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Sonntag, 16. Februar 2025

Skitour Hinter Gassenstock (2541m)

Nochmals top Wetter und sichere Lawinenverhältnisse, damit nach der Tour ins Lachenstock-Couli am Vortag erneut die Gelegenheit für aussergewöhnliches Skifahren. Aus organisatorischen Gründen und weil die Schneedecke am Alpennordhang am solidesten aufgebaut ist, will ich nicht in die Ferne schweifen und entscheide mich für "z'Chlüntl". An sich rasch zugänglich, beim Touren kommt man aber doch zügig in einsam-abgelegenes Gebiet und Abenteuer ist garantiert. Sei es auf alpinen Klettertouren wie dem Ruchenpfeiler, Nordwand-Action am Bös Fulen, (sehr) alpinem Sportklettern wie im Köbis Wäg oder eben Skitouren wie der hier beschriebenen.

Unterwegs im Rossmattertal, kurz vor Chäseren. Mein Gipfelziel ist in der rechten Bildhälfte, sichtbar jedoch nur die Felsbastionen vom Vorder Gassenstock im Vordergrund und dem Bös Fulen im Hintergrund. Der wenig prominente Hinter Gassenstock befindet sich zwischen diesen beiden.

Die Schneekarte vom SLF war bezüglich einem Start von ganz unten eher pessimistisch und sowieso, wer nicht das Automobil-Fahrverbot missachten will, muss zuerst 20 Minuten der flachen Strasse entlang tschalpen. Somit war der Fall klar, das Schneetaxi kommt mit. Es zeigte sich als vortreffliche Entscheidung: zwar gab es ab dem offiziellen Ausgangspunkt gefrorenes H2O als Unterlage, aber das Bike machte die Sache doch einfacher. Zuerst flach über die zu einer Blankeisbahn gefrorene Strasse zu den letzten Häusern. Und dann liessen sich dank der dünnen und harten Schneedecke auch noch die ersten 200hm den Chlüstaldenstutz hinauf auf zwei Rädern meistern. Mir ging es dabei noch nicht einmal in erster Linie um den eingesparten Effort, aber die steile und enge Strasse ist für die Abfahrt unattraktiv, zudem hätte man wegen Schneemangel 2-3x abschnallen müssen und einige weitere Abschnitte wegen knapp eingeschneiten Steinen runtertreten müssen.

Effizienter Tourenstart bis zum Chlüstalden.

Um ca. 12.30 Uhr startete ich mit den Fellen und lief zügig über die bestens eingeschneite Strasse ins Tal hinein zur Chäseren. Der Vorteil von diesem späten Aufbruch war ganz klar, dass ich im nach Süden ausgerichteten Tal die Sonne geniessen konnte, während man morgens alles im Schatten geht. Ich hatte schon mit dem Gedanken gespielt, ab der Chäseren nicht über Wärben zu gehen, sondern die in der Linkskurve nach den Häusern startende Abkürzung durch den Wald zu wählen. Eine bereits vorhandene Spur liess mich dann nicht zögern, es zu tun. Man spart sich da wirklich etwas an Weg, sofern die raue Waldschneise genügend eingeschneit ist, dünkt mich diese Variante vorteilhaft. An der Jägerhütte vorbei ging's zu den Alpgebäuden von Zeinenstafel, wo sich manifestierte, dass in den Kessel der Zeinenmatt hinauf ebenfalls schon gespurt war. Vor- und Nachteil zugleich, da keine offizielle Route in diese wilde Gegend hinaufführt, hatte ich eher mit noch jungfräulichen Verhältnissen gerechnet (wie am Vortag).

Schon fast im schattig-abgelegenen Kessel der Zeinenmatt. Die Felsmauer in der rechten Bildhälfte gehört dem Bösbächistock. Meine Skitour führt etwas rechts ausserhalb des Bildausschnitts auf einem System von Rampen durch diese Wand hindurch.

Als Detailziele im Kessel der Zeinenmatt hatte ich verschiedene Optionen parat. Als ich mir dann aber gewahr wurde, dass der Hinter Gassenstock bereits gemacht wurde, da war der Fall für mich klar. Der an sich unbedeutende Gipfel im Nordgrat des Bös Fulen kann nur über ein System von Rampen erreicht werden, welche durch eine von Laien durchaus als "senkrechte Felswand" zu bezeichnende Struktur führen. Über 600hm beträgt die Steilheit zwischen 35-40 Grad mit zwei Schlüsselstellen, welche die 45 Grad erreichen oder sogar überschreiten. Diese Parameter machen es deutlich, das ist eine Tour für ausgewählte Momente und ein solcher war mir zum Glück gegeben. Inzwischen habe ich auch herausgefunden, wer da drei Tage vor mir unterwegs war. Die Spur war mir schliesslich nur wenig hilfreich, da grösstenteils wieder zugeweht und meist nur noch knapp erkennbar. Immerhin, um die letzten Zweifel zu vertreiben, es an diesem Tag dort hinauf wagen zu wollen, war sie ein Schlüsselelement.

Das Bild wurde zwar nach der Abfahrt aufgenommen, passt aber chronologisch trotzdem hierher. Ab diesem Punkt in der Zeinenmatt nimmt die Steilheit massiv zu. Die hier knapp sichtbare Abfahrtsspur befindet sich im (unten beschriebenen) "150hm-Hang, mit welchem man sich an die Felswand heranpirscht, bevor es über eine enge Rampe nach rechts geht". Hinweis: auf dem Foto sieht alles ein rechtes Stück flacher aus, als es tatsächlich ist.

Jedenfalls, über 150 schon zunehmend steiler werdende Höhenmeter pirscht man sich an die Felswand heran, bevor es über eine enge Rampe nach rechts geht. Viele Spitzkehren waren in diesem Couloir nötig, im steilsten Abschnitt ob der harten Unterlage mit rutschigem Presspulver drauf sogar eine Portage. Es ist da eben nicht nur so steil, dass es eine lange Schlitterpartie würde, sondern es hat auch noch eingelagerte Felsen über die man purzeln würde und sogar ein Absturz über die begrenzende Felswand scheint nicht komplett ausgeschlossen. Kurzum, Fehler sind da keine erlaubt, weder in Aufstieg noch Abfahrt. Auf 2100m legt sich das Gelände wieder etwas zurück und wird breiter, man wird über 100hm an den steilsten Abschnitt herangeführt: 45-50 Grad, etwas felsdurchsetzt, auch da war nochmals ein Bootpack nötig. Nach gut 50hm kann man wieder durchschnaufen, man erreicht ein wieder flacheres, als Schneeruus bezeichnetes Feld. 

Auf dem sich etwas zurücklegenden, breiteren Gelände bevor es in den steilsten Abschnitt geht. Die gegen 50 Grad steile, felsdurchsetzte Partie in Bildmitte gilt es zu bezwingen. Im Aufstieg war das nur mit Portage möglich, die Abfahrt ging gut mit Ski. Man sei sich bewusst: das Foto bringt die Steilheit und Exponiertheit vom Gelände ganz und gar nicht rüber.

Sodann hat man die Wahl, ob man als Gipfelziel links den gut und etwas schneller erreichbaren P.2506 im Rüchigrat anpeilen möchte oder dem Hinter Gassenstock den Vorzug gibt. Echte Alpinisten mit grosszügigem Zeitbudget hatten vom ersten Skiziel übrigens die Möglichkeit mit einer 1km langen Gratkletterei den exklusiven Bösbächistock (2659m) zu erreichen. Ich hingegen blieb bei meinem Objective vom Hinter Gassenstock. Von der Schneeruus muss ein erneut gegen 40 Grad steiler Hang zur NE-Wand des Bös Fulen hin bewältigt werden, bevor es auf 2470m über eine Rampe nach rechts hinaus geht. 

Auch ein Foto von der Abfahrt mit meiner Spur drin. Sichtbar hier der vorletzte Steilaufschwung, die 'Schneeruus', welche steil zur NE-Wand des Bös Fulen hinaufführt. Zum Gipfel des Hinter Gassenstock heisst es dann vor der Felswand auf einem Schneeband nach rechts abzubiegen (auf dem Foto gut zu erahnen). Dort ist das Gelände nicht ganz so steil, dafür befindet man sich exponiert über der Felswand am rechten Bildrand.

Man erreicht so einen flachen Gratabschnitt (ca. 2545m), welcher höher als der kotierte Gipfel des Hinter Gassenstock liegt und einen durchaus logischen Endpunkt für den Skitourengänger darstellt. Kurz nach meiner Ankunft begrüsste mich ein Adler, der im leichten NW-Wind soarend unmittelbar vor meiner Nase vorbeizog. Bei seiner zweiten Passage, wo er dann schon etwas höher war, hatte ich das Handy dann griffbereit. Auf der ganzen Strecke hatte ich keine Menschenseele angetroffen. Obwohl es im Prinzip nur eine Halbtagestour ist, fühlt man sich in der Zeinenmatt doch ziemlich isoliert und weitab der Zivilisation (es gibt ausser am Gipfel auch keinen Handyempfang!). Und dann kommt der König der Lüfte vorbei um Hallo zu sagen - was für ein grandioses Erlebnis!

Für den Alpinisten scheint es vom flachen Gratabschnitt nicht unmöglich, den Gipfel des Bös Fulen via die Kubli-Route erreichen zu können. Das wäre aber ein grössere Unternehmung. Der kotierte Gipfel P.2541 vom Hinter Gassenstock liegt deutlich näher, ist aber auch nicht trivial: es wartet nochmals ein kurzer Abstieg, und dann ein sehr steiler Schlusshang, natürlich auch noch kammnah. Käme dort etwas ins Rutschen, dann wäre dies wohl das Expressticket ins Tal (Absturz über die darunter liegende Felswand). Alternativ kann man mit einigen kurzen Abweichungen rechtsherum dem linken Grat entlang steigen, welcher aus brüchig-losen Felsen besteht und ebenfalls sehr exponiert ist. Choose wisely, kann man da nur sagen - es ist eine Unternehmung für Leute, welche sich in solchem Gelände sicher zu bewegen wissen. 

Panorama in Richtung Nordwesten vom flachen Gratabschnitt zwischen dem Bös Fulen und dem kotierten Gipfel P.2541 des Hinter Gassenstock. Bei diesem handelt es sich um die felsige Wand im rechten Bildviertel. Zuletzt wartet nochmals ein sehr steiler Hang, oder man folgt dem teilweise exponierten Grat linkerhand, mit einigen Umgehungen rechtsherum.

Jedenfalls, einige Minuten vor 16.00 Uhr hatte ich meinen Aufstieg vollendet. Auch wenn die Uhr schon vorgerückt war, so war mir ein rascher Rückweg gewiss und ich konnte die Atmosphäre an diesem Ort noch für eine gute Weile aufsaugen und geniessen. Dann aber hiess es zurück zum Skidepot, mit Wechsel von den Steigeisen zurück auf die Bretter. Bald war alles Material festgezurrt und die Ski konnten talwärts gerichtet werden.

Sicht vom Top auf den Glärnisch in der linken Bildhälfte mit dem Ruchen und dem Bächistock. In der Bildmitte befindet sich die Zeinenfurggel, rechts davon der kecke Bösbächistock am zur Position des Fotografen ziehenden Rüchigrat. Der aus der Schneeruus relativ einfach erreichbare P.2506 liegt noch knapp in der Sonne.

Die Abfahrt war dann gut, es ging alles mit den Ski an den Füssen (auch die Steilstufen) und der Schnee war prima fahrbar. "Bester Presspulver", so sagt man das im Jargon - sprich kompakte Unterlage mit weicher Auflage, etwas vom Wind bearbeitet und leicht wechselhaft. Aber natürlich, die 50cm Fluffy Powder hatte ich auch nicht erwartet, bzw. bei solchen Verhältnissen möchte man sich auch lieber nicht in diesem Steilgelände bewegen. Wohlverstanden, es ist keine Extremabfahrt, in den steilsten Stellen gilt es aber doch, konzentriert Schwung an Schwung zu setzen. Schliesslich war ich zurück in der Zeinenmatt, die Hänge zur Chäseren waren genussreich (kompakte Unterlage mit aufbauend umgewandelter Auflage) und unverfahrenes Gelände war vorhanden. Danach ging's im Schuss hinunter zum Bike, bequem mit einem coolen Downhill den steilen Stutz hinunter und vorsichtig über die Eisbahn retour zum Parkplatz (17.00 Uhr). Ein kurzer Ausflug in die Wildnis, ein grandioses Abenteuer - wie cool, dass so etwas möglich ist!

Donnerstag, 23. Januar 2025

Skitour Nüenchamm (1904m)

Der Nüenchamm steht als Pförtner für den Zugang zum Walensee und zum Glarnerland und markiert so eine der am schnellsten erreichbaren Skitouren aus dem Raum Zürich. Trotzdem gibt es da nur ganz wenig Betrieb, was natürlich seine Gründe hat. Einerseits tritt der Gipfel nicht prominent hervor, sondern sieht mit seiner bewaldeten Flanke und dem breiten Plateau am Top mehr wie ein Hügel aus, welcher dem stolzen Mürtschenstock vorgelagert ist. Andererseits führt die Skiroute auf der Nordseite aber doch durch steiles Gelände, wo verschärfte Lawinen- und Absturzgefahr herrscht. So habe auch ich diesen Gipfel in meiner nun doch schon 30 Jahre währenden Skitourentätigkeit erst das zweite Mal angegangen.

Top of Nüenchamm mit Blickrichtung Linthebene.

Die Verhältnisse sind günstig und das Wetter schön, leider bleibt mir für längere Eskapaden keine Zeit. Noch dazu sind nach einer längeren Periode mit guten Bedingungen und ohne Schneefall die gut erreichbaren Skitourenziele zu einem Acker umgepflügt. So erhoffe ich mir, in den steilen Nordhängen am Nüenchamm noch einen Schübel unverfahrenen Pulver zu sichern. Etwas unklar ist, ob der tief gelegene Ausgangspunkt (Filzbach, P.707) tatsächlich schneebedeckt ist. Die Webcams zeigen, dass es gehen sollte. Notfalls könnte man auch via die Strasse zum Talalpsee oder mit der Sesselbahn nach Habergschwänd dem Schnee näher kommen. Das war aber nicht nötig - unten lagen tatsächlich nur wenige Zentimeter der weissen Materie. Da aber kompakt, war dies völlig ausreichend.

Wegen Hartschnee im Absturzgelände war auf 1700m ein Bootpack zwingend.

So stieg ich im Bereich des Sessellifts nach Habergschwänd auf und folgte dann den doch nicht so wenigen Spuren, welche Richtung Chalthüttli und Ober Nüen zogen. Ab dem Abzweiger in die Nüenchamm-Nordflanke war dann aber tatsächlich nur noch eine einzige Spur vorhanden, welche schliesslich auf rund 1600m endete. Es stand mir also rund 3 Wochen nach dem letzten Schneefall sogar die Ehre zu, den Gipfel als erste Person angehen zu können. Ab diesem Punkt wird es richtig steil. Der Aufstieg verläuft entweder über engen und bewaldeten NNE-Grat, oder dem Sommerweg entlang in 40 Grad steilem Gelände zwischen mehreren Felsstufen hindurch. Ich entschied mich für letztere Variante. Eine vor längerer Zeit abgegangene Gleitschneelawine hatte jedoch eine solch harte Unterlage zurückgelassen, dass ich an der steilsten Stelle zu einer Portage von ca. 50hm gezwungen war. Das Gelände ist da exponiert, ein Rutscher wäre nicht zu stoppen gewesen und hätte schliesslich mit dem Sturz über eine Felsstufe geendet. Sprich, das ist eine Skitour für Leute, die sich in alpinem Gelände zu bewegen wissen.

Gleitschneeaktivität mit Anrissmächtigkeit von ca. 1m - hat wohl ganz schön gerumpelt!

Bei der Schulter auf 1740m kann man kurz etwas durchschnaufen, es präsentiert sich ein toller Blick auf den majestätischen Mürtschenstock. Gleich wartet aber das nächste Pièce de Résistance in Form einer weiteren Felsstufe. An diesem Punkt folgte ich der Gratlinie, was nochmals ca. 40hm Portage über eine steile Stufe mit lockerem Schnee erforderte - hier nun eine ziemliche Wühlerei, wo man oft auf den glatten Grasuntergrund durchkam. Nun im Nachhinein kann ich konstatieren, dass es da besser gewesen wäre, dem Sommerweg zu folgen und die Felsstufe westwärts zu umgehen. Oberhalb dieser Stufe trifft man dann auf sanftes Gelände, welches einen zum geräumigen Gipfelplateau führt. Einsamkeit und tolles Ambiente gab es da, super!

Majestätischer Mürtschenstock ab der Schulter auf 1740m.

Schliesslich machte ich mich auf die Abfahrt, denn die weltlichen Verpflichtungen riefen ja leider schon wieder. Aber zuerst gab es noch genussvolle Pulverschwünge. So lange nach dem letzten Schneefall gab es natürlich keinen super fluffy Powder mehr. Manchmal etwas zäh, teilweise etwas vom Wind bearbeitet, aber doch immer gut zu fahren. In der Abfahrt folgte ich dem Sommerweg bis zu den Schüplanggen und stach dann in direttissima zum Habergschwänd runter. Ab da gab es im zentralen Bereich unter dem Lift so etwas wie eine Piste. Kurz die Karte konsultiert um eine eigene und unabhängige Abfahrtslinie zu engineeren. Das gelang tiptop und wurde mit genussvollen Schwüngen in zischendem Oberflächenreif auf einer kompakten Unterlage belohnt. Toll war's, in einem kleinen Zeitfenster hatte ich eine doch etwas abenteuerlich und auch nicht ganz einfache Skitour realisiert und eine genussvolle Abfahrt gehabt!

Gipfelpanorama: Mürtschen, Schiltgebiet, Fronalpstock, Glärnisch und Rautispitz.

Facts

Nüenchamm (1904m) ab Filzbach (P.707)
1200hm Aufstieg, Ski-Schwierigkeit S
Achtung: Steiles, exponiertes Gelände, Lawinen- und Absturzgefahr!
Material: Steigeisen und Pickel können je nach Bedingungen nötig sein

Sonntag, 8. Dezember 2024

Skitour Magerrain (2524m)

Die Skitour zum markanten Gipfel des Magerrain (2524m) stand schon lange auf meiner Pendenzenliste. Es handelt sich um den höchsten Kulminationspunkt einer ganzen Gebirgsgruppe im Grenzgebiet der Kantone Glarus und St.Gallen, welcher der weniger hohe aber auch spezielle Spitzmeilen seinen Namen gegeben hat. Die Schartenhöhe vom Magerrain ist mit 357m nicht aussergewöhnlich, mit seiner Dominanz von 8350m liegt er in dieser Statistik aber auf dem respektablen Rang 72 der Schweiz. So erstaunt es denn auch nicht, dass die Tour zu seinem Top ziemlich weitläufig und aufwändig ist, noch dazu erfordert sein bis zu 40 Grad steiler Gipfelhang geeignete Bedingungen. Kurzum, die Verhältnisse müssen einfach passen für diese Skitour und das war an diesem 1. Dezember 2024 nun einwandfrei der Fall.

Diese felsige Burg ist der Magerrain, gesehen aus dem Gebiet der Alp Fursch. Der Berg muss von der Rückseite angegangen werden, auch aufgrund der Wildruhezonen im Murgtal muss man dabei eine ziemlich weite Strecke in Kauf nehmen. Das ist aber für Liebhaber einsamer und weiter Winterlandschaften kein Nachteil, sondern ergibt eine grandiose Tour!

Meine Tour startete um 8.00 Uhr in Unterterzen, von wo ich mich mit den Flumserberg-Bahnen auf den Maschgenkamm gondeln liess. Da im Skigebiet erst Teilbetrieb herrschte, war der für die Touren im Spitzmeilen-Gebiet an sich günstigere Ausgangspunkt auf dem Leist (2222m) nicht erreichbar. Zu meinem Glück war das Trassee des Wanderwegs in der SE-Flanke vom Ziger (2074m) schön hartgetreten. So erreichte ich mit Doppelstocktechnik zügig die Zigerfurgglen und konnte eine erste Abfahrt zur verwaisten Alp Fursch (1792m) geniessen. Dort wurden die Felle ein erstes Mal aufgeklebt und der langgezogene Aufstieg zum Wissmeilenpass konnte um 9.00 Uhr beginnen. Ich war der erste Tourengänger im Gebiet, es lag eine gute Spur, nur herrschte im flachen Gelände der Alp Fursch ein teilweise erstaunlicher Gegenwind.

Im Aufstieg zum Wissmeilenpass (2416m).

Etwas vor 10.30 Uhr hatte ich die Passhöhe (2416m) erreicht und stellte fest, dass auf der Fortsetzung nur mehr eine einzige Spur lag. Nach einer Pause an der Sonne stach ich in die Tiefe. Selbst in dieser sonnigen Südexposition war der Schnee ideal: kompakte Unterlage mit pulvrig-weicher Auflage, der Skigenuss also garantiert. Mit etwas Karten-Engineering fand ich eine gute Linie durch das unübersichtlich coupierte Terrain um den nächsten Anfellpunkt auf ca. 2080m im Guetental zu erreichen (10.50 Uhr) - ein sehr abgelegener Ort: man sieht den Talgrund der noch am schnellsten erreichbaren Zivilisation (das Glarner Kleintal) nicht, es gibt keinen Handyempfang und es wäre dahin auch einfach kolossal weit. Nun denn, ich wollte ja sowieso zum Magerrain und sich isoliert und fernab aller menschlichen Bebauungen zu befinden darf man gerne als Privileg wahrnehmen.

Blick zurück zum Wissmeilenpass (2416m) mit der Abfahrt nach Süden.

Zuerst ging's aufwärts über einen formidablen 250hm-Hang in die Lücke von P.2233, bevor man sich mit Flachlauf und einer kurzen Abfahrt (mit Fellen) dem steilen Magerrain-Gipfelhang nähert. Dieser weist eine Neigung von bis zu 40 Grad auf, den guten Bedingungen sei Dank konnte er aber mit den Ski an den Füssen bewältigt werden. Erst ganz oben war die Gipfelkappe abgeblasen, tiefer lag perfekter Pow, der eine genussreiche Abfahrt versprach. Die letzten 15hm zum Gipfelkreuz waren zu Fuss zurückzulegen, um 11.10 Uhr schlug ich dort an. Während sonst generell sehr milde und angenehme Bedingungen herrschten, war in Kammlage ein deutlicher SW-Wind zu verspüren, welcher einen längeren Aufenthalt am Top wenig angenehm machte. So schnallte ich bald meine Bretter an die Füsse und verschob eine Pause auf tiefere und angenehmere Gefilde.

Im Guetental, auch von hier schlägt man nochmals eine ziemliche Ecke via P.2233 und muss danach nochmals einen Höhenverlust in Kauf nehmen, um den Magerrain mit seinem bereits sichtbaren Gipfelhang zu erreichen. 

Die Abfahrt durch die Gipfelflanke war prima, ein kurzer Aufstieg (ohne Fellwechsel) brachte mich dann zu noch höherem Genuss mit der Abfahrt von der Lücke P.2233. Mehr oder weniger am selben Ort im Guetental wie 1.5h zuvor war erneut Wechselzone angesagt, bevor es bei sehr warmen Temperaturen retour Richtung Wissmeilenpass ging. Hier wurde die Tour aber mit einer Spezialeinlage aufgepeppt. Den eigentlichen Pass (P.2416) liess ich rechts liegen und steuerte eine 300m im NW gelegene Lücke bei Hüenderblänggli an, welche ebenfalls auf P.2416 kotiert ist. Schon damals bei meiner Tour zu Spitz- und Wissmeilen im März 2024 hatte ein Tourengänger eine Linie in deren formidablen, 35-40 Grad steilen Nordhang gelegt (welche mir damals bei LWS 3 reichlich gewagt vorkam). Doch heute war der Tag da, um hier selbst eine Spur in den Schnee zu zeichnen.

Die Gipfelflanke am Magerrain, mit Steilheit von bis zu 40 Grad. Auch später im Winter präsentiert sie sich oft abgeblasen, Lawinengefahr ist wohl seltener eine Problematik wie die Tatsache, dass zu wenig oder nicht genügend guter Schnee zum Skifahren liegt.

Und es war so gut wie erhofft: solide Unterlage mit einer genial zu fahrenden, pulvrigen Auflage. Bessere Bedingungen für ein solches Unternehmen kann man da wirklich kaum antreffen! Bis auf eine Höhe von 2000m war es wirklich absolut erstklassig. Unterhalb spürte man dann die Auswirkungen vom starken Fallwind, der meinen morgendlichen Aufstieg über die Hänge von Fursch gekennzeichnet hatte. Sprich, da war die Unterlage eher auf der verblasenen Seite. Doch immer noch recht gut zu fahren, so war ich bald retour bei der Alp Fursch, von wo es den letzten Hatscher retour ins Skigebiet zu absolvieren gilt. Zwar sind es netto nur 200hm zur Maschgalugga, dafür rund 3km Distanz, welche einfach nochmals etwas Zeit erfordern.

Blick vom Magerrain auf die malerische Hochebene von Oberen Chämm.

Etwas vor 14.30 Uhr war ich dort angekommen und nahm gerne die Gelegenheit war, ein kühles Getränk in meine Kehle zischen zu lassen. Mein mitgeführter Vorrat war längst aufgebraucht und die lange Runde hatte doch einigen Durst ergeben. Danach wartete noch die fünfte und letzte Abfahrt des Tages auf mich. Dies über die Piste nach Tannenboden, was definitiv kein Highlight mehr war. Hart und abgefahren war es, bisweilen sogar eisig. Dazu in einem engen Bereich viele Leute, manche davon von den Bedingungen eher überfordert. Noch dazu alles im Schatten. Tja, auch das läuft unter Skifahren, für die allermeisten ist das sogar der Standard von diesem Sport. So kommt man nicht umhin zu denken "wenn die Leute nur wüssten, was sonst noch so möglich ist mit den beiden Latten an den Füssen", natürlich nicht ohne gleichzeitig froh zu sein, dass sie es eben nicht wissen...

Der tolle Hang von P.2233 hinunter nach Guetental. Die schattseitige Hammerabfahrt von P.2233 liess sich hingegen leider nicht in gebührendem Lichte bildlich darstellen.

Facts

Magerrain ab Maschgenkamm, total 4 Aufstiege und 5 Abfahrten.
Ca. 1700hm Aufstieg und einiges an Distanz, Ski-Schwierigkeit ca. WS+
Normale Skitourenausrüstung sollte eigentlich immer ausreichend sein
Unterterzen - Maschgenkamm, retour Tannenboden-Unterterzen 20.60 CHF mit Halbtax

Mittwoch, 3. April 2024

Skitour Firzstock (1923m): die Gunst der Stunde genutzt!

Am Sonntagmorgen gab es ein überraschendes Erwachen. Nach einem erneut sehr milden Winter war es Ende März tatsächlich nochmals weiss vor der Haustür. Tagsüber blieb es kalt, trüb und es folgten weitere Schneeschauer – naja, für einmal verschmerzbar, die Efforts vom Zigerschwitz forderten sowieso ihren Tribut. Zeit also, um Arbeit zu erledigen und sich so Zeitfenster für zukünftige Ausflüge bei besseren Bedingungen zu erschaffen. Denn die standen schon vor der Tür, war doch der Montag sehr sonnig angesagt.

Der Gipfelhang am Firzstock vorne, hinten das Massiv vom Mürtschenstock.

Mir war es vergönnt, über die Mittagszeit ein freies Zeitfenster organisieren zu können. Allzu weit würde ich damit nicht kommen, aber für den Firzstock sollte es gerade reichen. Dass der untere Teil der Tour vor den neusten Schneefällen bereits aper war, hatte ich bei meinen Sessions auf der Galerie mit eigenen Augen gesehen. Aber der famose Gipfelhang war noch eingeschneit, zusammen mit dem Neuschnee hoffte ich auf einen lohnenden Mix. Die (Neu)schneekarten nährten meine Zuversicht, aber nichtsdestotrotz, es war ein Experiment mit ungewissem Ausgang. 

Unten ist schon Frühling, in der Mitte kehrt er rasch zurück, aber oben hat's noch Schnee!

Schon bevor ich den üblichen Ausgangspunkt zur Tour in den Hüttenbergen erreicht hatte, waren die Wiesen weiss – zum Skifahren (noch zu) knapp, allerdings. Die Option Schneetaxi machte sich wieder einmal bezahlt: mit E-Unterstützung (und entsprechendem Fahrkönnen) ging’s bis nach Altstafel (1223m) – aufsteigend mit den Fellen loslegen hätte man wohl bereits bei der Brücke P.1060 können, eine Abfahrt dahin auf dem Rückweg wäre jedoch nicht drin gewesen. Ab Altstafel war es in dieser Hinsicht besser, nur waren die ersten 200hm in Sachen Stollenbildung zum Verzweifeln: an sonniger Exposition unter den Bäumen war es schon pflotschig-feucht, während im Schatten noch eiskalter Powder lag. Dementsprechend anhänglich war der Schnee, durchbeissen bis zum P.1433 war aber die beste Option. Ab da ging es vom Alpweg ins freie Gelände, Zeit für einen Fellwechsel, damit war die Mühsal vorbei.

Wechselzone Bike/Ski, bei Altstafel (1223m), mit einer coolen Anfahrt bis dahin.

Der Rest vom Aufstieg war dann trotz der Spurarbeit purer Genuss: angenehme Bedingungen, super Ambiente und die Aussicht auf eine geniale Abfahrt. Einzig auf dem windexponierten Gipfeldach lag in Gratnähe teils nur eine ganz dünne Pulverauflage auf einer blankgefegten, pickelharten Regenkruste, was mich zu etwas flacherem Gehen und einigen Extra-Spitzkehren zwang. Aber schliesslich war das Top erreicht. Der Blick auf die Uhr verriet, dass zwar noch eine Pause drin lag, die Zeit für Extravaganzen (d.h. einer angedachten Doppelbefahrung der Gipfelpartie) aber nicht mehr vorhanden war – da hatten Stollen, Fellwechsel, Spuren und die Extra-Spitzkehren zu viel Aufstiegszeit gefordert.

Blick zu Walensee, Churfirsten und Alvierkette.

Aber anyway, die Nicht-Wiederholbarkeit einer Tourenabfahrt gibt dem Ganzen ja auch etwas einzigartig-einmaliges, das einen die Sache umso mehr geniessen lässt. Schon im Aufstieg hatte ich die Ideallinie mit einer soliden Pulverauflage identifiziert und die wurde dann zu 100% wie geplant in die Tat umgesetzt – einfach absolut geniales März-Skiing, das Privileg diesen Megahang als Erster befahren zu können, ist ja eh unschlagbar. Bis auf etwa 1350m hinunter gab es Unterlage und damit Top-Conditions. Aber dann war schlagartig fertig, die letzten 50hm zur Alpstrasse erforderten dann sehr defensive Herangehensweise. Aber es ging mit den Ski, ebenso wie die Alpstrasse zurück zum Altstafel, wo sich schon die ersten aperen Lücken aufgetan hatten. 

Fantastische Verhältnisse am Gipfelhang, und das Ende März auf nur 1900m!

Absolut richtig war der Entscheid gewesen, mit dem Bike dahin zu fahren, runter zur Brücke P.1060 wäre es inzwischen ein ständiger Wechsel zwischen Fahren und Gehen gewesen. Mit dem Bike runterzufetzen war ein grosser Spass und erlaubte eine zügige Rückkehr zum Ausgangspunkt – wo flugs die Ware eingepackt wurde, denn mein Freizeitfenster näherte sich schon dem Ende zu. Daheim blieb gerade noch Zeit, um mich frisch zu machen sowie ein kühles Getränk und ein Zmittagplättli bereitzumachen, bevor das erste Meeting bestritten werden wollte.

Mittwoch, 14. Februar 2024

Skitour Rottor (2488m)

Ein weiterer Tag mit hervorragendem Bergwetter stand uns bevor, Zeit für eine Skitour. Die auf den Tourenportalen vorhandenen Einträge berichteten von wechselhaften Schneeverhältnissen. Noch viel mehr gab aber deren geringe Zahl Auskunft - dass nur so wenige Leute unterwegs waren, konnte nicht sein. Sondern das musste der Effekt sein, dass man viel lieber von einer Top-Pulverabfahrt im Internet berichtet als von einem Kampf mit dem Winddeckel oder einem Geholpere über die Zastrugis. Aber sei's drum, mir war die Information mehr als nützlich um zu schliessen, was zu tun war. Die Devise lautete "südexponierte Sonnenhänge für Sulzgenuss" und dies möglichst an einem Ort, wo das Gelände nicht schon zuvor zu einem Acker umgepflügt worden war. Wo liessen sich derartige Bedingungen besser finden als auf einer weiteren Tour zu einem No-Name-Gipfel, wo der untere Teil schon schneefrei war?!?

So geht Skitouren heutzutage: unten grün, oben weiss. In Bildmitte der Grat mit den Tourenzielen Heustock (2355m), Rottor (2488m), Bützistock (2496m) und nochmals Heustock (2470m). Den letzteren hatte ich bereits einmal im Rahmen einer Skitour bestiegen. Diese Tour liegt allerdings auch schon 20 Jahre zurück, damals lag noch Schnee ab Engi. 

Der Start zur Tour vollzog sich in Engi an der Hauptstrasse bei P.772, wo kostenlose Parkplätze zur Verfügung stehen. Von Schnee war weit und breit keine Spur vorhanden, ohne das Bike hätte man die Bretter sehr lange Tragen müssen. Aber Schneetaxi sei Dank waren die 4.5km auf der aperen Strasse zügig erledigt. Bei der Brücke P.1168 konnte das Gefährt deponiert werden, ab da war eine durchgehende Schneedecke vorhanden. Die Würfel über die genaue Ausprägung der Tour fielen wenig später. In Richtung Skihütte Mülibach wäre erst ein aperes Stück zu bewältigen gewesen, noch dazu schien der direkte Südaufstieg zum Rottor von Gleitschneeaktivität betroffen. Somit also den Blinker gesetzt und links abgebogen auf die Route zur Widersteinerfurgglen.  

Fantastische Frühlingsbedingungen im Aufstieg mit Blick zu den Tschingelhörnern am Horizont.

Einsamkeit pur herrschte da und bald auch war die tragende Schneedecke glatt wie ein Babypopo - perfekte Frühlingsverhältnisse für den Aufstieg und für die Abfahrt konnte ich mich auf Selbiges freuen. Einmal im Sattel angelangt, heisst es auf der Nordseite etwas ausholend und über ein System von mehreren Rampen und Terrassen der Skiroute zum Gipfel des Heustock (P.2355) zu folgen. Diese Hänge erfordern zwingend ganz sichere Bedingungen, die jedoch gegeben waren. Die Unterlage war auch da sehr kompakt und mit einer Schicht Presspulver garniert. So gelangte ich ohne Schwierigkeiten hinauf zum Grat und dem als Heustock benannten Kulminationspunkt. 

Blick auf die Nordhänge, in Bildmitte Rottor (2488m), rechts der Heustock (2355m).

Für die Fortsetzung zum Rottor gilt es dann die Wildruhezone zu beachten, welche nordseitig bis hinauf zum Gratverlauf gilt. Wobei man sagen muss, dass dieser Weiterweg skifahrerisch rein gar nichts bringt und nur dem Gipfelsammler einen oder allenfalls zwei Zusatzpunkte bringt. Ich deponierte die Bretter und stieg gesetzeskonform auf der sonnigen Seite des Grates auf. Auch der Gipfel vom Rottor lässt sich von Süden gut erreichen, wobei ein paar Kletterzüge aber zwingend sind (ca. T5, II). Noch imposanter wäre der Gipfel vom Bützistock (2496m), welcher auch den höchsten Punkt im Gratverlauf darstellt. Doch schien dessen NW-Grat erst noch von der machbaren Sorte zu sein, so ist er doch beidseitig steil und exponiert, zusammen mit der Verwächtung fiel der Entscheid zum Verzicht schnell und eindeutig.

Der Bützistock (2496m) mit seinem Verbindungsgrat zum Rottor. Aus dieser Perspektive dachte ich mir noch, dass es gehen könnte. Doch die Nordseite ist ebenso steil abfallend und der Grat mit seinen verwächteten Schneehauben sehr schmal. Das wäre ein 'bel casino' gewesen.

Somit auf demselben Weg zurück zum Skidepot, wo es noch die Entscheidung in Sachen Abfahrtsroute zu fällen gab. Die südseitigen Bütziplanggen sahen schon echt formidabel aus und lockten sehr - wenn da nicht die gewaltigen, fast gletscherspaltigen Gleitschneerisse mit 1.5-2m Mächtigkeit gewesen wären. Man hätte zwar eine Linie links davon finden können und die Wahrscheinlichkeit, dass da gerade im falschen Moment etwas abgegangen wäre, schien doch sehr klein. Aber wenn, dann... Somit setzte ich auf die sicherere Option und zog erst einige ganz passable Schwünge im Presspulver der Nordhänge. Bei einer Lücke auf 2170m konnte ich dann ohne den Umweg über die Widersteinerfurgglen in die SW-Hänge stechen. Es folgten nun mehrere Hundert Höhenmeter an rassig-genialem Sulzgenuss - wirklich absolut perfekte Bedingungen, wie sie besser nicht sein könnten!

Riesige Gleitschneerisse mit gewaltiger Anrisshöhe (kommt auf dem Foto leider nicht so zur Geltung).

Erst im Bereich unter 1400m war dann etwas Slalom zwischen den Blöcken hindurch gefragt, ebenso ist das dort engere Gelände nicht mehr ganz so abfahrtsattraktiv. Einwandfrei fahrbar aber schon, und das bis zum Bikedepot, wo die Ski an den Rucksack angeschnallt wurden. Eine rasante Schussfahrt von wenigen Minuten später war diese Tour "im Kasten". Es machte sich das "Jackpot-Gefühl" breit 😃 Ich hatte ja schon vermutet, auf gute Bedingungen zu treffen, aber solch einen Knaller hatte ich dann doch nicht erwarten können. Der Skitourenwinter 2024 meint es scheinbar echt gut mit mir 🤘🏼 Aber nicht nur der: am Folgetag stand wieder Sportklettern auf dem Plan. Und da lief's rund, die bereits im Jahresrückblick erwähnte 8a+ musste sich mit etwas Verspätung (nach meiner Wunschagenda) doch ergeben 💪🏼

Formidables Skigelände, vom rechten Bildrand her bin ich da eingefahren.

Facts

Rottor (2488m) ab Engi Vorderdorf (772m)
Total 1720hm, Ski-Schwierigkeit ZS. Achtung, Wildruhezone beachten!
Bis Heustock normale Skitourenausrüstung, für Rottor Steigeisen empfehlenswert

Montag, 1. Januar 2024

Weihnachts-Skitour zum Schilt (2299m)

Ein längerer Trip über Weihnachten in südliche Klettergefilde lag an Weihnachten 2023 leider nicht drin. Das Aufbautraining für die Saison 2024 hatte Priorität, somit beschränkte sich der Genuss vom Tessiner Gneis auf gerade einmal 2 Tage - aber immerhin, das war auch eine grandiose Sache. Zu Weihnachten waren wir wieder daheim. Kraft und Haut waren hingegen im Tessin geblieben und da vor dem Fest noch ein Schönwetterfenster lockte, gab es Gelegenheit sich noch ein wenig die Beine zu vertreten. Sowieso schadet es ja ob dem vielen Sportklettern und Bouldern auch nicht, hin und wieder die Mitochondrien ein wenig zu 'würgen'.

Schöne, föhnige Stimmung mit dem Glärnisch im Bildzentrum, rechts Wiggis und Rautispitz.

Aufgrund von Schneekarten und Webcams war von daheim aus klar, dass es noch vom oder zumindest in der Nähe vom Parkplatz bei Steinböden (1140m) geht. Trotzdem beschloss ich, mit dem Bike in Näfels-Mollis zu starten. Ich rechnete mit ein paar Kreuzungsmanövern auf der Strasse und einem kurzen Marsch zum Schnee, so dass sich daraus kaum ein Zeitverlust ergeben würde. Tatsächlich starteten dann die paar wenigen anderen Tourengänger alle vom Parkplatz mit den Ski, während ich das Zweirad etwas weiter oben bei der Mittelstation vom Skilift (der an diesem Tag nicht in Betrieb war) deponierte. Über die glatte, hartgefrorene Piste ging's erst auffi, im freien und sonnigeren Gelände darob war der Schnee dann weicher und mit einer guten Spur versehen.

Auch dieses nur teilweise scharfe Foto zeigt es klar, stiebenden Powder gab es da keinen.

Nahezu eventfrei erreichte ich den Gipfel. Das 'nahezu' bezieht sich auf die Tatsache, dass ich unterwegs von 2 Rennläufern passiert wurde, welchen ich sicherlich auch beim besten Willen nicht hätte folgen können. Das ist der Nachteil vom Alter, der Vorteil besteht hingegen darin, dass überholt zu werden einem nicht mehr wirklich zu kümmern braucht 😉 Naja, immerhin ist es hier noch eine Bemerkung wert, ab dem 60. Altersjahr unterlasse ich dann auch das, versprochen ✌🏼. Dafür hatte ich den Gipfel dann für mich alleine - die Stimmung war nämlich mit einigen Lenticularis wirklich sehr schön - eine richtig genussreiche Weihnachtstour!

Lenticularis über dem Glärnisch, in der linken Bildhälfte grüsst auch noch der Tödi.

Für die Abfahrt hatte ich keine grossen Erwartungen. Im Vorfeld hatte ich einige Tourenportale konsultiert und da zog es den Smilies die Mundwinkel nicht bis zu den Ohren. Allerdings war es dann gar nicht so schlecht. Der Schnee war im Gipfelbereich kompakt, hart und bisweilen rumplig, aber doch immerhin tragend. An den sonnigeren Hängen vom Färistock gab es so etwas wie sulzähnliche Schwünge, bevor dann zuletzt die immer noch pickelharte Piste wartete. Ja, ein Weltcupschliff und ein Pamir wären anstelle von Tourenbrettli und Kappe deutlich besser geeignet gewesen, aber sich für einen Moment wie unser Skistar Marco Odermatt zu fühlen, hatte dann auch wieder etwas für sich. Bald war die Wechselzone erreicht, der rasante Downhill über die Bergstrasse rundete die Sache ab, bevor es heimwärts zur Weihnachtsfeier ging.

Facts

Schilt (2299m) ab Skilift Mittelstation (P.1208)
1100hm Aufstieg + 750hm Bikestrecke
Ski-Schwierigkeit WS

Donnerstag, 23. November 2023

Ski & Fly Fanenstock (2236m)

Die Ski-Saison 23/24 ist gestartet! Wobei ich mich im Voraus durchaus gefragt habe, ob es denn der richtige Tag dafür sei. Klar, die Online-Tourenportale und Social Media zeigten genau, wo schon richtig winterliche Bedingungen mit guten Tourenverhältnissen herrschten. Aber leider waren diese Gegenden weiter von daheim entfernt, als es mir lieb war. Somit setzte ich lieber auf innovative Tourengestaltung mit dem Nervenkitzel, ob denn auch alles wie geplant aufginge.

Zur Abwechslung wieder mal ein Bericht hot from the press...

Sonne, Pulverschnee und ein paar gute Skihänge - da schlägt das Herz gleich schneller.

Als Ziel hatte ich den Fanenstock bei Elm erkoren. Natürlich war ich da schon etliche Male zuvor. Aber es lohnt sich eben immer wieder und seit dem letzten Mal war es doch schon eine Weile her. Kommt hinzu, dass man an diesen Hängen viel von der raren Novembersonne erhaschen kann und das einigermassen sanfte Gelände auch bei moderater Schneelage eine Tour zulässt. Wobei es eben derzeit in Elm absolut grün ist und die Hänge bis ziemlich weit hinauf aper sind. Somit machte der Fanenstock nur als Kombi-Tour Sinn: entweder käme das Bike als Schneetaxi zum Einsatz, oder dann würde zu Fuss aufgestiegen und mit dem Gleitschirm ins Tal geflogen. Da die Windprognose günstig war und das Flugzeug schon eine Weile nicht mehr in dieser Art zum Einsatz gekommen war, setzte ich darauf.

'Tief verschneit' wäre dann doch anders. In Elm ist es grün, und das bis weit hinauf.

Tourenstart war um 9.00 Uhr in Elm Wisli P.1025, mit angeschnallten Brettern und den Skischuhen lief ich los. So war es bequemer, der Strasse zu folgen. Ab etwa 1400m war der Boden teils weiss bedeckt, doch erst beim P.1575 nach einer Stunde Bootpack kamen die Bretter an die Füsse. Der Aufstieg über die Schindelegg war gerade so fellend machbar. Während es unten im Schatten kalt, dunkel und eisig gefroren war, konnte ich mich an der Sonne subito allen Kleiderschichten bis auf das T-Shirt entledigen. Ab dem Mittler Stafel von Gamperdun (P.1772) gab es etwas Altschnee-Unterlage - das entsprach genau meinen Vorstellungen, denn so würde es sich zu diesem logischen Gleitschirm-Startplatz abfahren lassen.

Im Aufstieg auf ca. 2000m. Rechts hinten die Hausstock Nordwand, das war auch eine super Tour!

Ich zog gleich weiter und konnte nun durch eine unberührte Winterlandschaft schreiten. Auf der kompakten Unterlage lag feiner Pulver, so war die Spurarbeit ein grosses Vergnügen. Um 11.15 Uhr schlug ich schliesslich am Gipfel-Wegweiser an. Es folgte eine gemütliche Pause - es war windstill, wolkenlos und sehr mild. Eine halbe Stunde Gipfelrast im T-Shirt und das nach dem vielen Regenwetter und Ende November - das war eine richtige Wohltat. Aufs Skifahren freute ich mich aber natürlich auch sehr, zumal erst noch absehbar sehr gute Bedingungen warteten. Tatsächlich, dank der kompakten Unterlage war es genial und man musste absolut keine Sorge vor Bodenkontakt haben. Nach dem Gipfelhang wählte ich die Ostvariante und gelangte zurück nach Mittler Stafel - mit der Einsicht, dass es dies nun noch nicht gewesen sein konnte.

First Line am Gipfelhang vom Fanenstock - oh yeah!

So klebte ich erneut die Felle auf meine Bretter und nahm die zweite Runde in Angriff. Das hätte ja auf meiner nun schon bestehenden Spur noch zügiger gehen können. Doch die Bedingungen fühlten sich inzwischen richtig frühlingshaft an. Um diesem Gefühl noch etwas Vorschub zu leisten, hefteten sich auch bald einige fette Stollen an die Felle. Aber was soll's, kein Grund sich die Laune zu vergällen. So wurde die Kadenz halt etwas zurückgenommen, auch so erreichte ich bald wieder den Gipfel. Eine weitere Halbstunde an Sonnenbad lag drin, bevor das zweite Mal grandioser Fahrspass folgte. Nun wählte ich nach dem Gipfelhang den kurzen Wiederaufstieg zum P.2168, um in seinen so anzüglichen, unberührten Südhang auch noch eine perfekte Spur zu legen.

Blick zum Sardonamassiv, prominent der sonnige Geissegg-Rücken - auch eine geniale Tour!

Das gelang, und so galt es dann noch, ohne Materialschaden retour nach Mittler Stafel zu kommen. Der wenige Schnee hatte sich ob den hitzigen Temperaturen nämlich durchaus schon sichtbar gemindert. Aber mit der geschickten Wahl einiger Mulden und Hangpartien in abscheiniger Exposition war es gut zu machen. So hiess es nun nur noch, das Tuch zu drapieren, sich an die Schnüre zu schnallen und bequem ins Tal zu gleiten. Das war kein Ding, gab es doch am Starplatz sogar ein bisschen Aufwind. Auch in der Luft traf ich hier und da auf aufsteigende Warmluftpakete, welche zur Verlängerung des genussvollen Abgleiters genutzt werden konnten. Mehr lag aber nicht drin, schliesslich haben wir ja doch Ende November und das Gerät war nur ein kleiner Singleskin-Leichtschirm. Tja, hätte sich der Wunschtraum einer Toplandung am Gipfel und einer 'Gratisfahrt' erfüllt, so hätte der Tag ganz sicher 1000 von 100 möglichen Punkten erhalten. Aber 100 von 100 gab es auch so, und das ist ja doch auch schon eine ganze Menge.

Facts

Fanenstock ab Elm Wisli, 1200hm Aufstieg (+500hm für die zweite Runde), Ski-Schwierigkeit WS

Samstag, 25. Februar 2023

Skitour Mättlistock (1911m)

Am Vortag hatten wir am Quadrel Rock Rodeo alles gegeben - bis wir daheim und im Bett waren, schlug es schon Mitternacht. Mit einer solchen Megasession im Gepäck ist ein frühes Aufstehen am nächsten Tag nicht unbedingt das Höchste der Gefühle. Zwar verhiess der Wetterbericht in den inneren Alpen durchaus Sonnenschein. Doch wegen dem Mangel an Schnee und dessen miserabler Qualität schien eine Top-Skitour kaum machbar. Auch um in den Genuss von Sonnenschein zu kommen tönte es danach, einen grossen Fahraufwand in Kauf nehmen zu müssen. Also hiess das Motto für den Tag Ausschlafen, gemütlich Frühstücken und Weiterschauen.

Der grandiose Blick vom Mättlistock auf Klöntalersee und die imposante Glärnisch-Nordwand.

Bei diesem letzten Programmpunkt zeigten die Webcams aber sogar im nahen Glarnerland prima blauen Himmel. Also lag mit einem Start am späteren Vormittag auch noch etwas drin. Meine Lust, auf einem zerfurchten Tourenacker aufzusteigen und abzufahren war aber gleich null, somit musste ein etwas exotisches Ziel her. Und dieses fixierte ich im Hinter Klöntal. Über die sehr sonnig exponierten Hänge der Mutteristock-Kette wollte ich starten. Mit einem Ausgangspunkt auf nur 1030m könnte man das im Februar 2023 als hoffnungsloses Unterfangen taxieren. Das war mir natürlich bewusst, deshalb hatte ich das Bike dabei mit welchem ich bis zum Schnee pedalen wollte - in der Hoffnung, dass die Übergangszone zwischen 'nicht mehr Bike-fahrbar' und 'noch nicht Ski-fahrbar' möglichst klein sein würde. 

Pedalend geht's auf gut fahrbarer Alpstrasse dem Schnee entgegen - so geht Skitouren im Winter 23.

Diese Strategie ging schliesslich ganz ordentlich auf. Mit einem Start um 12.15 Uhr gwann ich die ersten 250 Höhenmeter wie gewünscht auf 2 Rädern. Bis zu den Ställen von Ratlis galt es nur einige Mini-Schneeresten zu überqueren, auch danach kam ich noch gut weiter bis zum Bikedepot exakt bei P.1292. Und tatsächlich, ab da konnte ich fellend aufsteigen - mit 2x einige Schritte übers Kies treten konnten die Bretter permanent an den Füssen bleiben. Bis zum P.1554 gewinnt man auf dem Trassee der Alpstrasse durchgehend an Höhe. Ab da geht's dann für 1.5km mehr oder weniger flach hinein in die Kammer des Sulzbachs. Auf dieser Strecke war's mehr eine Skiwanderung - aber eben eine eindrückliche. Das Terrain war unberührt, man befindet sich hier in abgeschieden-einsamer Lage, ohne Talblick zu haben. Ganz alleine auf weiter Flur so zu schreiten ist immer ein eindrückliches Erlebnis und gibt das Mini-Feeling einer Arktis-Expedition. Natürlich, die Zivilisation ist nur ein Katzensprung entfernt, überstrapazieren soll man den Begriff nicht - wobei manchen Zeitgenossen wohl schon so viel an Einsamkeit und Abgeschiedenheit in der Natur viel zu viel wären.

Bei der Alphütte von Unter Längenegg, hinein in die abgeschiedene Kammer des Sulzbachs. Hinten der Sattel ca. 1760m.

Mit wieder etwas mehr Steigung geht's hinauf zur Einsattelung (ca. 1760m) nördlich des Mättlistocks. Und hier wurde ich Zeuge von einem eindrücklichen Naturerlebnis. Dass an den Südhängen vom Chrutlistogg ein Adler über mir kreiste, hatte ich bereits wahrgenommen. Plötzlich stach er im Sturzflug davon, zu den Schattenhängen vom P.1884. Dort attackierte er eine ausgewachsene Gämse, wohl mit der Absicht sie bei der folgenden Flucht zum Absturz im Steilgelände bringen zu können. Diese hatte jedoch ausreichend geländetechnische und körperliche Reserven, so konnte sie den Angriff parieren. Als drei weitere Attacken auch nicht den gewünschten Effekt zeigten, begab sich der Gefiederte wieder in die thermodynamischen Aufwinde - bestimmt um von hoch oben nach einem nächsten, potenziellen Opfer für eine gehörige Mahlzeit zu spähen. Tja, so ist die Natur - verhungern oder gefressen werden, einer muss unweigerlich darben. Da haben wir Menschen es gut, so wie wir uns mit Supermarkt, Krankenhaus und allen Versicherungen von dieser grausamen Umwelt abgekoppelt haben. Oder ist dies nur ein Kartenhaus und wann fällt es zusammen? Über solche Fragen lässt es sich auf einer einsamen Tour hervorragend sinnieren.

Auf dem Mättlistock - mit Blick vom Kreuz zum höchsten Punkt. Sehr schön da oben!

Mir stand noch der Schlussaufstieg über die steilen Nordhänge zum Gipfel bevor. Dieser umfasst eine kurze Passage von 40 Grad Steilheit, die sich nicht umgehen lässt. Dank günstigem Bulletin und in dieser Exposition vernünftiger Schneedecke machte es an diesem Tag keine Sorgen. So gelangte bald das Gipfelkreuz in Sichtweite (14.30 Uhr). Es steht nicht am höchsten Punkt des Berges und wird fast ausschliesslich von einheimischen Liebhabern aufgesucht. Trotz nur 1911m Gipfelhöhe ist es ein spekakulärer Ort. Man hat eine aussergewöhnliche Vogelperspektive zum Klöntalersee zu Füssen, gegenüber präsentiert sich stolz die Glärnisch-Nordwand - da konnte ich mit meinen Touren im Chalttäli und am Ruchenpfeiler in tollen Erinnerungen schwelgen. 

Heimwärts - mehr gemütliches Gleiten als genüssliches Schwingen, passt so bei den aktuellen Verhältnissen.

Nach gütlicher Rast besuchte ich noch den höchsten Punkt vom Mättlistock, schnallte meine Bretter an und machte mich auf den Rückweg. In der Nordflanke durfte man die Tätigkeit durchaus Skifahren nennen, auch wenn es wegen etwas wechselhaftem, meist zähem Schnee kein Highlight war. Hinunter in den Boden der Längenegg war dann Spurfahren angesagt - ob dem feuchten Pflutterschnee kein Verlust. Die Flachpassage erforderte einiges an Stockeinsatz, dann gab es auf dem Alpstrassen-Trassee wieder Geradeausfahrt, die effiziente Strecken- und Höhenmeter-Vernichtung erlaubte. Um die Bretter zu schonen, trug ich diese die letzten 80hm im nur noch knapp schneebedeckten Gelände zum Bikedepot, von wo es in rasanter Fahrt zum Ausgangspunkt ging. Fazit: das war bei kleinem Aufwand ein absolut tolles Naturlerlebnis bei idealem Wetter gewesen - skifahrerisch definitiv kein Highlight, aber ein solches hätte sich in der CH derzeit wohl sowieso kaum finden lassen.

Facts

Mättlistock (1911m) ab Schwändeli (1030m) im Hinter Klöntal

Bis auf den kurz 40 Grad steilen Gipfelhang einfache Skitour in wenig steilem Gelände. Am lohnendsten sicher bei schnellen Frühlingsverhältnissen, d.h. tragend-gefrorener Schneedecke. Bei tiefem Schnee gleicht das Unternehmen über weite Teile mehr einer Skiwanderung - auch das kann natürlich genussvoll sein. Die untersten, stark besonnten Hänge sind üblicherweise bald einmal aper.

Dienstag, 19. April 2022

Plattenwand - Galoppverbot (7c+)

News von der Plattenwand! Ab sofort kann man sich an einem neuen Testpiece versuchen, das ich nach längerem Projektstatus im 2021 einbohren und einüben konnte, bevor in der Trockenperiode vom März 2022 schliesslich die Rotpunktbegehung gelang. An dieser Stelle herzlichen Dank an den Plattenwand-Haupterschliesser Dietmar, der mir dieses Stück Fels überlassen hat. 

Als ich den Fels das erste Mal befühlte, war ich mir noch überhaupt nicht sicher, ob die Linie überhaupt kletterbar ist. Nur in einem Aspekt hatte ich von Beginn weg keine Zweifel: entweder es ging ohne Chipping, oder dann würde ich es bleiben lassen. So tastete ich mich vorerst im Toprope langsam an die Sache ran, suchte nach Griffen und Tritten, welche sich zu kletterbaren Sequenzen zusammensetzen liessen. Das Puzzle war nicht einfach zu lösen, doch nach ein paar Sessions war ich überzeugt davon, dass die Linie kletterbar ist. Ob für mich oder nur für stärkere Athlet:innen konnte ich damals noch nicht mit Sicherheit sagen. Doch immerhin war mir die Sache so klar, dass ich die Bolts sinnvoll platzieren konnte. Sie beginnt mit einem moderat schwierigen Einstieg. Dieser führt bald zu einer sehr schwierigen und griffarmen Steilplattenstelle, welche Vertrauen in die Füsse und sehr präzise Bewegungen erfordert. Nach einem Komplett-Ruhepunkt bildet die leicht überhängende Schlusswand eine weitere Crux. Sie bietet technische Wandkletterei, die Fingerkraft und gute Fusstechnik fordert. Ob die Route wegen der diffizilen, sehr spezifischen Kletterei jedermanns Geschmack treffen wird, da bin ich mir übrigens nicht sicher. Aber das spielte in meinen Überlegungen natürlich keine Rolle.

Nun stehe ich vor der schwierigen Aufgabe, einen Bewertungsvorschlag für die Route geben zu müssen. Das ist echt eine Herausforderung! De Fakto wurde die Kletterei im Lauf der Zeit (subjektiv) immer einfacher. Zu Beginn war's eine blanke, ungenutzte, fast strukturlose Wand, wo ich daran zweifelte, ob sie überhaupt menschenmöglich ist. Nach langer Pröbelarbeit fand ich schliesslich eher schlechte, aber doch nutzbare Griffe und Tritte sowie denkbare Bewegungsabläufe. Weiter erforderte es viel Zeit, diese einzuüben und mit der nötigen Überzeugung und Präzision auszuführen. Somit kam ich zum Schluss, dass es ein Projekt an meiner Leistungsgrenze sei und somit mutmasslich im 8a-Bereich. Doch dann kam der Tag mit dem Rotpunkt-Go: alles war im Fluss, ich konnte die Sequenz perfekt ausführen und war am Umlenker. Und das bevor ich mir darüber gewahr wurde, dass ich eben dabei war, ein Projekt zu punkten, welches mich über 1 Jahr beschäftigt hatte. Somit kann ich ganz klar sagen, dass die Route für mich im Lauf der Zeit immer einfacher zu klettern, aber immer schwieriger zu bewerten wurde. Ob die vorgeschlagene 7c+ passt, da habe ich ehrlich gesagt keine Ahnung. Vielleicht fällt es Wiederholern nun, wo die richtigen Strukturen geputzt und mit Kletterspuren markiert sind, dem Wissen dass es geht und möglicherweise besser geeigneter Morphologie viel einfacher... oder ist's bei kleinerer Körpergrösse gar viel schwieriger?!? Da ich es immer alleine probiert habe, kann ich das unmöglich sagen und muss mich in Sachen Bewertung unweigerlich 'auf die Äste hinauslassen'. Das heisst aber auch, dass es mir völlig egal ist, wenn sich schlussendlich eine andere Bewertung etablieren sollte. Für mich ist und bleibt es das Galoppverbot-Projekt, das mich über eine ganze Weile beschäftigt und herausgefordert hat und dessen erfolgreicher Abschluss grosse Freude gemacht hat. Sein Wert für mich wird mit dem Erlebnis, aber ganz definitiv nicht in der Bewertung gemessen!

PS: die Linie rechts davon lautet auf den Namen Kalorienbombe und befindet sich noch im Projektstatus. Meine aktuelle Einschätzung lautet, dass sie nochmals ein ganzes Stück schwieriger ist wie das Galoppverbot - die Zeit wird es dann zeigen.