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Freitag, 15. April 2022

April-Wintertraum im Wägital

Im vorangegangenen Jahr hatte ich die Tage nach der ZKM jeweils für einen Ausflug zum Bohren in einem MSL-Projekt nutzen können. Dieses Mal liess sich die lieb gewonnene Tradition der Abwechslung zwischen völlig unterschiedlichen Klettergenres nicht weiterführen. Am Wettkampftag fielen selbst bei der nur auf 480m gelegenen Halle die Schneeflocken und in den Bergen gab's einen ganzen Schübel Neuschnee. So einigten wir uns an der Comp-Afterparty darauf, am nächsten Tag den Beinen Auslauf zu geben und uns nochmals so richtig den Pulver in die Nase stieben zu lassen. Da die Front erst etwas verzögert abzog und tiefe Temperaturen angesagt waren, kamen wir sogar um das frühe Aufstehen herum - nach dem langen Vortag umso besser!

Frisch verschneiter Wintertraum im ersten Aufstieg zum Redertengrat.

Die Analyse vor Aufbruch zeigte dann, dass wir nirgendwo auf mehr vom frischen weissen Puder stossen würden wie im angenehm nahe gelegenen Wägital. Zudem verhiess ein scharfes erheblich den Verzicht auf innovativ angelegte Touren. Also durfte es gut und gerne auch einfach nur der Redertengrat sein - eine Standardtour, auf welche ich bei normalen Verhältnissen kaum gehe und auch keinen Bericht schreiben würde. Auf der nun wieder befahrbaren, im Winter eine Zeit lang gesperrten Strasse am östlichen Ufer erreichten wir das Ende des Sees (P.918). Null Betrieb gibt's da bei tauglichen Verhältnissen nie, aber der Andrang dünkte uns erstaunlich gering. Trotzdem waren schon genügend Tourengänger vor uns gestartet, dass eine solide Spur lag (deren Anlage sicherlich sehr kräfteraubend war). Das Gelände war vor dem Schneefall bis zur Rinderweid (1300m) schon ausgeapert gewesen - doch es lag genügend Schnee für den direkten Aufstieg via Schwantli und Chruter. Nur in den Waldstücken musste man an einigen Passagen über knapp verschneite Steine treten.

Auf der ersten Abfahrt, hinten die Muttri-Nordabfahrt, welche an diesem Tag nicht befahren wurde. 

Beim Austritt aus dem Wald öffnet sich die Szenerie und gab den Blick auf ein veritables Wintermärchen frei. Die noch vorhandenen Wolken rissen auf, die Sonne lugte hervor und der massenhaft vorhandene Powder glitzerte tausendfach. Zügig, aber mit der nötigen Ruhe schritten wir dem Gratgipfel (P.2214) am Fusse des Redertenstock entgegen. Schlussendlich hatten wir die meisten vor uns gestarteten Tourengänger ein- und überholt. Erst eine Handvoll Linien waren vorhanden und so konnten wir sogar noch im unmittelbaren Bereich der Aufstiegsspur komplett unberührtes Material der ersten Güteklasse vorfinden. Im Bericht zu meinem neuen Arbeitsgerät hatte ich ja davon geschrieben, wie meine neuen, 80mm breiten Ski "vergleichbar zu einer Installation von MS-DOS im 2022" verspottet wurden. An dem Tag musste ich ebendiesem Sprücheklopfer an meiner Seite mit seinen 106er-Latten neidlos eingestehen, dass er fahrtechnisch bevorteilt war. Aber eben, wie schon früher geschrieben - mir fehlte der Fahrspass auch nicht. Wie könnte er bloss, bei solchem Schnee und Gelände!

Nochmals so richtig voll winterlich, und das Mitte April - Impression von der ersten Abfahrt.

Ob der Rinderweid stoppten wir unsere Skis und es war uns sofort klar, was wir zu tun hatten: Felle montieren und nochmals hinauf! Bei der zweiten Runde nahmen wir es etwas gemütlicher, schlussendlich würden am Ende doch 2000hm auf dem Zähler stehen. Auf der inzwischen gut ausgetretenen Spur gewannen wir an Höhe und spähten in diesem viele Möglichkeiten offerierenden Gelände nach einer Linie, wo wir unsere Spuren in noch komplett jungfräuliche Sektoren legen konnten. Zügiger als gedacht erreichten wir trotz der Tempo-Rücknahme (man merke, wenn man schneller läuft geht es subjektiv nicht zwingend schneller vorbei) wieder den Grat. Umrüsten und ab ins Vergnügen die Zweite war das Motto. Bei dieser Abfahrt erwischten wir es noch fast besser wie zuvor und gelangten wie im Rausch wieder zurück zur Rinderweid. Ab dort war der Schnee auf den folgenden 150hm schon merklich feucht und kein grosser Genuss mehr. Die letzten 200hm waren dann sogar als Survival Skiing zu bezeichnen: die Unterlage war (zu) knapp und man musste um Bodenkontakt zu vermeiden defensiv unterwegs sein. Aber was spielte das für eine Rolle - es ging bis zurück zum Parkplatz mit den Ski, was will man mehr. Mit dem tollen Gefühl, an diesem Tag den Jackpot gezogen zu haben ging es mit erfreuten Herzen und durchaus etwas schweren Beinen heimwärts.

Top Schnee und First Line auch auf der zweiten Runde - einfach genial!

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