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Montag, 6. September 2021

Chli Glatten - Schwert des Samurai (7a+)

Ja, an diesem Tag hätte man höher hinaus gekonnt. Aber die eine Hälfte unserer Seilschaft war nach einem harten Bohrtag schon etwas angezählt, die andere Hälfte musste am Tag davor lange "richtig" arbeiten und besuchte am Abend bis spät eine im Ausland wohnhafte Freundin, die gerade in der Schweiz zu Besuch war. Erst einmal durch erholsamen Schlaf wieder zu Kräften kommen und gemütlich frühstücken, so lautete die Devise. Nachher würden wir dann sehen, was noch an Kletterei drin läge - mussten wir doch abends auch wieder zurück sein, um die KInder bei ihrer Rückkehr aus den Trainings zu empfangen. Und eben, wie der Titel schon zeigt, auf den Chli Glatten fiel schliesslich unsere Wahl. Früher waren wir hier recht oft zugegen, doch nun waren es schon geschlagene 6 Jahre seit dem letzten Besuch...

Der Blick auf den rechten Sektor am Chli Glatten mit dem Verlauf vom 'Schwert des Samurai' (7a+).

Während mir viele Routen an dieser Wand schon gelungen sind und ich mit dem Uristier sogar eigene Spuren hinterlassen konnte, blieb das Schwert des Samurai immer für einen besser geeigneten Tag offen. Nun war dieser gekommen: eine kleine Herausforderung in Bezug auf die Schwierigkeit mochte es noch leiden, mit limitierten Kräften mochte ich aber nicht mehr in eine Route einsteigen, wo weit über der letzten Absicherung am Limit gemoved werden muss. Zudem war ein einwandfrei sonniger und warmer Tag angesagt, was die Kletterei an der luftigen und oft zugigen Kante sicherlich zum Genuss machen würde, während man im Schwert bei marginalen Bedingungen oft schlottert und an den Griffeln friert. Um 12.10 Uhr brachen wir an der Klausenstrasse auf (man kann/soll nur ausserhalb der bewirteten Zeit bei der Alp Bödmer abstellen!). Meine schweren Beine machten sich bemerkbar, nachdem mein Sack aber rund 25kg leichter wie am Vortag war, fühlte es sich doch noch fast wie fliegen an und es ging einigermassen zügig in die Höhe. Nach 35 Minuten und 380hm waren wir am Einstieg, ich konnte Kathrin zum Vorstieg von L1 überzeugen und so legte sie um ca. 13.00 Uhr los.

Hier geht's los (Aufschrift in der rechten, unteren Bildecke), das Schwert oben droht!

L1, 40m, 6a+: Der Einstieg befindet sich in der markanten Schlucht (gebohrte Sanduhr, derzeit ist der Name gut sichtbar mit Farbe angeschrieben) an einer westlich ausgerichteten Wandpartie. Dementsprechend ist der erste Abschnitt bis weit nach dem Mittag im Schatten und fühlt sich aufgrund der Lage oft klamm und kühl an. Da gleichzeitig auch der Fels eher auf der glatten und abschüssigen Seite ist, kann sich das unangenehm anfühlen. Wir trafen aber auf prima Bedingungen, entlang der griffigen Verschneidung inkl. Ausspreizen waren die Einstiegsmeter rasch überwunden. Später hält sich die Route an die Kante, ja verläuft im zweiten Teil gar rechts in der südlich ausgerichteten Partie. Bis am Ende wartet immer einmal wieder ein anspruchsvollerer Schritt, richtig schwierig wird es aber nie.

L2, 35m, 6b: Im ersten Teil dieser Seillänge wurde die Route im 2019 durch den Erstbegeher saniert (und etwas im Verlauf korrigiert?!?), hier stecken nämlich formidable Inoxbolts, während der Grossteil der Route noch mit verzinkter Ware eingerichtet ist. Der Fels sieht klausentypisch klötzlimässig aus, aber auf der ersten Hälfte warten keine grossen Schwierigkeiten und das Gestein ist erfreulich solide. Weiter oben zieht's dann an, die Route schlängelt sich um die wenig ausgeprägte Kante. Eine Stelle, wo von rechts nach links zurück gewechselt wird, darf man sogar als durchaus knifflig bezeichnen, ebenso muss man kurz vor dem Ausstieg noch einmal "hinlangen". Erwähnt sei auch, dass total 13 Bolts hier sehr dicht stecken, auch weniger kühne Kletterer können hier frohen Mutes voll angreifen.

Dem Schwert schon näher, Kathrin im Vorstieg in L2 (6b).

L3, 30m, 6c: Man steigt unschwierig auf ein Band empor, wo man sich unterhalb einer ausladenden Dächerzone befindet. Doch wie die fix installierte Exe anzeigt, gilt es tatsächlich durch die hinauf zu klettern. Nach einem kräftigen Einstiegszug gewinnt man bald erstklassige Henkel. So weit so gut, aber nun heisst es an Seitgriffen dranbleiben, während mit den Füssen auf mässigen Tritten weit aussen Gegendruck erzeugt werden will - eine Stelle, an welcher lange Beine wohl für einmal keinen Nachteil darstellen. Wenn's nicht geht auch nicht weiter schlimm, die nahezu hallenartige (aber aufgrund des Bandes unterhalb absolut sinnvolle) Absicherung erlaubt hier sowieso das Fortkommen. Im Mittelteil der Länge geht's dann gemässigt-griffiger dahin, während zum Ende hin noch sehr schön und fein von rechts nach links über eine Steilplatte mit bestem Fels traversiert werden muss.

Die strengsten Meter durch die Dachzone von L3 (6c) sind geschafft!

Am Ende von L3 (6c) wird dann mehr noch die Feinmotorik auf dieser Platte abgefragt.

L4, 15m, 7a+: So, nun beginnt definitiv der Ernst der Sache! Zum Glück waren meine Lebensgeister inzwischen wieder erweckt worden und ich war motiviert, dieser Länge einen guten Fight zu geben! Zügig steigt man, für den angegeben Grad noch 'unschwierig' unter das markante Dach mit der fixen Kette empor. Dessen Überwindung kann man leicht als die Crux identifizieren. Dies geht so in "Patsch-patsch"-Art an Seitgriffen in Form eines schwierigen Aufrichters oberhalb vom Dach, wobei wohl auch etwas Glück dazu gehört, auf die jeweils besser anhängenden Stellen zu schnappen. So lässt sich der nächste Bolt klippen und der Weg zum folgenden Exemplar antreten - dies der wohl forderndste Abstand der Route?!? Mir war jedenfalls nicht ganz klar wie und wodurch, ein gewisser Pump war fühlbar, das hin-und-her Griffe ertasten machte den nicht besser, doch mit einem Kraftakt ging es dann doch gut im Onsight auf, vielleicht wäre es ja auch gar nicht so schwierig wenn man einfach steigen würde... mit ein paar weiteren Moves erreicht man schon den sehr luftig auf der Kante sitzenden Stand.

Herzhaftes Zupacken im wohl forderndsten Hakenabstand der Route (L4, 7a+).

L5, 15m, 7a: Es bleibt zu hoffen, dass während dem Sichern der Akku wieder etwas aufgeladen werden konnte (Steckdose allerdings ist keine vorhanden ;-)), denn auch auf diesem kurzen Abschnitt ist durchaus etwas Finger- und Schulterpower nötig. Schon zum Auftakt wartet ein kniffliges, trittarmes Wanderl mit Seit-/Untergriffen und Mikrocrimps. Dann ein Dächli, wo es athletisch schräge Kleingriffe zu schultern gilt, wobei auch da der Schlüssel in guter Fussarbeit liegt. In ähnlicher Manier geht's noch ein paar Meter weiter, ein cooler Hand-Foot-Match war letztendlich der Schlüssel zum erfolgreichen Durchstieg - einfach richtig genial, solche Bouldermoves in einer Alpintour zu vollführen! Die letzten fünf Meter zum Stand trumpfen dann mit grösserem Griffangebot auf, so dass man hier kaum mehr ans Limit kommt. Insgesamt kam mir diese Länge nicht einfacher, ja eher sogar schwieriger wie L4 vor. Aber während man am Dach in L4 eher auf eine schwierige Einzelstelle trifft, wo man mit etwas Vorstellungskraft rasch einmal Allez-Hopp darüber weg ist, kann/muss man in L5 ewig an den vielen Mikrostrukturen tüfteln und sich richtig aussaften - wenn man den genauen Ablauf kennt, so ist es im Rotpunkt vielleicht schon dankbarer.

Da hat man die Sache in der Tasche! L5 (7a) wartet mit bester Felsqualität auf die Begeher!

L6, 40m, 6b: Der Plattenschild in dieser Länge sieht von unten unnahbar aus... und erfordert schon nach dem ersten Bolt eine technisch schwierige Bewegung, die wohl auch etwas morpho ist?!? Nachher geht's über die kompakte Wandzone, doch dank einigen zwar recht kleinen, aber schön positiv-bissigen, ideal platzierten Leisten für Hände und Füsse geht das fast mühelos. Schliesslich wird das Gelände einfacher und ist auch nicht mehr ganz so attraktiv. Zuletzt steigt man auf das flache Gelände aus und quert nach rechts hinüber zum gemeinsamen Ausstiegsstand mit dem Altherrenweg, wo sich auch das Wandbuch befindet.

Kathrin unterwegs im Plattenschild von L6 (6b), das aber dank positiver Struktur sehr gut aufgeht!

Für einmal gebührt Kathrin die Ehre, das Foto vom am Top ankommenden Nachsteiger zu machen!

Um 16.30 Uhr und damit nach 3:30 Stunden vergnüglicher Kletterei waren wir am Top. Nach den beiden gemütlichen Auftaktlängen hatte die Kletterei in L3-L5 gefordert, dafür aber auch die Müdigkeit des Vortags vergessen gemacht. Wir sassen mit dem Gefühl am Top, nun wirklich genau die richtige Herausforderung für den Tag gefunden zu haben - und noch dazu, sie erfolgreich mit einem perfekten Onsight/Flash-Durchstieg gemeistert zu haben. Die schöne Nachmittagsstimmung und die wunderbaren Ausblicke auf Clariden, Schärhorn und das Schächental taten das ihrige dazu. Da die Uhr aber schon vorgerückt war, konnten wir nicht allzu lange verweilen. Zum Abseilen ist es zwar nicht nötig, auf 2x60m-Seile zurückgreifen zu können - es sind so aber nur 3 statt 5 Manöver nötig. Das empfiehlt sich aber nur für jene, die a) sich bis ganz ans Seilende abzufahren trauen, b) die Übersicht über die Position der vielen Standplätze behalten haben und c) auch so versiert sind, die Seile schön parallel zu legen, sonst könnte das Abziehen (insbesondere beim obersten Abseiler) kritisch werden. Uns gelang es wie am Schnürchen, so waren wir bald am Wandfuss bei Speis und Getränk und nach einem Geröllsurf und ein paar raschen Schritten um 17.30 Uhr zurück an der Strasse. Beschwingt fuhren wir heimwärts und freuten uns auf das Wiedersehen mit den Kindern.

Der Blick vom Einstieg zum Clariden mit seiner immer mehr abtauenden Nordwand.


Abendstimmung das Schächental hinaus! Schön war's, wir kommen sicher wieder an den Glatten!

Facts

Chli Glatten - Schwert des Samurai 7a+ (6b obl.) - 6 SL, 175m - Müller/Gisler 2004 - ***;xxxx
Material: 2x50m-Seile (oder zum Abseilen praktisch 2x60m), 15 Express, Keile/Cams nicht nötig

Lässige Klausenroute in durchgehend solidem, ja meist sehr gutem Fels mit einer originellen und luftigen Linie entlang der eindrücklichen Kante. Zuerst warten zwei Aufwärmlängen, während es dann zuerst athletisch gutgriffig und schliesslich kräftig und technisch an eher kleinen Strukturen in die Höhe geht, bevor die Route mit der letzten Seillänge gemütlich ausklingt. Die Bohrhaken stecken hier meist dicht (xxxx), abschnittweise sogar in ausgesprochen kurzen Abständen (xxxxx), so dass die Cruxen kaum obligatorisch zu klettern sind. Cams/Keile sind definitiv unnötiger Ballast, abgesehen davon dass man sie auch kaum einsetzen könnte. Hingehen, geniessen und klettern, bzw. noch besser durchsteigen, kann man da nur sagen. Mit Vorteil wartet man dafür einen warmen und nicht zu windigen Tag ab. Der Start liegt nämlich für eine Südwand ausgesprochen schattig und auch sonst war es uns an einem 30-Grad-im-Tal-Tag niemals je zu hitzig. Ein Topo zur Route findet man z.B. im (leider vergriffenen) Lokalführer Kletterrouten im Schächental, im Extrem und im Plaisir Ost sowie möglicherweise auch in Führern des SAC-Verlags.

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