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Freitag, 1. November 2019

Schafbergwand - Route 66 (7a+)

Die Route 66 ist derzeit die neuste Route an der Schafbergwand, eingerichtet im 2018 durch Werner Küng und Marco Wasina. Sie bietet einen prima Mix der ortstypischen Kletterei: erst an Rissen und Schuppen, später dann auf Steilplatten und Wasserrillen. Dank der sehr guten Absicherung mit Bohrhaken und bis auf eine hakentechnisch lösbare, kurz-heftig-glatte Schlüsselstelle moderaten Schwierigkeiten hat sie in kurzer Zeit sehr viele Begehungen erhalten. Für mich gab sie nach der Rückkehr aus den Kalymnos-Ferien ein ideales Ziel her: gemütlich und stressfrei in schönem Ambiente moven, gewürzt mit der Herausforderung, die Crux frei hinzukriegen.

Die Schafbergwand mit dem Verlauf der Route 66 (7a+) in der grossen Plattenzone im östlichen Wandteil.
An einem föhnigen Herbsttag starteten wir um ca. 8.45 Uhr (Sommerzeit) in Wildhaus. Der übliche Zustieg via Gamplüt, unter der Wand durch und über das Band hinauf nahm uns inklusive der üblichen Vorbereitungen aufs Klettern gerade eine Stunde in Anspruch. So konnte es um 9.50 Uhr losgehen. Der Einstieg befindet sich ca. 10m links von Meridian/Langstrasse und ist derzeit mit einer Tafel gekennzeichnet. Zu erwähnen ist, dass links und rechts weitere Routen am Entstehen sind. Man lasse sich also nicht durch die möglicherweise vorhandenen Fixseile und andere BH-Linien verunsichern.

Hier geht's los!
L1, 20m, 5c: Kurz und problemlos, aber irgendwie doch schwieriger wie es den ersten Eindruck macht. Der Grip an den vom Gras befreiten Rissen fühlte sich irgendwie nicht sonderlich gut an. Die Seillänge endet an einem gut sichtbaren Ketten-Hängestand bei der markanten Schuppe, bis hierher war die Route schon früher erschlossen worden.

L2, 20m, 6b+: Die Erstbegeher haben es sicher mit guten Gründen anders konzipiert, doch mir scheint es im Nachhinein günstiger, den Stand nach L1 auszulassen und gleich weiterzuklettern. Das liegt nicht nur am Faktor Bequemlichkeit, sondern die schwierigste Stelle in L2 lauert gleich zu Beginn, auch das Klippen des ersten Bolts ist aus einer mässig stabilen Position trotz der guten Absicherung nicht komplett unbedenklich. Allerdings muss man beim Verbinden der Seillängen viele Exen (ca. 16 Stück) mitführen und dem Seilzug Beachtung schenken. Von der Kletterei her ist L2 eine coole Sequenz der markanten Schuppe entlang.

Die Querung unterhalb der markanten Schuppe definiert L2 (6b+), am Anfang heisst ziemlich glatt antreten!
L3, 28m, 6a+: Hier ändert der Charakter mehr zur auflegerigen Steilplatten-Kletterei, auch dünkte mich die Reibung vom Fels nun deutlich besser. Eine Stelle in der Mitte (jedenfalls wenn man direkt über die Haken klettert, man könnte es sich wohl auch einfacher machen) ist für den vorgeschlagenen Grad doch noch ordentlich zackig, es handelt sich um einen Mantle über ein kleines Dächli, wobei für die Hände nur ein paar Sloper zur Verfügung stehen. Der Rest ging mir gut von der Hand.

L4, 40m, 5c+: Gutmütige und griffige Kletterei, ich fand diesen Abschnitt neben der Schlusslänge die einfachste Sequenz.

L5, 40m, 6b: Coole und ziemlich anhaltende Steilplatte, vor allem das Finale mit den seichten Wasserrillen ist ein echtes Highlight - Schafbergwand at its best! Hier sind nun auch die Hakenabstände etwas grösser und damit der Anspruch an den Vorsteiger höher als in den Startlängen.

Super Kletterei an seichten Wasserrillen in perfektem Fels mit optimaler Reibung - typisch Schafbergwand!
L6, 40m, 6b: Vom Stand geht's nach rechts, die Überwindung der Nische welche den Graskanal abschliesst und das Etablieren in der Wand darob bietet eine ziemlich knifflige Stelle. Nachher geht's in schöner Steilplattenkletterei weiter. Wer die richtige Linie findet, kommt hier recht kommod durch, auch dank dem sich hinter den entfernten Grasbüscheln immer wieder griffige Henkel finden.

L7, 42m, 7a+: Nun eben gilt's ernst! Die Route verläuft hier am linken Rand der markanten Wasserrillen-Platte, die den Abschluss von Meridian und Langstrasse bildet. Erst geht's noch ziemlich easy in die Höhe, die griffig aussehende Piazschuppe ist dann allerdings schwieriger und ausdrehender wie gedacht, d.h. im 6b-Bereich erreicht man die Schlüsselstelle. Hier hätte Mutter Natur nur 1-2 kleine aber taugliche Strukturen für entweder Hände oder Füsse kreieren müssen, dann wäre die ganze Route homogen im 6b-Bereich. Hat sie aber nicht, so bezwingt man diese Stelle entweder A0 mit Hilfe einer Trittschlinge oder klettert etwas links der direkten Hakenlinie frei. Im Onsight braucht das ziemlich Mut, da der obere der beiden p.a.-Haken nicht (bzw. höchstens nach Überwinden der Stelle) geklippt werden kann. Das Sturzgelände ist zwar +/- frei, aber es droht trotzdem ein etwas unangenehmer Pendler aus diffiziler Gegendruck-Kletterei an schlechten Tritten/Griffen. Nach einem ersten Befühlen konnte ich die Stelle durchziehen, denke der Grad dürfte ziemlich gut passen.

Die Schlüsselstelle (L7, 7a+) sieht unscheinbar aus. Da aber kurz (fast) alle Griffe/Tritte fehlen, ist's eine Challenge!
L8, 32m, 5b: Über strukturierten Fels mit ein paar Zacken und griffigen Schuppen geht's bis ganz zum Ende der Plattenzone hinauf. Nein, ganz zum Grat hinauf gelangt man (wie bei allen anderen Schafbergwand-Routen) auch hier nicht, für den Rückweg bleibt als einzig sinnvoller Weg das Abseilen.

In der Gegend von 13.30 Uhr und damit nach rund 3:30h Kletterzeit hatten wir das Top erreicht. Während es in der Wand absolut erträglich gewesen war, ging hier oben durchaus ein zügiger Föhnluft. Ein längerer Aufenthalt war schon nur daher wenig attraktiv, das Routenende bietet sich rein platzmässig aber sowieso kaum für eine gemütliche Pause an. Somit hatten wir umgehend die Seile gefädelt und glitten in 6 zügigen Manövern in die Tiefe. Die ersten 3 Seillängen der Route kann man in einem einzigen 50m-Abseiler erledigen, wenn man sich etwas westlich gegen höher gelegenes Gelände im Couloir hält (zum Einstieg reicht es hingegen kaum!). Eigentlich wäre noch Zeit gewesen, um nebenan in eine weitere Route einzusteigen, z.B. Knecht Ruprecht oder Intermezzo bieten sich für ein Ausklettern durchaus an. Doch auch alle anderen Seilschaften hatten sich bereits aus dem Staub gemacht. Kein Wunder, der Himmel zog langsam zu und zufrieden mit dem Erreichten liessen auch wir es für diesen Tag gut sein.

Facts

Schafbergwand - Route 66 7a+ (6a+ obl.) - 8 SL, 270m - Küng/Wasina 2018 - ***;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 14 Express

Eine kürzlich erschlossene Schafbergwand-Tour mit sehr guter BH-Absicherung, bis auf die kurze Crux moderaten Schwierigkeiten und der ortstypischen, steilplattigen Kletterei. Sie ist innert kurzer Zeit zum Klassiker geworden und hat damit viele Argumente auf ihrer Seite. Mich persönlich haben einige der Touren weiter rechts (z.B. XL, Blues oder Garten Eden) aufgrund vom noch kompakteren Fels, den anhaltenderen Schwierigkeiten und dem höheren Anspruch noch etwas mehr begeistert. Das mag aber meine subjektive Meinung sein, enttäuscht wird von der Route 66 bestimmt niemand heimkehren. Dem Erstbegeherduo möchte ich herzlich fürs Ausrüsten und arbeitsintensive Putzen resp. Grasen in der Route danken. Aus ihrer Feder stammt auch das hier abgebildete Topo.

Das Topo zur Route 66 (7a+) aus der Feder der Erstbegeher - herzlichen Dank!

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