Wenn die Bockmattlitürme in der Abendsonne leuchten, dann zieht es mich seit meinen Jugendzeiten magisch dorthin. Das war an diesem Freitag anfangs Mai wieder einmal der Fall und so wollte ich meinem Begehren gerne nachgeben. Einen Partner für eine Klettertour konnte ich inmitten des langen Weekends nicht finden. Doch mit meinem Rope Solo vom Vorjahr in der Meriba hatte ich ja beste Erfahrungen gemacht. Um es einfach zu halten und mit Blick auf das begrenzte Zeitbudget, entschied ich mich für die Schiberg-Nordkante. Mit minimalem Zustieg und prima Absicherung lässt es sich dort unkompliziert in eisenfestem, unverschämt griffigem Fels klettern.
Wie inzwischen üblich startete ich bei der Staumauer mit dem Bike und erreichte so nach 5.5km Fahrstrecke in 20 Minuten die Schwarzenegg. Ab da sind es noch 15 Minuten zu Fuss zur Kletterhütte und nur wenige Schritte mehr bis zur Schiberg Nordkante. Tatsächlich musste ich aber noch ein verbleibendes Schneefeld beschreiten, ob all der Unkompliziertheit gab's doch noch ein wenig Alpine Experience 😁 Die zu meinem Hauptziel auserkorene Gumpiroute startet erst auf dem Podest 50m über dem Wandfuss. Die klar lohnendste Möglichkeit dahin zu kommen ist via die ersten beiden Seillängen von Jenelana, was eine ideale 4-SL-Tour mit homogenen Schwierigkeiten im Bereich 6b ergibt. Deren Einstieg befindet sich 20m rechts oben in der Rinne, im ersten BH ist eine Namensplakette integriert. Zum Glück war es dort aper, so konnte ich um ca. 17.30 Uhr trockenen und warmen Fusses mit der Kletterei starten.
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Blick auf die Schiberg-Nordkante mit der gekletterten Linie (2 SL Jenelana & 3 SL Gumpiroute) |
L1, 25m, 6b: Wandkletterei in schönem, kompaktem Fels, welcher von stumpfen, vertikalen Rissen durchzogen ist. Sieht von unten eher etwas einfacher aus, als es sich dann klettert. So macht wohl noch manch eine/r gern von der kleinen Rechtsschleife nach dem vierten BH Gebrauch. Wer eine zusätzliche Herausforderung braucht, kann diese Passage direkt klettern.
L2, 25m, 6a+: Vom Stand geht's leicht links weg und dann hoch zum ersten BH. Danach folgt steile knapp senkrechte Risskletterei, wobei sich links und rechts immer wieder Griffe und Tritte anbieten. Zum Schluss geht's dann noch griffig über einen Wulst hinweg, bevor man zum bequemen Grasbödeli kommt, wo die Gumpiroute startet. Es gilt, sich auf dem Podest etwa 3-4m nach links zum Stand mit Muniring und Petzl-BH zu verschieben, die Gumpiroute zieht direkt darüber in die Höhe.
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Bockmattli-Vibes mit Blick zum Brüschstockbügel und dem Zürisee. |
Gumpiroute
L3, 20m, 6a+: Der Start ist etwas komisch, denn linksrum befindet sich ein tief steckender BH, zum Klettern einfacher wäre es aber rechtsrum. Item, es folgt steile, griffige und recht athletische Kletterei an Henkelschuppen und Rissspuren. Die Absicherung ist sehr gut mit BH, teils könnte man sich auch an den noch steckenden, originalen NH behelfen. Teils sind die BH jedoch hoch gebohrt. Und das sagt der berüchtigtste BH-Hochbohrer der Alpennordseite, das will wohl etwas heissen 😎. Für kürzer gewachsene gibt es m.E. recht zwingende Stelle nahe der Hauptschwierigkeit. Das Umkehrmaillon im Haken darunter spricht jedenfalls Bände... wobei es gutes Sturzgelände ist und auch kein weiter Abstand, man kann riskieren und es ist "gut abgesichert", aber A0 geht da nicht. Am Ende dann einfachere Linksquerung zu Stand mit Muniring und BH.
L4, 25m, 6b+: Die ersten Meter sind gut zugänglich in einer Art Verschneidung, nachher geht's dann gerade hinauf mit athletischer Power-Kletterei an strukturiertem, griffig-henkligem Gestein. Wirklich eine absolut affengeile Turnerei, mir kam es für die angegebene 6b+ doch ziemlich hart vor und ich musste durchaus in die Trickkiste greifen, um das stabil klettern zu können: Heelhook, Toehook und 1-2x hart anziehen. War das nur der Ropesolo-Bammel oder ist es tatsächlich so taff?!? Die Absicherung ist an sich super, wobei man beim härtesten Abschnitt aber nicht ganz direkt über die Haken klettert und es deshalb doch etwas Courage brauchte. Vermutlich funktioniert die Strategie A0 da aber mit Einbezug von einem verbliebenen BH aus der Zeit der Erstbegehung gut.
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Verbliebenes Relikt aus der Zeit der Erstbegehung... |
Von hier kann man über die Gumpiroute abseilen (besser in 2 Manövern) oder alternativ:
L5, 20m, 4a: Optionale Seillänge nach rechts zu gut sichtbarem BH und weiter horizontal zum Muni am Top von Andromeda, alternativ (meine Variante) vom BH Richtung 14 Uhr hinauf und um die Kante zum Top von Jenelana (mit Wandbuchkontrolle, leider fehlt aktuell bzw. schon seit einiger Zeit ein funktionierender Stift, das Buch ist hingegen noch tiptop in Ordnung).
Nach vermutlich etwa 2:00 Stunden hatte ich das Ropesolo-Programm (2x Klettern und 1x Abseilen) absolviert und konnte mich darum kümmern, wieder zum Wandfuss zu kommen. Mit Doppelseilen reichen dazu 2 Manöver, mit meinem Einfachseil musste ich hingegen 4 Stück ziehen. Achtung, während man vom Andromeda-Stand mit 1x50m klar kommt, ist vom Jenelana-Stand zwingend ein 1x60m-Seil nötig. Sehr zufrieden konnte ich meine Sachen packen, vom aussichtsreichen Kamm die letzten Blicke in die Nordwände geniessen und dann in rauschender Fahrt zu Tale brausen.
Meine liebste Jahreszeit? Natürlich die, in welcher After-Work-MSL möglich sind!
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Von diesem Anblick kann man nie genug kriegen... [dieses Bild ist allerdings vom Hinweg]. |
Facts
Bockmattli - Gumpiroute 6b+ (6a+ obl.) - 4-5 SL, 115m - Braun/Müller/Villiger 1974 - ***;xxxxx
Material: 1x50m-Seil, 10 Express, Cams/Keile nicht nötig
Absolut lässige, kurze MSL-Tour in eisenfestem, steilem und sehr griffigem Kalk. Wem es nach mehr gelüstet, kann auch noch die beiden oberen Seillängen von Andromeda und Jenelana klettern, so gibt's dann doch ein volles Tagesprogramm mit homogenen Schwierigkeiten. Zu erwähnen sind der minimale Zustieg vom Kletterhüttli, die schattige Lage (je nach Jahreszeit gar keine oder nur spätabends Sonne) und die sehr gute Absicherung mit rostfreien Bohrhaken. Topos findet man entweder im SAC-Tourenportal oder im Plaisir Ost aus dem Filidor-Verlag.
Du bist ja mega draußen unterwegs. Hab das Klettern als Hobby eben erst über meinen Sohn für mich entdeckt und es fehlt sicherlich noch einiges an Erfahrung, Können und Training bis zu den ersten längeren Touren am Fels. Aber deine Beiträge zu lesen macht Lust auf mehr. Danke dafür und alles Gute!
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