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Freitag, 25. August 2023

Ailefroide - La haut j'y suis (6b+)

Tja, die Ferien in den Hautes-Alpes neigten sich leider wieder einmal viel zu schnell dem Ende entgegen. Und bis zum allerletzten Tag hatten wir es unterlassen, die Tradition einer Ailefroide-Granit-MSL fortzusetzen. Doch immerhin, dem so unglaublich adhärent-mikrostrukturierten Gestein hatten wir bereits einmal das Vertrauen geschenkt. Nämlich, als wir im extrasteilen Sportklettersektor Face Bouc unsere Finger langzogen. Bei einer Pause beobachteten wir da links um die Ecke eine Französin, welche eine 7b-Plattenroute überaus locker hochtänzelte. Das weckte definitiv unsere Neugierde... Als es langsam Zeit wurde, um mit der athletischen Kletterei Schluss zu machen, nahmen wir einen Augeschein bei dieser Platte. Halten wir die Geschichte kurz: Larina sicherte sich einen ebenso spielerischen Toprope-Durchstieg, während bei der Begehung des Autors sich das Gravitationsfeld wohl kurzfristig wieder anders eingestellt hatte. Millisekunden bevor der Gummi ins Rutschen kam, zog es die Finger wie magisch zur Hakenlasche, welche einen famosen Crimp hergab. Immerhin, das rettete den "Durchstieg"... von Tänzeln aber keine Spur, nur K(r)ampf und Arbeit für die Ehtikkommission 😋.

Skyline über Ailefroide mit dem Clocher de Clouzis in Bildmitte - nächstes Mal dann vielleicht?!?

Nun ja, eine 7b-Platten-MSL musste es also für den Herrn Senior nicht gerade sein - wer kann schon darauf zählen, dass die Metall-Crimps da immer zur Stelle sind, wenn es sie braucht. Aber eine 6b-Tour mit nur 7 SL scheint dann andererseits vielleicht doch etwas tiefgestapelt. Unsere Wahl lag jedoch in erster Linie daran, dass zuerst das Basecamp aufgehoben bzw. verpackt werden musste und später am Tag die Heimfahrt anstand. Somit blieb uns nur ein kurzes Zeitfenster. Also stationierten wir uns bei der ersten Parkgelegenheit nach der Abzweigung vom Zentrum Richtung Vallon de Séle. Der Zustieg umfasst nur ca. 10 Minuten auf einem gut ausgetretenen Pfad. Die richtige Wandpartie links des Klettergartens Paroi des Étoiles wird man leicht ausmachen können. Am Wandfuss ist nichts angeschrieben, die drei in der Umgebung des tiefsten Punkts startenden Routen sind aber leicht mit den Topos in Übereinstimmung zu bringen. Die hier beschriebene La haut j'y suis startet 3m links vom tiefsten Punkt und ist mit den goldenen Fixé-Plättli eingerichtet. Zu erwähnen ist, dass es weiter links noch mehr, nicht in der Literatur beschriebene, ältere Routen gibt. Wobei deren rostige 8mm-Spits nicht gerade zum Einsteigen verlocken. Um ca. 11.30 Uhr waren wir bereit und liessen los.

L1, 6a: Gutmütige Aufwärmlänge über ein paar Stufen, teils auch etwas botanisch.

L2, 6b: Plattige Kletterei durch die kompakte Wand im typisch lokalen Stil. Anhaltend, super!

Falls wir davon ausgehen, dass die Bäume senkrecht nach oben wachsen, dann ist hiermit bewiesen, dass die Route sich auf der gutmütigen Seite der Senkrechte abspielt. Sowieso, viel Gemüse und von oben sieht auch der Fels eher bof bof aus. Wobei das etwas täuscht - der Ailefroide-Fels ist für solche plattige Wandkletterei echt super und prima strukturiert. Hier L2 (6b).

L3, 6b: Auch dies eine sehr nette Seillänge, zwischendurch sogar etwas steiler und griffiger.

L4, 6a+: Erst hinauf, dann das etwas vegetative Couloir nach links queren und diagonal auffi.

L5, 6b+: Nominelle Crux, kurz etwas feiner, der Rest geht easy. Gut planen und hinstehen, dann geht's.

Im Hintergrund der sehr beliebte Klettergarten (Paroi des Étoiles), wo es plattige 1-SL gibt.

L6, 6a+: Querung nach links und durch steil-zerklüftetes Gelände, interessante 3d-Kletterei da.

L7, 6a: Super schöne Schlusswand mit prima strukturiertem Fels und einer Rissspur.

Etwas nach 14.00 Uhr und somit nach rund 2:30h Kletterzeit hatten wir das Top mühelos os/flash erreicht. Ja, das war uns nun wirklich überhaupt nicht schwer gefallen... Dabei hebt JMC im Oisans Sauvage, Oisans Nouveau sogar noch heraus, die Route sei glatt, anspruchsvoll und eher spärlich gesichert. Während es wohl zutrifft, dass gewisse Ailefroide-Touren noch enger geboltet sind, so ist auch hier die Absicherung immer noch prima und erfüllt m.E. den Plaisir-Standard gut+ (auch wenn im Plaisir Sud Band II von 2020 nur ein 'gut' steht, dafür sind die Bewertungen dort in 3 Seillängen noch einen halben Grad tiefer). Das Abseilen verläuft über eine routenunabhängige Piste (von unten gesehen) links der Route. Mit 4 teilweise gestreckten Manöver kommt man zum Boden der Schlucht und mit ein paar Schritten Fussabstieg retour zum Einstieg. Seile aufrollen, Absteigen, ein Glacé posten und Heimfahren - das war's fürs 2023, leider!

Nach dem Abseilen... die Hände sind nicht das einzige, was eine Wäsche braucht. Zwei Wochen Sportklettern in überhängenden Gebieten mit entsprechend viel Staub am Boden, da hat es auch das Seil dringend nötig. Ebenso ein paar weitere Körperteile, Kleider und Ausrüstungsgegenstände 😎 

Facts

Ailefroide/Engilberge - La haut j'y suis 6b+ (6a+ obl) - 7 SL, 220m - G. Fiaschi 2004 - ***;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, Cams/Keile nicht nötig/einsetzbar

Schnell zugängliche, eher kurze und sonnig gelegene MSL, ziemlich direkt über dem Zentrum von Ailefroide. Geboten wird einem das, was man aus dem Gebiet kennt. Plattige Wandkletterei auf prima Granit, der wie immer schön strukturiert, rau texturiert und extrem adhärent ist. Ein paar kurze Intermezzi mit anderen Moves gibt's, wer aber nicht gerne Ailefroide-Platten klettert, ist hier an der falschen Adresse. Trotz den Beschreibungen in der Literatur, welche die Tour als anspruchsvoller beschreiben wie es der Gebietsnorm entspricht würde ich sagen: gutmütig und prima abgesichert. Sicher muss man den einen oder anderen Schritt auf Reibung oder kleinen Tritten halbwegs zwingend machen. Nie jedoch ist es gefährlich oder mental besonders anspruchsvoll. Den etwas abschreckenden Beschreibungen sei Dank ist die Route dafür vergleichsweise wenig frequentiert. Topos findet man im Oisans Sauvage, Oisans Nouveau und im Plaisir Sud Band II.

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