Ein weiterer Tag mit hervorragendem Bergwetter stand uns bevor, Zeit für eine Skitour. Die auf den Tourenportalen vorhandenen Einträge berichteten von wechselhaften Schneeverhältnissen. Noch viel mehr gab aber deren geringe Zahl Auskunft - dass nur so wenige Leute unterwegs waren, konnte nicht sein. Sondern das musste der Effekt sein, dass man viel lieber von einer Top-Pulverabfahrt im Internet berichtet als von einem Kampf mit dem Winddeckel oder einem Geholpere über die Zastrugis. Aber sei's drum, mir war die Information mehr als nützlich um zu schliessen, was zu tun war. Die Devise lautete "südexponierte Sonnenhänge für Sulzgenuss" und dies möglichst an einem Ort, wo das Gelände nicht schon zuvor zu einem Acker umgepflügt worden war. Wo liessen sich derartige Bedingungen besser finden als auf einer weiteren Tour zu einem No-Name-Gipfel, wo der untere Teil schon schneefrei war?!?
Der Start zur Tour vollzog sich in Engi an der Hauptstrasse bei P.772, wo kostenlose Parkplätze zur Verfügung stehen. Von Schnee war weit und breit keine Spur vorhanden, ohne das Bike hätte man die Bretter sehr lange Tragen müssen. Aber Schneetaxi sei Dank waren die 4.5km auf der aperen Strasse zügig erledigt. Bei der Brücke P.1168 konnte das Gefährt deponiert werden, ab da war eine durchgehende Schneedecke vorhanden. Die Würfel über die genaue Ausprägung der Tour fielen wenig später. In Richtung Skihütte Mülibach wäre erst ein aperes Stück zu bewältigen gewesen, noch dazu schien der direkte Südaufstieg zum Rottor von Gleitschneeaktivität betroffen. Somit also den Blinker gesetzt und links abgebogen auf die Route zur Widersteinerfurgglen.
Fantastische Frühlingsbedingungen im Aufstieg mit Blick zu den Tschingelhörnern am Horizont. |
Einsamkeit pur herrschte da und bald auch war die tragende Schneedecke glatt wie ein Babypopo - perfekte Frühlingsverhältnisse für den Aufstieg und für die Abfahrt konnte ich mich auf Selbiges freuen. Einmal im Sattel angelangt, heisst es auf der Nordseite etwas ausholend und über ein System von mehreren Rampen und Terrassen der Skiroute zum Gipfel des Heustock (P.2355) zu folgen. Diese Hänge erfordern zwingend ganz sichere Bedingungen, die jedoch gegeben waren. Die Unterlage war auch da sehr kompakt und mit einer Schicht Presspulver garniert. So gelangte ich ohne Schwierigkeiten hinauf zum Grat und dem als Heustock benannten Kulminationspunkt.
Blick auf die Nordhänge, in Bildmitte Rottor (2488m), rechts der Heustock (2355m). |
Für die Fortsetzung zum Rottor gilt es dann die Wildruhezone zu beachten, welche nordseitig bis hinauf zum Gratverlauf gilt. Wobei man sagen muss, dass dieser Weiterweg skifahrerisch rein gar nichts bringt und nur dem Gipfelsammler einen oder allenfalls zwei Zusatzpunkte bringt. Ich deponierte die Bretter und stieg gesetzeskonform auf der sonnigen Seite des Grates auf. Auch der Gipfel vom Rottor lässt sich von Süden gut erreichen, wobei ein paar Kletterzüge aber zwingend sind (ca. T5, II). Noch imposanter wäre der Gipfel vom Bützistock (2496m), welcher auch den höchsten Punkt im Gratverlauf darstellt. Doch schien dessen NW-Grat erst noch von der machbaren Sorte zu sein, so ist er doch beidseitig steil und exponiert, zusammen mit der Verwächtung fiel der Entscheid zum Verzicht schnell und eindeutig.
Somit auf demselben Weg zurück zum Skidepot, wo es noch die Entscheidung in Sachen Abfahrtsroute zu fällen gab. Die südseitigen Bütziplanggen sahen schon echt formidabel aus und lockten sehr - wenn da nicht die gewaltigen, fast gletscherspaltigen Gleitschneerisse mit 1.5-2m Mächtigkeit gewesen wären. Man hätte zwar eine Linie links davon finden können und die Wahrscheinlichkeit, dass da gerade im falschen Moment etwas abgegangen wäre, schien doch sehr klein. Aber wenn, dann... Somit setzte ich auf die sicherere Option und zog erst einige ganz passable Schwünge im Presspulver der Nordhänge. Bei einer Lücke auf 2170m konnte ich dann ohne den Umweg über die Widersteinerfurgglen in die SW-Hänge stechen. Es folgten nun mehrere Hundert Höhenmeter an rassig-genialem Sulzgenuss - wirklich absolut perfekte Bedingungen, wie sie besser nicht sein könnten!
Riesige Gleitschneerisse mit gewaltiger Anrisshöhe (kommt auf dem Foto leider nicht so zur Geltung). |
Erst im Bereich unter 1400m war dann etwas Slalom zwischen den Blöcken hindurch gefragt, ebenso ist das dort engere Gelände nicht mehr ganz so abfahrtsattraktiv. Einwandfrei fahrbar aber schon, und das bis zum Bikedepot, wo die Ski an den Rucksack angeschnallt wurden. Eine rasante Schussfahrt von wenigen Minuten später war diese Tour "im Kasten". Es machte sich das "Jackpot-Gefühl" breit 😃 Ich hatte ja schon vermutet, auf gute Bedingungen zu treffen, aber solch einen Knaller hatte ich dann doch nicht erwarten können. Der Skitourenwinter 2024 meint es scheinbar echt gut mit mir 🤘🏼 Aber nicht nur der: am Folgetag stand wieder Sportklettern auf dem Plan. Und da lief's rund, die bereits im Jahresrückblick erwähnte 8a+ musste sich mit etwas Verspätung (nach meiner Wunschagenda) doch ergeben 💪🏼
Formidables Skigelände, vom rechten Bildrand her bin ich da eingefahren. |
Facts
Rottor (2488m) ab Engi Vorderdorf (772m)
Total 1720hm, Ski-Schwierigkeit ZS. Achtung, Wildruhezone beachten!
Bis Heustock normale Skitourenausrüstung, für Rottor Steigeisen empfehlenswert
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