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Freitag, 27. September 2024

The last piece of the puzzle!

Nach der MSL am Tour Termier beim Col du Galibier hatte ich auf Insta konstatiert, dass unser Ferienpuzzle nun schon fast komplett sei, nur ein kleines StĂŒck đŸ§© wĂŒrde noch fehlen. Dies in vollem Bewusstsein, dass das letzte StĂŒck womöglich nicht aufzufinden sei und das schöne, grosse Bild unserer Ferien so möglicherweise einen kleinen Makel enthielte. Es ging nĂ€mlich um den Erfolg in einer (einigermassen) schwierigen Sportklettertour, und der lĂ€sst sich halt einfach nicht nach Belieben erzwingen oder erkaufen - das ist ja genau das schöne an diesem Sport. An dieser Stelle ein kleiner Round-Up ĂŒber die umfangreiche SportklettertĂ€tigkeit in unserem Sommerferien, plus eben das Erlebnis mit dem letzten PuzzlestĂŒck.

Hannah in der Ciao Criquet (8a) im Gebiet Rue des Masques.

Ja, zum Sportklettern in der Briançon-Gegend gĂ€be es sowieso noch viel zu schreiben ✍đŸŒ. Das habe ich bisher immer unterlassen. Denn einerseits sind die guten Gebiete sowieso schon stark besucht. Und dort wo es einem auch noch gefĂ€llt und die Frequentierung angenehm tief ist, muss man ja nicht zwingend mehr Leute anlocken. Sowieso folgen meine Blogs nicht in erster Linie der Idee, Besucher anzulocken oder Werbung fĂŒr gewisse Routen zu machen. Sie sollen einfach meine Erlebnisse festhalten, damit ich spĂ€ter alles was mir wichtig ist noch im Detail nachvollziehen kann. In Sachen Sportklettergebiete im Haut Val Durance war das so gesehen bisher nicht nötig, da wir jedes Jahr einen Besuch dort machen und die Tricks & Tipps zu den Gebieten so stĂ€ndig im Kopf bleiben.

Trotz viel Sportklettern doch noch ein Hauch von Abenteuer. Der Zustieg zum Gebiet in Entraygues war dieses Jahr wegen dem vielen Restschnee in höheren Lagen und den intensiven RegenfĂ€llen im Juni deutlich schlechter mit durch den Fluss waten möglich wie in anderen Jahren. Wie man sieht, mit dem Gewicht von Jerome geht die Querung am Fixseil, ohne ein nasses FĂŒdli zu kriegen. Mit meinen 80kg und dem schweren Rucksack hingegen...

Wie ebenfalls bereits beschrieben, dieses Jahr waren wir mehrere Wochen vor Ort und mit den Comp Girls in erster Linie zum Sportklettern. Nebenher gingen sich zur Abwechslung und "Erholung" doch auch noch 6 MSL-Touren aus, die inzwischen alle auf dem Blog beschrieben und veröffentlicht sind. So bestand unser ĂŒblicher Tagesablauf aus Ausschlafen, einem gemĂŒtlichen FrĂŒhstĂŒck und dem Aufbruch an einen steilen Fels, welcher Schatten, interessante Kletterei und spannende Projekte bot. Wobei ich persönlich kaum ernsthaft projektiert habe. Sich in den Ferien auf eine schwierige Route "einzuschiessen", dann Tag fĂŒr Tag immer wieder am selben Ort zu klettern und sich dazwischen echte (!) Ruhetage zu nehmen, um auch voll performen zu können, das dĂŒnkt mich einfach eine Verschwendung von vielen spannend-reizenden Klettergelegenheiten. Und im dĂŒmmsten Fall zieht man dann doch mit leeren HĂ€nden von dannen. Routen am persönlichen Limit werden darum daheim projektiert, wo Arbeit und LebensumstĂ€nde einem sowieso Ruhetage aufzwingen und man nicht durch das drohende Ferienende ein Zeitlimit hat.

1x habe ich sogar eine Biketour đŸš”đŸŒ‍♀️ gemacht und an einem Tag ĂŒberhaupt keinen Fels berĂŒhrt! Hier die Sicht auf Briançon vom Croix de Toulouse, wo ich bei meiner Runde mit der Nord-SĂŒd-Überquerung des Col du Granon vorbeigekommen bin - viele Singletrails und viel Schotter gab's da. Danke Basti fĂŒr den Tipp!

Somit bin ich wo möglich auf Onsight-Jagd gegangen oder habe mich auf zĂŒgig in 2-3 Go's machbare Sachen beschrĂ€nkt. Das ist mir ganz gut gelungen und ich konnte meine Ticklist um die schöne Menge von 47 EintrĂ€gen (>=7a) bereichern - wie so oft hat es der Dettling mit der Menge statt der Schwierigkeit gemacht. Das wirft natĂŒrlich die Frage auf, wie es denn ĂŒberhaupt möglich ist, mehr oder weniger tĂ€glich zu klettern und anzugreifen?!? Der Punkt ist eben, dass mir in unserer Konfiguration und mit unserem Rhythmus gar nicht so viele Gelegenheiten vergönnt waren, um mich ins Seil einzubinden. Das waren nach einem seriösen AufwĂ€rmen nur 3x bis max. 5x am Tag. Da versuchte ich aber immer, mein Bestes zu geben, d.h. gut zu klettern (vorausschauend, taktisch aber entschlossen, mutig) und mit 100% try hard. Oder kurzum einfach der vollen Absicht, ohne Sturz und HĂ€nger zum Umlenker zu kommen.

Die Girls haben auch noch am internationalen Wettkampf vom Tout Ă  Bloc mitgemacht. Ich hatte mich dagegen entschieden. Zwar gab es sogar eine Veteranenkategorie. Diese hĂ€tte aber nicht am selben Tag stattgefunden wie die U16, um parat zu sein hĂ€tte ich vorher Ruhetage einlegen mĂŒssen, so war mir das zu viel Opfer von Zeit am Fels. Das Mitfiebern an den WettkĂ€mpfen war aber doch ein Teil der Ferien: nicht nur am Micro-TAB, sondern auch als Zuschauer beim Wettkampf der Elite, sowie bei Lead World Cup in Briançon.

Nun aber zurĂŒck zum letzten StĂŒck vom Puzzle: das war ein 8a-Double-Send mit Larina. Einige Tage zuvor hatten wir eine gute Session in einem neuen Crag bei Briançon. Einer der diesen Sommer zum GlĂŒck sehr raren Regenschauer hatte uns an den Fuss des grössten Überhangs vertrieben, wo diese Route startete. Irgendwie war es logisch, sich dann auch dort zu probieren, denn die weniger steilen Touren waren alle zumindest parziell nass geworden. Bei unserer Erkundung wurde eine Lösung gefunden und die Route als prinzipiell machbar taxiert. Doch schliesslich vertrieb uns die wieder hervorkommende Sonne, welche fĂŒr zu hohe Temperaturen sorgte. Ein Rotpunkt-Durchstieg war an diesem Tag nicht mehr realistisch.

Wer sucht der findet... Larina in der Tri Sert Ă  Tops (7c+). Dieser Triple Send mit den Girls in der gewaltigen Grotte war auch ein grosses Highlight in der Ferien. Zuerst war nach dem Motto "Alter, hĂ€ng schon mal die Exen in die Route" der Autor dran und reĂŒssierte gleich mit einem Onsight. Auch Hannah konnte die Route gleich im ersten Go ziehen. Und so lastete plötzlich etwas Druck auf Larina... sie war aber schliesslich auch im ersten Go erfolgreich.

Doch ohne das ganze (Familien)programm auf den Kopf zu stellen, kam die Gelegenheit, es dort nochmals zu probieren erst bei der allerletzten Session am Heimreisetag, mit schon bereits gepackten Koffern. Unweigerlich setzt das einen gewissen Druck auf, dann auch wirklich erfolgreich zu sein. Gut, fĂŒr eine Wettkampfkletterin wie Larina vielleicht auch nicht verkehrt, nach den Sommerferien erfolgte ja sowieso die RĂŒckkehr ins kompetitive Dasein. Wir wĂ€rmten uns auf und checkten dann nochmals sorgfĂ€ltig alle Moves. Dann war mein erster scharfer Go an der Reihe. So wie oben beschrieben (entschlossen, zĂŒgig, fluid) ging ich ans Werk, ĂŒberstieg die Crux sauber und mit Reserven – nur um dann am letzten, abtropfbaren Move zu scheitern. Ich hatte die FĂŒsse fĂŒr den krĂ€ftig-weiten Zug fĂŒr meine Durchstiegs-Disposition nicht optimal platziert und nicht mehr den Tiger im Tank, um das auszubĂŒgeln. Das war sowieso das «Hauptproblem» der wochenlangen Kletterei. Die Ausdauer im 7bc-Bereich wurde zwar immer besser, dafĂŒr ging aber der Extragang, d.h. der Punch fĂŒr die hĂ€rteren Moves, mehr und mehr verloren.

Ein gewaltiger King Swing beim AusrÀumen der Tri Sert à Tops (7c+).

Dann war Larina dran. Ihre Hauptsorgen bestanden aus dem Crux-Move, den sie vorerst mit einem weit aufgespannten Deadpoint gelöst hatte. Einzeln ging er immer, aber im Durchstieg leicht angezĂ€hlt war es Low Percentage, sprich es wollte er bis da nicht funktionieren (sonst hĂ€tte sie die Route vermutlich bereits in unserer ersten Session gepunktet gehabt). Nun aber hatte sie beim nochmaligen Checken der Moves eine etwas aufwĂ€ndigere, dafĂŒr viel stabiler ausfĂŒhrbare Beta gefunden. So war der Durchstieg dann fast schon ein leichtes Spiel, bravo! Tja, ohne mein Unvermögen von zuvor hĂ€tten wir den Double Send gehabt. Es fĂŒhlte sich ein wenig an, wie wenn wir das letzte Puzzleteil schon gefunden hatten, ich es dann aber total blöd wieder aus der Hand fallen liess.

Im Rue des Masques gibt's noch viel zu tun am Konglomerat. Im Bild der Fluss Guil, gut sichtbar die WĂ€nde vom Gebiet Mont-Dauphin. Wer genauer hinschaut, erkennt auch das gleichnamige Fort, welches oben auf dem HĂŒgel thront. TalauswĂ€rts geht's weiter in Richtung Lac de Serre-Ponçon und schliesslich nach CĂ©ĂŒse, wo wir auch diesen Sommer wieder 2x waren. Bei genialem Ambiente und toller Kletterei wie immer - diesmal ohne weitere WĂŒrdigung im Blog jedoch.

Die Frage war nur noch, ob ich es đŸ§© einfach wieder aufheben und ins Bild einsetzen könnte… oder ob es dummerweise in einen Abgrund gefallen und nicht mehr beizubringen war. Das musste sich nun zeigen: mit dem Spanner an der Crux hatte ich dank mehr Spannweite wenig Probleme. Diese bestanden mehr im RĂ©si-Finish, wo ich einfach zu wenig Reserven hatte. Und natĂŒrlich war ich nun, nachdem ich die Route ja schon beinahe 1x durchgestiegen hatte, noch schlechter disponiert. Aber ich musste es probieren und alles geben. Schon bald merkte ich, dass ich nicht mehr mit derselben Leichtigkeit kletterte wie beim ersten Mal – jeder Move fiel schwerer und wo ich vorher kurz inne halten und schĂŒtteln konnte, schien das nun nur noch eine Kraftverschwendung. DafĂŒr passte es mental bestens: es gab kein Zögern, nach dem Motto so schnell und effizient wie möglich kletterte ich, um möglichst vor dem Ausgehen der KrĂ€fte den Henkel nach dem letzten weiten Zug in die HĂ€nde zu kriegen. Flucht nach vorne, und das total! TatsĂ€chlich, auf dem letzten Blatt schnappte ich diesen Griff und der Double Send war Tatsache, das letzte StĂŒck vom Puzzle wieder gefunden 🏆 Was fĂŒr ein wunderschöner Ferienabschluss. Mit hohem Einsatz allerdings, denn das Risiko hier betrĂŒbt von der Stelle zu trotten war natĂŒrlich erheblich. NatĂŒrlich liessen wir es bei diesem letzten Send Go bewenden, verschoben zu Kaffee ☕ und Kuchen 🍰 in der Stadt und machten uns dann auf den Heimweg. We'll be back, that's for sure!

Fast schon dachartige, athletische Kletterei in der Double-Send-Route (Blessing, 8a). Ideal fĂŒr Gym Rats, geht aber sogar auch fĂŒr Ă€ltere MĂ€nner 😁

Samstag, 14. September 2024

Le Ponteil - RĂŽle en Dalles (6c)

Es war wieder einmal Zeit fĂŒr einen Tag Abstinenz vom steilen Sportklettern. Unsere Devise war, es den Radfahrern an der Tour de France gleichzutun. Die machen an ihrem Ruhetag auch keine Pause, sondern strampeln eben mal 150km in (relativ) gemĂŒtlichem Tempo ab, um im Rhythmus zu bleiben. Des Vertikalathleten Pendant zu dieser Strategie ist das Klettern einer schönen Recovery-MSL mit ein paar genussreichen SeillĂ€ngen. Das attraktive Gesamtpaket von einfacher ZugĂ€nglichkeit per Bike, nachmittĂ€glichem Schatten und spannend-steiler Kletterei sprachen erneut fĂŒr das Gebiet von Le Ponteil, dieses Mal war Larina mit von der Partie.

Sicht auf die S-Wand vom Gebiet Le Ponteil mit dem Verlauf der RĂŽle en Dalle (6c)

Allzu viele Routen kenne ich an dieser Wand noch nicht (Surplomb Jaune, Nid d'Aigle), aber nach einhelliger Meinung sei die von uns anvisierte RĂŽle en Dalles die beste Route im Gebiet. Was natĂŒrlich die Frage aufwirft, ob es denn weise ist, beim ersten (oder einem der ersten) Besuche in einem Gebiet gleich die beste Route zu klettern. Was kommt denn danach?!? Eigentlich gibt's nur zwei Optionen, entweder 1) gibt man sich danach mit weniger (Schönheit) zufrieden, oder 2) man zieht weiter zum nĂ€chsten Gebiet, um dort auch wieder (nur) die schönste Route zu klettern. So richtig das Gelbe vom Ei ist weder das eine noch das andere, jedenfalls fĂŒhrt die ausschliessliche Jagd nach dem Perlen vielleicht nicht unbedingt zu nachhaltiger Befriedigung beim Klettern, so scheint es mir die Logik zu diktieren. Nun denn, die snobistische Haltung zuerst bzw. nur die besten Routen zu klettern ist mir generell fremd, an diesem Tag war aber die RĂŽle en Dalles trotzdem das am besten passende Projekt, fĂŒr die anderen Linien an der Wand kommt die Gelegenheit hoffentlich auch einmal.

Das Panorama vom Einstieg - es ist wirklich ein sehr schöner Ort zum Klettern!

Mit dem Bike gondelten wir, so wie ich es kĂŒrzlich schon mit Jerome gemacht hatte, die ca. 10km hinauf nach Le Pont (P.1447). Auch fĂŒr die RĂŽle en Dalles startet der Zustieg bei der Infotafel, von wo man in 10 Minuten zur Wand gelangt. Eigentlich ist der Start angeschrieben (nicht so gut lesbar), aber die Routendichte ist so hoch, dass es trotzdem nicht ganz trivial ist, die richtige Linie zu verfolgen. Auch die Topos entschlĂŒsseln die Sache nicht einwandfrei, am besten beschreibt die Situation meines Erachtens der Oisans Nouveau, Oisans Sauvage (ONOS). Jedenfalls startet die RĂŽle en Dalles gemeinsam in der steilen Verschneidung mit der Les Diables und hĂ€lt sich dann im weiteren Verlauf an die Rampe links der Verschneidung. Um 13.50 Uhr ging es los mit der Kletterei, dies bei angenehmen Bedingungen. Damit man diese im Sommer vorfindet, ist eine gewisse Planung nötig. An diesem Tag im enorm heissen Sommer 2024 waren die Temperaturen fĂŒr einmal ca. 5 Grad tiefer angekĂŒndigt, zusĂ€tzlich minderten Schleierwolken die Einstrahlung der Sonne, welche die Wand am Nachmittag sowieso nur noch seitlich bescheint und es ging ein thermischer Wind - so passte es perfekt.

L1, 30m, 6b+: Zuerst gut 10m steil durch die Verschneidung an speckigen Henkeln gemeinsam mit der Les Diables, nachher sehr schöne Tropflochkletterei in der Wand links der Verschneidung. Die Crux an ein paar Tropflochleisten gegen das Ende hin, da muss man sich durchaus mal kurz festhalten! Wer möchte, kann diesen Abschnitt komplett durch die Verschneidung einfacher umgehen, dort fĂŒhrt eine in den meisten Topos nicht verzeichnete, gut mit BH abgesicherte Route/Variante durch, welche offenbar bei 6a+ eincheckt.

Sehr schöne Tropflochkletterei im oberen Teil von L1 (6b+), fast wie im GufechĂŒssi auf der Galerie.

L2, 25m, 6a+: Steile Wandkletterei im TropflochgelĂ€nde, toll! Die Crux im WandstĂŒck kurz vor dem sehr bequemen Standband, da muss man sich schon wirklich festhalten fĂŒr eine 6a+. Vielleicht in etwa so wie in der Crux vom Zigerchrapfe (hart 6a+) auf der Galerie, wenn wir schon dabei sind, derartige Vergleiche zu ziehen.

Das Finish von L2 (6a+) hat es in sich!

L3, 20m, 6c: Fulminanter Auftakt in drĂŒckender Wand, athletisch und technisch-knifflig zugleich. Topoguide bewertet hier mit 6c+/7a, in diese Richtung zielen auch die Berichte auf C2C, wobei jene Autoren die Stelle meist nicht klettern konnten. Uns gelang dies und wir fanden die 6c schon taff, im Vergleich zum Rest aber nicht extrem unpassend. Dann ist es noch so, dass eine harte 7a in CĂ©ĂŒse definitiv höhere Anforderungen stellt... aber ob dies die Messlatte sein soll, ist dann halt auch wieder fraglich. Jedenfalls, nach der anfĂ€nglichen Cruxzone legt sich das GelĂ€nde etwas zurĂŒck, eine Rissspur will erobert werden. Eine Special-Mention verdient noch das Finale, wo es vor allem die richtige Beta zu erkennen gilt.

"Think lateral" heisst es am Ende von L3 (6c) bei dieser fotogenen Stelle.

L4, 15m, 5b:  Schöne, steile Wandkletterei, welche man vermutlich besser mit einer 5c bewerten wĂŒrde. Es ist eine eher kurze SeillĂ€nge, welche an L3 angehĂ€ngt werden könnte, wenn man genĂŒgend Exen mitfĂŒhrt. Wobei auch die Kombo L4/L5 fast noch besser möglich ist und auch weniger Hardware erfordert.

L5, 25m, 4b: Generell nur eine ÜbergangslĂ€nge durch den GemĂŒsegarten, die paar Moves vom Stand weg in plattigem Fels haben es allerdings durchaus noch in sich! Ich bin logisch gerade hoch aufs Band zu einem Kettenstand geklettert. Die Fortsetzung im steilen, roten Fels sieht sehr attraktiv aus, hierbei handelt es sich jedoch um die FOMEC. Wer auf der RĂŽle en Dalles bleiben will, muss...

Ein attraktiveres Foto kriegt man da kaum hin: die letzten Meter der Kombo L4/L5 (5b, 4b).

L5bis, 25m, 2a:  ...auf dem Band ca. 10-15m nach links queren, dann ĂŒber eine einfache Stufe eine Etage höher steigen und am Fuss einer steilen Verschneidung Stand beziehen (zur Zeit unserer Begehung war da ein Stein mit stark verblasster Aufschrift vorhanden). Ab Stand 3 reicht das Seil sicher nicht bis dahin.

L6, 25m, 6b: Geniale 3d-Turnerei durch die eindrĂŒckliche Verschneidung hoch - immer schön fordernd, aber genau dann, wenn's nötig ist, taucht wieder wieder eine Struktur auf, welche die Sache im 6b-Rahmen hĂ€lt. Toll!

L7, 25m, 6b+: Hier verlĂ€sst man die Verschneidung nach links hinauf und klettert in fantastisch schönem und auch 45 Jahre nach der Erschliessung noch beinahe jungfrĂ€ulich wirkendendem Tropflochfels (schaffen es viele von den AnwĂ€rtern etwa nicht bis hier hinauf?). Es gibt nur eine kurze Crux, die fĂŒr 6b+ gutmĂŒtig ist. Man könnte auch mit 6a+ bewerten, wir fanden die LĂ€nge einfacher wie L1, L2 oder L6. Der Stand am Ende links und eher unbequem, alternativ gleich gerade hinauf ins GemĂŒse und Stand am BH vom Drahtseil machen. Tipp: der Link von L6/L7 ist mit 50m-Seilen möglich, allerdings braucht es ca. 17-18 Exen, wenn man alle Bolts klippen will. Ich habe jeweils dort, wo sie eng stecken die untere Exe wieder mitgenommen, so ging es auch gut mit nur 12 StĂŒck.

Sehr schöner, rauer Tropflochfels in L7 (6b+).

Um 16.50 Uhr waren wir nach ziemlich genau 3:00h Kletterei am Top - natĂŒrlich mit einer beidseitigen Onsight/Flash-Begehung. Dies war nicht die grosse Challenge gewesen (welche wir ja auch nicht gesucht hatten), doch ein wenig anstrengen mussten wir uns dann doch einige Male. Aber das entsprach genau unserem Gusto. Obwohl im ONOS strikt davon abgeraten wird, wĂ€re das Abseilen ĂŒber die Route/Wand in 3x oder 4x ziemlich sicher die schnellste und beste Abstiegsvariante (zumindest wenn keine anderen Seilschaften prĂ€sent sind, was bei uns der Fall gewesen wĂ€re). 

Der Vorteil vom Abstieg zur empfohlenen Abseilvariante: man sieht den oberen Teil der Wand sehr schön im Profil. Und da zeigt sich, dass dass Terrain da schon richtig steil ist!

Wir hielten uns indessen ohne viel zu ĂŒberlegen an die empfohlene Option und stiegen zu Fuss zum Top von Nid d'Aigle ab. Der Weg dahin war weiter als gedacht, der Pfad in den Schrofen ob der Wand ist nicht so ausgeprĂ€gt und teils recht ausgesetzt (an einigen Stellen sind Drahtseile vorhanden). Die letzten 5m von der Kanzel ob der SE-Wand mĂŒssen dann an einem (maroden) Fixseil noch abgestiegen werden, bevor zwei sehr bequeme, steile ja teils freihĂ€ngende Abseiler (50m, 40m) zurĂŒck auf den Boden fĂŒhren. Von da brachte uns ein kurzer Marsch zu den Velos und wenig spĂ€ter waren wir nach einer Schussfahrt retour bei unserem Camp. Sehr zufrieden, denn das war wirklich eine prima Art gewesen, an unserem Ruhetag noch zu etwas Bewegung zu kommen.

Steile Abseilerei ĂŒber Nid d'Aigle.

Facts

Le Ponteil - RĂŽle en Dalles 6c (6b obl) - 7 SL, 190m - M. & JJ. Rolland 1978 (!!!) - ****;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, Cams/Keile nicht nötig

Die Route bietet 4.5 SL mit wirklich superschöner Tropflochkletterei, dazu in Wandmitte zwei einfachere ÜberfĂŒhrungsabschnitte. Meist handelt es sich um Wandkletterei und doch wird einem Abwechslung geboten mit 3d-Verschneidungskletterei und Risspassagen. Das einzige was fehlt ist das Feeling einer grossen MSL-Tour, dafĂŒr ist die Route dann doch eher zu kurz, zu wenig isoliert bzw. zu fest im GemĂŒse rundherum eingebettet. Auf jeden Fall ist es aber eine prima Möglichkeit, bei ĂŒberschaubarem Aufwand und Zeitbudget mehrere SeillĂ€ngen am StĂŒck zu klettern. Bei geschickter Planung ist dies auch im Sommer möglich, die VorzĂŒge der Wand zeigen sich umso mehr in der kĂ€lteren Jahreszeit, wobei man dann tageszeitlich frĂŒh genug starten sollte. Die Absicherung der Route mit verzinkten BH ist sehr gut ausgefallen. Nicht ganz so eng wie in den Routen von JMC, aber doch so, dass man eigentlich alle schwierigen Passagen ab ca. 6a+ mit Griff zum Haken entschĂ€rfen kann. Um die Route weitgehend frei und zĂŒgig absolvieren zu können, sollte man jedoch schon ĂŒber ein Onsight-Niveau von 6b/6b+ verfĂŒgen, die Cruxpassage verlangt dann noch ein wenig mehr (ist aber A0 machbar). Topos von unterschiedlicher QualitĂ€t findet man im ONOS, im Briançon Climbs, im Plaisir Sud, im Topoguide Band III und womöglich weiterer Literatur. Sehr nĂŒtzlich wie immer auch die BeitrĂ€ge auf C2C.

Dienstag, 10. September 2024

Le Ponteil - Nid d'Aigle (6a)

Beim steilen Sportklettern hĂ€lt sich Jerome meist vornehm zurĂŒck - nun aber war er am Restday von den Girls dazu beordert worden, mit dem Papa eine MSL zu klettern. Dies vielleicht insgeheim nach dem Motto "lieber er als ich", aber schlussendlich wurde das so geschickt kaschiert, dass der Deal fĂŒr alle stimmte. Ein passendes Ziel zu finden, war dann gar nicht so einfach: an diesem Tag war das sonst so stabile Wetter auf nachmittĂ€gliche Schauer eingestellt, es herrschten brĂŒtend heisse Temperaturen und nicht zuletzt durfte auch der Anspruch nicht zu hoch liegen. Da scheint es womöglich verrĂŒckt, an die selbst im Winterhalbjahr kletterbare Paroi du Ponteil zu pilgern - Bewölkung und Wind sei Dank ging der Plan jedoch bestens auf, wir konnten eine spannend-spektakulĂ€re Route bei angenehmen Bedingungen klettern.

Die fantastische, steile Wand von Le Ponteil mit dem Verlauf der Nid d'Aigle (6a).

So fuhren wir vom Basecamp mit den Bikes die ca. 10km hinauf nach Le Pont (P.1447), wo der Zustieg bei der Infotafel startet und einen in ~10 Minuten an den Fels bringt. Man passiert dabei zwei Verzweigungen, beide Male heisst es die rechte Spur zu nehmen. So gelangt man mehr oder minder direkt zum Einstieg, welcher angeschrieben ist ("50" und weniger deutlich, "Nid d'Aigle"). Wir schirrten uns auf und starteten um 11.15 Uhr in die Route. Die ersten der versprochenen Wolken tauchten langsam aber sicher am Himmel auf und ermöglichten uns die Kletterei bei angenehmen Bedingungen. Sonst wÀre es im Sommer noch eine Option, erst um ca. 14.30 Uhr mit der Kletterei zu beginnen, wenn die Sonne um die Ecke verschwindet.

Steil bergauf geht's nach Le Ponteil (ca. 600hm von der Talsohle).
Unzweifelhaft, hier startet die Route!

L1, 25m, 4b: Über eine erste Stufe hinauf in nochmals einfaches GelĂ€nde. Da besser nicht stĂŒrzen, denn der zweite Bolt steckt hoch, ein "retour au sol" wĂŒrde da sehr ungĂŒnstig enden. Dann folgt tolle Kletterei rechts hinauf in orangem Fels mit irrer Tropflochstruktur - unglaublich fĂŒr den Grad. Man erreicht einen ersten Stand (BH und NH), derjenige 4m weiter rechts mit 2 BH liegt eher besser.

Super Tropflochkletterei in L1 (4b) - da kriegt man etwas geboten fĂŒr den Grad!

L2, 25m, 4c: Man quert weiter nach rechts in erneut toll strukturiertem Tropflochfels. In der Mitte der SeillĂ€nge orientiert man sich dann ĂŒber eine Rampe nach links hinauf. Achtung, hier besteht eine gewisse Gefahr, sich zu verkoffern. Links auf dem korrekten Routenverlauf sind die Haken nĂ€mlich nicht sichtbar (es kommen aber welche), wĂ€hrend einem fixes Equipment nach rechts lockt. Der Stand befindet sich dann auf einer sehr bequemen Terrasse - die zwei unverbundenen BH rechts liegen fĂŒr die Fortsetzung geeigneter wie der Ketten-Abseilstand links.

Les Français disent 'magnifique'!

L3, 30m, 4c: FĂŒr diesen Abschnitt gibt es zwei Möglichkeiten (plus die Option, sich in die nach rechts fĂŒhrende La Martine zu verkoffern): entweder die Verschneidung in hellem Fels gerade hinauf (5c) oder die liegende Platte weiter links. Das ist recht gĂ€ngig, aber dĂŒnkte mich doch klar schwieriger wie L1 und L2. Oben auf der nĂ€chsten horizontalen Verwerfung quert man dann nach rechts zurĂŒck. Diese Traverse ist v.a. fĂŒr den Nachsteiger nicht optimal gesichert (Keil oder kleiner Cam nicht unnĂŒtz, da ich selbiges nicht dabei hatte, war auch mit einer Knotenschlinge fĂŒr Sicherheit zu sorgen, das Placement ist super).

Auch hier in der 4c-Version von L3 wartet hervorragende Tropflochkletterei.
Die Traverse am Ende von L3 (4c) ist easy, aber fĂŒr's hintere Seilende ohne mobile ErgĂ€nzung nicht optimal gesichert.

L4, 25m, 6a: Los geht's mit einer steilen Verschneidung - auch hier ist das helle Gestein grundsĂ€tzlich von prima QualitĂ€t, dann aber auch etwas glatt anzufassen. Dass hier schon hunderte von KlettererhĂ€nden nach Halt gesucht haben, macht das auch nicht unbedingt besser. Geht aber schon - mit geschicktem Placement ist's gar nicht mal so anstrengend und geht prima auf. Das gilt dann nicht unbedingt fĂŒr das folgende Dach mit der Crux: es ist rasch vorbei und vorzĂŒgliche Henkel hat es auch, aber herrlich krĂ€ftig ist es eben dennoch. Bald darauf folgt der Stand erneut auf einer bequemen Terrasse. Hier wird man sich gewahr, dass die gesamte Überhangzone, welche man vorher beklettert hat, eigentlich aus vom Fels losgelöstem Gestein besteht und ein breiter Spalt klafft. Irgendwie wirkt das alles ziemlich absturzbereit... aber solange die HĂ€user unterhalb noch bewohnt sind und die Strasse nicht gesperrt, wird es wohl nicht so gravierend sein (oder es hat's einfach noch niemand bemerkt, der dafĂŒr verantwortlich wĂ€re).

"Das isch Musig!" - super steile und henklige Kletterei zeichnet die CruxlÀnge (L4, 6a) aus.

L5, 25m, 5c: Nochmals eine coole und sehr steile SeillĂ€nge, die als frĂŒhen Programmpunkt gleich ein markantes Dach bereithĂ€lt. Auch nicht ganz einfach, aber doch eine Runde zahmer als dasjenige in L4 kommt es schliesslich daher. Steil und griffig geht's dann mit einer kleinen Rechtsschleife dem Top entgegen. Die Absicherung ist auf der zweiten HĂ€lfte der SeillĂ€nge eher weit und die Blöcke da am Ende sind auch nicht alle topsolide - vermutlich hĂ€lt aber alles, auch wenn der Kletterer wie ein Ochse selbst am bedenklichsten Stein zieht.

Steil, luftig und gutgriffig geht's auch in L5 (5c) zur Sache.

Kurz vor 13.00 Uhr hatten wir nach 1:45 Stunden sehr vergnĂŒglicher Kletterei das Routenende erreicht. Ein kurzes Fixseil wĂŒrde hinauf ins einfache GelĂ€nde fĂŒhren, wo man bei nachfolgenden Seilschaften auch zur Abseilpiste gelangen könnte, die wir damals nach der Surplomb Jaune genutzt hatten. Da wir alleine in der Wand waren, sparten wir uns diesen Aufwand und seilten gleich ĂŒber die Route in die Tiefe. Steil, ja teilweise freihĂ€ngend geht's gestreckte 50m hinunter zur Terrasse, wo sich Stand 2 befindet. Von da sind es dann weitere 40m bis zum Turnschuhdepot am Einstieg. Zufrieden mit der tollen Tour packten wir unsere Ware zusammen, stiegen ab zum Bikedepot und rollten in rauschendem Tempo zurĂŒck ins Tal - mit kurzem Zwischenstopp beim Brunnen mit 'eau potable' in Champcella, denn trotz der angenehmen Bedingungen hatte es doch einen rechten Durst gegeben.

Facts

Le Ponteil - Nid d'Aigle 6a (5c+ obl.) - 5 SL, 130m - JJ. & M. Rolland 1973 - ***;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 10 Express

Kurze, aber eindrĂŒckliche MSL, welche dem leichtesten Weg durch eine irre steile Wand folgt. In den steilen Abschnitten warten anstrengende Verschneidungen und krĂ€ftige HenkeldĂ€cher. Auf den geneigteren Wandabschnitten findet man hingegen aussergewöhnliches Tropflochgestein, gerade fĂŒr diesen tiefen Schwierigkeitsgrad. Vielerorts liest man, die Route sei stark abgespeckt. Ich glaube, das teilweise wie marmoriert wirkende Gestein war da schon immer glatt. Logischerweise ist es nach 50 Jahren intensiver Nutzung nicht rauer geworden - aber lohnend Klettern kann man da auf jeden Fall noch immer. Mehr Argwohn verursachen mir hier schon die teilweise massiven, halb losgelösten, ĂŒberhĂ€ngenden Felspakete (welche die zu ĂŒberkletternden DĂ€cher definieren), die da in dieser Verschneidungslinie hĂ€ngen. FĂŒr die geologische Ewigkeit haben die sicher nicht Bestand... doch wann deren Stunde gekommen ist, steht natĂŒrlich auch in den Sternen. Die Absicherung mit verzinkten BH ist gut, aber nicht so ĂŒppig, wie man es aus den teils sehr konsumentenfreundlich prĂ€pariertem JMC-Touren kennt. Eine 5c sollte man schon solide Vorsteigen können, damit man hier Spass hat. Topos findet man z.B. im Briançon Climbs, dem Oisans Nouveau, Oisans Sauvage, im Plaisir Sud oder im Topoguide Band II.

Mittwoch, 4. September 2024

TĂȘte de Gaulent - Les promesses de l'aube (6c+ oder 6a+ A0)

Restday - das war das Motto fĂŒr diesen Sonntag. Auch mir war ein gemĂŒtlicher Vormittag nach viel strenger Sportkletterei nur recht. Faulenzen wird aber doch bald einmal weniger spannend wie auf Entdeckungsreise gehen und so lockte mich das tolle Wetter doch noch fĂŒr einen Ausflug in die Berge. An die TĂȘte de Gaulent sollte es gehen, wo ich im 2018 mit Larina die Top-Plaisirtour Gaulent Tement geklettert hatte. Das war ein mit dem Bike erreichbares Gebiet, es gab mit der Promesses de l'Aube ein in Sachen Schwierigkeit, Absicherung und LĂ€nge ideales Ziel fĂŒr ein Rope Solo und dank der SE-Exposition mit Einstieg auf 2600m wĂŒrde man spĂ€tnachmittags auch an einem der wĂ€rmsten Tage im 2024 angenehm klettern können. Also packte ich meine Ware und los ging's!

Sicht auf das Massiv der TĂȘte de Gaulent. Alle anderen modernen und gut abgesicherten Routen befinden sich am linken (Vor)gipfel, in der Wand rechts gibt's nur die hier eingezeichnete und von mir gekletterte Promesses de l'aube. Der eigentliche Gipfel der TĂȘte bietet keine Kletterrouten und ist noch weiter zurĂŒckversetzt.

In meinem Fall mit einer lĂ€ngeren Bikestrecke, aber auch mit dem Auto ist fĂŒr die Fahrt zum Ausgangspunkt viel Sitzleder nötig! Die Schotterpiste hinauf nach Tramouillon (1950m) ist lang und ruppig - RĂ€tikonstyle. So wie ich mich von meinem letzten Besuch erinnerte, rechnete ich mir gute Chancen aus, mit dem Bike noch ein StĂŒck weiter fahren zu können. Das materialisierte sich, auf 2250m war schliesslich Bikedepot und Zeit fĂŒr eine Pause. Puh, das hatte doch schon einige Körner gekostet: mit dem Auto nach Tramouillon zu dĂŒsen und dann zu Fuss zu gehen ist sicher die weniger anstrengende Lösung. Aber auf die war ich natĂŒrlich nicht ausgerichtet, der autofreie Triathlon Bike, Hike & Climb war genau meine Absicht.

Bikedepot... aus dem Talboden sind es 1300hm bis dahin.

Weiter ging's zu Fuss, bald kreuzte ich eine Seilschaft, die mich wie einen Ausserirdischen musterten. Sie hĂ€tten nach der Gaulent Tement noch eine zweite Route (die hier von mir beschriebene) klettern wollen, aber es sei viel zu heiss gewesen. Meine Antwort: "ça va bientĂŽt passer Ă  l'ombre" - bald kommt der Schatten 😎 Das willst du zu dem Zeitpunkt vermutlich nicht hören, erst recht nicht von einem Schweizer Mr. Schlaukopf đŸ€“ Jedenfalls, das letzte StĂŒck zur Wand hoch zog sich. Unten hat's noch eine dĂŒnne Wegspur, oben dann eher nur noch vermeintliche. Ich meine, am besten steigt man nach links ausholend, dann im Bereich links der Geröllreisse, welche von der Wand runterzieht. Oben muss man dann ca. 40hm unterhalb vom Einstieg nach rechts wechseln und umgeht zuletzt einen Vorbau rechtsrum. Der Start der Route selbst bei 2 BH mit Schlinge ist offensichtlich, es ist die einzige Linie in diesem Wandteil. Ein paar Minuten vor 16.00 Uhr startete ich in die Route.

Am Einstieg angekommen. Wie erwĂŒnscht verabschiedet sich die Sonne gleich aus der Wand.

L1, 35m, 6a: Am Anfang ĂŒber einen Aufschwung, dann in grasigem GelĂ€nde zur nĂ€chsten Wand. Die bietet dann tolle Kletterei in fantastischen Fels - bis auf die eher braun-graue FĂ€rbung rĂ€tikonlike mit Rauigkeit, Tropflöchern, Dellen, Wasserrillen - das ganze Programm. Der Nachteil: es wirkt ein wenig so, wie wenn man nebenan von einem T6-Hikr ĂŒberholt werden könnte. Die Crux bei der Querung nach links auf die Kante.

L2, 40m, T5: Wie bereits im Text zu L1 angetönt: gerade im unteren Teil haben wir es hier nicht mit einer kompakten Wand zu tun. So wartet hier ein Schrofenintermezzo mit mehr oder weniger horizontaler Querung einem Fixseil entlang in eine Geröllrinne, am Ende geht's dann noch kurz und leicht mĂŒhsam hinauf zum nĂ€chsten Stand. Der vorhandene Strick hat definitiv schon bessere Zeiten gesehen, teilweise hĂ€ngt er nur noch in den FĂ€den, es ist ihm nicht zu vertrauen.

L3, 30m, 5c: Auch hier wieder die tolle Kletterei in einer kompakten Wand mit rĂ€tikonlikem Fels. Zu einem grossen Teil geht das wirklich gut, nur in einer kurzen Querung in der Mitte heisst es, seine Moves sorgfĂ€ltig zu planen. Ich fand das gar nicht mal so einfach. Wenn bei den Franzosen der Grad 5c+ nicht so stiefmĂŒtterlich behandelt wĂŒrde, wĂ€re es vielleicht zum Einsatz gekommen.

L4, 40m, 5c: Diese LĂ€nge folgt zuerst einem kurzen Grat und macht dann eine grosse Rechtsschleife. In Seilschaft ist da der Seilzug programmiert. Als Rope Soloist ist der kein Thema, trotzdem hatte ich den Stand nach L3 erst an der hinteren Wand improvisiert (die nahe steckenden BH erlauben dies), was sicher auch zu zweit eine prĂŒfenswerte Option ist. Die Querung klettert sich dann easy, um die Verschneidung zu gewinnen holt man dann noch weiter nach rechts aus wie die seilzugoptimierten BH suggerieren, so ist auch dieser Teil und das Finish recht gĂ€ngig.

L5, 25m, 5c+: Auch hier kurz nach rechts und gleich steil mit ein paar ZĂŒgen am verblockten Riss hoch. Auch wenn's etwas spooky ist, man kann m.E. bedenkenlos an den eingeklemmten Steinen ziehen, die sitzen solide. Der obere Teil fĂŒhrt dann der Kante entlang, die Haken locken einen zu Gunsten von höheren Schwierigkeiten eher auf die rechte Seite, leichter geht's links. Nach einem prĂŒfenden Blick zur Anzahl noch an meinen Gurt baumelnden Expressen entschliesse ich mich, den etwas unbequemen und (v.a.) fĂŒr's Rope Solo ungĂŒnstig platzierten Stand auszulassen und gleich weiterzugehen (in Seilschaft keine gute Option!)

Beim Rope Sole natĂŒrlich wieder einmal keine Kletterfotos gemacht. Hier der Blick vom Stand nach L5 auf die freiklettertechnische Crux der Route an diesem splittrigen Wulst zu Beginn von L5. Man geht in links der Bildmitte an und klettert in etwa dort, wo die Gesteinsfarbe von gelbbraun zu weissgrau wechselt (in voller Auflösung sieht man die BH). Dann in die Verschneidung hinein und henklig ĂŒbers Dach raus - kurze Stelle 6c/6c+.

L6, 25m, 6c/+ oder 6a 2pa: Von der Flachzone weg gleich die Crux mit der als A0 propagierten Passage. Ich hatte mich im vornhinein nicht im Netz schlau gemacht, ob das auch frei geht, wollte es aber auf jeden Fall probieren. Jedenfalls, es stand schon zuvor im Netz und nun ist's auch hier festgehalten: es geht und es ist noch nicht einmal extrem viel schwieriger wie der Rest der Route. Jedenfalls: die Wand hat hier kurz einen splittrigen GĂŒrtel. Ich habe in diesem Bereich eigentlich keinen Griff genutzt. Oberhalb findet man zum Greifen kleine Tropflochcrimps - dann heisst's 1x im splittrigen Fels antreten (da gibt es schon zuverlĂ€ssig-solide Tritte, nur halt keine guten). So sind es quasi 2 Moves, dann hat man einen Henkel in der Hand und muss schauen, wie man athletisch aus der Verschneidung entkommt - dieser Teil gehört auch der der A0-Variante dazu. Der Rest der LĂ€nge ist dann leichter verdaulich und folgt einer Art Rampe in TropflochgelĂ€nde zum Stand.

L7, 35m, 6b+: Super Abschlussbouquet zur Route - steil, eindrĂŒcklich und luftig! Los geht's griffig und entlang von Rissen, wo ich sogar ein paar Jams gesetzt habe. Schon diesen Teil empfand ich als recht zupfig und als Crux der 6a+ Bewertung entsprechend, welche JMC propagiert. Aber damit ist noch lĂ€ngst nicht fertig, aus einer steilen Verschneidung klettert man rechts um die Kante. Da muss man sich kurz mal echt gescheit festhalten, das sprengt den Rahmen von 6a+ definitiv. Nach ein paar ZĂŒgen in flacheres GelĂ€nde wartet dann noch eine feine Linksquerung und das einfachere Finish, welche im Vergleich zum Rest der Route eher luftig gesichert sind.

Schon beim AusrĂ€umen der steilen und luftigen L7 (6b+). Die Crux besteht bei der Querung nach rechts aus der Verschneidung raus (da wo das Seil sichtbar ist). 

L8, 20m, 4c: Hm, das sieht schon a priori eher bof bof aus und fĂŒr ein einfaches Abseilen ist der Weiterweg auch nicht so gĂŒnstig. Aber meine Meinung zum verfrĂŒhten Abbrechen von MSL ist ja bestens bekannt und hier gibt's sogar noch einen Gipfel zu besuchen. Ich spekuliere, dass ich mit meinem 70m-Seil nach L7 gleich weiter und dann auch ausrĂ€umen kann, ohne nochmals runter zu mĂŒssen - das ging grad auf (mit Abziehen und nochmals fĂ€deln an Stand 7). Sonst gibt's zu dieser LĂ€nge wirklich nicht viel zu sagen, die Kletterei an einer Art Grat und zuletzt ĂŒber einen Aufschwung ist nicht schön und der letzte Stand ist unbequem platziert. Allerdings ist's auch schnell erledigt.

Vom Gipfel bietet sich ein super Panorama ĂŒber unsere geliebte Feriengegend 😀

NatĂŒrlich machte ich den kurzen Abstecher zum Gipfel. Eigentlich ist's nur ein Turm vor der eigentlichen TĂȘte de Gaulent, aber doch eigenstĂ€ndig und vor allem mit 360 Grad Rundumsicht - genial schön da oben! Die Uhr zeigte 17.50 Uhr, somit hatte ich etwas weniger als 2:00h gebraucht - super zĂŒgig also. Wie gewĂŒnscht hatte ich alles schön am Schatten bei angenehmen Bedingungen klettern können, da war die Planung perfekt aufgegangen. Das Abseilen fĂŒhrte ich dann genau so aus wie im ONOS und im Plaisir beschrieben. Die Abseilstellen messen wirklich nicht mehr wie die dort angegebenen 35m. Allerdings muss man im Bereich von L2 zuerst etwas mĂŒhsam im Geröll absteigen und dann dem Fixseil entlang zurĂŒck zu Stand 1 gehen (wobei lĂ€ngere Seile da nur beschrĂ€nkt helfen, man wird sowieso ein StĂŒck zu Fuss absteigen mĂŒssen, was fĂŒr meinen Geschmack problemlos ist).

ZurĂŒck am Einstieg - faut pas trainer...

Einmal zurĂŒck am Einstieg (18.20 Uhr) sah es so aus, als ob der Giftpilz auf der gegenĂŒberliegenden Talseite mich tatsĂ€chlich noch behelligen könnte. Also rasch die Ware gepackt und zĂŒgig zum Bikedepot (18.40 Uhr), dann erst in holpriger, spĂ€ter in rauschender Fahrt die 18km zu Tale mit Basecamp an um 19.10 Uhr. Warum ich die Zeiten hier so genau nenne? Weil ich diese erst jetzt anhand der Fotos rekonstruiert habe und es selbst kaum glauben kann, dass Gipfel-Camp in 80 Minuten möglich ist, so weit wie dies optisch aussieht! Jedenfalls, das war eine super Tour und trocken bin ich ĂŒbrigens auch geblieben 😁

Facts

TĂȘte de Gaulent - Les Promesses de l'Aube 6c/+ (6a+ obl.) - 8 SL, 250m - Cambon/Bidault 2010 - ***;xxxxx
Material: mind. 1x70m-Seil, 14 Express, Cams/Keile nicht nötig

Eine wirklich lĂ€ssige Plaisirroute in meist sehr gutem, rauem und strukturiertem Fels, die jedoch durch eine ziemlich gegliederte Wand fĂŒhrt und so das Feeling einer grossen Unternehmung etwas vermissen lĂ€sst. Ich habe hier auch Plaisir geschrieben, meine damit aber etwas anderes als im Plaisir Sud und im OSON (wo JMC zusĂ€tzlich schreibt, die Route sei weniger anforderungsreich wie die Gaulent Tement, was m.E. nicht richtig ist). Also, die Beschreibungen suggerieren 6a+ mit 3pa und 5c obl. Das dĂŒnkt mich klar zu tief, man sollte sich auch mit Hakenhilfe auf 6a+ obligat einstellen, sonst hat man in L7 mehr Stress als Spass. Wenn man die Route freiklettert, so destillieren die Berichte auf C2C zu einer 6c/6c+ in L6 und 6b+/6c in L7. Damit bin ich einverstanden, was nun der genaue Grad ist, muss ich ja nicht zwingend entscheiden. In L6 ging ich mangels Vorrecherche mit der Einstellung rein, dass das möglicherweise noch gar nie freigeklettert wurde und fand es dann ĂŒberraschend einfach. In L7 war ich in der Vorstellung, dass es auch ohne Hakenhilfe 6a+ oder maximal 6b sein sollte und so empfand ich es als deutlich schwieriger wie erwartet. Abgesichert ist die Route mit verzinktem Material und FixĂ©-Laschen auf Stufe super. Am meisten engagieren muss man sich in der zweiten HĂ€lfte von L7. Topos findet man wie schon erwĂ€hnt das Original des Erschliessers im Oisans Nouveau Oisans Sauvage, dann im Plaisir Sud und auch im Topoguide Band III.

Montag, 26. August 2024

Gorges de la Biaysse - Gorge Profonde (5c+)

Wir sind wieder einmal in den Ferien im Haut Val Durance - wo wir uns in erster Linie dem Sportklettern widmen. Hin und wieder gibt's als Restday-Activity eine Recovery-MSL. Dieses Mal hier wirklich ganz chillig, in der NĂ€he von unserem Basecamp und mit Jerome am Seil. Die Comp-Girls wollten nĂ€mlich schon die Quali am Weltcup in Briançon verfolgen, wĂ€hrend wir die Zuschauerrolle auf den Semifinal am Abend verschoben. Am Rive Droite der eindrĂŒcklichen Biaysse-Schlucht gibt's ein paar kurze, leicht zugĂ€ngliche Plaisir-MSL. Bei frĂŒherer Gelegenheit war ich mit Larina schon in der Plouf dans l'eau und auf der anderen Schluchtseite hatte ich einst die Super Viagra im Rope Solo gemacht. Mit Jerome wĂ€hlten wir nun die nominell einfachste Variante mit der Route Gorge Profonde.

Der Blick auf die leicht zugÀngliche, schattige Wand am Rive Droite der Gorge de la Biaysse.

Von unserem Basecamp ist die Wand bequem mit ein paar Kilometer Velofahrt ĂŒber Nebenstrassen zu erreichen. Da wir mit einem Fussabstieg ĂŒber den Römerweg planten, nahmen wir nur ein Einfachseil mit. Doch an diesem wird zurzeit gebaut und es gilt dort eine 'arrĂȘte municipale' mit Zutrittsverbot. So mussten wir halt eine Bike-Extrarunde drehen, um noch ein Halbseil zu holen, damit wir die "Abseilpiste" (es ist nur 1 Manöver Ă  45m) nutzen konnten. Kein Thema, eine halbe Stunde spĂ€ter waren wir wieder vor Ort und griffen um 12.00 Uhr mittags schliesslich an. Die Wand ist nach NNW orientiert und bis am spĂ€ten Nachmittag im Schatten - es lĂ€sst sich auch im Hochsommer bei angenehmen Bedingungen klettern. FĂŒr eine genaue Beschreibung des Zustiegs verweise ich auf meinen frĂŒheren Beitrag. Die Gorge Profonde beginnt eigentlich subito, nachdem man den Fels erreicht - leicht zu ĂŒbersehen, da derzeit nicht angeschrieben, der erste BH mit Petzl-PlĂ€ttli ist unscheinbar platziert. Auch ich merkte erst 10m weiter bei der Aufschrift der Cool Ă  Pic, dass wir schon am Ziel vorbei waren.

L1, 20m, 5b: Griffig-henklige Kletterei, bestÀndig nach rechts traversierend, mittig eine coole Traverse.

L2, 20m, 5c: ÜberhĂ€ngende Kletterei mit Riesen-Jugs in luftiger Exposition, geniale Sache!

L3, 20m, 5c: Nach griffigem Auftakt wird es etwas technischer, dafĂŒr auch weniger steil.

L4, 20m, 5c+: Über die Plattenrampe hoch, um die Ecke zum Cruxmove der Route an kleiner Leiste

L5, 20m, 4b: Einfaches und gemĂŒtliches Schlussbouquet "an der Kante zum Abgrund"

Man sieht's, genussvolle Kletterei mit sehr guter BH-Absicherung (L1, 5b).

Spannend-fotogene Moves in L2 (5c), welche fĂŒr den Grad echt steil daherkommt.

Der Plaisir geht auch in L3 (5c) und L4 (5c+) weiter!

Die letzte LĂ€nge (L5, 4b) packt Monsieur gleich selber an!

Schon um 13.45 Uhr waren wir am Top, das war also ziemlich zĂŒgig gegangen (dabei hatten wir am bequemen Stand 3 noch mindestens 15 Minuten auf eine vorangehende Seilschaft gewartet). Um wieder vom Berg zu kommen bietet sich eben normalerweise der Fussabstieg ĂŒber den Römerweg an - der vom Top horizontal querende Pfad zu diesem hinĂŒber ist gut erkennbar. Oder alternativ absteigen zu Stand 4 und dort 10-15m (am Ende mit Fixseil) nach Osten an die Abbruchkante raus zu BH-Stand. Von diesem wird eben 1x45m teilweise freihĂ€ngend in den Wald abgeseilt, von wo man in wenigen Schritten zurĂŒck beim Einstieg ist. Eine kurze Velofahrt spĂ€ter waren wir am Badesee, wo wir uns abkĂŒhlen konnten, bevor nach etwas Relaxen dann doch noch die Kletter-Zuschauerrolle zum Zuge kam: beim Semifinal am Weltcup in Briançon herrschte eine tolle Stimmung und wir konnten das Spektakel zusammen mit Freunden aus der CH geniessen.

Facts

Gorge de la Biaysse - Gorge Profonde 5c+ (5b obl) - 5 SL, 100m - J.M. Cambon 2011 - ***;xxxxx
Material: 1x30m-Seil (bei Fussabstieg, sonst 2x50m), 10 Express

Eine richtig unkomplizierte, genussreiche Ferien-MSL - fast schade, ist der Spass nicht noch ein wenig lĂ€nger. Aber wer nicht genug hat, kann gleich nebenan nochmals einsteigen. Die Kletterei am henkligen Fels ist fĂŒr den geforderten Grad eindrĂŒcklich steil und man gewinnt doch fĂŒr eine solche einfache und kurze Route gehörig-luftige Exposition ĂŒber dem Fluss. Das Gestein an sich ist jetzt nicht Premium-Quality, aber doch sehr kletterfreundlich und genĂŒgend fest. Die Absicherung mit verzinkten BH ist superkomfortabel. Einige wenige BH-Laschen sind im Lauf der Zeit entweder runtergefallen oder wurden entfernt. Davon auch eine in L2, wo ein paar krĂ€ftige Moves nun relativ zwingend sind und bestimmt etwas Mut erfordern, wenn man sich am Limit befindet (sehr gutes SturzgelĂ€nde jedoch, der Hakenabstand ist trotz dem fehlenden Haken nicht weiter als 3m, aber A0 geht da halt nicht). Das Topo findet man im JMC-FĂŒhrer Oisans Nouveau Oisans Sauvage, sehr gute Infos gibt's auch auf C2C.

Dienstag, 13. September 2022

Ailefroide / Paroi de la Draye - L'explosion des Calcanéums (6a+)

Weil es am Vortag so schön war, wollten wir gleich nochmals ein Ă€hnliches Programm bestreiten. Am Vormittag eine kurze MSL am Schatten geniessen, danach weiter zum Sportklettern - fĂŒr lĂ€ngere und alpinere Vorhaben war die Wetterlage nach wie vor nicht geeignet, da Tagesgangwetter mit abendlichen Schauern und Gewittern angesagt war. Somit war die bis nach dem Mittag schattige Paroi de la Draye wieder die erste Wahl, zumal es da noch sehr viele Touren zu klettern gibt. Mein Wunsch nach einer etwas schĂ€rferen AufwĂ€rmtour fĂŒrs Sportklettern wurde von der Tochter ausgeschlagen. GemĂŒtlich im 6ab-Bereich sollte es sein und somit entschieden wir uns fĂŒr die beliebteste und begehrteste der Touren in diesem Bereich.

Die Paroi de la Draye bei Ailefroide mit dem Verlauf von L'explosion des Calcanéums (6a+).

Wir starteten erneut beim grossen Parkplatz auf der Wiese nach der BrĂŒcke, d.h. am Ausgang von Ailefroide. Am Vorabend war in dieser Gegend noch ein intensives Gewitter mit heftigem RegenfĂ€llen niedergegangen. Somit war das Gras feucht und die WĂ€nde auch nicht ganz einwandfrei trocken. HĂ€tten wir auf eine schwierige Tour in Schattenlage gesetzt, so hĂ€tten mich wohl etwelche Zweifel beschlichen. Doch fĂŒr diese gemĂŒtliche Route sollte es sicher passen - und genau das tat es dann auch. Um am effizientesten zum Einstieg zu kommen, geht man von der Parkplatzwiese am besten direkt zum Blockfeld und steigt darob auf dem etwas begrĂŒnten Konus auf Wegspuren die 50hm zum Startpunkt. Mit dem Foto aus dem 'Oisans Nouveau, Oisans Sauvage' ist dieser zweifelsfrei zu identifizieren. Wir aspirierten auf einen Fussabstieg, hatten also nur ein 1x50m-Seil dabei, steckten die feuchten Treter in den Seilsack, diesen auf den RĂŒcken und waren kurz nach 9.45 Uhr startbereit. Im ganzen Sektor war (ziemlich aussergewöhnlich!) keine andere Seilschaft zugegen, ideal!

L1, 45m, 6a+: Über die mit Leisten gespickte Platte geht's zuerst gerade hinauf. Aber ACHTUNG, nach dem dritten Haken heisst es rechts abzubiegen, die Haken gerade hinauf gehören zur 'La lune et le papillon'. Kurz ist es etwas gemĂŒsig, doch dann leitet eine kompakte Platte mit feinen Reibungsmoves zum Pfeiler rechts, der in schön griffigem GelĂ€nde wieder gerade hinauf erklommen wird. Im Finish wartet noch einmal eine etwas feine Stelle, die rechts durch die Botanik umgehbar wĂ€re (sogar mit Extrabolt, damit der Ausflug nicht expo ist, diesen aber besser auslassen). Diese LĂ€nge ist etwas seilzugtrĂ€chtig, mit verlĂ€ngerbaren Exen kann man dem gut vorbeugen.

HĂŒbsche, steilplattige Moves an der Pfeilerkante am Ende von L1 (6a+).

L2, 45m, 6a: Die Route fĂŒhrt im Bereich der Pfeilerkante weiter und bietet zuerst einen feinen, reibungslastigen Start. Dieser ist sehr eng, ja fast hallenmĂ€ssig abgesichert. Nachher wird das GelĂ€nde etwas einfacher, bei genussreicher Turnerei legen dafĂŒr auch die HakenabstĂ€nde deutlich zu. Ein Abstand ist nahezu 10m, was im Angesicht der sonst plaisirmĂ€ssigen Absicherung der Route etwas komisch und seltsam wirkt. Zum Ende steigt man in sich verflachendes GelĂ€nde aus, der (richtige!) Stand befindet sich erst ein StĂŒck weiter hinten und rechts, nicht auf den ersten Blick offensichtlich.

L3, 40m, 4c: ÜberfĂŒhrungsstĂŒck an die obere Wand, welches wohl auch mit einem Waldspaziergang linksherum zu erledigen wĂ€re. Die Route fĂŒhrt aber so gut wie möglich durch das felsige GelĂ€nde. Erst geht's diagonal nach rechts, dann gerade hinauf, zahlreiche Bohrhaken leiten den Weg.

Noch ein paar Faxen einbauen, so wird L3 vielleicht auch noch zur 4c+ :-)

L4, 40m, 6a: Zuerst fĂŒhrt die Route noch ziemlich unspektakulĂ€r ĂŒber eine Art Vorbau mit einigen AufschwĂŒngen and die Headwall heran. Dort wartet dann ein echtes Highlight: nicht etwa ĂŒber die Plattenrampe geht's hinauf zum Stand, sondern man klettert eine diagonal ziehende Verschneidung schon in der Steilwand - was aber vermutlich tatsĂ€chlich einfacher ist. Coole Moves an erstaunlichen Griffen, echt toll! Zu erwĂ€hnen ist auch hier: Seilzug vorbeugen mit langen Exen erhöht den Klettergenuss!

Madame entspannt in der Verschneidung von L4 (6a) - auf den ersten Blick eigenwillige Linie, aber genial!

L5, 30m, 6a: Dieser Abschnitt beginnt mit einem Startboulder und zieht dann einfacher nach rechts hinaus. Die gut sichtbaren Bohrhaken gerade hinauf gehören zur 'La oĂč vit Merlin' und böten deutlich schwierigeres GelĂ€nde. Rechts drĂŒben wartet dann eine super-henklige Steilwand, welche zu einer weiteren Terrasse fĂŒhrt, von welcher noch ein ziemlich athletischer Abschlussboulder folgt. Aufgrund der Situation wĂ€re da ein Sturz wohl ziemlich ungĂŒnstig... eigentlich sind es alles gute Griffe und mit etwas Reserven komplett unproblematisch, aber wenn man bei 6a am Limit ist, könnte es nicht ganz unbedenklich sein - man muss ja nicht dem Routennamen GenĂŒge tun und an dieser Stelle das Calcaneum (Fersenbein) explodieren lassen!

Im Ausstieg von L5 (6a) muss man sich nochmals festhalten, nicht ganz trivial die Stelle!

L6, 30m, 6a: Geniale AbschlusslÀnge, ein wahres Turnfest! Man traversiert nach rechts an die steile Verschneidung, wo scharfkantige Henkel, bombenfest verkeilte Blöcke und ein paar ideale Handjams zahlreiche Möglichkeiten zur Fortbewegung bieten. Am Ende der Verschneidung zieht die Linie an tollen (wenn auch teils etwas dumpf tönenden) Schuppen nach rechts hinaus, ein grosser Genuss!

Ein geniales Turnfest an unzÀhligen Henkeln wartet auf der letzten LÀnge (L6, 6a).

Um Schlag 12.00 Uhr hatten wir nach knapp 2:15h vergnĂŒglicher Kletterei das Top erreicht. Hier brannte schon die Sonne und auch fĂŒr Speis und Trank mussten wir uns zurĂŒck zum Ausgangspunkt bewegen. Somit also rasch die Schuhe geschnĂŒrt und auf deutlichen Wegspuren horizontal ca. 80m gequert (problemlos seilfrei möglich, die L7 von C2C ist ein Witz!), bis wir auf den Sentier zur TĂȘte de la Draye trafen. Auf diesem liefen wir (wie damals) talwĂ€rts, nahmen dann allerdings (am Punkt, wo der Weg wieder ansteigt) die Kletterer-AbkĂŒrzung durch die Rinne hinunter (ca. T4, sehr gut begehbar, spart wohl 10-15 Minuten). Um 12.30 Uhr waren wir retour beim Parkplatz und kauften uns im Laden bald etwelche Erfrischungen zum Reloading, bevor wir auf den Rest der Familie trafen und zum Sportklettern gingen. Das konnte nach dieser kurzen Tour noch mit mehr oder weniger vollen KrĂ€ften passieren. Die angekĂŒndigten Gewitter trafen spĂ€ter tatsĂ€chlich ein. Im ĂŒberhĂ€ngenden Klettergebiet zwangen sie uns nur zu einer kurzen Pause, danach konnten wir das restliche Pulver verschiessen. Am Abend liess sich die Sache dann etwas gröber ein und zwang uns, das Nachtessen im Vorzelt zuzubereiten und zu verspeisen. Es war aber der einzige, regnerische Abend der ganzen Ferien :-)

Nachmittagsspass im Klettergarten mit allerlei BeschÀftigungen.

Facts

Paroi de la Draye - L'explosion des Calcanéums 6a+ (6a obl.) - 6 SL, 230m - Cambon/Fiaschi 1993 - ***;xxxx
Material: 1x50m bzw. zum Abseilen 2x50m-Seil, 14 Express, Cams/Keile nicht nötig

Ein Klassiker auf der (Morgen-)Schattenseite des Ailefroide-Tals, eine der beliebtesten Touren im 6a-Bereich. Das kommt sicher davon, dass sie sehr homogene Schwierigkeiten hat, aber trotzdem viel Abwechslung bietet. Von leistengespickten Platten zu griffiger Wandkletterei bis zu henkligen Verschneidungen und Schuppen wird so mancher Kletterstil abgefragt. Gerade in den oberen SeillĂ€ngen handelt es sich fĂŒr die Gegend (und den Grad) um aussergewöhnlich steile Turnerei. Die Absicherung ist generell sehr gut, an den SchlĂŒsselstellen meist sogar noch enger. Ein, zwei Ausreisser (im Text) erwĂ€hnt sind vorhanden, zumindest eine 5c+ oder besser eine 6a sollte man wohl schon einigermassen souverĂ€n beherrschen. Vom Top gibt es eine Abseilpiste (4 Manöver plus Gehstrecke dazwischen), der Fussabstieg ist bestimmt deutlich effizienter. Topos findet man (mit teils etwas unterschiedlichen Bewertungen, ich habe jene von C2C verwendet) z.B. im Oisans Nouveau, Oisans Sauvage, im Plaisir Sud oder im Topoguide, sehr nĂŒtzlich ist auch die Beschreibung auf C2C.