Frühmorgens zeigte das Thermometer in Lillaz frische -15 Grad. Ich fragte meine Begleiter, ob sie denn gerne in der Sonne oder lieber am Schatten klettern würden. Die Antwort darauf kann man sich ja denken, ergo war das SE-seitig ausgerichtete Rive Gauche des Valeille das Ziel. Hier weisen alle gängigen und rasch erreichbaren Fälle eine Bewertung von mindestens WI4+ auf, ein rechter Challenge für meine Begleiter, die erst das zweite Mal beim Eisklettern waren. Als letzte Frage verblieb mir noch, ob sie die steilen Meter lieber am Anfang oder am Ende hätten. Das Steile zum Auftakt, hiess es, also waren die Würfel gefallen. In den Tuborg sollte es gehen.
Ein frostig-kalter Traumtag im Gran Paradiso Nationalpark. Hier das Rive Droite des Valeille mit Stella Artice (WI5). |
Der Anmarsch dauert je nach Qualität der vorhandenen Spur ca. 40 Minuten. Bevor dann die Eiskletterei richtig beginnt, gilt es ein Couloir hinaufzusteigen, das schon einige 65-70 Grad steile Stufen aufweist. Das ist im Aufstieg für Kletterer dieses Niveaus seilfrei zu machen, bei einer Führungstour hat man den Strick aber bereits auszupacken. Nach 50m hat es rechts einen BH zum Nachnehmen, von da sind es nochmals 60m zum BH-Stand links der steilen Länge. Eine Seilschaft war da bereits am Tun, und so hatten wir optimale Sicht auf das Geschehen.
Zwei französische Kletterer bereits in Aktion, in der Cruxlänge von Tuborg (WI5-) |
Tiefblick vom No-Hand-Rest nach dem Überhang der Cruxlänge. |
Damit war quasi der Mist bei diesem Eisfall geführt, der Ausstieg jedoch noch lange nicht erreicht. Zunächst galt es nun einmal, mittels einer 60m langen Schneefeld-Traverse den Fuss den nächsten Aufschwungs zu erreichen (BH-Stand links im Fels). Die nächste Mauer ist anhaltend 80 Grad steil und bietet sehr schöne, etwas weniger ernste Kletterei. Zum Schluss dann in weniger steilem Gelände mit Neige Polystyrene an den BH-Stand hoch, der sich rechts in den Felsen befindet. Nun hatte auch ich zu kämpfen, und zwar beim Sichern: bei der Dusche in der Cruxlänge waren die Seile nass geworden, nun waren sie steifgefroren und es war ein harter Fight, sie durch das Sicherungsgerät zu zwingen!
Blick auf die nächste Mauer, welche auch anhaltende 80 Grad steil ist. |
Zum Dessert wartet dann eine weitere Seillänge, mit einem 20m langen Aufschwung von 80-85 Grad. Das Eis war hier teilweise ziemlich dünn, so dass auch einige Grasbüschel zum Pickeln herhalten mussten. Mit etwas Rubihorn-Erfahrung macht man das ja aber liebend gerne. Nun hatten wir es also geschafft, und so konnte ich meinen Begleitern auch mitteilen, in welchem Schwierigkeitsgrad sich unsere Tour abgespielt hatte. Nur das wohlverdiente Tuborg konnte ich vor Ort leider nicht offerieren, weshalb wir uns auf den Weg ins Tal machten.
Chapeau Baba & Jara, das Eiskletterbrevet ist bestanden! |
Vom Top muss man oberhalb der Abbruchkante etwas nach unten queren, um von dort an einem Baum abzuseilen. Der Rest verläuft dann über die im Aufstieg benützten Stände. Das tönt ja eigentlich recht easy, doch musste ich meine Begleiter natürlich auch auf den einfacheren Teilstücken sauber sichern bzw. ablassen, so dass total doch 6 Manöver fällig waren. Mit den total vereisten Seilen war dies einfach ein Riesenmurks und eine grosse Qual, und dementsprechend dauerte es auch viel länger, als die meisten dafür brauchen werden. Anyway, irgendwann hatten wir wieder die Schneeflanke am Einstieg unter den Füssen und machten uns schnurstracks auf den Weg retour nach Lillaz. Das Thermometer im Auto zeigte bereits wieder -12 Grad an, ein wahrhaft frostiger Tag, aber wir hatten das beste daraus gemacht!
Was ist hier falsch`? |
Tuborg - II WI5- 260m
Material: 10 Eisschrauben, 2x60m-Seile
Toller Eisfall mit einer fordernden Cruxlänge, in welchem man in den späten Vormittagsstunden ideal an der Sonne klettern kann. Da diese den Fall eher von der Seite bestreicht und nicht allzu lange anhält, muss man sich bei einigermassen kalten Temperaturen keinerlei Sorgen bezüglich der Solidität machen. Nach der Crux geht's dann nicht mehr so anhaltend weiter, die obere Mauer lohnt aber den Aufstieg übers Schneefeld dazwischen bestimmt.
Zustieg:
Vom Parkplatz vor Lillaz ins Dorf hinein, und dann auf dem gespurten, ausgeschilderten Eisfall-Wanderweg ins Tal hinein. Nachdem man den Tutto Relativo und Konsorten passiert hat, überquert man die Brücke, folgt eine Weile der orografisch linken Talflanke und steigt dann (wie ausgeschildert) steil hinauf zum Beginn des Couloirs.
Route:
L1 und L2 führen über gut 100m durchs Couloir hinauf, im Schnee mit einigen Stufen von 65-70 Grad. Die Cruxlänge L3 ist auf 50m sehr anhaltend 80-85 Grad steil, am Beginn wartet über etwa 8m ein senkrechtes Stück. Danach in L4 eine 50m langes Schneefeld hochsteigen, bevor in L5 eine weitere, anhaltende Mauer von 80 Grad wartet. Zuletzt dann in L6 ein kurzer Aufschwung, der auf einigen Metern nochmals 80-85 Grad erreicht.
Abstieg:
durch Abseilen über die Route, zuoberst an einem Baum, dann an perfekten BH-Ständen.
Topo von gulliver.it |
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