Der Bockmattli Ostturm fristet etwas ein Schattendasein im Lichte seiner beiden westlichen Nachbarn. Dies liegt an verschiedenen Gründen wie der Zugänglichkeit und dem Routenangebot. Immerhin, für die Toptour Gravitation (8b) habe ich es vor rund 10 Jahren einmal in diesen Sektor geschafft. Ebenso steht der Trubadur (7a+) schon seit bald 30 Jahren auf meiner Projektliste. Einmal war ich mit Kathrin in dessen Richtung losgezogen, dann aber mussten wir wegen viel Restschnee in der Zustiegsschlucht auf die Dreimal kurz gelacht (6c) umdisponieren. Nun, auch dieses Mal wurde es eine andere Route: aus der Nähe schien uns das Schattenspiel (7c+) attraktiver, beim Trubadur schienen die Risse sehr grasig zugewachsen und feucht, was kein Klettervergnügen versprach.
Blick auf Trepsenstock, Ostturm und die Ostkante vom Grossen Turm im Bockmattli. |
Wie üblich ging's per Bike zur Schwarzenegg, dann aber im Gegensatz zum üblichen Trott nicht Richtung Gross Chälen, sondern auf dem Trepsenweg unter den Türmen durch, welche sich aus dieser Froschperspektive sehr eindrücklich und einschüchternd zeigen. Man zweigt dann besser früher als später vom Wanderweg ab, konkret im Bereich der Schlucht zwischen Ostturm und Grossem Turm. So kann man durchgehend in gerölligem Gelände steigen, während es weiter östlich sehr krautig ist und man morgens dementsprechend durchnässt würde. Das Ziel ist aber schon die Schlucht links vom Ostturm. Von unten sieht es absolutely heinous aus, schon nur den Einstieg zu erreichen. Es löst sich dann aber doch recht gut auf: zuerst überhängend aber noch bodennah durch den Kamin (links 2 BH von beschränktem Nutzen), dann gestuft und zuletzt sehr exponiert aber doch vernünftig gängig in einer Linksschleife zum Einstieg.
Die m.E. beste Variante beim Kamin in der Zustiegsschlucht geht wie hier von mir geklettert direkt. |
Achtung: der etwas improvisierte Standplatz am Einstieg (1 BH, 1 gebohrte SU, 2 NH) ist (Stand 2025) in schlechtem Zustand, d.h. der BH vom Steinschlag defekt und das Schlingenmaterial verrottet. Wir bereiteten uns auf die Kletterei vor und stiegen um 9.00 Uhr schliesslich ein.
Defekter Lotterstand am Einstieg, an welchem man auf dem Heimweg zwingend abseilen muss. |
L1, 30m, 7a: Vom Ansehen her wirkt der Fels zu Beginn schön löchrig, was sich schliesslich beim Klettern nicht ganz so wie gewünscht manifestiert. Alles fühlt sich ein wenig rund an und es ist steil, so dass man rasch auf Betriebstemperatur kommt. Die Crux folgt dann mittig am vierten BH. Auch dieser war in einem schlechten Zustand: kolossal rostig, er steckt in eher brüchigem Fels, welcher um den Haken schon ausgebrochen ist. Ob der halten würde? Ich zweifle, aber da der BH darunter nicht weit weg ist, kann man es riskieren. Es folgt die Rési-Crux und ein etwas wackliger nächster Klipp, zum Glück blieb die Gurke ungetestet. Zuletzt gilt es noch, eine etwas ausdrehend-unbequeme Verschneidung zu meisten, dann ist Stand.
L2, 45m, 7a: Es geht gleich steil weiter, auf den ersten paar Metern noch leidlich griffig. Bald zieht's aber an, alles wird sloprig-abschüssig und es heisst, sich gekonnt mit einem weiten Zug in eine stabile Position zu manövrieren. Leider stecken die Haken da etwas kreuz und quer, wer im Bereich der Crux nicht gut verlängert, zahlt später mit Seilzug. Mittig folgt dann einfacheres Gelände (6b), wo man in der Wand nahe einer etwas grasigen Rampe klettert. Zum Schluss hingegen geht's nochmals steil und crimpy neben und an einer kleinen Verschneidung zur Sache, dieser Teil ist etwas staubig und wohl oft auch nass.
Der Schlussabschnitt in L2 (7a) bietet nochmals steile und ausdauernde Kletterei. |
L3, 40m, 6b: Auch hier geht's gleich wieder steil los, zum Glück aber gutgriffig. Nach dem Klipp des zweiten BH machte ich dann grosse Augen: wie zur Hölle soll man mit 6b-Moves zum 3m horizontal versetzten dritten kommen? Nach unserer Ansicht ist der zweite Haken ein Verhauer, die Rampe führt untenrum der etwas brüchigen Rampe entlang, so löst es sich gut auf (siehe Foto). Weiter geht's dann athletisch über einige Dächlein hinweg, später schliesslich einem zunehmend grasig werdenden Riss/Rampe entlang, wobei die Kletterei doch recht cool bleibt und nicht unangenehm ist.
Die im Text beschriebene Stelle zu Beginn von L3 (6b) mit dem Verhauer-BH. |
L4, 15m, 6c: Kurz aber oho, so lautet das Motto für diesen nach links querenden Abschnitt. Der Beginn ist etwas öttelig, d.h. nicht einfach (auch nicht schwierig), der Fels nicht überzeugend und die Platzierung der BH macht es auch nicht bequem. An einer ersten kompakten Wandzone wartet ein Committing Move, so richtig fordernd ist dann aber das Finish. Da entfernt man sich mit einer Gegendruck-Linksquerung an Unter- und Seitgriffen zünftig vom Haken und riskiert an beiden Seilenden einen unangenehm wirkenden Pendelsturz. Wie schlimm es wäre bleibt zum Glück ungeprüft, somit kann ich nur beruhigen, indem ich schreibe, die Moves lösen sich dann schon besser auf, wie man aufs Erste befürchtet.
L5, 30m, 7c+: It's crux time! Diese Seillänge liegt in ihrer Schwierigkeit deutlich höher wie der Rest. Los geht's erstmal technisch-tricky, es will die beste Lösung erkannt werden (es gibt sie). Weiter führt eine steile und echt coole Sequenz an griffig-strukturiertem Fels bis unter ein Dächlein hoch, wo dann die Crux folgt (7a+/7b bis dahin). Diese besteht aus zwei richtig taffen Moves an miesen Seitgriff-Slopern bei sehr dürftigem Trittangebot, bis die Griffel nach einem weiten Move in ein positives Schüppli versorgt werden können - das Ganze übrigens in sehr luftiger Position. Ich habe nicht sehr lange experimentiert, diesen 2-Mover konnte ich auf die Schnelle aber nicht lösen. Hätte man dies getan, so darf man sich im weiterhin anspruchsvollen Rest einfach nicht mehr abschütteln lassen. Das ist fordernd, denn es ist a) steil-pumpig, b) etwas unübersichtlich und c) auch noch etwas chossy, sprich der Fels ist nicht schön, es gibt Griffe zum Ausreissen und Tritte zum Wegtreten, mit einer sorgfältigen Auswahl geht's aber schon. Der Teil ab der Crux zum Stand ist nochmals als ca. 7a+ einzustufen, im Durchstieg gibt's dann übrigens keinen wirklichen Rastpunkt.
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Im Schlussteil der Cruxlänge (L5, 7c+) muss man kräftig dranbleiben. |
L6, 40m, 6c: Auch hier geht's wieder steil los und die Kletterei ist recht fordernd. Das ist nicht so leicht verdaulich, mit dem nötigen Selbstvertrauen und adäquaten Kraftreserven aber doch gut lösbar. Nach ca. 15m legt sich das Gelände dann etwas zurück und man kommt leichter zur Schlusswand, wo an schönem Fels bei einer Mischung von Riss und Wasserrille auf ein Podest an der Kante geklettert werden muss. Zuletzt dann links der Kante zum Stand. Achtung: das ist zwar einfach, aber expo. Man ist da schon sehr weit über dem letzten BH und würde im Sturzfall sicherlich sehr ungünstig im flacheren Gelände darunter an den Fels prallen.
Zu Beginn von L6 (6c) muss man sich doch ganz ordentlich festhalten im Steilgelände. |
L7, 45m, 6a: Tja diese letzte Seillänge hat uns auch etwas auf dem falschen Fuss erwischt. Online hatten wir gelesen "evtl. kleine bis mittlere Cams für die letzte Seillänge", im Extrem Ost steht Cams 1 & 2. Wir führten schliesslich 0.3-0.75 mit und wähnten uns mit diesen 4 Pieces gut gerüstet, aber das war nicht der Fall. Die Seillänge beginnt mit einer durchaus noch schönen Plattenpassage, wo nach 3m der erste und einzige BH kommt. Dann die Verschneidung hinauf (Achtung, lose Blöcke/Schuppen), bevor man ca. 12m auf die Schlussplatte aussteigt. Dort geht's noch 25m bei abnehmender Felsqualität hinauf. Klar ist's einfach, aber stecken tut nix, die 4 Cams waren bald einmal ausgeschossen, das Gelände ist unangenehm und ein Sturz absolut zu vermeiden. Immerhin, die Zweifel ob oben überhaupt noch etwas kommt, waren unbegründet. Den Stand mit 2 BH vor dem Übergang zu Wald/Wiese wird man schon finden, denn brauchen tut man ihn ja unbedingt.
Um 14.30 Uhr und somit nach 5:30h in der Wand hatten wir das Top erreicht. Eigentlich gar nicht mal so schlecht, bis auf L5 hatte ich alles os/fl geschafft. Dort hatte ich mit ein paar Pausen bis auf 2 Moves alles klettern können. Ob die 7c+ passt, vermag ich nicht restlos zu beurteilen, geschenkt ist sie jedoch sicherlich nicht. Die restlichen Bewertungen fanden wir hingegen passend. Umgehend machten wir uns auf den Weg in die Tiefe, denn ab 15.30 Uhr waren die ersten Gewitter angekündigt. Das Abseilen funktioniert bei dieser steilen Route an sich problemlos. Allerdings: die Standplätze sind nur mit alten, verrotteten Schlingen verbunden und man fädelt das Seil entweder in antike Schnapper oder dünne, rostige Maillons. Ich würde unbedingt empfehlen, ein paar solide Maillons (rostfrei/Inox) und genügend Seilmaterial mitzubringen, noch besser wäre gleich eine Standplatzsanierung. Zu beachten ist auch, dass man mit 2x50m-Seilen einen separaten Abseilstand nutzen muss (Topo beachten), mit 2x60m wäre dies vermeidbar.
Das vorsichtige Abseilen vom Einstieg über das Zustiegsgelände schien trotz dem defekten Stand am Einstieg gegenüber dem freien Abklettern vorteilhaft. So setzten wir das um und setzten wohlbehalten wieder den Fuss auf ebeneres Gelände. Blieb noch der Weg zurück ins Tal, den wir trotz dunkel drohenden Wolken trocken zurücklegen konnten. Es war also alles aufgegangen wie geplant, tiptop!
Facts
Bockmattli / Ostturm - Schattenspiel 7c+ (6c obl.) - 7 SL, 210m - Rütsche/Zanetti 2001 - **;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 14 Express, Cams 0.2-1 & Keile
Eine durchaus interessante Route in schattiger Lage. Sie führt durch steiles Gelände und bietet an ihren Schlüsselstellen steile, ausdauernde Wandkletterei. Der Fels ist dabei meistens von guter Qualität. Einige Stellen sind etwas staubig/belagig, anderswo ist es leicht brüchig und aus fast allen Rissen spriesst üppig das Gras. Die Absicherung ist bei allen schwierigen Stellen eng gehalten, mit 6c obl. sollte man gut durchkommen. Im einfacheren Gelände sind die Abstände weiter und im 6a-Schlussabschnitt steckt sogar nur ein einziger BH zu Beginn. Wer dort hoch will, dem kann ich nur empfehlen, die von mir angegebenen Cams/Keile mitzunehmen. Ebenfalls zu erwähnen ist, dass die Absicherung etwas sanierungsbedürftig wirkt. Die teilweise verzinkten Haken zeigen Korrosion und insbesondere die Standplätze sind (gerade für das Abseilen) schmalbrüstig ausgestattet. Ein Topo und weitere Infos vom Erschliesser findet man auf der Topo-DB, ebenso ist die Route im Extrem Ost beschrieben.