Der Winter hat auf der Alpennordseite endgültig Einzug gehalten! So wird es nun Zeit, die noch nicht dokumentierten Sommergeschichten aufzuarbeiten. Da sind vor allem aus den Sommerferien noch einige davon vorhanden, die nun in loser Folge präsentiert werden sollen. Als Ouvertüre hier der Bericht zu einer kleinen und netten MSL-Kletterei in Talnähe, welche wir nach der langen Fahrt in die französischen Alpen noch anpacken konnten. Nun schon das sechste Jahr in Folge traten wir den Weg ins lieb gewonnene Haut Val Durance an. Nachdem wir uns auf dem Camping installiert hatten, blieb vor dem Nachtessen noch ein Zeitfenster, wo wir uns ein wenig die Glieder strecken wollten.
Blick auf die Wand am Rive Droite der Gorge de la Biaysse mit dem Verlauf von 'Plouf dans l'eau'. |
Unsere Tour begann 'by fair means', d.h. mit der 15-minütigen Anfahrt per Velo vom Camping zum Ausgangspunkt, der sich bei in der Nähe der Kapelle von Rame bzw. dem Elektrizitätswerk befindet. Man traversiert von dort noch die Brücke über den Fluss, folgt dem Feldweg rechts über ca. 100m zu einer Linksbiegung (Bikedepot) und nimmt den gut ausgetretenen Pfad den Hügel hinauf. Bald erreicht man eine grasige Fläche, der Pfad leitet über diese an den Wandfuss, der sich auf einem schmalen Band über der Schlucht befindet. In nur gerade mal 2-3 Minuten ab Veloparkplatz kann man die Einstiegsgriffe befühlen, den Kopf in den Nacken legen und sich auf die Kletterei freuen. Um ca. 17.45 Uhr stiegen wir in die Route ein.
Gemütliche Anfahrt per Bike über Nebenstrassen in rund 15 Minuten vom Camping. |
Hier geht's los! L1 (6c) führt nach rechts auf die Rampe, oben dann athletisch durch die Dachzone. |
L1, 25m, 6c, 10 BH: Noch ohne grosse Schwierigkeiten im 5c-Bereich geht's hinauf und nach rechts auf eine plattige Rampe, die man nach rechts um die Ecke verlässt. Um den Stand zu erreichen, muss eine Dächerzone überwunden werden. Das macht die Route auf einer geschickt gewählten Linie und der Kletterer, indem er die zahlreichen Henkel festhält. Die 6c-Bewertung dünkte uns auf der eher gutmütigen Seite. Zu erwähnen ist, dass man durch die Position über der Schlucht und die Linie sofort eine luftige Exposition erreicht, sehr schön!
Ausstieg aus der Dächerzone von L1 (6c), hier sieht's fast ein wenig unspektakulär aus... |
L2, 30m, 6b+, 15 BH: Eine prima Seillänge mit recht anhaltender Wandkletterei, die sehr üppig mit Bolts abgesichert ist. Einige Moves sind durchaus etwas knifflig und erfordern etwas Planung, denn die Sache spielt sich an manchmal etwas seichten Schlitzen ab und der etwas glatte Fels bietet nicht extrem viel Reibung. Zu erwähnen ist, dass mich einige der Schlitze zu Gunsten von homogenen Schwierigkeiten etwas gar 'aggressiv geputzt' dünkten...
Sehr schöne Wandkletterei in L2 (6b+) |
L3, 25m, 6a, 10 BH: Weiter durch die Wand, welche sich zurücklegt - was aber für den Auftakt noch nicht wirklich gilt, dieser hält nämlich die Crux bereit, wo man sich für eine 6a durchaus festhalten muss. Man erreicht ein gemüsiges Band und steigt ab diesem geradeaus durch die obere Wand hinauf. Tatsächlich mussten wir dabei konstatieren, dass wir nun von einem Schauer benetzt wurden. Zuvor waren wir durchaus froh um die paar dunklen Wolken gewesen, welche die in dieser Gegend im Sommer oft sengende Sonne verdeckt hatten. Darüber waren wir auch nullkommanull besorgt gewesen, da es gemäss unserer Erfahrung aus den Vorjahren in dieser Gegend ja eigentlich nie und wenn, dann höchstens ein paar wenige Tropfen regnet... eine Meinung, die wir im 2021 nicht nur bei dieser Gelegenheit etwas revidieren mussten ;-)
Hmm, so klar sieht man es nicht, aber Larina folgt da frisch geduscht in L3 (6a). |
L4, 20m, 6a+, 8 BH: Vom Stand vor dieser Länge könnte man über das Band nach links aus der Route queren. Das wollten wir aber freilich nicht tun und es war auch nicht nötig, da der folgende Abschnitt von einem grossgriffigen Dach abgeschlossen ist. So war der Fels grossmehrheitlich trocken geblieben und auch am Standplatz war's (nur im T-Shirt) gut auszuhalten. Gemütliche und griffige Kletterei leitet hinauf unters Dach - dieses ist wirklich maximal grossgriffig, aber für eine 6a+ dann doch gehörig athletisch und nicht geschenkt. Bzw., so viel einfacher als L1 wie die Bewertungen suggerieren (6c vs. 6a+) dünkte es uns jetzt nicht unbedingt.
Ausblick auf die zum Glück trockene, da durch grosse Dächer abgeschlossene L4 (6a+). |
Plouf dans l'eau - ja der Routenname passt! Auch zu den den schmierigen Henkeln am Ausstieg von L4. |
Um 19.10 Uhr und damit nach ca. 1:25h Kletterei waren wir am Top und konnten mit einer perfekten Team Onsight-/Flash-Begehung die Schuhe schnüren, der Regen hatte sich zum Glück rasch wieder verzogen. So richtig passend zu dieser Tour ist auch der Abstieg ein 'Quickie'. Mit etwas Abstieg könnte man eine 45m-Abseilstelle erreichen, welche zurück auf die Fläche in der Nähe vom Wandfuss führt. Das macht aber höchstens Sinn, wenn man gleich in eine zweite Route einsteigen möchte. Selbst dann ist es vermutlich schneller, den Fussabstieg zu wählen. Dazu quert man vom Ausstieg horizontal über Pfadspuren etwas durch die Büsche. Bald einmal erreicht man den Römerweg mit seinen Trockensteinmauern, über welchen man in wenigen Minuten wieder zurück auf dem Talboden und beim Bikedepot ist. Wir sattelten unsere Räder und trampelten zurück auf den Camping, wo schon das Nachtessen für uns bereit war. Klein aber fein und ein richtig guter Ferienauftakt, das war unser Fazit zu dieser Route.
Aussicht auf's Tal vom Top der Route. |
Facts
Gorge de la Biaysse / Rive Droite - Plouf dans l'eau 6c (6a obl) - 4 SL, 100m - J.M. Cambon 2010 - ***;xxxxx
Material: mind. 1x40m-Seil, 16 Express
Kurze, interessante MSL-Route in Talnähe mit minimalem Zugang und sehr zügigem Abstieg. Die Wand liegt bis am späteren Nachmittag im Schatten, was es erlaubt die Route auch an warmen Sommertag anzugehen. Sie bietet oft vertikale, eher technische Wandkletterei, überquert aber auch ein paar grosse Dächer an idealen Henkeln. Die Absicherung ist mindestens klettergartenmässig und wenig obligatorisch. Doch auch wenn der Erschliesser J.M. Cambon sie auf 'Niveau 6a' ansiedelt, so sollte man eine Outdoor-6b einigermassen drauf haben, damit man Spass an der Kletterei hat. Zu erwähnen ist, dass die Route nicht zum Abseilen eingerichtet ist - ein Rückzug ist sicher möglich, erfordert aber das Zurücklassen von Material an den Standplätzen. Weitere Infos findet man auf C2C oder im Führer "Oisans Nouveau, Oisans Sauvage, Livre Est" vom Erschliesser J.M. Cambon.
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