Die Schächentaler Windgällen ist ein klotziger Felsberg über dem Klausenpass, der im Winter nur selten Besuch erhält. Einen einfachen Weg auf den Gipfel gibt es nämlich keinen. Bei günstigen Verhältnissen sind jedoch die bekannten Sommeraufstiege (SE-Flanke, NW-Grat) mit Steigeisen zu klettern. Für die Abfahrt bietet sich das bisher kaum bekannte Canalone auf der Nordseite an. Es ist eine tief in die Felsen eingefressene Schlucht, die eine Extremabfahrt mit Steilheiten im Bereich 45-50 Grad präsentiert. Nachdem ein weiterer, traumhafter Januartag mit einwandfreiem Sonnenschein, milden Temperaturen und stabiler Schneedecke vorhergesagt war, wollten wir eine ausgiebige Rundtour unternehmen.
Unsere Tour startete im Sali (1146m). Der Strasse entlang ging's auf der Glatten-Standardroute nach Unter Stafel. Nun entweder hier bereits WSW queren oder (vermutlich eher besser) noch weiter bis zum Ober Stafel und erst dort zum Lang Boden gehen. Über die 30 Grad steilen Nordhänge erreicht man schliesslich den Übergang der Ruosalper Chulm, wo sich das Panorama öffnet und herrliche Blicke zu Clariden, Schärhorn & Co bietet - ein idealer Platz für eine Pause. Schliesslich gingen wir weiter der Krete entlang nach W, hinauf zum imposanten Felsenzirkus der Läged Windgällen. Um den Einstieg ins Couloir zu finden, welches auf die Hochfläche führt, muss man zuletzt etwas nach links queren. In diesem herrschten perfekte Bedingungen, trittiger Schnee mit guten Stufen, da waren weder Steigeisen noch Pickel angezeigt. Oberhalb vom Couloir können die Skier wieder montiert werden und bald war mit dem Gipfel der Läged Windgällen (2572m) ein nächstes Etappenziel erreicht.
Im Aufstieg nach der Ruosalper Chulm, vor dem eindrücklichen Felsenzirkus der Läged Windgällen. |
Die SE-Flanke zur Hoch Windgällen sah ab diesem Ausgangspunkt sehr respekteinflössend aus. Steil, mit herausfordernden Felspassagen und steilen Schneefeldern gespickt. Wenig erstaunlich, dass diese Perspektive manchem Anwärter den Mumm nimmt. Wir waren aber fest entschlossen und wollten uns die Sache aus der Nähe ansehen. Um den hochalpin anmutenden Sattel bei P.2535 zu erreichen, muss man in der Nordflanke mehr Höhe vernichten, als man zuerst denkt - ansonsten sind ein paar Felsrippen zu überqueren. Dann kamen die Ski auf den Rucksack und die Steigeisen an die Füsse. Die Route durch die SE-Flanke ist mit orangen Punkten markiert, welche teilweise sichtbar waren. Ebenso sind stellenweise Drahtseile und Bohrhaken vorhanden, die wir aber kaum resp. gar nicht nutzten. Auch die Route ist an sich offensichtlich - einfach dem logischen Weg folgen. So gelangten wir ohne grössere Aufregung auf die Höch Windgällen (2764m). Die Verhältnisse waren aber auch perfekt - die felsigen Passagen waren aper und dort wo Schnee lag, war dieser hervorragend trittfest, die Januarsonne vermochte ihn noch nicht übermässig aufzuweichen. Vorsicht, später im Jahr heisst es hier, sehr früh dran zu sein!!!
Durch diese Wand geht's hinauf (SE-Flanke der Höch Windgällen, Sommerbewertung T5+, II). |
Kletterei mit Steigeisen und ein wenig sperrigem Zusatzgepäck. Ja, sowas macht unsereins Spass! |
Gipfel der Schächentaler Windgällen mit schlichtem Kreuz und grossem Steinmann. Die Gipfelbuchbox war leider leer... |
Nun wartete der spannendste Teil der Tour, nämlich der Canalone! Er ist, da so tief eingeschnitten, quasi von nirgends her vollständig einsehbar, d.h. auch von den Bergen in der Umgebung her nicht. Landeskarte und auch Luft- bzw. Satellitenfotos geben auch keinen wirklichen Aufschluss darüber, wie die Topografie der Windgällen-Nordseite wirklich ist. Eine genaue Routenbeschreibung würde da jetzt natürlich helfen, doch eine solche hatten wir nicht. Um die Spannung und den Abenteuerfaktor zu erhalten, verzichte ich jetzt auch darauf, hier eine solche zu publizieren. Also: Spürnase auspacken - wer's unbedingt braucht, kann mich ja privat fragen. Unsere Nasen jedenfalls witterten eine fahrbare Linie und so kam's dann auch. Es sei an dieser Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Gelände hier durchgängig im Bereich 40-50 Grad steil ist. Einen Sturz oder auch nur einen kleinen Schneerutsch - von einer grösseren Lawine gar nicht zu sprechen - mag es hier nicht leiden. Nach dem Auftakt im engen Steilgelände öffnet sich die Sache unten etwas und die Steilheit geht auch zurück. Hier konnten wir es bis zur 2000er-Höhenkurve über gute 500hm richtig krachen lassen, die Abfahrt im gesetzten Pulver machte enormen Spass.
Durch diese hohle Gasse muss der Skifahrer kommen. Eingang bzw. Ausfahrt aus der Nordschlucht der Höch Windgällen. |
Absolute Knaller-Hänge nach der Ausfahrt aus dem Canalone. Hier war auch die Schneequalität noch echt gut. |
Wenig später waren wir in der grossen Ebene unter den Hütten von Alplen. Im Aufstieg hatten wir Spuren im Felsenweg durchs Loch gesehen, ebenso im Schnäbeli wie auch in der mittigen Linie via Brätt. Es gäbe also mehrere Möglichkeiten, die Steilstufe hinunter zu Ruosalp zu überwinden. Wir hingegen hielten an unserem Plan fest, zogen die Felle auf und wollten auch noch den Alpler Stock mitnehmen. Dahin sind es mit etwas Auf und Ab netto zwar nur 250hm, aber doch noch ein bisschen Distanz. Doch wir kamen wieder an die Sonne, konnten unsere Blicke über das weite Gelände schweifen lassen und erreichten bald das Top, wo wir eine sehr bequeme Rast halten konnten. Nun wartete noch die Abfahrt nordseitig um den Alpler Stock herum. Auch hier gab's noch einige gute Schwünge. Diese Variante endet beim Gross Gaden wieder auf der Glatten-Normalroute. Zuletzt ging's noch gute 250hm in Lauberhorn-Manier über den Ziehweg hinunter und die Runde hatte sich geschlossen. Das war nun wirklich Skibergsteigen at it's best. Solche Verhältnisse dürfte es gerne noch ein wenig öfter bzw. länger geben!!!
Fantastisches Ambiente auf dem Alpler Stock, wo wir unsere Runde nochmals gut überblicken konnten. |
Facts
Route: Sali (1146m) - Ruosalper Chulm - durchs Couloir zur Läged Windgällen (2572m) - über die SE-Flanke auf die Höch Windgällen (2764m) - Abfahrt durchs Canalone Nord nach Alplen - Alpler Stock (2091m) - via Gross Boden zurück nach Sali. Das ergibt alles in allem gerade gut 2000hm Aufstieg und Abfahrt und dürfte skifahrerisch deutlich lohnender sein, wie wenn man vom Sali direkt zum Canalone geht (bzw. von dort nach Sali abfährt).
Aufstieg, allfällige Abstiege und Abfahrten erfordern solides alpines Können und eine gute Spürnase für die beste Route. Die Sommerbewertung bewegt sich im Bereich T5+, II und die steilsten Schneepassagen sind wohl je nach Verhältnissen gute 50 Grad. Logischerweise bilden Steigeisen und zwei Eisgeräte auf solchen Touren die Standardausrüstung, auch wenn es bei Top-Verhältnissen vielleicht spartanischer geht.
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