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Dienstag, 1. August 2023

Wiss Stöckli - Ostwand - Grüter/Müller (7a A1)

Die Route von Kurt Grüter und Walti Müller durch die Ostwand des Wiss Stöckli im Brunnital. Im Jahr 1974 war sie in aufwändiger Erschliessungsarbeit von den beiden Mitgliedern der Bergsteigergruppe Alpina (BGA) eröffnet worden. Im 2003 erfolgte eine Sanierung durch Sepp von Rotz. Aus dieser entstand ein attraktiv wirkendes Topo, welches grossartige alpine Sportkletterei mit Schwierigkeiten bis 7a, eine Top-Absicherung und über weite Strecken besten Fels versprach. So etwas noch gepaart mit einem wunderbaren alpinen Setting, aber bei doch guter Erreichbarkeit - da sollte man eigentlich meinen, dass die Begeher nur so Schlange stehen. Aus dem Web liess (und lässt) sich aber kaum etwas in Erfahrung bringen, was auf nur seltene Begehungen hindeutet. Auch wir verschoben unsere Pläne immer und immer wieder, bis unsere Vorstellungen im Juli 2017 dann definitiv zu dieser Route konvergierten.

Die stolze Ostwand des Wiss Stöckli mit Start- und Endpunkt der Grüter/Müller (1974).

Leider habe ich es damals im Anschluss an die Tour verpasst, einen Blog zu tippen. Auch meine auf der Tour angefertigte Toposkizze glaubte ich als verschollen, bis sie mir dieser Tage beim Aufräumen rein zufällig wieder in die Hände geriet. So gibt's nun doch noch einen verspäteten Bericht. Über gewisse Details der Begehung hat sich natürlich schon der Schleier des Vergessens gelegt. Doch mit der Skizze, den Fotos und einigen Fragmenten aus Mails und Chats von damals lässt sich doch noch etwas an (hoffentlich) wissenswertem Material generieren. Wir ergatterten uns jedenfalls im Hotel Alpina in Unterschächen eine Fahrbewilligung (20 CHF) zur Brunnialp und starteten um ca. 7.00 Uhr beim P.1409. Eine gute Alternative ist sicher auch die Verwendung von einem E-Bike ab dem Fahrverbot bei der Talstation der Sittlisalpbahn. Mit diesem kann man dann schon fast bis in die Nähe des Einstiegs fahren, je nach Art des Abstiegs/Abseilens (siehe unten) sind die Strassenkehren auf 1600m oder 1700m das sinnvolle Depot (siehe Luftbild, die schematische Karte ist nicht aktuell). Im Zustieg folgten wir so lange wie es sinnvoll schien der Strasse und querten dann unter die Wand. Um ca. 8.00 Uhr starteten wir mit der Kletterei.

L1, 45m, 11 BH, offiziell 6c, für uns 6a 3pa: Schon der Auftakt an einer etwas brüchigen Schuppe verläuft nicht so geschmeidig. Dies wird gefolgt von einer kurzen, aber schwierigen Plattenstelle, welche einen schwierigeren Eindruck als 6c machte. Die Haken stecken hier eher A0-optimiert, ein Sturz würde wohl mit dem Aufprall auf dem Band unterhalb enden - deshalb ohne langes Zögern zu den Haken gegriffen. Das Ende der Länge ist wieder einfacher, aber splittrig.

Nicht so erbauliche Kletterei im oberen Teil von L1 (6a A0).

L2, 20m, 10 BH, offiziell 6c+, für uns 6b A0: Der Start der Seillänge über die noch geneigte Zone war für uns frei kletterbar (eher splittrig, unschön). Dann steilt sich die Wand markant auf und ist von einer staubigen Sinterschicht überzogen. Dieser Abschnitt ist auch häufig nass. Hier sahen wir keine Chance auf eine freie Begehung, erst recht nicht im Grad 6c+. Die Bolts stecken für eine technische Begehung optimiert, somit also an den letzten 5 Exen heftig gemolken und auch diese Länge A0 geklettert.

Bis etwa zu dieser Stelle geht L2 (6b A0) noch frei, dann heisst's die Exen so richtig melken.

L3, 25m, 11 BH, offiziell 6c A0, für uns 6a A1: Hier stellt sich zuerst ein ausgewachsenes Dach in den Weg. Wir bezweifeln, dass dieses frei möglich ist, vor allem ist der Fels auch hier splittrig und unschön. Somit die Trittschlingen ausgepackt, so geht's kommod. Nachher legt sich das Gelände wieder zurück, hier kommt man mit 6a-Kletterei gut durch.

Oberhalb vom grossen Technodach ist L3 (6a A1) dann sogar mit etwas Genuss frei kletterbar.

L4, 25m, 11 BH, offiziell 6c, für uns 6a A0: Zum Auftakt geht's über eine kompakte Platte. Die sieht auf den ersten Blick endlich etwas besser aus als die bisherigen Seillängen. Allerdings wird es mir (für eine 6c) bald zu schwierig, der glatte Fels offeriert kaum Tritt- und Griffmöglichkeiten. Ob der vielen Hakenzieherei fehlen der Flow und das Selbstvertrauen und so liegt auch hier der Griff zu den Haken nahe. 

Start in L4 (6a A0), gleich wird's unangenehm schwierig.

L5, 25m, 7 BH, 5a: Ha, endlich einmal eine Seillänge, die uns in freier Kletterei gelingt. Hier wurden die versprochenen Schwierigkeiten denn auch nicht überschritten. Das heisst aber nicht, dass diese Seillänge schön wäre. Der Fels ist brüchig, das Teilstück unattraktiv.

Foto ist leider unscharf, für einen Eindruck der brüchigen Querung von L5 (5a) reicht's trotzdem.

L6, 30m, 10 BH, offiziell 6c, für uns 6b A0: Hier kommt im ersten Teil der Seillänge das erste Mal etwas Klettergenuss auf, in dieser Passage gelingen endlich einmal ein paar schwierige Moves im Bereich 6b komplett frei. Das Ende der Länge ist dann aber an splittrig-brüchigen Überhängen wiederum unschön und es erfolgt der Griff zum Haken (ginge wohl schon frei, wenn man unbedingt möchte).

Kurzum, von den ersten 6 Seillängen der Route waren wir extrem enttäuscht (um jetzt nicht zu schreiben, sie seien ein kompletter Mist). Im Topo stehen Schwierigkeiten, denen wir in freier Kletterei normalerweise problemlos gewachsen sind. Das traf jedoch überhaupt nicht zu. Zudem ist die zahlreich vorhandene Absicherung auf die Hakenzieherei optimiert. Noch dazu ist der Fels oft splittrig und für die Freikletterei nicht attraktiv. ABER: ab L7 ändert sich die Sache. Das Gestein wird deutlich besser, die Kletterei ist vielleicht nicht immer top, aber doch oft spassig. Vor allem aber stimmen auch die im Topo angegebenen Schwierigkeiten und die Absicherung erlaubt einen vernünftigen Kletterfluss. Im Rückblick kann ich nicht mehr genau rekonstruieren, wie es uns nach diesem Anfangsfrust gelungen ist, den Schalter umzulegen und die Tour zu geniessen. Ist ja auch nicht weiter wichtig, es zählt nur, dass wir das geschafft haben. Es sei auch erwähnt, dass mir ab L7 alles onsight gelungen ist, inklusive der mit 7a bewerteten, nominellen Cruxlänge.

L7, 25m, 7 BH, 6a+: Schöne Kletterei ziemlich gerade hinauf, folgt einigen Strukturen.

Jonas geht voraus - sein Spürsinn sagt ihm, dass sich dies in L7 (6a+) lohnt. Und er liegt richtig.

L8, 30m, 8 BH, 6c: Zum Auftakt folgt gleich die plattig-bouldrige Crux. Der Fels ist schön hier und die Challenge lässig. Wir finden den Schlüssel und können die Stelle klettern. So langsam aber sicher kehrt das Mojo in unseren Versuch zurück. Nach einer kurzen Querung geht's in deutlich einfacherem Gelände zum Stand hinauf.

Unterwegs in L8 (6c), knifflige Plattenstelle in prima Fels zu Beginn.

L9, 40m, 7 BH, 6a: Die Schwierigkeiten bestehen hier eigentlich nur aus einem Move zu Beginn der Seillänge. Nachher geht's über eine Art Rampe in einfacherem Gelände zu Stand auf einem Pfeilerkopf.

L10, 30m, 12 BH, 7a: Hoppala, was da wohl wartet? Zum Glück ein problemlos machbarer Auftakt, der in eine Verschneidung führt. Über einen Wulst hinweg heisst es knifflig auf die Abschlussplatte zu kommen. Wir meistern den Mantle und finden danach auf der Platte die nötigen Strukturen.

Die Kniffligkeit dieses Aufrichters in der nominellen Crux der Route (L10, 7a) lässt sich erahnen!

L11, 25m, 5 BH, 5c: Dieser Abschnitt hält uns nicht lange auf, er führt in eine markante Nische am Fusse von steilen Verschneidungen.

L12, 25m, 4 BH, 5c: Es gibt aber einen eleganten Ausweg aus der Situation. Über eine prima strukturierte Platte klettert es sich elegant nach links hinaus - sehr schön!

So richtig tolle Kletterei wartet in L12 (5c).

L13, 30m, 9 BH, 6c+: Einer nach rechts offenen Verschneidung geht's hier entlang. Lange Zeit ist die Kletterei echt gutmütig und spielt sich im Bereich 6a+ ab. Zum Stand, der sich links in der Wand befindet, wartet dann aber ein zünftige Boulderstelle.

Das Finish von L13 (6c+) hat es in sich, mit einer Boulderstelle in der kompakten Wand am linken Bildrand.

L14, 30m, 8 BH, 6c+: Schöne und recht fordernde Kletterei, welche beim Wechsel über eine Kante, bzw. die nachfolgende Platte zu einer Verschneidung eine ziemlich zwingende Stelle aufweist. Vielleicht sogar die Crux in Bezug auf's Hochkommen dieser Route (aber keine Sorgen, gut abgesichert).

Die Hauptschwierigkeiten in L14 (6c+) sind an dieser Stelle überwunden, vorher heisst's kurz Guzzi geben!

L15, 40m, 9 BH, 6a: Mit dem Ende der vorangehenden Seillänge hat man einen steilen Wandbereich verlassen und gelangt in einen grossen Trichter. Hier wechseln sich steile Aufschwünge und flachere, etwas geröllige Zonen ab. Die Schwierigkeiten sind hier weniger anhaltend, dementsprechend stecken die Bolts nicht mehr ganz so dicht. Sprich, der Routenverlauf muss richtig erkannt werden. Hier befinden sich die ersten 2 BH links der Rinne, danach rechts auf dem Plattenrücken.

L16, 40m, 6 BH, 5c: Unschwierige Kletterei in gestuftem Gelände. Achtung, es geht zu Beginn nicht auf den Pfeilerkopf hoch. Am Ende dann immer noch gemütliche, durchaus ansprechende Risskletterei.

Jonas folgt am Ende von L16 (5c), hier wechseln sich Stufen und flache Abschnitte ab.

L17, 40m, 1 NH, 6 BH, 5c: Sicher die schönste Seillänge in diesem Wandbereich. Erst klettert man in einer scharf geschnittenen Verschneidung, später dann geht's einfacher entlang den Rissen in der linken Wand.

Das ist die schöne Verschneidung am Anfang von L17 (5c).

L18, 45m, 5 BH, 5b: Ein Überführungsstück zur gewaltigen, dolomitisch anmutenden Abschlussverschneidung, die einen aus dieser Perspektive fast erschaudern lässt. Erst einfach über schrofiges Gelände. Am Ende haben die Sanierer die direkte Passage über eine schöne Abschlusswand gewählt.

Der Autor an der schönen Abschlusswand von L18 (5b), der steile Riss von L20 gut sichtbar.

L19, 30m, 6 BH, 6b: Ab diesem Punkt befindet man sich in der grossen Verschneidung, welche die Route beschliesst. Hier befindet man sich jedoch noch in vertikalem Gelände vor dem sperrenden, überhängenden Riegel darob. Während früher vermutlich direkt am breiten Riss im Grund geklettert wurde, stecken die BH von der Sanierung links in der Wand, wo man deutlich kommoder vorankommt.

Holzkeil am Rampfriss oder Inox-BH in der Wand - unsere Präferenz in L19 (6b) ist klar.

L20, 30m, 12 BH, 6b+: Eine absolut spektakuläre Seillänge mit überhängender Riss- und Verschneidungskletterei. Das stark zerfressene Gestein ist aber sehr griffig und die Absicherung üppig. Wenn noch etwas Kraftreserven vorhanden sind (was bei uns der Fall war), so wachsen einem hier keine grauen Haare.

Ich sag's ja, dolomitisches Ambiente - eindrücklich steile Verschneidung in L20 (6b+).

L21, 25m, 8 BH, 6a+: Zuerst auch dem Riss bzw. der Verschneidung entlang. Dort würde es aber unangenehm steil, also zieht man nach links in die Wand hinaus. Da heisst es durchaus nochmals, ein paar Griffe bei luftiger Exposition gescheit festzuhalten!

Erst dem Riss entlang, dann nach links in die Wand - so geht's in L21 (6a+) zum Top.

Um 15.20 Uhr sind wir nach rund 7:15h Kletterei am Top und können im dort angebrachten Wandbuch blättern. Wie wir es vermutet haben, sind die Einträge hier sehr spärlich und beschränken sich zu einem wesentlichen Teil auf wiederholte Begehungen aus dem Umfeld des Sanierers. Zu erwähnen ist der speziell schöne Blick in die Umgebung, welche mir im Lauf der Jahre einige unvergessliche Abenteuer beschert hat. Früher die Ruch Chälen mit ihrer Skitour, wenige Monate zuvor die Nordwand des Gross Ruchen mit der Route 'Der dunkle Turm', der Eisfall 'Ohne Fleiss kein Eis' gleich gegenüber unter der Nordwand am Stäfelstock. Und dann natürlich das Harakiri-Unternehmen in der Nordwand der Gross Windgällen selber, welches aber erst knapp 1 Jahr nach der hier beschriebenen Tour stattfand. Naja, im Brunnital ist jedenfalls immer für Action gesorgt.

Toller Blick in die Ruch Chälen und die Nordwand am Gross Ruchen.

Für uns stellte sich aber vorderhand die Frage, wie wir vom Berg kommen wollten. Ein Abseilen über die Grüter/Müller ist möglich. Laut Topo sind 15 Manöver nötig, das teilweise geröllige und gestufte Gelände würde hin und wieder sicher ordentlich Seilpflege erfordern. So entschlossen wir uns kurzerhand, den Alternativabstieg zu versuchen (in weiser Voraussicht hatten wir kein Material am Einstieg hinterlassen und die Schuhe auf Mann, sonst macht das keinen Sinn). Mit etwas Abstieg im Schrofengelände Richtung Süden liess sich die Abseilstelle am Top der Route Margrithli gut auffinden. Ab dort sind es dann 7 Manöver hinunter auf die einmalig-sehenswerte, flache Felszone im Bereich vom Firnband. Zu Fuss geht's hinunter über Griesseggen, wo ein Steinmann den Beginn des Steigs über die Steilzone (einige Drahtseile vorhanden) markiert. Unterhalb dann mehr oder weniger weglos zur Strassenkehre auf 1600m und in Bälde zu unserem Ausgangspunkt und Automobil beim P.1409. Der Abstieg vom Top hatte uns ziemlich genau 1:30h gekostet, die je hälftig dem Abseilen und dem Fussabstieg zufielen. Ein Abstieg mit Abseilen über die Grüter/Müller würde bestimmt deutlich länger dauern (wohl insgesamt ca. 1h). An die damaligen Emotionen zum Tourenende kann ich mich heute nicht mehr ganz genau erinnern. Sicher aber war es so, dass uns die deutlich schöneren, frei kletterbaren oberen 2/3 der Route wieder mit dem etwas durchzogenen Beginn versöhnt hatten. Und aus heutiger Sicht ist es, auch wenn nicht jeder Klettermeter perfekt war, einfach ein grandioses Abenteuer in der wilden Landschaft des Brunnitals, das sich auf jeden Fall gelohnt hat!

Facts

Wiss Stöckli - Grüter/Müller 7a A1 (6b obl.) - 21 SL, 630m - Grüter/Müller 1974 - **;xxxx
Material: 2x50m-Seile, 13 Express, Cams/Keile nicht nötig.

Diese Route aus den 1970er-Jahren wurde im 2003 von Sepp von Rotz mit vielen BH saniert und stellt laut dem damals angefertigten Topo eine Freikletterlinie dar. Dem vermögen wir nicht ganz zuzustimmen. Die Kletterei ist auf den ersten 6 Seillängen für unsereins nicht ohne Textilgriff zu bewältigen. Auch ist das Gestein in dieser Zone eher unschön, teils splittrig oder brüchig, kurzum für eine (komplett) freie Begehung wenig attraktiv. Immerhin stecken so viele Bolts, dass man meist ohne grosses Gewürge A0 raufkommt, nur eine kurze Stelle am Dach in L3 wäre als A1 zu taxieren. Ab L7 bietet die Route ansprechende, alpine Freikletterei. Es gibt schöne kompakte Passagen, anderswo auch gestuftes Gelände und Feinschmecker würden wohl abschnittweise immer noch brüchige Passagen monieren. Auch hier ist die Route prima abgesichert. Wer eine 6b gut draufhat, wird bestimmt keine Sorgen haben. Mobile Sicherungen liessen sich durchaus hier und da legen, als nötig empfanden wir dies jedoch nicht. Unten das Topo von der Sanierung. Wie oben im Text erwähnt, die für L1-L6 angegebenen Bewertungen sind m.E. nicht zutreffend.

Originaltopo nach der Sanierung - vielen herzlichen Dank!

Freitag, 10. Februar 2023

Brunnital - Hydrophobia (WI6-)

Unverhofft kommt... vielleicht nicht allzu oft, aber diese Tour ist uns wirklich ziemlich unerwartet gelungen. Inzwischen sind wir ja eher so etwas wie Eiskletter-Pensionisten, welche die Pickel nur noch selten und zu ausgewählten Bedingungen schwingen. Sehr spontan kam am Vorabend die Verabredung mit Jonas zustande, nach Abwägen der Optionen wollten wir ins Brunnital um zu schauen, was machbar wäre. Dass es mit der Hydrophobia eine der prominentesten Linien im Tal werden würde, konnten wir da noch nicht wirklich auf der Agenda haben. Aber natürlich war dieser Plan im Hinterkopf schon ein wenig verdrahtet, schliesslich war das eine der "Top 10 of Switzerland"-Klettereien von Urs Odermatt, welche uns im Palmares noch fehlte.

* Hinweis: der Bericht ist für diesen Blog unüblich aktuell, d.h. die Tour liegt erst ein paar Tage zurück. Trotzdem ist er kein Tourentipp für die kommenden Tage. Mit den milden Temperaturen und viel Sonnenschein dürfte sich das Begehungsfenster bereits wieder geschlossen haben. 

Hydrophobia - prominent steht dieses eindrückliche Gemäuer am Wegesrand!

Morgens um 7.30 Uhr beim Parkplatz in Unterschächen stellten wir beruhigt fest, dass wir mit grösster Wahrscheinlichkeit als erstes Eiskletterteam des Tages ins Tal pilgern würden. Nur wenige Minuten leichten Anstiegs auf dem hartgepressten Schlittelweg sind es, bis sich die Hydrophobia in ihrer vollen Pracht präsentiert. Es war nicht üppig Eis vorhanden, laut dem Spurenbild waren vorher wohl nur 1 bis max. 2 Seilschaften geklettert, aber sonst standen alle Zeichen auf grün. Wann also, wenn nicht jetzt?!? Schliesslich wird man nicht jünger, es war einfach genau der richtige Zeitpunkt um es zu probieren. Wenn es sich als zu schwierig entpuppen sollte, dann wäre auch nichts verloren gewesen. In wenigen Schritten ist man von der Strasse am Bach unten. Dieser war nicht gefroren, von Stein zu Stein hopsend gelang uns aber eine Überquerung trockenen Fusses. Um ca. 8.30 Uhr hatten wir alles gerüstet und stiegen ein.

Gewaltige Landschaften - los geht's über den Partisanenweg, die direkte Variante heuer unmöglich.

L1, 40m: Laut Topo wurde auch schon direkt über die steilen Säulen gestartet. Eine davon berührte tatsächlich ganz knapp den Boden - aber dünn, fragil, röhrig und äusserst steil, für unsere Begriffe unkletterbar. Wir hatten aber sowieso einen anderen Plan: im Vorbeigehen hatte ich die Hydrophobia schon vielmals studiert und immer den Einstieg über den Partisanenweg als logische Variante erkannt. Dazu nutzt man rechts eine weniger steile Eisspur und quert dann über einen Balkon zur zentralen Hauptsäule. Das ging super, auch die Querung war einfacher wie befürchtet und liess sich mit Eisschrauben gut sichern. Gut geschützter und einigermassen bequemer Stand in der Nische bei der Hauptsäule.

Die Querung über das Band am Ende von L1 dürfte meistens gut möglich sein.

L2, 20m: Nun würde es steil werden, so viel war schon im Vornhinein klar! Als Linie des geringsten Widerstands entpuppte sich nicht die Hauptsäule, sondern der Vorhang rechts daneben. Was auf dem Foto mickrig-fragil aussieht, nahmen wir vor Ort als solide gewachsen und unbedenklich war. Steile, kompromisslose Moves aus dem Stand raus. Bald einmal lässt es nach, über eine Art Rampe steigt man auf den nächsten Boden aus. Hinter der Hauptsäule durch gelangt man zu einem Stand an Schlingen an einem verklemmten Block. Ein erstaunlicher Ort, de visu von der Gegenseite würde man hier nicht einen solch geräumigen Saal erwarten. Aber genau das ist das faszinierende am Eisklettern - die unglaublichen Orte, an welche man gelangt.

Nicht ganz scharf, aber trotzdem eindrücklich - der Saal am Ende von L2.

L3, 25m: "Noch steiler, noch geiler", müsste man fast sagen. Es war schon im Vornhinein klar, dass diese Passage an der Hauptsäule den Schlüssel zu einer erfolgreichen Begehung darstellen würde. Ob wir es uns wohl zutrauen würden?!? Beruhigend war die Tatsache, dass die Säule selbst am Sockel ~3m Durchmesser aufwies und sowohl am Boden wie auch am Fels sehr solide angefroren war. In Bezug auf die Stabilität der Struktur mussten wir also wenig Zweifel haben. Klettermässig geht's zuerst auf der dem Stand zugewandten Backside in lotrechtem Terrain los. Zum Glück war das Eis kompakt und sowohl gut zu schlagen wie zuverlässig zu schrauben. Die Crux bestand im Wechsel auf die Aussenseite - mir gelang es prima, genau an der richtigen Stelle liess sich ein Gerät supersolide versenken. Senkrecht ging es weiter, dank griffigem Eis und vernünftigen Tritten subjektiv ohne extremste Schwierigkeiten. Es sei aber nicht verschwiegen, dass es an dieser Stelle eine heftige Dusche absetzte! Danach lässt es leicht nach und man erreicht einen logischen Standplatz, wo man sich in eine Nische zurückziehen kann.

Das Pièce de Resistance in L3, ab der Stelle um die Ecke zu klettern war die Crux.

L4, 40m: Von der Nische ca. 15m in einem Winkel noch recht steil, aber aufgrund der Eisqualität und Morphologie sehr gut kletterbar hinauf, wo man in flacheres Terrain entlassen wird. Über dieses mit nochmals einer Stufe an den Fuss des nächsten Abschnitts, wo man links, mittig oder rechts perfekte Standplätze in Nischen antrifft. Hier Schutz zu suchen ist durchaus angenehm, hängen doch oberhalb an der Felsstufe zwei riesige, bedrohliche Zapfen (die zudem spätestens ab Mittag in der Sonne sind!). Wenn man es gescheit anlegt, lässt sich die Zeitspanne wo man sich direkt in Falllinie befindet, stark minimieren. Achtung, es ist sicherlich ratsam, nur bei guten Bedingungen (kein "Zapfen-Abhäng-Wetter") und tageszeitlich früh in die Hydrophobia einzusteigen.

Einen gut geschützten Standplatz zu finden ist das A und O beim Eisklettern (der hier nach L1).

L5, 50m: Gleich über die erste Stufe hinauf, dann führt ein flacherer Abschnitt an das letzte Pièce de Resistance, gebildet von einer 15m hohen, +/- senkrechten Stufe. Hätten wir diesen Teil isoliert bzw. zuerst klettern müssen, so hätten wir davor wohl 3x leer geschluckt. Mit dem Selbstvertrauen der bereits bewältigten Steilabschnitte war's aber keine grosse Geschichte mehr, da es schlicht und einfach weniger kompromisslos, breiter, mit perfektem Eis und gutmütiger Morphologie (Ausspreizmöglichkeiten) aufwartete. Danach legt sich das Terrain zurück, in Genusskletterei klettert man zu gut geschütztem Stand bei einer Nische am linken Rand des Falls.

Am Ende von L5 gibt's noch ein paar einfache Meter, ab da genossen wir den Sonnenschein.

L6, 40-50m: Ab hier kletterten wir nun sogar in der Sonne - man muss sich bewusst sein, dass diese schon anfangs Februar relativ zügig kommt und den letzten Abschnitt intensiv besonnt. Nun, wir waren an einem kalten Tag und früh genug unterwegs, so dass wir uns ohne übermässiges Risiko weiterbewegen konnten. Zu Beginn dieser Seillänge hat es immer noch üppig Eis - dass dieses nicht meterdick vorhanden ist, nimmt man am hörbaren Gluckern des Wassers aber durchaus war. Nichtsdestotrotz, auf den nächsten 40-50m wartet eine fantastische Genusskletterei im WI3-Bereich, die auch perfekt mit Schrauben abzusichern war. Zu berücksichtigen: es scheint sehr verlockend, diese Länge gleich bis zum Ende des Falls durchzuklettern. Ich kann nur davon abraten - unbedingt nochmals Stand beziehen, solange es gute Möglichkeiten gibt und solides Eis hat!

Los geht's, dem Ausstieg entgegen! Start in L6.

L7, 30-40m: In Fortsetzung des vorherigen Textabschnitts... gegen Ende des Falls legt sich das Terrain zwar weiter zurück. Gleichzeitig nimmt die Eisdicke ab, erschwerend lag hier auch noch Schnee (und hier war ganz sicher noch niemand vor uns geklettert). Die letzten zehn, durchaus nicht geschenkten Meter lässt es sich kaum mehr sichern und vor allem bietet sich, wenn man dann einmal oben im "flachen" Gelände steht, auch nicht sofort eine Standmöglichkeit. Daher eben nochmals den dringenden Tipp, die letzte Möglichkeit für einen Stand nach L6 nicht zu verpassen - sonst wird es ungeschmeidig. Die einzig vernünftige Standmöglichkeit nach L7 ist ein grosser, toter Baumstamm ziemlich zurückversetzt im Bachbett (ausreichend lange Schlinge(n) nötig!).

Geschafft! Aber wie beschrieben, am Ende von L7 ist es schwierig, einen Standplatz zu bauen.

Nach L7 (wo wir um 14.00 Uhr nach gut 5:00h Kletterzeit waren) ist fertig, oder auch nicht. Nach ca. 50m Fussaufstieg gibt es nochmals eine Steilstufe, die vermutlich auch schon im Eis geklettert wurde?!? Die dortige Säule war nur in Ansätzen vorhanden, bzw. herumliegende Eisbrocken bezeugten, dass diese wohl schon an den Tagen zuvor abgehängt hatte. Wenig erstaunlich, liegt sie doch sehr sonnig in einem Felsenkessel mit nur wenig Auflagefläche oben - das geht wohl nur sehr selten und bei Top-Bedingungen. Vor allem ist es auch nicht zwingend nötig: man kann hinter dem Säulen-Ansatzpunkt hindurchqueren (das würde man wohl sowieso machen) und dann bequem über ein Band auf's Plateau am Ende gelangen. Noch bequemer bzw. einfacher ist ein anderes Band rechts vom Bach, um auf das flache Gelände oberhalb zu gelangen.

Hier könnte man je nach Bedingungen nochmals ein paar Meter klettern. Alternativ hinter dem Sockel durch und über das nach links ziehende Band zum Ausstieg. Was auf dem Foto nicht zu sehen ist: der Zapfen hat nur einen ziemlich mickrigen Anfrierpunkt am Fels, der Rest hängt frei. Da sehr sonnig, hängt der wohl immer wieder ab.

Ob man dies tun soll oder will, bleibe dahingestellt. Wesentliche neue Einblicke erhält man da nicht. Aber die Möglichkeit für einen Fussabstieg. Mit einer aufsteigenden Querung von ca. 150m erreicht man den Pfad nach Fluerütenen (siehe LK), welchen wir damals als Abstieg vom Krümelmonster benutzt hatten. Ich kann es nur einer akuten, geistigen Umnachtung zuschreiben, oder einer absoluten Vorab-Fixierung auf das Abseilen über die Hydrophobia, dass ich nicht vor Ort, sondern erst jetzt im Nachhinein auf diese Option komme. Der Fussabstieg wäre nämlich sicher schneller und bestimmt auch weniger gefährlich. Die Abseilerei über die Hydrophobia ist zwar schon möglich, aber Bequemlichkeit in Form von fixen Standplätzen gibt es nicht. Oberhalb von L7 haben wir links, günstig gelegen an einem Baum, eine Schlinge mit Maillon gefunden und für eine erste 60m-Strecke genutzt. Danach waren 3x Abalakovs für weitere 60m-Strecken zu schrauben. 

Ja, bei einer Eiskletterei bleibt nicht immer alles trocken - auch die Kameralinse nicht...

Mit Schlinge oder nicht?!? Um Plastikabfall in der Natur möglichst zu vermeiden, wäre ein direktes Fädeln des Partieseils angezeigt. Dass einem dies auch zum Verhängnis werden kann, zeigte uns ein brandneues, in einer direkt gefädelten Sanduhr blockiertes Seil im Bereich von L3. Dieses wäre potenziell ein Vielfaches an Plastikabfall im Vergleich zu einer Abalakov-Schlinge geworden. Wir konnten es jedoch befreien und vor dem Verrotten in der Natur bewahren. Wer mehr dazu wissen muss, darf sich gern bei mir per Mail melden. Wir schliesslich standen wohlbehalten zurück am Einstieg. Total geflasht über den unerwarteten Erfolg machten wir uns auf den Heimweg. Auch wenn es uns deswegen wohl nicht viel öfter an die Eisfälle reichen wird - der Tag hat die Motivation dafür nachhaltig aufgefrischt. Es lohnt sich eben wohl doch sehr, diese Spielart der Kletterei nicht völlig aufzugeben. Es scheint auch so, dass wir trotz inzwischen grossen Pausen zwischen den Touren dank (Fels-)Kletterfitness sowie ausreichend Routine und Erfahrung subito auf einem akzeptablen Niveau klettern können - auch wenn wir mit den Schrauben vielleicht lieber nicht so geizen, wie es die richtigen Cracks tun.

Facts

Brunnital - Hydrophobia (WI6-) - 7 SL, 260m - Dollinger/Rathmayr/Wicki 2000
Material: 2x60m-Seile, Eisschrauben, Material zum Abseilen an Abalakovs

Die prominenteste Linie im Brunnital, ein Highlight der Schweizer Eiskletterei. Wegen der eher tiefen und zudem auch noch nachmittagssonnigen Lage leider in den letzten Jahren nur noch selten in guten Bedingungen. Die schwierigste Kletterei folgt gleich zu Beginn, wo es eine gute Passage durch das Labyrinth von steilen Zapfen zu finden gilt. Hat man die ersten 60m einmal bewältigt, wartet dann noch eine grandiose Genusskletterei bis zum Ausstieg. Ein paar Hinweise:

  • Ab Mittag in der Sonne, früh einsteigen!
  • Eisschlaggefahr durch hängende Zapfen beurteilen
  • Es sind keine Standplätze im Fels eingerichtet, Eigeninitiative nötig!
Hier die von uns gekletterte Linie - die Zapfen wachsen aber jedesmal ein wenig anders!


Donnerstag, 7. Juni 2018

Gross Windgällen (3187m) - Nordwand

Die Nordwand der Gross Windgällen fällt über 1000m sehr steil zum Seewlisee im Kanton Uri ab. Wenn man ein Foto davon aus entsprechender Perspektive sieht, so braucht man nicht lange zu fragen, warum man als Bergsteiger zu einer solchen Tour aufbricht - Schwung und Steilheit sind einzigartig, die Herausforderung klar gegeben. Nach einigem Werweissen, ob die Bedingungen wohl gut sein würden, einigten wir uns schliesslich auf einen Aufbruch. Mit im Gepäck war auch hier wieder die Ultraleicht-Flugausrüstung, welche uns nach getanem Wanddurchstieg bequem ins Tal bringen sollte. Es wurde schliesslich eine Tour, welche sich sehr gut zur Reflexion eignet, wie schmal der Grat zwischen einem 'excellent adventure' beim abenteuerlichen Bergsteigen und purem Desaster ist...

Noch Fragen offen?!? Das ist die Nordwand der Gross Windgällen, gesehen vom Seewlisee. Foto: Dolmar @ hikr.org
Vorgeschichte & Zustieg

Dieses Mal musste ich bereits um 1.45 Uhr aus den Federn, unsere Tour startete schliesslich um 3.45 Uhr auf der Brunnialp. Die Fahrbewilligung dahin ist für 20 CHF im Rest. Alpina in Unterschächen erhältlich - natürlich nicht um diese Tageszeit, man organisiere sich zuvor entsprechend. Danach wartete ein harter Marsch in den anbrechenden Tag hinein zum Einstieg. Wir wählten die Route via Griesstal und Sprossengrätli. Via Firnband und Zinggen wäre auch möglich und etwas kürzer, jedoch weglos, anstrengender und im Dunkeln nicht ganz einfach zu finden. Bis ins Griesstal hinauf war's schneefrei, danach gingen wir zu etwa 75% über kompakten Sommerschnee. Genau diese Route hatte ich übrigens im Winter 2 Jahre zuvor schon unter dem Motto "Ohne Fleiss kein Eis" begangen. Man muss das nur leicht modifizieren zu "Ohne Fleiss kein Preis" oder eben keine Nordwand, so passt's auch schon wieder. Wenn ich noch daran denke, dass ich 1.5 Jahre zuvor die Gross Ruchen Nordwand via 'Der dunkle Turm' bestiegen hatte und im vorangehenden Sommer den Bigwall der Grüter/Müller (21 SL, 7a) am Wiss Stöckli vom selben Ausgangspunkt anging, so darf man das hintere Brunnital als Adventure Playground der ersten Güteklasse bezeichnen. So standen wir schliesslich um 5.40 Uhr im Angesicht der Wand, welche aus Bottom-Up-Perspektive sehr felsig aussieht. Der Eindruck täuscht aber... Wobei die Ausaperung der Wand tatsächlich schon deutlich fortgeschritten war, dies war uns jedoch von der ideal positionierten Webcam auf Biel-Kinzig schon bekannt. Da sich Literatur und Web weitgehend einig darin sind, dass dies ideale Verhältnisse darstellen (siehe Infoteil für meine Einschätzung dazu), stiegen wir nach einem Frühstück und Montage der alpinen Komplettmontur um 6.10 Uhr in die Wand ein.

Frontalperspektive auf die Wand vom Sprossengrätli, inklusive Routenverlauf. Das Ausstiegscouloir und auch der Gipfel sind aus dieser Perspektive nicht sichtbar. Markant die Differenz in der Steilheit der Wand zwischen diesem Foto und demjenigen oben. Man wähle aus, was einem besser zusagt ;-)
Es war ein fantastischer Marsch in den anbrechenden Morgen hinein. 
Leer schlucken, rechts umgehen. Es gäbe an der Gross Windgällen nicht nur Bruch und Schotter (wie dieser Bericht hauptsächlich beschreibt), sondern es gibt auch Zonen mit Hammerfels so wie hier. Wanna put up some hardcore alpine sportclimb?!? Here you go...
Unterer Wandteil mit den Hauptschwierigkeiten

Zuerst geht's auf dem unteren Firnband nach rechts hinaus. Diese Passage ist ähnlich wie der grosse Quergang im Chalttäli - einfach nur halb so lang und der Tiefblick ist auch noch nicht ganz so enorm. Zum Runterfallen ist's natürlich trotzdem nix. Dort, wo sich das Band in der Wand verliert, geht's kurz nach oben und dann nach links. Mit den Beschreibungen aus Literatur und Web ("um eine Kante herum") konnte ich vor Ort wenig anfangen. Jedenfalls ist es ziemlich unklar, wo es am besten durchgeht, das Gelände ist sehr unübersichtlich. Tipp: generell tief bleiben. Man kann hier noch seilfrei durch, wenn es so schwierig wird, dass man sichern müsste, ist man falsch. Wir konnten hier eine vor uns gestartete Seilschaft überholen, welche zu hoch hinaufgestiegen war und bereits ans Seil musste. Über dennoch stellenweise heikles und exponiertes Gelände gelangten wir zur sogenannten Schneesichel, welche einfach nach links hinauf zur Schlüsselstelle führt (7.30 Uhr, 1:20h ab Einstieg). Durch ein eisig-kaltes Rinnsal ging's hier im Grad 4b mit Steigeisen eine Länge nach oben. Der Fels ist (wie überall in der Wand) brüchig, am angenehmsten zu klettern dünkte es mich noch direkt im Wasserlauf selber und geduscht hatte ich bei einem Aufstehen um 1.45 Uhr an diesem Tag ja natürlich auch noch nicht. Passt ja alles :-)

Auf dem Einstiegsband, ein sehr exponierter Morgenspaziergang.

Die Schneesichel, am Ende des Schneefelds setzt die Crux an, es geht rechts hinauf.

Yours truly in den steilen Auftaktmetern zu Beginn der Cruxlänge. Auf ein paar Metern ganz ordentlicher Fels.

Danach rechts hinaus und mitten durch das eiskalte Rinnsal. Wenn der Fels hier vereist ist, dann gute Nacht!
Zum Sichern ist die Lage in der Cruxlänge trotz zweier Bolts am Anfang prekär. Noch doofer ist's dann, wenn man oberhalb in flacheres Gelände kommt und vielleicht einmal Nachnehmen möchte. Einen Stand gibt's da nirgends, Möglichkeiten für mobile Sicherungen sind Fehlanzeige. Man steht einfach auf einem geneigten, schuttbedeckten Wandabschnitt, der Fels ist brüchig. War ich froh, dass ich ein paar Schlaghaken am Gurt hatte! Auch diese sind nicht einfach zu platzieren, schliesslich fand ich jedoch eine Ritze, wo ich ihn mit ein paar saftigen Schlägen eintreiben konnte. Damit war der 'Point of no Return' bereits erreicht. An diesem windigen Haken abzuseilen, wäre höchstens als Plan Y, also eigentlich gar nicht in Frage gekommen. Handyempfang gibt's in der Wand übrigens auch keinen, der Ruf nach dem Helikopter als Plan Z ist also auch keine Option. Aufgrund der Situation (es waren total 8 Leute vor Ort) entschieden wir uns für eine Art Himalaya-Style-Climbing, d.h. alle anderen stiegen am fixierten Seil nach und ich ging als einziger im Vorstieg. Ziemlich ungewöhnlich, doch zeitsparend und in dieser Situation absolut angebracht. Aufwärts sah es allerdings auch nicht so erbaulich aus. Oberhalb zeigte sich komplexes, unübersichtliches Felsgelände mit höchst unklarer Routenführung, also wollte der Spürhund ausgepackt werden. Schon immer wieder erstaunlich, wie man an einem solchen Ort stehen kann, keine Ahnung hat, wo es langgeht und zig Optionen offen wären. Dann steigt man dort durch, wo es einem am besten scheint. Zuhause checkt man dann im Nachhinein noch einmal alle Berichte im Web und sieht anhand der Fotos - ah ja, die anderen nahmen offenbar denselben Weg.

Nachstieg am fixierten Seil, dies ist der am Anfang überhängende, breite Riss, der im unteren Abschnitt beschrieben ist.
Vom Stand nach der Cruxlänge ging's +/- gerade nach oben über einen brüchigen Plattenbuckel hinweg auf schuttbedeckte Platten und dann ein Schneefeld und zuletzt etwas morsches Eis. An einer 3m hohen Felsstufe liess sich nach 40m ein akzeptabler Stand an 2 Cams einrichten. In der nächsten Länge wurde diese erklettert, um ein nächstes Band zu erreichen. Darauf sind wir über Geröll und Schnee nach rechts gequert. Nach ca. 25m eröffnet ein breiter Riss den Durchschlupf durch den Felsriegel darob. Wiederum fand sich ein akzeptabler Stand an 2 Cams an dessen Fuss. Dann hiess es zupacken, der ca. 7m hohe Riegel war zu Beginn überhängend. Dank guten Griffen und kantigem Fels trotz dem Rinnsal, welches darüber hinunter lief, gut zu erklettern. Oberhalb flacht das Gelände ab, man erreicht wieder ein Band. Zum Sichern liess sich hier nur 1 eher durchschnittliches Placement für einen Cam identifizieren, suboptimal. Von dieser Stelle leitet einen das Gelände weiter nach rechts. Wir rollten das Seil vorerst auf, obwohl eine kurze, brüchige Engstelle auf dem Band zu passieren war. Es folgte ein weiteres Schneefeld und wieder einmal die Frage wie weiter. Beim Aufstieg nach oben wartete eine weitere Stelle im Fels, abgeschlossen war der Pfeiler von einer steilen, senkrechten Passage. Linkerhand hätten sich 2 etwas weniger steile Rinnen angeboten, aber da lief so viel Wasser... sehr unangenehm. Nach rechts hätte man weiter queren können, allerdings sah das abschüssig-schuttig-brüchige Gelände wenig einladend aus. Zudem fielen dort drüben hin und wieder Steine runter. Somit war der Pfeiler wohl die schwierigste, aber die beste Option, also los.

Der Pfeiler mit der steilen, senkrechten oder gar leicht überhängenden Passage, mitunter der beste Fels in der Route.
Am Fuss des steilsten Abschnitt konnte ich meinen letzten Schlaghaken versenken, sonst gab's kaum Optionen zum Sichern. Doch der Pfeiler wartete mit dem besten Fels der ganzen Route auf, mit ein paar kräftigen Zügen an Henkelschuppen war die Sache rasch erledigt. Schwieriger gestaltete sich dann hingegen die Suche nach einem Standplatz. Schliesslich fand ich einen Batzen Resteis, wo ich eine 13er-Schraube sogar ganz eindrehen konnte. Damit waren wir beim nächsten Wandabschnitt angelangt (10.00 Uhr, 3:50h ab Einstieg, in Zweierseilschaft bestimmt eine Stunde weniger). Erst ein schuttbedeckt-brüchiger, geneigter Abschnitt im Fels, dann lange, um die 50 Grad steile Schneefelder führen hinauf zum Ausstiegscouloir. Dieses ist vorerst überhaupt nicht ersichtlich, es hilft also durchaus, wenn man (z.B. aufgrund von einem guten Wandfoto) eine Vorstellung davon hat, wohin man zielen sollte. Der Zugang zum Couloir wird durch eine ungute, brüchige Felsstufe versperrt. Ein paar heikle Moves hinauf, lottrige Querung nach links in eine Rinne und dort das noch vorhandene Resteis pfleglich behandeln, dies bei gehöriger Exposition, uff! Dann geht's vorerst durch eine Art Kessel nochmals etwas einfacher dahin, bis sich das Couloir verengt.

Impressionen aus dem mittleren Wandteil...

...eine gehörige Rutschbahn, und überall liegen Schutt und Steine herum.

Die ungute Bruchstufe am Eingang zum Ausstiegscouloir. Der Scary-Faktor auf dem Foto ist definitiv zu tief.
Durch das Ausstiegscouloir zum Gipfel

Schon bald wartete eine erste Stufe im Couloir. Der Schnee/Eis-Pfropf an dieser Stelle war sich bereits am Auflösen begriffen. Vorsichtig stiegen wir darüber hinweg, er hielt dem Körpergewicht zum Glück stand. Wenn er fehlt, so wartet mit der Stelle aus der überhängenden Gufel hinaus wohl eine ganz andere Herausforderung. Über Schnee ging's weiter zum nächsten Steilabschnitt. An dessen Fuss steckt nochmals ein BH, Zeit um das Seil wieder auszupacken. Über ein paar Meter im 75-Grad-Eis ging's weiter. Nun ist der Juni logischerweise nicht gerade die Hauptsaison zum Eisklettern, selbst auf 3000m nicht. Doch obwohl die Struktur bereits etwas hohl und morsch war, war's genügend stabil und gut kletterbar. Das Problem bestand eher darin, danach einen Standplatz zu bauen. Die Seitenwände einfach nur aus unendlich brüchigem Klötzlifels. Die beste Option entweder ein T-Anker oder kurz vor Seil aus doch noch die Möglichkeit, ein paar Cams zu versorgen. Damit noch nicht genug, nach einem weitere Schneeabschnitt wartet die finale Steilstufe, auch hier nochmals mit einem (derzeit schwierig zu erreichenden) BH an der rechten Seitenwand. Es wartete eine kurze, nahezu senkrechte Kletterei an einem 'Eis-Wasserfall'. Letzteres würde ich eher als Laienbezeichnung titulieren, hier allerdings absolut zutreffend. Wasser floss in Strömen, doch das Safteis liess sich echt noch gut klettern und so war diese Stufe rasch erledigt. Allerdings, es sei erwähnt, wenn hier das Eis fehlt, so ist diese (im Fels) überhängende Stufe aus der Gufel darunter sicherlich auch ziemlich problematisch. Der Stand oberhalb an einer guten Eisschraube war völlig ok.

Heikler Schnee/Eis-Pfropf im Ausstiegscouloir. Wenn er weg ist, wird's schwierig!
Die letzte, eisige Passage im Couloir. Deutlich angenehmer wie der Wühlschnee!
Ich hatte das Seil wieder fixiert und mich diesem entledigt und machte mich darauf, den letzten Abschnitt zu spuren. Der Schnee wurde je länger je fauler, an gewissen Passagen artete es in eine ziemliche Wühlerei aus. Umso angenehmer war's, weiter oben nochmals auf eine vereiste Passage zu treffen. Dann ging's dem Sattel zwischen W- und E-Gipfel entgegen, zuletzt über loses Geröll hinauf zu Meteostation und Gipfelbuch beim E-Gipfel. Um 12.30 Uhr traf ich dort ein, sprich nach 6:20h in der Wand. Nur zu zweit in der Wand wären davon bestimmt 1.5h eingespart worden, aber für die angetroffene Situation war das sehr gut sich aus der Affäre gezogen. Auf dem Gipfel warf ich als erstes einen Blick in die ENE-Flanke, über welche der Abstieg führt. Dieser hatte mir schon a priori Sorgen gemacht. Er wird schon ab 5.30 Uhr von der Sonne bestrichen, somit war klar, dass der Schnee hier bereits aufgeweicht wäre, egal wie lange wir für den Wanddurchstieg bräuchten. Zudem hatte ich diese Wand rund 10 Jahre zuvor einmal als Skitour begangen und doch als heftig steile Sache im Kopf. Doch gottseidank lag eine gut ausgetretene Spur (d.h. der Gipfel wurde auch von der Hütte via den Normalweg angegangen) und ganz so steil wie ich es in Erinnerung hatte, schien es doch auch nicht zu sein. Somit konnte ich ein wenig mit dem Gefühl "wir haben's geschafft" relaxen und warten, bis alle Leute den Gipfel erreicht hatten. Der Aufstieg war nämlich eine ziemlich nervenaufreibende Sache gewesen. Brüchig, schuttig, heikel, schlecht zu sichern, objektiv nicht ungefährlich, da an manchen Orten nur schon ein fallender Stein oder ein kleiner Schneerutsch verheerend hätte sein können. Auch wenn's mir klettertechnisch nicht schwierig gefallen war, so fühlte ich mich unterwegs doch stets angespannt.

Blick vom Gipfel runter zum Sattel zwischen W- und E-Gipfel, zwei Kletterer sind auf den letzten Aufstiegsmetern.
Abstieg mit Schrecken...

Um etwa 13.15 Uhr begannen wir schliesslich mit dem Abstieg. Der Schnee war zwar tief und aufgeweicht, die Tritte aber immer noch solide, somit ging das problemloser, wie ich befürchtet hatte. Allerdings ging's nicht lange, bis ich wieder einmal eiskalte Griffel hatte, die Handschuhe waren ja schon längst komplett durchnässt. Um weiter agil zu bleiben und sicher absteigen zu können, blieb ich auf einer Felsrippe stehen, um einen wieder einmal vaterländischen Kuhnagel zu behandeln. Der Rest der Truppe ging voraus. Plötzlich wurde ich mir aus dem Augenwinkel oder akustisch bewusst, ganz genau kann ich's nicht sagen, wie deutlich rechts von meiner Position ein Schneerutsch über die Wand abging. Ich war auf sicherem Grund, aber die anderen waren inzwischen in einer Rinne genau unterhalb. Sofort warnte ich, aber es war viel zu spät um zu flüchten. Es dauerte nur noch Sekunden, bis sie von den Schneemassen erfasst wurden. Eine Person wurde mitgerissen und stürzte in der Folge rund 200hm über die Flanke und zwei je rund 20m hohe Felsstufen ab. Ich möchte an dieser Stelle nicht mehr über die folgende, beklemmende Stunde schreiben, ausser dass eine rasche, sehr professionelle Bergung durch die Rega erfolgte, die Person schwer verletzt wurde und sich auf dem Weg der Besserung befindet. Sowie auch, dass ich es als fast unglaubliches Glück empfinde, dass das Schicksal hier nicht grausamer zugeschlagen hat und es eine Perspektive nach vorne gibt.

Two minutes before the shit hits the fan... genau hier ist's passiert.
Gross Windgällen ENE-Flanke, durch die 3 Schneefelder inkl. der 3 Felsriegel verläuft der Abstieg.
Schliesslich war der Helikopterlärm verstummt, eine beinahe schon unheimliche Stille war eingetreten und der Rest der Equipe stand wie begossene Pudel auf dem Stäfelfirn. Eigentlich genau hier hatten wir geplant, mit unseren Gleitschirmen zu starten und den 3-4 stündigen Abstieg ins Tal effizient zu verkürzen. Was nun?!? Die Good Vibes waren definitiv verflogen, unter Ausblendung der Umstände waren die Flugbedingungen aber perfekt. Hört man in diesem Moment auf den Kopf oder auf den Bauch?!? Vielleicht mag es an dieser Stelle erstaunlich scheinen, dass wir uns für einen Start entschieden. Doch ich denke, es ist in den Bergen eine absolut unverzichtbare Eigenschaft, jede Situation neu für sich, aufgrund von Wissen und Erfahrung nach vorne gerichtet rational zu beurteilen und sich im entscheidenden Moment nicht zu fest von den Emotionen leiten zu lassen. Die wirkliche Crux für mich war es sowieso gewesen, die Stelle wo der Absturz Minuten zuvor passiert war, im Abstieg sicher zu passieren. Nein, der Flug wäre nicht nötig gewesen. Aber er war gut und safe, 30 Minuten später setzten wir bei der Talstation der Golzernbahn auf. Die Tour war damit noch lange nicht beendet. Kurzfristig ging's vor allem darum, noch einmal zurück zur Brunnialp zum Einsammeln des dort stehenden Autos zu kommen und sicher nach Hause zu zurückzukehren. Um dort dann ausführlich über das Geschehen am Berg nachzudenken. Auch wenn man vor Ort gewisse Dinge ausblenden können soll, so wäre es töricht, über diese nicht im Nachhinein scharf zu reflektieren, alles an seinem Platz einzuordnen und für die Zukunft die richtigen Schlüsse zu ziehen. Nicht zu vergessen, dass diese Tour und ihre Folgen jemanden unter uns noch lange beschäftigen werden. Auch an dieser Stelle wünsche ich alles Gute zur Genesung.

That moment when you feel the freedom! Start bei perfekten äusseren Bedingungen auf dem Stäfelfirn.

Prima Thermik über der Windgällenhütte. Durfte nicht ganz ungenutzt bleiben...

Weil's so unglaublich cool aussieht, nochmals eins vom Gleitschirmstart. Am Horizont vis-à-vis der Oberalpstock.
Facts

Gross Windgällen - Nordwand TD IV 4b WI3 50-55° - 850hm - Brun/Wagner
Material: 1x50-60m-Seil, Camalots 0.3-1 plus 1-2 kleinere, 4 Eisschrauben, Sortiment Schlaghaken

Imposante, kombinierte Tour, welche über rund 1000m Höhendifferenz zum lieblichen Seewlisee abfällt. Die Kletterei ist technisch nie sonderlich schwierig, aber ernsthaft. Die Route eignet sich nur für kompetente Alpinisten, die mit schwieriger Wegfindung, schlechtem Fels und allen Arten von Eis und Schnee souverän umgehen können. Sicherungen sind oft schwierig anzubringen und längere Abschnitte sind eigentlich (nur schon aus Zeitgründen) nur seilfrei sinnvoll zu begehen. Unbedingt mit sollte ein Set an Cams von Mikro bis zum Camalot 1, für grössere gibt's wenig Placements, die Mitnahme von Keilen ist ein wenig Geschmackssache. Je nach der erwarteten Menge an Eiskletterei 4-6 Schrauben pro Seilschaft. Ebenso würde ich keinesfalls auf ein gut sortiertes Sortiment von Schlaghaken (mind. 5 Stück) verzichten. Eine besondere Schwierigkeit dieser Tour besteht darin, geeignete Bedingungen anzutreffen. Man beachte auch, dass ein Rückzug bald schwierig bis unmöglich ist und dass in der Wand kein Handyempfang vorhanden ist (Stand 2018, Swisscom).

Wissenswertes

Jahreszeit: die gängige Empfehlung lautet, diese Tour im Frühsommer (Mai-Juli) nach kalten Nächten anzugehen. Dies greift jedoch zu kurz. Ist die Ausaperung schon fortgeschritten, so droht nach echt kalten Nächten vereister Fels, was die Schwierigkeiten massiv erhöht. Ebenso ändert sich dadurch die Gefahr durch die vielen, herumliegenden Steine nicht und den lottrigen Fels nicht. Selbstverständlich darf es aber auch nicht zu warm sein, da sonst die Gefahr von durch den Schmelzprozess fallenden Steinen erheblich wird. Meine Recherchen im Nachhinein haben ergeben, dass die Tour (bei einer Handvoll Begehungen pro Jahr) meist um dieselbe Jahreszeit bei insgesamt ähnlichen Bedingungen angegangen wurde. Ich sehe folgende Optionen:

  • Man greift wie am Eiger bei Winterbedingungen an. Idealerweise ist der Schnee fest und in den Steilstufen hat es solides Eis und es liegt nirgendwo loser Pulverschnee herum. Die idealen Zeitfenster wären wohl Nov/Dez und März/April. Allerdings braucht's dann für Zu- und Abstieg Ski und diese müssen durch die Wand mit. Ein Foto von einer solchen Begehung im März 2017 zeigt, wie sogar die Cruxlänge genüsslich als WI3 in solidem, fett gewachsenem Eis geklettert werden konnte.
  • Von einer weiteren Begehung Anfang Mai 2014 wurde mir berichtet. Da war bis auf die Cruxlänge noch die ganze Wand verschneit und es konnte auf einer soliden Schneedecke sicher, zügig und angenehm gestiegen werden. Die Steinschlaggefahr wurde als sehr klein empfunden. Im Zu- und Abstieg waren die Verhältnisse ähnlich wie bei uns.
  • Ich würde explizit davon abraten, die Wand bei bereits fortgeschrittener Ausaperung (wie bei uns) anzugehen. Das objektiven Gefahren scheinen mir zu hoch. Fehlt in den Steilstufen im Ausstiegscouloir das Eis (was bei uns nicht der Fall war), so warten dort weitere, schwierige Stellen.
  • Noch schlechter (schwieriger) dürften die Bedingungen sein, wenn in den Kletterpassagen dünnes Wassereis oder unverfestigter Pulverschnee liegt. 
Blick auf die Cruxlänge nach der Schneesichel bei einer Winterbegehung im März 2017. Statt eine brüchig-nasse 4b wie bei uns wurde hier genüsslich und gut abgesichert im WI3-Eis gepickelt. Bestimmt die bessere und sicherere Option, auch wenn dann die Ski auf dem Rucksack mit durch die Wand müssen. Foto: D. Perret, engelbergmountainguide.ch.
Zugang: entweder von der Seilbahn Silenen-Chilcherbergen oder aus dem Brunnital. Sofern man bereits bis auf die Brunnialp fahren kann (mit Bewilligung für 20 CHF, erhältlich im Rest. Alpina in Unterschächen), so beinhaltet die zweite Option weniger Höhenmeter und erlaubt es, die Tour ohne Übernachtung anzugehen. Allerdings ist's immer noch eine eher weite Wanderung zum Einstieg und die Logistik zum Rückholen des Autos ist auch eher aufwändig. Am Seewlisee kann man gut biwakieren oder evtl. auch beim Älpler Quartier finden.

Abstieg: über den Normalweg in der ENE-Flanke. Das Problem besteht darin, dass man bei einer Begehung der Nordwand ab April kaum eine Chance hat, zu einer solch frühen Zeit auf dem Gipfel zu sein, dass der Abstieg noch in guten Bedingungen ist. Stellenweise sind Sicherungsstangen oder Einzelbolts vorhanden, jedoch nicht durchgehend. Vom Bergschrund sind's dann noch ~2000hm bis ins Tal oder ~1400hm bis zur Golzerenbahn.

Flug: vom Gipfel kann 'nicht' gestartet werden. Wobei, aus der Scharte zwischen W- und E-Gipfel... nicht gänzlich unmöglich, sowohl nach S wie nach N, jedoch nur bei perfekten Bedingungen und für wagemutige, besser mit einem Miniwing. Auf dem Stäfelfirn einfache Startplätze von E über S bis W. Landung im Maderanertal problemlos. Im Reusstal oft sehr starker Talwind. Achtung, die Gegend ist sehr föhnanfällig.

Video

Wer so lange durchgehalten und den ganzen Text gelesen hat und bis an diese Stelle von diesem Blog vorgestossen ist, hat nun das grosse Vergnüngen, sich das exzellenten Video von Pascal zu dieser Tour zu Gemüte zu führen. Viel Spass!