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Donnerstag, 23. Januar 2025

Skitour Nüenchamm (1904m)

Der Nüenchamm steht als Pförtner für den Zugang zum Walensee und zum Glarnerland und markiert so eine der am schnellsten erreichbaren Skitouren aus dem Raum Zürich. Trotzdem gibt es da nur ganz wenig Betrieb, was natürlich seine Gründe hat. Einerseits tritt der Gipfel nicht prominent hervor, sondern sieht mit seiner bewaldeten Flanke und dem breiten Plateau am Top mehr wie ein Hügel aus, welcher dem stolzen Mürtschenstock vorgelagert ist. Andererseits führt die Skiroute auf der Nordseite aber doch durch steiles Gelände, wo verschärfte Lawinen- und Absturzgefahr herrscht. So habe auch ich diesen Gipfel in meiner nun doch schon 30 Jahre währenden Skitourentätigkeit erst das zweite Mal angegangen.

Top of Nüenchamm mit Blickrichtung Linthebene.

Die Verhältnisse sind günstig und das Wetter schön, leider bleibt mir für längere Eskapaden keine Zeit. Noch dazu sind nach einer längeren Periode mit guten Bedingungen und ohne Schneefall die gut erreichbaren Skitourenziele zu einem Acker umgepflügt. So erhoffe ich mir, in den steilen Nordhängen am Nüenchamm noch einen Schübel unverfahrenen Pulver zu sichern. Etwas unklar ist, ob der tief gelegene Ausgangspunkt (Filzbach, P.707) tatsächlich schneebedeckt ist. Die Webcams zeigen, dass es gehen sollte. Notfalls könnte man auch via die Strasse zum Talalpsee oder mit der Sesselbahn nach Habergschwänd dem Schnee näher kommen. Das war aber nicht nötig - unten lagen tatsächlich nur wenige Zentimeter der weissen Materie. Da aber kompakt, war dies völlig ausreichend.

Wegen Hartschnee im Absturzgelände war auf 1700m ein Bootpack zwingend.

So stieg ich im Bereich des Sessellifts nach Habergschwänd auf und folgte dann den doch nicht so wenigen Spuren, welche Richtung Chalthüttli und Ober Nüen zogen. Ab dem Abzweiger in die Nüenchamm-Nordflanke war dann aber tatsächlich nur noch eine einzige Spur vorhanden, welche schliesslich auf rund 1600m endete. Es stand mir also rund 3 Wochen nach dem letzten Schneefall sogar die Ehre zu, den Gipfel als erste Person angehen zu können. Ab diesem Punkt wird es richtig steil. Der Aufstieg verläuft entweder über engen und bewaldeten NNE-Grat, oder dem Sommerweg entlang in 40 Grad steilem Gelände zwischen mehreren Felsstufen hindurch. Ich entschied mich für letztere Variante. Eine vor längerer Zeit abgegangene Gleitschneelawine hatte jedoch eine solch harte Unterlage zurückgelassen, dass ich an der steilsten Stelle zu einer Portage von ca. 50hm gezwungen war. Das Gelände ist da exponiert, ein Rutscher wäre nicht zu stoppen gewesen und hätte schliesslich mit dem Sturz über eine Felsstufe geendet. Sprich, das ist eine Skitour für Leute, die sich in alpinem Gelände zu bewegen wissen.

Gleitschneeaktivität mit Anrissmächtigkeit von ca. 1m - hat wohl ganz schön gerumpelt!

Bei der Schulter auf 1740m kann man kurz etwas durchschnaufen, es präsentiert sich ein toller Blick auf den majestätischen Mürtschenstock. Gleich wartet aber das nächste Pièce de Résistance in Form einer weiteren Felsstufe. An diesem Punkt folgte ich der Gratlinie, was nochmals ca. 40hm Portage über eine steile Stufe mit lockerem Schnee erforderte - hier nun eine ziemliche Wühlerei, wo man oft auf den glatten Grasuntergrund durchkam. Nun im Nachhinein kann ich konstatieren, dass es da besser gewesen wäre, dem Sommerweg zu folgen und die Felsstufe westwärts zu umgehen. Oberhalb dieser Stufe trifft man dann auf sanftes Gelände, welches einen zum geräumigen Gipfelplateau führt. Einsamkeit und tolles Ambiente gab es da, super!

Majestätischer Mürtschenstock ab der Schulter auf 1740m.

Schliesslich machte ich mich auf die Abfahrt, denn die weltlichen Verpflichtungen riefen ja leider schon wieder. Aber zuerst gab es noch genussvolle Pulverschwünge. So lange nach dem letzten Schneefall gab es natürlich keinen super fluffy Powder mehr. Manchmal etwas zäh, teilweise etwas vom Wind bearbeitet, aber doch immer gut zu fahren. In der Abfahrt folgte ich dem Sommerweg bis zu den Schüplanggen und stach dann in direttissima zum Habergschwänd runter. Ab da gab es im zentralen Bereich unter dem Lift so etwas wie eine Piste. Kurz die Karte konsultiert um eine eigene und unabhängige Abfahrtslinie zu engineeren. Das gelang tiptop und wurde mit genussvollen Schwüngen in zischendem Oberflächenreif auf einer kompakten Unterlage belohnt. Toll war's, in einem kleinen Zeitfenster hatte ich eine doch etwas abenteuerlich und auch nicht ganz einfache Skitour realisiert und eine genussvolle Abfahrt gehabt!

Gipfelpanorama: Mürtschen, Schiltgebiet, Fronalpstock, Glärnisch und Rautispitz.

Facts

Nüenchamm (1904m) ab Filzbach (P.707)
1200hm Aufstieg, Ski-Schwierigkeit S
Achtung: Steiles, exponiertes Gelände, Lawinen- und Absturzgefahr!
Material: Steigeisen und Pickel können je nach Bedingungen nötig sein

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