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Dienstag, 22. Oktober 2024

Chli Glatten - Giannas Line (7a)

Wunderbares Spätsommerwetter ist angesagt, dazu ist für Kathrin und mich wieder einmal die Gelegenheit für eine gemeinsame MSL-Tour da. Neben all dem familientechnisch Nötigem und dem Wünschbaren bleibt uns ein nicht allzu langes Zeitfenster. So zogen wir wieder einmal den Chli Glatten zu Rate: der kurze Zugang und die moderaten Routenlängen sind kompatibel mit einem beschränkten Zeitbudget, trotzdem sind die Klettereien steil, anspruchsvoll und so richtig kernige MSL-Touren. Nach meiner Erinnerung bin ich nicht nur schon oft am Chli Glatten geklettert (das stimmt), sondern auch vor nicht allzu langer Zeit. Das täuscht hingegen, sind es doch schon wieder drei Jahre her, seit wir am Schwert des Samurai (7a+) geturnt haben. Nun wollten wir der steilen Seite vom Flachen Pfeiler wieder einmal unsere Aufwartung machen. Für mich war es kaum zu glauben, dass seit der Begehung der Open Air (7a+) tatsächlich eine ganze Dekade verstrichen war - tja, die Zeit rennt wirklich!

Bisschen ein Bottom-Up-Shot, aber der Verlauf von Giannas Line ist prima erkennbar.

Wir fuhren auf den Klausenpass (und hatten Glück, dass dieser wegen dem Klausenmonument erst am Sonntag und nicht schon am Samstag gesperrt war) und stationierten auf der Alp Bödmer. Das sollte man nur tun, wenn kein Alpbetrieb mehr herrscht, was an diesem zweiten Septemberweekend zutraf. Und es lässt sich sicher eine Win-Win-Situation mit den Älplern kreieren, wenn man quasi als Obulus für den Parkplatz im Self-Service-Hofladen etwas einkauft (Alpkäse, Getränke, Konfitüre, Sirup, Bezahlung per Twint oder Bargeld möglich). Von Bödmer sind es ~300hm bis an den Fuss der Plattenwand. Der eine Seillänge über dem Wandfuss liegende Einstieg von Giannas Line wird dabei von rechts einquerend entlang von Drahtseilen erreicht. Achtung, den Installationen ist nur beschränkt zu vertrauen. Teils ist das Seil ausgerissen und die Verankerungen an gebohrten Sanduhren und auf Dübel geschraubte Kettenglieder sind eher improvisiert. Vor allem wirkt alles etwas in die Jahre gekommen und nicht mehr geprüft und unterhalten. Mit alpinem Sachverstand ist es aber gut machbar, so starteten wir um 12.00 Uhr bei besten Bedingungen in die Route.

Die Querung im Zustieg führt durch exponiertes Gelände. Hinten der Clariden mit Wolkenkappe.

L1, 45m, 6a+: Der Einstieg ist nicht näher bezeichnet und befindet sich ca. 10-15m vom linken Ende des Drahtseils (wo die Open Air beginnt). Der erste Abschnitt bietet unschwierige Kletterei, das Gelände ist aber bof bof und zur Absicherung gibt's nur eine Schlinge. Alternativ kann man rechts einen BH und eine verrottete SU-Schlinge der Skyline klippen. Nachher gilt's dann richtig abzubiegen (links mit Fixé-Plättli Giannas Line, rechts mit Petzl-Longlife Skyline). Die Kletterei am ortstypisch mit horizontalen Leisten gespickten Gestein ist cool - gewisse davon sind sloprig, andere positiver und bei denjenigen mit der rauen Kante kann man sozusagen "gratis" anhängen.

Die ersten Meter noch etwas durchzogen, nachher folgt in L1 (6a+) aber griffig-kompakter Klausenfels.

L2, 30m, 6b+: Vom Stand kurz rauf zu NH, dann geht's über die Verschneidung hinweg und in der Wand oberhalb deren Begrenzungskante aufwärts. Prima griffige Kletterei in gutem Fels, die Crux besteht in einer drückenden Zone mit einem athletischen Seitgriffzug. Am Ende heisst's dann an den richtigen Stand zu klettern. Der linke der beiden mit den zwei Sondy-Ringhaken ist die richtige Adresse. Diese gelten inzwischen nicht mehr als zuverlässiges Sicherungsmaterial, zudem sind die Exemplare auch noch eher zu wenig tief im Fels versenkt - wird schon halten, immerhin droht hier kein harter Sturz in den Stand.

Sehr schön die zweite Seillänge (6b+) mit einer athletischen Cruxsequenz.

L3, 30m, 6b: Es folgt nämlich ein horizontaler Quergang nach links hinaus an die Kante, wobei man zuerst sogar etwas abklettern muss. Im Bereich dieser Kante geht's dann in fotogener Position aufwärts. Der Fels nicht mehr ganz so schön wie in der Länge zuvor, aber trotzdem von guter Qualität. Wahnsinnig schwierig fand ich das nicht, jedoch muss stets überlegt werden, ob man eher links oder eher rechts steigt. Meist geht vermutlich alles, halt einfach bei (vermutlich nicht allzu stark) unterschiedlicher Schönheit und Schwierigkeit.

Querung an die Pfeilerkante in L3 (6b), dann geht's dort steil auffi.

L4, 40m, 7a: Vom bequemen Stand weg kommt jetzt das Highlight der Route. Die markante Spiegelwand am Pfeiler fällt bereits von der Passstrasse auf und die Kletterei wird den Erwartungen absolut gerecht. Die ersten 20m gehen recht gäbig über die Bühne (~6b), es gilt jedoch hier und da die Linie zu erkennen. Dann geht's mit einem Crescendo in die Crux. Man befindet sich da in einem seichten Winkel, welcher über die steile Seite nach rechts verlassen wird. Die Frage ist allerdings wann, wie und wo... kleine bis mikromässige Griff- und Trittmöglichkeiten gibt's im scharf zerfressenen Fels unzählige. Nur jedoch keine offensichtlichen und guten. Somit heisst es Abtasten, der Intuition vertrauen und sich geschickt zu positionieren. Im Aftermath der Crux muss man noch kurz etwas Rési beweisen, dann lässt es deutlich nach. Im Finish ist der Fels nicht so toll und man muss (im leichten Gelände) auch noch etwas über den Haken steigen.

Die entscheidende Sequenz in der Crux (L4, 7a) lässt sich mit der Kamera nicht einfangen.

L5, 30m, 6c+: Am erneut superbequemen Stand kann man sich gut erholen, bevor es ins steile Schlussbouquet geht. Und dies mit einer Traverse nach links, wo sich ca. 7m drüben erst ein NH und dann der erste von vielen eng steckenden BH befindet. Die Kletterei führt diagonal nach rechts aufwärts, recht athletisch mit Seit-/Untergriffen und ein paar Leisten. Da muss man schon etwas dranbleiben, aber gefühlt war das für mich eher eineinhalb statt nur einen halben Grad leichter wie die Crux. Im oberen Teil heisst es noch kurz auf die Füsse zu stehen, bevor das Abschlussdach dann tatsächlich jene Griffqualität bietet, die man sich erhofft. Der Abschlusstand rechts dann gut an der Gamelle zu erkennen.

Kurz vor dem Top, mit Blick ins Schächental und seine Windgällen.

Um 15.30 Uhr und damit nach 3:30h sehr genussreicher Kletterei hatten wir das Ziel erreicht. In meinem Fall nicht nur das Top der Route, sondern auch der Komplett-Onsight im Vorstieg. Weitgehend waren Reserven da, aber für die Cruxsequenz musste ich wirklich aus der Komfortzone treten. Die ist kleingriffig, kompliziert und schwierig zu lesen. Da musste ich 100% geben, an jeder Unebenheit die der Fels bot den Widerstand suchen und konnte mich auch so nur mit dem allerletzten Quäntchen Energie vor dem Sturz retten. Und das alles in einer 7a?!? Ehrlich gesagt kam es mir schon schwieriger vor, aber natürlich ist es sehr wohl möglich, sich aus einer 7a mit suboptimaler Beta eine 7b zu zimmern, erst recht in solch kniffligem Gelände ohne jegliche Kletterspuren. Vielleicht wäre es mit dem Wissen wo die Griffe sind und wie man sich effizient von Position zu Position bewegt auch nicht so schwierig, d.h. im Rahmen einer taffen 7a?!? Oder ist die Stelle doch härter?!? Ich kann es wirklich unmöglich sagen, ausser dass ich es nur mit vollem Einsatz auf dem allerletzten Zacken geschafft habe.

Seitenblick auf eine Seilschaft in der Route Der Wolf im Schafspelz (6b+).

Obwohl es unten in der Wand sehr angenehm warm und windstill gewesen war, ging am Top ein unangenehm zügiger Föhn. Sowieso ist der Ausstiegsstand kein gemütlicher Platz für eine Pause und weil sich das Wandbuch ebenfalls in Pappmaché verwandelt hatte (der Gamellendeckel fehlt leider) warfen wir gleich die Seile aus und glitten in die Tiefe. Das ist teils ziemlich eindrücklich steil: vom Top 25m zu Stand 4 von Skyline, dann 50m freihängend gerade runter zu Off-Route-Abseilstand, 25m zu Stand 1 von Giannas Line, von wo man 40m retour zum Einstieg schwebt. Von dort zieht man trotz ein paar losen Steinen im Gelände am einfachsten vom Ende des Fixseils (Beginn von Open Air) einen 45m-Abseiler an den Wandfuss. Auch da machten wir uns gleich auf den Weg, denn wir hatten abgemacht, die Jungmannschaft am Swiss Cup im Griffig zu treffen, dort gemeinsam den Final zu verfolgen und die nationale Elite anzufeuern. Ganz so viele erfolgreiche Durchstiege wie bei uns in der Giannas Line gab's da nicht zu bestaunen - auch wenn sich die 7a so richtig taff angefühlt hatte, so ist sie wohl halt doch wesentlich einfacher wie die Wettkampfgeräte in der Halle... 😎

Steile, weitgehend freihängende Abseilerei über Skyline (7a+)

Facts

Chli Glatten - Giannas Line 7a (6b obl.) - 5 SL, 175m - Gisler/Müller 2004 - ***;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, Cams/Keile nicht nötig

Schöne, steile, luftige und eindrückliche Kletterei in meist gutem, ja teilweise hervorragendem Klausenfels. Einige andere Abschnitte bieten nicht Top-Felsqualität und erfordern etwas Umsicht in der Griffauswahl, für alpin orientierte und erfahrene Sportkletterer ist das aber absolut problemlos. Die Absicherung mit verzinkten BH mit Fixé-Laschen ist an den schwierigen Stellen (ab ca. 6b) sehr gut und klettergartenmässig. Im einfacheren Gelände gibt's auch mal einen etwas längeren Abstand, aber es ist auch dort alles im grünen Bereich und gut/sinnvoll eingebohrt. Stand 2024 ist das (nicht so langlebige) Material in der Route noch recht gut im Schuss, Vorsicht erheischen v.a. die Fixseile und deren Verankerungen im Zustieg. Mobile Sicherungen führte ich keine mit und empfand sie nicht als nötig, auch wenn man vereinzelt wohl etwas unterbringen könnte. Topos zur Route bzw. zum Gebiet finden sich im Extrem Ost, im leider vergriffenen Führer Kletterrouten im Schächental und auch in verschiedenen Werken des SAC-Verlags. Am besten/präzisesten sind jedoch die Originaltopos der Erschliesser, die hier unterhalb aufgeführt sind.

Das Originaltopo der Erschliesser - vielen herzlichen Dank!

Wichtige Hinweise:

  • die Mutter bzw. die BH-Lasche zu Beginn der Cruxsequenz der 7a-Länge war lose und kurz vor dem Abfallen. Ich habe sie von Hand kurz so festgezogen, dass sie bei einem Sturz nicht abfällt, mich dann aber auf den Durchstieg fokussiert. Beim Abseilen kommt man da dann nicht mehr vorbei, somit wird die Lasche bald wieder wackeln oder fällt im dümmsten Fall sogar ab. Reparaturmaterial mitzuführen ist also nicht verkehrt und es wäre hilfreich, wenn die Bolts in dieser Länge kontrolliert bzw. nachgezogen würden.
  • In der benachbarten Skyline fehlt in der letzten Seillänge in der Cruxsequenz (oder das, was für mich beim Abseilen auf den ersten Blick danach ausgesehen hat) schon seit längerem eine BH-Lasche. Leider hatte ich keine Gelegenheit, das zu reparieren. Nötig wäre ein verzinktes Plättli und eine verzinkte 17er-Mutter (M10). Aus der Kletterstellung dürfte das kaum zu machen sein, man kann/muss das Top über die letzte SL von Giannas Line erreichen, kann es beim Abseilen fixen und dann die letzte SL von Skyline angehen.
  • Vorsicht an den Fixseilen im Zustieg, diesen keinesfalls blindlings vertrauen!
Fototopo der Erschliesser - vielen herzlichen Dank!

Freitag, 26. November 2021

Mettener Butzli - z'Schlanggä Unghyyr (6b) & Butzliläll (6b)

Nachdem wir schon das Saisonende vermutet hatten, so ging der MSL-Sommer doch noch in Verlängerung. Das nahmen wir sehr gerne, denn einen goldenen Novembertag an der Wärme zu verbringen während im Flachland dichter Nebel wabert, hat einen extrem grossen Genussfaktor. Im Vorjahr waren wir bei 'derselben' Gelegenheit am Gabchopf über dem Urnerboden geklettert. So wollten wir es dieses Jahr nun westlich der Passhöhe beim Mettener Butzli versuchen. Eine taxpflichtige Strasse führt dort bis auf fast 2000m hinauf und damit in unmittelbare Nähe der Einstiege. Vor allem auch wird sie, im Gegensatz zur Passstrasse selber, nie mit einer offiziellen Wintersperre belegt, so dass man am Butzli wirklich bis zum Wintereinbruch klettern kann.

Sicht vom Ausgangspunkt auf Berglichopf und Butzlichopf mit dem Verlauf der gekletterten Routen.

Somit kurvten wir ins Schächental, die Bewilligung (10 CHF/Tag, 100 CHF/Jahr) kauft man nicht mehr im Posthaus Urigen, sondern auf einem Bauernhof, der 250m nach der Abzweigung von der Passstrasse folgt (vor Ort ausgeschildert, Kartenlink). Zudem gibt's da übrigens deliziösen Alpkäse zu kaufen, den ich wirklich sehr empfehlen kann. Meistens dürfte auf dem Hof jemand vor Ort sein, der einem mit den Besorgungen hilft, bei Abwesenheit geht's auch im self-service. Ab diesem Punkt gewinnt man noch 700hm mit dem Fahrzeug, zuerst auf Teer, zuletzt dann auf einer etwas rauen Naturstrasse. Einmal in der Arena des Butzli parkiert, gibt's dann viele Möglichkeiten: Berglichopf, die Butzli-Wände, Alpler Stock, Schächentaler Windgällen und selbst für die Touren an der Läged Windgällen handelt es sich um den Ausgangspunkt mit dem kürzesten Zugang. Zu unserem Ziel, den Wänden über dem Mettener Butzli, beschränkt sich der Zugang auf gerade mal 100hm und ~10-15 Minuten. Hatten wir ursprünglich eine 'Family Affair' zu dritt geplant, so ergab sich kurzfristig noch die Begleitung von Viktor, der mit Kathrin ein Team bildete. Larina und ich waren um ca. 11.20 Uhr parat und stiegen ein in ...

z'Schlanggä Unghyyr (4 SL, 6b)

L1, 5c: Unmittelbar rechts der grossen Höhle geht's los, der Einstieg ist mit einem Klebehaken und einer Anschrift markiert. Gleich mal ordentlich steil und griffig geht's los. In der Mitte der Seillänge wartet dann sogar eine leicht überhängende Passage mit Oho-Effekt für den angegebenen Grad, wenn man direkt über die Haken klettert. Ein lässiger Auftakt!

Zum Auftakt klettert man gleich eine richtig steile Seillänge (L1, 5c).

L2, 6a+: Eine ziemlich lange Reise mit viel Abwechslung! Erst hält man sich unschwierig rechts hinaus, erklimmt dann einen Pfeiler und passiert einen Abseilstand, bevor man die grosse Verwerfung nach links hin überquert und in einem luftigen, jedoch sehr eng gebohrten Quergang entlang von einer Fuge über dem Abgrund zum Stand quert. Der letzte Move zum Stand hinauf ist dann ziemlich knifflig! Hinweis: für diese Länge sind ca. 14 Exen nötig, einige verlängerbare helfen, um den Seilzug einzudämmen.

Die Crux in L2 (6a+) befindet sich in den letzten Moves zum Stand hinauf.

L3, 6b: Sehr schöne, eng abgesicherte Tropflochkletterei. Nach einer kleinen Linksschleife zum Auftakt folgt bald die Crux, wo man einige kleinere Griffe bedienen muss, bei nicht allzu üppigem Trittangebot. Bald lassen die Hauptschwierigkeiten wieder nach, in genussreicher, gutgriffiger Kletterei geht's hinauf zum Stand.

L4, 6a+: Diese eher kurze Seillänge kann gut an L3 angehängt werden. Dies erfordert allerdings, dass man entweder viele Exen mitführt (ca. 18 Stück) oder hin und wieder eine wieder aushängt, was aufgrund der kurzen Hakenabstände gut möglich ist. Einer Art Verschneidung entlang gewinnt man hier an Höhe, der Fels teilweise mit sintrigen Strukturen, cool! Am Ende versperrt ein steiler Wulst den Ausstieg, eine Rechtsquerung und ein kräftiger Abschlusspiaz bieten die Lösung.

Die letzten beiden Seillängen (L3/L4, 6b) kann man gut verbinden, super Tropflochkletterei!

Um 13.00 Uhr, somit nach 1:40h Kletterei, hatten wir das Top erreicht und konnten uns ins säuberlich geführte Wandbuch eintragen. Viel länger hielten wir uns nicht auf, lag doch das Routenende bereits im Schatten und wir wollten sowieso noch eine zweite Route attackieren. Das Abseilen geht sehr zügig vonstatten, sind doch nur zwei Manöver nötig. Vom Top geht's schon steil zu Stand 2, der mit einem kleinen Seitpendel erreicht wird. Ab dort dann 45m freihängend, sehr luftig und mit der Möglichkeit für tolle Schattenspiel-Fotos zurück auf den Boden. Nach einem kurzen Imbiss wechselten wir 30m nach links zum 'Butzliläll', wo Kathrin und Viktor noch in der letzten Länge engagiert waren. Ein paar Minuten nach 13.30 Uhr kletterten wir los...

Das Abseilen ist spektakulär luftig und bietet Gelegenheit zum Schattenspiel.

Butzliläll (4 SL, 6b)

L1, 6a: Auch diese Route ist angeschrieben und weist einen Startbolt auf, der sich jedoch fast eher zu weit links befindet. Der Start ist gemächlich und griffig, die Absicherung dort allerdings noch nicht sehr üppig (v.a. im Vergleich zu später). Nach der Hälfte steigt man dann gerade hinauf, hier warten ein paar zügige Tropflochpassagen, wo man sich für eine 6a doch ganz schön festhalten muss! Am Ende dann einige Meter horizontal nach links querend zum Stand.

Super Tropflochfels im Butzliläll, hier folgt Larina in L1 (6a).

L2, 5b+: Achtung, Verhauergefahr! Dem Topo entsprechend quert diese Länge beständig nach rechts. Zu Beginn ist das auch der logische Weg, doch nach ca. 15m lockt rechts ein Stand, den man horizontal anklettern könnte (falsch!) und links hinauf locken einem Zwischenbolts (falsch!). Letzteres scheint an diesem Punkt die offensichtlichste und logischste Variante, vorerst ist's auch mit 5b-Schwierigkeiten kletterbar, aber man landet so im Zigermandli. Wer seine Augen öffnet, findet sicher auch den korrekten Bolt, in Richtung 13/14 Uhr klettert man zum Stand vom Butzliläll.

Das Ende von L2 (5b+) erlaubt es, das Panorama Richtung westliche Urner Alpen zu zeigen.

L3, 6b: Das Herzstück der Route mit luftiger und ziemlich anhaltender Tropflochkletterei. Das fühlt sich echt fast ein bisschen wie an den Wendenstöcken oder am Schweizereck an, ziemlich aussergewöhnlich jedenfalls für eine Plaisirroute! In einer seichten Verschneidung geht's leicht linkshaltend hinauf, über ein paar anhaltende Meter muss man seine Moves schon sorgfältig planen und sich mit bisweilen suboptimalen Seitgriffen geschickt auf abschüssigen Tritten positionieren. Dank der sehr eng gehaltenen Absicherung ist diese Passage aber wenig zwingend. Die zweite Hälfte ist dann einfacher, bietet aber immer noch tollen Fels und führt zu einem bequemen Stand in luftiger Position.

Oh yeah, fantastischer, wasserzerfressener Fels und geniale Kletterei in L3 (6b).

L4, 6a: Nochmals eine coole Länge, v.a. der griffige Auftakt im Steilgelände ist grandios. Nach ca. 7m gelangt man auf's sich zurücklegende Abschlussterrain. Erst kommt man da, einem Riss folgend, zügig voran. Doch unverhofft wird der doch nochmals überraschend knifflig, erst die letzten Meter sind dann wieder Formsache.

Die letzten Meter zum Top in L4 (6a) und schon die letzten Sonnenstrahlen dieses Tages...

Ein paar Minuten vor 16.00 Uhr und somit nach 2:15h Kletterei waren wir oben. Der Butzliläll hatte uns damit ein wenig mehr Zeit gekostet - erklärbar damit, dass die Kletterstrecke einerseits länger ist, andererseits im Schnitt auch schwieriger. Auch hier, wie schon im Unghyyr, war uns eine perfekte Team Onsight/Flash-Begehung gelungen - scheint bei diesem Schwierigkeitsgrad vielleicht selbstverständlich, aber die Crux in L3 vom Butzliläll ist keine Trivialität, erst recht nicht für eine 6b. Vom letzten Stand schien es möglich, auf den Gipfel vom Butzlichopf zu steigen. Das Zeitbudget erlaubte dies, das Alpinistenherz verlangte danach. Jedoch ist das Top wenig selbständig und bietet nicht viel neues, zu Fuss absteigen (was möglich wäre) wollten wir in den Finken auch nicht. Somit stiegen wir zurück und fädelten die Seile. In 3 Manövern über routenunabhängige Standplätze ging's zurück auf den Boden, wobei die letzte Strecke wieder teils freihängend ist, jedoch nicht ganz so spektakulär wie beim Unghyyr. Damit war der Tag schon beinahe um, wird es ja im späten November um 17.00 Uhr bereits dunkel. Wir ramisierten unseren Waren zusammen, trotteten hinab und fuhren mit der goldigen Novembersonne im Herzen heimwärts.

Beim Seilabziehen nach dem Butzliläll, mit Panorama zu Clariden, Chammliberg, Schärhorn und Gross Ruchen.

Frage: kann jemand erhellende Infos zur Route beitragen, deren Standplätze man beim Abseilen über den Butzliläll nutzt?!? Die oberen Seillängen sehen richtig lohnend und auch bestens abgesichert aus. Die Plättli mit der Prägung 'FZ' lassen den Glarner Frigg Zimmermann als Erschliesser vermuten. Da er schon lange verstorben ist, wäre diese Route alles andere als neu - die gedruckte Literatur, egal ob alt oder neu, schweigt sich darüber jedoch aus.

Facts

Mettener Butzli - Butzliläll 6b (6a obl.) - 4 SL, 140m - A. & H. Arnold, D. Furrer 1985 - ****;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express

Sehr lohnende, spektakuläre Tropflochkletterei in luftigem Gelände mit meist bestem Fels. Man kriegt hier wirklich ein wenig Wendenstöcke im Miniaturformat bei zugänglichen Schwierigkeiten geboten. Wenn die Route 3x so lange wäre, so wäre es in dieser Schwierigkeit sicher eine der besten MSL-Unternehmungen in der Schweiz. Die Route wurde im 2011 saniert und ist grosso Modo bestens mit einem Mix von Klebehaken und Einschlagankern abgesichert. Einzig an den wenigen leichteren Stellen sind die Abstände etwas grösser, an den Cruxen ist die Route fast hallenmässig eingebohrt.

Mettener Butzli - z'Schlanggä Unghyyr 6b (6a obl.) - 4 SL, 120m - R./A./G. Arnold 1985 - ***;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 14 Express (davon 3-4 verlängerbar)

Auch das Ungeheuer ist eine wirklich gute Route, im Vergleich zum Butzliläll ist sie etwas weniger homogen, weniger schwierig und auch in Sachen Felsqualität einen Tick weniger gut. Trotzdem, für den Grad ist es eine spektakuläre Sache, die Linie äusserst luftig und einen solchen Tropflochfels wie in L3/L4 findet man nicht überall. Die Route wurde 2005 saniert und ist sehr gut mit einem Mix von Klebehaken und Einschlagankern abgesichert, einzig an ein paar einfacheren Stellen sind die Abstände etwas länger. Topos zu beiden Routen findet man im Extrem Ost oder in diversen regionalen SAC-Führern

Montag, 6. September 2021

Chli Glatten - Schwert des Samurai (7a+)

Ja, an diesem Tag hätte man höher hinaus gekonnt. Aber die eine Hälfte unserer Seilschaft war nach einem harten Bohrtag schon etwas angezählt, die andere Hälfte musste am Tag davor lange "richtig" arbeiten und besuchte am Abend bis spät eine im Ausland wohnhafte Freundin, die gerade in der Schweiz zu Besuch war. Erst einmal durch erholsamen Schlaf wieder zu Kräften kommen und gemütlich frühstücken, so lautete die Devise. Nachher würden wir dann sehen, was noch an Kletterei drin läge - mussten wir doch abends auch wieder zurück sein, um die KInder bei ihrer Rückkehr aus den Trainings zu empfangen. Und eben, wie der Titel schon zeigt, auf den Chli Glatten fiel schliesslich unsere Wahl. Früher waren wir hier recht oft zugegen, doch nun waren es schon geschlagene 6 Jahre seit dem letzten Besuch...

Der Blick auf den rechten Sektor am Chli Glatten mit dem Verlauf vom 'Schwert des Samurai' (7a+).

Während mir viele Routen an dieser Wand schon gelungen sind und ich mit dem Uristier sogar eigene Spuren hinterlassen konnte, blieb das Schwert des Samurai immer für einen besser geeigneten Tag offen. Nun war dieser gekommen: eine kleine Herausforderung in Bezug auf die Schwierigkeit mochte es noch leiden, mit limitierten Kräften mochte ich aber nicht mehr in eine Route einsteigen, wo weit über der letzten Absicherung am Limit gemoved werden muss. Zudem war ein einwandfrei sonniger und warmer Tag angesagt, was die Kletterei an der luftigen und oft zugigen Kante sicherlich zum Genuss machen würde, während man im Schwert bei marginalen Bedingungen oft schlottert und an den Griffeln friert. Um 12.10 Uhr brachen wir an der Klausenstrasse auf (man kann/soll nur ausserhalb der bewirteten Zeit bei der Alp Bödmer abstellen!). Meine schweren Beine machten sich bemerkbar, nachdem mein Sack aber rund 25kg leichter wie am Vortag war, fühlte es sich doch noch fast wie fliegen an und es ging einigermassen zügig in die Höhe. Nach 35 Minuten und 380hm waren wir am Einstieg, ich konnte Kathrin zum Vorstieg von L1 überzeugen und so legte sie um ca. 13.00 Uhr los.

Hier geht's los (Aufschrift in der rechten, unteren Bildecke), das Schwert oben droht!

L1, 40m, 6a+: Der Einstieg befindet sich in der markanten Schlucht (gebohrte Sanduhr, derzeit ist der Name gut sichtbar mit Farbe angeschrieben) an einer westlich ausgerichteten Wandpartie. Dementsprechend ist der erste Abschnitt bis weit nach dem Mittag im Schatten und fühlt sich aufgrund der Lage oft klamm und kühl an. Da gleichzeitig auch der Fels eher auf der glatten und abschüssigen Seite ist, kann sich das unangenehm anfühlen. Wir trafen aber auf prima Bedingungen, entlang der griffigen Verschneidung inkl. Ausspreizen waren die Einstiegsmeter rasch überwunden. Später hält sich die Route an die Kante, ja verläuft im zweiten Teil gar rechts in der südlich ausgerichteten Partie. Bis am Ende wartet immer einmal wieder ein anspruchsvollerer Schritt, richtig schwierig wird es aber nie.

L2, 35m, 6b: Im ersten Teil dieser Seillänge wurde die Route im 2019 durch den Erstbegeher saniert (und etwas im Verlauf korrigiert?!?), hier stecken nämlich formidable Inoxbolts, während der Grossteil der Route noch mit verzinkter Ware eingerichtet ist. Der Fels sieht klausentypisch klötzlimässig aus, aber auf der ersten Hälfte warten keine grossen Schwierigkeiten und das Gestein ist erfreulich solide. Weiter oben zieht's dann an, die Route schlängelt sich um die wenig ausgeprägte Kante. Eine Stelle, wo von rechts nach links zurück gewechselt wird, darf man sogar als durchaus knifflig bezeichnen, ebenso muss man kurz vor dem Ausstieg noch einmal "hinlangen". Erwähnt sei auch, dass total 13 Bolts hier sehr dicht stecken, auch weniger kühne Kletterer können hier frohen Mutes voll angreifen.

Dem Schwert schon näher, Kathrin im Vorstieg in L2 (6b).

L3, 30m, 6c: Man steigt unschwierig auf ein Band empor, wo man sich unterhalb einer ausladenden Dächerzone befindet. Doch wie die fix installierte Exe anzeigt, gilt es tatsächlich durch die hinauf zu klettern. Nach einem kräftigen Einstiegszug gewinnt man bald erstklassige Henkel. So weit so gut, aber nun heisst es an Seitgriffen dranbleiben, während mit den Füssen auf mässigen Tritten weit aussen Gegendruck erzeugt werden will - eine Stelle, an welcher lange Beine wohl für einmal keinen Nachteil darstellen. Wenn's nicht geht auch nicht weiter schlimm, die nahezu hallenartige (aber aufgrund des Bandes unterhalb absolut sinnvolle) Absicherung erlaubt hier sowieso das Fortkommen. Im Mittelteil der Länge geht's dann gemässigt-griffiger dahin, während zum Ende hin noch sehr schön und fein von rechts nach links über eine Steilplatte mit bestem Fels traversiert werden muss.

Die strengsten Meter durch die Dachzone von L3 (6c) sind geschafft!

Am Ende von L3 (6c) wird dann mehr noch die Feinmotorik auf dieser Platte abgefragt.

L4, 15m, 7a+: So, nun beginnt definitiv der Ernst der Sache! Zum Glück waren meine Lebensgeister inzwischen wieder erweckt worden und ich war motiviert, dieser Länge einen guten Fight zu geben! Zügig steigt man, für den angegeben Grad noch 'unschwierig' unter das markante Dach mit der fixen Kette empor. Dessen Überwindung kann man leicht als die Crux identifizieren. Dies geht so in "Patsch-patsch"-Art an Seitgriffen in Form eines schwierigen Aufrichters oberhalb vom Dach, wobei wohl auch etwas Glück dazu gehört, auf die jeweils besser anhängenden Stellen zu schnappen. So lässt sich der nächste Bolt klippen und der Weg zum folgenden Exemplar antreten - dies der wohl forderndste Abstand der Route?!? Mir war jedenfalls nicht ganz klar wie und wodurch, ein gewisser Pump war fühlbar, das hin-und-her Griffe ertasten machte den nicht besser, doch mit einem Kraftakt ging es dann doch gut im Onsight auf, vielleicht wäre es ja auch gar nicht so schwierig wenn man einfach steigen würde... mit ein paar weiteren Moves erreicht man schon den sehr luftig auf der Kante sitzenden Stand.

Herzhaftes Zupacken im wohl forderndsten Hakenabstand der Route (L4, 7a+).

L5, 15m, 7a: Es bleibt zu hoffen, dass während dem Sichern der Akku wieder etwas aufgeladen werden konnte (Steckdose allerdings ist keine vorhanden ;-)), denn auch auf diesem kurzen Abschnitt ist durchaus etwas Finger- und Schulterpower nötig. Schon zum Auftakt wartet ein kniffliges, trittarmes Wanderl mit Seit-/Untergriffen und Mikrocrimps. Dann ein Dächli, wo es athletisch schräge Kleingriffe zu schultern gilt, wobei auch da der Schlüssel in guter Fussarbeit liegt. In ähnlicher Manier geht's noch ein paar Meter weiter, ein cooler Hand-Foot-Match war letztendlich der Schlüssel zum erfolgreichen Durchstieg - einfach richtig genial, solche Bouldermoves in einer Alpintour zu vollführen! Die letzten fünf Meter zum Stand trumpfen dann mit grösserem Griffangebot auf, so dass man hier kaum mehr ans Limit kommt. Insgesamt kam mir diese Länge nicht einfacher, ja eher sogar schwieriger wie L4 vor. Aber während man am Dach in L4 eher auf eine schwierige Einzelstelle trifft, wo man mit etwas Vorstellungskraft rasch einmal Allez-Hopp darüber weg ist, kann/muss man in L5 ewig an den vielen Mikrostrukturen tüfteln und sich richtig aussaften - wenn man den genauen Ablauf kennt, so ist es im Rotpunkt vielleicht schon dankbarer.

Da hat man die Sache in der Tasche! L5 (7a) wartet mit bester Felsqualität auf die Begeher!

L6, 40m, 6b: Der Plattenschild in dieser Länge sieht von unten unnahbar aus... und erfordert schon nach dem ersten Bolt eine technisch schwierige Bewegung, die wohl auch etwas morpho ist?!? Nachher geht's über die kompakte Wandzone, doch dank einigen zwar recht kleinen, aber schön positiv-bissigen, ideal platzierten Leisten für Hände und Füsse geht das fast mühelos. Schliesslich wird das Gelände einfacher und ist auch nicht mehr ganz so attraktiv. Zuletzt steigt man auf das flache Gelände aus und quert nach rechts hinüber zum gemeinsamen Ausstiegsstand mit dem Altherrenweg, wo sich auch das Wandbuch befindet.

Kathrin unterwegs im Plattenschild von L6 (6b), das aber dank positiver Struktur sehr gut aufgeht!

Für einmal gebührt Kathrin die Ehre, das Foto vom am Top ankommenden Nachsteiger zu machen!

Um 16.30 Uhr und damit nach 3:30 Stunden vergnüglicher Kletterei waren wir am Top. Nach den beiden gemütlichen Auftaktlängen hatte die Kletterei in L3-L5 gefordert, dafür aber auch die Müdigkeit des Vortags vergessen gemacht. Wir sassen mit dem Gefühl am Top, nun wirklich genau die richtige Herausforderung für den Tag gefunden zu haben - und noch dazu, sie erfolgreich mit einem perfekten Onsight/Flash-Durchstieg gemeistert zu haben. Die schöne Nachmittagsstimmung und die wunderbaren Ausblicke auf Clariden, Schärhorn und das Schächental taten das ihrige dazu. Da die Uhr aber schon vorgerückt war, konnten wir nicht allzu lange verweilen. Zum Abseilen ist es zwar nicht nötig, auf 2x60m-Seile zurückgreifen zu können - es sind so aber nur 3 statt 5 Manöver nötig. Das empfiehlt sich aber nur für jene, die a) sich bis ganz ans Seilende abzufahren trauen, b) die Übersicht über die Position der vielen Standplätze behalten haben und c) auch so versiert sind, die Seile schön parallel zu legen, sonst könnte das Abziehen (insbesondere beim obersten Abseiler) kritisch werden. Uns gelang es wie am Schnürchen, so waren wir bald am Wandfuss bei Speis und Getränk und nach einem Geröllsurf und ein paar raschen Schritten um 17.30 Uhr zurück an der Strasse. Beschwingt fuhren wir heimwärts und freuten uns auf das Wiedersehen mit den Kindern.

Der Blick vom Einstieg zum Clariden mit seiner immer mehr abtauenden Nordwand.


Abendstimmung das Schächental hinaus! Schön war's, wir kommen sicher wieder an den Glatten!

Facts

Chli Glatten - Schwert des Samurai 7a+ (6b obl.) - 6 SL, 175m - Müller/Gisler 2004 - ***;xxxx
Material: 2x50m-Seile (oder zum Abseilen praktisch 2x60m), 15 Express, Keile/Cams nicht nötig

Lässige Klausenroute in durchgehend solidem, ja meist sehr gutem Fels mit einer originellen und luftigen Linie entlang der eindrücklichen Kante. Zuerst warten zwei Aufwärmlängen, während es dann zuerst athletisch gutgriffig und schliesslich kräftig und technisch an eher kleinen Strukturen in die Höhe geht, bevor die Route mit der letzten Seillänge gemütlich ausklingt. Die Bohrhaken stecken hier meist dicht (xxxx), abschnittweise sogar in ausgesprochen kurzen Abständen (xxxxx), so dass die Cruxen kaum obligatorisch zu klettern sind. Cams/Keile sind definitiv unnötiger Ballast, abgesehen davon dass man sie auch kaum einsetzen könnte. Hingehen, geniessen und klettern, bzw. noch besser durchsteigen, kann man da nur sagen. Mit Vorteil wartet man dafür einen warmen und nicht zu windigen Tag ab. Der Start liegt nämlich für eine Südwand ausgesprochen schattig und auch sonst war es uns an einem 30-Grad-im-Tal-Tag niemals je zu hitzig. Ein Topo zur Route findet man z.B. im (leider vergriffenen) Lokalführer Kletterrouten im Schächental, im Extrem und im Plaisir Ost sowie möglicherweise auch in Führern des SAC-Verlags.

Montag, 30. November 2020

Gabchopf - Diä Gääch (6c)

Der Gabchopf ist eine auffällige Felsformation hoch über dem Urnerboden. Er befindet sich noch unterhalb vom Zingelfad, also etwas unterhalb der eigentlichen Jegerstöck. Der Zustieg dahin fordert rund 600hm und bietet ausser weglosem Gelände noch keine grossen Schwierigkeiten, die Routen weisen maximal 150m Länge auf, sind gut abgesichert und wurden in den 2000er-Jahren saniert. Alles in allem heisst das, hier gibt's die Jegerstöck Experience in der Light-Version. Keine Abstriche muss man hingegen bei der Felsqualität machen, die ist nämlich weitgehend exzellent, ja die Routen sind hier eigentlich sogar homogener gut wie in der oberen Etage. Nachdem auch am letzten Novemberwochenende nochmals bestes Bergwetter herrschen sollte, entschieden wir uns für 'Diä Gääch', eine Route die man ja nur schon dem Namen wegen einmal geklettert haben muss. Ob sie wohl ihrem Namen gerecht würde?!? Rein von der Papierform her, mit 5 SL bis maximal 6a+, durfte man das durchaus in Zweifel ziehen...

Oh ja! Temperaturen unter dem Gefrierpunkt und Schnee am Urnerboden (Eis hat es im Moment übrigens  trotzdem keines, ist wohl zu trocken), Sonne und sichtbare Wärme an den Jegerstöcken. Dort hinauf wollen wir also so rasch wie möglich!

Eben früh waren wir nicht unterwegs, um 11.00 Uhr starteten wir beim Hotel Tell auf dem Urnerboden. Aber der Skisprung-Trainingstag startete halt nicht früher - Family Business, wer kennt es nicht. Anyway, so mussten wir halt ein wenig schneller laufen. Das klappte bis nach Zingel (ca. 1750m) prima, die letzten 200hm über weglose Wiesen und Geröll brauchten dann noch etwas mehr Zeit und auch Kraft. Nach einer guten Stunde schirrten wir uns am Sockel vom Gabchopf auf. Die letzten Meter zur Wand hinauf sind dann recht steil, die Querung zum Einstieg von 'Diä Gääch' ist dann zusätzlich noch ziemlich exponiert, da liegt kein Ausrutscher mehr drin (ca. T5). Um 12.30 Uhr ging's mit der Kletterei los - ob all diesen Zeiten könnte man meinen, wir seien im Stress gewesen. Das stimmt aber absolut nicht, wir waren guten Mutes, dass das Timing sich locker ausgehen würde, dazu ganz alleine am Berg, bei goldenem Herbstlicht und perfekten Temperaturen - was will man noch mehr!

Bottom-Up-Sicht auf den Gabchopf mit dem Routenverlauf, durch die Perspektive ziemlich verzerrt. Es wäre gut, einmal mit dem Gleitschirm ein adäquates Wandfoto zu knipsen. Hmm, da hätte ich eigentlich die Gelegenheit dazu gehabt, als ich nach der Rapunzel am Rot Nossen oder der Venus am Läckistock zu Tale geschwebt bin.

L1, 40m, 6b (offiziell 6a+): Der Start noch eher von plattiger Natur in prima Fels, bevor man in einer kleinen Verschneidung auf etwas unzuverlässigeres Gestein trifft. Das ist aber nur ein kurzes Intermezzo, denn sobald geht es tatsächlich rechts in die irre steile Wand hinaus. Beste, wasserzerfressene Leistenkletterei folgt und zehrt an den Kräften, erst für die letzten 10m legt sich die Neigung wieder auf die günstige Seite der Senkrechten zurück. Diese Seillänge ist sicherlich jenseits von nur 'hart' für 6a+, sondern eher im Bereich 6b/+ einzustufen. Die Absicherung ist tadellos, um alle Bolts zu klippen sind 14 Express nötig (und nicht bloss 12 wie in den Topos angegeben).

Nach einer steilen Wand folgt in L1 (6b) noch eine sehr schöne Abschlussplatte.

L2, 30m, 6a+ (offiziell 5c+): Hier wartet eine super Platte, doch schon die ersten Moves aus dem Stand sprengen wie vermutet den Rahmen einer 5c+ deutlich. Auch nachher geht's anhaltend dahin. Super Kletterei, bester Fels, direkt über die Haken spielt sich diese Seillänge im Bereich 6a+/6b ab. Vielleicht ginge es etwas linksrum im weniger kompakten Gelände ringer, was aber freilich keinen Sinn macht. Auch hinauf zum Stand muss man sich nochmals richtig festhalten.

Super Kletterei auch in L2 (6a+). Vermutlich wäre es in deren Mittelteil einfacher, links im grasdurchsetzten Gelände zu klettern. Viel schöner, aber auch schwieriger ist es, konsequent rechts im kompakten Fels zu bleiben. Zum Glück wurden anlässlich der Sanierung die Haken so platziert, dass dies auch einwandfrei möglich ist! 

L3, 20m, 6c (offiziell 6a): Wow, was für eine richtig coole Seillänge. Senkrechte bis leicht überhängende Kletterei an scharfen Tropflöchern führt unter das markante Dach hinauf. Diverse bouldrige Moves sind echt fordernd und die richtige Sequenz will auch erst einmal gefunden werden. Wir konnten das alle 3 mit etwas unterschiedlichen Lösungen flashen. Nach aller Dafürhalten geht diese Sequenz sicher nicht unter 6b+/6c daher! Unter dem Dach quert man dann an einer Hangelschuppe sehr luftig zum exponierten Stand hinüber. Immerhin, dieser Abschnitt ist einfach und darum sowohl im Vor- wie im Nachstieg trotz dem etwas längeren Hakenabstand unbedenklich. Anlass zu Diskussionen hat hingegen die Hangelschuppe selbst geführt. Ich habe von anderen Kletterern gehört, welche diese als unsicher taxiert haben. Natürlich habe ich mich ihr nicht einfach blindlings anvertraut, sondern zuerst angeklopft. Dieses wirklich grosse Stück Fels (ca. 5m breit, 3m hoch, oben 40cm dick) dröhnt tatsächlich etwas. Ich fand es aber unbedenklich und bin mit absolut gutem Gefühl daran geklettert. Wie solide diese Schuppe wirklich ist, bleibt aber natürlich offen... wie immer in den Bergen, man vertraue auf seine eigene Meinung!  

Da fühlt sich jemand zuhause in der vertikalen Welt!

Kathrin hangelt am Corpus Delicti in L3 (6c).

L4, 35m, 6c (offiziell 6a+): Lange Seillänge mit etwas inhomogenen Schwierigkeiten. Der sehr eng gesicherte Wulst gleich zum Auftakt lässt knifflige Moves vermuten. Und ja, während es erst noch geht, konnte ich mich schliesslich nur mit der Brute-Force-Brechstange retten, sprich mit zwei Moves, die eher in eine 7a+ als in eine 6a+ gehören. Aber naja, vielleicht habe ich es schlecht erwischt, doch auch dieser Abschnitt dürfte kaum einfacher als 6b+/6c zu haben sein. Schliesslich folgt gemässigteres Gelände, das einen in die grosse Verschneidung führt. Diese klettert sich dann wie eine ganz brave 6a+, nur beim luftig-athletischen Finish muss man sich nochmals gut festhalten, um das Wandbuch zu erreichen.

Auch zum Schluss von L4 (6c) folgt nochmals eine coole Hangel-Passage.

Wir blättern mit Interesse im Büchlein. In den ersten Jahren nach der Erstbegehung im 1989 gab es einen richtigen Ansturm von lokal kundigen Glarner und Urner Kletterern. Scheinbar wurde dieser Schatz gehütet, denn auswärtige Begehungen gab es damals keine. Die traten erst später auf den Plan, vorerst als einzelne Ausreisser, später dann mit der Publikation im GLclimbs etwas häufiger. Inzwischen hat die Route in den 31 Jahren ihres Bestehens gute 100 Begehungen auf dem Buckel, trotz der Sanierung hat die Frequenz in den letzten Jahren eher abgenommen. Vielleicht mag ihr ja dieser positive Bericht ein neues Leben einhauchen?!? Einzig sicher ist: das Wandbuch ist voll, wir trugen uns auf dem letzten freien Platz der Umschlagrückseite ein. Es mögen die nächsten Besucher ein neues Exemplar mitbringen, Format maximal A6.

Das wär's doch noch, ein Wandbuch wo jeder ein Selfie einkleben muss/darf/kann ;-)

L5, 30m, 6a (offiziell 5c+): Nun denn, vor lauter Geschichte dürfen wir die letzte Seillänge nicht vergessen. Man biegt rechts um die Ecke in etwas ghüdriges Gelände, über welches man ungesichert ebenfalls auf den Gipfel steigen könnte (expo, heikel!). Doch die Route überquert nach dem zweiten BH die Kante nach links auf die Abschlussplatte, die nochmals interessante Moves in etwas glattem, abwärtsgeschichtetem Fels bereithält. Auch hier, für 5c+ ist das kein Geschenk, doch für einmal ist die Bewertung nicht ganz so weit von der Realität entfernt wie in den unteren Seillängen.

Frau Dettling junior auf der Abschlussplatte (L5, 6a), just mit den letzten Sonnenstrahlen.

Mit den letzten Sonnenstrahlen sind wir etwas nach 15.30 Uhr alle auf dem Gipfel, das macht gerade rund 3:00 Stunden an sehr genussvoller und interessanter Kletterei. Wären die Tage ein wenig länger (oder wäre man tageszeitlich früher unterwegs), so liesse sich gut noch eine zweite Route am Gabchopf anhängen, oder wie ich es auch schon gemacht habe, zum Rot Nossen hinaufsteigen und dort noch eine Route angreifen (ca. 15 Minuten, T5). Für uns heisst es hingegen Abseilen. Dafür sind 4 Manöver fällig, den Station nach L3 kann/muss man auslassen, allerdings muss jener von L2 angependelt werden - die Wand ist überhängend und der Stand ist etwas seitlich versetzt. Immerhin ist so auch auf dem Rückweg für etwas Spannung gesorgt. Am Einstieg trödeln wir nicht mehr lange, packen unsere Sachen und machen uns auf die Suche nach dem feinkörnigen Geröll, über welches wir möglichst bequem auf die Alp Zingel abfahren können. Das gelingt ganz ordentlich. Nun heisst es noch zum Urnerboden absteigen, ein toller Vollmondaufgang sorgt für geniale Bergstimmung. Ein paar Minuten nach 17.00 Uhr sind wir retour beim Hotel Tell, das Timing ging also perfekt auf, ohne dass wir die Stirnlampe hätten zücken müssen. Bald auf dem Heimweg tauchen wir in die Dunkelheit und eine dicke Nebelsuppe. Die Erinnerungen an diesen goldigen Spätherbsttag sind so aber nur umso mehr wert!

Der Geröllhaldensprint sollte doch eigentlich olympische Disziplin werden ;-)

Facts

Gabchopf - Dia Gääch 6c (6a+ obl) - 5 SL,  150m - Furter/Vogel 1989 - ***;xxxx

Material: 2x50m-Seile, 14 Express, Cams/Keile nicht nötig

Schöne, steile und eindrückliche Kletterei, die ihrem Namen absolut gerecht wird. Allerdings sollte man sich hier wie aufgrund der offiziellen Topos zu vermuten auf eine gemütliche Plaisirroute einstellen, sondern auf alpines Sportklettern. Dieses kriegt man in meist bestem Fels geboten, die für den Klausenpass üblichen Ausreisser mit minderer Felsqualität beziehen sich auf wenige Meter. Seit der Sanierung in den 2000er-Jahren ist die Route fair und solide abgesichert. Einziger Wermutstropfen: die inzwischen verpönten, originalen Sondi-Ringhaken der Erstbegeher wurden alle belassen, somit klettert man die schwierigsten Moves an den schlechtesten Bolts. Passt aber dank der üppigen Absicherung schon. Alles in allem dank der sonnigen Lage auf ca. 1950m ein tolles Ziel für sehr früh oder sehr spät in der Saison. Ein schematisches Topo und Infos zu weiteren Routen am Berg findet man im SAC-Kletterführer Glarnerland.

Montag, 16. November 2020

Hinter Glatten - Let's Go (7b)

Ein wunderbarer Martinisommer lädt Mitte November noch zum Klettern. Der HiGla bietet sich idealerweise für eine solche Spätsaison-Begehung an, zumindest sofern die Passstrasse noch geöffnet ist. Mit einem kurzen Zustieg warten gut 250m an lotrechter bis überhängender Kletterei in meist bestem, rauem Klausenfels und die Wand steht von 8.30 Uhr bis kurz vor Sonnenuntergang im Licht. Als Projekt wählten wir für diesen Tag die Let's Go (7b, 6 SL), da wir hier mit einem Mix von einfacheren und schwierigeren Seillängen ideal im Überschlag klettern konnten und zudem auch noch eine lässige Freikletter-Herausforderung wartete.

Die Wand am Hinter Glatten mit dem Verlauf von Let's Go (6 SL, 7b)

Nachdem die ganze Familie Dettling verschlafen hatte und mein Kletterpartner leider auf mich warten musste, starteten wir schliesslich wenige Minuten nach 9.00 Uhr bei der letzten Kehre auf der Glarner Seite (P.1888), ca. 1km vor dem Klausenpass. Obwohl seit meinem letzten Besuch doch auch schon wieder 5 Jahre vergangen waren, kenne ich hier Weg und Steg. Wobei der Clou eben ist, dass kein Weg zum Einstieg führt und man sich ohne Spuren hinauf zum Einstieg zu begeben hat. Im Aufstieg geht dies über weite Strecken am bequemsten im Bachbett, erst oben geht's auf den grasigen Sporn rechts und zuletzt über Geröll zum Wandfuss. In 30 Minuten Gehzeit hatten wir die ~350hm erledigt und obwohl auf Einstiegshöhe nur etwa 2 Grad an Lufttemperatur vorhergesagt waren, herrschte dank windarmem Sonnenschein perfektes Ambiente. Den Einstieg im linken Wandteil hatten wir bald identifiziert. Ein nochmaliger Kontrollblick von Routenverlauf und Topo zeigte schliesslich, dass wir uns beinahe in die Ellman verkoffert hätten. Achtung, die beiden Einstiege liegen nur ca. 5m auseinander, beide sind mit gebohrten SU-Schlingen gekennzeichnet, wobei jener von Ellman deutlich offensichtlicher ist. Um nach den spärlichen Haken zu spähen, welche inzwischen felsfarbig angelaufen sind, braucht es hingegen gute Augen. Ein paar Minuten vor 10.00 Uhr fiel der Startschuss.

Super Ambiente mit dem Clariden im Hintergrund (die Skitour wäre mit 200-300hm Portage möglich!)

L1, 6c, 35m: Ein anspruchsvoller Auftakt! Die ersten, noch moderat schwierigen Meter in etwas lottrigem Fels bringen einen an die steile Wand. Nach dem zweiten BH muss man sich in Wandkletterei scharf nach rechts halten, die Rissschuppe direkt hinauf ist der falsche Weg. In ortstypischer Kletterei an Leisten und rauen Auflegern gewinnt man sehr schön an Höhe - recht anhaltende Sache mit ein paar spicy Sektionen und zwar guter, aber auch verpflichtender BH-Sicherung. Nach rund 25-30m heisst es dann, nach links auf den Pfeiler zu wechseln. Ziemlich tricky und die ersten Moves am Pfeiler waren für mich die Crux der Länge. Mein Nachsteiger wechselte erst ein paar Meter weiter oben so richtig auf den Pfeiler, das schien einfacher, wäre aber für den Vorsteiger in Bezug auf Seilverlauf bzw. Sturzraum unangenehm. Achtung, diese Länge ist etwas seilzugträchtig, unbedingt die erste Exe verlängern und nachher schadet es auch nicht (sofern man sich denn traut).

Da wird einem warm ums Herz als Kletterer! Let's Go (L1, 6c)

L2, 6b+, 40m: Die Route führt nun direkt über den Pfeiler in die Höhe, wobei sich dieser bald in der Wand verliert. Der erste Haken muss etwas weit aber vergleichsweise gemütlich angeklettert werden. Doch dass da zwei Bolts so kurz hintereinander stecken, lässt etwas vermuten. Nämlich eine knifflige Stelle, wo man ein paar abschüssige Leisten identifizieren und zwicken muss. Fortan geht's wieder besser dahin, eine weitere, etwas einfachere Stelle mit zwei nahen Bolts fordert mehr fusstechnisch. Zuletzt dann an einem Riss/Schuppe hinauf, mit nochmals einem unterhaltenden Rätsel kurz vor dem Stand.

Links vom Pfeiler wieder in die Wand hinein heisst es in L2 (6b+).

L3, 6c+, 35m: Man wechselt hier vom Stand weg über den breiten Riss/Verschneidung hinaus in die rechte Wand. Diese präsentiert vorerst noch nicht die grossen Schwierigkeiten. Der Fels hat hier einen Anflug von der berüchtigten Klötzliware - fand das aber nicht weiter schlimm, mit etwas alpiner Erfahrung problemlos. The 'meat of the pitch' folgt dann auf den letzten 15m mit überhängender, athletischer Ausdauerkletterei an der Kante des markanten Turms. Die Griffe sind zwar schon durchwegs (recht) gut, zeigen aber oft in die falsche Richtung und man muss sich mit dem Körper durchaus mehrere Male hin- und her positionieren. Ich fand das noch eine zähe 6c+, konnte mit einem doch durchaus fühlbaren Pump aber onsight passieren.

Hinauf auf den steilen Turm in L3 (6c+). In Originalauflösung erkennt man auch 2 Adler über uns!

L4, 4a, 35m: Kurzes Überführungsstück an den oberen Wandteil. Erst gibt es noch ein paar schöne Moves in kompaktem Fels, dann wird das Gelände grasig, lottrig und einfach - dafür ein guter Platz für eine Pause und um nochmals Kräfte zu tanken für das Finale. Den laut (Original)topo vorhandenen, zweiten Standhaken konnten wir nicht auffinden - entweder Tomaten auf den Augen oder er existierte noch nie...

Nein, solch kompakten Tropflochfels findet man in L4 nicht, das Foto ist von L1 (6c).

L5, 7b, 40m: Auf dem Netz haben wir schon gelesen, dass die Crux der Route sich am Wulst ein paar steile aber gutgriffige Meter über dem Band befindet. So auf den ersten Blick denkt man sich zwar eher "kann das wirklich so schwierig sein?", denn sonderlich steil wirkt die Stelle nicht und gar nicht mal so wenige, griffig scheinende Seitleisten erkennt man bereits aus der Ferne. Tja, wie schon befürchtet liegt das Problem darin, seine Füsse über den Wulst zu bringen und auf  der wenig strukturierten Wand Gegendruck zu erzeugen. Wer kühn und stark ist, packt das so gleich im ersten Go. Das blieb mir verwehrt, ich konnte aber nach einigem Pröbeln eine elegante und tragfähige Lösung entschlüssen, wo ich onsight sicher nicht darauf gekommen wäre - also zurück an den Start! Schliesslich konnte ich die Stelle klettern und stand dann vor dem "Problem", nun noch den Rest der Länge onsighten zu müssen. Vorerst klettert man einfach an einem Riss (mit Cams zu sichern), gefolgt von einem griffig-pumpigen, eng gebolteten Steilstück. Uh, oh, so viele Körner waren nicht mehr übrig... zum Glück legt sich das Terrain wieder etwas zurück und fordert eher mutiges Antreten. Dies vor allem, weil hier ein 10m-Runout folgt. Dank dem unpräzisen Topo und den kaum sichtbaren Haken war ich auch gleich noch ahnungslos, welche Richtung anzupeilen wäre (ca. 1 Uhr, direkt hinauf!). Nun folgen nochmals drei eng steckende BH und wie man es sich denken kann, eine richtig schwierige, kleingriffig-technische Wandstelle. Meines Erachtens neben dem Wulst die zweitschwierigste Kletterstelle der Route, am Ende noch gewürzt mit einem netten Quergang (v.a. für den Nachsteiger). Achtung, diese Länge ist stark seilzugträchtig!

Am Ende von L5 (7b) darf sich auch der Nachsteiger engagieren!

L6, 6b, 35m: Die im Nachmittagslicht stehende Abschlussplatte wirkt sehr attraktiv und bietet tatsächlich nochmals sehr schöne Kletterei. Sie ist offiziell mit 6a bewertet, was ich aber klar zu tief finde. Mit grosszügigem Riesenslalom zu den (auch nicht etwa üppig steckenden) Bolts geht's vielleicht noch etwas einfacher, aber direkt in Hakenlinie durchaus eine nicht zu unterschätzende 6b. Vorsicht dann am Ende: bei deutlich nachlassender Felsqualität klettert man die letzten 8m gerade über den BH empor zum Stand - im Sturzfall knallt man ungebremst aufs Band. Klaro, schwierig ist das nicht, aber ein Fehler (v.a. in der Griff-/Trittwahl) liegt da nicht drin.

Sehr schöne Kletterei über die Abschlussplatte in L6 (6b).

Um 14.50 Uhr waren wir schliesslich beide am Top der Route, somit hatten wir doch fast 5:00 Stunden gebraucht für nur gerade 6 Seillängen. Das Gelände ist aber anhaltend steil und fordernd, geschenkte Meter gibt es ganz wenige. Vor allem hatte ich mir die Zeit genommen, alles freizuklettern und die Cruxlänge in mehreren Versuchen zu punkten. Bedingungen und Ambiente waren aber perfekt und so konnten wir hochzufrieden zum Fist Bump ansetzen. Über die Route könnte man rein aufgrund vom Verlauf zwar durchaus abseilen, die Stände sind aber weder verbunden noch mit Abseilringen ausgestattet. So wechselten wir ca. 100m hinüber zum Top von Königswasser, wo die steile Abseilpiste verläuft. Der Beginn ist mit einem Steinmann markiert, der Stand liegt ca. 5m weiter unten in der Wand, man kann/muss den Zugang mit einer Block-Sanduhr sichern! Dann geht's zügig in die Tiefe, in der steilen Wand positioniert sich das Seil stets selbst und so sind die 5 Manöver (25m, 35m, 40m, 50m, 50m) im Nu erledigt. Allerdings: das Material auf dieser Abseilpiste ist nicht mehr taufrisch, insbesondere neue Schlingen an den Standplätzen wären kein Luxus. Am Wandfuss war bereits der Schatten eingekehrt und auch der Tag neigte sich schon bald dem Ende entgegen. So stiegen wir zügig über die weglosen Hänge ab und erreichten bald hochzufrieden unser Automobil. 

Facts

Hinter Glatten - Let's Go 7b (6b+ obl.) - 6 SL, 230m - Pfenninger/Müller 1994 - ***;xxx

Material: 2x50m-Seile, 14 Express, Camalots 0.3-2

Sehr schöne Klausenroute mit athletischer Kletterei in meist prima Fels mit seinen ortstypischen Leisten, rauen Auflegern und flachen Henkeln. Wie üblich gibt es auch hier ein paar Meter von minderer Gesteinsqualität und ein Intermezzo über ein schrofiges Band, was aber nicht weiter stört. Die Route bietet anhaltende 6bc-Kletterei, gewürzt mit 2 schwierigeren Einzelstellen in L5. Die Absicherung ist an allen Stellen >=6c sehr gut ausgefallen (xxxx). Darunter auch meistens gut (xxx), stellenweise gilt es mit Cams zu ergänzen, vereinzelt muss auch einmal ein paar Meter in nichttrivialem Gelände 'marschiert' werden. Überwiegend handelt es sich um verzinkte Bolts, nur an den Ständen und im oberen Teil steckt teils rostfreie Ware. Sie sind aber 26 Jahre nach der Erstbegehung von aussen betrachtet noch in gutem Zustand. Hinweis: ein Rückzug über die Route sollte zwar gut möglich sein, zum Abseilen ist aber nichts eingerichtet, somit käme man nur mit Materialverlust runter. Ein Topo findet man im Extrem Ost oder im SAC-Kletterführer Glarnerland.