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Sonntag, 29. Dezember 2013

Publikationsbias

Als Publikationsbias beschreibt man in der Wissenschaft das Phänomen, dass über positive Resultate viel häufiger berichtet wird als über negative. Diesen Effekt kann man auch auf den Internet-Portalen beobachten, wo über Tourenverhältnisse beobachtet wird. Kaum je schreibt jemand, dass seine Tourenwahl und die Verhältnisse richtig schlecht waren. Und oft wird noch als "Pulver" beschrieben, was in Tat und Wahrheit einfach ein windverblasener Deckelschnee ist. Vor allem in der Periode um Weihnachten 2013 liess sich dieser Effekt ausgeprägt beobachten.

Situation am Ausgangspunkt - zu einer Skitour?!?
Diesem Phänomen sind wohl auch die zahlreichen Reaktionen zuzuschreiben, welche ich auf meinen Bericht einer bezüglich der Verhältnisse eher mässigen Vilan-Tour erhielt. Tja, ein klassischer Fehlentscheid aufgrund mangelhafter Tourenplanung, da habe ich keine Mühe das zuzugeben. Wie es dazu kam? Bei uns vor der Haustür schneite es am Stephanstag rund 20cm an frischem Schnee, am Alpensüdhang fielen gar rekordverdächtige Neuschneemengen. Dass die Hänge am Vilan wegen der vorangehenden Föhnphase vor diesem Schneefall komplett aper waren, dessen war ich mir natürlich auch bewusst. Aber nun hatte es ja etwas Nachschub gegeben, und mit 20cm liesse es sich auf den Wiesen oberhalb von Seewis bereits vernünftig touren.

Im Frühetau zu Berge wir wandern fallera...
Die etwas mager ausgefallene Tourenplanung ist dem Umstand zuzuschreiben, dass man ja schliesslich Weihnachten feiert und dementsprechend nicht laufend alle Webcams kontrollieren kann. Zudem stand uns auch nur ein guter halber freier Tag zur Verfügung, am Morgen mussten die Kinder versorgt werden und so begnügte ich mich mit einem raschen Blick vor die Haustür, aufs Lawinenbulletin, die Neuschneekarte des SLF und dann fiel der Entscheid: der Firzstock zu schattig, Redertengrat und Fanenstock zu überlaufen, gehen wir doch wieder einmal auf den Vilan, da waren wir schon ein paar Jahre nicht mehr.

Die Wechselzone auf 1700m eben passiert, ab hier ging's mit den Ski an den Füssen leichter.
Vor Ort war dann subito klar, dass diese Entscheidung nicht optimal war. Beim Ausgangspunkt in Seewis auf 1000m Meereshöhe hatte es kaum Neuschnee gegeben. Die schattigen Wiesen waren leicht angezuckert, an den sonnigeren hatte die Dezembersonne der weissen Pracht schon wieder den Garaus gemacht. Natürlich hätten wir zu diesem Zeitpunkt noch an einen anderen Ort hinfahren können, wir entschieden uns dann aber doch dagegen - laufen statt rumkurven war die Devise! Die Skis wurden aufgeschnallt, und wir liefen auf den manchmal aperen und manchmal dünn schneebedeckten Strassen in die Höhe. Erst auf 1700m war die Schneedecke dann so dick, dass der Aufstieg mit den Ski bequemer war.

Spurend unterwegs am verblasenen Ostgrat, die Abfahrt dann durch die Triebschneemulden links davon.
Ab da erreichten wir den Gipfel, natürlich spurend und komplett einsam - eine Seltenheit an diesem Berg! Und der erste Teil der Abfahrt war dann durch die Triebschneemulden der NE-Seite in gebundenem Pulver wirklich schön. Dann kurz der Strasse folgen, eine 5-Minuten-Portage durch den Wurzaneinawald, bevor wieder angeschnallt wurde. Dank den gepflegten, glatten Wiesen liess es sich in geschickter Linienwahl auf den 1-5cm Neuschnee bis oberhalb vom Dorf Seewis fahren, von wo wir in wenigen Minuten unser Automobil wieder erreichten. Und tja, dann verfasste ich eben meinen Tourenbericht, der mir mehrere Beileidsbezeugungen eintrug. Irgendwie schon lustig, dabei hatte ich doch nur objektiv über die angetroffenen Verhältnisse berichtet, und dafür ist das Portal ja da! Natürlich wird unsere Vilan-Tour am Ende des Winters nicht als die beste Skitour in die Annalen eingehen, ein schöner Bergtag war es aber allemal und das Mitleid daher ehrlich gesagt komplett unnötig.

Hehe, wer sich für einen Firmennamen entscheidet, sollte sich gut überlegen, wie dieser im Vertriebsgebiet aufgenommen wird!

Mittwoch, 18. Dezember 2013

Neue Mixedrouten am Urnerboden

Die Gasthauswand am Urnerboden ist einer der grössten und beliebtesten Mixed-Klettergärten der Schweiz. Hier gibt es für alle etwas, von der einfachen Eisstufe bis zum bohrhakenlosen Testpiece mit haarsträubender Absicherung. Während ich letzthin meinen Kletterpartner beim sauberen Onsight in der Toproute 'Der Graf' (M8+/9-) sicherte, blieb mir eine Stunde lang Zeit, die umliegenden Wände zu betrachten. Da fielen mir einige interessante Möglichkeiten ein, welche ich kürzlich dann einrichten konnte.

Die Routen befinden sich am Fusse der hohen Wand, zwischen dem cleanen Jasper-Testpiece 'Gläsernes Herz' (M8) und dem 'Gully' (WI4+). Auch wenn sie von weit weg eher mickrig erscheinen mögen, so erkennt man von deren Fuss die doch vernünftige Kletterlänge von je nach Route 15-17m. Soo viel länger sind die meisten anderen Touren im entsprechenden Grad auf dem Urnerboden auch nicht. Doch nun der Reihe nach, von links nach rechts:


Steinschliff (M5): Delikate und interessante Kletterei, unten Gekratze auf Platten mit dünnen Eisglasuren, oben dann zwei Eisspuren und eine Henkelwand mit wunderbarer Felsstruktur - wäre auch im Sommer lohnend wenn es nicht so staubig wäre! Die Absicherung ist mit 5+1 BH und dem Umlenker vorzüglich ausgefallen. Ich denke, das ist durch die nicht ganz so athletische Ausprägung eine ideale Trainingstour für alpineres Mixedgelände.

Glove Compartment (M4): Die Route führt unten über dünnes, aber geneigtes und einfaches Eis. Für den Fall, dass dieses zu wenig dick zum Sichern sein sollte, sind rechts auf der Felsrippe 2 BH zur Sicherung platziert, aktuell reicht es gerade für kurze Schrauben. Zum Schluss wartet dann eine dünne Eissäule - für die Pickel bei sorgfältigem Vorgehen solide genug, zur Sicherung stecken rechts 2 BH. Die Route endet, wenn man in der namensgebenden Nische steht und den Umlenker klippen kann, wofür noch 2-3 Züge im Fels nötig sind.

Dicke Berta (WI3): Aktuell eine schöne und richtig fette Kompakteisstufe mit homogener Kletterei, zum Schluss gegen 80 Grad steil. Hier kann man aktuell problemlos im Eis sichern, weshalb ich ausser der Umlenkung keine Haken gesetzt habe. Sollte dies einmal anders sein und Bolts zur Absicherung nötig erscheinen, so darf man diese auch setzen - bitte auf vernünftige Abstände achten und hier zur Ergänzung einen Kommentar schreiben.

Die drei neuen Routen würde ich als objektiv sehr sicher bezeichnen, und sie sind auch bestens abgesichert. Bei allen braucht es nur wenig Eis, daher dürften sie meistens in guten Verhältnissen und kletterbar sein. Eingerichtet habe ich die rechten beiden Routen von unten im Vorstieg. Bei der linken habe ich die Bolts unterhalb des alten Ringhakens im Toprope gesetzt, obenraus bin ich dann auch wieder vorgestiegen. Ein allerbester Dank geht an meinen Vater Sepp Dettling für die Mithilfe, er hat es mir dank seiner Sicherungsarbeit möglich gemacht, alle 3 Routen in einem Tag einzurichten. 

Dani onsightet 'Der Graf' (M8+/9-). Ganz rechts am Bildrand sind auch noch die Eisspuren von 'Steinschliff' (M5) zu sehen.
An dieser Stelle sei auch gesagt, dass die Bewertungen grobe Schätzungen ohne Gewähr sind. Wer anders empfindet, der möge doch hier eine Notiz hinterlassen. Keinen Kommentar braucht es hingegen, falls jemand die Routen zu kurz, zu einfach oder zu gut abgesichert findet: wir wissen genau, dass es in diesem Klettergarten für die harten Jungs viele Routen gibt, die länger, schwerer, besser sind und weniger Haken haben. Gerne sehen wir bei einer Begehung von 'Der Graf' zu und beobachten, wie der Könner den wegen fehlendem BH-Plättli langen Runout bei der Schlüsselstelle bewältigt...

Donnerstag, 12. Dezember 2013

Rubihorn - Ruby Tuesday (M6) mit Sturz nach BH-Ausbruch

Mit Tobias war ich bisher schon in der Schweiz und allen Nachbarländern exklusive Deutschland unterwegs. Diese letzte Lücke konnte nun geschlossen werden: er berichtete mir von optimalen Verhältnissen am Rubihorn und schlug eine Begehung der 'Ruby Tuesday' (11 SL, M6) vor. Mir war zwar nicht restlos klar, was einen da erwartet. Doch eine Nordwand-Kletterei mit Steigeisen und Eisgeräten tönte auf jeden Fall spannend. Und vielleicht würde es mich ja näher an meinen Traum bringen, die Begehung der Heckmair-Route in der Eiger-Nordwand.

Hinweis: die Route wurde im Januar 2022 von Alban Glaser und Tobias Bailer grundlegend saniert. Für Details zum aktuellen Stand siehe die Kommentare unter dem Beitrag.

Die gewaltige Bastion der Rubihorn-Nordwand im Allgäu, hier soll es hochgehen!
Bevor ich mit dem eigentlichen Tourenbericht beginne, nehme ich aber auf den für viele wohl spannendsten Teil Bezug, den schon im Titel erwähnten Vorfall mit dem BH-Ausbruch. Am Rubihorn ist der Fels durchaus nicht immer bombenfest, doch die in der Tour vorhandenen Bolts sind in der Regel prima platziert, so dass ich sie durchaus als sicher bezeichnen würde. Nun war ich aber in SL 9 (M6) im Vorstieg. Die schwierige Verschneidung mit einer glatten rechten und einer aus losen Blöcken bestehenden linken Seite hatte ich erfolgreich gemeistert. Nun galt es, diese nach links zu verlassen und im zwar leichteren, aber brüchig-plattig-abwärts geschichteten Gelände den Stand zu erreichen. An einem markanten Block befand sich ein weiterer BH zur Zwischensicherung.

Diesen kletterte ich etwas heikel an, auf den verschneiten und glatten Platten stand ich ziemlich eierig auf den Steigeisen und zudem hatte ich auch schon üppig Seilzug. Froh darum, den vermeintlichen Rettungsanker erreicht zu haben, hängte ich die Exe in den Bolt und zögerte keine Sekunde, diese zu ergreifen um das Seil einzuhängen. Gut, solcherlei ist vielleicht sportlich nicht ganz einwandfrei, aber ich hatte bei früherer Gelegenheit auf die harte Tour gelernt, die Ambitionen auch einmal rechtzeitig zurückzustecken. In der bisher unveröffentlichten und undokumentierten Felstour mit dem Namen 'Slippery when wet' hatte ich im Sommer 2012 in prekärer Position und mit Seilzug das Seil sauber einzuhängen versucht. Dabei rutschten mir die Füsse weg, und es folgte ein unkontrollierter 15m-Sturz, der schmerzhaft aber glimpflich ausging.

Ein anderes, einfacheres aber lohnendes Ziel für ein nächstes Mal: der Gaisalpfall (WI3)
Solcherlei wollte ich also vermeiden, griff zur Exe und ging sogleich etwas auf Gegendruck, um ja nicht mit den Füssen wegzurutschen. Dabei passierte es augenblicklich: der Fels zerbarst, etwa 2 Schuhschachteln an Material rund um den und mit dem BH brachen aus. Mich drehte es herum, und mit Blick die Wand hinunter trat ich den Weg in die Tiefe an. Nach etwa 10m kam ich zum Stillstand, die Zwischensicherung darunter hatte glücklicherweise ihren Dienst erfüllt. Ein kurzer Check zeigte eine blutende Wunde an der Hand, einen angeknacksten Fuss und ein paar Prellungen hier und da - definitiv Glück gehabt, dass nix schlimmeres passiert war. Ich bezog improvisierten Stand und liess einmal Tobias nachkommen. So umzudrehen war irgendwie auch eine schlechte Option. Also biss ich auf die Zähne, so dass wir doch noch zum Top gelangten und die Tour würdig abschliessen konnten. Die Stelle mit dem BH-Ausbruch liess sich einige Meter linksherum in kühner Manier auch ohne die nun fehlende Zwischensicherung passieren.

Warum der Ausbruch? Wie beschrieben, der Fels ist am Rubihorn teilweise nur von mässiger Qualität und die Touren lassen sich nur im Winter ohne grösseres Gefahrenmoment begehen. Das Felsmaterial ist zudem ständigen Wechseln von Frost und Auftauen ausgesetzt, was natürlich auch die Verlässlichkeit vom steckenden Hakenmaterial herabsetzen kann. Einen BH-Ausbruch ohne Sturz, nur aufgrund einer blossen Haltebelastung von Hand hätte ich aber ehrlich gesagt dennoch nicht erwartet. Behalten wir doch einfach im Hinterkopf, dass auch Bohrhaken keine 100%-Sicherheit bieten - falls das Leben, sei es beim Abseilen oder in Form einer entscheidenden Zwischensicherung, nur von einem einzigen BH abhängt, dann sollte man entsprechend defensiv agieren.

Zuletzt anstrengende, steile 300hm hoch übers Geröllfeld am Wandfuss...
Tourenbericht

Wir starteten unsere Tour um Schlag 7.00 Uhr beim Parkplatz in Reichenbach, kurz vor Oberstdorf. Für die Leser aus der Schweiz: von Zürich Nord/Ost gelangt man in 1:45 Stunden dahin, braucht also kaum länger als ins Avers und sicher weniger lang als zB nach Kandersteg. Auf gepfadeter Strasse und über den Schluchtweg erreichten wir die Gaisalpe, von wo es über ein unter Umständen mühsames Geröllfeld den Wandfuss zu erreichen gilt. Dank vorhandener Spuren und einer mehr oder weniger soliden Schneedecke war die Sache aber vernünftig gut gangbar, so dass wir um 8.20 Uhr nach rund 700hm Zustieg den Einstieg erreichten. Rasch waren wir aufgerödelt und starteten um 8.45 Uhr gemeinsam mit einer weiteren Seilschaft, die in die 'Horny Rubi' wollte, die Kletterei.

Kurz vor dem Einstieg, welcher in der rechten Bildhälfte ersichtlich ist.
SL 1, M3-4: Erst über die einfache Rampe diagonal nach links hinaus. An deren Ende wartet eine etwas heikle Stelle über einen Wulst hinweg, danach einfach im Schnee zum Stand. Auf dieser Länge gibt es keine Sicherungsmöglichkeit! Ein BH vor der Crux wäre mE Gold wert.

SL 2, 70 Grad: Einzige SL mit Eiskletterei. Dieses ist allerdings zu Beginn sehr dünn und liegt auf plattigen Felsen auf, eine heikle Sache ohne Absicherung. Erst nach 15m wird es etwas dicker, so dass auch die kurzen Schrauben setzbar sind. Danach über ein Schneefeld nach rechts zu Stand, der allerdings unter dem Schnee begraben war. Mit etwas Strecken liess sich aber der erste Zwischen-BH erreichen.

Tobias in der ersten SL, die etwas heikle Crux ohne Sicherung bereits überwunden. Der leichtere Eisschlauch links war leider zu dünn.
SL 3, M5: Je nach Schneelage sind gleich die ersten Meter schwer. Danach abdrängende Rechtsquerung in eine Verschneidung hinein, mit BH und Fix-Hexentric gut abgesichert. Die Passage in der Verschneidung dann selbst abzusichern, mit zuletzt einer etwas heiklen, glatten Stelle. Danach noch etwa 20m in einfacherem Mixed-Gelände ohne Sicherungsmöglichkeit diagonal rechts hoch zum Stand.

SL 4, M6: Der plattige Beginn schüttelt Tobias gleich mal ab, der Purzelsturz ins Schneefeld ist aber harmlos. Nach diesem Auftakt quert man nach rechts in die Verschneidung, welche athletisch und schwer bezwungen werden will. Vor allem der Abschlussmantle hat es in sich - offenbar gibt es hier manchmal einen Eispilz, der die Sache erleichtert... nicht so für uns. Danach in mühsamem, plattigem Bruch ohne Sicherungsmöglichkeit aufwärts, erst kurz vor dem Stand kommt nochmals ein Bolt zur Zwischensicherung.

Eiger-Feeling in SL 5 (M4). Durchaus heikle Kletterei über verschneite, etwas brüchige Platten.
SL 5, M4: Rechts hinaus und diagonal hoch in etwas brüchigem Plattengelände, das aber mit BH gut abgesichert ist.

SL 6, M4+: Bestens abgesicherte Querung nach links und sehr originell an einem Rasenbalkon athletisch traversieren. Danach noch etwas aufwärts im Flaschenhals zum Stand. Dieser ist am Auslass des grossen Kessels extrem dem Steinschlag aus der ganzen oberen Wandhälfte ausgesetzt. Alle anderen Standplätze liegen hingegen gut geschützt unter Überhängen oder Wulsten, hier gibt es einfach keine bessere Alternative.

Felskletterei mit Steigeisen an den Füssen in SL 6 (M4+).
SL 7, M2: Vorwiegend Gehgelände im Schnee, keine Sicherungsmöglichkeit. Der Stand links oben an 1 BH.

SL 8, M2: Horizontale Rechtsquerung, kurze Felsstufe und im Schnee zum Fuss der markanten Plattenverschneidung.

In der einfacheren SL 7 (M2) klettert man über eine Rampe...


...zum Beginn des 'Götterquergangs'  (SL8, M2) und dann zur  'Spinne' - naja, alles eine Dimension kleiner und wohl auch leichter.
SL 9, M6: Anspruchsvoll durch die Verschneidung hoch. Rechts ist's sehr plattig, links sehr brüchig mit ziemlich grossen, losen Blöcken. Die Absicherung mit BH ist aber nervenschonend ausgefallen. Zuletzt dann links hinaus ins brüchig-plattige Scheissgelände. Der Bolt, welcher da zur Zwischensicherung steckte, ist nun eben ausgebrochen. Deutlich linkshaltend gelangt man einfacher aber heikel zum Stand.

SL 10, M4: Hier waren wir wohl nicht richtig unterwegs. Wie querten vom Stand auf einem Band deutlich nach links und stiegen dann direkt in Torfkletterei zum nächsten Stand hoch. Die richtige Linie führt vom Stand wohl direkter hoch und quert erst weiter oben nach links (etwas unlogisch, vermutlich brüchiger und schwerer). Bei unserer Variante ist dafür die Absicherung problematisch...

SL 11, M6: An gefrorenen Grasmutten geht's aufwärts zu einem BH in ca. 12m Höhe (erste Sicherung). Danach in fast grasfreiem Fels an BH gesichert unter das Dach hoch. Dieses athletisch und schwierig nach links hinaus überwinden - der Mantle auf den Grasbüschel hinauf ist die Crux. Danach einfacher hinauf zu Stand an der Föhre rechterhand.

Nachher käme dann wohl der 'Quarzriss': die schwierige Mixed-Verschneidung (SL 9, M6), an deren Ende ich den BH ausgerissen habe.
Um ca. 15.00 Uhr hatten wir das Top erreicht. Wow, das war jetzt eine ziemlich abenteuerliche Sache, die aber (vom Sturz mal abgesehen) dennoch grossen Spass bereitet hatte. Während man vom Ausstieg über Schneehänge den eigentlichen Gipfel des Rubihorns erreichen und zu Fuss absteigen könnte, ist der schnellste Weg ins Tal das Abseilen über die Route. Dieses ist ob der von losen Steinen ausgehenden Gefahr nicht als komplett 'tubelisicher' zu bezeichnen. Nach reiflicher Überlegung kamen wir aber zur Einsicht, dass es den ganzen Tag über eigentlich kaum spontanen Steinschlag gegeben hatte. Wenn es 'räbelte', dann war es weil wir selber Steine und Blöcke ausgelöst hatten. Dies ist übrigens bei der aktuellen Schneelage kaum zu vermeiden: somit sei man sich Gewahr, dass ein Einsteigen hinter einer anderen Seilschaft absolut lebensgefährlich wäre. Mit der entsprechenden Vorsicht gelangten wir aber eventfrei zurück an den Wandfuss. Wir packten unsere Rucksäcke und machten uns auf den Weg ins Tal. Das Schneefeld war nun, insbesondere nach meinem Misstritt und dem verstauchten Fuss, durchaus etwas mühsam. Etwas nach 17 Uhr erreichten wir im letzten Licht wieder den Parkplatz.

Facts

Rubihorn - Ruby Tuesday M6 (M5+ obl.) - 11 SL, 440m - Glaser/Faulhaber/Kocher 2005-2007
Material: 10 Express, 3 kurze Schrauben, Camalots 0.3-2, 2x60m-Seile, Stirnlampe

Anspruchsvolle, alpine Nordwand-Kletterei. Den Mixed-Bewertungen zum Trotz klettert man bis auf die zweite SL kaum im Eis. Hin und wieder gibt es etwas Frozen Turf, zumeist überwiegt aber Felskletterei. Je nach Geschmack und Können ist man hier mit oder ohne Eisgeräte am Klettern. Der Fels ist oft eher etwas plattig. Man könnte ihn wohl als genügend solide bezeichnen, an manchen Stellen ist er jedoch auch splittrig und teilweise sind auch lose Steine und Blöcke vorhanden. Achtung, nie bei Tauwetter einsteigen, bei viel Schnee ist auch die Gefahr von Rutschen und Lawinen zu beachten. Generell dürften bei viel Schnee die Absicherungen schwerer zu finden sein. Während gewisse Passagen dann leichter werden, dürften andere dafür schwieriger sein. Von daher ist es schwierig zu definieren, was 'optimale Verhältnisse' in dieser Tour bedeuten. Eine vernünftige Grundabsicherung (Stände und Zwischensicherungen) mit Bohrhaken ist über weite Strecken vorhanden. Dennoch sind (v.a. im unteren Wandteil und an einigen leichteren Stellen) weite Abstände vorhanden, wo gefährliche Stürze möglich sind. Zusätzliche Absicherung ist nicht immer einfach anzubringen, das Gelände ist generell sehr klemmkeil- und hakenfeindlich.

Mixed-Klettern in der Rubihorn-Nordwand. Trotz ein paar BH eine abenteuerliche Geschichte!
Eine ausführliche Beschreibung zur Tour inklusive einem guten Topo mit allen Zwischensicherungen findet sich im 'Eiskletterführer Bregenz bis Garmisch'. Den Text, ein Übersichtsfoto mit dem Routenverlauf und weitere Bilder hat der Erstbegeher Alban Glaser aufs Rocksports-Forum gestellt, herzlichen Dank dafür und natürlich auch fürs Einrichten dieser Tour!


Mittwoch, 4. Dezember 2013

Kletterpause und erste Skitouren

Gemäss der wissenschaftlichen Trainingslehre ist es eigentlich klar, dass man jedes Jahr eine Kletterpause von 3-4 Wochen Dauer einschalten sollte. Zumindest dann, wenn man langfristig seiner Leistung und Gesundheit förderlich sein will. Ich habe das bisher nie sonderlich strikt gehandhabt, meist gab es im Winter eine Phase, wo mehr das Touren und Eisklettern im Vordergrund stand, doch vollständig und strikt kletterabstinent war ich in den letzten Jahren nie mehr länger geblieben. Dieses Jahr ist dies nun (nicht ganz freiwillig...) der Fall, doch bald ist diese Phase überstanden und der Formaufbau kann wieder starten.

Skitouren vor der Haustür, was will man mehr?
Inzwischen sind mir, wie wohl vielen anderen auch, die ersten Skitouren gelungen. Selbst vor meiner Haustüre im Züri Oberland liegt inzwischen genügend Schnee für ein paar schöne Schwünge. So habe ich das Glück, dass es nur 1.5 freie Stunden braucht, damit ich praktisch ohne Anfahrt 600hm aufsteigen und danach abfahren kann. Das ist zwar nicht das alpine Toperlebnis, aber doch jedes Mal wieder schön! Die eine oder andere Gelegenheit will aber auch für eine etwas längere Tour genutzt sein: letzten Sonntag mühten wir uns bei schönsten äusseren Bedingungen 1500hm spurend in jungfräulich-tiefem Pulverschnee hoch. Welch ein Genuss, ganz alleine in dieser frisch verschneiten Berglandschaft unterwegs zu sein. Wären da nicht die unglaublich hinderlichen Stollen an den Fellen gewesen, dann könnte man schon fast von der perfekten Tour sprechen. Genug der Worte: an dieser Stelle lasse ich einfach einige Bilder sprechen und sichere zu, dass auf diesem Kanal schon bald wieder über interessante Kletterprojekte berichtet wird. Einige tolle Touren und Erstbegehungen aus dem vergangenen Sommer wollen hier nämlich noch dokumentiert werden!

Der richtige Ort für eine gemütliche Pause nach den ersten 750hm Aufstieg...

...frieren muss man dabei auf jeden Fall nicht, die Temperaturen sind im höchst angenehmen Bereich...

...Gegend und Panorama sind unschlagbar, Einsamkeit und Stille angenehme Zusatzparameter...

...und die Abfahrt im fluffigen Pulverschnee ein Genuss!