Nachdem wir schon das Saisonende vermutet hatten, so ging der MSL-Sommer doch noch in Verlängerung. Das nahmen wir sehr gerne, denn einen goldenen Novembertag an der Wärme zu verbringen während im Flachland dichter Nebel wabert, hat einen extrem grossen Genussfaktor. Im Vorjahr waren wir bei 'derselben' Gelegenheit am Gabchopf über dem Urnerboden geklettert. So wollten wir es dieses Jahr nun westlich der Passhöhe beim Mettener Butzli versuchen. Eine taxpflichtige Strasse führt dort bis auf fast 2000m hinauf und damit in unmittelbare Nähe der Einstiege. Vor allem auch wird sie, im Gegensatz zur Passstrasse selber, nie mit einer offiziellen Wintersperre belegt, so dass man am Butzli wirklich bis zum Wintereinbruch klettern kann.
Sicht vom Ausgangspunkt auf Berglichopf und Butzlichopf mit dem Verlauf der gekletterten Routen. |
Somit kurvten wir ins Schächental, die Bewilligung (10 CHF/Tag, 100 CHF/Jahr) kauft man nicht mehr im Posthaus Urigen, sondern auf einem Bauernhof, der 250m nach der Abzweigung von der Passstrasse folgt (vor Ort ausgeschildert, Kartenlink). Zudem gibt's da übrigens deliziösen Alpkäse zu kaufen, den ich wirklich sehr empfehlen kann. Meistens dürfte auf dem Hof jemand vor Ort sein, der einem mit den Besorgungen hilft, bei Abwesenheit geht's auch im self-service. Ab diesem Punkt gewinnt man noch 700hm mit dem Fahrzeug, zuerst auf Teer, zuletzt dann auf einer etwas rauen Naturstrasse. Einmal in der Arena des Butzli parkiert, gibt's dann viele Möglichkeiten: Berglichopf, die Butzli-Wände, Alpler Stock, Schächentaler Windgällen und selbst für die Touren an der Läged Windgällen handelt es sich um den Ausgangspunkt mit dem kürzesten Zugang. Zu unserem Ziel, den Wänden über dem Mettener Butzli, beschränkt sich der Zugang auf gerade mal 100hm und ~10-15 Minuten. Hatten wir ursprünglich eine 'Family Affair' zu dritt geplant, so ergab sich kurzfristig noch die Begleitung von Viktor, der mit Kathrin ein Team bildete. Larina und ich waren um ca. 11.20 Uhr parat und stiegen ein in ...
z'Schlanggä Unghyyr (4 SL, 6b)
L1, 5c: Unmittelbar rechts der grossen Höhle geht's los, der Einstieg ist mit einem Klebehaken und einer Anschrift markiert. Gleich mal ordentlich steil und griffig geht's los. In der Mitte der Seillänge wartet dann sogar eine leicht überhängende Passage mit Oho-Effekt für den angegebenen Grad, wenn man direkt über die Haken klettert. Ein lässiger Auftakt!
Zum Auftakt klettert man gleich eine richtig steile Seillänge (L1, 5c). |
L2, 6a+: Eine ziemlich lange Reise mit viel Abwechslung! Erst hält man sich unschwierig rechts hinaus, erklimmt dann einen Pfeiler und passiert einen Abseilstand, bevor man die grosse Verwerfung nach links hin überquert und in einem luftigen, jedoch sehr eng gebohrten Quergang entlang von einer Fuge über dem Abgrund zum Stand quert. Der letzte Move zum Stand hinauf ist dann ziemlich knifflig! Hinweis: für diese Länge sind ca. 14 Exen nötig, einige verlängerbare helfen, um den Seilzug einzudämmen.
Die Crux in L2 (6a+) befindet sich in den letzten Moves zum Stand hinauf. |
L3, 6b: Sehr schöne, eng abgesicherte Tropflochkletterei. Nach einer kleinen Linksschleife zum Auftakt folgt bald die Crux, wo man einige kleinere Griffe bedienen muss, bei nicht allzu üppigem Trittangebot. Bald lassen die Hauptschwierigkeiten wieder nach, in genussreicher, gutgriffiger Kletterei geht's hinauf zum Stand.
L4, 6a+: Diese eher kurze Seillänge kann gut an L3 angehängt werden. Dies erfordert allerdings, dass man entweder viele Exen mitführt (ca. 18 Stück) oder hin und wieder eine wieder aushängt, was aufgrund der kurzen Hakenabstände gut möglich ist. Einer Art Verschneidung entlang gewinnt man hier an Höhe, der Fels teilweise mit sintrigen Strukturen, cool! Am Ende versperrt ein steiler Wulst den Ausstieg, eine Rechtsquerung und ein kräftiger Abschlusspiaz bieten die Lösung.
Die letzten beiden Seillängen (L3/L4, 6b) kann man gut verbinden, super Tropflochkletterei! |
Um 13.00 Uhr, somit nach 1:40h Kletterei, hatten wir das Top erreicht und konnten uns ins säuberlich geführte Wandbuch eintragen. Viel länger hielten wir uns nicht auf, lag doch das Routenende bereits im Schatten und wir wollten sowieso noch eine zweite Route attackieren. Das Abseilen geht sehr zügig vonstatten, sind doch nur zwei Manöver nötig. Vom Top geht's schon steil zu Stand 2, der mit einem kleinen Seitpendel erreicht wird. Ab dort dann 45m freihängend, sehr luftig und mit der Möglichkeit für tolle Schattenspiel-Fotos zurück auf den Boden. Nach einem kurzen Imbiss wechselten wir 30m nach links zum 'Butzliläll', wo Kathrin und Viktor noch in der letzten Länge engagiert waren. Ein paar Minuten nach 13.30 Uhr kletterten wir los...
Das Abseilen ist spektakulär luftig und bietet Gelegenheit zum Schattenspiel. |
Butzliläll (4 SL, 6b)
L1, 6a: Auch diese Route ist angeschrieben und weist einen Startbolt auf, der sich jedoch fast eher zu weit links befindet. Der Start ist gemächlich und griffig, die Absicherung dort allerdings noch nicht sehr üppig (v.a. im Vergleich zu später). Nach der Hälfte steigt man dann gerade hinauf, hier warten ein paar zügige Tropflochpassagen, wo man sich für eine 6a doch ganz schön festhalten muss! Am Ende dann einige Meter horizontal nach links querend zum Stand.
Super Tropflochfels im Butzliläll, hier folgt Larina in L1 (6a). |
L2, 5b+: Achtung, Verhauergefahr! Dem Topo entsprechend quert diese Länge beständig nach rechts. Zu Beginn ist das auch der logische Weg, doch nach ca. 15m lockt rechts ein Stand, den man horizontal anklettern könnte (falsch!) und links hinauf locken einem Zwischenbolts (falsch!). Letzteres scheint an diesem Punkt die offensichtlichste und logischste Variante, vorerst ist's auch mit 5b-Schwierigkeiten kletterbar, aber man landet so im Zigermandli. Wer seine Augen öffnet, findet sicher auch den korrekten Bolt, in Richtung 13/14 Uhr klettert man zum Stand vom Butzliläll.
Das Ende von L2 (5b+) erlaubt es, das Panorama Richtung westliche Urner Alpen zu zeigen. |
L3, 6b: Das Herzstück der Route mit luftiger und ziemlich anhaltender Tropflochkletterei. Das fühlt sich echt fast ein bisschen wie an den Wendenstöcken oder am Schweizereck an, ziemlich aussergewöhnlich jedenfalls für eine Plaisirroute! In einer seichten Verschneidung geht's leicht linkshaltend hinauf, über ein paar anhaltende Meter muss man seine Moves schon sorgfältig planen und sich mit bisweilen suboptimalen Seitgriffen geschickt auf abschüssigen Tritten positionieren. Dank der sehr eng gehaltenen Absicherung ist diese Passage aber wenig zwingend. Die zweite Hälfte ist dann einfacher, bietet aber immer noch tollen Fels und führt zu einem bequemen Stand in luftiger Position.
Oh yeah, fantastischer, wasserzerfressener Fels und geniale Kletterei in L3 (6b). |
L4, 6a: Nochmals eine coole Länge, v.a. der griffige Auftakt im Steilgelände ist grandios. Nach ca. 7m gelangt man auf's sich zurücklegende Abschlussterrain. Erst kommt man da, einem Riss folgend, zügig voran. Doch unverhofft wird der doch nochmals überraschend knifflig, erst die letzten Meter sind dann wieder Formsache.
Die letzten Meter zum Top in L4 (6a) und schon die letzten Sonnenstrahlen dieses Tages... |
Ein paar Minuten vor 16.00 Uhr und somit nach 2:15h Kletterei waren wir oben. Der Butzliläll hatte uns damit ein wenig mehr Zeit gekostet - erklärbar damit, dass die Kletterstrecke einerseits länger ist, andererseits im Schnitt auch schwieriger. Auch hier, wie schon im Unghyyr, war uns eine perfekte Team Onsight/Flash-Begehung gelungen - scheint bei diesem Schwierigkeitsgrad vielleicht selbstverständlich, aber die Crux in L3 vom Butzliläll ist keine Trivialität, erst recht nicht für eine 6b. Vom letzten Stand schien es möglich, auf den Gipfel vom Butzlichopf zu steigen. Das Zeitbudget erlaubte dies, das Alpinistenherz verlangte danach. Jedoch ist das Top wenig selbständig und bietet nicht viel neues, zu Fuss absteigen (was möglich wäre) wollten wir in den Finken auch nicht. Somit stiegen wir zurück und fädelten die Seile. In 3 Manövern über routenunabhängige Standplätze ging's zurück auf den Boden, wobei die letzte Strecke wieder teils freihängend ist, jedoch nicht ganz so spektakulär wie beim Unghyyr. Damit war der Tag schon beinahe um, wird es ja im späten November um 17.00 Uhr bereits dunkel. Wir ramisierten unseren Waren zusammen, trotteten hinab und fuhren mit der goldigen Novembersonne im Herzen heimwärts.
Beim Seilabziehen nach dem Butzliläll, mit Panorama zu Clariden, Chammliberg, Schärhorn und Gross Ruchen. |
Frage: kann jemand erhellende Infos zur Route beitragen, deren Standplätze man beim Abseilen über den Butzliläll nutzt?!? Die oberen Seillängen sehen richtig lohnend und auch bestens abgesichert aus. Die Plättli mit der Prägung 'FZ' lassen den Glarner Frigg Zimmermann als Erschliesser vermuten. Da er schon lange verstorben ist, wäre diese Route alles andere als neu - die gedruckte Literatur, egal ob alt oder neu, schweigt sich darüber jedoch aus.
Facts
Mettener Butzli - Butzliläll 6b (6a obl.) - 4 SL, 140m - A. & H. Arnold, D. Furrer 1985 - ****;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express
Sehr lohnende, spektakuläre Tropflochkletterei in luftigem Gelände mit meist bestem Fels. Man kriegt hier wirklich ein wenig Wendenstöcke im Miniaturformat bei zugänglichen Schwierigkeiten geboten. Wenn die Route 3x so lange wäre, so wäre es in dieser Schwierigkeit sicher eine der besten MSL-Unternehmungen in der Schweiz. Die Route wurde im 2011 saniert und ist grosso Modo bestens mit einem Mix von Klebehaken und Einschlagankern abgesichert. Einzig an den wenigen leichteren Stellen sind die Abstände etwas grösser, an den Cruxen ist die Route fast hallenmässig eingebohrt.
Mettener Butzli - z'Schlanggä Unghyyr 6b (6a obl.) - 4 SL, 120m - R./A./G. Arnold 1985 - ***;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 14 Express (davon 3-4 verlängerbar)
Auch das Ungeheuer ist eine wirklich gute Route, im Vergleich zum Butzliläll ist sie etwas weniger homogen, weniger schwierig und auch in Sachen Felsqualität einen Tick weniger gut. Trotzdem, für den Grad ist es eine spektakuläre Sache, die Linie äusserst luftig und einen solchen Tropflochfels wie in L3/L4 findet man nicht überall. Die Route wurde 2005 saniert und ist sehr gut mit einem Mix von Klebehaken und Einschlagankern abgesichert, einzig an ein paar einfacheren Stellen sind die Abstände etwas länger. Topos zu beiden Routen findet man im Extrem Ost oder in diversen regionalen SAC-Führern
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