Über Nacht hatte es 10cm Neuschnee gegeben, aber das sollte uns nicht am Trip ins Valnontey hindern. Wenn man den Kletterführern glauben schenken mag, ist hier die ‚Mur de Patri‘ die erste Adresse. Wir wollten (und konnten schliesslich) die Patri de Gauche WI4 klettern und so bezüglich dem Schwierigkeitsgrad schon einmal eine Schippe drauflegen.
Der Zustieg war (und ist allermeistens) auch für Fussgänger gut gespurt. Warum hier allerdings die meisten zu Fuss ins Tal hineinwackeln erschliesst sich mir nicht so ganz. Wir wählten die Tourenski, was selbst auf dem Weg ins Tal hinein und auf den gespurten Pfaden einerseits schneller, und andererseits bequemer und kraftsparender ist. Je nach Fitness und Wegzustand sind zu Fuss 1.5-2h zu veranschlagen, wir waren schliesslich in 1:15h vor Ort. Ganz die ersten waren wir nicht, drei Seilschaften waren bereits eingestiegen um das Eis vom Schnee zu putzen, was uns nur recht sein konnte.
Situation kurz vor dem Einstieg. In der ersten SL gibt es mehrere Optionen, die Sache anzupacken. |
Die erste Seillänge bietet eine fast 50m lange Genuss-Eiskletterei (70-75 Grad). Das Eis war optimal bissig, immer wieder hatte es auch von den vielen Begehungen am Weekend zuvor gute Tritte oder tiefe Hooks. Den Stand bezogen wir in der Höhle an Sanduhr und Schraube, es gäbe auch unbequem steckende NH und wer noch 15m weiter nach rechts raus quert findet dort einen Stand mit BH. Die zweite Länge bietet neben zwei Schneehängen einen rund 10m langen Aufschwung von 80-85 Grad, der BH-Stand befindet sich danach rechterhand gut sichtbar an einem markanten Block.
Kathrin folgt in der ersten SL, der Neuschnee war beim Klettern nicht störend. |
Ab da steigt man in weiteren rund 100 Wegmetern hinauf ins Amphitheater mit dem oberen Wandteil. Zu überwinden sind dabei zwei eher kurze Stufen im Bereich 70-75 Grad, der Rest ist meist Gehgelände. Nach dem zweiten Aufschwung befindet sich links im Fels nochmals ein BH-Stand zum Nachnehmen (nicht gut sichtbar). Nun waren wir also da: die Seilschaft vor uns aspirierte auf den schwierigeren rechten Fall (WI5), so blieb für uns die klassische Linie frei, optimal! Links packt man an, die erste Seillänge bietet wiederum sehr schöne Genusskletterei mit Steilheit von ca. 75-80 Grad. Bevor der Fall aufsteilt und enger wird, gibt es links am Fels einen gut geschützten, optimalen BH-Stand.
Die dritte Seillänge bietet oft Gehgelände und zwei kurze Eisaufschwünge. |
Zu spüren war hier bereits der Spindrift. Der bei kalten Temperaturen gefallene Schnee war so locker und leicht, dass bereits ein moderater Wind genügte, um ihn das Gully der letzten Seillänge hinunterzuspülen. Die anderen beiden Vorgängerseilschaften hatten von hier ob dem garstigen Ambiente den Rückzug angetreten, doch gefährlich war die Lage keineswegs – einfach ein bisschen alpine Härte war notwendig. So wurde also die Kapuze montiert und der Kragen zugeschnürt und los ging’s. Diese letzte SL ist sowohl die schönste, spannendste wie auch schwerste. Man quert erst nach rechts hinaus, hat dann eine recht anhaltende Meter im Bereich 80-85 Grad und kommt schliesslich in eine tolle Goulotte. Eingekesselt zwischen zwei Felswänden klettert man hier in einem kaum meterbreiten Eisstreifen dem Ausstieg entgegen. Das war eine echt geniale Sache!
Nun im oberen Teil, das wäre dann die insgesamt vierte SL. |
Am Ausstieg hatte ich kurz etwas Mühe, den BH-Stand zu lokalisieren. Natürlich war hier alles mit Pulverschnee zugekleistert, so dass ich sämtliche Felsen im Umkreis putzen musste. Mit etwas Spürsinn war ich aber rasch am richtigen Ort, eigentlich war es gar nicht schwierig. Es genügte mir die Frage zu stellen, wo ich die Bolts platziert hätte und tatsächlich, da waren sie. Beim Nachnehmen gab es dann die eine oder andere Dusche, der feine Pulverschnee kroch dabei in jede denkbare Ritze. Als Kathrin dann da war, hiess es nichts wie runter. Mit 2x Abseilen ist man rasch wieder unten am Fuss des Amphitheaters, von wo man (mit Blick ins Tal) rechtshaltend zu Fuss absteigen kann.
In der Goulotte zum Ausstieg der Tour. Der Spindrift hatte für einmal kurz abestellt, so gemütlich war's nicht immer. |
Es war schon erstaunlich, wie extrem auslösefreudig der frische Triebschnee war. Zum Glück waren die Mengen aber so gering, dass keinerlei Gefahr drohte. In rund 10 Minuten waren wir retour beim Depot am Einstieg. Abfellen und Aufsatteln hiess es, für den Rückweg waren wir nun gegenüber den Fussgängern definitiv im Vorteil. Zuerst gab es sogar noch einige Schwünge im Pulver, dann eine rasante Fahrt auf dem Climber’s Track und schliesslich ging es skatend und schiebend retour nach Valnontey. Nur gerade 20 Minuten braucht dies, zu Fuss dauert es mindestens 3-4x so lange!
Blick in den Talschluss des Valnontey, Teil des Nationalparks am Grand Paradiso 4061m. |
Facts
Patri de Gauche II WI4 250m
Material: 6-8 Eisschrauben, 2x50m-Seile reichen gut aus
Klassischer und viel besuchter Eisfall im Valnontey. Die Kletterei ist wirklich sehr schön, die Schwierigkeiten sind nicht anhaltend und waren für die Bewertung von WI4 auch nicht sonderlich hoch. Aber gut, im Eis machen die Bedingungen natürlich immer viel aus. Besonders stimmungsvoll ist die obere Wand, mit der homogenen Startlänge und der einzigartigen Goulotte zum Ausstieg. Der ziemlich weite Zustieg ins Tal hinein kann zwar gut zu Fuss erfolgen, denn meistens ist gespurt. Insgesamt deutlich schneller und bequemer ist man aber definitiv mit den Ski.
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