein paar Abschnitten geht/klettert man im Grasgelände, was aber überhaupt nicht stört. Position und Umgebung sind fabelhaft, mit dazu gehört ein Gipfelerlebnis - top! Wie bereits erwähnt, ist die Absicherung mit rostfreien BH bestens, fürchten muss man sich hier nicht. Hier werden wohl alle frohgemut auf mobile Sicherungen verzichten können - anbringen könnte man allerdings immer wieder welche, wenn man denn wollte. Erwähnenswert: abseilen über die Route macht keinen Sinn, der Fussabstieg ist viel schneller und einfacher. Falls ein Rückzug nötig ist, so ist dieser sicher möglich - wegen der Lage der Standplätze 2 und 3 hinter Scharten ist aber etwas Improvisation gefragt (sprich einfach an den Kettenständen abseilen funktioniert eher nicht). Für einen Rückzug günstiger liegen die Standplätze der Nachbarroute Kairos. Das Topo zur Meriba findet man im plaisir OST oder auf der Webseite der YOYO-Kletterschule.

Donnerstag, 18. August 2022

Gorge de la Biaysse - Super Viagra (6a+)

Es geht gleich nahtlos weiter mit Berichten aus der Dauphiné, nun aber von den Ferien 2022. Nach langer Anfahrt und dem Zeltaufbau waren alle von der Hitze erschlagen und "müde". Wobei derjenige mit dem grössten Pensum der Autor war. Der hatte nämlich am Vorabend die ganze Ausrüstung vorbereitet und verladen, zudem sass er für die gesamte Fahrtstrecke am Steuer, während der Rest der Familie dösen konnte oder sich der Unterhaltung an ihren elektronischen Geräten widmete. Wobei ich das durchaus relaxend finde, während solcher Fahrten kann man ja sehr gut an seinen Gedanken spinnen und Pläne machen. Und die verlauteten eben darauf, nach dem langen Stillsitzen noch etwas Bewegung zu erhaschen. 

Die Gorge de la Biaysse ist eine tolle Felsenlandschaft mit vielfältigen Klettermöglichkeiten.

Somit also auf dem Zeltplatz das nötige Material gepackt, das Bike startklar gemacht und in 15 Minuten zum Ausgangspunkt bei der Kapelle von Rame geradelt. Für den Zustieg wichtig: für die Routen am Rive Gauche den Bach nicht überqueren, sondern direkt am sakralen Gebäude vorbei und den guten Wanderpfad nach Pallon einschlagen. Nach wenigen Minuten, noch bevor man unter der Wasserleitung quert, zweigt links ein gut ausgetretener Climbers Trail ab, der innert Kürze zur Wand führt. Ist diese erreicht, heisst es noch etwa 30-40m nach links abwärts zu queren. Da sich am Fuss dieser Wand ein Klettergarten mit Base Climbs befindet und die Routen nur teilweise bezeichnet sind, ist etwas Spürsinn erforderlich. Die Skizze ist 'Oisans Nouveau, Oisans Sauvage' ist aber prima - die Super Viagra beginnt (ohne Anschrift) nachdem sich der Pfad für eine kurze Kehre von der Wand entfernt und rechts der Douce Violence, welche deutlich angeschrieben ist. 

Sicht auf die Wand mit dem Routenverlauf.

Was ich bis dahin noch nicht explizit erwähnt hatte: da niemand mitkommen wollte, kam wieder einmal der Modus Rope Solo zum Zug. Zum Wiederholen von Routen bringe ich diesen kaum je zur Anwendung, da die Sache doch etwas umständlich und einfach weniger flowig wie das Klettern in Seilschaft ist. Vom Erschliessen, wo man ja sowieso nicht so vorwärts kommt und in allen Aspekten basteln und riggen muss, bin ich aber durchaus damit vertraut. Erwähnt sei auch, dass diese Art der Sicherung absolut 'fail proof' und somit risikotechnisch identisch zur Kletterei in Seilschaft ist. Trotzdem ist das nur etwas für Experten, ich will an dieser Stelle keine Werbung dafür machen und verzichte daher auf irgendwelche Beschreibungen vom Setup oder sonstigen Empfehlungen diesbezüglich. Um 17.15 Uhr hatte ich mich organisiert und kletterte los.

L1, 30m, 6a: Athletischer Start, dann in eine gutgriffige Verschneidung, welche nach rechts verlassen wird, was die Bedienung einiger kleinerer Griffe erfordert. Steil und luftig geht's schliesslich hinauf zum Stand. Es ist eine lässige Seillänge, der Fels gut und solide - und wo nicht, wurde gehämmert, gezimmert und die Sache von Mr. Bricolage zurechtgebogen.

L2, 25m, 5c+: Sehr schöne Kletterei an einer Kante mit prima Fels, Stand auf bequemem Band. Ich würde sagen, das ist die schönste Seillänge der ganzen Route!

L3, 25m, 6a+: Zwei, drei Meter nach rechts, dann steil und henklig hinauf. Nach einigen Metern legt sich das Gelände zurück, es folgt eine zweite Crux. Fast verdoneske Kletterei an Schlitzen (welche teils etwas intensiv bearbeitet sind). Stand erneut auf Band.

Ausblick auf L3 (5c+), die richtig steile Kletterei an guten Griffen bietet.

L4, 25m, 5c+: Das Gemüsebeet überqueren und rein in die beständig betont senkrechte Wand. Man findet ausreichend Henkel und Schuppen, allerdings ist die Felsqualität nicht die Beste. Doch auch hier hat Mr. Bricolage alles festgeklebt, angeschraubt und abgeschlagen, was eine Gefahr gewesen wäre.

L4bis, 15m, Gehgelände: Kurzes Verbindungsstück, man muss den Stand aber zwingend übers Band nach rechts verschieben. Ein kurzer Abschnitt am Stand der Bayse Torride vorbei braucht die Hände und ist etwas exponiert. Wer keine Lust auf die letzte Seillänge mehr hat, kann problemlos über das Band ausqueren.

L5, 25m, 5c+: Weniger attraktive und einfachste Seillänge. Der Fels ist teils etwas belagig und brösmelig, auch nicht überall bombensolide. Passt aber schon.

Sicht aus der Wand auf die östliche Talseite des Val Durance mit der Tête du Peyron.

Um etwa 18.45 Uhr und somit nach 1:30h hatte ich das Programm (in jeder Seillänge 1x Vorstieg, 1x Abseilen, 1x Nachstieg) erledigt und war am Top angekommen. Für eine Rast lohnt es sich, vom letzten Stand noch ca. 25m hinauf zu einem flachen Boden mit schönem Blick ins Tal und in die Gorge zu steigen. Für den Abstieg heisst es dann, noch etwas weiter aufzusteigen und die Wasserleitung beim Betonsockel zu unterqueren. Von da gilt es, noch weitere ca. 15hm auf schwachen Wegspuren aufzusteigen, um bequem auf den Wanderweg queren zu können. Allfällige Abkürzungen durchs Gebüsch bzw. eine Felsstufe (sprich eine direkte Querung vom Routenende) lohnen sich bestimmt nicht. Auf dem Weg ist man dann in Kürze zurück bei der Kapelle, am Einstieg kommt man nicht mehr vorbei. Ich radelte zurück und nahm vor dem Znacht noch einen Schwumm mit den Kindern im See. Am nächsten Tag war erst einmal Sportklettern angesagt, wobei das angepeilte 8a-Projekt schon beim ersten Besuch erfolgreich bewältigt werden konnte - ein Ferienauftakt nach Mass :-)

Facts 

Gorge de la Biaysse / Rive Gauche - Super Viagra 6a+ (5c obl.) - 5 SL, 150m - J.M. Cambon 2013 - **;xxxxx
Material: 1x30m-Seil, 12 Express

Kurze, talnahe MSL-Route mit sehr guter Absicherung. Sie bietet ein Ganzjahresziel, dank dem nachmittäglichen Schatten und der Nähe zur Schlucht trifft man abends selbst an Hitzetagen auf akzeptable Bedingungen. Attraktiv ist die Route auch durch die homogenen Schwierigkeiten. Dank der sehr guten Absicherung und der griffig-steilen Kletterei dürften sich auch Umsteiger aus der Halle oder dem Klettergarten hier wohl fühlen. Der Fels ist meist gut, zudem wurde die Route wo nötig ausgiebig geputzt und präpariert (lose Schuppen angeklebt oder festgeschraubt, Griffe verbessert, ...). Hinweis: zum Abseilen ist die Route bis Stand 4 eingerichtet, dafür wäre ein 60m-Seil nötig. Der Fussabstieg ist aber bestimmt schneller und bequemer. Ein Topo zur Route findet man im Oisans Nouveau, Oisans Sauvage, die Baseclimbs sind im Briançon Climbs aufgeführt, nützlich ist natürlich auch die Beschreibung auf C2C.