Beim Skyrace handelt es sich um drei neue Seillängen (6b, 6c, 7a+ oder 6b 1pa), welche im Jahr 2025 am Wandsockel des Kleinen Bockmattliturms eingerichtet wurden. Diese ermöglichen eine sehr attraktive und gut zugängliche Routenkombination direkt an der kühnen NW-Kante des Kleinen Turms. Der Weiterweg über die Himmelskante hinauf zur Westschulter bietet sich absolut an. So ergeben sich 8 genussreiche Seillängen für einen spannenden Klettertag am Schatten. Während zum Freiklettern der beiden kurzen Schlüsselstellen am Dach der Westkante und am Überhang in der Platte darunter Boulder-Kings und -Queens gefragt sind, so können diese kurzen Abschnitte auch mit Hakenhilfe bewältigt werden. So ergibt sich eine genussvolle Möglichkeit im gehobenen Plaisirbereich mit maximaler Freikletterschwierigkeit von 6c+, bzw. 6b obligatorisch.
![]() |
Das Topo mit Routenverlauf und allen Infos (gibt's auch im PDF-Format!) |
Erschliessung
Die Vision mit dem Skyrace kam wir während meinem Ausflug in die Gumpiroute. Die Idee verschwand nicht mehr aus meinem Kopf und so machte ich mich gute zwei Wochen später am 19.5.2025 auf den Weg, um der Sache an einem sonnigen Frühlingsabend auf den Grund zu gehen. Ein Abseilen über Himmelskante und Prachtsexemplar sollte mir die nötigen Informationen für eine optimale Routenführung liefern. Sehr erfreut nahm ich zur Kenntnis, dass mir die Klettergötter freundlich gesinnt waren und die angedachte Linie realistisch war. Wohlweislich hatte ich die Bohrausrüstung am Wandfuss deponiert und konnte umgehend loslegen. Im Ropesolo schaffte ich gleich noch den wesentlichen Teil von L1 bis über den markanten Überhang hinweg, bevor das Tageslicht erlosch.
![]() |
Diese Türme müssen einen einfach in den Bann ziehen. Das Skyrace verläuft an der rechten Kante. |
Die Fortsetzung wurde dann am heissen Freitag, den 13.6.2025 angepackt. Es hatte sich keine motivierte Begleitung ergeben, und gleichzeitig war ich auch positiv gestimmt, dass die Fortführung des Projekts sich innerhalb meiner Ropesolo-Kragenweite befinden würde. Ein stabil-sonniger Hitzetag war angekündigt, doch ich kalkulierte, die zweieinhalb Seillängen noch am kühlenden Schatten einrichten zu können. Wie sich zeigte, lag ich mit meiner Zeitbudgetierung weit daneben. Klettern, bohren, putzen, abseilen, jümaren, haulen und Material immer wieder neu sortieren nahmen viele Stunden in Anspruch, so dass mich die sengende Sonne irgendwann einholte. Das tat meiner Freude aber keinen Abbruch. Einmal am bequemen und noch teilweise schattigen Biwakplatz unter dem Dach der Westkante angekommen, konnte ich sehr zufrieden bilanzieren: alles war genau nach meinem Gusto aufgegangen.
![]() |
Nicht mehr ganz taufrisch, nach dem langen Solo-Bohrtag am 13.6.2025. |
Der krönende Schlusspunkt zum Projekt mit der durchgehenden RP-Begehung der gesamten Kombination bis zur Schulter der Westkante erfolgte schliesslich am 2.7.2025 in Begleitung von Kathrin. Wiederum war ein Hitzetag angekündigt, dieses Mal sollte es aber (mehr oder weniger) zum Top reichen, ohne dass wir von der Sonne gegrillt würden. Die ersten beiden Seillängen liefen wie am Schnürchen, bevor die beiden Crux-Sequenzen viel Boulderstrom erforderten. Dieser war glücklicherweise in ausreichendem Mass vorhanden, und so blieb uns noch der Genuss der Himmelskante, welche wir auf den Tag genau 15 Jahre zuvor schon einmal gemeinsam erklettert hatten. Verrückt, wie die Zeit vergeht - die Erinnerungen bleiben aber und ganz sicher wird auch der erfolgreiche Tag im Skyrace einen prominenten Platz in unseren Hirnwindungen einnehmen.
![]() |
Die Verschneidung am Start von L2 (6c) bei der RP-Begehung. |
Zustieg
Vom Wägitalersee entweder zu Fuss oder bequemer per Bike zur Schwarzenegg und weiter auf dem markierten Wanderweg zum Fuss der Bockmattlitürme. Man wählt dabei vorteilhaft den unteren Weg links, nicht den Panoramaweg über den Kamm, welcher zur Kletterhütte Bockmattli führt. Der Einstieg befindet sich direkt bei der NW-Kante des Kleinen Turms, nur wenige Schritte vom Wanderweg entfernt. Von diesem quert man auf Pfadspuren ca. 30m hinüber zur Dole der Wasserfassung, wo sich ein ideales Depot befindet. Ab da geht man 5m nach links, kraxelt über eine 2m-Stufe hoch und findet ca. 10m weiter links den Einstiegsstand mit BH & NH, der Routenname ist angeschrieben (Stand 2025). Hinweis: 8m weiter links befindet sich bei der markanten Tanne der Start vom Prachtsexemplar. Zeit vom See zu Fuss ca. 60-75 Minuten, mit Bike ca. 30 Minuten schneller.
![]() |
Per Bike unterwegs zum Bockmattli, welches sich direkt unterhalb der Sonne befindet. |
Routenbeschreibung
Bockmattli/Kleiner Turm - Skyrace 7b+ (6b obl.) - Total 8 SL, 240m - M. Dettling 2025
Material: 2x50m-Seile, 12 Express, Cams/Keile nicht nötig
L1, 45m, 6b: Dieser Abschnitt startet mit plattiger Wandkletterei an kleinen Crimps und Schüppli, aber das Gelände steilt sich immer mehr auf. Die Griffe werden aber auch besser. An wasserzerfressenem Fels findet man viele Seit- und Untergriffe, dann und wann auch kernige Henkel. Die Crux wartet am überhängenden Wulst, man lasse sich nicht abschütteln. Wenn dies gelingt, dann steigt man ungerupft auf den Pfeilerkopf aus. Von dort führt einfacheres, plattiges Gelände zum Stand.
![]() |
Marcel packt gerade den steilen Wulst in L1 (6b) mit der Crux an. |
L2, 35m, 6c: Steil und imposant geht's los in die Verschneidung hinein. Hier wurde nicht der klassische Weg gewählt, aus modernen Gesichtspunkten ist es definitiv attraktiver (und nicht verifiziert: auch einfacher), gleich wieder nach links über die Seitenwand auszubüxen. Dem Pfeiler und einigen Rissspuren entlang geht's in die Höhe. Nach einem Querband zieht's mit ein paar Bucchi di Céüse an, kulminieren tut die Sache in einem kniffligen Ausstieg in einem seichten Winkel.
![]() |
Da hat Kathrin die Crux in L2 (6c) eben hinter sich. Eine durchaus etwas knifflige Sache! |
L3, 25m, 7a+ oder 6b 1pa: Grasig-einfach geht's ein paar Meter hinauf zum Plattenschild unter dem Dach. Wobei, "Platte" ist da die falsche Bezeichnung. Die Challenge und Crux dieser Länge besteht darin, aus der überhängenden Nische so richtig athletisch vom Boden abzuheben. Ein Power-Boulder erster Güte: ich meine, er ist auf ca. Fb 6B+/6C einzuschätzen. Falls nötig, geht's mit einer Trittschlinge auch mit 1pa und weil man nach gut 1 Körperlänge Kletterei wieder gute Griffe in der Hand hat, wird so nicht mehr als 6b verlangt.
![]() |
Bockmattli-Vibes während Kathrin die schöne Platte nach dem Boulder-Auftakt in L3 (7a+) klettert. |
L4, 15m, 7b+ oder 6a A0: Dieser dachartige Überhang gehört zur Westkante. Wurde früher an Schlaghaken "geleiterlet", so erlauben heute eng steckende BH die freie Passage oder den leidlich bequemen Textilgriff. Wer genügend stark ist, kann das vielleicht sogar im Campus-Style erledigen? Für meine Disposition kommt das nicht in Frage. So sind nicht nur die Anforderungen an die Athletik hoch, sondern es gilt technisch geschickt die Füsse mal hier und mal da zu platzieren und mehr oder weniger alle gummierten Zonen der Kletterfinken einmal auf die eine oder andere Art an den Fels zu pressen, damit die freie Passage möglich wird. Meine Einschätzung: es ist eine echt geniale Bouldersequenz, welche bei ca. Fb 6C+/7A eincheckt.
![]() |
Los geht's! Entschlossenheit, eine gute Sequenz und Power sind nötig für das Dach in L4 (7b+). |
L5, 25m, 6a: Aus Dach mach gemütlich: hier, in der ersten Seillänge der Himmelskante, bewegt man sich wieder mehr auf den Füssen. Geschenkt ist aber trotz dem tiefen Grad gar nichts. Einige vertikale Kanten bzw. Rissspuren entpuppen sich als nicht so griffig und positive Tritte sind auch Mangelware, so dass man doch die grauen Zellen anstrengen muss, um eine funktionierende Sequenz zu finden. Erst zuletzt dann einfacher in kurz nicht ganz so bombigen Fels zum Stand an Irniger-Platte vor dem steilen Kantenteil.
![]() |
Im ersten Teil von L5 (6a) fühlt sich nicht jeder Meter gleich der vergebenen Schwierigkeit an. |
L6, 20m, 6c: Die zweite Seillänge der Himmelskante pfeift direkt an der Ecke kühn in den Himmel. Formidabler Fels und tolle Moves warten. Kräftig, trickreich und anhaltend muss stets nach der optimalen Lösung gesucht werden. Und wenn sich diese nicht gleich offeriert, dann beginnt womöglich die Ausdaueruhr zu ticken. Erst zuletzt geht's dann an zwei kernigen Henkeln nach rechts in die Wand hinaus zu einem unbequemen Stand, welchen man aber zur Vermeidung von Seilzug zwingend nutzen muss.
![]() |
Anhaltend, elegante und immer spannende Kletterei direkt an der (Himmels)kante in L6 (6c). |
L7, 25m, 6c+/7a: Hier haben wir es mit der dritten Seillänge der Himmelskante, der nominellen Crux zu tun. Diese offenbart sich gleich im steilen und kompakten Wandabschnitt oberhalb vom Standplatz. Es gilt einen abgefahrenen technischen Boulder zu bewältigen, dessen Lösung aber trotzdem recht gut erahnt werden kann. Hat man sich dann wieder an der Kante links etabliert, heisst es über 2-3 Haken an Untergriffen noch etwas dranzubleiben, bevor die Schwierigkeiten nachlassen. Über graduell einfacheres Gelände erreicht man den Stand direkt an der Kante, alternativ kann man auch 5m weiter nach links zum BH-Stand vom Prachtsexemplar weiter.
![]() |
In L7 (6c+/7a) kommt die Crux gleich zu Beginn, danach lässt's mehr und mehr nach. |
L8, 50m 5c: Wer noch eine gemütliche Seillänge zum Ausklettern machen, den bequemen Rastplatz auf der Westschulter erreichen und zu Fuss absteigen möchte, wählt idealerweise das letzte Teilstück vom Prachtsexemplar. Dieses bietet vergnügliche Kletterei an guten Griffen, die Crux befindet sich mittig bei einem steileren Abschnitt. Achtung, 50m-Seile sind vom Stand der Himmelskante knapp: entweder wie bei L7 schon erwähnt den Stand vom Prachtsexemplar nutzen, alternativ kann der/die Seilzweite auch die ersten paar Meter nachfolgen (einfaches Gehgelände).
![]() |
Geschafft! Die letzte Seillänge (L8, 5c) bietet ein gemütliches Ausklettern. |
Abstieg
Vom letzten Stand noch ca. 20m hochsteigen auf die bequeme Fläche der Westschulter. Von dort kann man bequem in 15 Minuten zu Fuss absteigen. Auf deutlichen Wegspuren geht's südseitig über das Schrägband in die Kleine Chälen und dann durch diese hinunter. Das Abseilen mit 2x50m funktioniert auch gut. Von L8 kann man entweder direkt über das Prachtsexemplar abseilen (siehe Topo), oder auch zurück zu Stand 7 und dann über die gekletterte Route (S8 -> S7 -> S5 -> S2 -> S1 -> Einstieg).
![]() |
Der Abstieg über das Schrägband in die Klein Chälen, die Wegspur ist gut sichtbar. |
Planungsgrundlagen, Absicherung & Topo
Die ersten 3, von mir neu erschlossenen Skyrace-Seillängen sind sehr gut mit rostfreien Bohrhaken und Raumer-Kettenständen abgesichert (Niveau xxxx). Im Dach der Westkante stecken die BH im 50cm-Abstand. Die Himmelskante wurde 1995 und 2004 von Benno Kälin mit rostfreien BH saniert. Während die Sicherungen im einfachen Gelände (L5, zweiter Teil von L7) nicht so dicht präsent sind, gibt es im Hauptteil eine enge Absicherung (Niveau xxxx-xxxxx). Zwingend schwierige Stellen kommen meines Erachtens nirgends vor, mehr als 6b ist kaum obligatorisch zu meistern. Wer möchte, kann hier und da sicherlich noch eine mobile Sicherung unterbringen. Aus meiner Optik ist dies jedoch nicht nötig und deshalb lautet meine Empfehlung, Cams und Keile daheim zu lassen.
![]() |
Unzweifelhaft, hier geht's los - auch wenn die Farbe dereinst verblasst sein sollte. |
Die NW-seitig ausgerichtete Route liegt auch im Hochsommer bis am frühen Nachmittag am Schatten. Der obere Teil der Himmelskante erhält ab ca. 13.00 Uhr die erste Einstrahlung. Somit besteht eine mögliche Strategie darin, an heissen Tagen früh einzusteigen. Dank einfachem Zugang, moderater Länge, guter Rückzugsmöglichkeit und der Schutz bietenden Kletterhütte lässt sich möglicherweise auch an gewittrigen Tagen noch ein Punkt holen. Wichtig ist da eher, dass es am Vorabend nicht intensiv geregnet hat. Generell sind die Verhältnisse am Bockmattli besser, wenn es nicht unmittelbar zuvor sehr feucht war. Für lokale Verhältnisse ist das Skyrace aber schnell trocken und kletterbar. Eine von mir gerne gewählte Strategie fürs Bockmattli besteht an nicht ganz so heissen Tagen darin, erst Mitte Nachmittag einzusteigen und bis spätabends im goldenen Licht der Sonne zu klettern, man geniesst in diesem Fall ein fantastisches Ambiente mit Blick auf den leuchtenden Zürisee. Zum Ende interessieren sich bestimmt alle brennend für das Topo der Route - gerne, hier ist es!
![]() |
Klettern am Bockmattli, immer wieder ein grosser Genuss! |
Als Endpunkt noch ein Disclaimer für all jene, die oben nicht genau gelesen haben: neu am Skyrace sind drei komplett eigenständige, von mir im 2025 erschlossene Seillängen unter das Dach der Westkante. Der Weiterweg ist absolut logisch und bezieht wie in Bericht und Topo dargestellt Seillängen der Westkante, der Himmelskante und vom Prachtsexemplar mit ein. Es stellt sich natürlich die Frage, welcher Name für das Ensemble der treffendste ist: Himmelskante, Skyrace oder eine traditionell inspirierte Neukonstruktion à la Direkte NW-Kante?!? Ich habe keine starke Meinung dazu und kann mit jeder Option gut leben. Im Sinne der Transparenz sei an dieser Stelle erwähnt, dass sich die Erschliesser im Fall des 2015 eingerichteten Direkteinstiegs zum Element of Slime gewünscht haben, den ursprünglichen Namen für die neue Version beizubehalten. Im vorliegenden Case erhielt ich jedoch keine Rückmeldung in dieser Hinsicht. Dementsprechend bleibt mir keine andere Option, als einen neuen Namen zu wählen. Ohne das explizite Einverständnis scheint es mir nicht legitim, die etablierte Route Himmelskante neu zu definieren.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Ich freue mich über Ergänzungen zu diesem Blog via Kommentarfeld!
Kontakt: mdettling74@gmail.com.