- -
Posts mit dem Label Ailefroide werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Ailefroide werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Freitag, 30. August 2024

Ailefroide - Arafadam (7b+)

Eine Eigenheit des Outdoor-Kletterns ist es insbesondere, dass jeder und jede genau dort einsteigen kann, wo es ihm/ihr beliebt. Niemand ist von der Gunst von Selektionären abhängig oder muss erst eine Qualifikation durchlaufen, bevor man selbst die schwierigste Route probiert. Widmet man sich hingegen dem (Indoor-)Wettkampfklettern, so ist das eben nicht der Fall. Warum ich das hier schreibe? Weil die hier beschriebene Tour an dem Samstag stattfand, wo in Zilina (Slowakei) ein European Youth Cup abgehalten wurde, welcher das primäre Ziel meiner beiden Begleiterinnen darstellte. Aber eben, die Gnade an diesem Event klettern zu können war ihnen nicht gegeben... Kein Grund Trübsal zu blasen oder Groll zu hegen, doch ehrlicherweise war die Arafadam nicht ein Objective, worauf die beiden lange hingefiebert hatten. Sondern mehr etwas "pour bien s'amuser" an einem Sportkletter-Ruhetag - und das gelang tiptop! 

Der Blick auf die Paroi de la Fissure bei Ailefroide mit dem Verlauf der Arafadam.

Unsere Tour startete wie üblich für die Touren an der Paroi de la Fissure in der Umgebung der Camping-Reception in Ailefroide, wo es sich kreativ einen Parkplatz zu ergattern gilt. Man durchquert dann den Camping und geht über den Fluss, bevor man über eine der vielen Wegspuren an den Fuss der Wand gelangt. Da wir schon 6 und 4 Jahre zuvor in diesem Gebiet kletterten (A tire d'ailes froidesSnoopy directe) und ich mich vorgängig schlau gemacht hatte, konnten wir den Start der Arafadam am Fuss einer dunklen, nach rechts offenen Verschneidung zweifelsfrei und subito anlaufen. Ein bisschen erstaunt waren wir darüber, dass schon zwei Seilschaften in dieser doch mit ambitionierten Graden angegebenen, nicht top abgesicherten und als "peu frequentée" bezeichneten Route engagiert waren. Doch es war heiss und schattige MSL mit kurzem Zustieg ein dementsprechend begehrtes Gut. Und schlussendlich waren die anderen Seilschaften für uns kein wesentlicher Faktor: sie kamen genügend rasch voran und von hinten drängelte niemand nach. Um ca. 12.30 Uhr fiel der Startschuss und ich legte los.

L1, 50m, 6a: In einfachem, noch etwas durchzogenem Gelände geht's los, im ersten Teil der Länge klettert man eine grosse Rechtsschleife (weite Abstände, kleine Cams nützlich). Nach links traversierend erreicht man schlussendlich die Verschneidung. Auch in deren oberen Teil sind die BH-Abstände nicht ganz so kurz, man könnte auch hier mit kleinen bis mittleren Cams ergänzen. Unbedingt nötig ist es nicht, wenn man 6a gut beherrscht. Wobei, den Grad macht man sowieso erst im finalen Boulder unter dem Stand. Der sei stark grössenabhängig, sagt man. Ich kann das in dem Sinne bestätigen, als dass ich ihn easy fand. Dann Stand an 1 BH und 1 soso NH.

Tja, so kommt es, wenn man am Wettkampf 1 Griff zu wenig weit klettert... Grass Scrambling statt EYC. Wenn ich dieses Foto sehe, dann habe ich schon ein wenig Bedauern mit den Girls und frage mich auch, ob das gute Werbung für die Route ist 😉 ??? Im Bild hier L1 (6a), welche hier einen arg grasig-vegetativen Eindruck macht. Beim Klettern hatte ich weniger diesen Eindruck, als es auf dem Foto den Anschein macht. Was noch wartet ist der finale Boulder, vom Podest weg wo das graue Seil liegt.

L2, 30m, 7a+: Hier überwindet die Route einen überhängenden Steilriegel mit einer wirklich lässigen Seillänge. Zuerst in der Wand muss man seinen Weg etwas finden, aber es hat wirklich sehr gute Griffe - allerdings liegen sie ziemlich weit auseinander. Und dann muss man am finalen Wulst schauen, dass man sich die Sache nicht schwieriger macht wie nötig. Danach legt sich die Wand gleich zurück. Stand entweder an solidem Bäumen oder oben an der Wand, allerdings hat es dort nur 1 BH (man kann mit kleinen Cams ergänzen).

Blick zu unseren Vorgängern im Steilriegel von L2 (7a+).

L3, 25m, 6b oder 7b+: Feine, delikate und eher noch steilplattige Kletterei wartet auf dem ersten Teil der Länge, eine tolle 6b-Passage! Man pirscht sich so an einen weiteren Steilriegel hinan. Dieser ist wohl kürzer als in L2, aber auch massiv steiler. Da wir diesen Grad beherrschen, wählte ich die 7b+ Direktvariante. Die ist aber echt noch taff und ein gutes Stück schwieriger wie L2 - es ist fast dachartig, die weit voneinander entfernten Töpfe sind nicht juggy sondern sloprig und zum Schluss wartet noch ein halbwegs zwingender Mantle-Exit, den ich nur auf dem letzten Blatt zustande brachte. Nach kurzer Rücksprache habe ich die Girls dann auf die einfachere Variante umgeleitet, welche den Steilriegel über die linke Seitenwand mit einer 6a+ Passage umgeht und die logischere Linie definiert. Im Nachstieg ist die 7b+ wegen dem Seilverlauf nämlich ziemlich ätzend und gleich nochmals deutlich schwieriger zu flashen, dazu trugen die Girls einen Rucksack, kletterten simultan und es war ja eigentlich ein Restday - somit war die easy-Lösung für sie die richtige Option.

L4, 35m, 6a: Plattige Wandkletterei ohne grosse Vorkommnisse, der mittlere Teil führt durch eine Verschneidung. An deren Ende stark rechts halten und nicht gerade hinauf zum gut sichtbaren Stand der Snoopy klettern (auf der Traverse ist kein fixes Material vorhanden, Möglichkeit für Cams). Der Stand der Arafadam befindet sich in eher unbequemer Lage bei einer Gruppe von Bäumen an 1 BH und Schlinge.

L5, 45m, 6b: De visu sieht der erste Teil recht steil und unnahbar aus. Ziemlich unerwartet trifft man hier jedoch auf super strukturierten, griffigen Fels, so dass die Schwierigkeiten im Rahmen bleiben. Erst am Ende der Länge, wo das Gelände schon abflacht, wartet noch eine plattige Einzelstelle. Die ist auch ziemlich grössenabhängig, meinen wir - für mich eine easy 6b. Der Stand ist dann nicht offensichtlich: er ist nicht bei der Baumgruppe, sondern links oberhalb an der Wand im Gemüse an 2 BH.

L6, 40m, 6b: Holla Ziege, da wähnt man sich beinahe auf einer Remy-Route. Nach einem noch gut machbaren und vernünftig eingebohrten Start warten dann taffe und obligatorische Reibungsmoves. Insbesondere nach dem vierten BH heisst es für eine längere Strecke dranzubleiben und dem Gummi voll zu vertrauen. Der Blick nach unten ist dabei wenig beruhigend, ein Sturz ist da absolut zu vermeiden. Nach meinem Dafürhalten klar die schwierigste der 6b-Längen und die Crux der Route in Sachen Hochkommen. Im oberen Teil gehen die Schwierigkeiten dann zwar zurück, dafür ist es ziemlich unklar, wo es langgeht. Man hält sich links auf eine Art Rampe, noch weiter links davon in der steileren Wand befindet sich eine Schlinge (welche sich farblich dem Fels angeglichen hat, schlecht sichtbar) an einer kleinen Lärche - Bohrhaken gibt es auf den letzten 15m keine mehr. Der Stand ist dann noch weiter oben links an zwei BH (kühnes und eher knapp gesichertes Finish, klettertechnisch allerdings einfach).

Mit zwei simultan kletternden Nachsteigerinnen gibt es halt leider nicht so viele Kletterfotos. Kommt noch dazu, dass etliche Längen einen einfachen Ausstieg auf gemüsige Bänder haben und im Rückblick überhaupt nicht fotogen sind. Darum sind wir hier schon beim Exit von L6 (6b). Im Hintergrund der Zeltplatz von Ailefroide (bzw. ein kleiner Teil davon).

L7, 40m, 5c: Relativ flache Platten, geht gut. In der Mitte auf dem Band mal deutlich nach links traversieren. Lässige Kletterei aber, die man zügig erledigen kann und gegenüber der vorangehenden Seillänge ist es richtig entspannt.

L8, 35m, 6a: Ebenfalls flache Platten mit ein paar nochmals fordernd-glatten Schritten. Die Girls haben es auch barfuss geschafft... was ihnen die angenehmere Option schien, wie sich nochmals in die engen (Comp- und Sportkletter-)finken zu zwängen. Tja, andere Zeiten als früher, als Larina jeweils noch in ihren traditionellen, gross bemessenen Red-Chili-FINKEN ohne Downturn kletterte, die so quasi den ganzen Tag inkl. Zustieg, Abstieg und Abendprogramm an den Füssen bleiben konnten...

Barfuss-Begehung der letzten Seillänge (L8, 6a) - besser als mit den engen Comp-Finken.

Die Uhr war tatsächlich schon auf 17.45 Uhr vorgerückt, bis wir am Top waren. Nach Adam Riese macht das 5:15h auf der Route, was nun vielleicht doch etwas lang erscheint?!? Doch wir hatten an den ersten Standplätzen noch etwas auf die vorangehenden Seilschaften warten müssen, weiter oben legten wir auch nochmals eine ausgiebige Futterpause ein und solche Stunts wie die Barfuss-Begehung von L8 drücken die Begehungszeit auch nicht. Das ist aber genau richtig so, denn es sollte ja auch ein Fun & Chill Day zur Erholung vom steilen Sportklettern sein und nicht ein Zeitrekord. Jedenfalls konnten wir alles sauber klettern, der Autor sogar inkl. der 7b+, die Girls dort auf der einfacheren Variante. Den Abstieg machten wir zu Fuss über den teils mit Drahtseilen versicherten Pfad, was eine sehr zügige Sache ist. Sodann führten wir noch unsere Mini-Tradition mit dem Verspeisen einer Tartelette aux Framboises aus dem Sherpa-Magazin nach einer Ailefroide-MSL fort, wonach es dem Badesee, dem Znacht und an den nächsten Tagen wieder dem steilen Fels entgegen ging.

Facts

Ailefroide / Paroi de la Fissure - Arafadam 7b+ (6b obl) - 8 SL, 300m - Kempf/Roulx 2007 - ***;xx-xxxxx
Material: 1x oder 2x50m-Seile, 12 Express, Camalots 0.3-1

Talnahe, rasch zugängliche MSL, welche im Hochsommer ab ungefähr Mittag im Schatten liegt. Sie unterscheidet sich in zweierlei Hinsicht von manchen anderen MSL in Ailefroide: erstens gibt es Passagen mit verschärft/zwingend abgesicherter 6b-Plattenkletterei und zweitens warten zwei Steilriegel in den Graden 7a+ und 7b+. Der erste kommt ziemlich zahm daher und wird jenen Climbern, welche mit den späteren 6b-Platten klarkommen wohl kaum grosse Mühe bereiten (unter der Prämisse, dass die meisten im gut abgesicherten Steilgelände höhere Grade meistern wie in plattigen Runouts). Die 7b+ dürfte hingegen nur von ambitionierten Sportkletterern einfach so zäck-bum-flash zu machen sein und sie geht auch gar nicht mal so gut A0. Aber da gibt's die 6b-Umgehungsvariante, welche eigentlich sowieso die logischere Linie darstellt. Das Ganze spielt sich in einer Wand ab, die optisch ziemlich nach Gemüsegarten aussieht und es zwischendurch in flacheren Abschnitten und auf den Bändern auch ist. Das stört aber nicht sehr und an den schwierigen Kletterstellen ist der Fels solide und von prima Qualität. Die Absicherung der Route ist leicht inhomogen: die Steilriegel sind sehr eng auf Niveau xxxxx gebohrt, die Platten im Ortsvergleich eher etwas knapper als üblich, aber weitgehend doch ganz ordentlich. Im einfachen Gelände gibt es ein paar weite Abstände und auch die 6b-Plattencrux in L6 braucht Erfahrung in dieser Art der Kletterei und kühles Blut. Ein Topo gibt's im Oisans Sauvage, Oisans Nouveau Livre Est, super Infos findet man auch auf C2C.

Freitag, 25. August 2023

Ailefroide - La haut j'y suis (6b+)

Tja, die Ferien in den Hautes-Alpes neigten sich leider wieder einmal viel zu schnell dem Ende entgegen. Und bis zum allerletzten Tag hatten wir es unterlassen, die Tradition einer Ailefroide-Granit-MSL fortzusetzen. Doch immerhin, dem so unglaublich adhärent-mikrostrukturierten Gestein hatten wir bereits einmal das Vertrauen geschenkt. Nämlich, als wir im extrasteilen Sportklettersektor Face Bouc unsere Finger langzogen. Bei einer Pause beobachteten wir da links um die Ecke eine Französin, welche eine 7b-Plattenroute überaus locker hochtänzelte. Das weckte definitiv unsere Neugierde... Als es langsam Zeit wurde, um mit der athletischen Kletterei Schluss zu machen, nahmen wir einen Augeschein bei dieser Platte. Halten wir die Geschichte kurz: Larina sicherte sich einen ebenso spielerischen Toprope-Durchstieg, während bei der Begehung des Autors sich das Gravitationsfeld wohl kurzfristig wieder anders eingestellt hatte. Millisekunden bevor der Gummi ins Rutschen kam, zog es die Finger wie magisch zur Hakenlasche, welche einen famosen Crimp hergab. Immerhin, das rettete den "Durchstieg"... von Tänzeln aber keine Spur, nur K(r)ampf und Arbeit für die Ehtikkommission 😋.

Skyline über Ailefroide mit dem Clocher de Clouzis in Bildmitte - nächstes Mal dann vielleicht?!?

Nun ja, eine 7b-Platten-MSL musste es also für den Herrn Senior nicht gerade sein - wer kann schon darauf zählen, dass die Metall-Crimps da immer zur Stelle sind, wenn es sie braucht. Aber eine 6b-Tour mit nur 7 SL scheint dann andererseits vielleicht doch etwas tiefgestapelt. Unsere Wahl lag jedoch in erster Linie daran, dass zuerst das Basecamp aufgehoben bzw. verpackt werden musste und später am Tag die Heimfahrt anstand. Somit blieb uns nur ein kurzes Zeitfenster. Also stationierten wir uns bei der ersten Parkgelegenheit nach der Abzweigung vom Zentrum Richtung Vallon de Séle. Der Zustieg umfasst nur ca. 10 Minuten auf einem gut ausgetretenen Pfad. Die richtige Wandpartie links des Klettergartens Paroi des Étoiles wird man leicht ausmachen können. Am Wandfuss ist nichts angeschrieben, die drei in der Umgebung des tiefsten Punkts startenden Routen sind aber leicht mit den Topos in Übereinstimmung zu bringen. Die hier beschriebene La haut j'y suis startet 3m links vom tiefsten Punkt und ist mit den goldenen Fixé-Plättli eingerichtet. Zu erwähnen ist, dass es weiter links noch mehr, nicht in der Literatur beschriebene, ältere Routen gibt. Wobei deren rostige 8mm-Spits nicht gerade zum Einsteigen verlocken. Um ca. 11.30 Uhr waren wir bereit und liessen los.

L1, 6a: Gutmütige Aufwärmlänge über ein paar Stufen, teils auch etwas botanisch.

L2, 6b: Plattige Kletterei durch die kompakte Wand im typisch lokalen Stil. Anhaltend, super!

Falls wir davon ausgehen, dass die Bäume senkrecht nach oben wachsen, dann ist hiermit bewiesen, dass die Route sich auf der gutmütigen Seite der Senkrechte abspielt. Sowieso, viel Gemüse und von oben sieht auch der Fels eher bof bof aus. Wobei das etwas täuscht - der Ailefroide-Fels ist für solche plattige Wandkletterei echt super und prima strukturiert. Hier L2 (6b).

L3, 6b: Auch dies eine sehr nette Seillänge, zwischendurch sogar etwas steiler und griffiger.

L4, 6a+: Erst hinauf, dann das etwas vegetative Couloir nach links queren und diagonal auffi.

L5, 6b+: Nominelle Crux, kurz etwas feiner, der Rest geht easy. Gut planen und hinstehen, dann geht's.

Im Hintergrund der sehr beliebte Klettergarten (Paroi des Étoiles), wo es plattige 1-SL gibt.

L6, 6a+: Querung nach links und durch steil-zerklüftetes Gelände, interessante 3d-Kletterei da.

L7, 6a: Super schöne Schlusswand mit prima strukturiertem Fels und einer Rissspur.

Etwas nach 14.00 Uhr und somit nach rund 2:30h Kletterzeit hatten wir das Top mühelos os/flash erreicht. Ja, das war uns nun wirklich überhaupt nicht schwer gefallen... Dabei hebt JMC im Oisans Sauvage, Oisans Nouveau sogar noch heraus, die Route sei glatt, anspruchsvoll und eher spärlich gesichert. Während es wohl zutrifft, dass gewisse Ailefroide-Touren noch enger geboltet sind, so ist auch hier die Absicherung immer noch prima und erfüllt m.E. den Plaisir-Standard gut+ (auch wenn im Plaisir Sud Band II von 2020 nur ein 'gut' steht, dafür sind die Bewertungen dort in 3 Seillängen noch einen halben Grad tiefer). Das Abseilen verläuft über eine routenunabhängige Piste (von unten gesehen) links der Route. Mit 4 teilweise gestreckten Manöver kommt man zum Boden der Schlucht und mit ein paar Schritten Fussabstieg retour zum Einstieg. Seile aufrollen, Absteigen, ein Glacé posten und Heimfahren - das war's fürs 2023, leider!

Nach dem Abseilen... die Hände sind nicht das einzige, was eine Wäsche braucht. Zwei Wochen Sportklettern in überhängenden Gebieten mit entsprechend viel Staub am Boden, da hat es auch das Seil dringend nötig. Ebenso ein paar weitere Körperteile, Kleider und Ausrüstungsgegenstände 😎 

Facts

Ailefroide/Engilberge - La haut j'y suis 6b+ (6a+ obl) - 7 SL, 220m - G. Fiaschi 2004 - ***;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, Cams/Keile nicht nötig/einsetzbar

Schnell zugängliche, eher kurze und sonnig gelegene MSL, ziemlich direkt über dem Zentrum von Ailefroide. Geboten wird einem das, was man aus dem Gebiet kennt. Plattige Wandkletterei auf prima Granit, der wie immer schön strukturiert, rau texturiert und extrem adhärent ist. Ein paar kurze Intermezzi mit anderen Moves gibt's, wer aber nicht gerne Ailefroide-Platten klettert, ist hier an der falschen Adresse. Trotz den Beschreibungen in der Literatur, welche die Tour als anspruchsvoller beschreiben wie es der Gebietsnorm entspricht würde ich sagen: gutmütig und prima abgesichert. Sicher muss man den einen oder anderen Schritt auf Reibung oder kleinen Tritten halbwegs zwingend machen. Nie jedoch ist es gefährlich oder mental besonders anspruchsvoll. Den etwas abschreckenden Beschreibungen sei Dank ist die Route dafür vergleichsweise wenig frequentiert. Topos findet man im Oisans Sauvage, Oisans Nouveau und im Plaisir Sud Band II.

Dienstag, 13. September 2022

Ailefroide / Paroi de la Draye - L'explosion des Calcanéums (6a+)

Weil es am Vortag so schön war, wollten wir gleich nochmals ein ähnliches Programm bestreiten. Am Vormittag eine kurze MSL am Schatten geniessen, danach weiter zum Sportklettern - für längere und alpinere Vorhaben war die Wetterlage nach wie vor nicht geeignet, da Tagesgangwetter mit abendlichen Schauern und Gewittern angesagt war. Somit war die bis nach dem Mittag schattige Paroi de la Draye wieder die erste Wahl, zumal es da noch sehr viele Touren zu klettern gibt. Mein Wunsch nach einer etwas schärferen Aufwärmtour fürs Sportklettern wurde von der Tochter ausgeschlagen. Gemütlich im 6ab-Bereich sollte es sein und somit entschieden wir uns für die beliebteste und begehrteste der Touren in diesem Bereich.

Die Paroi de la Draye bei Ailefroide mit dem Verlauf von L'explosion des Calcanéums (6a+).

Wir starteten erneut beim grossen Parkplatz auf der Wiese nach der Brücke, d.h. am Ausgang von Ailefroide. Am Vorabend war in dieser Gegend noch ein intensives Gewitter mit heftigem Regenfällen niedergegangen. Somit war das Gras feucht und die Wände auch nicht ganz einwandfrei trocken. Hätten wir auf eine schwierige Tour in Schattenlage gesetzt, so hätten mich wohl etwelche Zweifel beschlichen. Doch für diese gemütliche Route sollte es sicher passen - und genau das tat es dann auch. Um am effizientesten zum Einstieg zu kommen, geht man von der Parkplatzwiese am besten direkt zum Blockfeld und steigt darob auf dem etwas begrünten Konus auf Wegspuren die 50hm zum Startpunkt. Mit dem Foto aus dem 'Oisans Nouveau, Oisans Sauvage' ist dieser zweifelsfrei zu identifizieren. Wir aspirierten auf einen Fussabstieg, hatten also nur ein 1x50m-Seil dabei, steckten die feuchten Treter in den Seilsack, diesen auf den Rücken und waren kurz nach 9.45 Uhr startbereit. Im ganzen Sektor war (ziemlich aussergewöhnlich!) keine andere Seilschaft zugegen, ideal!

L1, 45m, 6a+: Über die mit Leisten gespickte Platte geht's zuerst gerade hinauf. Aber ACHTUNG, nach dem dritten Haken heisst es rechts abzubiegen, die Haken gerade hinauf gehören zur 'La lune et le papillon'. Kurz ist es etwas gemüsig, doch dann leitet eine kompakte Platte mit feinen Reibungsmoves zum Pfeiler rechts, der in schön griffigem Gelände wieder gerade hinauf erklommen wird. Im Finish wartet noch einmal eine etwas feine Stelle, die rechts durch die Botanik umgehbar wäre (sogar mit Extrabolt, damit der Ausflug nicht expo ist, diesen aber besser auslassen). Diese Länge ist etwas seilzugträchtig, mit verlängerbaren Exen kann man dem gut vorbeugen.

Hübsche, steilplattige Moves an der Pfeilerkante am Ende von L1 (6a+).

L2, 45m, 6a: Die Route führt im Bereich der Pfeilerkante weiter und bietet zuerst einen feinen, reibungslastigen Start. Dieser ist sehr eng, ja fast hallenmässig abgesichert. Nachher wird das Gelände etwas einfacher, bei genussreicher Turnerei legen dafür auch die Hakenabstände deutlich zu. Ein Abstand ist nahezu 10m, was im Angesicht der sonst plaisirmässigen Absicherung der Route etwas komisch und seltsam wirkt. Zum Ende steigt man in sich verflachendes Gelände aus, der (richtige!) Stand befindet sich erst ein Stück weiter hinten und rechts, nicht auf den ersten Blick offensichtlich.

L3, 40m, 4c: Überführungsstück an die obere Wand, welches wohl auch mit einem Waldspaziergang linksherum zu erledigen wäre. Die Route führt aber so gut wie möglich durch das felsige Gelände. Erst geht's diagonal nach rechts, dann gerade hinauf, zahlreiche Bohrhaken leiten den Weg.

Noch ein paar Faxen einbauen, so wird L3 vielleicht auch noch zur 4c+ :-)

L4, 40m, 6a: Zuerst führt die Route noch ziemlich unspektakulär über eine Art Vorbau mit einigen Aufschwüngen and die Headwall heran. Dort wartet dann ein echtes Highlight: nicht etwa über die Plattenrampe geht's hinauf zum Stand, sondern man klettert eine diagonal ziehende Verschneidung schon in der Steilwand - was aber vermutlich tatsächlich einfacher ist. Coole Moves an erstaunlichen Griffen, echt toll! Zu erwähnen ist auch hier: Seilzug vorbeugen mit langen Exen erhöht den Klettergenuss!

Madame entspannt in der Verschneidung von L4 (6a) - auf den ersten Blick eigenwillige Linie, aber genial!

L5, 30m, 6a: Dieser Abschnitt beginnt mit einem Startboulder und zieht dann einfacher nach rechts hinaus. Die gut sichtbaren Bohrhaken gerade hinauf gehören zur 'La où vit Merlin' und böten deutlich schwierigeres Gelände. Rechts drüben wartet dann eine super-henklige Steilwand, welche zu einer weiteren Terrasse führt, von welcher noch ein ziemlich athletischer Abschlussboulder folgt. Aufgrund der Situation wäre da ein Sturz wohl ziemlich ungünstig... eigentlich sind es alles gute Griffe und mit etwas Reserven komplett unproblematisch, aber wenn man bei 6a am Limit ist, könnte es nicht ganz unbedenklich sein - man muss ja nicht dem Routennamen Genüge tun und an dieser Stelle das Calcaneum (Fersenbein) explodieren lassen!

Im Ausstieg von L5 (6a) muss man sich nochmals festhalten, nicht ganz trivial die Stelle!

L6, 30m, 6a: Geniale Abschlusslänge, ein wahres Turnfest! Man traversiert nach rechts an die steile Verschneidung, wo scharfkantige Henkel, bombenfest verkeilte Blöcke und ein paar ideale Handjams zahlreiche Möglichkeiten zur Fortbewegung bieten. Am Ende der Verschneidung zieht die Linie an tollen (wenn auch teils etwas dumpf tönenden) Schuppen nach rechts hinaus, ein grosser Genuss!

Ein geniales Turnfest an unzähligen Henkeln wartet auf der letzten Länge (L6, 6a).

Um Schlag 12.00 Uhr hatten wir nach knapp 2:15h vergnüglicher Kletterei das Top erreicht. Hier brannte schon die Sonne und auch für Speis und Trank mussten wir uns zurück zum Ausgangspunkt bewegen. Somit also rasch die Schuhe geschnürt und auf deutlichen Wegspuren horizontal ca. 80m gequert (problemlos seilfrei möglich, die L7 von C2C ist ein Witz!), bis wir auf den Sentier zur Tête de la Draye trafen. Auf diesem liefen wir (wie damals) talwärts, nahmen dann allerdings (am Punkt, wo der Weg wieder ansteigt) die Kletterer-Abkürzung durch die Rinne hinunter (ca. T4, sehr gut begehbar, spart wohl 10-15 Minuten). Um 12.30 Uhr waren wir retour beim Parkplatz und kauften uns im Laden bald etwelche Erfrischungen zum Reloading, bevor wir auf den Rest der Familie trafen und zum Sportklettern gingen. Das konnte nach dieser kurzen Tour noch mit mehr oder weniger vollen Kräften passieren. Die angekündigten Gewitter trafen später tatsächlich ein. Im überhängenden Klettergebiet zwangen sie uns nur zu einer kurzen Pause, danach konnten wir das restliche Pulver verschiessen. Am Abend liess sich die Sache dann etwas gröber ein und zwang uns, das Nachtessen im Vorzelt zuzubereiten und zu verspeisen. Es war aber der einzige, regnerische Abend der ganzen Ferien :-)

Nachmittagsspass im Klettergarten mit allerlei Beschäftigungen.

Facts

Paroi de la Draye - L'explosion des Calcanéums 6a+ (6a obl.) - 6 SL, 230m - Cambon/Fiaschi 1993 - ***;xxxx
Material: 1x50m bzw. zum Abseilen 2x50m-Seil, 14 Express, Cams/Keile nicht nötig

Ein Klassiker auf der (Morgen-)Schattenseite des Ailefroide-Tals, eine der beliebtesten Touren im 6a-Bereich. Das kommt sicher davon, dass sie sehr homogene Schwierigkeiten hat, aber trotzdem viel Abwechslung bietet. Von leistengespickten Platten zu griffiger Wandkletterei bis zu henkligen Verschneidungen und Schuppen wird so mancher Kletterstil abgefragt. Gerade in den oberen Seillängen handelt es sich für die Gegend (und den Grad) um aussergewöhnlich steile Turnerei. Die Absicherung ist generell sehr gut, an den Schlüsselstellen meist sogar noch enger. Ein, zwei Ausreisser (im Text) erwähnt sind vorhanden, zumindest eine 5c+ oder besser eine 6a sollte man wohl schon einigermassen souverän beherrschen. Vom Top gibt es eine Abseilpiste (4 Manöver plus Gehstrecke dazwischen), der Fussabstieg ist bestimmt deutlich effizienter. Topos findet man (mit teils etwas unterschiedlichen Bewertungen, ich habe jene von C2C verwendet) z.B. im Oisans Nouveau, Oisans Sauvage, im Plaisir Sud oder im Topoguide, sehr nützlich ist auch die Beschreibung auf C2C.

Sonntag, 4. September 2022

Ailefroide/ Paroi de la Draye - Ne tirez pas sur l'ouvreur (6c)

Neben einer Tour am Galibier hatten wir für diese Ferien wieder eine anspruchsvolle Route in Ailefroide auf dem Programm. Larina war sogar schon fleissig gewesen und hatte sich die interessanten Projekte mit viel anspruchsvoller Reibungskletterei herausgesucht. Doch leider kooperierte das Wetter nicht so wirklich mit diesen Absichten. Während es vormittags sehr sonnig und damit in den entsprechenden Routen auf unserer Projektliste auch gleich extrem heiss war, verhinderte der Tagesgang mit abendlichen Platzregen einen späteren Einstieg, um die Routen am Schatten zu klettern. Im Lauf der Ferien drohten uns die Felle davon zu schwimmen und so entschieden wir uns, lieber erst einmal eine etwas kürzere Tour auf der (Vormittags-)Schattenseite zu klettern. 

Sicht auf die Wand der Paroi de la Draye mit dem Verlauf von 'Ne tirez pas sur l'ouvreur'.

Wir parkierten auf dem grossen Wiesen-Parkplatz nach der Brücke, ausgangs Ailefroide. Der Zustieg beginnt noch gute 100hm weiter taleinwärts beim Ortsschild von Ailefroide, wo es an der Strasse auch noch 3-4 Abstellmöglichkeiten gibt. Weit zu laufen gilt es ganz und gar nicht, in maximal 5 Minuten hat man die 40hm zum Einstieg schon bewältigt. Nicht so einfach ist es hingegen, innert nützlicher Frist einsteigen zu können. Solche MSL-Routen mit extrakurzem Zustieg und erstklassiger Absicherung sind natürlich super populär - wobei es bei der hier vorgestellten Route dank etwas höheren Schwierigkeiten und einer auf dem Topo nach arg viel Quergang aussehenden Linie vermutlich etwas weniger gravierend wie in einigen der benachbarten Touren ist. Wir hatten insofern Glück und trafen auf komplett freie Bahn - erst später, als wir schon fast wieder zurück am Einstieg waren, stiegen noch 2 Seilschaften ein um sich an der Sonne rösten zu lassen?!? Um 9.30 Uhr hatten wir alles bereit und legten los.

Ein Ausblick mit Rückblick auf die erste Hälfte von L4 (6b+), genussreiche Kletterei an Rissspuren.

L1, 30m, 6a: Gar nicht mal so einfach geht's gleich recht steil hinauf und schliesslich unter einer Art überdachten Verschneidung nach links um die Ecke. Henklig führt die Linie von dort aber gleich wieder rechts raus auf den Pfeiler und zuletzt einfacher/plattig zu bequemem Stand. Die rechte 6c-Variante habe ich erst von oben gesehen, da müsste man wohl das Dach über der Verschneidung irgendwo erklimmen, was doch ziemlich unlogisch erscheint.

Hier hinauf zur überdachten Verschneidung geht's los in L1 (6a).

L2, 20m, 6a: Erst kurz rechts hinaus aus dem Stand und an Rissspuren linkshaltend aufwärts. Richtig coole Hangelei, ohne besondere Schwierigkeiten. Bald schon kommt ein fakultativer Stand, der etwas oberhalb des Routenverlaufs liegt und eigentlich zur La Cocinelle gehört. Wer 2,3 Exen strategisch lang einhängt, kann auch gleich weiter.

L3, 25m, 6c: Eigentlich eine grosse Querung nach links hinaus, der Routenverlauf ist aber absolut logisch. Dank der guten Absicherung ist dieser Abschnitt auch für schwächere Nachsteiger unbedenklich, die schwierigsten Stelle führen eher aufwärts und die Sache fühlt sich nicht so sehr nach einem Quergang an, wie man aufgrund vom Topo vermuten könnte. Zwei kompakte Abschnitte markieren die Cruxen, dank einigen Leisten, guten Trittmulden und der phänomenalen Reibung des Ailefroide-Granits ist das gut zu machen - Schwierigkeit geschätzt 1-2 Grade tiefer wie z.B. in der "6a" vom Early Morning Walk an der Handegg und im Vergleich zu den "6c" in L3/L4 der As de Coeur an den Wendenstöcken ist es auch nicht im Ansatz vergleichbar fordernd. Schwierigkeitsgrade beim Klettern, das ist wie Schall und Rauch... einen etablierten Standard gibt es nicht, die Einstufungen variieren extremst, da scheint jeder Versuch einer korrekten Bewertung total sinnlos. Aber eben, wie der Routenname schon sagt... man beklage sich nicht über die Erschliesser und (deren) Bewertungen. Der Stand super bequem bei einem Baum.

Die letzten Meter zum bequemen Stand in L3 (6c), die Schwierigkeiten hier vorbei.

L4, 40m, 6b+: Startet mit echt lässiger Kletterei an rissigen Features, was noch keine ganz grossen Schwierigkeiten bietet. In der zweiten Hälfte zieht es dann unverhofft an. An der markanten, grossen, weissen und schon von der Strasse erkennbaren Schuppe kann man nicht etwa chillig piazen, sondern man klettert auf der Schuppe anspruchsvoll plattig - nach meinem Gusto nicht einfacher wie L3!

Die Kletterei auf der hellen Schuppe in L4 (6b+) spielt sich am Ende in der Nähe deren linker Kante ab, die jedoch nicht allzu viel für die Fortbewegung hilft. Da heisst es plattig Moven - es dürfte auch der Abschnitt mit den zwingendsten Hakenabständen bei gleichzeitig nichttrivialer Kletterei sein.

L5, 30m, 6a+: Startet rechts erneut mit ein paar schönen Rissspuren, bevor das Gelände plattiger, sich etwas zurücklegt und ohne die grossen Schwierigkeiten zum Stand leitet. Das ist die Seillänge der Route, die mir schlussendlich am wenigsten in Erinnerung geblieben ist.

Schöne Plattenkletterei im typischen Ailefroide-Stil in L5 (6a+).

L6, 35m, 6a+: Ein richtig tolles Schlussbouquet, zieht doch die Route tatsächlich durch die imposante Steilwand rechts oberhalb vom Stand. Diese ist aber gespickt mit vielen guten Henkeln, so geht's zügig voran. Das Finish dann nochmals plattiger mit einer kleinen Abschlusscrux.

Auf den letzten Metern zum Top (L6, 6a+) ist der Fels nicht mehr so üppig strukturiert, da heisst es nochmals gut auf die Füsse zu stehen.

Um 11.45 Uhr und somit nach 2:15h der Kletterei waren wir am Top angekommen. Natürlich war uns diese Route einwandfrei onsight/flash gelungen, im Vergleich zu unserem Unternehmen im Gebiet vom Vorjahr war die Tour einerseits viel kürzer und wegen der soften Bewertung auch sonst relativ easy. Da die Tour aber auch mehr als ein Aufwärmen für die nachmittägliche Sportklettersession gedacht war, mussten wir uns diesbezüglich auch nicht grämen. So machten wir uns auch gleich auf den Rückweg. Während bei vielen Routen an der Paroi de la Draye zu Fuss abgestiegen werden kann, so ist bei dieser hier ein Abseilen quasi zwingend. Das geht (hoffentlich) zügig, denn es sind nur 3 Strecken, in welchen die 2x50m-Seile jeweils gut ausgemessen werden. Das "hoffentlich" bezieht sich auf eine durchaus vorhandene Verhängergefahr auf dieser Piste. In der ersten Strecke ist ein dürrer Baum wenige Meter ob dem Stand das Hindernis (da hatten wir Glück gehabt), auf der letzten Strecke sind die letzten 30m mit blockigem Schrofengelände dafür prädestiniert, das Seil beim Abziehen zu fressen. So auch bei uns, zum Glück war es ohne grossen Aufwand seilfrei zu bereinigen. Um 12.30 Uhr setzten wir uns auf das Polster, um wie erwähnt für eine zweite Session mit dem Rest der Familie an den steilen Fels zu ziehen.

Tagesabschluss am See, mit ein paar Jumps vom Baum wird noch "etwas Hirnwasser getankt".

Facts

Ailefroide / Paroi de la Draye - Ne tirez pas sur l'ouvreur 6c (6a+ obl.) - 6 SL, 180m - J.M. & C. Cambon 1993 - ***;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 14 Express

Schöne Plaisirroute mit vielen interessanten Kletterstellen auf Steilplatten und an Rissspuren, mit gutmütiger Bewertung und prima Absicherung. Die weiteren Vorteile sind der kurze Zustieg und die Tatsache, dass man selbst an den heissesten und sonnigsten Sommertagen bis um 12.30 Uhr komplett im Schatten klettern kann. An den schwierigen Stellen sind die Hakenabstände kurz und lassen eigentlich immer A0 zu, die einzige Ausnahme sind womöglich ein paar Moves an der weissen Schuppe (L4, 6b+), die halbwegs ehrlich geklettert sein wollen. Topos findet man im Oisans Nouveau, Oisans Sauvage und im Briançon Climbs. Wie immer sehr nützlich auch die Infos auf C2C.

Sonntag, 14. August 2022

Ailefroide - La voie des Maîtres (6c+)

Eine plattige MSL im Granit, aber bitte nicht zu einfach, so hiess die Bestellung von Madame. Ausgiebig wurde der Kletterführer gewälzt, um ihre Wünsche gegen Anspruch und Machbarkeit für den designierten Vorsteiger abzuwägen. Schliesslich hiess es 'auf zur Slab-Meisterprüfung' in der Voie des Maitres (13 SL, 6c+) im Sektor Palavar von Ailefroide. Eine grandiose Tour, die mit Knallerplatten überhaupt nicht geizt! Wir konnten die Route in unseren Sommerferien 2021 mit Genuss und Erfolg klettern, hier der Bericht dazu.

Da heisst es zupacken und richtig gescheit auf die Füsse stehen! Larina in Action in L5 (6c).

Vom Hauptplatz in Ailefroide folgt man erst der Strasse in Vallon de Selé, wo man nach ca. 600m Parkmöglichkeiten findet. Der Zustieg von da scheint kurz, es sind aber doch 250hm zu überwinden. Man folgt erst für ein kurzes Stück dem Wanderweg zum Refuge du Pelvoux, zweigt aber bald auf einem sehr gut ausgetretenen Pfad rechts hinauf in Richtung der Felsen ab. Noch bevor man am tiefsten Punkt der Felsen mit dem Einstieg der extrem populären Route Palavar-les-flots angelangt ist, hält man sich nach rechts gegen die Schlucht hinter dem Little Palavar. Das Gelände, wo die Route beginnt, sieht extrem nach Gemüsegarten aus... und so ist es auch nicht einfach, den Start zu finden. Etwas nach 13.00 Uhr starteten wir mit der Kletterei.

L1, 4c: Wie erwähnt, botanisch gefärbte, unlohnende Länge ohne nennenswerte Schwierigkeiten. Es stecken einige Bolts, nur sind sie gar nicht mal so einfach zu lokalisieren. Kann man als verschärften Teil des Zustiegs verbuchen.

L2, 6c: Nun geht's aber fulminant los! Kurz hinauf, dann will ein Dachgürtel bouldrig nach links überwunden werden (A0 möglich). In der nachfolgenden Platte will dann aber geklettert werden, hier sind die Abstände zwingend gehalten, die Kletterei dafür etwas einfacher.

Nach der Dächli-Bouldercrux wartet in L2 (6c) noch ein fordernder Plattenausstieg.

L3, 5c und L4, 6a: In L3 querend deutlich über die Platte nach rechts, im Gesamtkontext eine unschwierige Seillänge, die zügig erledigt ist. Hier stecken die Bolts nicht ganz so eng. Auch in L4 ist der Charakter plattig, ich empfand sie als diejenige mit den weitesten Hakenabständen. Der Ausstieg dann etwas botanisch aber markant an der kleinen Föhre.

Etwas botanischer Ausstieg, dafür aber fotogen in den Farben (L4, 6a).

L5, 6c: Supercoole Steilplattenlänge, prima klettergartenmässig abgesichert. In der Mitte warten die kritischen Moves, es heisst sich sorgfältig zu platzieren, eher sloprige Griffe zu bedienen um Druck auf die Füsse zu bringen, welchen zu 100% zu vertrauen ist. Auch nach der Crux geht's kontinuierlich interessant weiter und lässt bis zum Schluss nicht nach, einfach genial!

L5 (6c) bietet anhaltend fordernde, steilplattige Kletterei mit prima Absicherung - echt genial. 

L6-L9, 6a-6a+: In L6 (6a) erst diagonal über eine Platte hinauf, dann nach rechts fast horizontal durch eine botanische Zone. In L7 (6a) wird das Gelände wieder kompakter, man steigt über eine schöne Platte hinauf. Etwas Abwechslung gibt es in L8 (6a+), wo die Route erst einem verschneidungsähnlichen Dächli folgt - sieht schwierig aus, löst sich aber prima auf. In L9 (6a) geht's plattig in eine buschige Zone hinauf, wo man vor dem Schlussbouquet ideal an einem bequemen Stand eine Pause einlegen kann.

Kurz mal etwas botanisch am Ende von L6 (6a)...
...dann wieder kompakte Plattenkletterei in den folgenden Längen, hier L9 (6a).

L10, 6c: Die Route quert erst markant nach rechts und weicht dabei etwas dem Grünzeug aus. Dann gerade hinauf, hier folgt die eng abgesicherte Crux. Einige kleine Leisten müssen zwingend gezwickt werden und natürlich braucht es sowohl die Technik wie das Vertrauen in die Füsse.

L11, 6c+: Kurze, aber sehr kompakte Plattenlänge. Erst hinauf, dann markante Querung nach rechts und ziemlich knifflig nochmals hinauf zum Stand. Gut gelesen ist aber halb geklettert, wir fanden diese Passage nicht schwieriger wie die 6c-Längen, die wir schon bewältigt hatten. Der Stand am Ende dann reichlich unbequem.

Da sind wir schon auf den letzten Metern der Route unterwegs!

L12, 6b: Man fühlt sich schon beinahe am Top, der Grat von Palavar-les-flots ist linkerhand zum Greifen nah. Es folgt aber noch mehr Kletterei wie gedacht, die Linie zieht nämlich etwas diagonal nach rechts unter dem Grat hinauf. Geniale Kletterei in prima strukturiertem Fels, hier sind die Abstände wieder etwas grösser.

L13, 4a: Man erreicht den Grat und folgt diesem über die Route Palavar-les-flots zum endgültigen Ende. Ein richtiger Genuss, der Fels auch hier prima strukturiert.

Tiefblick auf den Zeltplatz von Ailefroide, ein wahres Babylonien!

Um 18.50 Uhr und damit doch nach über 5:30h der Kletterei hatten wir das Plattenbrevet geschafft! Und zwar mit Bravour, wir konnten beide die komplette Route einwandfrei im Onsight bzw. Flash klettern. Das nächste Mal darf es für Madame dann also noch schwieriger sein. Die Frage ist nur, ob ich es dann auch noch kann...?!? Oder vielleicht tauschen wir dann einfach mal die Seilenden ;-) Solche Gedankenspiele hielten uns am Top nicht länger auf, es war Zeit für den Heimweg und das Nachtessen. Eine vorzügliche Abseilpiste führt in 6 langen Manövern an routenunabhängigen Standplätzen im Bereich der 'La vie devant soi' auf einen Geröllplatz hinter der kleinen Palavar-Spitze, von wo man zu Fuss weiter absteigen kann (tw. Drahtseile, weiterer Abseiler möglich). Wir erledigten dies wie immer effizient und zügig, beim zweiten Manöver passierten wir (ohne sie irgendwie zu behindern) eine Seilschaft, die in Zeitlupe operierte. Kaum zu glauben, dass sie nur gerade eine Strecke tiefer waren, als wir bereits am Einstieg die Schuhe schnürten! So sassen wir bald einmal auf dem Polster. Auf der Rückfahrt lief im Autoradio wie immer wenn wir in der Gegend sind, Imagine Radio. Er spielte Partysound und wir waren uns beide einig, welch fantastisches Gefühl es ist, mit einer erfolgreich gekletterten, anspruchsvollen MSL in der Tasche in dieser Stimmung zurück 'nach Hause' zu cruisen :-)

Facts

Ailefroide / Palavar - La voie des maîtres 6c+ (6b obl.) - 13 SL, 500m - J.M. Cambon & Y. Ghesquiers 1990 - ****;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, Cams/Keile nicht nötig

Die Route trägt ihren Namen nicht ohne Grund, sie bietet viele hervorragende Plattensequenzen. Wobei es wie immer keine reinen Schleicher sind, der stark strukturierte Ailefroide-Granit mit seiner perfekten Reibung bietet knifflige, technische Steilplattenkletterei mit viel Abwechslung in den Moves. Die Route wurde im 2021 mit eingeklebten Ringen saniert, wobei die originalen Abstände beibehalten wurden. Die Absicherung ist an den schwierigen Stellen >=6b eng gehalten. Darunter sind die Abstände etwas grösser, bleiben aber immer im grünen Bereich. Einzig ab der zweiten Hälfte von L2 bis zu L4 heisst es etwas mehr "marschieren" - passt aber schon! Ein Topo findet sich im lokalen Führer Oisans Nouveau, Oisans Sauvage, Livre Est von Erschliesser J.M. Cambon.

Samstag, 29. August 2020

Ailefroide - Snoopy Directe (6b)

Es war wieder einmal etwas Abwechslung zum Sportklettergeschehen nötig, ja vielleicht könnte man auch sagen, ein Ruhetag. Was liegt da näher, als auf eine MSL zu gehen. Nach der Vereinbarung, dieses Mal eine Tour mit etwas kürzerem Zustieg als beim letzten Mal zu wählen, waren alle begeistert dabei. Da wir eben erst noch ein wenig länger ruhten, im See badeten und gemütlich frühstückten, auf den Abend aber dann auch Gewitter angekündigt waren, blieben uns am Schluss gar nicht mehr so viele Optionen offen. Doch in Ailefroide gibt es eine solch grosse Auswahl an MSL-Routen, dass wir noch für die nächsten Jahrzehnte bedient sind. Für die vormittags schattige Paroi de la Draye waren wir bereits zu spät dran, für die SE-Wände noch zu früh (und länger warten wollten wir nicht), so dass der nordexponierte Sektor Fissure die beste Wahl schien. Da gibt's zwar im Hochsommer auch bis am frühen Nachmittag etwas Streiflicht von der Sonne, aber gebrutzelt wird man da nicht.

Die Paroi de la Fissure in Ailefroide mit dem Verlauf der Snoopy Directe (erste 2 SL nicht sichtbar).

Bei früherer Gelegenheit hatten wir ja an der Fissure bereits die 'A tire d'ailes froides' (8 SL, 5c) als Familientour geklettert. In unserer Erinnerung schien das lange zurück, da mussten die Kinder noch klein gewesen sein. Der Blick in den Blog zeigt dann, dass dies erst 2 Jahre her ist. Tja, sie werden einfach unglaublich schnell gross und vor allem auch stärker beim Klettern. Die Tourenwahl hielten wir uns bis zuletzt offen, schliesslich ist der Sektor extrem populär - kein Wunder bei 10 Minuten ebenerdigem Anmarsch, Plaisir-Absicherung und ganztags angenehmen Bedingungen. Glücklicherweise bzw. wie erhofft war dann aber gerade beim vorrangigen Ziel, der 'Snoopy Directe' (9 SL, 280m, 6b) freie Bahn. Eine Seilschaft hatte eben die dritte SL beendet, die würde uns wohl nicht mehr aufhalten. Kathrin und Jerome wollten sich an die unmittelbar daneben parallel verlaufende, traditionelle 'Snoopy' (9 SL, 280m, 5c 2pa) halten, welche laut Topo im Schnitt einfachere Kletterei bieten sollte. Zudem sind im Plaisir Sud sind beide Touren als gleich 'gut+' abgesichert und gleich schön (4*) beschrieben. Soviel vorweg, das trifft nicht zu, die 'Snoopy' wirkt etwas alpin, ist deutlich schlechter geboltet und zwar einfacher, aber für weniger Versierte nicht unbedingt das ideale Ziel. Um ca. 13.30 Uhr waren wir alle bereit und konnten wenige Meter nebeneinander in die erste Seillänge starten.

Sicht von der Paroi de la Draye auf Ailefroide mit seinem grossen Campingplatz und die Paroi de la Fissure, wo ich Ein- und Ausstieg der Snoopy Directe mit den Pfeilen markiert habe.

L1, 45m, 5c: Von unten sieht es (wie üblich in Ailefroide...) auch hier ein wenig gemüsig aus, aber die Kletterei ist dann doch ganz lässig. Erst mal über ein Dächli hinweg, dann wieder eher plattig, gefolgt von einem Aufschwüngli. Gemütliche Kletterei mit sehr guter Absicherung (13 BH), ideal zum Aufwärmen.

L2, 40m, 6a: Nachdem oben in L4 offenbar ein mittleres Drama im Gang war und unsere zweite Seilschaft auch nicht ganz gleich schnell unterwegs war, konnte ich Larina überzeugen, hier doch in den Vorstieg zu gehen, Zeit würden wir wohl noch mehr als genügend haben. Das tat sie dann auch: bald kommt man hier zu einem steilen Aufschwung mit athletischen Moves, gar nicht mal so einfach (eher 6a+). Danach geht's dann gemütlicher von dannen, nur vor dem Stand heisst's nochmals besser aufpassen - zumal hier (offenbar schon seit Jahren) an einem BH die Lasche fehlt, geht aber schon!

L3, 40m, 5c: Zuerst geht's in einfacher Kletterei ein wenig durch den Gemüsegarten, bis sich die Wand zum Ende der Seillänge wieder aufsteilt. Da warten dann noch ein paar sehr schöne Moves. Auch hier gilt wieder: gar nicht mal so einfach! Als ich als Nachsteiger am Stand eintreffe, ist die vordere Seilschaft immer noch in L4 beschäftigt (das waren sie schon, als wir noch am Wandfuss standen :-/).

Larina im Vorstieg in L3 (5c), oben die langsamen Kletterer in L4 (6b).

L4, 30m, 6b: Meine Ermunterungen halfen hier nichts mehr, im Angesicht der 6b-Crux musste der alte Kämpfer wieder in den Vorstieg. Dabei wäre hier die Absicherung mit 12 BH wirklich super und geklettert hat Larina die Crux definitiv auch eleganter als ich. Die kommt gleich zu Beginn an einer senkrechten, glatten Wandstufe. Mein taktiler Detektor signalisiert mir sogleich, dass der Griff unter meinen Pfoten wohl kaum natürlich gewachsen ist und die visuelle Kontrolle zeigt, dass hier tatsächlich die Bohrmaschine im Einsatz war... schade! Ich fand diesen Move trotzdem fordernd und die Bewertung etwas nach unten homogenisiert... aber vielleicht liegt es einfach daran, dass ich an gebohrten Löchern grausam schlecht klettere. Anyway, ein Grossteil der Begeher wird diese Stelle wohl mit dem Griff zum Haken lösen. Danach geht's besser vorwärts und zu einer Rissverschneidung, an welcher herzhaft gepiazt werden darf, wobei das Anklettern dieser nochmals etwas schwierig ist, v.a. auch weil die Haken komisch weit links stecken.

L5, 35m, 6a: Tja, nun waren wir tatsächlich durch die überforderte Seilschaft vor uns blockiert und mussten uns auf eine längere Wartezeit einstellen. Irgendwann konnten wir dann auch weiter in die sehr schöne, anhaltende und homogene Wandkletterei in mit vielen Leisten strukturiertem Fels. Ebenfalls sehr üppig abgesichert (13 BH) und nach meinem Empfinden eher 'soft for the grade'.

Jerome im Vorstieg in L4 (Direktvariante, 5c) von Snoopy.

L6, 30m, 6a: In ähnlichem Stil ging es weiter, sprich mit sehr schöner Wandkletterei in strukturiertem Fels und nochmaliger Wartezeit aufgrund der Zeitlupen-Seilschaft. Danach hatten sie aber ein einsehen, dass es a) für alle angenehmer ist, wenn sie uns vorbeilassen und sie b) dadurch keinen wesentlichen Zeitverlust erleiden würden.

L7, 35m, 5c: Hier kreuzt man die klassische 'Snoopy', deren Stand auch als Zwischensicherung benutzt wird. Den Weg bis dahin kann man sich entweder links schwer machen oder rechtsherum cruisen. Die Crux folgt aber erst im oberen Teil der Seillänge, wo man in nun etwas plattigem Gelände den besten Weg erkennen muss.

Ultimo tiro mit viel Tiefblick (L9, 6a).

L8, 40m, 6a+: Im ersten Teil über eine längere Strecke anhaltend schwierige, plattige Kletterei, welche saubere Fussarbeit erfordert und wo immer wieder Untergriffe bedient werden müssen, super. Nach etwas einfacherem Gelände folgt dann noch ein glattes Schlussstück inklusive dem Mantle zum Stand, wobei hier erneut ein mit der Bohrmaschine bearbeiteter Griff zur Verfügung steht. Die Absicherung mit 13 BH ist auch hier formidabel ausgefallen.

L9, 35m, 6a: Wenig nach rechts und über die Stufe hinweg. Da befindet sich auch gleich die schwierigste Stelle und ja auch da, diese Löcher sind nicht alle natürlich gewachsen (ohne diese ist es aber echt noch knifflig, schwieriger 6c-Reibungsmantle!). Nach dieser Stufe ist man auf die einfacheren Schlussplatten entlassen und kann beschwingt ins waldige Ausstiegsgelände cruisen.

Es sei an dieser Stelle erwähnt... im ganzen Gebiet wurde ungeeignetes Material verwendet, sprich verzinkte Einschlaganker mit rostfreien Laschen. Das ist in etwa der durchschnittliche Zustand der Sicherungen in dieser Route von 2007. Sprich im Moment gerade noch ok, aber ewig halten wird das nicht. Der Erstbegeher JM Cambon ist dieses Jahr ja leider tödlich verunglückt. Er hat uns eine Menge an tollen Routen hinterlassen, die nun eben in den nächsten Jahren alle saniert werden sollten... da wartet eine wahre Herkulesaufgabe.

Um 16.15 Uhr waren wir am Top, das macht 2:45 Stunden Kletterzeit, wobei wir einen Teil davon mit Warten verbracht hatten und ja auch Larina die Hälfte der Seillängen hatte vorsteigen können (wobei sie wohl ähnlich schnell wie ich klettert, denke ich). Bis unser zweites Team auch am Top war sollte es noch etwas dauern, noch länger hatte allerdings die von uns überholte Seilschaft... Über letzteres will ich nun hier keine weiteren Worte mehr verlieren, bzgl. der klassischen 'Snoopy' sei gesagt, dass dort die Absicherung nur auf Stufe "Plaisir gut" ist, sprich die einfacheren Abschnitte spärlich gesichert sind und der Routenverlauf nicht immer glasklar ist. Zudem ist im Mittelteil scheinbar nur die halbfett eingezeichnete 5c/6a+ Variante wirklich eingebohrt. Nichtsdestotrotz hatte hier auch Jerome einen wesentlichen Teil der Seillängen vorsteigen können, bravo! Auf den Heimweg machten wir uns dann alle via den Fussabstieg. Eine Abseilpiste wäre zwar eingerichtet, aber per Pedes geht's sicher deutlich schneller und bequemer. Einzig beim exponierten Ausstieg aus der Schlucht (Fixseile vorhanden) gilt es Acht zu geben, der Rest ist kommodes Gehgelände. So waren wir bald zurück in Ailefroide, konnten ein kühles Getränk geniessen und nach diesem Genusstag zurück zu unserem Zelt fahren. Leider war es bald der letzte Tag unserer Sommerferien. Wow, war das wieder eine tolle und auch bergsportlich ergiebige Zeit gewesen...

On the Ride Home... 

Facts

Ailefroide - Snoopy Directe 6b (5c+ obl.) - 9 SL, 280m - JM Cambon 2007 - ***;xxxxx

Material: 1x50m-Seil (2x50m zum Abseilen), 14 Express

Hübsche Plaisirtour mit kurzem Zugang, homogenen Schwierigkeiten im 6a-Bereich und üppiger Absicherung. Hier ist die Stufe "Plaisir super" definitiv angebracht, man kann bedenkenlos voll angreifen und so gut wie jeden schwierigen Schritt mit dem Griff zum Haken entschärfen. Leider zieht dieses Setup auch viele Kletterer an, welche den Schwierigkeiten überhaupt nicht gewachsen sind und nur extrem langsam vorankommen. Man plane seine Begehung also idealerweise antizyklisch. Ein Topo findet man in vielen Führern, u.a. Plaisir Sud, Topoguide Band III, Oisans Nouveau Oisans Sauvage, Briançon Climbs, usw.

Sonntag, 16. August 2020

Ailefroide / Paroi de la Draye - Vade Retro Cambonas (6b)

Nach den ersten 2 Ferientagen mit Sportklettern bis die Pfoten ihren Dienst quittieren hiess es für diesen Tag der vorteilhafteren Seite der Vertikalen den Vorzug zu geben. Leider war das Wetter nicht ganz stabil angesagt, gewittrige Schauer sollten früher oder später kommen. Mit den Kindern wollten wir uns da nicht auf Experimente an grossen Bergen einlassen, schliesslich sollen MSL Spass machen und nicht ein Stressfaktor sein. Somit war wieder einmal Ailefroide das Ziel der Wahl. Da wir einigermassen früh unterwegs waren, bot sich die linke Talseite  mit der Paroi de la Draye an. Kurzer Zustieg, Routenvielfalt und Schatten bis ca. 13.00 Uhr sind da die wesentlichen Parameter.

Die Paroi de la Draye - sieht nicht berauschend aus, die Kletterei lohnt aber!
Der Zustieg ist kurz und spielt sich von den zahlreichen Parkplätzen unterhalb im Minutenbereich ab. Die Routenwahl hatten wir bewusst bis zuletzt offen gelassen und wollten dort einsteigen, wo nicht gerade Stau herrschte. Die Wahl von Larina und mir fiel schliesslich auf die Vade Retro Cambonas, während sich unser zweites Team in der etwas einfacheren Chaud Biz (8 SL, 5c+) engagieren wollte. Wir konnten auf freie Bahn zählen, um 10.30 Uhr hatten wir alles parat und konnten bei angenehmen äusseren Bedingungen, sprich kurz behost im Schatten, einsteigen.

L1, 6b: Um die Sache noch ein wenig zu würzen, wählten wir die schwierigere linke Einstiegslänge, laut Topo 6b. Nach schon nicht ganz trivialem Beginn kommt mittig die bestimmte Crux: kompromisslos antreten und einen miesen Knubbel kneifen lautet die Devise - ruff stuff, deutlich schwieriger wie 6b! Auch nachher heisst's bei nicht ganz kurzen Hakenabständen noch etwas dranbleiben, bis man den bequemen Stand erreicht. Die rechte Variante sei scheinbar etwas leichter verdaulich, die dortige mittige Stelle für 6a/+ jedoch auch nicht geschenkt.

Die 'böse' Stelle in L1 (6b) ist geschafft - auf dem Bild ist sie nicht sichtbar.
L2, 6a: Nun wird es deutlich gemütlicher, die Kletterei geneigter und gutmütiger, aber sehr schön im strukturierten Ailefroide-Granit mit seinen vielen Leisten. Die Absicherung auch hier nicht eben sehr kurz gehalten, passt aber schon!

L3, 6a+: Sehr schöne, anhaltende und anspruchsvolle Kletterei. Gleich zu Beginn fordert ein erstes Dächli, nachher folgen viele tolle Moves an Leisten und Strukturen und zuletzt eine diagonale Rechtsquerung. Auch hier sind die Hakenabstände noch eher auf der luftigen Seite, bevor auf den letzten Seillängen die Bolts dann fast in halbierten Abständen stecken.

Prima Wandkletterei mit anhaltenden Schwierigkeiten an Leisten wartet in L3 (6a+).
L4, 6b: Nominell die schwierigste Seillänge, wir haben das aber  nicht unbedingt so empfunden. Zu Beginn in die Verschneidung hinein, diese aber gleich griffig an einer Schuppe nach rechts verlassen, um sich nicht in die 7b+ gerade hinauf zu verkoffern. Nach einer kurzen Boulderstelle quert man deutlich nach rechts, wo ein Zwischenstand eingerichtet ist. Wer auf dieser Seillänge nicht mit 60er-Exen oder Auslassen bzw. Wiederaushängen einiger der eng steckenden, zahlreichen Bolts operieren kann, nutzt ihn besser. Ich zog gleich weiter, der zweite Teil dern Länge bietet athletische Kletterei an Schuppen und Henkeln, gutmütig für den Grad.

Griffig, gut abgesichert und soft bewertet lautet der Charakter von L4 (6b).
L5, 6a: Hier hatte uns um 12.30 Uhr bereits die Sonne erwischt, im Streiflicht waren die Temperaturen aber sehr gut auszuhalten. Erst führt diese Seillänge links hinauf über eine steile, mit Leisten gespickte Platte. Zum Abschluss wartet dann ein Wulst, der in freier Kletterei für den Grad 6a wiederum eher fordernd ausfällt - ist da etwa der Griff zum Haken als Standardmethode bereits in die Bewertung inkludiert?!?

Ein schöne Platte mit abschliessendem Wulst erwartet einen in L5 (6a).
L6, 3a: Über schrofiges Gelände könnte man direkt hinauf sicherlich bereits den Abstiegsweg erreichen, allerdings hat hier die Route noch eine absolut lohnende Zugabe auf Lager. Über einfachen Fels diagonal links hinauf, auf einem Band horizontal queren und später absteigen. Unbedingt die (nicht so offensichtlichen) Bolts klippen, sonst expo für den Nachsteiger! Vom tiefsten Punkt (Stand an Baum möglich) geht's noch einige Meter empor zum bequemeren BH-Stand.

L7, 5c: Der Umweg in L6 hat sich wirklich sehr gelohnt, hier folgt nochmals eine steil-griffige Abschlusslänge der ersten Güteklasse, erst noch angenehm im Schatten. Immer elegante und nie langweilige Turnerei und dies ohne schwierig zu sein - auch der Ausstieg über den Turm auf die bequeme Terrasse am Routenende  ist cool!

Die letzten Meter in L7 (5c), unten der Parkplatz, in der Bildecke das Zentrum von Ailefroide.
Um 13.30 Uhr hatten wir es nach rund 3:00 Stunden Kletterei geschafft und konnten gemütlich auf der bequemen Kanzel rasten, Ausschau halten, unsere Vorräte plündern und uns an einer an beiden Seilenden perfekten Onsight/Flash-Begehung erfreuen. Das zweite Familienteam hatte nicht jederzeit freie Fahrt und war noch mit der Kletterei beschäftigt. Als sie sich augenscheinlich dem Ausstieg näherten, schnürten wir die Senkel und liefen und den Sentier de Draye zu ihrem Ausstieg hinunter. Gemeinsam stiegen wir über diesen ab - das stark abkürzende Couloir war aus unerfindlichen Gründen gesperrt, dem leisteten wir Folge. Trotzdem gelangten wir zügig auf den Talboden, natürlich durfte die traditionelle Einkehr im Engilberge nicht fehlen, bevor es zum Abkühlen und Relaxen retour zu Camping und See ging.

Mmmhh, das feine Griffig-Wasser ;-)

Facts

Ailefroide - Vade Retro Cambonas 6b (TD+, 6a obl.) - 7 SL, 200m - Fiaschi/Giraud/Faure 1997 - ***;xxxx
Material: 1x50m-Seil, 10-14 Express (je nach Nutzung des Zwischenstands in L4), Cams/Keile nicht nötig

Lässige Kletterei auf der morgens schattigen Talseite in Ailefroide. Wie immer sieht's von weitem nicht so überzeugend aus, der Granit ist aber auch hier sehr gut, von optimaler Reibung und mit viel Struktur ausgestattet. Es wartet eine Mischung von steilplattigen Passagen und auch gutgriffigen Aufschwüngen, ein richtiger Genuss. Die Absicherung ist auf den ersten 3 Seillängen gut (aber auch nicht mehr, mit ein paar zwingenden Passagen im 6a-Bereich), nachher stecken die Bolts dann deutlich üppiger nach Standard "Plaisir super", so dass eigentlich jeder schwierige Move per Hakenhilfe erschwindelt werden kann. Ein Topo gibt's im Cambon-Führer "Oisans Nouveau, Oisans Sauvage", im Briançon-Climbs der Rolland-Familie oder auch im lokalen Ailefroide-Büchlein.